Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 317905 - vom 20. Oktober 2008.
Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 23. September 2008 angenommen.
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf Artikel 149 und 150 des EG-Vertrags,
- - in Kenntnis der Mitteilung der Kommission "Das Modernisierungsprogramm für Universitäten umsetzen: Bildung, Forschung und Innovation" (KOM (2006) 0208),
- - in Kenntnis der Mitteilung der Kommission "Das intellektuelle Potenzial Europas wecken: So können die Universitäten ihren vollen Beitrag zur Lissabon-Strategie leisten" (KOM (2005) 0152),
- - in Kenntnis des Berichts mit dem Titel "Im Blickpunkt: Strukturen des Hochschulbereichs in Europa. Nationale Entwicklungen im Rahmen des Bologna-Prozesses" - Ausgabe 2006/07" (Eurydice, Europäische Kommission, 2007),
- - in Kenntnis der Eurobarometer-Erhebung von März 2007 "Wahrnehmungen der Hochschulreformen",
- - unter Hinweis auf seinen in erster Lesung am 25. September 2007 festgelegten Standpunkt zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Erstellung und den Ausbau von Statistiken über Bildung und lebenslanges Lernen1,
- - in Kenntnis der Entschließung des Rates vom 23. November 2007zur Modernisierung der Universitäten im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit Europas in einer globalisierten Wirtschaft,
- - in Kenntnis der Schlussfolgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates vom 13. und 14. März 2008,
- - gestützt auf Artikel 45 seiner Geschäftsordnung,
- - in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Kultur und Bildung und der Stellungnahme des Haushaltsausschusses (A6-0302/2008),
A. in der Erwägung, dass die Ziele des Bologna-Prozesses die Schaffung eines Europäischen Hochschulraums bis 2010 unter Einbeziehung von Hochschulreformen, Beseitigung der verbleibenden Hindernisse für die Mobilität von Studierenden und Lehrkräften sowie die Verbesserung der Qualität, Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit der Hochschulbildung in Europa sind,
B. in der Erwägung, dass die Mobilität der Studierenden und die Qualität der Bildung Kernpunkte des Bologna-Prozesses bleiben müssen,
C. in der Erwägung, dass die Mobilität der Studierenden neue kulturelle, soziale und akademische Werte schafft und Möglichkeiten für Personalzuwachs und die Verbesserung der akademischen Standards sowie die Förderung der Beschäftigungsfähigkeit auf nationaler und internationaler Ebene bietet,
D. in der Erwägung, dass die Mobilität der Studierenden nach wie vor für viele Studierende, Wissenschaftler und sonstige Beschäftigte vor allem in den neueren Mitgliedstaaten, hauptsächlich aufgrund der unzureichenden Dotierung der Stipendien außer Reichweite ist und dass die Hindernisse durchaus bekannt sind und wiederholt von vielen an der Diskussion beteiligten Akteuren herausgestellt wurden,
E. in der Erwägung, dass besonderes Augenmerk auf eine angemessene Finanzierung des Lernaufwands, der Lebenshaltungskosten und der Mobilität der Studierenden gerichtet werden sollte,
F. in der Erwägung, dass die Mobilität von Studierenden für das Parlament in seiner Haushaltspolitik durchweg vorrangig war und es sich darum bemüht hat, eine angemessene Mittelausstattung für die Gemeinschaftsprogramme im Bereich der Bildung zu gewährleisten, in der Erwägung, dass seine entschlossene Haltung in Bezug auf dieses Thema trotz vom Rat am Vorschlag der Kommission eingeführter Kürzungen zu einer Aufstockung der Mittel für die Programme Lebenslanges Lernen und Erasmus Mundus geführt hat, die im Rahmen des mehrjährigen Finanzrahmens 2007 bis 2013 und in den jüngsten Haushaltsverfahren ausgehandelt wurde,
G. in der Erwägung, dass verlässliche statistische Daten über die Mobilität der Studierenden erforderlich sind, um zu beobachten, zu vergleichen und zu bewerten und auch um entsprechende Strategien und Maßnahmen zu konzipieren,
H. in der Erwägung, dass die Anerkennung des informalen und nicht formalen Lernens ein Eckpunkt einer Strategie für lebenslanges Lernen darstellt und dass die Bedeutung der Erwachsenenbildung in diesem Prozess ebenfalls anerkannt werden muss,
I. in der Erwägung, dass die Entscheidung, ins Ausland zu gehen, nicht durch administrative, finanzielle oder sprachliche Barrieren beeinträchtigt werden sollte,
J. in der Erwägung, dass die Mobilität das Erlernen von Fremdsprachen und die Verbesserung allgemeiner Kommunikationsfähigkeiten fördert,
K. in der Erwägung, dass die Reform und Modernisierung der Universitäten in Bezug auf Qualität, Studienstruktur, Innovation und Flexibilität dringend erforderlich ist,
L. in der Erwägung, dass die Qualität des Lehrens ebenso wichtig wie die Qualität der Forschung ist und in der gesamten Europäischen Union reformiert und modernisiert werden sollte, und in der Erwägung, dass diese beiden Dimensionen eng miteinander verknüpft sind,
M. in der Erwägung, dass unterschiedliche nationale Anerkennungssysteme ein wesentliches Hindernis in Bezug auf die Gleichbehandlung von Studierenden und ihre Fortschritte bei der Verwirklichung des Europäischen Hochschulraumes sowie auf dem Arbeitsmarkt der Europäischen Union darstellen,
N. in der Erwägung, dass die Mobilität sowohl durch das Versäumnis, absolvierte Lehrgänge uneingeschränkt und ordnungsgemäß anzuerkennen, als auch durch die mangelnde Gleichwertigkeit der erlangten Abschlüsse behindert werden kann,
O. in der Erwägung, dass die Umsetzung, Koordinierung und Förderung eines abgestimmten Vorgehens aller Länder, die den Bologna-Prozess unterzeichnet haben, dringend erforderlich ist,
P. in der Erwägung, dass der Bologna-Prozess zur Schaffung eines neuen progressiven Bildungsmodells führen muss, das den Zugang zur Bildung für alle gewährleistet, dessen Hauptziel die Vermittlung von Kenntnissen und Werten ist, und das eine echte Zukunftsgesellschaft schafft, die sich der sozialen Ungleichgewichte bewusst und davon frei ist,
- 1. hält eine Steigerung der Mobilität der Studierenden sowie der Qualität der verschiedenen Bildungssysteme für einen vorrangigen Aspekt im Rahmen der Neufestsetzung der Hauptziele des Bologna-Prozesses für den Zeitraum nach 2010;
- 2. unterstreicht, dass zur Förderung der Mobilität der Studierenden bereichsübergreifende Maßnahmen in verschiedenen Politikbereichen getroffen werden müssen; verweist darauf dass verschiedene Aspekte der Mobilität über den Bereich der Hochschulbildung hinausgehen und auch soziale Angelegenheiten, Finanzen, sowie Einwanderungs- und Visumpolitik betreffen;
- 3. begrüßt die Bemühungen der Mitgliedstaaten im Rahmen der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit zur Förderung der Qualität und Wettbewerbsfähigkeit der Bildung in der Europäischen Union durch insbesondere die Förderung der Mobilität, die Gewährleistung der Anerkennung von Qualifikationen und der Qualitätssicherung, insbesondere angesichts des begrenzten Handlungsspielraums aufgrund der engen Spannen in Rubrik 1A des Finanzrahmens;
- 4. ist davon überzeugt, dass die von allen am Prozess beteiligten Akteuren angewandte Konsultationsmethode weitergeführt werden sollte: Institutionen sowie Vertreter der Studierenden sollten eng zusammenarbeiten, um die der Mobilität noch entgegenstehenden Hemmnisse zu beseitigen und Probleme im Zusammenhang mit der Qualität und der Umsetzung des Bologna-Prozesses in Angriff zu nehmen;
- 5. unterstreicht, dass bei der Umsetzung des Bologna-Prozesses besonderes Augenmerk auf eine enge und intensive Zusammenarbeit und Abstimmung mit dem Europäischen Forschungsraum gerichtet werden sollte;
Mobilität der Studierenden: Qualität und Effizienz
- 6. fordert nachdrücklich vergleichbare und verlässliche statistische Angaben über die Mobilität und das sozio-ökonomische Profil von Studierenden , z.B. gemeinsame Indikatoren, Kriterien und Benchmarks, um das derzeitige Fehlen von Daten zu überwinden und den Austausch bewährter Verfahren zu fördern;
- 7. fordert die Universitäten auf, die Qualität der online und offline bereitgestellten Informationen sowohl für Studienanfänger als auch -abgänger zu verbessern; fordert die Hochschulen und die nationalen Erasmus-Agenturen auf, mit Studentenorganisationen zusammenzuarbeiten, um sämtliche erforderlichen Informationen rechtzeitig verfügbar zu machen; fordert die Universitäten auf, die Rechte der Studierenden entsprechend den von ihnen durch den Beitritt zur Erasmus-Universitätscharta eingegangenen Verpflichtungen zu unterstützen;
- 8. unterstreicht, dass der Fluss von Studierenden und Stipendiaten auf Gegenseitigkeit beruhen muss, damit der Bologna-Prozess seine Ziele erreichen kann; unterstreicht, dass in den aktuellen Trends ein Missverhältnis und insbesondere nur eine geringe Mobilität in Richtung der Mitgliedstaaten besteht, die der Europäischen Union 2004 und 2007 beigetreten sind;
- 9. verweist auf die Bedeutung des Mentorings für die soziale, kulturelle und sprachliche Integration von Studienanfängern;
- 10. unterstreicht, dass eine Verbesserung der Beherrschung der Sprachen eine gewichtige Errungenschaft und einer der Gründe für die Mobilität der Studenten ist, und unterstreicht die Bedeutung von Intensivsprachkursen für Studienanfänger, entweder vor und/oder während Erasmus-Studienzeiten;
Hochschulreform und Modernisierung von Universitäten: Qualität, Innovation und Flexibilität
- 11. fordert die Universitäten in der Union auf, eine innovative, weit reichende und systematische Studienplanreform durchzuführen, da ehrgeizige Inhalte von hoher Qualität und organisatorische Umstrukturierung für die Mobilität der Studierenden und für eine stärkere Flexibilität von entscheidender Bedeutung sind; fordert die Einführung einer "Mobilitätsstudienzeit" in allen Studienprogrammen, um Studierenden einen Auslandsaufenthalt zu ermöglichen;
- 12. fordert, dass schwerpunktmäßig gemeinsame europäische Promotionsprogramme zur Unterstützung der Mobilität der Doktoranden und zur Schaffung eines Rahmens für einen Europäischen Doktortitel geschaffen werden;
- 13. unterstreicht die wesentliche Rolle der Qualität und Spitzenleistung in der Lehrtätigkeit im Hinblick darauf, dass qualifizierte Lehrpersonen in sämtlichen Studienbereichen sowie deren ständige Entwicklung und Weiterbildung für deren Attraktivität und Effizienz sowie für die Verwirklichung der Ziele des Bologna-Prozesses von entscheidender Bedeutung sind;
- 14. bekräftigt, dass ein höheres Maß an transnationalem Dialog und Informations- und Erfahrungsaustausch erforderlich ist, um eine Konvergenz der Lehrerausbildung, einschließlich Primarschullehrerausbildung, und die Wirksamkeit einer ständigen beruflichen Weiterbildung zu erleichtern;
Finanzierung der und Investitionen in die Mobilität der Studierenden und die soziale Dimension
- 15. fordert besondere Unterstützung für Studierende aus benachteiligten Gesellschaftsgruppen, zum Beispiel durch Bereitstellung erschwinglicher und angemessener Unterkünfte, im Hinblick darauf, dass eine zusätzliche Unterstützung bei Studienbeginn häufig erforderlich ist;
- 16. schlägt die Einführung eines einheitlichen Europäischen Studentenausweises vor, um die Mobilität zu erleichtern und den Studenten Ermäßigungen für Unterkunft und Lebenshaltung zu ermöglichen;
- 17. fordert die Mitgliedstaaten und die zuständigen Behörden auf, einen gleichberechtigten und allgemeinen Zugang zur Mobilität durch einfache, flexible und transparente Verfahren zur Gewährung von Stipendien und durch zusätzliche finanzielle Unterstützung für Studienorte mit hohem Kostenniveau und für bedürftige Studierende zu gewährleisten; hält es für wichtig, dass diese Unterstützung vor der Abreise des/der Studierenden erfolgt, um eine zu starke finanzielle Belastung für sie zu vermeiden;
- 18. begrüßt, dass im Rahmen der Halbzeitüberprüfung des mehrjährigen Finanzrahmens, die in der Erklärung vorgesehen ist, die der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 17. Mai 2006 über die Haushaltsdisziplin und die wirtschaftliche Haushaltsführung als Anlage beigefügt ist, in Abhängigkeit von den Ergebnissen der Überwachung und Bewertung des Programms eine Aufstockung des für die Programme im Bildungsbereich vorgesehenen Mittelumfangs in Erwägung gezogen werden könnte;
- 19. verweist darauf, dass neue Methoden der Finanzierung der Mobilität von Studierenden, z.B. zinsfreie und/oder übertragbare Darlehen, eingeführt und gefördert werden sollten;
- 20. fordert die europäischen Hochschulen auf, mit dem Privatsektor (z.B. Wirtschafts- oder Unternehmensorganisationen wie Handelskammern) zusammen zu arbeiten, um neue wirksame Mechanismen zur Ko-Finanzierung der Mobilität von Studierenden bei jeder Stufe zu finden (Bachelor, Master, Doktorat) und so die Qualität der Bildungssysteme zu verbessern;
- 21. regt an, dass ein fruchtbarer Dialog und ein zweiseitiger Austausch zwischen Unternehmen und Universitäten erfolgt, um innovative Partnerschaften zu bilden und neue Wege der Zusammenarbeit zu erproben;
Qualität und umfassende Anerkennung von Diplomen
- 22. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, mit der Umsetzung der europäischen Referenzrahmen (Bologna-Qualifikationsrahmen, Europäischer Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen, Europäische Standards und Leitlinien für Qualitätssicherung und das Übereinkommen von Lissabon über die Anerkennung von Qualifikationen) fortzufahren, um den Europäischen Hochschulraum zu schaffen;
- 23. unterstreicht daher, dass unverzüglich das umfassende, einheitliche und wirksame Kredittransfersystem ECTS umgesetzt werden muss, so dass Qualifikationen von Studierenden und Akademikern in ganz Europa anhand eines einheitlichen gemeinsamen Rahmenwerks problemlos transferiert werden können;
- 24. unterstreicht, dass das dreigliedrige Studiensystem (Bachelor-, Master- und Promotionsstudiengang) insbesondere durch Einsatz eines "4+1" anstelle des "3+2"-Systems für den ersten und zweiten Zyklus flexibler werden könnte; hält dies bei einigen Studiengängen für angemessener, damit die Mobilität und Beschäftigungsfähigkeit von Hochschulabsolventen verbessert werden könnte;
- 25. fordert, dass für von den Universitäten genehmigte Praktika und sonstige informale und nicht formale mobile Erfahrung ECTS-Punkte gewährt werden und sie als integraler Bestandteil von Studienplänen anerkannt werden;
Umsetzung des Bologna-Prozesses in allen beteiligten Ländern
- 26. fordert die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten und die europäischen Hochschulen auf, den Austausch bewährter Verfahren und Initiativen zur Bewusstseinsbildung zu fördern und zu unterstützen;
- 27. fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, im Einklang mit den EU-Visumrichtlinien Visumverfahren zu erleichtern und die Verfahrenskosten für mobile Studierende zu verringern, insbesondere was östlichere Mitgliedstaaten und Beitrittsländer anbelangt;
- 28. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.
- 1 ABl. C 219 E vom 20.8.2008, S. 68.