829. Sitzung des Bundesrates am 15. Dezember 2006
Der federführende Finanzausschuss, der Agrarausschuss und der Wirtschaftsausschuss empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt das Gesetz zur Erleichterung der Unternehmensnachfolge und spricht sich ausdrücklich für ein Inkrafttreten zum 1. Januar 2007 aus.
- 2. Der Bundesrat behält sich vor, nach einer Auswertung der zu erwartenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Erbschaftsteuer und zum Bewertungsrecht sich zu einem späteren Zeitpunkt zu dem Gesetzentwurf in Form einer Entschließung zu äußern. Er bittet die Bundesregierung und den Deutschen Bundestag, diese Entschließung für den Fortgang des Gesetzgebungsverfahrens abzuwarten.
Bei Annahme von Ziffer 2 entfallen die Ziffern 5 bis 11.
- 3. Der Bundesrat sieht insbesondere in der Abgrenzung von begünstigtem und nicht begünstigtem Vermögen einen Änderungsbedarf. Er verweist auf die nachstehend unter den Buchstaben a bis g wiedergegebenen Anträge der Länder.
- 4. Der Bundesrat sieht dringenden Handlungsbedarf zu einer Änderung des Gesetzentwurfs in Fällen, in denen durch einen Erwerbsvorgang erst erbschaftsteuerlich begünstigtes Vermögen beim Erwerber entsteht. Der Änderungsbedarf bezieht sich insbesondere auf Verpachtungsfälle in der Land- und Forstwirtschaft sowie beim Handwerk. Auf den entsprechenden bayerischen Antrag wird ausdrücklich verwiesen.
a) Antrag des Landes Baden-Württemberg:
Zu Artikel 1 Nr. 13 und 14 (§§ 28 Abs. 3 und 28a Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe d ErbStG)
Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:
- a) In Nummer 13 ist in § 28 Abs. 3 nach Satz 3 folgender Satz einzufügen:
"Eine schädliche Verwendung im Sinne der Sätze 1 bis 3 ist nicht anzunehmen wenn die hierdurch freigewordenen Mittel innerhalb von zwei Jahren wiederum in begünstigtes Vermögen investiert werden."
- b) In Nummer 14 sind in § 28a Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe d das Komma durch einen Punkt zu ersetzen und folgender Satz anzufügen:
"Dies gilt nicht für Geldbestände, Geldforderungen gegenüber Kreditinstituten sowie vergleichbare Forderungen und Wertpapiere, die innerhalb von zwei Jahren nach dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer in begünstigtes Vermögen investiert werden."
Ziffern 3 und 4 entfallen bei Nichtannahme von Ziffer 2.
Begründung
:Zur Verhinderung unerwünschter Gestaltungen sieht der Gesetzentwurf gegenüber dem geltenden Recht eine Beschränkung der Möglichkeit des sukzessiven Erlasses der Erbschaftsteuer auf das sogenannte Produktivvermögen vor. Diese Beschränkung ist aus verfassungsrechtlichen Gründen erforderlich um die Sonderbehandlung betrieblichen Vermögens rechtfertigen zu können. Daher werden u. a. Geldbestände, Geldforderungen gegenüber Kreditinstituten sowie vergleichbare Forderungen und Wertpapiere aus der Vergünstigung ausgenommenen. Diese Zuordnung bildet ein Investitionshemmnis für Unternehmen, die Geldbestände, Geldforderungen gegenüber Kreditinstituten sowie vergleichbare Forderungen und Wertpapiere zeitnah für Investitionen in produktives Vermögen verwenden wollen. Dasselbe gilt in Fällen der schädlichen Verwendung von produktivem Vermögen, wenn der Veräußerungserlös zeitnah wieder in produktives Vermögen investiert wird.
Mit dem Änderungsantrag soll daher eine "Investitionsklausel" aufgenommen werden die eine Mittelverwendung für zeitnahe Investitionen in produktives Vermögen ermöglicht.
Zu Buchstabe a (Änderung von § 28 Abs. 3 ErbStG-E)
Dies wird in den Fällen der Veräußerung von produktivem Vermögen im Verlauf des zehnjährigen Stundungs- und Erlasszeitraums erreicht, indem eine schädliche Verwendung nicht angenommen wird, wenn der Veräußerungserlös innerhalb von zwei Jahren wiederum zur Schaffung begünstigten Vermögens verwandt wird. Das hierdurch entstandene begünstigte Vermögen ist so zu behandeln als hätte es im Zeitpunkt der Steuerentstehung zum Produktivvermögen gehört. Dies bedeutet beispielsweise, dass die spätere Veräußerung des Reinvestitionsguts ebenfalls eine schädliche Verwendung darstellt. Der Reinvestitionszeitraum von zwei Jahren trägt den Bedürfnissen der Unternehmen ausreichend Rechnung und erscheint hinsichtlich der verwaltungsmäßigen Handhabung überschaubar.
Zu Buchstabe b (Änderung von § 28a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d ErbStG-E)
Die Ergänzung von § 28a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d ErbStG-E bezieht sich auf die Fälle, in denen Geldbestände, Geldforderungen gegenüber Kreditinstituten sowie vergleichbare Forderungen und Wertpapiere bereits im Besteuerungszeitpunkt zum erworbenen Betriebsvermögen gehören. Auch dieses nicht produktive Vermögen soll dann dem begünstigten Vermögen zugeordnet werden wenn es innerhalb von zwei Jahren nach dem Besteuerungszeitpunkt in Produktivvermögen investiert wird. Wird nicht innerhalb der Frist investiert, werden die Geldbestände, Geldforderungen gegenüber Kreditinstituten sowie vergleichbare Forderungen und Wertpapiere ab dem Zeitpunkt der Steuerentstehung als nicht produktives Vermögen behandelt.
b) Antrag der Freien und Hansestadt Hamburg:
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob bei der Abgrenzung des begünstigten und des nicht begünstigten Vermögens (§ 28a Abs. 1 ErbStG-E) und den Regelungen zur schädlichen Verwendung (§ 28 Abs. 3 ErbStG-E) eine weniger verwaltungsintensive Lösung gefunden werden kann. Zielrichtung sollte dabei insbesondere auch sein, Gestaltungsmöglichkeiten in Form kurzzeitiger Einlagen von Privatvermögen in den Betrieb zu verringern.
Begründung
:Der gegenwärtige Gesetzentwurf wirft immer noch einige Probleme auf.
- - Die Abgrenzung des begünstigten vom nicht begünstigten Betriebsvermögen beinhaltet die Gefahr der Benachteiligung des Betriebsvermögens wirtschaftlich gesunder Unternehmen, die aus unternehmerischer Notwendigkeit heraus hohes, nicht begünstigtes Betriebsvermögen wie liquide Mittel vorhalten müssen (z.B. Reedereien mit Geldern zum Erwerb von Schiffen; große Versicherungsvermittler mit Geldern zur Rückerstattung von bereits entrichteten Provisionen an die Versicherer).
- - Die Ermittlung des begünstigten Betriebsvermögens und die Verpflichtung, dieses für die gesamte zehnjährige Frist zu überwachen, wird Steuerpflichtige wie Verwaltung vor allergrößte Schwierigkeiten stellen. Bei mehrstufigen Beteiligungen ist eine jährliche Prüfung auf jeder Beteiligungsstufe für jede Beteiligung notwendig. Die Prüfung der Frage, ob die Steuerfreiheit fortgilt, verlangt sowohl Steuerpflichtigen als auch der Verwaltung in Form von Beratungs- bzw. Personalkosten hohen finanziellen Aufwand ab.
- - Der Abzug betrieblicher Schulden vorrangig vom nicht begünstigten Betriebsvermögen ermöglicht bei der gegenwärtigen Konzeption missbräuchliche Gestaltungen, die nach der Grundidee des Gesetzentwurfs gerade verhindert werden sollten. In Höhe der Differenz aus Verbindlichkeiten und nicht begünstigtem Betriebsvermögen kann Privatvermögen über kurzzeitige Einlage in das Betriebsvermögen erbschaftsteuerfrei übertragen werden. Ein Verstoß gegen die Fortführungsklausel des § 28 Abs. 2 ErbStG-E liegt in der Regel nicht vor, da Umsatz, Auftragsvolumen und Anzahl der Arbeitnehmer unverändert bleiben.
Es sollte geprüft werden, ob es Alternativen zur derzeitigen gesetzlichen Ausgestaltung der §§ 28a Abs. 1 und 28 Abs. 3 ErbStG-E gibt. Zielrichtung sollte dabei sein, durch deutliche Erweiterung des Umfangs des begünstigten Vermögens (auch z.B. auf liquide Mittel) den Betriebsübergang als Ganzes zu begünstigen und dem Unternehmer dabei seine Freiheit zur (arbeitsplatzsichernden) Umstrukturierung oder zu anderen Anpassungen zu erhalten. Auf der anderen Seite sollte die Begünstigung aber davon abhängig gemacht werden, dass der übernommene Betrieb in den Folgejahren nicht durch Entnahmen geschwächt, sondern im Gegenteil durch vernünftiges unternehmerisches Verhalten auch unter Verwendung eines Teils des Gewinns in seiner Substanz gestärkt wird.
c) Antrag des Freistaats Thüringen:
Zu Artikel 1 Nr. 14 (§ 28a Abs. 1 Nr. 2 ErbStG)
In Artikel 1 Nr. 14 ist in § 28a Abs. 1 Nr. 2 der letzte Halbsatz wie folgt zu fassen:
- "soweit die Summe ihrer Werte den Wert der darauf entfallenden Schulden und sonstigen Abzüge nach den §§ 103 und 104 des Bewertungsgesetzes übersteigt;"
Begründung
:Nach § 28a Abs. 1 Nr. 2 ErbStG in der Fassung des Gesetzentwurfs werden die insgesamt vorhandenen betrieblichen Schulden (Schulden für begünstigtes und für nicht begünstigtes Betriebsvermögen) zunächst vom nicht begünstigten Vermögen abgezogen.
Dieses Vorgehen widerspricht dem Ziel des Gesetzes. Werden Schulden zunächst nur dem nicht begünstigten Vermögen zugeordnet, wird damit das nichtbegünstigte Vermögen, ohne Rechtfertigung, in erheblichem Umfang steuerfrei gestellt.
Diese Lösung steht auch einer aufwändigen Überprüfung und Unterscheidung zwischen begünstigtem und nicht begünstigtem Betriebsvermögen entgegen, denn sie führt insbesondere in den neuen Ländern zu einer vollständigen Steuerbefreiung von nicht begünstigtem Vermögen.
Mit der Neuformulierung soll sichergestellt werden, dass vom nicht begünstigten Vermögen nur die Schulden abgezogen werden, die mit dem nicht begünstigten Vermögen unmittelbar in Zusammenhang stehen.
d) Antrag des Landes Nordrhein-Westfalen:
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, wie auch Umlaufvermögen begünstigt werden kann, wenn es an sich zum unproduktiven Vermögen gehört (Kundenforderungen, Kunstgegenstände eines Kunsthändlers).
e) Antrag des Freistaates Bayern:
Zu Artikel 1 Nr. 14 (§ 28a Abs. 1 Nr. 1, Nr. 3 Satz 3, Abs. 1a - neu -, Abs. 2 Satz 1)
In Artikel 1 Nr. 14 ist § 28a wie folgt zu ändern:
- a) Absatz 1 ist wie folgt zu ändern:
- aa) Nummer 1 ist wie folgt zu fassen:
1. inländisches land- und forstwirtschaftliches Vermögen im Sinne des § 141 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Bewertungsgesetzes, vermietete Grundstücke, Grundstücke im Sinne des § 69 des Bewertungsgesetzes und die in § 13 Abs. 2 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes genannten Gebäude oder Gebäudeteile beim Erwerb eines ganzen Betriebs der Land- und Forstwirtschaft, eines Teilbetriebs, eines Anteils an einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft oder eines Anteils daran, unter der Voraussetzung, dass dieses Vermögen ertragsteuerlich zum Betriebsvermögen eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft gehört, und entsprechendes land- und forstwirtschaftliches Vermögen, das einer Betriebsstätte in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums dient;
- bb) In Nummer 3 Satz 3 sind die Wörter "nach Nummer 1 Satz 2 und" zu streichen.
- aa) Nummer 1 ist wie folgt zu fassen:
- b) Nach Absatz 1 ist folgender Absatz 1a einzufügen:
(1a) Begünstigtes Vermögen liegt auch vor, wenn die in Absatz 1 genannten Voraussetzungen beim Erblasser oder Schenker nicht erfüllt waren, aber durch den Erwerb beim Erwerber eintreten; an Stelle der in Absatz 1 Nr. 2 Satz 2 genannten Schulden treten hierbei die mit dem erworbenen Vermögen zusammenhängenden Schulden."
- c) In Absatz 2 Satz 1 ist die Angabe "des Absatzes 1" durch die Angabe "der Absätze 1 und 1a" zu ersetzen.
Begründung
:Zu Buchstabe a Doppelbuchstabe aa:
Die nach geltendem Recht vorgenommene Abgrenzung des begünstigten Vermögens bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben (§ 13a Abs. 4 Nr. 2 und § 19a Abs. 2 Nr. 2 ErbStG) soll beibehalten werden. Anders als bei Gewerbebetrieben ist bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben die Bildung gewillkürten Betriebsvermögens weitgehend ausgeschlossen, so dass hier keine Gestaltungen möglich sind, Vermögen am Gesetzeszweck vorbei steuerfrei zu behandeln.
Einschränkungen führen zu einer nicht gewollten Schlechterstellung der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe.
Zu Buchstabe a Doppelbuchstabe bb:
Es handelt sich um eine redaktionelle Anpassung auf Grund der Änderung von § 28a Abs. 1 Nr. 1.
Zu Buchstabe b:
Zweck des Gesetzes ist die Betriebsfortführung durch den Erwerber. Daher kommt es nicht darauf an, dass auch beim Erblasser oder Schenker begünstigtes Betriebsvermögen vorlag, sondern es genügt, dass durch den Erwerbsvorgang beim Erwerber solches entsteht. Nicht begünstigt bleibt allerdings erworbenes Vermögen, das erst durch eine Entscheidung des Erwerbers dem Betriebsvermögen zugeordnet wird. Folgende Fälle unterliegen hiernach beispielsweise der Begünstigung:
- - Ein Vater hat seinem Sohn seinen landwirtschaftlichen Betrieb schon vor längerem übergeben, sich aber das Eigentum an den Flächen vorbehalten und diese an ihn verpachtet. Nach dem Tod des Vaters erbt der Sohn die Flächen, die nun Teil seines landwirtschaftlichen Betriebs sind.
- - Die Tochter hat vor Jahren den Handwerksbetrieb des Vaters geerbt, der in einem Werkstattgebäude ausgeübt wird, das der Mutter gehörte. Nach dem Tod der Mutter erbt sie auch dieses Gebäude, das damit notwendiges Betriebsvermögen ihres Handwerksbetriebs wird.
- - Die Tochter besitzt bereits 20 % der Anteile an einer GmbH. Ihr Vater schenkt ihr weitere 20 % der Anteile an der gleichen GmbH. Zwar liegt der übertragene Anteil unter der 25% - Mindestbeteiligungsgrenze. Insgesamt ist der Einfluss auf die Geschäftsführung damit aber erheblich angestiegen.
Dies gilt auch, wenn durch zwei gleichzeitig stattfindende Erwerbsvorgänge Vermögen übertragen wird, die für sich genommen nicht die Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllen, aber zusammen den Kriterien genügen, z.B. - ein Vater und dessen Schwester übertragen mit Wirkung zum gleichen Tag Anteile von je 20 % an der gleichen GmbH auf den Sohn, bzw. Neffen, der damit insgesamt 40 % der Anteile erhält.
Zu Buchstabe c:
Es handelt sich um eine redaktionelle Anpassung auf Grund der Einfügung von § 28a Abs. 1a.
f) Antrag des Landes Nordrhein-Westfalen:
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, wie auch solches Vermögen begünstigt werden kann, das zwar zum nicht produktiven Vermögen gehört, jedoch Arbeitsplätze schafft (Banken, Versicherungen, Wohnungsunternehmen).
g) Antrag des Landes Nordrhein-Westfalen:
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, wie auch die zu einem Gewerbebetrieb gehörenden Anteile von bis zu 25 % an Kapitalgesellschaften begünstigt werden können (§ 28a Abs. 1 Nr. 2 ErbStG-E), sofern sie die Voraussetzungen der "unwiderruflichen Stimmrechtsbündelung" im Sinne des § 28a Abs. 1 Nr. 3 ErbStG-E erfüllen.
5. Zu Artikel 1 Nr. 13 (§ 28 Abs. 2 Satz 1, Satz 2)
In Artikel 1 Nr. 13 ist § 28 Abs. 2 wie folgt zu ändern:
- a) In Satz 1 letzter Halbsatz sind die Wörter ", in einem nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse vergleichbaren Umfang" zu streichen.
- b) Satz 2 ist zu streichen.
- Ziffer 5 entfällt bei Annahme von Ziffer 2.
- Bei Annahme von Ziffer 5 entfällt Ziffer 6.
Begründung
:Die Überprüfung der Steuerstundung nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse (Anzahl der Arbeitnehmer, Umsatz, Betriebsvermögen) sollte praktikabler, vereinfachter gestaltet werden.
Die im Gesetzentwurf getroffene Regelung ist rechtsanfällig und führt im Ergebnis zu einem erheblich erhöhten Verwaltungsaufwand, da hinsichtlich der Stundungsvoraussetzung bei der Würdigung des Gesamtbildes der wirtschaftlichen Verhältnisse des betroffenen Betriebes die Finanzverwaltung die Voraussetzungen (Anzahl der Arbeitnehmer, Umsatz Betriebsvermögen) laufend überprüfen müsste.
Die Stundungsvoraussetzungen enden, wenn der Betrieb, die Beteiligung an einer Personengesellschaft oder Anteile an einer Kapitalgesellschaft aufgegeben werden. Damit würde die Überprüfung der Stundungsvorrausetzung ohne großen Verwaltungsaufwand im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung seitens der Finanzverwaltung möglich.
6. Zu Artikel 1 Nr. 13 (§ 28 Abs. 2 Satz 2 ErbStG)
Ziffer 6 entfällt bei Annahme von Ziffer 2 oder 5.
In Artikel 1 Nr. 13 sind in § 28 Abs. 2 Satz 2 die Wörter "und der Anzahl der Arbeitnehmer" zu streichen.
Als Folge ist in Artikel 1 Nr. 13 § 28 Abs. 2 Satz 2 das Komma nach dem Wort "Auftragsvolumen" durch das Wort "und" zu ersetzen.
Begründung
:Nach dem vorliegenden Gesetzentwurf setzen die Stundung und das Erlöschen der Steuer im Rahmen der Unternehmensnachfolge u. a. voraus, dass die Anzahl der Arbeitnehmer nach Eintritt der Unternehmensnachfolge vergleichbar bleibt. Ansonsten wird die gestundete Steuer insgesamt fällig.
Diese Regelung ist abzulehnen. Sie nimmt den Unternehmen jede Flexibilität, auf die Bedürfnisse des Marktes zu reagieren.
Gerade in Zeiten einer schwächeren Wirtschaftsentwicklung kann es notwendig werden dass sich ein Unternehmen von einem Teil seiner Arbeitnehmer trennen muss oder Personalfluktuationen nutzt, um den Betrieb überlebensfähig zu machen und einen Kernbestand an Arbeitsplätzen zu erhalten.
In dieser Situation stünde der Unternehmer vor der Alternative, auf einen betriebswirtschaftlich notwendigen Personalabbau zu verzichten oder - im Falle eines Personalabbaues - mit der fällig werdenden Steuerforderung der Finanzverwaltung konfrontiert zu werden. Beides kann sich für das Unternehmen Existenz bedrohend auswirken.
Die Regelung hemmt innovative Entwicklungen. Unternehmen könnten sich daran gehindert sehen, neue Technologien einzusetzen, wenn aus steuerlichen Gründen eine bestimmte Zahl von Arbeitsplätzen über zehn Jahre gehalten werden muss. Das kann sich auf Dauer auch nachteilig auf den Wirtschaftsstandort Deutschland auswirken.
Darüber hinaus hat die Regelung für den Arbeitsmarkt kontraproduktive Folgen.
Steht eine Unternehmensnachfolge in absehbarer Zeit bevor, wird kaum ein Unternehmen neue Arbeitsplätze schaffen, wenn diese über zehn Jahre erhalten bleiben müssen, um keine steuerlichen Nachteile zu erleiden.
Schließlich führt die Regelung zu einem höheren Maß an Rechtsunsicherheit.
Denn es wird sich erst in Jahren eine gesicherte Rechtsprechung herausbilden, unter welchen Voraussetzungen die Anzahl der Arbeitnehmer noch vergleichbar ist. Der administrative Kontrollaufwand in der Finanzverwaltung wird erheblich steigen.
7. Zu Artikel 1 Nr. 13 (§ 28 Abs. 3)
In § 28 Abs. 2 ErbStG-E wird als Voraussetzung für Stundung und Erlöschen der Steuer die Betriebsfortführung gefordert. Hier ist bereits auch die Sanktion bei Nichtfortführung geregelt. Vor diesem Hintergrund ist die Formulierung von § 28 Abs. 3 ErbStG-E missverständlich und die Auslegung zumindest in Teilen unklar.
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren den § 28 Abs. 3 ErbStG-E so zu überarbeiten, dass gegenüber der derzeitigen Rechtslage keine Verschlechterungen eintreten.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Die Betriebsfortführung und die Sanktion sind eigentlich in § 28 Abs. 2 ErbStG-E geregelt. Danach erlischt die Stundung bei Nichtfortführung, also auch bei Veräußerung wesentlicher Betriebsgrundlagen, und die gesamte gestundete Steuer wird für die Restlaufzeit fällig.
In § 28 Abs. 3 ErbStG-E wird ergänzend dazu nochmals die Veräußerung geregelt und eine partielle Sanktion hinsichtlich einzelner veräußerter Vermögensgegenstände verlangt. Die gewählten Formulierungen sind missverständlich und in der Auslegung unklar. Vor diesem Hintergrund sollte der § 28 Abs. 3 ErbStG-E entsprechend überarbeitet werden. entfällt bei Annahme von Ziffer 2
8. Zu Artikel 1 Nr. 14 (§ 28a Abs. 1 Nr. 1, Nr. 3 Satz 3, Abs. 1a - neu -, Abs. 2 Satz 1)
In Artikel 1 Nr. 14 ist § 28a wie folgt zu ändern:
- a) Absatz 1 ist wie folgt zu ändern:
- aa) Nummer 1 ist wie folgt zu fassen:
1. inländisches land- und forstwirtschaftliches Vermögen im Sinne des § 141 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Bewertungsgesetzes, vermietete Grundstücke, Grundstücke im Sinne des § 69 des Bewertungsgesetzes und die in § 13 Abs. 2 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes genannten Gebäude oder Gebäudeteile beim Erwerb eines ganzen Betriebs der Land- und Forstwirtschaft, eines Teilbetriebs, eines Anteils an einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft oder eines Anteils daran, unter der Voraussetzung, dass dieses Vermögen ertragsteuerlich zum Betriebsvermögen eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft gehört, und entsprechendes land- und forstwirtschaftliches Vermögen, das einer Betriebsstätte in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums dient;
- bb) In Nummer 3 Satz 3 sind die Wörter "nach Nummer 1 Satz 2 und" zu streichen. entfällt bei Annahme von Ziffer 2
- aa) Nummer 1 ist wie folgt zu fassen:
-
9. b) Nach Absatz 1 ist folgender Absatz 1a einzufügen:
(1a) Begünstigtes Vermögen liegt auch vor, wenn die in Absatz 1 genannten Voraussetzungen beim Erblasser oder Schenker nicht erfüllt waren, aber durch den Erwerb beim Erwerber eintreten; an Stelle der in Absatz 1 Nr. 2 Satz 2 genannten Schulden treten hierbei die mit dem erworbenen Vermögen zusammenhängenden Schulden." entfällt bei Annahme von Ziffer 2
- c) In Absatz 2 Satz 1 ist die Angabe "des Absatzes 1" durch die Angabe "der Absätze 1 und 1a" zu ersetzen.
Begründung
:Zu Ziffer 8:
[Der Bundesrat begrüßt das Anliegen der Bundesregierung, die Erbschaft- und Schenkungsteuer zu reformieren und Betriebsübergaben durch ein Stunden und stufenweises Erlöschen der Steuerschuld über 10 Jahre zu erleichtern. Für eine Vielzahl von land- und forstwirtschaftlichen sowie gärtnerischen Betrieben würde allerdings der Wegfall der Entlastungen nach § 13a des Erbschaftsteuergesetzes und insbesondere die Zuordnung verpachteter Betriebe und Flächen zum unproduktiven und damit nicht begünstigten Vermögen zu Mehrbelastungen gegenüber der derzeitigen Rechtslage führen. Dies entspricht nicht der Zielsetzung der Reform.
Grundlage bisheriger Berechnungen zur Erbschaft- und Schenkungsteuer in der Land- und Forstwirtschaft waren bzw. sind Bodenschätzung und die daran anknüpfende Ertragswertermittlung. Die Ertragswerte im Kontext mit den Bestimmungen des bisherigen Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes ermöglichten die weitgehende steuerfreie Betriebsübergabe und damit den Erhalt der Betriebe und der Arbeitsplätze für die nachfolgende Generation.]
Zu Buchstabe a Doppelbuchstabe aa:
Die nach geltendem Recht vorgenommene Abgrenzung des begünstigten Vermögens bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben (§ 13a Abs. 4 Nr. 2 und § 19a Abs. 2 Nr. 2 ErbStG) soll beibehalten werden. Anders als bei Gewerbebetrieben ist bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben die Bildung gewillkürten Betriebsvermögens weitgehend ausgeschlossen, so dass hier keine Gestaltungen möglich sind, Vermögen am Gesetzeszweck vorbei steuerfrei zu behandeln. Einschränkungen führen zu einer nicht gewollten Schlechterstellung der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe.
Zu Buchstabe a Doppelbuchstabe bb:
Es handelt sich um eine redaktionelle Anpassung auf Grund der Änderung von § 28a Abs. 1 Nr. 1.
Zu Ziffer 9:
Zu Buchstabe b:
Zweck des Gesetzes ist die Betriebsfortführung durch den Erwerber. Daher kommt es nicht darauf an, dass auch beim Erblasser oder Schenker begünstigtes Betriebsvermögen vorlag, sondern es genügt, dass durch den Erwerbsvorgang beim Erwerber solches entsteht. Nicht begünstigt bleibt allerdings erworbenes Vermögen, das erst durch eine Entscheidung des Erwerbers dem Betriebsvermögen zugeordnet wird. Folgende Fälle unterliegen hiernach beispielsweise der Begünstigung:
- - Ein Vater hat seinem Sohn seinen landwirtschaftlichen Betrieb schon vor längerem übergeben, sich aber das Eigentum an den Flächen vorbehalten und diese an ihn verpachtet. Nach dem Tod des Vaters erbt der Sohn die Flächen, die nun Teil seines landwirtschaftlichen Betriebs sind.
- - Die Tochter hat vor Jahren den Handwerksbetrieb des Vaters geerbt, der in einem Werkstattgebäude ausgeübt wird, das der Mutter gehörte. Nach dem Tod der Mutter erbt sie auch dieses Gebäude, das damit notwendiges Betriebsvermögen ihres Handwerksbetriebs wird.
- - Die Tochter besitzt bereits 20 % der Anteile an einer GmbH. Ihr Vater schenkt ihr weitere 20 % der Anteile an der gleichen GmbH. Zwar liegt der übertragene Anteil unter der 25%-Mindestbeteiligungsgrenze. Insgesamt ist der Einfluss auf die Geschäftsführung damit aber erheblich angestiegen.
Dies gilt auch, wenn durch zwei gleichzeitig stattfindende Erwerbsvorgänge Vermögen übertragen wird, die für sich genommen nicht die Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllen, aber zusammen den Kriterien genügen, z.B. - ein Vater und dessen Schwester übertragen mit Wirkung zum gleichen Tag Anteile von je 20 % an der gleichen GmbH auf den Sohn, bzw. Neffen, der damit insgesamt 40 % der Anteile erhält.
Zu Buchstabe c:
Es handelt sich um eine redaktionelle Anpassung auf Grund der Einfügung von § 28a Abs. 1a.
10. Zum Gesetzentwurf insgesamt
- a) Der Bundesrat fordert, im weiteren Gesetzgebungsverfahren die besonderen Verhältnisse in der Land- und Forstwirtschaft zu berücksichtigen und die geplanten gesetzlichen Regelungen zur Unternehmensnachfolge, ggf. auch im Lichte des zu erwartenden Urteils des Bundesverfassungsgerichts zur Bewertung von Grundvermögen, so auszugestalten, dass Mehrbelastungen für Inhaber von land- und forstwirtschaftlichen sowie gärtnerischen Betrieben vermieden werden.
Eine Bewertung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe zu Verkehrswerten könnte in der Land- und Forstwirtschaft zu enteignungsgleichen Eingriffen und zu erheblichen Verwerfungen bei Pachtverhältnissen und Betriebsübergaben führen. Mehr als 50 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Flächen sind Pachtflächen. Die Pachten orientieren sich an den durch Landbewirtschaftung erzielbaren wirtschaftlichen Erträgen und nicht an den Verkehrswerten.
- b) Der Bundesrat spricht sich dafür aus - vorbehaltlich der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts -, sowohl die Bodenschätzung als auch die Ertragswertermittlung als Maßstab für die Bewertung und als bewährte Grundlage für die Erbschaft- und Schenkungsteuer zu erhalten. entfällt bei Annahme von Ziffer 2
11. Im Übrigen behält sich der Bundesrat vor, nach einer Auswertung der zu erwartenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Erbschaftsteuer und zum Bewertungsrecht sich zu einem späteren Zeitpunkt zu dem Gesetzentwurf zu äußern.
Er bittet die Bundesregierung und den Deutschen Bundestag, diese Äußerung für den Fortgang des Gesetzgebungsverfahrens abzuwarten. entfällt bei Annahme von Ziffer 2