Gesetzesantrag der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein
Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Beistandsmöglichkeiten unter Ehegatten und Lebenspartnern in Angelegenheiten der Gesundheitssorge und in Fürsorgeangelegenheiten

A. Problem und Ziel

Ehegatten und Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft können nach geltendem Recht weder Entscheidungen über medizinische Behandlungen für ihren nicht mehr selbst handlungsfähigen Partner treffen noch diesen im Rechtsverkehr vertreten, solange sie nicht als rechtliche Betreuer ihres Partners bestellt werden oder von ihm im Rahmen einer Vorsorgevollmacht hierzu wirksam bevollmächtigt worden sind. Die Vorsorgevollmacht ist ein wichtiges Instrument, um selbstbestimmt darüber entscheiden zu können, wer im Falle des Verlustes der eigenen Handlungsfähigkeit handeln und entscheiden soll. Ihre Verbreitung nimmt stetig zu. Der Gedanke an die Erteilung einer Vorsorgevollmacht wird gleichwohl gerade in jüngeren Jahren nicht selten verdrängt und auf "später" verschoben. Besonders in der ersten Zeit nach einem Unfall oder einer unerwarteten schweren Krankheit kann es für Betroffene und Angehörige eine zusätzliche erhebliche Belastung bedeuten, wenn es erst eines gerichtlichen Verfahrens auf Betreuerbestellung bedarf, um dem Ehegatten oder Lebenspartner auch in rechtlicher Hinsicht beistehen zu können.

Empirische Untersuchungen zeigen, dass die meisten Bürger sich eine Besorgung ihrer Angelegenheiten und Vertretung durch ihren Partner bei eigenem Unvermögen wünschen und dass die meisten Bürger zudem davon ausgehen, dass ihr Partner sie in diesem Fall auch qua Gesetz vertreten darf.

B. Lösung

Es soll für den Bereich der Gesundheitssorge und in der Fürsorge dienenden Angelegenheiten eine gesetzliche Annahme der Bevollmächtigung zwischen Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern für den Fall geschaffen werden, dass der vertretene Ehegatte oder Lebenspartner weder im Rahmen einer ausdrücklichen Vorsorgevollmacht etwas anderes bestimmt noch einen entgegenstehenden Willen geäußert hat. Der Ehegatte oder Lebenspartner soll hierbei denselben Bindungen unterliegen wie ein (ausdrücklich) Vorsorgebevollmächtigter. Ein der Vertretung durch den Partner entgegenstehender Willen soll als Widerspruch in das Zentrale Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer eingetragen werden können.

C. Alternativen

Keine.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Keine.

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Für Bürgerinnen und Bürger entstehen keine mit einem Mehraufwand verbundenen Pflichten. Soweit durch die Beistandsmöglichkeiten unter Ehegatten die Einrichtung einer Betreuung vermieden wird, werden die Betroffenen und ihre Angehörigen von den Kosten und dem Aufwand eines Betreuungsverfahrens entlastet. Für Ärzte, Einrichtungen, Sozialleistungsträger, Krankenversicherer sowie für Betreuungsvereine und ihre Mitarbeiter entsteht allenfalls ein geringfügiger zusätzlicher Schulungsaufwand, um sich mit der Neuregelung vertraut zu machen.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Für die Wirtschaft entsteht kein Erfüllungsaufwand.

Davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten keine

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Für die Betreuungsbehörden entsteht ein allenfalls geringfügiger zusätzlicher Schulungsaufwand, um sich mit der Neuregelung vertraut zu machen.

In den Fällen, in denen die Regelung künftig greifen und die Einrichtung einer rechtlichen Betreuung nicht aus sonstigen Gründen erforderlich wird, werden rechtliche Betreuungen - speziell auch Eilbetreuungen bei ärztlichen Maßnahmen - vermieden, was wiederum zu einer Entlastung der Gerichte und Betreuungsbehörden beiträgt.

F. Weitere Kosten

Auswirkungen auf die Wirtschaft, auf Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.

Gesetzesantrag der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein
Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Beistandsmöglichkeiten unter Ehegatten und Lebenspartnern in Angelegenheiten der Gesundheitssorge und in Fürsorgeangelegenheiten

Staatsministerium Baden-Württemberg
Stuttgart, 7. September 2016
Staatsminister und Chef der Staatskanzlei

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Stanislaw Tillich

Sehr geehrter Herr Präsident,
die Regierungen der Länder Baden-Württemberg, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und die Bayerische Staatsregierung haben beschlossen, dem Bundesrat den als Anlage beigefügten Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Beistandsmöglichkeiten unter Ehegatten und Lebenspartnern in Angelegenheiten der Gesundheitssorge und in Fürsorgeangelegenheiten mit dem Ziel zuzuleiten, die Einbringung gemäß Artikel 76 Absatz 1 Grundgesetz beim Deutschen Bundestag zu beschließen.

Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 23 Absatz 3 in Verbindung mit § 15 Absatz 1 und § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates in die Tagesordnung der 948. Sitzung des Bundesrates am 23. September 2016 aufzunehmen und sie anschließend den Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.

Mit freundlichen Grüßen
Klaus-Peter Murawski

Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Beistandsmöglichkeiten unter Ehegatten und Lebenspartnern in Angelegenheiten der Gesundheitssorge und in Fürsorgeangelegenheiten

Vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs

Das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. Nach § 1357 wird folgender § 1358 eingefügt:

" § 1358 Beistand unter Ehegatten in Angelegenheiten der Gesundheitssorge und in der Fürsorge dienenden Angelegenheiten

2. § 1908f Absatz 1 wird wie folgt geändert:

Artikel 2
Änderung des Lebenspartnerschaftsgesetzes

Das Lebenspartnerschaftsgesetz vom 16. Februar 2001 (BGBl. I S.266), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

In § 11 wird folgender Absatz 3 angefügt:

(3) § 1358 gilt entsprechend."

Artikel 3
Änderung des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche

Das Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. September 1994 (BGBl. I S. 2494; 1997 I S. 1061), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. Dem Artikel 14 wird folgender Absatz angefügt:

(5) Auf Maßnahmen und Leistungen im Inland findet § 1358 des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung."

2. In Artikel 17b Absatz 2 wird nach Satz 2 folgender Satz angefügt:

"Auf Maßnahmen und Leistungen im Inland findet § 11 Absatz 3 des Lebenspartnerschaftsgesetzes in Verbindung mit § 1358 des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung."

Artikel 4
Änderung des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit

Das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2586, 2587), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. § 274 wird wie folgt geändert:

2. § 315 Absatz 4 wird wie folgt geändert:

Artikel 5
Änderung der Bundesnotarordnung

Die Bundesnotarordnung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 303-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, die zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. § 78 Absatz 2 Nummer 1 wird wie folgt geändert

2. In § 78a wird folgender Satz 2 angefügt:

"Des Weiteren dürfen Angaben über Widersprüche gegen eine Vertretung durch den Ehegatten oder Lebenspartner nach § 1358 des Bürgerlichen Gesetzbuchs aufgenommen werden."

Artikel 6
Änderung des Gesetzes über die Wahrnehmung behördlicher

Aufgaben bei der Betreuung Volljähriger

Das Gesetz über die Wahrnehmung behördlicher Aufgaben bei der Betreuung Volljähriger vom 12. September 1990, das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

§ 4 wird wie folgt geändert:

Artikel 7
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am [Einsetzen: erster Tag des siebten auf die Verkündung folgenden Monats] in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelung

Ist eine volljährige Person infolge einer Krankheit oder eines Unfalls nicht mehr in der Lage, ihre rechtlichen Angelegenheiten zu besorgen oder in medizinische Maßnahmen einzuwilligen, kennt das geltende Recht bislang zwei Instrumente, dem Betroffenen gleichwohl eine Teilnahme am Rechtsverkehr zu ermöglichen: das privatautonome Instrument der Vorsorgevollmacht oder - in Ermangelung einer solchen, bei Unzulänglichkeiten in ihrer Ausgestaltung oder in der Person des Bevollmächtigten - die Bestellung eines rechtlichen Betreuers durch gerichtliche Entscheidung. Außerhalb des Anwendungsbereichs dieser beiden Rechtsinstrumente und einiger weniger Regelungen, etwa der sogenannten Schlüsselgewalt nach § 1357 BGB, können auch Ehegatten und eingetragene Lebenspartner nicht mit rechtlicher Wirkung für ihren handlungsunfähigen Partner tätig werden oder Entscheidungen über Fragen der medizinischen Behandlung für diesen treffen.

Diese Rechtslage steht in einem Spannungsverhältnis zu der tatsächlich geleisteten Unterstützung und Verantwortung unter Partnern und zu den Erwartungen, welche die Gesellschaft, aber auch das Gesetz in § 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB, § 2 Satz 2 LPartG in Ehegatten und eingetragene Lebenspartner setzt.

Die Erteilung einer Vorsorgevollmacht setzt voraus, dass eine Person sich beizeiten Gedanken über Krankheit, Behinderung oder über die Möglichkeit eines plötzlichen schweren Unfalls macht und aktiv wird. Bis ins höhere Alter werden derartige Gedanken häufig verdrängt oder die hieraus ableitbaren Handlungen auf "später" verschoben. Dies hält selbst umsichtige Menschen davon ab, gerade für den Bereich der Gesundheitssorge rechtzeitig Vorsorge zu treffen. Während etwa die Erteilung gegenseitiger Kontovollmachten oder die Errichtung eines Gemeinschaftskontos unter Eheleuten oder Lebenspartnern bereits zu Beginn der Ehe oder Lebenspartnerschaft weit verbreitet ist, ist es nach wie vor nicht gleichermaßen üblich, sich bereits zu diesem Zeitpunkt gegenseitig eine Vorsorgevollmacht in Gesundheitsangelegenheiten zu erteilen. Die trotz intensiver Information und Werbung für die Vorsorgevollmacht in der Bevölkerung noch immer verbreitete Vorstellung, der eigene Ehepartner oder Lebenspartner könne im Ernstfall schon alles Notwendige regeln, erweist sich oft erst dann als unzutreffend, wenn es für eine selbstbestimmte Vorsorgeentscheidung zu spät ist.

Nach den Ergebnissen einer im Juli 2014 im Auftrag der Central Krankenversicherung durchgeführten repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts forsa unter 1006 Personen gehen 65 Prozent der Befragten davon aus, dass im Fall, dass eine volljährige Person aufgrund eines Unfalls oder einer schweren Erkrankung nicht mehr für sich selbst entscheiden kann, automatisch die nächsten Angehörigen für diese Person Entscheidungen treffen können1). Bei der Altersgruppe 18-29 unterlagen sogar 83 Prozent dieser (Fehl-)Vorstellung. Lediglich 26 Prozent der Befragten hatten eine Vorsorgevollmacht erteilt, in der Altersgruppe 18-29 waren es sogar nur 2 Prozent. Laut einer anderen empirischen Untersuchung von Sahm/Will (Ethik in der Medizin 2005, S. 7 ff.) würde die große Mehrheit der Befragten - über 80 % in der Gruppe der Gesunden und knapp 80 Prozent in der Gruppe der Krebspatienten - den Partner (Ehegatte, Lebenspartner) als Vorsorgebevollmächtigten bestimmen, noch vor sonstigen Angehörigen. Ebenfalls die große Mehrheit der Befragten vertrat die Ansicht, dass Angehörige und Ärzte gemeinsam über die medizinische Behandlung und ihren Abbruch entscheiden sollten. Nur die wenigsten wünschten die Beteiligung eines Richters an der Entscheidung.

§ 1897 Absatz 5 BGB nennt den Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartner neben anderen nahen Angehörigen ausdrücklich als in besonderem Maße für das Amt des rechtlichen Betreuers in Betracht kommende nahestehende Person, sofern der Betroffene keine anderweitige Bestimmung getroffen hat. Besonders in der ersten Zeit nach einem Unfall oder einer unerwarteten schweren Krankheit kann es für Betroffene und Angehörige gleichwohl eine zusätzliche erhebliche Belastung bedeuten, wenn es erst eines gerichtlichen Verfahrens auf Betreuerbestellung bedarf, um dem Ehegatten oder Lebenspartner auch in rechtlicher Hinsicht beistehen zu können.

II. Wesentlicher Inhalt des Entwurfs

Es soll für den Bereich der Gesundheitssorge und in der Fürsorge dienenden Angelegenheiten eine gesetzliche Annahme der Bevollmächtigung zwischen Ehegatten und Partnern einer eingetragenen Lebenspartnerschaft für den Fall geschaffen werden, dass der vertretene Ehegatte oder Lebenspartner bestimmte Angelegenheiten wegen Krankheit oder Behinderung nicht besorgen kann und weder im Rahmen einer ausdrücklichen Vorsorgevollmacht etwas anderes bestimmt noch einen entgegenstehenden Willen geäußert hat. Die gesetzliche Annahme der Bevollmächtigung zwischen Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern greift unter denselben tatbestandlichen Voraussetzungen, unter denen ansonsten eine Vertretung durch einen rechtlichen Betreuer gerechtfertigt wäre. Der als bevollmächtigt geltende Ehegatte oder Lebenspartner soll im Rahmen seiner Vertretungsbefugnisse denselben Bindungen und gerichtlichen Genehmigungserfordernissen unterliegen wie ein (ausdrücklich) Vorsorgebevollmächtigter. Die Bindung an den Willen und die Wünsche des Betroffenen ergibt sich aus dem Innenverhältnis. Eine über die allgemeine eheliche Beistandspflicht des § 1353 Absatz 1 Satz 2 BGB hinausgehende Verpflichtung des Partners zur Besorgung der Angelegenheiten des anderen Partners soll nicht begründet werden. Eine Betreuung für die genannten Angelegenheiten ist nach den allgemeinen Grundsätzen dann nicht erforderlich (§ 1896 Abs. 2 BGB), wenn der Ehegatte oder Lebenspartner auch tatsächlich bereit und in der Lage ist, seine Befugnisse zugunsten seines Partners so auszuüben, wie es dessen tatsächlichem oder mutmaßlichem Willen und dessen Wohl entspricht. Durch die gesetzliche Annahme der Bevollmächtigung unter Ehegatten und Lebenspartnern wird unter Achtung des Selbstbestimmungsrechts des Betroffenen dessen Handlungsfähigkeit im Rechtsverkehr gewährleistet und ein unter Umständen auch stigmatisierendes gerichtliches Verfahren vermieden.

Das vorgeschlagene Instrument ergänzt das bestehende Hilfesystem privater Vorsorge; staatliche Eingriffe werden auf das Erforderliche begrenzt. Die Rechtslage wird der soziokulturellen Wirklichkeit angenähert, in der - wie die bereits genannten Umfrageergebnisse auch empirisch belegen - sowohl der Wunsch vorherrscht, dass Partner bei krankheitsbedingter Entscheidungsunfähigkeit des einen füreinander entscheiden können sollen, und zwar ohne ein - im Übrigen für den Betroffenen im Grundsatz mit Kosten verbundenes - gerichtliches Verfahren, als auch die Vorstellung, dass dies bereits derzeit kraft Gesetzes möglich ist.

Die vorgeschlagene Regelung kann und soll das Instrument der ausdrücklich erteilten Vorsorgevollmacht nicht ersetzen. Ihre Begrenztheit folgt bereits aus ihrem engen Anwendungsbereich. Sie soll primär dem Wunsch und der Vorstellung des Betroffenen Rechnung tragen, dass sein Partner zumindest in der ersten Zeit nach einem Unfall oder einer schweren Erkrankung ohne gerichtliches Betreuungsverfahren die mit dem Krankheitsfall zusammenhängenden Angelegenheiten für ihn regeln kann. Bei einer länger andauernden Handlungsunfähigkeit wird - jedenfalls dann, wenn die Partner sich keine Kontovollmachten oder sonstige Vollmachten im Bereich der Vermögenssorge erteilt und dadurch zugleich ihr Vertrauen in den Anderen nach außen bestätigt haben - bei Fehlen einer (ausdrücklichen) Vorsorgevollmacht ein Betreuungsverfahren und die Bestellung eines Betreuers für die nicht von der Annahme der Bevollmächtigung erfassten Bereiche gleichwohl erforderlich werden. Im Rahmen eines solchen Verfahrens wird sodann automatisch auch die Eignung des Partners zur Besorgung der der Regelung unterfallenden

Angelegenheiten einer gerichtlichen Überprüfung unterzogen, was zugleich eine wirksame Sicherung gegen etwaigen Missbrauch darstellt. Das Missbrauchsrisiko wird aber auch bereits durch den beschränkten Anwendungsbereich der Regelung und die im gleichen Umfang wie bei der ausdrücklich erteilten Vorsorgevollmacht bestehenden Abstimmungserfordernisse mit dem behandelnden Arzt (§ 1901b BGB) sowie die gerichtlichen Einschreitmöglichkeiten von Amts wegen und Genehmigungserfordernisse minimiert. Bei Anhaltspunkten für Unzulänglichkeiten oder auch nur für eine Überforderung des vertretungsbefugten Partners kann jede Person zu jeder Zeit ein Betreuungsverfahren anregen oder die Betreuungsbehörde verständigen. Das Betreuungsgericht kann, wenn dies erforderlich ist, entweder einen Betreuer für die von der Regelung erfassten Angelegenheiten bestellen, wodurch die gesetzliche Annahme der Vertretungsbefugnis entfällt, oder auch lediglich eine Kontrollbetreuung nach § 1896 Absatz 3 BGB einrichten. Hiernach ist es auch nicht sinnvoll oder erforderlich, die Vertretungsbefugnis des Ehe- oder Lebenspartners zu befristen. Eine starre Fristbindung würde weder dem Willen der Betroffenen noch dem jeweiligen Einzelfall gerecht. Die Bestimmung des Fristbeginns stieße zudem auf kaum überwindbare praktische Schwierigkeiten.

Derjenige, der eine Vertretung durch seinen Ehegatten oder Lebenspartner im Vorsorgefall ablehnt, kann seinen entgegenstehenden Willen auf unterschiedliche Weise zum Ausdruck bringen: Er kann einer anderen Person eine Vorsorgevollmacht erteilen oder auch der Vertretung durch seinen Partner nur widersprechen. Der Partner hat einen ihm gegenüber geäußerten Widerspruch zu respektieren. Es besteht aber auch die Möglichkeit, einen entgegenstehenden Willen auf jede andere Weise niederzulegen, die geeignet ist, diesen im Vorsorgefall möglichen Erklärungsempfängern zur Kenntnis zu bringen (etwa im Rahmen einer Patientenverfügung), oder eine Vertrauensperson - beispielsweise weitere Angehörige oder den Hausarzt - damit zu beauftragen, diesem Willen bei Kenntnis vom Vorsorgefall Ausdruck und Geltung zu verschaffen.

Darüber hinaus soll künftig auch ein isolierter Widerspruch gegen die Vertretungsbefugnis des Ehegatten oder Lebenspartners im Zentralen Vorsorgeregister eintragungsfähig sein.

III. Alternativen keine IV. Gesetzgebungskompetenz

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes folgt aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Artikel 72 Absatz 1 des Grundgesetzes. Für die Änderungen des Betreuungsbehördengesetzes folgt die Gesetzgebungskompetenz zudem aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 7 GG (öffentliche Fürsorge) in Verbindung mit Artikel 72 Absatz 2 GG; eine bundesgesetzliche Regelung ist zur Wahrung der Rechtseinheitlichkeit erforderlich.

V. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen

Der Entwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union und den völkerrechtlichen Verträgen, die die Bundesrepublik Deutschland geschlossen hat, vereinbar.

Eine - durch Manifestation eines entgegenstehenden Willens abwendbare - Annahme der Bevollmächtigung des Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartners dient dem Selbstbestimmungsrecht der betroffenen Person auch im Lichte der UNBehindertenrechtskonvention. Die Regelung soll nur in Fällen greifen, in denen der Betroffene weder positiv entschieden hat, wer im Vorsorgefall für ihn und in seinem Sinne handeln und entscheiden soll, noch zum Ausdruck gebracht hat, dass der Ehegatte oder Lebenspartner hierfür nicht in Betracht kommt. Erst wenn weder eine positive noch eine negative ausdrückliche Willensbekundung ersichtlich ist, stellt sich die Frage, was die betroffene Person vermutlich gewollt hätte: Die bereits zitierten Umfragen stützen die Annahme, dass sie ihren Ehegatten oder Lebenspartner (außer im Fall des Getrenntlebens) mit der Besorgung ihrer Angelegenheiten betraut wissen möchte und insoweit auch als betraut ansieht und zudem nicht gewünscht hätte, dass hierfür das (Betreuungs-)Gericht eingeschaltet wird. Dass das Betreuungsgericht jederzeit von Amts wegen ein Verfahren einzuleiten und erforderlichenfalls eine andere Person zum Betreuer zu bestellen hat, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Vertretung durch den Ehegatten oder Lebenspartner den Wünschen oder dem Wohl des Betroffenen zuwiderläuft oder der Partner hierbei schlicht überfordert ist, bietet - im Zusammenspiel mit den im gleichen Umfang wie bei der Vorsorgevollmacht geltenden gerichtlichen Genehmigungsvorbehalten und der Bindung an den Willen und die Wünsche des Betroffenen - zugleich eine wirksame und ausreichende Sicherung.

VI. Gesetzesfolgen

1. Rechts- und Verwaltungsvereinfachung

Durch die gesetzliche Annahme der Bevollmächtigung zugunsten des Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartners werden in den Bereichen, in denen die Regelung greift und die Einrichtung einer rechtlichen Betreuung nicht aus sonstigen Gründen erforderlich wird (etwa weil der Ehegatte oder Lebenspartner nicht bereit oder nicht in der Lage ist, für seinen Partner im Umfang seiner Befugnisse tätig zu werden), gerichtliche Betreuungsverfahren und gerichtliche Betreuerbestellungen vermieden.

2. Nachhaltigkeitsaspekte

Nachhaltigkeitsaspekte werden durch die Regelung nicht berührt.

3. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Keine.

4. Erfüllungsaufwand

Für Bürgerinnen und Bürger entstehen keine mit einem Mehraufwand verbundenen Pflichten. Soweit durch die Beistandsmöglichkeiten unter Ehegatten die Einrichtung einer Betreuung vermieden wird, werden die Betroffenen und ihre Angehörigen von den Kosten und dem Aufwand eines Betreuungsverfahrens entlastet. Für Ärzte, Einrichtungen, Sozialleistungsträger, Krankenversicherer sowie für Betreuungsvereine und ihre Mitarbeiter entsteht allenfalls ein geringfügiger zusätzlicher Schulungsaufwand, um sich mit der Neuregelung vertraut zu machen. Gleiches gilt für die Betreuungsbehörden, die wie die Betreuungsvereine die Aufgabe haben, auch Bevollmächtigte bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu beraten und zu unterstützen und die Bevölkerung über Vorsorgevollmachten und damit zusammenhängende Fragen zu informieren. Eine weitergehende Mehrbelastung ist von der Beratung und Unterstützung der als bevollmächtigt geltenden Ehegatten und Lebenspartner nicht zu erwarten, da in den von der Neuregelung betroffenen Fällen bislang in der Regel ein rechtlicher Betreuer (nicht selten gerade der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner) bestellt werden muss, der seinerseits Beratung und Unterstützung durch die Betreuungsbehörden und Betreuungsvereine beanspruchen kann. Soweit durch die Neuregelung künftig Betreuungsverfahren vermieden werden können, trägt dies wiederum zu einer Entlastung der Gerichte und Betreuungsbehörden bei.

5. Weitere Kosten

Auswirkungen auf die Wirtschaft, auf Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.

6. Weitere Gesetzesfolgen

Weitere Regelungsfolgen, insbesondere Auswirkungen gleichstellungs- oder verbraucherpolitischer Bedeutung oder demografische Auswirkungen sind ebenfalls nicht zu erwarten. Eine Verdrängung der Vorsorgevollmacht ist mit der vorgeschlagenen Regelung weder intendiert noch real zu befürchten. Die Vorsorgevollmacht ist und bleibt das Instrument der Wahl, um selbstbestimmt darüber entscheiden zu können, wer im Falle des Verlusts der eigenen Handlungs- und Einwilligungsfähigkeit handeln und entscheiden soll. Neben den Notaren und rechtsberatenden Berufen kommt hier vor allem den Betreuungsbehörden und anerkannten Betreuungsvereinen die wichtige Aufgabe zu, die Bevölkerung im Rahmen der Querschnittsarbeit über dieses unverzichtbare Instrument privater Vorsorge zu informieren. Bürgerinnen und Bürgern, die sich Gedanken zu Fragen der Vorsorge machen und für Informationen über die diesbezüglichen rechtlichen Möglichkeiten zugänglich sind, dürften dabei die Vorzüge einer ausdrücklich erteilten Vorsorgevollmacht gegenüber einer auf wenige Bereiche begrenzten gesetzlichen Annahme der Bevollmächtigung einleuchten oder jedenfalls ohne Weiteres nahe zu bringen sein. Auf diese Vorzüge sollte auch in den im Zuge einer Gesetzesänderung anzupassenden Broschüren des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz und der Landesjustizverwaltungen nachdrücklich hingewiesen werden. Die Bevölkerungskreise, die bislang durch die Werbung für die Vorsorgevollmacht erreicht werden können, werden mithin bei unverminderter Werbung und Information auch weiterhin erreicht werden können, insbesondere wenn sie darüber aufgeklärt werden, dass sich eine Vorsorgevollmacht wegen der begrenzten Reichweite der gesetzlichen Annahme der Bevollmächtigung unter Ehegatten und Lebenspartnern nach wie vor als vorrangiges Mittel zur Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechts empfiehlt.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs - BGB)

Zu Nummer 1 (§ 1358 BGB-E)

Zu Absatz 1

§ 1358 Absatz 1 BGB-E regelt zunächst die Voraussetzungen, unter denen der Ehegatte als zur Besorgung der im nachfolgenden Katalog näher umschriebenen Angelegenheiten bevollmächtigt gilt. Die gesetzliche Annahme der Bevollmächtigung steht der rechtsgeschäftlichen Bevollmächtigung gleich.

Die Regelung greift lediglich in dem Umfang, in dem der betroffene Ehegatte aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung die in den Nummern 1 bis 5 näher aufgeführten Angelegenheiten nicht besorgen kann. Diese Voraussetzung entspricht bewusst der Voraussetzung in § 1896 Absatz 1 Satz 1 BGB für die Einrichtung einer Betreuung.

Der Ehegatte gilt nur dann als bevollmächtigt, wenn der andere Ehegatte keiner anderen Person eine Vorsorgevollmacht zur Wahrnehmung der nachgenannten Angelegenheiten erteilt hat und nicht auf andere Weise einen der Bevollmächtigung entgegenstehenden Willen zum Ausdruck gebracht hat, sei es aktuell in der konkreten Situation mit natürlichem Willen, sei es zu einem früheren Zeitpunkt, etwa im Rahmen einer Betreuungs- oder Patientenverfügung, direkt gegenüber seinem Ehegatten, einer Vertrauensperson (z.B. einem anderen nahen Angehörigen oder seinem Hausarzt), dem behandelnden Arzt oder derjenigen Einrichtung oder Stelle, gegenüber der die Annahme der Bevollmächtigung im Rechtsverkehr greifen würde. Als Manifestation eines entgegenstehenden Willens wird regelmäßig auch eine Betreuungsverfügung anzusehen sein, in der eine andere Person als gewünschter Betreuer für die Angelegenheiten nach Absatz 1 benannt oder verfügt wird, dass der Ehegatte oder Lebenspartner für diese Angelegenheiten oder generell nicht zum Betreuer bestellt werden soll. Hat der andere Ehegatte seinen entgegenstehenden Willen nur Dritten gegenüber geäußert, aber seinem Partner gegenüber nicht offenbart, sind dieser und der Rechtsverkehr durch die Bestimmung in Absatz 3 (dazu unten) hinreichend geschützt.

Die Regelung soll des Weiteren nicht greifen, soweit für den anderen Ehegatten bereits eine rechtliche Betreuung für die in § 1358 Absatz 1 BGB-E genannten Angelegenheiten eingerichtet ist. Ein Nebeneinander von gesetzlich angenommener Bevollmächtigung und Betreuung für dieselbe Angelegenheit soll vermieden werden.

Die Annahme der Bevollmächtigung soll ferner nicht gelten, wenn die Ehegatten im Sinne von § 1567 Absatz 1 BGB getrennt leben (Satz 2). Hierfür genügt nicht, dass zwischen den Eheleuten keine häusliche Gemeinschaft (mehr) besteht, etwa weil ein Ehegatte zwischenzeitlich in einem Heim lebt, sondern es muss ein Trennungswille hinzukommen, der voraussetzt, dass ein Ehegatte die häusliche Gemeinschaft erkennbar nicht mehr herstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt. Der Aufenthalt eines Ehegatten ohne den Partner in einem Heim oder in einer sonstigen Einrichtung führt hiernach nicht zu einem Getrenntleben im Sinne der Bestimmung.

Zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 1

Nummer 1 erfasst den Fall der Einwilligung oder Nichteinwilligung in Untersuchungen des Gesundheitszustandes, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe für den einwilligungsunfähigen Ehegatten. Bereits aus § 630d Absatz 1 BGB folgt, dass es nur dann auf die Einwilligung des Partners ankommt, wenn der betroffene Ehegatte selbst einwilligungsunfähig ist und sein Wille auch nicht aus einer auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutreffenden Patientenverfügung hervorgeht. Hierüber hat sich der behandelnde Arzt stets ein eigenes Bild zu machen. Bei Einwilligungsunfähigkeit des Betroffenen ist sein Ehegatte oder eingetragener Lebenspartner unter den Voraussetzungen des Absatz 1 "Berechtigter" im Sinne von § 630d Absatz 1 Satz 2 BGB, so dass er gemäß § 630e Absatz 4 in Verbindung mit Absatz 1 bis 3 BGB durch den Arzt aufzuklären ist. Gemäß § 630e Absatz 5 BGB hat der Arzt daneben auch dem einwilligungsunfähigen Ehegatten selbst die für die Behandlungsentscheidung wesentlichen Umstände im Sinne von § 630e Absatz 1 BGB (Art, Umfang, Durchführung, zu erwartende Folgen und Risiken der Maßnahme sowie ihre Notwendigkeit, Dringlichkeit, Eignung und Erfolgsaussichten einschließlich etwaiger Alternativen) zu erläutern, soweit dieser in der Lage ist, die Erläuterungen aufzunehmen und dies seinem Wohl nicht zuwiderläuft. Eine Behandlung gegen den natürlichen Willen des einwilligungsunfähigen Ehegatten auf Grundlage von § 1358 BGB-E ist ausgeschlossen, was schon daraus folgt, dass die Regelung nicht zur freiheitsentziehenden Unterbringung nach § 1906 Absatz 1 BGB berechtigt. Dadurch wird das Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen gewahrt.

Zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2

Wollte man die Beistandsmöglichkeiten des Ehegatten auf den engen Bereich der Einwilligung bzw. Nichteinwilligung in ärztliche Maßnahmen beschränken, so wäre ihm und seinem Partner nicht nachhaltig geholfen, wenn binnen kürzester Zeit gleichwohl die Einrichtung einer Betreuung zur Regelung der diesen Maßnahmen zugrunde liegenden Rechtsgeschäfte notwendig würde. Der Ehegatte oder Lebenspartner soll auch in die Lage versetzt werden, für seinen Partner ärztliche Behandlungsverträge und sonstige Verträge im Rahmen der Gesundheitssorge (Krankenhausvertrag, Vertrag mit der Rehabilitationsklinik, Verträge mit Anbietern von Pflegeleistungen oder Leistungen zur medizinischen Rehabilitation) abzuschließen oder zu kündigen und dessen Rechte gegenüber den Erbringern solcher Leistungen wahrzunehmen. Einige dieser Geschäfte - namentlich Verträge über unaufschiebbare ärztliche Behandlungen - mögen nach der Rechtsprechung zu § 1357 BGB bereits durch die sogenannte "Schlüsselgewalt" abgedeckt sein, auch wenn hiervon in erster Linie Geschäfte erfasst sind, die der handelnde Ehegatte jedenfalls auch in eigenem Namen schließt und durch die der nicht handelnde Ehegatte lediglich mitverpflichtet wird.

§ 1357 BGB setzt zudem grundsätzlich voraus, dass es sich nach Art, Umfang und Wichtigkeit um ein Geschäft handelt, über das sich die Eheleute nicht vorher zu verständigen pflegen, was bei Geschäften, die wie hier gerade die Person des anderen, nicht handelnden Ehegatten betreffen, kaum jemals der Fall sein wird. Eine Ausnahme bilden nach der Rechtsprechung nur notwendige und unaufschiebbare Geschäfte. Anwendungsbereich und Reichweite des § 1357 BGB sollen durch die Neuregelung in § 1358 BGB nicht eingeschränkt werden. Die Neuregelung entbindet den handelnden Ehegatten und den Rechtsverkehr jedoch im Einzelfall von der Prüfung der Frage, ob es sich um ein Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie handelt.

Nicht von Nummer 2 erfasst ist - anders als insbesondere die Veranlassung einer stationären Kurzzeitpflege - der Abschluss oder die Kündigung eines Vertrags, der neben Pflege- und Betreuungsleistungen die von vornherein auf Dauer angelegte Zurverfügungstellung von Wohnraum zum Gegenstand hat und mit einem dauerhaften Wechsel des Lebensmittelpunktes des vertretenen Ehegatten verbunden wäre. Denn ein solcher Vertrag dient neben der Pflege und Betreuung maßgeblich der Überlassung von Wohnraum und betrifft so neben der Gesundheitssorge auch die Kernbereiche der Aufenthaltsbestimmung und Wohnungsangelegenheiten. Von Nummer 2 erfasst sind demgegenüber Vereinbarungen über Pflege- und Betreuungsleistungen oder deren konkrete Ausgestaltung im Fall eines bereits bestehenden Wohn- und Betreuungsvertrags und die Wahrnehmung der Rechte des vertretenen Ehegatten gegenüber den Erbringern dieser Leistungen.

Zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 3

Die Annahme der Bevollmächtigung soll sich des Weiteren auf unterbringungsähnliche Maßnahmen nach § 1906 Absatz 4 BGB erstrecken. Diese unterliegen den Voraussetzungen des § 1906 Absatz 1 (krankheitsbedingte Eigengefährdung sowie Einwilligungs- bzw. Einsichtsunfähigkeit) sowie gemäß § 1906 Absatz 2 BGB dem Richtervorbehalt. In vielen akuten Fällen (etwa nach einem Unfall oder Schlaganfall) werden Maßnahmen zum Schutz des Patienten erforderlich. Dabei handelt es sich nicht stets nur um vorübergehende Sicherungsmaßnahmen, die nicht dem Anwendungsbereich des § 1906 Absatz 4 BGB unterfallen, der eine regelmäßige Freiheitsentziehung oder eine solche über einen längeren Zeitraum verlangt. Ein längerer Zeitraum wird von Praxis und Literatur schon ab Zeitspannen von ein bis drei Tagen angenommen (Jürgens, Betreuungsrecht, 5. Auflage 2014, § 1906 BGB Rn. 48; Knittel, Betreuungsrecht, Stand 15. Juli 2013, § 1906 Rn. 191; Bienwald/Sonnenfeld/Hoffmann, Betreuungsrecht, 5. Auflage 2011, § 1906 BGB Rn. 74). Postoperative Delirzustände können durchaus länger andauern. Auch bei Schlaganfallpatienten können gerade in der ersten Zeit Sicherungsmaßnahmen zum Teil über einen längeren Zeitraum oder auch regelmäßig nachts erforderlich werden. Wollte man den Bereich des § 1906 Absatz 4 BGB ausnehmen, stünde zu erwarten, dass bereits aufgrund der Unsicherheiten bei der Abgrenzung (noch vorübergehende Sicherheitsmaßnahme oder schon freiheitsentziehende Maßnahme im Sinne von § 1906 Absatz 4 BGB?) viele Krankenhäuser im Zweifel eine (Eil-)Betreuung anregen. Der Schutz des einwilligungsunfähigen Ehegatten wird dadurch gewährleistet, dass die Maßnahme durch das Betreuungsgericht zu genehmigen ist und somit unabhängig von der Einrichtung einer Betreuung neutral durch das Gericht überprüft wird, wodurch ein Missbrauch ausgeschlossen ist.

Eine freiheitsentziehende Unterbringung nach § 1906 Absatz 1 BGB ist auf Grundlage des § 1358 BGB-E hingegen nicht möglich, so dass auch eine ärztliche Zwangsbehandlung nach § 1906 Absatz 3 BGB nicht in Betracht kommt.

Zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 4

Der Ehegatte soll auch in die Lage versetzt werden, notwendige Hilfen zeitnah in die Wege zu leiten und für den anderen Ehegatten Ansprüche geltend zu machen, die diesem aus Anlass von Krankheit, Behinderung, Pflegebedürftigkeit oder damit einhergehender Hilfebedürftigkeit zustehen. Von Nummer 4 erfasst sind insbesondere sozialrechtliche Ansprüche gegen die Träger der gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- oder Unfallversicherung, auch solche wegen krankheits- oder behinderungsbedingter Arbeits- oder Erwerbsunfähigkeit, und sozialhilferechtliche Ansprüche aufgrund eines mit der Krankheit, Behinderung oder Pflegebedürftigkeit zusammenhängenden Hilfebedarfs. Ebenso erfasst sind Ansprüche gegen private Versicherer und beamtenrechtliche Beihilfeansprüche. Auch hier gilt, dass dem Betroffenen und seinen Angehörigen wenig gedient wäre, wenn der Ehegatte zwar in die medizinische Behandlung seines einwilligungsunfähigen Partners einwilligen, den Behandlungsvertrag und den Vertrag mit der Rehabilitationsklinik für ihn schließen könnte, aber nicht auch zeitnah Sozial-, Versicherungs- und Beihilfeleistungen geltend machen könnte, die diese Maßnahmen meist erst ermöglichen und finanzieren. Der Ehegatte soll dabei nicht nur die erforderlichen Anträge stellen und seinen Partners gegenüber den Versicherern und Leistungsträgern vertreten können, sondern auch befugt sein, die Ansprüche seines Partners im rechtlich zulässigen Rahmen an Erbringer von medizinischen Leistungen, Pflege- oder Rehabilitationsleistungen abzutreten oder Zahlung an diese zu verlangen.

Zu denken ist hier etwa an eine Abtretung von Ansprüchen gegen die private Krankenversicherung zur Ermöglichung der Direktabrechnung durch das Krankenhaus oder an die Abtretung von Ansprüchen auf Sozialleistungen in den Grenzen des § 53 SGB I. Beamtenrechtliche Beihilfeordnungen schließen zwar oftmals eine Abtretung des Beihilfeanspruchs aus, lassen aber in begründeten Ausnahmefällen eine Überweisung auf ein anderes als das Bezügekonto des Beihilfeberechtigten zu. Dies kann etwa dann relevant werden, wenn der Ehegatte nicht Mitkontoinhaber des Bezügekontos ist und auch über keine diesbezügliche Bankvollmacht verfügt und daher ausnahmsweise eine Direktüberweisung an das Krankenhaus begehrt.

Dagegen beinhaltet die Vertretungsbefugnis nach Nummer 4 keine allgemeine Inkassovollmacht, so dass der Ehegatte, der keine Verfügungsbefugnis über ein Gemeinschaftskonto hat und dem sein Partner keine Kontovollmacht erteilt hat, keine Auszahlung an sich selbst verlangen kann. Hierdurch wird zugleich die Missbrauchsgefahr minimiert. Dass in Abwesenheit von entsprechenden Kontozugriffsmöglichkeiten unter Umständen früher ein Betreuungsverfahren notwendig werden könnte, ist hierbei in Kauf zu nehmen.

Zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 5

Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 ergänzt die vorhergehenden Nummern um die notwendige Befugnis des Ehegatten, zur Wahrnehmung der Angelegenheiten nach den Nummern 1 bis 4 auch die Post des anderen Ehegatten entgegenzunehmen und zu öffnen. In das Briefgeheimnis des Artikel 10 Grundgesetz wird hierdurch nicht eingegriffen.

Zu Absatz 2

Absatz 2 ist rein deklaratorischer Natur, da sein Inhalt bereits aus der Bevollmächtigtenstellung des Ehegatten in Gesundheitsangelegenheiten folgt. Damit der Ehegatte die Angelegenheiten nach Absatz 1 verantwortungsvoll wahrnehmen kann, ist es erforderlich, dass er von den behandelnden Ärzten und anderen Berufsgeheimnisträgern Informationen über den Gesundheitszustand des anderen Ehegatten erlangen und diese Informationen zur Geltendmachung von Ansprüchen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 auch an Dritte weitergeben kann. Absatz 2 stellt daher klar, dass unter den Voraussetzungen des Absatz 1 und zur Wahrnehmung der dort genannten Angelegenheiten behandelnde Ärzte und andere Berufsgeheimnisträger von ihrer Schweigepflicht gegenüber dem Ehegatten entbunden sind und dass dieser Krankenunterlagen einsehen und deren Herausgabe an Dritte bewilligen kann. Des Weiteren wird in Absatz 2 Satz 2 klargestellt, dass der handlungsbefugte Ehegatte seinerseits die behandelnden Ärzte von ihrer Schweigepflicht gegenüber Dritten, insbesondere gegenüber Sozialleistungsträgern, entbinden kann, wenn der andere Ehegatte hierzu mangels Einwilligungsfähigkeit nicht selbst in der Lage ist.

Zu Absatz 3

Absatz 3 dient dem Schutz des Rechtsverkehrs und indirekt auch des gutgläubigen Ehegatten. Behandelnde Ärzte und Einrichtungen, Vertragspartner und für die Gewährung von Ansprüchen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 zuständige Stellen sollen auf eine Erklärung des handelnden Ehegatten, dass er mit dem anderen Ehegatten verheiratet ist, nicht getrennt lebt und dass ihm weder das Vorliegen einer Vollmacht oder das Bestehen einer Betreuung noch ein entgegenstehender Wille des anderen Ehegatten bekannt ist, grundsätzlich vertrauen können, es sei denn, dass sie das Fehlen der Voraussetzungen des Absatz 1 kennen oder kennen müssen. Dies entspricht dem Sorgfaltsmaßstab des § 173 BGB. Den Erklärungsempfänger trifft dabei keine über die eigene Organisation, deren Kreis an "Wissensvertretern" und die dort vorhandenen Unterlagen, hinausgehende Nachforschungspflichten, solange die ihm erkennbaren Umstände keinen Anlass zu berechtigten Zweifel etwa daran geben, dass die Annahme der Bevollmächtigung dem Willen des anderen Ehegatten entspricht. Ohne Anhaltspunkte für einen entgegenstehenden Willen ist er auch nicht gehalten, das Betreuungsgericht zu verständigen und eine Überprüfung anzuregen, ob im zentralen Vorsorgeregister eine Vorsorgevollmacht oder ein isolierter Widerspruch eingetragen ist.

Bei Hinweisen auf das Vorliegen einer Patientenverfügung wird der behandelnde Arzt sich darum bemühen, diese einsehen zu können. Lässt die Verfügung auf einen der Vertretung durch den Ehegatten oder Lebenspartner entgegenstehenden Willen schließen, hat der Arzt dies zu beachten und erforderlichenfalls das Betreuungsgericht einzuschalten.

Die Erklärung des Ehegatten ist von Gesetzes wegen an keine bestimmte Form gebunden.

Zu Dokumentations- oder Beweiszwecken kann es sich empfehlen, die Erklärung schriftlich oder in Textform festzuhalten.

Während sich der behandelnde Arzt, was aber bereits aus § 630d Absatz 1 BGB folgt, stets selbst von der Einwilligungsunfähigkeit seines Patienten überzeugen muss, bevor er auf die Einwilligung eines "Berechtigten" nach § 630d Absatz 1 Satz 2 BGB zurückgreift, ist bei Vertragspartnern und sonstigen Stellen im Sinne von Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 4 nicht zwingend stets gewährleistet, dass diese selbst über Informationen oder Krankenunterlagen verfügen, aus denen sich die krankheitsbedingte Unfähigkeit des betroffenen Ehegatten zur Besorgung der jeweiligen Angelegenheit ergibt. Absatz 3 sieht daher vor, dass in diesem Fall die Erleichterung zugunsten des Rechtsverkehrs nur eingreift, wenn der handelnde Ehegatte zusätzlich ein ärztliches Zeugnis über den Zustand seines Partners vorlegt, das nicht älter als sechs Monate sein darf. Der Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses bedarf es nicht, sofern die betreffende Person oder Stelle die Unfähigkeit des anderen Ehegatten zur Besorgung der Angelegenheiten nach Absatz 1 Satz 1 nach den ihr vorliegenden Informationen selbst beurteilen kann. Dies dürfte insbesondere bei Behandlungsverträgen mit Ärzten und Krankenhäusern der Fall sein.

Einer entsprechenden Regelung zur Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses auch für die Fälle des Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bedarf es nicht. Unabhängig von den Voraussetzungen des § 1358 Absatz 1 BGB-E müssen für eine Maßnahme nach § 1904 Absatz 4 BGB stets auch die Voraussetzungen des § 1906 Absatz 1 BGB (krankheitsbedingte Eigengefährdung und Einwilligungs- bzw. Einsichtsunfähigkeit) vorliegen. Im Rahmen des gerichtlichen Genehmigungsverfahrens muss bereits nach § 321 Absatz 2 FamFG ein ärztliches Zeugnis eingeholt werden. Wird die Maßnahme ausnahmsweise, weil mit ihrem Aufschub Gefahr verbunden ist, vorübergehend ohne gerichtliche Genehmigung durchgeführt, muss sich die an der Maßnahme mitwirkende Person oder Einrichtung schon zur Vermeidung straf- oder haftungsrechtlicher Konsequenzen stets ein eigenes Bild von den Voraussetzungen des § 1906 Absatz 1 BGB machen.

Durch die Regelung in Absatz 3 wird einerseits dem Ehegatten mit relativ einfachen Mitteln ermöglicht, für den anderen Ehegatten zu handeln. Andererseits werden die berechtigten Interessen des Erklärungsempfängers hinreichend abgesichert. Aus besonderen Gründen bestehende Sicherungsbedürfnisse des anderen Ehegatten werden dadurch gewahrt, dass er auch durch eine entgegenstehende Willensäußerung gegenüber den (zu erwartenden) Erklärungsempfängern oder gegenüber einer Vertrauensperson, die er zugleich damit beauftragt, die behandelnden Ärzte oder andere in Betracht kommende Erklärungsempfänger im Vorsorgefall zu informieren, die Vertretungsbefugnis seines Ehegatten ausschließen kann. Eine Vertrauensperson, die vom Vorsorgefall erfährt und Kenntnis von einer im zentralen Vorsorgeregister registrierten Vorsorgevollmacht oder von einem dort registrierten Widerspruch hat, kann jederzeit über das Betreuungsgericht eine Klärung herbeiführen.

Zu Absatz 4

Durch die in Satz 1 festgelegte entsprechende Anwendung der §§ 1901a und 1901b sowie von § 1904 Absatz 1 bis 4 BGB wird der als bevollmächtigt geltende Ehegatte den gleichen Bindungen unterworfen wie ein (ausdrücklich) Vorsorgebevollmächtigter. Dem in einer wirksamen Patientenverfügung niedergelegten Willen seines Partners hat er Ausdruck und Geltung zu verschaffen, wenn die Festlegungen in der Patientenverfügung auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutreffen. Liegt keine Patientenverfügung vor oder treffen die Festlegungen darin nicht auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zu, hat der Ehegatte die Behandlungswünsche oder den mutmaßlichen Willen seines Partners festzustellen und auf dieser Grundlage zu entscheiden. Bei der Ermittlung des mutmaßlichen Willens hat er insbesondere auch frühere Äußerungen, ethische und religiöse Überzeugungen und sonstige Wertvorstellungen seines Partners zu berücksichtigen (§ 1901a Absatz 2 Satz 3 BGB). Der behandelnde Arzt hat zuvor nach § 1901b BGB die medizinisch indizierten Maßnahmen unter Berücksichtigung des Patientenwillens mit dem Ehegatten zu erörtern.

§ 1904 Absatz 1 bis 4 BGB regelt wie für den Betreuer oder Vorsorgebevollmächtigten, unter welchen Voraussetzungen die Entscheidung des Ehegatten der Genehmigung des Betreuungsgerichts bedarf.

Satz 2 regelt das übrige Innenverhältnis zwischen den Ehegatten. Der Ehegatte ist nicht verpflichtet, für den anderen Ehegatten im Rahmen des Absatz 1 tätig zu werden. Sieht sich der Ehegatte hierzu nicht in der Lage oder scheut er die Verantwortung, kann sich lediglich aus der allgemeinen ehelichen Verantwortung nach § 1353 Absatz 1 Satz 2 BGB die Verpflichtung ergeben, die Betreuungsbehörde oder das Betreuungsgericht zu informieren, wenn nicht bereits eine andere Stelle dafür Sorge trägt, dass die Erforderlichkeit einer rechtlichen Betreuung geprüft wird.

Übernimmt der Ehegatte jedoch die Besorgung der Angelegenheiten nach Absatz 1, so findet auf das Innenverhältnis der Ehegatten, soweit diese nichts anderes vereinbart haben, das Recht des Auftrags (§§ 662 ff. BGB) Anwendung. Das der Annahme der Bevollmächtigung zugrundeliegende Innenverhältnis ist mithin - wie regelmäßig auch bei einer ausdrücklich erteilten Vorsorgevollmacht für bedeutsame Angelegenheiten wie solche der Gesundheitssorge - kein reines Gefälligkeitsverhältnis.

Der Verweis auf die Auftragsregeln gewährleistet zugleich - auch über den Anwendungsbereich der §§ 1901a, 1901b BGB hinaus - eine strikte Bindung an den Willen und die Wünsche und, sofern ein tatsächlicher Wille nicht ermittelt werden kann, an den mutmaßlichen Willen des verhinderten Ehegatten. Von früheren Weisungen seines Partners kann der handelnde Ehegatte nach § 665 BGB nur abweichen, wenn er den Umständen nach annehmen kann, dass der andere Ehegatte bei Kenntnis der Sachlage die Abweichung billigen würde und dessen Entschließung nicht abgewartet werden kann, weil mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist. Auch im Übrigen darf sich der handelnde Ehegatte nicht an rein objektiven Maßstäben oder an seiner eigenen Vorstellung davon orientieren, was dem Wohl seines Partners entspricht.

Zu Nummer 2 (Änderung von § 1908f Absatz 1 BGB)

Zu Buchstabe a

Anerkannte Betreuungsvereine beraten und unterstützen bereits nach geltendem Recht nicht nur ehrenamtliche Betreuer, sondern auch Vorsorgebevollmächtigte bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben. Dass ein Ehegatte oder Lebenspartner im Anwendungsbereich des § 1358 BGB-E einem Bevollmächtigten gleichsteht und mithin auch den Rat und die Unterstützung der Betreuungsvereine in Anspruch nehmen kann, folgt an sich bereits aus der Formulierung "gilt als bevollmächtigt". Die Ergänzung in § 1908f Absatz 1 Nummer 2 BGB ist lediglich klarstellender Natur.

Zu Buchstabe b

Im Rahmen der Information über Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen soll anerkannten Betreuungsvereinen künftig auch die Aufgabe zukommen, Bürger über Reichweite und Grenzen der Vertretungsbefugnis nach § 1358 BGB zu informieren. Es gilt dabei, insbesondere auf den beschränkten Anwendungsbereich der Regelung hinzuweisen, welche eine Vorsorgevollmacht keinesfalls entbehrlich macht.

Zu Artikel 2 (Änderung des Lebenspartnerschaftsgesetzes)

In § 11 Lebenspartnerschaftsgesetz soll geregelt werden, dass § 1358 BGB für den Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft entsprechend gilt.

Zu Artikel 3 (Änderung des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche)

Zu Nummer 1

Artikel 14 EGBGB wird im Interesse des Rechtsverkehrs, aber auch im Interesse der Ehegatten dahingehend ergänzt, dass § 1358 BGB in Bezug auf Maßnahmen und Leistungen im Inland auch für Ehegatten gelten soll, deren Ehe hinsichtlich der allgemeinen Ehewirkungen ausländischem Recht unterliegt.

Zu Nummer 2

Ebenso soll bei Maßnahmen und Leistungen im Inland § 11 Absatz 3 LPartG in Verbindung mit § 1358 BGB auch für eingetragene Lebenspartnerschaften gelten, deren allgemeine Wirkungen dem Recht eines anderen Staates unterliegen.

Zu Artikel 4 (Änderung des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit)

Der Ehegatte bzw. Lebenspartner ist bisher im Betreuungs- und Unterbringungsverfahren nicht zwingend zu beteiligen. Er gehört nur zum Kreis der sog. "Kann-Beteiligten" die das Gericht am Verfahren unter bestimmten Voraussetzungen beteiligen kann, aber nicht zwingend beteiligen muss. Im Hinblick auf die materiellrechtliche Stärkung der Stellung des Ehegatten bzw. Lebenspartners ist es geboten, seine Stellung auch im Verfahren zu stärken.

Zu Nummer 1 (Änderung des § 274 FamFG)

Mit der Neuregelung wird eine Betreuung in bestimmten Bereichen nicht mehr erforderlich sein. Insoweit wird künftig der Ehegatte bzw. Lebenspartner handlungsbefugt sein. Es ist von daher geboten, ihn auch im Betreuungsverfahren zum sog. "Muss-Beteiligten" zu machen. Er muss die Möglichkeit bekommen, durch seine zwingende Beteiligung im Verfahren bei der Frage der Erforderlichkeit einer Betreuung gehört zu werden und ggf. auch gegen eine gerichtliche Entscheidung Rechtsmittel einzulegen.

Zu Nummer 2 (Änderung des § 315 FamFG)

Mit § 1358 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 BGB-E wird dem Ehegatten bzw. Lebenspartner auch die Befugnis eingeräumt, über Maßnahmen nach § 1906 Absatz 4 BGB zu entscheiden und die betreuungsgerichtliche Genehmigung hierfür einzuholen. Bisher ist er in diesen Verfahren nur "Kann-Beteiligter". Da insoweit künftig seine materiellrechtlichen Befugnisse erweitert werden, ist es auch geboten, seine verfahrensrechtliche Stellung dahingehend zu ändern, dass er in den Verfahren auf Genehmigung von unterbringungsähnlichen Maßnahmen nach § 1906 Absatz 4 BGB zwingend zu beteiligen ist.

Zu Artikel 5 (Änderung der Bundesnotarordnung)

Wünscht eine Person keine Vertretung durch ihren Ehegatten oder Lebenspartner, hat sie in erster Linie die Möglichkeit, einer anderen Person eine Vorsorgevollmacht zu erteilen und die Vollmacht im Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer registrieren zu lassen. Sie kann ihren entgegenstehenden Willen auch im Rahmen einer ebenfalls schon nach geltendem Recht registrierungsfähigen Betreuungsverfügung zum Ausdruck bringen. Zusätzlich soll jedoch die Möglichkeit geschaffen werden, auch einen isolierten Widerspruch gegen die Vertretung durch den Ehegatten oder Lebenspartners im Zentralen Vorsorgeregister eintragen zu lassen. Zwar haben nur die Betreuungsgerichte Zugriff auf das Register. Behandelnde Ärzte und sonstige Erklärungsempfänger nach § 1358 BGB-E sollen auch nicht etwa verpflichtet sein, sich stets beim Betreuungsgericht zu erkundigen,

ob ein Widerspruch eingetragen ist. Wird das Betreuungsgericht jedoch eingeschaltet, weil gewichtige Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Vertretung durch den Ehegatten oder Lebenspartner nicht im Sinne des Betroffenen ist oder weil ein Dritter (z.B. ein anderer Angehöriger) geltend macht, dass der Betroffene der Vertretung durch seinen Partner widersprochen habe, kann die Registrierungsmöglichkeit eine Klärung erleichtern. Ist ein Widerspruch nicht registriert, bedeutet dies freilich nicht, dass die Äußerung eines entgegenstehenden Willens nicht auch auf andere Weise festgestellt werden kann. Die Eintragung eines Widerspruchs hat nur deklaratorische Wirkung.

Zu Artikel 6 (Änderung des Gesetzes über die Wahrnehmung behördlicher Aufgaben bei der Betreuung Volljähriger)

Die Änderungen im Betreuungsbehördengesetz dienen wie die Änderungen in § 1908f BGB lediglich der Klarstellung.

Zu Nummer 1

Die Betreuungsbehörden haben nach § 4 Absatz 1 BtBG die Aufgabe, über allgemeine betreuungsrechtliche Fragen und dabei insbesondere über Vorsorgevollmachten zu beraten und zu informieren. Dass eine solche Information künftig auch die Information über Reichweite und insbesondere Grenzen der Befugnisse des Ehegatten oder Lebenspartners nach § 1358 BGB-E beinhaltet - gerade auch in Abgrenzung zur ausdrücklich erteilten Vorsorgevollmacht und zur Erläuterung ihrer Vorteile, liegt auf der Hand.

Zu Nummer 2

Nachdem Ehegatten und Lebenspartner im Rahmen des Anwendungsbereichs des § 1358 BGB-E einem (ausdrücklich) Vorsorgebevollmächtigten gleichstehen, können sie insoweit auch die Beratung und Unterstützung der Betreuungsbehörde in Anspruch nehmen.

Zu Artikel 7 (Inkrafttreten)

Artikel 7 regelt das Inkrafttreten. Die Neuregelung soll frühestens sechs Monate nach Verkündung des Gesetzes in Kraft treten, um Ehegatten und Lebenspartnern zu ermöglichen, sich frühzeitig über die Neuregelung zu informieren und einen Widerspruch zu prüfen. Des Weiteren bedarf es der Änderung der Vorsorgeregister-Verordnung und der Eingabe- und Abfragemöglichkeiten im elektronischen Register. Zugleich soll den betroffenen öffentlichen Stellen und Betreuungsvereinen ermöglicht werden, ihr Informations- und Beratungsangebot anzupassen.

1) https://www.central.de/online/portal/ceninternet/content/139788/1103256 (abgerufen am 29. Februar 2016)