Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der Netzentgeltstruktur
(Netzentgeltmodernisierungsgesetz)

Der Bundesrat hat in seiner 954. Sitzung am 10. März 2017 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe b (Inhaltsübersicht EnWG)

Nummer 4 (§ 120 Überschrift, Absatz 1 und Absatz 3 EnWG) Artikel 3 Nummer 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa (§ 18 Absatz 1 Satz 1 StromNEV) Buchstabe c ( § 18 Absatz 5 StromNEV) Nummer 2 (Anlage 4a zu § 18 Absatz 2 Satz 6 und Satz 7 StromNEV)

Begründung:

Der Gesetzentwurf unterscheidet unzureichend zwischen der Erstattung von vermiedenen Netzentgelten für volatile und nicht volatile dezentrale Erzeugung. Vermiedene Netzentgelte sollten dort gestrichen werden, wo ihnen keine adäquate Systemdienlichkeit mehr gegenübersteht.

Während jedoch die volatile Erzeugung, etwa durch Photovoltaik oder Windkraft, die Netze nicht entlastet und daher ein zusätzliches Entgelt für vermiedene Netznutzung nicht gerechtfertigt ist, erbringen die übrigen dezentralen Erzeugungsanlagen im Sinne des § 3 Nummer 11 EnWG (wie beispielsweise die KWK-Anlagen, aber etwa auch Wasserkraftanlagen) einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung und Entlastung der Netze, der zukünftig noch zunehmen wird.

Vor dem Hintergrund stetig sinkender Börsenstrompreise trägt die Vergütung dieser Systemdienlichkeit wesentlich zur Wirtschaftlichkeit dieser Anlagen bei. Eine ersatzlose Streichung ist daher nicht sachgerecht. Beibehalten werden sollte dagegen einerseits die Streichung für dezentrale Anlagen mit volatiler Erzeugung und andererseits das Einfrieren der vermiedenen Netzentgelte für alle dezentralen Anlagen auf dem Preisstand von 2015.

2. Zu Artikel 1 Nummer 3 Buchstabe a1 - neu -, Buchstabe b Doppelbuchstabe aa, Buchstabe b Doppelbuchstabe aa, Buchstabe d - neu - (§ 24 Satz 1 Nummer 1, Satz 2 Nummer 4, Satz 6 - neu - EnWG)

Artikel 1 Nummer 3 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Gegenstand des Vorschlags ist es, eine Verordnungsermächtigung zur Einführung bundeseinheitlicher Übertragungsnetzentgelte in das Gesetz aufzunehmen.

Angesichts der Dringlichkeit des Regelungsbedarfes ist noch ein Tätigwerden des Verordnungsgebers in der laufenden Legislaturperiode erforderlich. Hinzu kommt, dass die Übertragungsnetzbetreiber zur Einhaltung der in § 20 Absatz 1 EnWG vorgesehenen Frist ihre jeweils für das Folgejahr geltenden Netzentgelte bis zum 30. September des Vorjahres veröffentlichen. Zur Schaffung einer eindeutigen und auch rechtzeitig in Kraft tretenden Handlungsgrundlage zur Veröffentlichung von ab 1. Januar 2018 erstmals geltenden bundeseinheitlichen Netzentgelte ist ein Tätigwerden des Verordnungsgebers bis spätestens 31. August 2017 erforderlich.

Die Energiewende ist eine gesamtdeutsche Aufgabe, die nicht zu Lasten derjenigen Regionen gehen darf, in denen gute Erzeugungsbedingungen für Strom aus erneuerbaren Energien bestehen, die andererseits aber nicht über ausreichend Lastabnahme in Privathaushalten und Industrie verfügen um den erzeugten Strom erzeugungsnah zu verbrauchen. Eine faire bundesweite Verteilung der Lasten ist dringend erforderlich.

Dabei handelt es sich keineswegs um Belastungen, die sich auf den Osten Deutschlands beschränken würden. Bei einer Vereinheitlichung der Übertragungsnetzentgelte würden im Ergebnis die Netznutzer in zwölf Ländern profitieren, nur in vier Ländern würden die Netzentgelte gegenüber dem Status quo steigen.

Das BMWi hat zudem zutreffend darauf hingewiesen, dass die Netzentgelte in den vier Übertragungsnetzgebieten immer mehr durch Umstände bestimmt werden, die der einzelne Netzbetreiber nicht beeinflussen kann. Die Preisunterschiede beruhen wesentlich auf den Kosten für das Einspeisemanagement und die Netzengpassentlastung. Die so genannten Redispatch-Maßnahmen dienen zum einen der überregionalen Sicherung des Systems und zum anderen werden sie oftmals nicht durch den Netzbetreiber ausgelöst, der sie anfordern und bezahlen muss. Es ist in sich inkonsistent, dass manche Kosten der Energiewende, wie etwa für Offshore-Netzanbindungen sowie die Mehrkosten für Erdverkabelung bereits heute bundesweit verteilt werden und andere Netzbetriebskosten, die ebenfalls der Energiewende dienen, nicht. Mit fortschreitender Energiewende wird es zu einem immer stärkeren regionalen Auseinanderdriften von Stromerzeugung und -verbrauch kommen. Bereits aktuell ergibt sich eine Situation, dass durch die Energiewende die Wettbewerbsparameter innerhalb Deutschlands erheblich verzerrt werden.

3. Zu Artikel 1 Nummer 3a - neu - und Artikel 3a - neu - (§ 54 Absatz 3 Satz 3 Nummer 4 - neu - EnWG und § 9 Absatz 4 ARegV)

Der Gesetzentwurf ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Zu Buchstabe a:

Die Bundesnetzagentur hat nach § 9 Absatz 3 der Verordnung über die Anreizregulierung den generellen sektoralen Produktivitätsfaktor ab der dritten Regulierungsperiode zu ermitteln. Durch die Novelle der Anreizregulierungsverordnung im Jahr 2016 wurde die Festlegungskompetenz in Bezug auf den generellen sektoralen Produktivitätsfaktor in § 32 der Verordnung über die Anreizregulierung ergänzt, hierdurch wurde ausweislich der Begründung aus dem Verordnungsverfahren der Bundesnetzagentur eine Festlegungskompetenz eingeräumt.

Obwohl keine Gründe ersichtlich sind, warum diese Festlegungskompetenz der Bundesnetzagentur nicht auch vom bisherigen gesetzgeberischen Willen gedeckt sein sollte, wird zur Klarstellung diese Festlegungskompetenz der Bundesnetzagentur in der Aufzählung des § 54 Absatz 3 Satz 3 ergänzt.

Zu Buchstabe b:

Es handelt sich um eine Folgeänderung zur Klarstellung in Buchstabe a.

4. Zu Artikel 1 Nummer 3a - neu - (§ 91 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 EnWG)

In Artikel 1 ist nach Nummer 3 folgende Nummer 3a einzufügen:

Begründung:

Für Amtshandlungen der Regulierungsbehörde im Zusammenhang mit der Befugnis nach § 19a Absatz 2 wird eine Gebührenpflicht eingefügt, um den anfallenden Verwaltungsaufwand durch Gebühren zu decken. Es handelt sich um eine Folgeänderung, bedingt durch die bereits erfolgte Regelung in § 19a Absatz 2 und § 54 Absatz 2 Satz 1 Nummer 10.

5. Zu Artikel 1 Nummer 4 (§ 120 Absatz 9 EnWG)

In Artikel 1 Nummer 4 ist § 120 Absatz 9 zu streichen.

Begründung:

Die Streichung erfolgt im Interesse der Entbürokratisierung. Eine Sonderregelung zur Behandlung von Mehrkosten durch (nach ab 1. Januar 2017 geltenden Rechtslage) überhöhte Planwerte der Netzbetreiber für die vermiedenen Netzentgelte ist nicht erforderlich. Die Thematik kann unproblematisch im Vollzug mit den bestehenden Regelungen zum Regulierungskonto in § 5 der Anreizregulierungsverordnung gelöst werden.

Zum Gesetzentwurf allgemein

Begründung:

Aufgrund einiger Fehlentwicklungen im Stromsektor ist eine langfristige Abschaffung der vermiedenen Netzentgelte grundsätzlich sachgerecht. Um zu verhindern, dass sich daraus eine Schwächung des Schienenverkehrs im intermodalen Wettbewerb ergeben kann, sollten die Auswirkungen auf den Schienenverkehr genau evaluiert und resultierende Nachteile gegebenenfalls vollständig kompensiert werden.

Begründung:

Um die Flexibilitätspotenziale im Stromversorgungssystem effektiv aktivieren zu können und die strombasierte Sektorkopplung voranzubringen, ist eine energiewendeorientierte Überarbeitung der staatlichen Preisbestandteile erforderlich.

Begründung:

Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Herausforderungen im Bereich der Stromnetze sowie der neuen technischen Möglichkeiten im Zuge der Digitalisierung sollte die Transparenz des Netzbetriebs schnellstmöglich gestärkt werden. Im Fokus sollte dabei insbesondere die Veröffentlichung von Lastflussdaten und Angaben zur Netzauslastung in mindestens viertelstündlicher Auflösung durch die Übertragungsnetzbetreiber stehen. Vor dem Hintergrund der Zunahme von Eingriffen zur Netzstabilisierung ist es zudem erforderlich, die Notwendigkeit dieser Maßnahmen stets umfassend und transparent zu veröffentlichen. Dies gilt insbesondere für Fälle, in denen regenerative Stromerzeugungsanlagen abgeregelt werden.