Der Bayerische Ministerpräsident München, 31. Januar 2017
An die Präsidentin des Bundesrates
Frau Ministerpräsidentin
Malu Dreyer
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
gemäß dem Beschluss der Bayerischen Staatsregierung übermittle ich die als Anlage beigefügte Entschließung des Bundesrates : "Ausländische Investitionen - Technologische Souveränität sichern" mit dem Antrag, dass der Bundesrat diese fassen möge.
Ich bitte, die Entschließung gemäß § 36 Absatz 2 GO BR auf die Tagesordnung der 953. Sitzung am 10. Februar 2017 zu setzen und anschließend den Ausschüssen zuzuweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Horst Seehofer
Entschließung des Bundesrates: "Ausländische Investitionen - Technologische Souveränität sichern"
Der Bundesrat möge beschließen:
- 1. Der Bundesrat stellt fest, dass die Übernahmen deutscher Unternehmen durch ausländische Investoren derzeit eine neue Dimension erreichen. Umfang und Anzahl sind deutlich gestiegen und Unternehmen aus Ländern mit staatlich gelenkter Wirtschaft versuchen ganz bewusst, industrielle Kernkompetenzen und Schlüsseltechnologien der Zukunft aufzukaufen und auf diesen Feldern eine Vormachtstellung aufzubauen.
- 2. Der Bundesrat sieht vor diesem Hintergrund Handlungsbedarf, die technologische Souveränität besser zu sichern, weil Deutschland ganz entscheidend von Innovationen und technologischem Vorsprung lebt. Das Knowhow in Köpfen und Technologien ist der geistige Rohstoff, der geschützt werden muss. Deutschland und Europa sollten alle Möglichkeiten ausschöpfen, Vorsorge zu treffen.
- 3. Der Bundesrat verkennt dabei nicht, dass offene Märkte, freier Güter- und Kapitalverkehr, wechselseitige Investitionen, internationale Firmenzusammenschlüsse und Beteiligungen an Unternehmen zentraler Bestandteil des globalen Wirtschaftsgefüges sind und gerade Deutschland als hochtechnologische Industrie- und Exportnation davon profitiert. Deshalb gilt es, einen ausgewogenen Weg zu finden zwischen Offenheit für ausländische Investoren und Schutz der technologischen Souveränität in sensiblen Hochtechnologiebereichen und Schlüsseltechnologien vor gezielter wettbewerbsverzerrender Industriepolitik.
- 4. Der Bundesrat unterstützt die Bundesregierung darin, sich auf europäischer Ebene für eine Verbesserung der bislang bestehenden Instrumente zum Schutz vor Übernahmen, die sich für die Volkswirtschaft als nachteilig erweisen, einzusetzen. Hierfür hält der Bundesrat insbesondere folgende Maßnahmen für geeignet:
- - Kontroll- und Untersagungsmöglichkeiten sollten am Grundsatz der Reziprozität festgemacht werden, das heißt wenn ausländische Direktinvestoren aus Herkunftsländern stammen, die keinen oder nur einen sehr stark eingeschränkten Marktzugang gewähren, sollten deren Investitionen in Europa auch strengeren Vorgaben unterfallen.
- - Direktinvestitionen sollten auch dann geprüft und untersagt werden können, wenn diese nicht in erster Linie von marktwirtschaftlichen Überlegungen getrieben sind, sondern etwa von staatlichen strategischen Vorgaben zum Aufkauf von Schlüsseltechnologien oder wenn sie staatlich subventioniert werden.
- 5. Der Bundesrat sieht aber mit Blick auf die Regelungen in anderen Mitgliedstaaten der EU auch auf nationaler Ebene weiteren Spielraum für Maßnahmen, die kurzfristig umgesetzt werden können. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung daher auf, zügig alle nationalen Handlungsmöglichkeiten innerhalb des EU-rechtlichen Rahmens auszuschöpfen. Aus Sicht des Bundesrates sind dies insbesondere Folgende:
- - Der Begriff der "öffentlichen Ordnung oder Sicherheit" sollte bei der Prüfung ausländischer Direktinvestitionen konsequent so ausgelegt werden, dass neben der Versorgung in den Bereichen Telekommunikation, Elektrizität und sonstigen Dienstleistungen von strategischer Bedeutung die Herstellung von Produkten umfasst wird, die im Militär-/Rüstungsbereich verwendbar sind oder bei der Daten-/Cybersicherheit eine wesentliche Rolle spielen können. Dies sollte soweit wie möglich durch eine Erweiterung des Katalogs der sektorspezifischen Prüfung in § 60 Abs. 1 Außenwirtschaftsverordnung (AWV) auf weitere Unternehmen und Produkte bzw. im Fall der nicht rüstungsrelevanten Unternehmen und Produkte durch Konkretisierung in § 55 Abs. 1 AWV (sektorübergreifende Prüfung) umgesetzt werden.
- - Von einer Gefährdung der "öffentlichen Ordnung oder Sicherheit" kann aus Sicht des Bundesrates auch in besonderen Einzelfällen ausgegangen werden, in denen Investoren aus Drittstaaten gestützt durch staatliche Subventionen gezielt strategisch überhöhte Preise für die Investitionen bieten und dies eine erhebliche Marktstörung zur Folge hat. Hierzu sollte eine entsprechende Konkretisierung in § 55 Abs. 1 AWV (sektorübergreifende Prüfung) erfolgen.
- - Der Bundesrat regt hierzu an, ein Gremium einzurichten, das sich aus Vertretern von Bund und Ländern zusammensetzt und im Einzelfall bei industriepolitisch/strategisch motivierten Investitionen mit ausländischer Staatsbeteiligung beratend tätig wird. Ein solches Gremium könnte im Außenwirtschaftsgesetz verankert werden.