933. Sitzung des Bundesrates am 8. Mai 2015
Der Rechtsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zu Artikel 1 Nummer 1 (Inhaltsübersicht zu § 90r und § 90s IRG),
Nummer 2 (§ 90r Überschrift, einleitender Satzteil, § 90s Überschrift, Absatz 1, Absatz 2, Absatz 3, Absatz 4 Satz 1 und 2, § 90t Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Satz 1, Absatz 3 Satz 1, § 90u Absatz 1 Satz 1, Absatz 3 Nummer 1 und 2, Absatz 5, § 90v Absatz 1 Satz 1 und 2, Absatz 2 Satz 1 und 2, Absatz 3, § 90w Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 1, § 90y Absatz 1 Satz 1, Satz 3, Absatz 2, Absatz 3, Absatz 4, Nummer 3, § 90z Absatz 1 Satz 1, Satz 2, Satz 3, Absatz 2 einleitender Satzteil, Nummer 2 und 4 IRG)
Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:
- a) In Nummer 1 ist die Inhaltsübersicht wie folgt zu ändern:
- aa) Die Angabe zu § 90r ist wie folgt zu fassen:
" § 90r Ablehnungsgründe"
- bb) Die Angabe zu § 90s ist wie folgt zu fassen:
" § 90s Vorbereitendes Verfahren"
- aa) Die Angabe zu § 90r ist wie folgt zu fassen:
- b) Nummer 2 ist wie folgt zu ändern:
- aa) § 90r ist wie folgt zu ändern:
- aaa) Die Überschrift ist wie folgt zu fassen:
" § 90r Ablehnungsgründe"
- bbb) Im einleitenden Satzteil sind die Wörter "Die Bewilligung einer nach den §§ 90p und 90q zulässigen" durch die Wörter "Eine nach den §§ 90p und 90q zulässige" zu ersetzen.
- aaa) Die Überschrift ist wie folgt zu fassen:
- bb) § 90s ist wie folgt zu ändern:
- aaa) Die Überschrift ist wie folgt zu fassen:
" § 90s Vorbereitendes Verfahren"
- bbb) Absatz 1 ist zu streichen.
- ccc) In Absatz 2 ist das Wort "Staatsanwaltschaft" durch die Wörter "zuständige Stelle" zu ersetzen.
- ddd) In Absatz 3 sind die Wörter "die Bewilligungshindernisse" durch das Wort "Ablehnungsgründe" und das Wort "Staatsanwaltschaft" durch die Wörter "zuständige Stelle" zu ersetzen.
- eee) Absatz 4 ist wie folgt zu ändern:
- aaaa) Satz 1 ist wie folgt zu fassen:
"Entscheidet die zuständige Stelle, einen oder mehrere Ablehnungsgründe nach § 90r geltend zu machen und deshalb keinen Antrag nach Absatz 2 zu stellen, begründet sie diese Entscheidung."
- bbbb) In Satz 2 sind die Wörter "Die Staatsanwaltschaft" durch das Wort "Sie" und das Wort "Bewilligungsentscheidung" durch das Wort "Entscheidung" zu ersetzen.
- aaaa) Satz 1 ist wie folgt zu fassen:
- aaa) Die Überschrift ist wie folgt zu fassen:
- cc) § 90t ist wie folgt zu ändern:
- aaa) In Absatz 1 Satz 1 ist das Wort "Amtsgericht" durch das Wort "Oberlandesgericht" zu ersetzen.
- bbb) In Absatz 1, Absatz 2 Satz 1 und Absatz 3 Satz 1 ist jeweils das Wort "Staatsanwaltschaft" durch die Wörter "zuständige Stelle" zu ersetzen.
- dd) § 90u ist wie folgt zu ändern:
- aaa) In Absatz 1 Satz 1 ist das Wort "Amtsgericht" durch das Wort "Oberlandesgericht" zu ersetzen.
- bbb) Absatz 3 ist wie folgt zu ändern:
- aaaa) In Nummer 1 und 2 sind jeweils die Wörter "die Staatsanwaltschaft" durch die Wörter "die zuständige Stelle" sowie das Wort "Bewilligungshindernisse" durch das Wort "Ablehnungsgründe" zu ersetzen.
- bbbb) In Nummer 2 sind die Wörter "der Staatsanwaltschaft" durch die Wörter "der zuständigen Stelle" zu ersetzen.
- ccc) Absatz 5 ist wie folgt zu fassen:
(5) §§ 33 und 42 sind entsprechend anwendbar."
- ee) § 90v ist wie folgt zu ändern:
- aaa) Absatz 1 ist wie folgt zu ändern:
- aaaa) In Satz 1 ist das Wort "Staatsanwaltschaft" durch die Wörter "zuständige Stelle" zu ersetzen.
- bbbb) In Satz 2 sind die Wörter "Die Staatsanwaltschaft" durch das Wort "Sie" zu ersetzen.
- bbb) Absatz 2 ist wie folgt zu ändern:
- aaaa) In Satz 1 ist das Wort "Staatsanwaltschaft" durch die Wörter "zuständigen Stelle" zu ersetzen.
- bbbb) Satz 2 ist zu streichen.
- ccc) In Absatz 3 ist das Wort "Staatsanwaltschaft" durch die Wörter "zuständigen Stelle" zu ersetzen.
- aaa) Absatz 1 ist wie folgt zu ändern:
- ff) § 90w ist wie folgt zu ändern.
- aaa) In Absatz 1 Satz 2 sind die Wörter "das Gericht" durch die Wörter "das Oberlandesgericht" zu ersetzen.
- bbb) Absatz 2 Satz 1 ist wie folgt zu fassen:
"Soweit das Gesetz die Anhörung oder Mitwirkung der zuständigen Stelle vorsieht, ist diejenige Stelle zuständig, die die gerichtliche Zulässigkeitsentscheidung vorbereitet hat."
- gg) § 90y ist wie folgt zu ändern:
- aaa) Absatz 1 ist wie folgt zu ändern:
- aaaa) In Satz 1 sind die Wörter "Das gemäß § 126 der Strafprozessordnung zuständige Gericht" durch die Wörter "Die zuständige Stelle" zu ersetzen.
- bbbb) In Satz 3 sind die Wörter "Das Gericht" durch die Wörter "Die zuständige Stelle" zu ersetzen.
- bbb) In Absatz 2 sind die Wörter "Das Gericht" durch die Wörter "die zuständige Stelle" zu ersetzen.
- ccc) In Absatz 3 sind die Wörter "Das Gericht" durch die Wörter "Die zuständige Stelle" zu ersetzen.
- ddd) Absatz 4 ist wie folgt zu ändern:
- aaaa) Die Wörter "Das Gericht" sind durch die Wörter "Die zuständige Stelle" zu ersetzen.
- bbbb) In Nummer 3 ist das Wort "es" durch das Wort "sie" zu ersetzen.
- aaa) Absatz 1 ist wie folgt zu ändern:
- hh) § 90z ist wie folgt zu ändern:
- aaa) Absatz 1 ist wie folgt zu ändern:
- aaaa) In Satz 1 sind die Wörter "Das Gericht" durch die Wörter "Die zuständige Stelle" zu ersetzen.
- bbbb) In Satz 2 ist das Wort "Es" durch das Wort "Sie" zu ersetzen.
- cccc) In Satz 3 sind die Wörter "dem zuständigen Gericht" durch die Wörter "der zuständigen Stelle" zu ersetzen.
- bbb) Absatz 2 ist wie folgt zu ändern:
- aaaa) Im einleitenden Satzteil sind die Wörter "Das Gericht" durch die Wörter "Die zuständige Stelle" zu ersetzen.
- bbbb) In Nummer 2 und 4 sind jeweils die Wörter "das Gericht" durch die Wörter "die zuständige Stelle" zu ersetzen.
- aaa) Absatz 1 ist wie folgt zu ändern:
- aa) § 90r ist wie folgt zu ändern:
Begründung:
Der Änderungsvorschlag betrifft sowohl die Zuständigkeit für die Bewilligung ein- und ausgehender Ersuchen
(a), als auch die gerichtliche Zuständigkeit für die Entscheidung über die Zulässigkeit sowie die Überwachung von Maßnahmen bei eingehenden Ersuchen
(b). Im Einzelnen:
- a) Gemäß § 90s IRG-E sind die Staatsanwaltschaften bei eingehenden Ersuchen zur Überwachung von Maßnahmen im Rahmen von Außervollzugsetzungsentscheidungen von Untersuchungshaftbefehlen und gemäß § 90y IRG-E die nach § 126 der Strafprozessordnung zuständigen Gerichte für die Übertragung von Überwachungsmaßnahmen an das Ausland als Bewilligungsbehörden zuständig.
Der Gesetzentwurf weicht damit durch Festlegung einer originären Zuständigkeit der Staatsanwaltschaften und Gerichte von der bisherigen bewährten Systematik des IRG ab. Gemäß § 74 Absatz 1 IRG liegt die Zuständigkeit zur Bewilligung von Rechtshilfeersuchen grundsätzlich bei der Bundesregierung, nach § 74 Absatz 2 IRG kann diese Befugnis jedoch auf die Länder übertragen werden, die die Möglichkeit zu einer weiteren Delegation an die Landesjustiz- und Polizeibehörden haben. Von dieser Möglichkeit ist im Rahmen der Bund-Länder-Vereinbarung vom 28. April 2004 über die Zuständigkeit im Rechtshilfeverkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten in Verbindung mit den jeweiligen Zuständigkeitserlassen der Länder Gebrauch gemacht worden.
Die Bundesregierung hat bereits im Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der internationalen Rechtshilfe bei der Vollstreckung von freiheitentziehenden Sanktionen und der Überwachung von Bewährungsmaßnahmen (BT-Drucksache 18/4347) eine vergleichbare Regelung vorgeschlagen. Hierzu hat der Bundesrat in seiner Stellungnahme vom 6. März 2015, BR-Drucksache 024/15(B) , die entsprechend auch für den vorliegenden Gesetzentwurf gilt, ausgeführt:
"Der Gesetzentwurf begründet diesen Systembruch damit, dass eine Abwägung außen- und allgemeinpolitischer Aspekte, die der Bundesregierung bzw. nach § 74 Absatz 2 IRG den Landesregierungen im Rahmen der ihnen obliegenden Pflege der auswärtigen Beziehungen vorbehalten bleiben müsse, im Vollstreckungshilfeverkehr mit den EU-Mitgliedstaaten nicht mehr stattfinde. Aufgrund des besonderen wechselseitigen Vertrauens in die jeweiligen anderen Rechtssysteme sei vielmehr ein ausländisches Erkenntnis anzuerkennen und zu vollstrecken, wenn keiner der in den umzusetzenden Rahmenbeschlüssen abschließend aufgezählten Versagungsgründe gegeben sei."
Die Begründung vermag jedoch nicht zu überzeugen. Dem vorliegenden Gesetzgebungsvorhaben ist bereits die Umsetzung von zwei weiteren Rahmenbeschlüssen im Bereich der Vollstreckungshilfe vorausgegangen. Sowohl bei der innerstaatlichen Umsetzung des Rahmenbeschlusses zur Vollstreckung von ausländischen Geldsanktionen (§§ 86 ff. IRG) als auch von Einziehungsentscheidungen (§§ 88 ff. IRG) hatte der Gesetzgeber keinen Anlass gesehen, von der bisherigen Zuständigkeitsregelung abzuweichen."
Die Bundesregierung verweist in ihrer Gegenäußerung zu der Stellungnahme des Bundesrates (BT-Drucksache 18/4347, Anlage 4, S. 208) auf den Evaluierungsbericht des Rates der Europäischen Union zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses zum Europäischen Haftbefehl (vgl. Bericht über die Bundesrepublik Deutschland vom 30. April 2009, 7058/2/09 REV 2, S. 40 f.). Allerdings betrifft die darin zum Ausdruck kommende Kritik nicht die Frage der innerstaatlichen Zuständigkeit bei der Bewilligung von Ersuchen aufgrund eines Europäischen Haftbefehls, sondern die aus dem klassischen Rechtshilferecht in den Bereich der Zusammenarbeit auf Grundlage des Prinzips der gegenseitigen Anerkennung übernommene Zersplitterung in Zulässigkeits- und Bewilligungsentscheidung, die auch nach dem vorliegenden Gesetzentwurf unangetastet bleiben soll. Konsequenterweise sah auch der Gesetzgeber daher keine Veranlassung, bei den nach Veröffentlichung des vorgenannten Berichts in Kraft getretenen Umsetzungsgesetzen zur Vollstreckung von Einziehungsentscheidungen (BGBl. I 2009, 3214) und von ausländischen Geldsanktionen (BGBl. I 2010, 1408) von der bisherigen Zuständigkeitssystematik abweichende Regelungen vorzusehen.
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Rahmenbeschluss Überwachungsanordnung keine Vorgaben macht, welche Behörden letztlich für die Bewilligung der Übernahme der Überwachung von Maßnahmen zur Vermeidung von Untersuchungshaft zuständig sind. Dementsprechend haben die EU-Staaten, die den vorgenannten Rahmenbeschluss umgesetzt haben, unterschiedliche Bewilligungsbehörden benannt.
Die bisherige Systematik, nach der die Entscheidung über die zuständigen Bewilligungsbehörden im Rahmen des strafrechtlichen Rechtshilfeverkehrs mit EU-Mitgliedstaaten durch die Länder getroffen werden, ermöglicht es zudem, die unterschiedlichen Strukturen der Landesjustizverwaltungen und die bei den einzelnen Behörden vorhandenen fachlichen Kompetenzen zu berücksichtigen.
Die vorgeschlagene Änderung passt den Gesetzentwurf dem bisherigen Aufbau des IRG an. Die Frage der für die Bewilligung zuständigen Behörden ergibt sich demnach aus § 74 IRG in Verbindung mit der Bund-Länder-Vereinbarung und den Zuständigkeitserlassen der Länder. Im Übrigen folgt der Änderungsvorschlag hinsichtlich der Begrifflichkeiten und der Systematik des den Aus- und Durchlieferungsverkehr mit Mitgliedstaaten der EU regelnden Achten Teils des IRG.
- b) Gemäß § 90t Absatz 1 IRG-E entscheidet das Amtsgericht über den Antrag der Bewilligungsbehörde, die Übernahme einer ausländischen Überwachungsmaßnahme für zulässig zu erklären, sowie im Falle einer ablehnenden Entscheidung über ein Rechtsmittel der betroffenen Person hiergegen. Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts ist die sofortige Beschwerde zulässig (§ 90u Absatz 5 Satz 1 IRG-E). Nach erfolgter Bewilligung überwacht das Amtsgericht die Maßnahmen und trifft gegebenenfalls die Entscheidung, von einer weiteren Überwachung der Maßnahmen abzusehen (§ 90w Absatz 5 IRG-E).
Die nach dem Rahmenbeschluss Überwachungsanordnung anzuordnenden Maßnahmen stehen jedoch in engem sachlichem Zusammenhang mit dem Auslieferungsverfahren. Sofern die im Ausland angeordnete Aussetzung des Vollzugs eines Untersuchungshaftbefehls widerrufen und der ausländische Haftbefehl wieder in Kraft gesetzt wird, ist die betroffene Person gegebenenfalls an den ersuchenden Staat auszuliefern. Konsequenterweise sieht § 90r Nummer 2 IRG-E vor, dass die Bewilligung der an sich zulässigen Überwachung einer Maßnahme abgelehnt werden kann, wenn im Falle eines Verstoßes eine Auslieferung der zu überwachenden Person abgelehnt werden müsste. Damit ist die Frage der Auslieferungsfähigkeit inzident stets durch die die gerichtliche Entscheidung vorbereitende Behörde, aber auch durch das über die Zulässigkeit entscheidende Gericht zu prüfen.
Über die Zulässigkeit einer Auslieferung nach dem Europäischen Haftbefehlsverfahren, das in einem solchen Fall zur Anwendung käme, entscheidet das Oberlandesgericht auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft (§§ 78 Absatz 1, in Verbindung mit §§ 29, 32 IRG). Der Gesetzgeber hat den Oberlandesgerichten eine besondere Sachkompetenz zugewiesen, die daher auch beurteilen können, ob die Bewilligungsbehörde ihr Ermessen bezüglich des Vorliegens eines Bewilligungshindernisses nach § 90r IRG-E zutreffend ausgeübt hat. Zudem würden sie auch über eine etwaige spätere Auslieferung entscheiden. Schließlich verfügen die Oberlandesgerichte alleine aufgrund der ihnen gemäß § 122 Absatz 5 der Strafprozessordnung (StPO) eingeräumten Möglichkeit, im Rahmen einer Haftfortdauerentscheidung gemäß §§ 121, 122 StPO den Vollzug eines Haftbefehls gemäß § 116 StPO auszusetzen, auch über die erforderliche Sachkompetenz hinsichtlich der Außervollzugsetzung von Haftbefehlen und der Überwachung von Maßnahmen. Durch ihre Zuständigkeit bereits bei der Entscheidung über die Zulässigkeit der Überwachung von Maßnahmen ließen sich einander widersprechende Entscheidungen vermeiden.
Parallel zu den Regelungen des Auslieferungsrechts bedarf es bei einer Zuständigkeit der Oberlandesgerichte für die Feststellung der Zulässigkeit der Übernahme einer Überwachungsanordnung eines Rechtsmittels nicht. Durch die Aufnahme des Verweises auf § 33 IRG in § 90u Absatz 5 IRG-E wird zugleich die Möglichkeit eröffnet, eine erneute Entscheidung des Oberlandesgerichts über die Zulässigkeit herbeizuführen.
2. Zu Artikel 1 Nummer 1 (Inhaltsübersicht Überschrift Achter Teil, Abschnitt 5 IRG),
Nummer 1a - neu - (Überschrift Achter Teil IRG), Nummer 2 (Eingangssatz, § 90o Überschrift, Absatz 1, Absatz 2 Satz 2, § 90p Überschrift, § 90q Überschrift, § 90r Überschrift, einleitender Satzteil, Nummer 1 und 4, § 90s Überschrift, Absatz 3 Satz 1, § 90t Überschrift, Absatz 1 Satz 1 und 2, Absatz 2 Satz 1, § 90u Überschrift, Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Satz 1, Absatz 3 Nummer 1 und 2, § 90v Überschrift, Absatz 2, § 90w Überschrift, Absatz 1, Absatz 4 Nummer 4, § 90x Überschrift, Satz 1 und 2, § 90y Überschrift und § 90z Überschrift IRG)
Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:
- a) Nummer 1 ist wie folgt zu fassen:
'1. Die Inhaltsübersicht wird wie folgt geändert:
- a) In der Überschrift des Achten Teils werden nach dem Wort "Durchlieferungsverkehr" die Wörter "sowie Übertragung von Überwachungsmaßnahmen" eingefügt.
- b) Nach der Angabe zu § 83i werden die folgenden Angaben eingefügt:
"Abschnitt 5
Überwachung von Maßnahmen zur Vermeidung von Untersuchungshaft§ 83j Grundsatz
§ 83k Voraussetzungen der Zulässigkeit
§ 83l Unterlagen
§ 83m Ablehnungsgründe
§ 83n Vorbereitendes Verfahren
§ 83o Gerichtliches Verfahren
§ 83p Gerichtliche Zulässigkeitsentscheidung
§ 83q Bewilligung nach gerichtlicher Entscheidung
§ 83r Durchführung der Überwachung
§ 83s Erneuerte und geänderte Maßnahmen
§ 83t Abgabe der Überwachung
§ 83u Rücknahme der Überwachungsabgabe".'
- b) Nach Nummer 1 ist folgende Nummer 1a einzufügen:
"1a. In der Überschrift des Achten Teils werden nach dem Wort "Durchlieferungsverkehr" die Wörter "sowie Übertragung von Überwachungsmaßnahmen" eingefügt."
- c) Nummer 2 ist wie folgt zu ändern:
- aa) Im Eingangssatz ist die Angabe " § 90n" durch die Angabe " § 83i" zu ersetzen.
- bb) § 90o ist wie folgt zu ändern:
- aaa) In der Überschrift ist die Angabe " § 90o" durch die Angabe " § 83j" zu ersetzen.
- bbb) In Absatz 1 sind die Wörter "Nach diesem Abschnitt richtet sich die Vollstreckungshilfe für und die Vollstreckungsabgabe an" durch die Wörter "Nach diesem Abschnitt richtet sich die Anerkennung und Umsetzung von Entscheidungen über Überwachungsmaßnahmen zur Vermeidung von Untersuchungshaft für sowie durch" zu ersetzen.
- ccc) In Absatz 2 Satz 2 ist die Angabe " § 53" durch die Angabe " § 40" zu ersetzen.
- cc) In § 90p ist in der Überschrift die Angabe " § 90p" durch die Angabe " § 83k" zu ersetzen.
- dd) In § 90q ist in der Überschrift die Angabe " § 90q" durch die Angabe " § 83l" zu ersetzen.
- ee) § 90r ist wie folgt zu ändern:
- aaa) Die Überschrift ist wie folgt zu fassen:
" § 83m Ablehnungsgründe".
- bbb) Im einleitenden Satzteil ist die Angabe " §§ 90p und 90q" durch die Angabe " §§ 83k und 83l" zu ersetzen.
- ccc) In Nummer 1 ist die Angabe " § 90q" durch die Angabe " § 83l" zu ersetzen.
- ddd) In Nummer 4 ist die Angabe " § 90p" durch die Angabe " § 83k" zu ersetzen.
- aaa) Die Überschrift ist wie folgt zu fassen:
- ff) § 90s ist wie folgt zu ändern:
- aaa) Die Überschrift ist wie folgt zu fassen:
" § 83n Vorbereitendes Verfahren".
- bbb) In Absatz 3 Satz 1 ist die Angabe § 90s" durch die Angabe " § 83m" zu ersetzen.
- aaa) Die Überschrift ist wie folgt zu fassen:
- gg) § 90t ist wie folgt zu ändern:
- aaa) In der Überschrift ist die Angabe " § 90t" durch die Angabe " § 83o" zu ersetzen.
- bbb) Absatz 1 ist wie folgt zu ändern:
- aaaa) In Satz 1 ist jeweils die Angabe " § 90s" durch die Angabe " § 83n" zu ersetzen.
- bbbb) In Satz 2 ist die Angabe " § 51" durch die Angabe " § 14 Absatz 1 und 2" zu ersetzen.
- ccc) In Absatz 2 Satz 1 ist die Angabe " § 52" durch die Angabe " § 30" zu ersetzen.
- hh) § 90u ist wie folgt zu ändern:
- aaa) In der Überschrift ist die Angabe " § 90u" durch die Angabe " § 83p zu ersetzen.
- bbb) In Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 Satz 1 ist jeweils die Angabe " § 90s" durch die Angabe " § 83n" zu ersetzen.
- ccc) In Absatz 3 Nummer 1 und Nummer 2 ist jeweils die Angabe " § 90r" durch die Angabe " § 83m" zu ersetzen.
- ii) § 90v ist wie folgt zu ändern:
- aaa) In der Überschrift ist die Angabe " § 90v" durch die Angabe " § 83q" zu ersetzen.
- bbb) In Absatz 2 ist jeweils die Angabe " § 90q" durch die Angabe " § 83l" und die Angabe " § 90u" durch die Angabe " § 83p" zu ersetzen.
- jj) § 90w ist wie folgt zu ändern:
- aaa) In der Überschrift ist die Angabe " § 90w" durch die Angabe " § 83r" zu ersetzen.
- bbb) In Absatz 1 ist die Angabe " § 90u" durch die Angabe " § 83p" zu ersetzen.
- ccc) In Absatz 4 Nummer 4 ist die Angabe " § 90p" durch die Angabe " § 83k" zu ersetzen.
- kk) § 90x ist wie folgt zu ändern:
- aaa) In der Überschrift ist die Angabe " § 90x" durch die Angabe " § 83s" zu ersetzen.
- bbb) In Satz 1 ist die Angabe " §§ 90o bis 90w" durch die Angabe " §§ 83j bis 83r", die Angabe " § 90p" durch die Angabe " § 83k" und die Angabe " §§ 90r" durch die Angabe " §§ 83m" zu ersetzen.
- ccc) In Satz 2 ist die Angabe " § 90p" durch die Angabe " § 83k" zuersetzen.
- ll) In § 90y ist in der Überschrift die Angabe " § 90y" durch die Angabe " § 83t " zu ersetzen.
- mm) In § 90z ist in der Überschrift die Angabe " § 90z" durch die Angabe " § 83u" zu ersetzen.
Begründung:
Mit dem Gesetzentwurf sollen die Regelungen des Rahmenbeschlusses 2009/829/JI des Rates vom 23. Oktober 2009 über die Anwendung - zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union - des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Entscheidungen über Überwachungsmaßnahmen als Alternative zur Untersuchungshaft, ABl. 294 vom 11.11.2009, S. 20 (Rahmenbeschluss Überwachungsanordnung) in dem Teil des IRG zum Vollstreckungshilfeverkehr mit den Mitgliedstaaten der EU (Neunter Teil) umgesetzt werden.
Tatsächlich handelt es sich bei den nach dem Rahmenbeschluss vorgesehenen Maßnahmen nicht um solche der Vollstreckungshilfe, sondern um die Unterstützung eines ausländischen Ermittlungsverfahrens. Vollstreckungshilfe wird dagegen zur Unterstützung eines ausländischen Strafverfahrens durch Vollstreckung einer rechtskräftigen und vollstreckbaren ausländischen Entscheidung geleistet. Diese in der Dogmatik allgemein anerkannte Abgrenzung hat der Gesetzgeber in § 66 Absatz 3 IRG ausdrücklich übernommen. Sie liegt auch der Regelung des im Neunten Teil des IRG enthaltenen § 89 IRG zu Grunde, wonach auf Ersuchen um vorläufige Sicherstellungen von Vermögenswerten zur Vorbereitung einer späteren Einziehungs- oder Verfallsentscheidung Vorschriften des die sonstige Rechtshilfe regelnden Zehnten Teils des IRG Anwendung finden. In der Chronologie eines Strafverfahrens beginnt Vollstreckungshilfe daher erst dann, wenn Ermittlungs- und Erkenntnisverfahren durch rechtskräftiges Urteil bzw. Entscheidung abgeschlossen sind und - mit Ausnahme ihrer Wiederaufnahme - durch Rechtsmittel nicht mehr angefochten werden können.
Der Rahmenbeschluss Überwachungsanordnung zielt indes ausschließlich auf die Vermeidung von Untersuchungshaft zur Sicherung der Hauptverhandlung bzw. zum Schutz der Allgemeinheit vor Wiederholungstaten bis zur endgültigen Entscheidung über den strafrechtlichen Vorwurf (siehe Erwägungsgrund 3 Rahmenbeschluss Überwachungsanordnung).
Die teilweise vorhandenen Belastungen einer Maßnahme für den Verfolgten lassen die Maßnahme auch nicht als sanktionsähnlich erscheinen; andernfalls verstießen sie gegen den in Artikel 6 Absatz 2 EMRK kodifizierten Grundsatz der Unschuldsvermutung. Die Vollstreckung einer auf die Sanktion anrechenbaren Untersuchungshaft soll vielmehr zur Stärkung des Rechts auf Freiheit und der Unschuldsvermutung vermieden werden (siehe Erwägungsgrund 4 Rahmenbeschluss Überwachungsanordnung). In ähnlicher Weise wird auch in der Begründung des Gesetzesentwurfs, BR-Drucksache 125/15 (PDF) , S. 32 Absatz 3 ausgeführt:
"Der Rb Überwachungsanordnung trifft Regelungen für das Erkenntnisverfahren und der Rb Bewährungsüberwachung schafft Regelungen für das Vollstreckungsverfahren."
Daher liegen auch den Überwachungsmaßnahmen nicht im Sinne deutscher juristischer Terminologie "rechtskräftige" Entscheidungen zugrunde (vgl. Begründung S. 46 und die Hinweise in der Begründung S. 56 und 72 zu "enforceable" der englischen Fassung des Rahmenbeschlusses, was eher mit "vollstreckbar" als mit "rechtskräftig" zu übersetzen sein dürfte). Nach Artikel 1 des Rahmenbeschlusses soll die Anerkennung einer "als Alternative zur Untersuchungshaft erlassene Entscheidung über Überwachungsmaßnahmen" grenzüberschreitend anerkannt werden. Aus Sicht des deutschen Rechts betrifft dies die Fälle, in denen ein Untersuchungshaftbefehl gemäß §§ 116, 116a StPO außer Vollzug gesetzt worden ist. Bei einem Untersuchungshaftbefehl handelt es sich jedoch gerade nicht um eine Entscheidung, die in Rechtskraft erwächst, sondern sie ist jederzeit, sofern die Voraussetzungen für ihren Erlass nicht mehr gegeben sind, von Amts wegen oder auf Antrag aufzuheben. Im Text des Gesetzentwurfs ist daher auch zutreffend von einer "vollstreckbaren" ausländischen Entscheidung die Rede (§ 90q Absatz 1 IRG-E).
Auch die Entstehungsgeschichte des Rahmenbeschlusses weist daraufhin, dass der europäische Gesetzgeber hier kein weiteres Instrument der Vollstreckungshilfe schaffen wollte. Der Rahmenbeschluss Überwachungsanordnung geht auf einen am 29. August 2006 vorgelegten Vorschlag der Kommission für einen "Rahmenbeschluss über eine Europäische Überwachungsanordnung in Ermittlungsverfahren in der Europäischen Union" zurück, dessen Ziel die Vermeidung unnötiger Untersuchungshaft von Personen mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat, die einer Straftat verdächtig sind, ist.
Die Sicherung des Verfahrens durch Erlass und Vollstreckung von Untersuchungshaftbefehlen wird im zwischenstaatlichen Bereich durch das Instrument der Auslieferung zur Strafverfolgung gewährleistet. Die nach dem Rahmenbeschluss vorgesehenen Maßnahmen - zum Zweck der Vermeidung von Auslieferungen - sind daher als verhältnismäßig milderer Eingriff in engem Zusammenhang mit dem Auslieferungsrecht zu sehen. Der enge sachliche Zusammenhang mit dem Auslieferungsrecht wird auch daran deutlich, dass bei der Bewilligung von Überwachungsmaßnahmen die Auslieferungsfrage stets inzident zu prüfen ist (§ 90r Nummer 2 IRG-E). Auch aus der Sicht des ersuchenden Staates stellt sich eine Überwachungsanordnung als Alternative zu einem Auslieferungsersuchen dar, wenn sich der Verfolgte noch nicht im Anordnungsstaat befindet.
Aus diesen Gründen sollte eine systematische Einordnung der Vorschriften zum Rahmenbeschluss Überwachungsanordnung in Abschnitt 5 des Achten Teils des IRG (Auslieferungs- und Durchlieferungsverkehr mit Mitgliedstaaten der Europäischen Union) erfolgen. Mit Ausnahme der Überschrift des Achten Teils bedarf es hierfür keiner weiteren systematischen Änderungen der in Abschnitt 1 enthaltenen Allgemeinen Regeln, weil sich diese nach ihrem Wortlaut nur auf Auslieferungs- und Durchlieferungsersuchen beziehen.