Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zu dem Fakultativprotokoll vom 19. Dezember 2011 zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend ein Mitteilungsverfahren

A. Problem und Ziel

Das dritte Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend ein Mitteilungsverfahren ergänzt das Über - einkommen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes sowie seine beiden Fakultativprotokolle um Kontrollmechanismen, insbesondere ein Individualbeschwerde verfahren.

B. Lösung

Durch das Gesetz sollen die erforderlichen Voraussetzungen für die Ratifikation des Fakultativprotokolls vom 19. Dezember 2011 geschaffen werden.

C. Alternativen

Keine.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Keine.

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Keiner.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Keiner.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Ein etwaiger Mehrbedarf bei Bund, Ländern und Kommunen ist geringfügig. Für den Bund wird er im Einzelplan 17 des Bundeshaushalts innerhalb der geltenden Ansätze gedeckt werden.

F. Weitere Kosten

Auswirkungen auf die Einzelpreise, das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zu dem Fakultativprotokoll vom 19. Dezember 2011 zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend ein Mitteilungsverfahren

Bundesrepublik Deutschland
Berlin, den 10. August 2012
Die Bundeskanzlerin

An den Präsidenten des Bundesrates

Hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf eines Gesetzes zu dem Fakultativprotokoll vom 19. Dezember 2011 zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend ein Mitteilungsverfahren mit Begründung und Vorblatt.

Federführend ist das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Der Stellvertreter der Bundeskanzlerin
Dr. Philipp Rösler
Fristablauf: 21.09.12

Entwurf
Gesetz zu dem Fakultativprotokoll vom 19. Dezember 2011 zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend ein Mitteilungsverfahren

Vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Dem in Genf am 28. Februar 2012 von der Bundesrepublik Deutschland unterzeichneten Fakultativprotokoll vom 19. Dezember 2011 zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend ein Mitteilungsverfahren wird zugestimmt. Das Fakultativprotokoll wird nachstehend mit einer amtlichen deutschen Übersetzung veröffentlicht.

Artikel 2

Begründung zum Vertragsgesetz

Zu Artikel 1

Auf das Fakultativprotokoll ist Artikel 59 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes anzuwenden, da es sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung bezieht.

Zu Artikel 2

Die Bestimmung des Absatzes 1 entspricht dem Erfordernis des Artikels 82 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes.

Nach Absatz 2 ist der Zeitpunkt, zu dem das Fakultativprotokoll nach seinem Artikel 19 für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft tritt, im Bundesgesetzblatt bekannt zu geben.

Schlussbemerkung

Das Vorhaben wird Bund, Länder und Gemeinden nicht mit relevanten Mehr - kosten belasten. Beschwerdeverfahren zu anderen Menschenrechtsverträgen haben bisher auch nur zu einer geringfügigen Mehrbelastung geführt. Auswirkungen auf die Einzelpreise, das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, oder die Umwelt sind ebenfalls nicht zu erwarten.

Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend ein Mitteilungsverfahren (Übersetzung)

Die Vertragsstaaten dieses Protokolls - in der Erwägung, dass nach den in der Charta der Vereinten Nationen verkündeten Grundsätzen die Anerkennung der allen Mitgliedern der menschlichen Gesellschaft innewohnenden Würde und der Gleichheit und Unveräußerlichkeit ihrer Rechte die Grundlage von Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden in der Welt bildet, davon Kenntnis nehmend, dass die Vertragsstaaten des Übereinkommens über die Rechte des Kindes (im Folgenden als "Übereinkommen" bezeichnet) die darin festgelegten Rechte für jedes ihrer Hoheitsgewalt unterstehende Kind ohne jede Diskriminierung unabhängig von der Rasse, der Hautfarbe, dem Geschlecht, der Sprache, der Religion, der politischen oder sonstigen Anschauung, der nationalen, ethnischen oder sozialen Herkunft, dem Vermögen, einer Behinderung, der Geburt oder dem sonstigen Status des Kindes, seiner Eltern oder seines Vormunds anerkennen, bekräftigend, dass alle Menschenrechte und Grundfreiheiten allgemein gültig und unteilbar sind, einander bedingen und mit - einander verknüpft sind, außerdem in Bekräftigung des Status des Kindes als Träger von Rechten und als Mensch mit Würde und sich entwickelnden Fähigkeiten, in der Erkenntnis, dass die besondere und abhängige Situation von Kindern ihnen beim Einlegen von Rechtsbehelfen wegen einer Verletzung ihrer Rechte erhebliche Schwierigkeiten bereiten kann, in der Erwägung, dass dieses Protokoll die nationalen und regionalen Mechanismen verstärken und ergänzen wird, die es Kindern ermöglichen, Beschwerden wegen einer Verletzung ihrer Rechte einzulegen, in der Erkenntnis, dass das Wohl des Kindes beim Einlegen von Rechtsbehelfen wegen einer Verletzung der Rechte des Kindes ein vorrangig zu berücksichtigender Gesichtspunkt sein sollte und dass dabei auf allen Ebenen der Notwendigkeit kind - gerechter Verfahren Rechnung getragen werden sollte, die Vertragsstaaten dazu ermutigend, geeignete nationale Mechanismen einzurichten, um einem Kind, dessen Rechte verletzt wurden, den Zugang zu wirksamen Rechtsbehelfen auf innerstaatlicher Ebene zu ermöglichen, unter Hinweis auf die wichtige Rolle, die die nationalen Menschenrechtsinstitutionen und andere mit der Förderung und dem Schutz der Rechte des Kindes betraute zuständige Fachinstitutionen in dieser Hinsicht spielen können, in der Erwägung, dass es zur Verstärkung und Ergänzung dieser nationalen Mechanismen und zur weiteren Verbesserung der Durchführung des Übereinkommens und gegebenenfalls der dazugehörigen Fakultativprotokolle betreffend den Verkauf von Kindern, die Kinderprostitution und die Kinderpornographie sowie betreffend die Beteiligung von Kindern an bewaffneten Konflikten angebracht wäre, dem Ausschuss für die Rechte des Kindes (im Folgenden als "Ausschuss" bezeichnet) die Wahrnehmung der in diesem Protokoll vorgesehenen Aufgaben zu ermöglichen - haben Folgendes vereinbart:

Teil I
Allgemeine Bestimmungen

Artikel 1
Zuständigkeit des Ausschusses für die Rechte des Kindes

Artikel 2
Allgemeine Grundsätze für die Wahrnehmung der Aufgaben des Ausschusses

Bei der Erfüllung der ihm durch dieses Protokoll übertragenen Aufgaben lässt sich der Ausschuss vom Grundsatz des Wohls des Kindes leiten. Er trägt außerdem den Rechten sowie der Meinung des Kindes Rechnung, wobei die Meinung des Kindes angemessen und entsprechend dem Alter und der Reife des Kindes zu berücksichtigen ist.

Artikel 3
Verfahrensordnung

Artikel 4
Schutzmaßnahmen

Teil II
Mitteilungsverfahren

Artikel 5
Mitteilungen von Einzelpersonen

Artikel 6
Vorläufige Maßnahmen

Artikel 7
Zulässigkeit

Der Ausschuss erklärt eine Mitteilung für unzulässig,

Artikel 8
Übermittlung der Mitteilung

Artikel 9
Gütliche Einigung

Artikel 10
Prüfung der Mitteilungen

Artikel 11
Folgemaßnahmen

Artikel 12
Zwischenstaatliche Mitteilungen

Teil III
Untersuchungsverfahren

Artikel 13
Untersuchungsverfahren im Falle schwerwiegender oder systematischer Verletzungen

Artikel 14
Folgemaßnahmen nach dem Untersuchungsverfahren

Teil IV
Schlussbestimmungen

Artikel 15
Internationale Unterstützung und Zusammenarbeit

Artikel 16
Bericht an die Generalversammlung

Der Ausschuss nimmt in seinen nach Artikel 44 Absatz 5 des Übereinkommens alle zwei Jahre der Generalversammlung vorzulegenden Bericht eine Zusammenfassung seiner Tätigkeit nach diesem Protokoll auf.

Artikel 17
Verbreitung des Fakultativprotokolls und Informationen über das Fakultativprotokoll

Jeder Vertragsstaat verpflichtet sich, dieses Protokoll weithin bekannt zu machen und zu verbreiten und Erwachsenen wie auch Kindern, einschließlich solcher mit Behinderungen, durch geeignete und wirk - same Mittel und in barrierefreien Formaten den Zugang zu Informationen über die Auffassungen und Empfehlungen des Ausschusses zu erleichtern, insbesondere in Sachen, die den Vertragsstaat betreffen.

Artikel 18
Unterzeichnung, Ratifikation und Beitritt

Artikel 19
Inkrafttreten

Artikel 20
Nach dem Inkrafttreten begangene Verletzungen

Artikel 21
Änderungen

Artikel 22
Kündigung

Artikel 23
Verwahrer und Unterrichtung durch den Generalsekretär

Artikel 24
Sprachen

Denkschrift

A. Allgemeines

I. Entstehungsgeschichte

Das dritte Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend ein Mitteilungsverfahren ergänzt das Übereinkommen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes (BGBl. 1992 II S. 121, 122) sowie seine beiden Fakultativprotokolle um einen Kontrollmechanismus. Das Übereinkommen über die Rechte des Kindes und seine bisherigen beiden Fakultativprotokolle sahen bisher als Kontrollinstrument lediglich das Berichtsprüfungsverfahren nach Artikel 44 des Übereinkommens vor. Ein Individualbeschwerdeverfahren war anders als bei den anderen Menschenrechtskonventionen der Vereinten Nationen nicht vorgesehen.

In der Resolution 11/1 vom 17. Juni 2009 entschied der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen, eine Arbeitsgruppe mit dem Arbeitsauftrag einzurichten, die Mög - lichkeit der Errichtung eines Fakultativprotokolls zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes über ein Individualbeschwerdeverfahren zu prüfen. Die Arbeitsgruppe traf sich vom 16. bis zum 18. Dezember 2009 und überbrachte dem Menschenrechtsrat seinen Bericht (A/HRC/13/43). Mit Resolution 13/3 vom 24. März 2010 verlängerte der Menschenrechtsrat das Mandat der Arbeitsgruppe und erweiterte es dahin gehend, dass die Arbeitsgruppe einen Entwurf des Fakultativprotokolls betreffend ein Mitteilungsverfahren erarbeiten sollte. Nach den Treffen der Arbeitsgruppe vom 6. bis zum 10. Dezember 2010 und vom 10. bis zum 16. Februar 2011 einigte sich die Arbeitsgruppe auf einen Entwurf, den sie dem Menschenrechtsrat in ihrem Bericht vom 16. Februar 2011 (A/HRC/17/36) vorlegte. Der Menschenrechtsrat nahm den Entwurf ohne Änderungen mit der Resolu - tion 17/18 vom 17. Juni 2011 an.

Die Generalversammlung der Vereinten Nationen nahm am 19. Dezember 2011 in New York den von der Arbeitsgruppe vorgelegten Entwurf des Fakultativprotokolls ebenfalls ohne jede Änderung an.

Die Bundesrepublik Deutschland war an den Verhandlungen zu dem neuen Fakultativprotokoll aktiv beteiligt. Sie hat die Resolutionen zu dem Fakultativprotokoll sowohl in den Menschenrechtsrat als auch in die Generalversammlung als einer der Hauptunterstützerstaaten mit - eingebracht. Sie hat - ebenso wie 19 weitere Staaten - das Fakultativprotokoll auf der offiziellen Unterzeichnerkonferenz am 28. Februar 2012 in Genf unterzeichnet.

II. Verhältnis zu anderen Übereinkommen

Das vorliegende Fakultativprotokoll ergänzt das Übereinkommen über die Rechte des Kindes vom 20. November 1989 sowie das Fakultativprotokoll vom 25. Mai 2000 betreffend die Beteiligung von Kindern an bewaffneten Konflikten (BGBl. 2004 II S. 1354, 1355; 2006 II S. 1015) und das Fakultativprotokoll vom 25. Mai 2000 betreffend den Verkauf von Kindern, die Kinderprostitution und die Kinderpornographie (BGBl. 2008 II S. 1222, 1223; 2011 II S. 1288) um mehrere Kontrollmechanismen. Es enthält keine materiellrechtlichen Regelungen, sondern sieht ein rein prozedurales Instrumentarium für verschiedene Überprüfungsmöglichkeiten der Einhaltung der Verpflichtungen aus dem Übereinkommen und den beiden Fakultativprotokollen vor.

Mit dem neuen Fakultativprotokoll erhält der Ausschuss der Vereinten Nationen für die Rechte des Kindes, der mit Artikel 43 des Übereinkommens eingerichtet wurde, die Zuständigkeit, Mitteilungen von Einzelpersonen oder Personengruppen entgegenzunehmen, die behaupten, in einem Recht aus dem Übereinkommen oder den beiden Fakultativprotokollen durch einen Vertragsstaat verletzt worden zu sein (Artikel 5 des Fakultativprotokolls). In dringenden Fällen kann der Ausschuss vor Entscheidung über die Sache dem betreffenden Vertragsstaat ein Gesuch zur sofortigen Prüfung übermitteln und ihn zu vorläufigen Maßnahmen zur Abwendung eines nicht wiedergutzumachenden Schadens für das Opfer auffordern (Artikel 6 des Fakultativprotokolls). Bei zuverlässigen Angaben über schwerwiegende oder systematische Ver - letzungen der Rechte aus dem Übereinkommen oder den beiden Zusatzprotokollen durch einen Vertragsstaat erhält der Ausschuss zusätzlich die Kompetenz, ein Unter - suchungsverfahren durchzuführen (Artikel 13 des Fakultativprotokolls). Jeder Vertragsstaat kann zudem bei der Ratifikation und später die Erklärung abgeben, dass er die Zuständigkeit des Ausschusses für die Entgegennahme und Prüfung von sogenannten zwischenstaatlichen Mitteilungen anerkennt. Bei zwischenstaatlichen Mitteilungen macht ein Vertragsstaat geltend, ein anderer Vertragsstaat komme seinen Verpflichtungen aus dem Übereinkommen oder den beiden Fakultativprotokollen nicht nach (Artikel 12 des Fakultativprotokolls).

Die Kompetenzen des Ausschusses bei Prüfung einer Mitteilung nach dem Fakultativprotokoll bestehen darin, seine Auffassungen zusammen mit etwaigen Empfehlungen den betreffenden Parteien zu übermitteln. Zusätzlich kann der Ausschuss den Vertragsstaat auffordern, weitere Angaben über alle Maßnahmen, die er als Reaktion auf die Auffassungen oder etwaige Empfehlungen des Ausschusses getroffen hat, auch im Staatenbericht nach Artikel 44 des Übereinkommens, nach Artikel 22 des Fakultativprotokolls betreffend den Verkauf von Kindern, die Kinderprostitution und die Kinderpornographie oder nach Artikel 8 des Fakultativprotokolls betreffend die Beteiligung von Kindern an bewaffneten Konflikten vor - zulegen.

Die Auffassungen und Empfehlungen des Ausschusses sind für die Staaten nicht bindend. Jeder Staat ist lediglich verpflichtet, die Auffassung des Ausschusses zusammen mit etwaigen Empfehlungen gebührend in Erwägung zu ziehen und diesem innerhalb von sechs Monaten eine schriftliche Antwort zu unterbreiten. Diese sollte Angaben über alle Maßnahmen umfassen, die angesichts der Auffassungen und Empfehlungen des Ausschusses getroffen und ins Auge gefasst wurden.

Durch das Kumulationsverbot des Artikels 7 Buchstabe d des Fakultativprotokolls wird ausgeschlossen, dass sich das Verfahren mit anderen internationalen Untersuchungs- oder Streitregelungsverfahren überschneidet.

Das Fakultativprotokoll orientiert sich weitestgehend an den Regelwerken zu bereits bestehenden Beschwerdemechanismen zu anderen Menschenrechtskonventionen der Vereinten Nationen, insbesondere an den Beschwerdemechanismen zum Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen und zum Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau.

III. Würdigung des Fakultativprotokolls

Das Fakultativprotokoll leistet aus Sicht der Bundesregierung einen zentralen Beitrag zur besseren Umsetzung der Rechte des Kindes weltweit und bestätigt Kinder in ihrer Eigenschaft als Träger eigener Rechte.

Das Übereinkommen über die Rechte des Kindes war die letzte Menschenrechtskonvention der Vereinten Nationen ohne eigenen Beschwerdemechanismus. Die Bedeutung des Fakultativprotokolls erschöpft sich jedoch nicht in der Einführung der formalen Möglichkeit für Kinder, auf internationaler Ebene ein Beschwerdeverfahren gegen Verletzungen ihrer Rechte führen zu können. Es schließt vielmehr die verbliebene Lücke in der vollständigen An - erkennung der Rechte des Kindes auf internationaler Ebene. Mit dem neuen Durchsetzungsmechanismus werden die Rechte des Kindes auch in Bezug auf ihre Durchsetzung als gleichwertig mit Rechten aus anderen Menschenrechtskonventionen anerkannt.

Die im Fakultativprotokoll vorgesehenen Beschwerde - mechanismen decken alle relevanten Konstellationen ab, in denen ein Beschwerdemechanismus notwendig ist. Mit dem Untersuchungsverfahren für schwerwiegende und systematische Verletzungen ist es dem Ausschuss auch möglich, unabhängig von konkreten Einzelfällen und Individualbeschwerden Rechtsverletzungen zu untersuchen.

Auswirkungen des Fakultativprotokolls auf das deutsche Rechtssystem und die Rechtspraxis können sich durch etwaige Empfehlungen des Ausschusses bei einschlägigen Individualbeschwerdeverfahren oder Untersuchungsverfahren gegen Deutschland ergeben. Die Bundes - regierung wird entsprechend ihrer bisherigen Praxis des Umgangs mit den Empfehlungen der verschiedenen sogenannten Vertragsorgane und aufgrund der Verpflichtungen aus diesem Fakultativprotokoll solche Empfehlungen sorgfältig unter Beteiligung aller zuständigen Stellen prüfen. Sie hat in der Vergangenheit mehrfach Empfehlungen dieser Vertragsorgane auch in Bezug auf die Umsetzung des Übereinkommens umgesetzt und wird dies, wenn immer möglich, auch in Zukunft tun. Falls diese Empfehlungen aus Sicht der Bundesregierung nicht sachgerecht oder praktikabel sind oder ihr Ziel durch andere Maßnahmen besser erreicht werden kann, erläutert die Bundes - regierung dies in der Regel gegenüber dem betreffenden Vertragsorgan.

Mit der von der Bundesregierung nunmehr angestrebten Ratifikation des Fakultativprotokolls wird die bisherige aktive Unterstützung des Fakultativprotokolls konsequent fortgesetzt. Diese Unterstützung geht sogar über die im Koalitionsvertrag erklärte Absicht, an der Ausgestaltung eines Individualbeschwerdeverfahrens zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes aktiv mitzuwirken, hinaus. Deutschland hat als einer der Hauptunterstützer im Rahmen der Verhandlungen und der maßgeblichen Entscheidungen im Menschenrechtsrat und der Generalversammlung der Vereinten Nationen einen erheblichen Anteil daran, dass das Fakultativprotokoll noch im Jahr 2011 von der Generalversammlung angenommen wurde. Deutschland hat zudem durch die eigene frühe Unterzeichnung und die Werbung für eine frühe Unterzeichnung bei anderen Staaten dazu beigetragen, dass am 28. Februar 2012 bereits insgesamt 20 Staaten das Fakultativprotokoll unterzeichnet haben. Deutschland wird sich auch in Zukunft dafür einsetzen, dass weitere Staaten das Fakultativprotokoll unterzeichnen und ratifizieren.

B. Zu den einzelnen Vorschriften

Zu Artikel 1

Dieser Artikel bestimmt die Zuständigkeit des Ausschusses nach dem Fakultativprotokoll, die nach Absatz 1 jeder Vertragsstaat des Fakultativprotokolls anerkennt.

In den Absätzen 2 und 3 ist bestimmt, dass der Ausschuss nur die Verletzung von Rechten aus einer Übereinkunft prüfen kann, der der Staat auch als Vertragspartei angehört. Er darf außerdem keine Mitteilungen entgegennehmen, die einen Staat betreffen, der nicht Vertragspartei des Fakultativprotokolls ist.

Diese Bestimmungen ergeben sich bereits aus der allgemeinen Systematik völkerrechtlicher Verträge, insbesondere aus dem Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge. Trotzdem war es im Rahmen der Verhandlungen vielen Staaten wichtig, diese klarstellenden Regelungen aufzunehmen, um einer möglichen Unsicherheit oder Unklarheit vorzubeugen.

Zu Artikel 2

Dieser Artikel bestimmt die Grundsätze, von denen sich der Ausschuss bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben leiten lassen soll. Dazu gehört in erster Linie der Grundsatz des Wohles des Kindes, der bereits in Artikel 3 des Übereinkommens genannt ist.

Zudem soll der Ausschuss den Rechten sowie der Meinung des betroffenen Kindes Rechnung tragen. Die Meinung soll - wie bereits in Artikel 12 des Übereinkommens bestimmt - angemessen und entsprechend dem Alter und der Reife des Kindes berücksichtigt werden.

Im Rahmen der Verhandlungen über die Bestimmung der allgemeinen Grundsätze war umstritten, ob der Ausschuss überhaupt an bestimmte Grundsätze gebunden werden sollte und ob es ausreicht, die Grundsätze in die Präambel aufzunehmen. Die Einigung auf die Aufnahme der Grundsätze in den Vertragstext, für die sich auch Deutschland eingesetzt hat, verdeutlicht nun den hohen Stellenwert, den das Wohl des Kindes im Rahmen des Verfahrens einnehmen soll.

Zu Artikel 3

Der Ausschuss gibt sich nach Absatz 1 eine Verfahrensordnung, die bei der Erfüllung seiner Aufgaben nach dem Fakultativprotokoll zu berücksichtigen ist. Dabei soll er insbesondere die Vorgaben aus Artikel 2 berücksichtigen, um zu gewährleisten, dass die Verfahren kindgerecht sind.

Nach Absatz 2 soll der Ausschuss in seine Verfahrensordnung Vorschriften aufnehmen, die Minderjährige vor einer Manipulation durch einen möglichen Vertreter schützen. Er kann nach dieser Vorschrift auch jede Mitteilung ablehnen, die nach seiner Auffassung nicht dem Wohl des Kindes entspricht.

Zu Artikel 4

Die Bestimmung bezweckt, Personen, die sich an den Ausschuss gewandt oder mit ihm zusammengearbeitet haben, vor Menschenrechtsverletzungen, Misshandlungen oder Einschüchterungen zu schützen. Der geschützte Personenkreis ist sehr weit gefasst. Er umfasst sowohl die in ihren Rechten möglicherweise verletzten Einzelpersonen, deren Vertreter, Personen, die zum Beispiel im Rahmen eines Untersuchungsverfahrens nach Artikel 13 dem Ausschuss Auskunft erstatten, als auch Familienangehörige dieser genannten Personen. Der Vertragsstaat ist verpflichtet, die aufgezählten Behandlungen selbst zu unterlassen und auch durch Dritte nicht zuzulassen. Die Bestimmung ist identisch mit Artikel 11 des Fakultativ - protokolls zum Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau.

Absatz 2 des Artikels 4 schützt die Identität der betroffenen Personen. Ohne ihre ausdrückliche Zustimmung darf ihre Identität nicht öffentlich bekannt gemacht werden. Auch der nach Absatz 2 geschützte Personenkreis umfasst nicht nur das betroffene Kind, sondern auch diejenigen, die im Namen des Kindes die Mitteilung ein - reichen.

Zu Artikel 5

Die Artikel 5 bis 12 regeln das Verfahren von Mitteilungen an den Ausschuss durch Einzelpersonen oder Personengruppen sowie durch deren Vertretungspersonen.

Absatz 1 legt den Personenkreis fest, der Mitteilungen an den Ausschuss einreichen kann. Dazu gehören Einzelpersonen wie auch Personengruppen, die geltend machen, in einem ihrer Rechte aus dem Übereinkommen oder den Fakultativprotokollen verletzt worden zu sein. Sie können im Verfahren auch von einer anderen Person vertreten werden. Eine Vertretung setzt grundsätzlich die Zustimmung der vertretenen Person voraus. Eine Ausnahme davon ist möglich, wenn die Vertretungsperson rechtfertigen kann, dass sie ohne diese Zustimmung handelt. Hiermit sollen die Fälle abgedeckt werden, in denen es der in ihren Rechten verletzten Person zum Beispiel mangels Kontakt mit Außenstehenden oder Angst vor Repressalien z.B. gegenüber der Familie nicht möglich ist, die Zustimmung zu erteilen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch Artikel 3 Absatz 2, nach dem der Ausschuss keine Mitteilung prüft, die nach seiner Auffassung nicht dem Wohl des betroffenen Kindes entspricht.

Absatz 1 bestimmt weiterhin, welche Rechte Gegenstand eines Beschwerdeverfahrens sein können. Dazu gehören die Rechte aus dem Übereinkommen sowie aus seinen beiden Fakultativprotokollen. Der zum Teil in den Verhandlungen geäußerten Auffassung, dass das Mitteilungsverfahren lediglich auf das Übereinkommen, nicht aber auf die beiden Fakultativprotokolle anwendbar sein sollte, stand die Mehrheit der Delegationen, zu der auch Deutschland zählte, entgegen.

Voraussetzung für eine Mitteilung nach Artikel 5 ist, dass der Staat, der eine Rechtsverletzung begangen haben soll, dem Übereinkommen oder betroffenen Fakultativ - protokoll als Vertragspartei angehört. Bei den Rechten kann es sich zudem nur um solche handeln, die zugleich im Konkretisierungsgrad Individualrechten entsprechen. Davon zu unterscheiden sind solche Bestimmungen, die Zielvorgaben beschreiben, für deren Umsetzung dem Vertragsstaat ein Ermessensspielraum politischer Gestaltung zusteht. Dabei wird zunächst dem Ausschuss die Aus - legung obliegen, welche Bestimmungen hinreichend konkrete Rechte enthalten, die nach dem Fakultativprotokoll beschwerdefähig sind.

Zu Artikel 6

Dieser Artikel erteilt dem Ausschuss die Möglichkeit, in dringenden Angelegenheiten den betroffenen Staat zu vorläufigen Maßnahmen aufzufordern, um einen mög - lichen nicht wiedergutzumachenden Schaden für Opfer der behaupteten Verletzung abzuwenden. Der Ausschuss über die Rechte des Kindes wird im Rahmen seines Ermessens entscheiden, wann ein "nicht wiedergutzu - machender" Schaden droht. Maßstab hierfür wird die Schwere und Irreversibilität der Folge für das Opfer sein, die eine spätere Entscheidung des Ausschusses in der Sache selbst obsolet machen könnte.

In den Verhandlungen war insbesondere der Verbind - lichkeitsgrad der Aufforderung des Ausschusses zu vorläufigen Maßnahmen und die Aufnahme einer Frist zur Umsetzung der vorläufigen Maßnahmen umstritten.

Gemäß Absatz 2 folgt daraus, dass der Ausschuss von dieser Regelung Gebrauch macht, nicht, dass er bereits über die Zulässigkeit oder Begründetheit der Mitteilung entschieden hat.

Zu Artikel 7

Dieser Artikel bestimmt, in welchen Fällen eine Mitteilung unzulässig ist.

Nach Artikel 7 Buchstabe a darf eine Mitteilung nicht anonym eingereicht werden. Nach Buchstabe b muss die Mitteilung schriftlich eingereicht werden. Bilder oder Tonband- und Videoaufnahmen sind nicht ausreichend.

Nach Buchstabe c ist eine Mitteilung unzulässig, wenn sie einen Missbrauch des Rechts auf Einreichung einer solchen Mitteilung darstellt oder mit den Bestimmungen des Übereinkommens und/oder den beiden Fakultativprotokollen unvereinbar ist.

Nach Buchstabe d ist eine Mitteilung unzulässig, wenn dieselbe Sache bereits vom Ausschuss untersucht oder in einem anderen internationalen Untersuchungs- oder Streitregelungsverfahren geprüft worden ist. Diese Regelung verhindert Überschneidungen mit Beschwerderechten nach anderen Menschenrechtsübereinkommen. Die Bestimmung entspricht Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe a des Fakultativprotokolls zum Übereinkommen über die zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau, die bereits anderen Übereinkommen nachgebildet war.

Der Begriff "international" bezieht sich nicht nur auf gleichwertige Untersuchungs- und Streitbeilegungsverfahren der Vereinten Nationen, sondern auch auf Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

Nach Buchstabe e ist eine Mitteilung unzulässig, wenn nicht alle zur Verfügung stehenden innerstaatlichen

Rechtsbehelfe erschöpft sind. Welche Rechtsbehelfe ergriffen werden müssen, muss im Einzelfall nach den Vorschriften des jeweiligen nationalen Rechtssystems entschieden werden. Dabei sind alle administrativen und gerichtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, die eine begründete Chance auf Abhilfe bieten. Für Fälle aus der Bundesrepublik Deutschland bedeutet dies, dass der vorgesehene Rechtsweg je nach Einzelfall bis zur Verfassungsbeschwerde ausgeschöpft und erfolglos geblieben sein muss.

Eine Ausnahme davon gilt nur, wenn das Verfahren solcher Rechtsbehelfe unangemessen lange dauert oder keine wirksame Abhilfe erwarten lässt. Eine unangemessen lange Dauer liegt nicht vor, wenn es einen Rechtsweg mit mehreren Instanzen gibt, der allein wegen der verschiedenen Instanzen insgesamt von einer längeren Dauer ist.

Nach Buchstabe f ist eine Mitteilung unzulässig, wenn sie offensichtlich unbegründet oder nicht hinreichend begründet ist.

Nach Buchstabe g ist eine Mitteilung unzulässig, wenn die Tatsachen, die der Mitteilung zugrunde liegen, vor dem Inkrafttreten des Fakultativprotokolls eingetreten sind und sie nicht nach Inkrafttreten weiterbestehen.

Nach Buchstabe h ist eine Mitteilung unzulässig, wenn sie nicht innerhalb eines Jahres nach der Erschöpfung der innerstaatlichen Rechtsbehelfe eingereicht wird. Eine Ausnahme hiervon kann zugelassen werden, wenn der Verfasser der Mitteilung nachweisen kann, dass eine Einreichung innerhalb der Frist nicht möglich war. Durch diese Ausnahmeregelung wird den Bedenken von einigen Staaten und Nichtregierungsorganisationen Rechnung getragen, nach denen gerade jüngere Kinder häufig mangels Aufklärung erst nach einigen Jahren die Rechts - verletzung realisieren und rechtliche Schritte einlegen können.

Zu Artikel 8

Nach diesem Artikel übermittelt der Ausschuss eine Mitteilung, die er nicht für unzulässig erachtet, dem betroffenen Vertragsstaat. Der Vertragsstaat ist verpflichtet, vertraulich mit den Informationen umzugehen. Er hat Artikel 4 Absatz 2 des Fakultativprotokolls zu beachten.

Nach Erhalt der Mitteilung soll der Vertragsstaat dem Ausschuss so bald wie möglich innerhalb von sechs Monaten eine schriftliche Erklärung oder Darlegungen zur Klärung der Sache zukommen lassen. Der Vertragsstaat kann sowohl zur Zulässigkeit als auch zur Begründetheit Stellung nehmen. Die Festlegung auf die Frist von sechs Monaten war stark umstritten. Zur Diskussion standen außerdem sowohl eine Drei-Monats-Frist als auch eine Sechs-Monats-Frist mit der Möglichkeit für den Ausschuss, in dringenden Situationen die Frist auf drei Monate zu verkürzen. Mit der Formulierung "so bald wie möglich innerhalb von sechs Monaten" wurde ein Kompromiss zwischen den verschiedenen Vorschlägen gefunden.

Zu Artikel 9

Dieser Artikel regelt in Absatz 1 die Möglichkeit der gütlichen Einigung zwischen den Parteien eines Mitteilungsverfahrens. Der Ausschuss unterstützt die Parteien, um eine gütliche Einigung in der Sache zu erreichen. Das

Ergebnis der gütlichen Einigung soll auf der Grundlage des Übereinkommens und der beiden Fakultativprotokolle erfolgen.

Absatz 2 stellt klar, dass der Ausschuss mit Zustandekommen einer gütlichen Einigung die Prüfung der Mitteilung nach dem Fakultativprotokoll einstellt.

Zu Artikel 10

Dieser Artikel regelt das weitere Verfahren der Prüfung der Mitteilungen durch den Ausschuss. Nach Absatz 1 prüft der Ausschuss die Mitteilung so schnell wie möglich unter Berücksichtigung aller Unterlagen. Hierzu zählen die Erklärungen des betroffenen Vertragsstaates nach Artikel 8 Absatz 2 sowie auch andere Angaben von den Parteien und ihrer Vertreter. Die Unterlagen sind zum Zwecke der "Waffengleichheit" und der Fairness den betreffenden Parteien zuzuleiten.

Die Beratung der Mitteilung erfolgt gemäß Absatz 2 in einer nichtöffentlichen Sitzung.

Absatz 3 bestimmt, dass der Ausschuss, wenn er den betroffenen Staat zu vorläufigen Maßnahmen nach Artikel 6 aufgefordert hat, das gesamte Verfahren beschleunigt durchführt.

Absatz 4 bezieht sich auf Mitteilungen, in denen die Verletzung wirtschaftlicher, sozialer oder kultureller Rechte behauptet wird. Bei solchen Mitteilungen prüft der Ausschuss die Angemessenheit der Maßnahmen, die der Vertragsstaat im Einklang mit Artikel 4 des Übereinkommens vornimmt. Er soll dabei berücksichtigen, dass der Vertragsstaat seine Pflichten aus Artikel 4 des Übereinkommens mit verschiedenen Maßnahmen erfüllen kann und ihm dabei ein großer Ermessensspielraum zusteht. Insofern ist der Beurteilungsspielraum des Ausschusses bei der Überprüfung dieser Rechte begrenzt.

Nach Absatz 5 übermittelt der Ausschuss nach einer abschließenden Prüfung der Mitteilung den betreffenden Parteien seine Auffassung zusammen mit etwaigen Empfehlungen. Der Ausschuss kann zu der Auffassung gelangen, dass eine Verletzung eines Rechts aus dem Übereinkommen oder den beiden Fakultativprotokollen vorliegt, und kann dann dem Vertragsstaat Empfehlungen zur Abhilfe übermitteln. Hierbei kann es sich um Empfehlungen für Gesetzesänderungen, verbesserte Schulungen für ausführende Organe, vermehrte Öffentlichkeitsarbeit oder um Maßnahmen zur konkreten Abhilfe im Einzelfall handeln.

Die Empfehlungen des Ausschusses sind für den betroffenen Staat rechtlich nicht verbindlich.

Zu Artikel 11

Dieser Artikel richtet sich an den Vertragsstaat, dem der Ausschuss Empfehlungen übermittelt. Nach Absatz 1 soll der Vertragsstaat die Auffassungen des Ausschusses gebührend in Erwägung ziehen und dem Ausschuss eine schriftliche Antwort zukommen lassen. In dieser Antwort soll er berichten, welche Maßnahmen er infolge der Empfehlungen des Ausschusses getroffen hat oder beabsichtigt zu treffen. Diese Antwort soll, ebenso wie in Artikel 8 bestimmt, so schnell wie möglich innerhalb von sechs Monaten erfolgen.

Absatz 2 sieht einen sogenannten "Follow-up-Mechanismus" vor, der die Fortsetzung des Dialogs zwischen dem Vertragsstaat und dem Ausschuss ermöglicht. Danach kann der Ausschuss den Vertragsstaat auffordern, weitere Angaben vorzulegen über Maßnahmen, die der Vertragsstaat als Reaktion auf die Empfehlungen des Ausschusses getroffen hat, oder über die Durchführung einer Übereinkunft zur gütlichen Einigung. Außerdem kann der Ausschuss den Vertragsstaat auffordern, in seinen Staatenbericht nach Artikel 44 des Übereinkommens, nach Artikel 12 des Fakultativprotokolls betreffend den Verkauf von Kindern, die Kinderprostitution und die Kinderpornographie oder nach Artikel 8 des Fakultativ - protokolls betreffend die Beteiligung von Kindern an bewaffneten Konflikten Angaben über die Umsetzung der Empfehlungen aus dem Individualbeschwerdeverfahren zu machen.

Zu Artikel 12

Dieser Artikel eröffnet die Möglichkeit für zwischenstaatliche Mitteilungen, mit denen ein Vertragsstaat beim Ausschuss geltend machen kann, dass ein anderer Vertragsstaat seinen Verpflichtungen aus dem Übereinkommen oder den beiden Fakultativprotokollen nicht nachkommt. Die Begründung der Zuständigkeit des Ausschusses für solche zwischenstaatlichen Mitteilungen in Bezug auf einen Vertragsstaat bedarf der ausdrücklichen Anerkennung durch diesen in Gestalt einer gesonderten Erklärung, die ein Vertragsstaat jederzeit optional abgeben kann. Dieser "optin"-Mechanismus wurde gewählt, weil das zwischenstaatliche Verfahren in den Verhandlungen insgesamt stark umstritten war. Absatz 2 stellt klar, dass der Ausschuss keine Mitteilungen entgegennimmt, die einen Vertragsstaat betreffen, der diese Erklärung nicht abgegeben hat.

Nach Absatz 3 unterstützt der Ausschuss die beteiligten Vertragsstaaten dabei, eine gütliche Regelung der Sache herbeizuführen.

Absatz 4 regelt das Verfahren zur Abgabe der Erklärung zur Anerkennung der Zuständigkeit des Ausschusses für zwischenstaatliche Mitteilungen. Die Erklärung wird beim Generalsekretär der Vereinten Nationen hinterlegt. Dieser übermittelt den anderen Vertragsstaaten Abschriften. Eine Rücknahme der Erklärung ist durch eine Notifikation an den Generalsekretär jederzeit möglich.

Die Bundesregierung beabsichtigt, bei der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde eine Erklärung nach Artikel 12 Absatz 1 abzugeben. Das Verfahren zur zwischenstaat - lichen Mitteilung ergänzt das Beschwerdeverfahren für individuelle Rechtsverletzungen und das Untersuchungsverfahren im Falle schwerwiegender und systematischer Rechtsverletzungen. Für eine zwischenstaatliche Mitteilung bedarf es weder einer individuellen Betroffenheit noch einer besonderen Schwere der Rechtsverletzung. Somit ist sichergestellt, dass der Ausschuss Rechtsverletzungen umfassend überprüfen kann. Damit dieser umfassende Durchsetzungsmechanismus auch für Deutschland gilt, spricht sich die Bundesregierung für die Anerkennung der Zuständigkeit des Ausschusses für Mitteilungen nach Artikel 12 Absatz 1 aus.

Zu Artikel 13

Dieser Artikel regelt das Untersuchungsverfahren im Falle schwerwiegender oder systematischer Verletzungen. Dieses ist von dem Individualbeschwerdeverfahren nach Artikel 5 und dem zwischenstaatlichen Mitteilungsverfahren nach Artikel 12 zu unterscheiden. Ein Untersuchungsverfahren beginnt damit, dass der Ausschuss zuverlässige Angaben erhält, die auf schwerwiegende oder systematische Verletzungen der in dem Übereinkommen oder den beiden Fakultativprotokollen festgelegten Rechte durch den Vertragsstaat hinweisen. In dem Fall kann er nach Absatz 1 den Vertragsstaat auffordern, bei der Prüfung dieser Angaben mitzuwirken und dazu Stellung zu nehmen (erste Verfahrensstufe). Anknüpfungspunkt für die Einleitung eines Untersuchungsverfahrens durch den Ausschuss sind glaubhafte Angaben, die sich alternativ auf schwerwiegende oder systematische Verletzungen der Menschenrechte von Kindern beziehen. Schwerwiegende Verletzungen sind in erster Linie die Bedrohung des Lebens, der körperlichen und geistigen Integrität oder der Sicherheit einer Person. Bei systematischen Verletzungen, die unterhalb dieser Schwelle liegen können, wird es sich insbesondere um weit verbreitete oder zielgerichtete Verletzungen von Kinderrechten handeln.

Unter Berücksichtigung der von dem Vertragsstaat abgegebenen Stellungnahmen sowie aller sonstigen ihm zur Verfügung stehenden Informationen kann der Ausschuss gemäß Absatz 2 auf der zweiten Verfahrensstufe eines oder mehrere seiner Mitglieder mit einer Untersuchung beauftragen, die mit Zustimmung des Vertragsstaates auch einen Besuch seines Hoheitsgebietes einschließen kann. Absatz 3 bestimmt, dass die Untersuchung vertraulich durchzuführen ist.

Gemäß Absatz 4 übermittelt der Ausschuss die Ergebnisse einer solchen Untersuchung mit etwaigen Bemerkungen und Empfehlungen umgehend dem Vertragsstaat. Dieser soll gemäß Absatz 5 so bald wie möglich innerhalb von sechs Monaten nach Eingang der Ergebnisse und Bemerkungen des Ausschusses eine Stellungnahme abgeben. Die Formulierung "so bald wie möglich innerhalb von sechs Monaten" war ebenso wie in Artikel 8 stark umstritten.

Nach Absatz 6 kann der Ausschuss nach Abschluss des Verfahrens und Konsultation des Vertragsstaates beschließen, eine Zusammenfassung der Ergebnisse des Verfahrens in seinen Bericht an die Generalversammlung nach Artikel 16 aufzunehmen.

Absatz 7 regelt den "opt-out"-Mechanismus zum Untersuchungsverfahren. Ein Vertragsstaat ist nicht verpflichtet, das Untersuchungsverfahren anzuerkennen. Er kann zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung oder bei Ratifikation bzw. Beitritt erklären, dass er das Untersuchungsverfahren nicht anerkennt. Die Einführung dieses "opt-out"-Mechanismus war stark umstritten. Um eine größere Akzeptanz in der Staatengemeinschaft zu er - reichen, wurde dieser Mechanismus aufgenommen.

Die Bundesregierung hat anlässlich der Zeichnung am 28. Februar 2012 keine Erklärung nach Absatz 7 abgegeben. Auch bei der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde soll keine solche Erklärung abgegeben werden.

Absatz 8 regelt, dass eine Erklärung nach Absatz 7 jederzeit zurückgenommen werden kann.

Zu Artikel 14 Absatz 2 regelt die Weiterverfolgung des Untersuchungsverfahrens ("follow-up"). Nach Absatz 1 kann der Ausschuss nach Ablauf der unter Artikel 13 Absatz 5 genannten 6 Monate den Vertragsstaat auffordern, ihn über die Maßnahmen zu unterrichten, die er im Zuge der Empfehlungen des Ausschusses nach Artikel 13 durchgeführt hat.

Nach Absatz 2 kann der Ausschuss den Vertragsstaat auch unabhängig von dem Zeitablauf auffordern, weitere Angaben über alle Maßnahmen vorzulegen, die der Vertragsstaat als Reaktion auf eine nach Artikel 13 durchgeführte Untersuchung getroffen hat. Außerdem kann er den Vertragsstaat auffordern, Angaben zu den Maßnahmen in den Staatenberichten zu dem Übereinkommen und/oder den beiden Fakultativprotokollen zu machen.

Zu Artikel 15

Die Artikel 15 bis 24 enthalten die Schlussbestimmungen des Protokolls. Ursprünglich diskutierte die Arbeitsgruppe darüber, ob die Schlussbestimmungen auch eine Klausel zur Zulässigkeit oder Unzulässigkeit von Vorbehalten gegen Bestimmungen des Protokolls enthalten sollen. Deutschland setzte sich neben einigen anderen Staaten für einen Vorbehaltsausschluss ein. Im Ergebnis gab es dahin gehend eine Einigung, dass auf eine Regelung zur Einlegung von Vorbehalten verzichtet wurde. Damit gilt nun Artikel 19 Buchstabe c des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge, wonach Vorbehalte nicht mit dem Ziel und Zweck des Vertrages unvereinbar sein dürfen.

Artikel 15 regelt die internationale Unterstützung und Zusammenarbeit mit anderen Organisationen der Vereinten Nationen. Nach Absatz 1 kann der Ausschuss mit Zustimmung des betreffenden Staates sowohl seine Auffassungen oder Empfehlungen nach diesem Fakultativprotokoll als auch Stellungnahmen und Vorschläge des betreffenden Staates zu den Auffassungen oder Empfehlungen den Sonderorganisationen, Fonds und Programmen der Vereinten Nationen und anderen zuständigen Stellen übermitteln.

Nach Absatz 2 kann der Ausschuss ebenfalls mit Zustimmung des betreffenden Staates bestimmte Informationen an die genannten Stellen weitergeben. Diese Informationen sollen den Stellen bei der Entscheidung über Hilfeleistungen an den Staat zur Erfüllung seiner Pflichten aus dem Übereinkommen und/oder den Fakultativprotokollen als Grundlage dienen.

Zu Artikel 16

Die Bestimmung erweitert die bereits bestehenden Berichtspflichten des Ausschusses. Nach Artikel 44 Absatz 5 des Übereinkommens ist der Ausschuss verpflichtet, der Generalversammlung der Vereinten Nationen über den Wirtschafts- und Sozialrat alle zwei Jahre einen Bericht über seine Tätigkeit vorzulegen. Gemäß Artikel 16 soll dieser Bericht eine Zusammenfassung seiner Tätigkeit nach diesem Fakultativprotokoll, d.h. im Individualbeschwerde- und Untersuchungsverfahren sowie im zwischenstaatlichen Mitteilungsverfahren, enthalten.

Zu Artikel 17

Nach diesem Artikel ist jeder Vertragsstaat verpflichtet, das Fakultativprotokoll bekannt zu machen und zu verbreiten. Die Vorschrift ist dem Artikel 42 des Übereinkommens nachgebildet. Zudem sind die Vertragsstaaten verpflichtet, Erwachsenen und Kindern den Zugang zu Informationen über die Auffassungen und Empfehlungen des Ausschusses zu erleichtern.

Zu Artikel 18

Dieser Artikel bestimmt, dass das Fakultativprotokoll für jeden Staat, der das Übereinkommen oder eines der ersten beiden dazugehörigen Fakultativprotokolle unterzeichnet und ratifiziert hat, zur Unterzeichnung aufliegt und jeder dieser Staaten ihm beitreten kann. Nach Absatz 2 bedarf das Fakultativprotokoll der Ratifikation, die den genannten Staaten offensteht, ebenso wie der Beitritt, nachdem das Fakultativprotokoll in Kraft getreten ist (Absatz 3).

Die Bundesrepublik Deutschland hat das Fakultativprotokoll am 28. Februar 2012 auf der offiziellen Unterzeichnerkonferenz in Genf unterzeichnet.

Die Ratifikations- bzw. Beitrittsurkunden werden beim Generalsekretär der Vereinten Nationen hinterlegt.

Zu Artikel 19

Dieser Artikel enthält Bestimmungen über das Inkraft - treten. Das Fakultativprotokoll tritt drei Monate nach Hinterlegung der zehnten Ratifikations- oder Beitritts - urkunde in Kraft. Für jeden Staat, der dieses Fakultativprotokoll nach seinem Inkrafttreten ratifiziert oder ihm beitritt, tritt es drei Monate nach Hinterlegung seiner Ratifikations- oder Beitrittsurkunde in Kraft.

Zu Artikel 20

Dieser Artikel regelt, dass der Ausschuss nur zuständig ist für Rechtsverletzungen, die nach dem Inkrafttreten dieses Fakultativprotokolls für den betroffenen Staat erfolgt sind.

Zu Artikel 21

Dieser Artikel betrifft das Verfahren der Änderung des Fakultativprotokolls. Jeder Vertragsstaat kann eine Änderung vorschlagen, die von der Generalversammlung der Vereinten Nationen gebilligt und von einer Zweidrittelmehrheit der Vertragsstaaten angenommen werden muss. Sie ist nur für die Vertragsstaaten verbindlich, die sie angenommen haben.

Zu Artikel 22

Dieser Artikel eröffnet die Möglichkeit der Kündigung des Fakultativprotokolls durch eine an den Generalsekretär der Vereinten Nationen gerichtete Notifikation. Die Kündigung wird ein Jahr nach ihrem Eingang beim General - sekretär wirksam. Vor dem Wirksamwerden der Kündigung eingegangene oder begonnene Mitteilungen nach Artikel 5 oder 12 oder Untersuchungen nach Artikel 13 sind weiterhin zulässig.

Zu Artikel 23

Dieser Artikel bestimmt, dass der Generalsekretär der Vereinten Nationen der Verwahrer des Fakultativprotokolls ist und er alle Staaten über Unterzeichnungen, Ratifikationen, Beitritte und Kündigungen sowie über den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Fakultativprotokolls und eventueller Änderungen unterrichtet.

Zu Artikel 24

Dieser Artikel bestimmt die verbindlichen amtlichen Sprachfassungen des Fakultativprotokolls und die Hinterlegung bei den Vereinten Nationen sowie die Übermittlung der beglaubigten Abschriften des Fakultativprotokolls an die Vertragsstaaten durch den Generalsekretär der Vereinten Nationen.