Unterrichtung durch die Bundesregierung
Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/116/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Schutzdauer des Urheberrechts und bestimmter verwandter Schutzrechte KOM (2008) 464 endg.; Ratsdok. 12217/08

Übermittelt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 29. Juli 2008 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 12. März 1993 (BGBl. I S. 313), zuletzt geändert durch das Föderalismusreform-Begleitgesetz vom 5. September 2006 (BGBl. I S. 2098).

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat die Vorlage am 18. Juli 2008 dem Bundesrat zugeleitet.

Die Vorlage ist von der Kommission am 24. Juli 2008 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss wird an den Beratungen beteiligt.

Hinweis: vgl. AE-Nr. 061274

Begründung

1. Hintergrund des Vorschlags

- Gründe und Ziele des Vorschlags

Ziel des Vorschlags ist es, die soziale Situation ausübender Künstler (insbesondere von Studiomusikern) zu verbessern, da diese die derzeit geltende 50jährige Schutzdauer immer häufiger überleben.

Die Massenproduktion von Tonträgern hat im Wesentlichen in den 50er Jahren begonnen.

Werden keine Änderungen eingeführt, so werden in den kommenden zehn Jahren immer mehr Stücke, die im Zeitraum 1957 bis 1967 aufgenommen und herausgegeben worden sind, ihren Schutz verlieren. Wenn das auf einem Tonträger aufgenommene Stück nicht mehr geschützt ist werden rund 7000 Interpreten in jedem der großen Mitgliedstaaten und eine entsprechend kleinere Zahl von Künstlern in den kleineren Mitgliedstaaten ihr gesamtes Einkommen verlieren das sie in Form von Lizenzeinnahmen und gesetzlichen Entgelten erhalten, wenn ihr Stück öffentlich gesendet oder in Bars und Diskotheken gespielt wird.

Davon betroffen sind namentlich genannte Künstler (die vertragliche Lizenzeinnahmen erhalten), vor allem aber Tausende von unbekannten Studiomusikern (die keine Lizenzeinnahmen erhalten und einzig auf die gesetzlichen Entgelte angewiesen sind), die Ende der 50er und in den 60er Jahren an Aufnahmen mitgewirkt und ihre Exklusivrechte gegen eine Pauschalzahlung an die Plattenproduzenten abgetreten haben ("Buy-Out"). Ihre "einzige angemessene Vergütung" für die öffentliche Sendung und Wiedergabe, die nie der Plattenfirma übertragen wird, würde wegfallen.

Mit diesem Vorschlag soll deshalb eine einheitliche Methode zur Berechnung der Schutzdauer für Musikkompositionen eingeführt werden, die auch Text umfassen und aus Beiträgen verschiedener Urheber stammen. So enthalten beispielsweise Musikstücke aus der Popmusik oder der Oper häufig Text (oder ein Libretto) und geschriebene Musik. In den Mitgliedstaaten werden solche gemeinsam geschriebenen Musikkompositionen entweder als Einzelarbeit mehrerer Urheber betrachtet, für die eine einheitliche Schutzdauer ab dem Tod des letzten überlebenden Miturhebers gilt, oder sie gelten als getrennte Arbeiten mit unterschiedlicher Schutzdauer, die jeweils ab dem Tod eines jeden Miturhebers läuft.

Dies bedeutet, dass in einigen Mitgliedstaaten1 die Schutzdauer für Musikkompositionen mit Text 70 Jahre nach dem Tod des letzten beteiligten Urhebers erlöscht, während in anderen Mitgliedstaaten2 jeder Beitrag jeweils 70 Jahre nach dem Tod des betreffenden Urhebers seinen Schutz verliert. Diese Abweichungen bei der Schutzdauer für Musikkompositionen machen die Anwendung der Urheberrechte in der Gemeinschaft bei gemeinsam geschriebenen Werken problematisch. Zudem entstehen dadurch Schwierigkeiten bei der grenzüberschreitenden Verteilung der Lizenzeinnahmen in verschiedenen Mitgliedstaaten.

- Allgemeiner Kontext

Soziale Situation ausübender Künstler Der durchschnittliche ausübende Künstler befindet sich heute in Europa sowohl im Hinblick auf die Arbeitsbedingungen als auch den beschäftigungsrechtlichen Status in keiner besonders guten Lage. Nur berühmte Künstler, die so genannten "Featured Artists" (namentlich genannte Künstler), die einen Vertrag mit einer großen Plattenfirma abgeschlossen haben und daraus Lizenzeinnahmen erhalten, können von ihrem Beruf leben. So verdienten beispielsweise im Vereinigten Königreich 2001 nur 5 % der Musikinterpreten über 10 000 £ im Jahr. Dabei gingen überdies zwischen 77 und 89,5 % des Gesamteinkommens aller Musikinterpreten an die obersten 20 %3. Wirtschaftswissenschaftler haben gezeigt, dass die großen Diskrepanzen zwischen dem niedrigen Einkommen der großen Mehrheit der unbekannten Künstler und dem hohen Einkommen der "Superstars" typisch für die Musikbranche sind4.

Auch in sozialer Hinsicht sind die Künstler nicht gut abgesichert. Sie finden nur schwer ausreichend Beschäftigung, und die meisten müssen ihr Einkommen mit anderen Tätigkeiten aufbessern5. Insgesamt können nur 5 % der ausübenden Künstler tatsächlich von ihrem Beruf leben - alle anderen müssen dazuverdienen.

In der Regel übertragen ausübende Künstler ihre wirtschaftlich bedeutsamsten Urheberrechte per Vertrag auf eine Plattenfirma. Dabei hat der einzelne Künstler in den meisten Fällen wenig Verhandlungsmacht6. Wenn ausübende Künstler einen Vertrag mit einer Plattenfirma unterzeichnen sind sie in aller Regel willens, jeden Vertrag zu akzeptieren, weil sie dadurch an Ansehen und Bekanntheit gewinnen und so eine breitere Zuhörerschaft erreichen können.

Sie können also nur schwer verhandeln, welche Art von Vertrag oder welche Vergütung sie erhalten. Studiomusiker, die nur für bestimmte Aufnahmen engagiert werden, können gar nicht verhandeln, sondern müssen ihre Urheberrechte gegen eine Einmalzahlung für immer abtreten.

Die Vertragsbeziehungen zwischen Plattenfirmen und ausübenden Künstlern können vielerlei Formen annehmen, lassen sich jedoch normalerweise einer der folgenden beiden Kategorien zuordnen7:

Das Einkommen eines ausübenden Künstlers kann auch erheblich dadurch geschmälert werden dass die Plattenfirmen diverse Kosten von den Lizenzeinnahmen abziehen. Diese Abzüge sind in den komplexen Verträgen oft verklausuliert geregelt9. In der Praxis kann der durchschnittliche Prozentsatz der Lizenzeinnahmen, den der Künstler tatsächlich erhält, also aufgrund diverser Abzüge (für Kosten, die den Produzenten für Musikvideos, Werbung und Master-Aufnahmen entstehen) niedriger sein. Da von den Aufnahmen der meisten Künstler überdies nicht genügend Exemplare verkauft werden, um die Erstinvestition der Plattenfirma wieder hereinzuholen (nur 1 von 8 CDs ist rentabel)10, fließen oftmals gar keine Lizenzeinnahmen.

Allerdings haben ausübende Künstler auch andere Einkommensquellen. So erhalten sie beispielsweise Einkünfte von Verwertungsgesellschaften, die die so genannten sekundären Vergütungsansprüche verwalten. Es handelt sich im Wesentlichen um dreierlei Arten von Einkünften:

Alle drei werden gemeinhin als "sekundäre" Einkommensquellen bezeichnet und fließen den ausübenden Künstlern direkt über ihre Verwertungsgesellschaften zu. Diese Zahlungen bleiben von den vertraglichen Vereinbarungen mit den Plattenfirmen unberührt.

Viele europäische ausübende Künstler (Musiker oder Sänger) starten ihre Karriere mit Anfang 20. Wenn die aktuelle 50jährige Schutzfrist ausläuft, haben sie also gerade die 70 überschritten d.h. sie haben wahrscheinlich ohne Weiteres noch 10 oder 20 Jahre vor sich (die durchschnittliche Lebenserwartung in der EU liegt für Männer bei 75 und für Frauen bei 81 Jahren). Folge ist, dass ausübende Künstler am Lebensabend in ein Einkommensloch stürzen da die Lizenzeinnahmen von Plattenfirmen ebenso auslaufen wie das Einkommen aus der öffentlichen Sendung oder Wiedergabe ihrer Stücke. Für Studiomusiker und weniger bekannte Künstler bedeutet dies, dass die Einkünfte aus der öffentlichen Sendung und Wiedergabe genau zu dem Zeitpunkt wegbrechen, zu dem sie am meisten darauf angewiesen sind nämlich wenn sie aufs Rentenalter zugehen. Läuft dann der Urheberschutz aus, so verlieren sie auch noch das potenzielle Einkommen aus der Veräußerung ihrer Frühwerke über das Internet.

Hinzu kommt die Gefahr, dass ihre Werke nach Ablauf ihrer Rechte auf eine für sie ruf- oder namensschädigende Art und Weise verwertet werden. Ausübende Künstler sind auch gegenüber den Urhebern im Nachteil, deren Werke bis 70 Jahre nach ihrem Tod geschützt sind. Dies erscheint nicht nur deshalb ungerecht, weil die Interpreten heutzutage eine ebenso wichtige Rolle spielen wie die Urheber, sondern auch weil sie leichter mit dem kommerziellen Erfolg einer Aufnahme in Verbindung zu bringen sind.

Die ökonomischen Herausforderungen an die Hersteller von Tonträgern Die größten Herausforderungen an die Hersteller von Tonträgern liegen im Wegbrechen des CD-Markts und dem unzureichenden Ersatzeinkommen aus Internetverkäufen. Letzteres ist auf das Phänomen der Raubkopie zurückzuführen. Die EU-Musikindustrie hat enorme Einbrüche bei den Plattenverkäufen hinnehmen müssen: Der Umsatz von Musik-CDs, der 2000 ein Rekordhoch erreichte, ist seither alljährlich um durchschnittlich 6 % zurückgegangen11. Schätzungen für die Zukunft deuten auf einen weiteren Rückgang der Umsätze bei physischen Musikalben von 12,1 Mrd. USD im Jahr 2006 auf 10,3 Mrd. USD bis 2010 hin12. Seit 2001 hat der gesamteuropäische Tonträgermarkt wertmäßig 22 % eingebüßt13.

Vor allem wegen der wachsenden Zahl von Raubkopien sind die Einnahmen im Allgemeinen und die Gewinne im Besonderen eingebrochen. Wie das Musikmagazin "Billboard" im Januar 2006 berichtet, wurden im gesamten Jahr 2005 350 Mio. legale Downloads vorgenommen daneben aber 250 Mio. illegale Downloads pro Woche. Nach Angaben der Musikbranche wurde 2005 ein Drittel aller weltweit gekauften CDs illegal kopiert - ganze 1,2 Mrd. an der Zahl. EMI wendete 2006 über 10 Mio. £ für die Bekämpfung von Raubkopien und den Schutz von Rechten des geistigen Eigentums auf.

Aufgrund der Einkommenseinbußen schmolz der Personalbestand von Universal, der 2003 noch 12 000 Mitarbeiter umfasste, bis 2006 auf 7 600 Mitarbeiter zusammen14. Nachdem bereits im Jahr 2006 Stellen gestrichen worden waren, kündigte EMI im Januar 2008 an, 2000 weitere Jobs (rund ein Drittel des gesamten Personalbestands) abbauen zu wollen15. EMI gab außerdem bekannt, die Künstler fortan sorgfältiger auswählen zu wollen, obwohl die Liste der Künstler, mit denen Verträge unterzeichnet wurden, 2006 bereits erheblich kürzer geworden war16. Außerdem hat EMI seine Werbeausgaben gesenkt17.

Die europäische Plattenindustrie steht also vor der Herausforderung, den stetigen Einkommensstrom zu sichern, der nötig ist, um in neue Talente zu investieren. Nach Angabe der Plattenfirmen investieren sie rund 17 % ihrer Einkünfte in die Entwicklung neuer Talente, d.h. in Verträge mit neuen Talenten, die Förderung neuer Talente und die Produktion innovativer Aufnahmen. Eine längere Schutzdauer würde also neue Einkünfte generieren, mit denen neue Talente finanziert werden könnten, und würde den Plattenfirmen eine bessere Risikostreuung bei der Entwicklung neuer Talente ermöglichen. Aufgrund ungewisser Rückflüsse (nur eine von acht Tonträgeraufnahmen ist erfolgreich) und der so genannten "Informationsasymetrie" können solche Mittel auf den Kapitalmärkten oft nicht beschafft werden.

Gemeinsam geschriebene musikalische Arbeiten Musik wird in der großen Mehrzahl der Fälle gemeinsam geschrieben. So stammen beispielsweise bei Opern Text und Musik häufig von verschiedenen Urhebern. In bestimmten musikalischen Genres wie Jazz, Rock und Pop ist der kreative Prozess häufig kooperativer Art.

Eine Analyse der populärsten französischen Lieder des Zeitraums 1919-2005 zeigt, dass 77 % dieser Lieder gemeinsam geschrieben wurden. Laut einer ähnlichen Untersuchung im Vereinigten Königreich war dies im Zeitraum 1912-2003 bei 61 % der Lieder der Fall18. Eine weitere Studie, die sich mit rund 2000 Werken befasste, die bei der spanischen Gesellschaft für die Verwaltung der Urheberrechte (SGAE) neu registriert wurden, kam zu dem Ergebnis, dass in den Jahren 2005-2006 über 60 % dieser Arbeiten gemeinsam geschrieben wurden19.

Die Oper "Pelléas et Mélisande" illustriert hervorragend, wie die verschiedenen Berechnungsmethoden für gemeinsam geschriebene Musikkompositionen zu einer unterschiedlichen Schutzdauer in den einzelnen Mitgliedstaaten führen. Debussy, der Komponist, lebte bis 1919, während Maeterlinck, der Librettist, erst viele Jahre später (1946) starb. In Mitgliedstaaten, die eine einheitliche Schutzdauer anwenden (z.B. Frankreich, Portugal, Spanien, Griechenland, Litauen), bleibt die gesamte Oper bis zum Jahr 2016 geschützt (Lebensende des letzten überlebenden Urhebers, Maeterlinck, plus siebzig Jahre). In Ländern dagegen, die Musik und Libretto als zwei unterschiedliche Arbeiten (z.B. Vereinigtes Königreich, Niederlande, Österreich, Polen, Slowenien) oder als zwei Arbeiten betrachten, die getrennt genutzt werden können (z.B., Tschechische Republik, Ungarn, Deutschland), erlöschte die Schutzdauer für die Musik im Jahr 1989, während lediglich der Text (Libretto) bis 2016 geschützt bleibt.

Weitere Beispiele sind u.a. die Johann Strauss-Operette "der Zigeunerbaron"20, das Lied "Fascination (Love in the afternoon)" mit der Musik von Fermo D. Marchetti (Todesjahr 1940) und einem Text von Maurice de Féraudy (Todesjahr 1932) oder das Lied "When Irish Eyes Are Smiling" (Musik: Ernest R. Ball (Todesjahr 1927), Text: Chauncey Olcott (Todesjahr 1932) und George Graff, Jr. (Todesjahr 1973).

Beim letzten Beispiel bliebe das gesamte Lied "When Irish eyes are smiling" in Mitgliedstaaten, die eine einheitliche Schutzdauer anwenden, bis 2043 geschützt. In Ländern, die Musik und Text als getrennte Werke oder als Werke betrachten, die einzeln genutzt werden können, erlöschte die Schutzdauer für die Musik im Jahr 1997, während lediglich der Text bis 2043 geschützt bleibt.

- Bestehende Rechtsvorschriften auf diesem Gebiet

Die Modalitäten für den Schutz von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten wurden mit der Richtlinie 93/98/EWG, die später durch die Richtlinie 2006/116/EG kodifiziert wurde, harmonisiert. Die Kodifizierung brachte keine inhaltlichen Änderungen an der Richtlinie.

Nach diesen Richtlinien beträgt die Schutzdauer für ausübende Künstler und die Hersteller von Tonträgern 50 Jahre ab Veröffentlichung, während sie nach dem vorliegenden Vorschlag auf 95 Jahre ab Veröffentlichung verlängert werden soll. Die Richtlinie enthält in ihrer aktuellen Fassung keine spezifischen Regeln für gemeinsam geschriebene Musikkompositionen mit Text.

- Kohärenz mit den anderen Politikbereichen und Zielen der Union

Der Vorschlag steht mit den Zielen der EU in Einklang, den sozialen Schutz und die soziale Eingliederung zu fördern. Ausübende Künstler und vor allem Studiomusiker gehören zu den Geringstverdienenden Europas, obwohl sie einen wesentlichen Beitrag zu seiner großen kulturellen Vielfalt leisten. Außerdem steht die Tonträgerindustrie, die europäische Interpreten herausbringt und in europäischen Studios produziert, vor erheblichen Herausforderungen, die ihre Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigen: Die vielerorts in der Gemeinschaft ungebremste Internet-Piraterie hat zu schweren Einbußen geführt. Die Möglichkeiten der Musikbranche, neue Talente zu finanzieren und sich auf den virtuellen Vertrieb einzustellen, scheinen dadurch schwer beeinträchtigt.

2. Anhörung von interessierten Kreisen und Folgenabschätzung

- Anhörung von interessierten Kreisen

Anhörungsmethoden, angesprochene Sektoren und allgemeines Profil der Befragten

Im Zuge der Überprüfung des EG-Rechtsrahmens im Bereich Urheberrecht und verwandte Schutzrechte wurde am 19. Juli 2004 ein Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen veröffentlicht. Interessierte Kreise wurden aufgefordert, sich bis zum 31. Oktober 2004 zu äußern. Insgesamt gingen 139 Beiträge ein, davon 76 Positionspapiere zur Richtlinie 93/98/EG zur Harmonisierung der Schutzdauer des Urheberrechts und bestimmter verwandter Schutzrechte.

Im Zeitraum 2006-2007 trafen die Kommissionsdienststellen mit verschiedenen Beteiligten zusammen um bestimmte Fragen auf bilateraler Basis ausführlicher zu erörtern. Die Kommission erstellte einen Fragebogen, der im Rahmen dieser bilateralen Gespräche an die wichtigsten Interessengruppen verteilt wurde. Künstlerverbände und Plattenfirmen übermittelten mehr oder weniger detaillierte Antworten.

Zusammenfassung der Antworten und Art ihrer Berücksichtigung

Für eine Verlängerung der Schutzfrist sprachen sich Künstlerverbände, Plattenbranche, Verwertungsgesellschaften, Musikverleger, Musikinterpreten und deren Manager aus.

Dagegen waren Telekomgesellschaften, Bibliotheken, Verbraucher und Public-Domain-Firmen. Ihre Argumente gegen eine Schutzfristverlängerung wurden in der Folgenabschätzung, in der die verschiedenen Optionen analysiert werden, berücksichtigt.

- Einholung und Nutzung von Expertenwissen

Externe Experten brauchten nicht in Anspruch genommen zu werden.

- Folgenabschätzung

In der Folgenabschätzung (unter http://ec.europa.eu/internal_market/copyright/termprotection/ term-protection_de.htm ) werden insgesamt sieben Optionen vorgestellt und sechs davon analysiert, und zwar: 1. keine Maßnahmen ergreifen, 2. die Schutzfrist nur für ausübende Künstler auf "lebenslang oder 50 Jahre" verlängern, 3. die Schutzfrist für ausübende Künstler und Hersteller von Tonträgern auf 95 Jahre verlängern, 4. die Urheberpersönlichkeitsrechte ausübender Künstler stärken, 5. eine "Useit-orloseit"-Klausel in Plattenverträge aufnehmen und 6. einen Fonds für Studiomusiker einrichten.

Alle Optionen wurden anhand der folgenden sechs operationellen Ziele bewertet: Die vorgenannten Ziele, d.h. 1. allmähliche Angleichung des Schutzes von Urhebern und ausübenden Künstlern, 2. progressive Erhöhung des Einkommens ausübender Künstler, 3. Verringerung der Diskrepanzen bei der Schutzdauer in der EU und in den USA, 4. progressive Erhöhung der A&R-Mittel (A&R: Artist and Repertoire), d.h. Entwicklung neuer Talente, 5. Erhältlichkeit von Musik zu vertretbaren Preisen und 6. Förderung der Digitalisierung älterer Aufnahmen. Die FA kommt zu dem Schluss, dass ein Verzicht auf Maßnahmen nicht anzuraten ist. Wird nicht gehandelt, so werden Tausende von europäischen Interpreten, deren Stücke Ende der 50er und in den 60er Jahren aufgenommen wurden, in den kommenden zehn Jahren ihr gesamtes Einkommen aus vertraglich vereinbarten Lizenzeinnahmen oder gesetzlichen Einnahmen bei der öffentlichen Sendung und Wiedergabe verlieren. Dies hätte erhebliche soziale und kulturelle Auswirkungen. Außerdem wäre die Musikbranche gezwungen, bei neuen Tonträgeraufnahmen in Europa Einschnitte vorzunehmen. Die Produktion müsste möglicherweise auf den US-amerikanischen Geschmack zugeschnitten werden, da dort eine längere Schutzfrist gilt.

In der FA werden auch Optionen bewertet, die die Schutzfrist für die Rechte der ausübenden Künstler und Plattenfirmen unberührt lassen (Optionen 3a, b, c und d).

Die Option 3a (unverzichtbares Recht auf eine angemessene Vergütung bei Online-Verkäufen) erscheint vielversprechend, aber noch nicht ausgereift. Unklar bleibt dabei nämlich wer für den zusätzlichen gesetzlichen Vergütungsanspruch aufkommen würde.

Außerdem ist der daraus erwachsende finanzielle Nutzen schwer abschätzbar.

Option 3b (Ausbau der Urheberpersönlichkeitsrechte) hat keine finanziellen Auswirkungen für ausübende Künstler und Plattenfirmen und würde den ausübenden Künstlern daher keinen Einkommenszuwachs bescheren. Option 3c ("Useit-orloseit"-Klausel) wäre für die ausübenden Künstler von Vorteil, da sie damit sichergehen könnten, dass ihre Stücke auf den Markt kommen bzw. auf dem Markt bleiben. Dies könnte sich positiv auf ihr Einkommen auswirken und auch dazu führen, dass das bislang ungenutzte Repertoire verfügbar gemacht wird. Andererseits könnte diese Option ohne flankierende Maßnahmen als unrechtmäßiger Eingriff des Gesetzgebers in die Vertragsfreiheit bei laufenden Verträgen empfunden werden.

Option 3d, der von Plattenfirmen eingerichtete Fonds, wäre vor allem für Studiomusiker sehr vorteilhaft die im Rahmen ihrer ersten Buy-Out-Verträge sämtliche Exklusivrechte abgetreten haben. Die Plattenfirmen müssten jedoch mindestens 20 % des Zusatzeinkommens aus dem Verkauf der Tonträger, die sie während der verlängerten Schutzfrist kommerziell nutzen in den Fonds einzahlen. Wie die Folgenabschätzung zeigt, würde der in der verlängerten Schutzfrist zu erwartende Gewinn aber durchaus ausreichen, um die 20 %ige Rückstellung für Studiomusiker zu finanzieren (siehe unten).

Die Optionen, die eine Verlängerung der Schutzdauer vorsehen (2a "lebenslang oder 50 Jahre" und 2b "95 Jahre für ausübende Künstler und Produzenten"), scheinen eher geeignet zu den sechs Politikzielen beizutragen. Beide Optionen, 2a und 2b, bringen den ausübenden Künstlern finanzielle Vorteile und würden daher mehr Interpreten die Möglichkeit geben, mehr Zeit für ihre künstlerische Tätigkeit aufzuwenden.

Option 2a würde dazu beitragen, den rechtlichen Schutz von ausübenden Künstlern und

Urhebern anzugleichen, indem sie die Schutzfrist bis zum Tod des Interpreten ausdehnt. Sie würde die persönliche Note des künstlerischen Wirkens der ausübenden Künstler widerspiegeln und dem Umstand Rechnung tragen, dass die Interpreten, die die Musik an die Öffentlichkeit bringen, eine ebenso wichtige Rolle spielen wie die Urheber. Außerdem hätten ausübende Künstler so die Möglichkeit, sich zu Lebzeiten gegen eine für sie abträgliche Verwendung ihrer Stücke zur Wehr zu setzen. Kompliziert wäre die Kopplung der Schutzfrist an die Lebenszeit der ausübenden Künstler allerdings, wenn mehrere Interpreten an einer Aufnahme mitwirken. In diesem Falle müsste geregelt werden, bei wessen Tod der Schutz endet. Wie die weiterhin bestehende Unsicherheit über den Schutz von Miturheberrechten zeigt wäre dies mit erheblichem Bürokratieaufwand verbunden. Zudem brächte die Option 2a den Plattenfirmen nicht mehr A&R-Mittel ein.

Option 2b würde dafür sorgen, dass den Plattenfirmen mehr A&R-Mittel zur Verfügung stünden und könnte sich somit zusätzlich positiv auf die kulturelle Vielfalt auswirken. Die FA zeigt auch, dass die Vorteile einer Schutzfristverlängerung für Starkünstler nicht unbedingt stärker zum Tragen kämen. Auch wenn namentlich genannte Interpreten den Löwenanteil der mit Plattenfirmen ausgehandelten Lizenzeinnahmen erhalten, haben doch alle ausübenden

Künstler - Star- wie Studiomusiker - noch Anspruch auf so genannte "sekundäre" Einkommensquellen, wie die "einzige angemessene Vergütung", wenn ihr Stück öffentlich gesendet oder wiedergegeben wird. Eine Verlängerung der Schutzfrist würde sicherstellen, dass diese Einkommensquellen zu Lebzeiten des Interpreten nicht versiegen. Selbst marginale Einkommenszuwächse werden von den Interpreten dazu genutzt, mehr Zeit für ihre künstlerische Laufbahn und weniger für Nebenbeschäftigungen aufzuwenden. Für Tausende von unbekannten Studiomusikern, die Ende der 50er und in den 60er Jahren den Höhepunkt ihrer Karriere erreicht haben, ist die "einzige angemessene Vergütung" für die öffentliche Sendung ihrer Stücke außerdem oft das einzige Einkommen, das ihnen aus ihrer künstlerischen Tätigkeit noch bleibt.

Abgesehen davon, dass bei Option 2b mehr A&R-Mittel verfügbar werden, ist sie auch leichter umzusetzen als Option 2a, weil sie die Schutzfrist nicht an die mitunter sehr unterschiedliche Lebenszeit der mitwirkenden Einzelinterpreten koppelt, sondern an einen einheitlichen Termin, d.h. an die Veröffentlichung des Tonträgers, der die Aufnahme enthält.

Andererseits wären die Auswirkungen auf die Nutzer minimal. Dies gilt sowohl für die gesetzlichen Vergütungsansprüche als auch für CD-Verkäufe:

Bei der Analyse, wie sich Urheberrechte oder verwandte Schutzrechte auf die Preise auswirken wurden auch andere Untersuchungen berücksichtigt. Bei den meisten geht es vor allem um Bücher. Doch selbst hierbei lassen sich zwischen urheberrechtlich geschützten und ungeschützten Werken entweder überhaupt keine oder nur extrem modellabhängige Preisunterschiede feststellen, so dass die entsprechenden Schätzungen nicht als sehr stichhaltig angesehen werden können. In Ermangelung allgemein anerkannter Modelle und angesichts der Länge der Zeitspanne kann also festgehalten werden, dass es keine eindeutigen Hinweise auf eine preiserhöhende Wirkung einer Schutzfristverlängerung gibt.

Insgesamt dürfte sich eine längere Schutzdauer positiv auf die Auswahl des Verbrauchers und auf die kulturelle Vielfalt auswirken. In langfristiger Betrachtung liegt dies daran, dass eine längere Schutzfrist die kulturelle Vielfalt fördert, indem sie mehr Mittel für die Finanzierung und Entwicklung neuer Talente verfügbar macht. Auf kurze bis mittlere Sicht erhalten die Plattenfirmen durch eine Schutzfristverlängerung einen Anreiz, Aufnahmen früherer Werke zu digitalisieren und zu vermarkten. Schon heute zeigt sich, dass der Vertrieb über das Internet einzigartige Möglichkeiten für die Vermarktung einer ungeahnten Menge an Aufnahmen bietet.

Die Auswirkungen auf die so genannten "Public-Domain-Produzenten" wären minimal. Zwar müssen diese Firmen länger warten, bis sie Tonträger produzieren könnten, die nicht mehr durch Rechte der ausübenden Künstler und der Plattenfirmen geschützt sind, doch würden die auf einem Tonträger enthaltenen Stücke ihren Schutz nicht mehr verlieren, wenn der Schutz des Tonträgers ausläuft. Das auf einem Tonträger wiedergegebene Stück bliebe nämlich für die gesamte Lebenszeit des Urhebers (Textschreiber und Komponist) des Stücks geschützt.

Da die Urheberrechte bis 70 Jahre nach dem Tod des Textdichters oder Komponisten gelten, kann der urheberrechtliche Schutz eines Musikstücks 140 bis 160 Jahre lang andauern.

Folglich kann keine Rede davon sein, dass ein auf einem Tonträger aufgezeichnetes Stück gemeinfrei wird, sobald die Schutzfrist für Interpreten und Produzenten ausläuft.

Eine "Useit-orloseit"-Klausel in den Verträgen zwischen ausübenden Künstlern und Plattenfirmen wäre für die ausübenden Künstler von Vorteil, da sie so eher sichergehen könnten dass ihre schöpferische Leistung die Öffentlichkeit erreicht, falls sich die Plattenfirma entschließt, ältere Aufnahmen nicht herauszubringen oder anderweitig öffentlich anzubieten. Option b, d.h. der Ausbau und die Harmonisierung der Urheberpersönlichkeitsrechte ausübender Künstler, würde diesen gewisse nichtpekuniäre Vorteile bringen, da sie gegen eine zweifelhafte Verwertung ihrer Stücke vorgehen könnten. Der Ausbau der Urheberpersönlichkeitsrechte hat jedoch keine finanziellen Auswirkungen für die ausübenden Künstler und Plattenfirmen und würde Ersteren daher keinen Einkommenszuwachs bescheren.

Die Einrichtung eines Fonds für Studiomusiker wäre für diese von Vorteil und würde dafür sorgen dass sie am finanziellen Nutzen einer Fristverlängerung, der ihnen andernfalls nach ihren "Buy-Out"-Verträgen weitgehend vorenthalten bliebe, teilhätten. Der Fonds würde sich für die Studiomusiker insofern positiv auswirken, als sich das jährliche Zusatzeinkommen des durchschnittlichen ausübenden Künstlers auf 45 Jahre betrachtet von 47-737 EUR auf 1302065 EUR erhöhen und damit fast verdreifachen würde21.

Für die Plattenfirmen wären die Auswirkungen zwar negativ, doch müssen sie gegen die Vorteile einer Schutzfristverlängerung abgewogen werden. Im Laufe einer Schutzfristverlängerung um 45 Jahre würde der Nutzen der Schutzverlängerung für Plattenfirmen von 758 Mio. EUR auf 607 Mio. EUR (obere Schätzung) bzw. von 39 Mio. EUR auf 31 Mio. EUR (untere Schätzung) sinken. Dadurch würden sich auch die für A&R zur Verfügung stehenden zusätzlichen Mittel von 129 Mio. EUR auf 103 Mio. EUR (obere Schätzung) bzw. von 6,7 Mio. EUR auf 5,3 Mio. EUR (untere Schätzung) verringern.

Nach Analyse der Kostenstruktur einer CD kommt die FA zu dem Schluss, dass für die Plattenfirmen auch in einer verlängerten Schutzfrist weiterhin Anreize bestehen werden, Tonträgeraufnahmen zu vermarkten, und dass sie immer noch einen ca. 17 %igen Gewinn erzielen werden.

3. Rechtliche Aspekte

- Zusammenfassung der vorgeschlagenen Maßnahme

Vorgeschlagen wird eine Verlängerung der Schutzfrist für ausübende Künstler und Hersteller von Tonträgern von 50 auf 95 Jahre. Um zwischen dem Nutzen für Plattenfirmen sowie namentlich genannten Künstlern auf der einen und den echten, sozialen Bedürfnissen der Studiomusiker auf der anderen Seite ein angemessenes Gleichgewicht herzustellen, sieht der Vorschlag gewisse flankierende Maßnahmen vor, wie die Einrichtung eines Fonds für Studiomusiker, die Einführung von "Useit-orloseit"-Klauseln in Verträgen zwischen ausübenden Künstlern und Plattenfirmen sowie einen kompletten Neustart für Verträge in der Fristverlängerung über die ersten 50 Jahre hinaus. Mit dem Vorschlag würden Änderungen an der Richtlinie 2006/116/EG eingeführt.

- Rechtsgrundlage

Artikel 47 Absatz 2 sowie Artikel 55 und 95 EG-Vertrag.

- Subsidiaritätsprinzip

Subsidiaritätsprinzip

Der Vorschlag fällt unter die ausschließliche Zuständigkeit der Gemeinschaft, da die einschlägigen Rechtsvorschriften der Richtlinie 2006/116/EG in diesem Bereich eine vollständige Harmonisierung vorsehen. Die Richtlinie schreibt gleichzeitig eine Mindest- und eine Maximalharmonisierung vor, d.h. die Mitgliedstaaten dürfen weder eine kürzere noch eine längere Schutzdauer vorsehen als in der Richtlinie (Erwägungsgrund 2).

Daher findet das Subsidiaritätsprinzip keine Anwendung.

- Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

Der Vorschlag entspricht aus folgenden Gründen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit:

Die vorgenannten Ziele, d.h.

lassen sich am besten durch eine Verlängerung der Schutzdauer für ausübende Künstler und Plattenfirmen erreichen.

Auch wenn über andere soziale Maßnahmen zugunsten ausübender Künstler (Subventionen, Eingliederung in die Sozialschutzsysteme) oft gesprochen wird, wurden bislang kaum welche in die Tat umgesetzt, so dass ihr Status und Lebensunterhalt in der Regel weiterhin von Lizenzeinnahmen und Zahlungen, die aus dem Urheberrecht erwachsen, abhängen. Ein bei der Schutzfrist ansetzender Vorschlag würde ausübenden Künstlern daher ein höheres Einkommen verschaffen.

Unter den Konzepten, die auf eine verlängerte Schutzdauer aufbauen, sind diejenigen, bei denen die Schutzdauer an ein bestimmtes Ereignisses wie zum Beispiel die Veröffentlichung des Tonträgers gekoppelt wird, eindeutig den Konzepten vorzuziehen, bei denen sich die Schutzdauer an der Lebensdauer des ausübenden Künstlers orientiert. Die Verknüpfung der Schutzdauer an die Lebensdauer der ausübenden Künstler würde den Verwaltungsaufwand der Mitgliedstaaten erhöhen und zu erheblicher Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Frage führen ab welchem konkreten Ereignis die Schutzdauer beginnt. Grund hierfür sind die Schwierigkeiten bei der Bestimmung eines einheitlichen Ereignisses im Falle gemeinsamer Darbietungen. Diese sind die Norm, da Darbietungen in der Regel von einer Band, einem Orchester oder einem namentlich genannten Künstler, der von Studiomusikern begleitet wird, stammen. In solchen Fällen gibt es keine Regeln für die Berechnung der Schutzdauer, da das Ereignis, das den Beginn der Schutzdauer auslöst, die Veröffentlichung der Darbietung ist.

Beginnt die Schutzdauer mit dem Tod eines ausübenden Künstlers und haben mehrere ausübende Künstler an einer Aufnahme oder Darbietung mitgewirkt, so stellt sich die Frage, wessen Tod diesbezüglich entscheidend ist. Bei mehreren Mitwirkenden erscheint es angebracht die Schutzdauer ab dem Tod des letzten überlebenden ausübenden Künstlers zu berechnen. Dies ist auf Gemeinschaftsebene derzeit jedoch nicht geregelt. Die Analogie mit der Schutzdauer des Urheberrechtsschutzes bei gemeinsam erstellten Werken ist nur von begrenztem Nutzen, da es auch für diese Werke keine Gemeinschaftsregeln für die Berechnung der Schutzdauer gibt.

Der Vorschlag zur Verlängerung der Schutzdauer für ausübende Künstler und die Tonträgerhersteller würde bedeuten, dass bei den derzeitigen nationalen Rechtsvorschriften der EU-Mitgliedstaaten über verwandte Schutzrechte lediglich eine numerische Änderung vorgenommen werden müsste (von 50 auf 95). Die begleitenden Maßnahmen lassen den Mitgliedstaaten einen gewissen Spielraum hinsichtlich der Anwendung der Bestimmungen; der Verwaltungsaufwand entfiele eher auf die Tonträgerhersteller und die Verwertungsgesellschaften.

Die Änderungen an den nationalen Urheberrechtsbestimmungen wären minimal, und für die Behörden würde keine finanzielle Belastung entstehen. Empirische Untersuchungen zeigen, dass urheberrechtlich nicht mehr geschützte Aufnahmen preislich nicht unbedingt unter geschützten Aufnahmen liegen. Eine aktuelle Untersuchung von Price Waterhouse Coopers konnte keine eindeutigen Belege dafür finden, dass Aufnahmen, bei denen die verwandten Schutzrechte ausgelaufen sind, grundsätzlich zu einem niedrigeren Preis verkauft werden als noch geschützte Stücke.

Die Tonträgerhersteller werden verpflichtet, in einen Fonds einzahlen, und die Verwertungsgesellschaften werden die Mittel verteilen. Die Bildung einer Reserve in Höhe von 20 % der Einnahmen, die während der verlängerten Schutzdauer durch den Verkauf von Tonträgern erzielt werden, die Darbietungen von Studiomusikern enthalten, verursacht einen bestimmten Verwaltungsaufwand, der jedoch durch die Vorteile für Studiomusiker ausgeglichen würde. Bei der Festlegung des Beitrags zum Fonds wurde darauf geachtet, dass eine zwar marginale, aber spürbare Zunahme der Einnahmen von Studiomusikern gewährleistet ist und gleichzeitig die Plattenfirmen aus ihren Verkäufen noch ausreichende Gewinne erzielen, um während der verlängerten Schutzdauer weiterhin Tonträger zu vertreiben.

Ein in der Option IA verwendetes, einfaches Berechnungsmodell zeigt, dass ein Anteil von 20 % das richtige Mittelmaß zwischen der Rentabilität von Tonträgern, die während der verlängerten Schutzdauer verwertet werden, und der Schaffung eines greifbaren Mehrwerts für die ausübenden Künstler darstellen würde. Bei dieser Berechnung wurde versucht, zu ermitteln wie sich ein einnahmegestützter Fonds in den Jahren nach der Verlängerung der Schutzdauer auf die Gewinnspanne der Plattenfirmen auswirken würde.

Nach eigenen Angaben betrug die operative Marge (EBITA/Einnahmen) der größeren Plattenfirmen im Jahr 2007 9,1 % (EMI: 3,3 %, Universal: 12,8 %, Warner: 14 %, BMG: 6,2 %), und ist - wie oben ausgeführt - nur eine von acht CDs rentabel (Angabe von IFPI).

Wenn nur eine von acht CDs rentabel ist und die durchschnittliche Gewinnspanne 9,1 % beträgt muss diese eine rentable CD eine Gewinnspanne ausweisen, die hoch genug ist, um sieben unrentable CDs zu kompensieren und danach noch einen Gesamtgewinn von 9,1 % zu generieren.

Auf dieser Ausgangsbasis können Vermutungen hinsichtlich der Rentabilität der einen erfolgreichen CD angestellt werden, indem ihre Gewinnspanne mit der Gewinnspanne der sieben verbleibenden CDs verglichen wird. Unter der Annahme, dass fünf CDs (im Beispiel "b" bis "f") die Kosten decken (Gewinn = 0), was extrem optimistisch ist, und zwei CDs ("g" und "h") Verlust machen ("g": Verlust von 30 %; "h": Verlust von 40 %), dann muss die erfolgreiche CD "a" einen deutlichen Gewinn erzielen. In unserem Beispiel ergibt dies eine Gewinnspanne von 60 %.

Da sich die Plattenfirmen während der verlängerten Schutzdauer vorrangig um die erneute Veröffentlichung der "Premium-CD" (d.h. der CD mit der besonders hohen Gewinnspanne) kümmern werden, hätte ein einnahmengestützter Fonds (Bildung einer Reserve von 20 % der Einnahmen aus der Premium-CD) zur Folge, dass 20 % der Einnahmen aus der CD "a" (20 % von 250 = 50) den ausübenden Künstlern zuflössen. Damit würden die Plattenfirmen selbst nach Einzahlung in den Fonds während der verlängerten Schutzdauer immer noch eine Gewinnspanne von 100/250 = 40 % erzielen.

abcdefghtotal
REVENUE2501001001001001007060880
COST100100100100100100100100800
PROFIT15000000-30-4080
PROFIT MARGIN60%00000-43-669.1%

Wie bereits ausgeführt, würde ein Fonds aus einer Reserve von 20 % der Einnahmen, die die Plattenfirmen während der verlängerten Schutzdauer erzielen, dazu führen, dass die ausübenden Künstler dank der Verlängerung der Schutzdauer ihr Einkommen verdreifachen könnten.

Die vorgeschlagene Lösung für Musikkompositionen mit Text ist das am wenigsten einschneidende Instrument zur Erreichung einer einheitlichen Schutzdauer für Musikkompositionen.

Der neue Artikel 1 Absatz 7 hätte zur Folge, dass eine Musikkomposition mit Text lediglich bei der Berechnung seiner Schutzdauer wie ein gemeinsames Werk mehrerer Urheber behandelt würde, und zwar unabhängig davon, ob diese Musikkomposition mit Text nach den nationalen Bestimmungen als Arbeit gemeinsamer Urheberschaft einzustufen ist.

Dieses Konzept steht in Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip. Die Entscheidung, welche Werke als Werke gemeinsamer Urheberschaft zu betrachten sind, bliebe nach wie vor bei den Mitgliedstaaten. Gleichzeitig wird jedoch eine bestimmte Mindestharmonisierung eingeführt, so dass die Schutzdauer aller Musikkompositionen mit Text, die Beiträge von zwei oder mehr Urhebern enthalten, einheitlich berechnet würde.

- Wahl des Instruments

Als Rechtsinstrument wird eine Richtlinie vorgeschlagen. Andere Instrumente wären nicht angemessen da die Schutzdauer bereits durch eine Richtlinie harmonisiert wurde und eine Verlängerung der Schutzdauer deshalb nur durch eine Änderung der besagten Richtlinie möglich ist.

4. Auswirkungen auf den Haushalt

Der Vorschlag hat keine Auswirkungen auf den Gemeinschaftshaushalt.

5. Weitere Angaben

- Europäischer Wirtschaftsraum

Der vorgeschlagene Rechtsakt ist von Bedeutung für den Europäischen Wirtschaftsraum und sollte deshalb auf den EWR ausgeweitet werden.

- Einzelerläuterung zum Vorschlag

Artikel 1 ändert Artikel 3 Absätze 1 und 2 der Richtlinie 2006/116 zur Regelung der Schutzdauer für Darbietungen (Artikel 3(1)) und Tonträger (Artikel 3(2)). Die aktuelle Schutzdauer von 50 Jahren würde sowohl für Tonträger als auch für die darauf enthaltene Darbietung auf 95 Jahre verlängert.

Wird ein Tonträger innerhalb von 50 Jahren nach seiner Aufzeichnung erlaubterweise veröffentlicht oder öffentlich wiedergegeben, so erlöschen laut diesem Artikel die Rechte 95 Jahre nach der Veröffentlichung oder öffentlichen Wiedergabe. Ist eine Darbietung auf einem Tonträger enthalten, der innerhalb von 50 Jahren nach seiner Aufzeichnung erlaubterweise veröffentlicht oder öffentlich wiedergegeben wird, so erlöschen die Rechte 95 Jahre nach der Veröffentlichung oder öffentlichen Wiedergabe.

Der neu vorgeschlagene Artikel 10a beschreibt eine Reihe neuer, begleitender Maßnahmen, während in Artikel 10(5) geregelt ist, in welcher Form sich der Vorschlag auf Tonträger und Darbietungen auswirkt.

Die Maßnahmen von Artikel 10a dienen größtenteils dazu sicherzustellen, dass namentlich genannte und namentlich nicht genannte ausübende Künstler, deren Darbietungen auf einem Tonträger aufgezeichnet wurden, tatsächlich von der vorgeschlagenen Verlängerung der Schutzdauer profitieren.

Artikel 10a Absätze 3, 4 und 5 dienen dem Ziel, die Lage von Studiomusikern zu verbessern, die keine wiederkehrenden vertraglich zugesicherten Lizenzeinnahmen erhalten und bei Abschluss des Vertrags mit der Plattenfirma häufig ihre ausschließlichen Rechte für Vervielfältigung, Vertrieb und Zugänglichmachung an den Hersteller des Tonträgers übertragen müssen. Die Abtretung der Exklusivrechte von Studiomusikern erfolgt gegen eine einmalige Pauschalzahlung ("Buy-Out").

Als Abhilfe hierfür wird vorgeschlagen, Studiomusikern einen Anspruch auf eine jährliche Zahlung aus einem eigens eingerichteten Fonds zu verleihen. Zur Finanzierung dieser Zahlungen werden die Hersteller von Tonträgern dazu verpflichtet, mindestens einmal jährlich eine Reserve von mindestens 20 Prozent der Einnahmen zu bilden, die ihnen aus den ausschließlichen Rechten für Vertrieb, Vermietung, Vervielfältigung und "Zugänglichmachung" von Tonträgern zufließen, die ohne die Verlängerung der Schutzdauer nicht mehr nach Artikel 3 geschützt wären. Um eine möglichst gleichmäßige Verteilung an die Studiomusiker zu gewährleisten, können die Mitgliedstaaten verfügen, dass mit der Verteilung dieser Gelder die Verwertungsgesellschaften betraut werden, die die ausübenden Künstler vertreten.

Einnahmen der Plattenfirmen aus der einzigen angemessenen Vergütung für die öffentliche Sendung und Wiedergabe und aus dem gerechten Ausgleich für Privatkopien werden bei der Bildung der Reserve für die Studiomusiker nicht berücksichtigt, da diese sekundären Ansprüche nie an die Tonträgerhersteller übertragen werden. Einnahmen aus der Vermietung von Tonträgern werden ebenfalls nicht einbezogen, da die ausübenden Künstler diesbezüglich nach wie vor über ein unverzichtbares Recht auf angemessene Vergütung im Sinne von Artikel 5 der Richtlinie 2006/115/EG verfügen.

Artikel 10a Absatz 6 sieht eine obligatorische "Useit-orloseit"-Klausel vor. Wenn ein Tonträgerhersteller einen Tonträger, der ohne die Verlängerung der Schutzdauer unter die Gemeinfreiheit fiele, nicht veröffentlicht, so gehen die Rechte an der Aufzeichnung der Darbietung auf Antrag des ausübenden Künstlers an diesen über und erlöschen die Rechte am Tonträger. Wenn ein Jahr nach Verlängerung der Schutzdauer weder der Tonträgerhersteller noch der ausübende Künstler den betreffenden Tonträger der Öffentlichkeit zugänglich machen so erlöschen die Rechte am Tonträger und an der Aufzeichnung der Darbietung.

Die Veröffentlichung eines Tonträgers bedeutet im Sinne der "Useit-orloseit"-Klausel das mit Zustimmung des Rechteinhabers erfolgende Angebot einer ausreichenden Anzahl von Kopien des Tonträgers an die Öffentlichkeit. Die Veröffentlichung würde auch eine anderweitige kommerzielle Nutzung eines Tonträgers umfassen wie zum Beispiel die Bereitstellung des Tonträgers an Online-Einzelhändler.

Ferner soll durch diese Klausel sichergestellt werden, dass Tonträger, die weder der Tonträgerhersteller noch der ausübende Künstler verwerten will, "weggeschlossen" werden.

Dies bedeutet, dass diese Klausel auch für so genannte "verwaiste" Tonträger gilt, für die weder der Tonträgerhersteller noch der ausübende Künstler festgestellt oder gefunden werden kann und die deshalb weder vom Tonträgerhersteller noch vom ausübenden Künstler verwertet werden. Das heißt, dass sämtliche Arten von Tonträgern, die nicht verwertet werden für die Öffentlichkeit zugänglich würden.

Diese Klausel soll es ausübenden Künstlern, deren Darbietungen auf einem Tonträger aufgezeichnet sind, der vom ursprünglichen Tonträgerhersteller nach Ablauf der ursprünglichen 50jährigen Schutzdauer nicht mehr veröffentlicht wird, in die Lage versetzen, wieder die Kontrolle über ihre Darbietung zu erhalten und sie der Öffentlichkeit selbst zugänglich zu machen. Gleichzeitig sollte das Recht der Plattenfirmen erlöschen, um die Bemühungen der ausübenden Künstler um eine möglichst breite Veröffentlichung ihrer Darbietungen nicht zu behindern.

Dieser Initiative zufolge soll die Verlängerung der Schutzdauer für Darbietungen und Tonaufnahmen gelten, deren ursprüngliche Schutzdauer von 50 Jahren zum Zeitpunkt der Verabschiedung der geänderten Richtlinie noch nicht abgelaufen ist. Sie gilt nicht rückwirkend für Darbietungen, die zu diesem Datum bereits gemeinfrei geworden sind.

Dieses Kriterium ist einfach anzuwenden und folgt dem Konzept, das bereits der Richtlinie 2001/29/EG zugrunde gelegt worden war.

Mit dem neuen Artikel 1 Absatz 7 wird eine einheitliche Methode zur Berechnung der Schutzdauer für Musikkompositionen mit Text eingeführt. Artikel 1 Absatz 7 orientiert sich am bestehenden Artikel 2, in dem ein Verfahren für die Berechnung der Schutzdauer für Filmwerke und audiovisuelle Werke beschrieben ist. Laut Artikel 1 Absatz 7 läuft die Schutzdauer einer Musikkomposition, die mit Text veröffentlicht wird, ab dem Tod des letzten überlebenden Beteiligten, d.h. des Verfassers des Textes oder des Komponisten der Musik.

Artikel 2

Artikel 2 der Änderungsrichtlinie enthält die Bestimmungen für die Umsetzung der Änderungsrichtlinie.

Artikel 3

In Artikel 3 der Änderungsrichtlinie wird das Datum des Inkrafttretens der Änderungsrichtlinie festgelegt.

Artikel 4

Laut Artikel 4 der Änderungsrichtlinie ist die Änderungsrichtlinie an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/116/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Schutzdauer des Urheberrechts und bestimmter verwandter Schutzrechte

Das Europäische Parlament und der Rat der europäischen Union -gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 47 Absatz 2, Artikel 55 und Artikel 95, auf Vorschlag der Kommission22, nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses23, gemäß dem Verfahren nach Artikel 251 EG-Vertrag, in Erwägung nachstehender Gründe:

Haben folgende Richtlinie erlassen:

Artikel 1
Die Richtlinie 2006/116/EG wird wie folgt geändert:

Artikel 2
Umsetzung

Artikel 3

Artikel 4


Geschehen zu Brüssel am
Im Namen des Europäischen Parlaments
Der Präsident
Im Namen des Rates
Der Präsident