993. Sitzung des Bundesrates am 18. September 2020
Der Gesundheitsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, die Entschließung in der nachstehenden Fassung anzunehmen:
"Entschließung des Bundesrates - Ambulante Vorsorgeeinrichtungen und Rehabilitationszentren in der COVID-19-Pandemie wirtschaftlich absichern
- 1. Der Bundesrat betont, dass die COVID-19-Pandemie für alle medizinischen Leistungserbringer eine erhebliche Belastung darstellt. Ziel aller Maßnahmen muss es sein, die bewährten Strukturen der gesundheitlichen Versorgung in ihrer gesamten Breite zu erhalten.
- 2. Der Bundesrat sieht daher die dringende Notwendigkeit, auch die Anbieter ambulanter Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen nach § 23 Absatz 2 und § 40 Absatz 1 SGB V wirtschaftlich abzusichern.
- 3. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung daher, dafür zu sorgen, durch eine Änderung der Verordnung zum Ausgleich COVID-19 bedingter finanzieller Belastungen der Zahnärztinnen und Zahnärzte, der Heilmittelerbringer und der Einrichtungen des Müttergenesungswerks oder gleichartigen Einrichtungen sowie zur Pflegehilfsmittelversorgung vom 30. April 2020 (COVID-19-Versorgungsstrukturen-Schutzverordnung) sicherzustellen, dass auch Einrichtungen der ambulanten Vorsorgeleistungen in anerkannten Kurorten und der ambulanten medizinischen Rehabilitation abgesichert werden.
- 4. Der Bundesrat schlägt vor, die COVID-19-Versorgungsstrukturen-Schutzverordnung um einen § 3a zu erweitern:
" § 3a Ausgleichszahlungen für Einrichtungen der ambulanten Vorsorge und Rehabilitation
(1) Leistungserbringer nach §§ 23 Absatz 2 und 40 Absatz 1 SGB V erhalten für den Zeitraum vom 1. April 2020 bis zum 30. Juni 2020 auf Antrag eine Ausgleichszahlung für die Ausfälle der Einnahmen, die ihnen aufgrund eines Behandlungsrückgangs oder Behandlungsausfalls infolge der COVID-19-Pandemie entstanden sind
(2) Die Ausgleichszahlung wird als Einmalzahlung gewährt. Sie beträgt 20 Prozent der Vergütung für Heilmittel, die der Leistungserbringer für das dritte und vierte Quartal 2019 für ambulante Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahmen abgerechnet hat."
Begründung:
Die von der Bundesregierung ergriffenen Maßnahmen zu Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie haben einer Vielzahl von Leistungserbringern im Gesundheitswesen in der schwierigen Zeit sehr geholfen. Mittels des COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetzes war es möglich, die wirtschaftliche Situation der Krankenhäuser und der stationären Rehabilitationseinrichtungen zu stabilisieren. Eine vergleichbare Stabilisierungswirkung kommt der COVID-19-Versorgungsstrukturen-Schutzverordnung zu.
Allerdings umfassen die bisher ergriffenen Maßnahmen nicht die Erbringer ambulanter Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen nach §§ 23 Absatz 2 und § 40 Absatz 1 SGB V. Dieser Zustand ist für die Erbringer ambulanter Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen wirtschaftlich bedrohlich, da diese erhebliche Umsatzeinbußen erlitten haben. Diese Umsatzeinbußen werden durch die anderweitigen Bundes- und Landesmittel nicht ausgeglichen.
Ohne entschlossene Gegenmaßnahmen ist zu erwarten, dass der ambulante Vorsorge- und Rehabilitationssektor in seiner Existenz bedroht ist.
Dies stellt eine schwerwiegende Gefahr für die medizinische Versorgung der Bevölkerung dar und würde auch den in den §§ 23 und 40 SGB V verankerten Grundsatz "ambulant vor stationär" in Frage stellen. Schließlich würde eine Krise der ambulanten Vorsorge und Rehabilitation eine erhebliche Mehrbelastung der Kranken- und Pflegekassen bewirken."
Begründung (gegenüber dem Plenum):
Der Entschließungsantrag umfasst bisher nur die Erbringer von ambulanten Rehabilitationsleistungen nach § 40 Absatz 1 SGB V. Für ambulante Vorsorgeeinrichtungen greifen die Rettungsschirme für die stationären Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen einschließlich Mutter-Kind-Einrichtungen und für Heilmittelerbringer ebenfalls nicht. Die Leistungserbringer von ambulanten Vorsorgeleistungen nach §§ 23 Absatz 2 SGB V sollten daher im Rettungsschirm ebenfalls berücksichtigt werden. Denn aufgrund der Thermenschließungen in den anerkannten Kurorten konnten ambulante Vorsorgeleistungen in den Kureinrichtungen eher noch seltener erbracht werden. Dies bedeutet für die ambulanten Vorsorgeeinrichtungen ebenfalls erhebliche Umsatzeinbußen und eine Bedrohung ihrer Existenz.
Ergänzend wird auf die vom Bundesrat gefasste Entschließung zum 2. Bevölkerungsschutzgesetz in BR-Drucksache 246/20(B) hingewiesen, in der neben der Berücksichtigung von Sozialpädiatrischen Zentren (SPZ) und medizinischen Behandlungszentren für Erwachsene mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen (MZEB) auch eine Unterstützung für ambulanten Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen gefordert wird. Diese wurde bedauerlicherweise von der Bundesregierung bisher nicht aufgegriffen.
Die in Nummer 4 des Entschließungsantrags vorgesehene Erweiterung des § 3 der COVID-19-Versorgungsstrukturen-Schutzverordnung um die Vorschrift des § 111c Absatz 1 SGB V würde einen Ausgleich der Einnahmeausfälle ambulanter Rehabilitationseinrichtungen auf Basis der Bettenbelegung und tagesbezogener Vergütungssätze für stationäre Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen einschließlich der Einrichtungen des Müttergenesungswerks oder gleichartiger Einrichtungen anstreben. Da es im ambulanten Bereich keine Bettenbelegung und tagesbezogene Vergütungssätze gibt, ist eine analoge Anwendung nicht möglich.
Die Leistungen sind aber am ehesten denen der Heilmittelerbringer vergleichbar (medizinischtherapeutische Leistungen gegebenenfalls einschließlich kurortspezifischer Heilmittel). Daher ist eine Regelung in grundsätzlicher Anwendung des Rettungsschirms für Heilmittelerbringer sinnvoll. Für die Ermittlung der Ausgleichszahlung sollte nach den Erfahrungen mit dem Rettungsschirm Heilmittel und weil in den Wintermonaten insbesondere Vorsorgeleistungen üblicherweise weniger in Anspruch genommen werden eine breitere Basis (abgerechnete Leistungen des dritten und vierten Quartals 2019) bei entsprechender Senkung des Erstattungssatzes gewählt werden.