Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes über die Weitergeltung der aktuellen Rentenwerte ab 1. Juli 2006

A. Problem und Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen

E. Sonstige Kosten

F. Relevanzprüfung

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes über die Weitergeltung der aktuellen Rentenwerte ab 1. Juli 2006

Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 9. Februar 2006
Die Bundeskanzlerin

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Peter Harry Carstensen

Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 Satz 4 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen

mit Begründung und Vorblatt.

Der Gesetzentwurf ist besonders eilbedürftig, weil das Gesetz zum 1. Juli 2006 in Kraft treten soll. Dies ist erforderlich, um die Weitergeltung der aktuellen Rentenwerte über dieses Datum hinaus sicherzustellen.

Federführend ist das Bundesministerium für Arbeit und Soziales.


Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel


Besonders eilbedürftige Vorlage gemäß Artikel 76 Absatz 2 Satz 4 GG

Entwurf eines Gesetzes über die Weitergeltung der aktuellen Rentenwerte ab 1. Juli 2006

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Gesetz über die Aussetzung der Anpassung der Renten zum 1. Juli 2006

Zum 1. Juli 2006 werden der aktuelle Rentenwert und der aktuelle Rentenwert (Ost) nicht verändert.

Artikel 2
Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch(860-4)

Das Vierte Buch Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 2006 (BGBl. I S. 86) zuletzt geändert durch vom ... (BGBl. I S...), wird wie folgt geändert:

Artikel 3
Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch(860-6)

Das Sechste Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Februar 2002 (BGBl. I S. 754, 1404, 3384), zuletzt geändert durch ... vom ... (BGBl. I S. ...), wird wie folgt geändert:

Artikel 4
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Notwendigkeit und Ziele

Seit der Rentenreform 1957 orientiert sich die Anpassung der Renten an der Entwicklung der Löhne. Auf diese Weise nehmen die Rentnerinnen und Rentner teil an den allgemeinen Einkommensfortschritten.

Das bedeutet aber auch, dass die Leistungsbezieher der Rentenversicherung grundsätzlich nicht von Einkommenseinbußen der aktiv Beschäftigten verschont bleiben können. Eine solche Entwicklung hat es zwar bei der Rentenanpassung bislang nicht gegeben. Angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Situation, die insbesondere durch hohe Arbeitslosigkeit, einen Rückgang der versicherungspflichtigen Beschäftigung und den Verzicht vieler Arbeitnehmer auf Lohnbestandteile gekennzeichnet ist, kann aber eine - wenn auch geringe - negative Rentenanpassung zum 1. Juli 2006 aus gegenwärtiger Sicht nicht ausgeschlossen werden. Hierzu kann unter anderem auch der Zuwachs an Arbeitsgelegenheiten für Bezieher von Arbeitslosengeld II ("Ein-Euro-Jobs") im Jahr 2005 beitragen, der den statistischen Durchschnittswert der Bruttolöhne und -gehälter senkt und somit die für die Rentenanpassung maßgebende Bruttolohnentwicklung beeinflusst.

Schon im Jahr 2005 wäre es rechnerisch zu einer Verringerung der aktuellen Rentenwerte und damit der Bruttorenten gekommen, da die maßgebliche Lohnentwicklung in den alten und neuen Ländern geringer war als die anpassungsdämpfende Wirkung der weiteren Faktoren in der Rentenanpassungsformel. Mit diesen Faktoren werden zum einen das sich ändernde zahlenmäßige Verhältnis von Rentnern zu Beitragszahlern (Nachhaltigkeitsfaktor) und zum anderen die Belastungsveränderungen bei den Aufwendungen der Beschäftigten für ihre Altersvorsorge im Rahmen der Rentenanpassung berücksichtigt. Eine Rentenminderung aufgrund der Dämpfungselemente hat der Gesetzgeber jedoch durch eine Schutzklausel ausgeschlossen so dass sich die aktuellen Rentenwerte und damit die Bruttorenten zum 1. Juli 2005 nicht verringert haben.

Die Bundesregierung ist der Ansicht, dass es im Jahr 2006 keine Rentenkürzungen geben darf wenn diese unmittelbar aus der Lohnentwicklung resultieren würden. Die Rentnerinnen und Rentner leisten seit Jahren einen erheblichen Beitrag zur generationengerechten Neuausrichtung der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Konsolidierung der Haushalte, so dass eine verlässliche Rentenhöhe für die Rentenbezieher gegenwärtig von größter Bedeutung ist.

Letztlich wird sich die maßgebliche Lohnentwicklung aus den Daten der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen und der Versichertenstatistik der Deutschen Rentenversicherung Bund ergeben, die Ende März 2006 vorliegen werden. Erst dann steht fest, ob es bei Anwendung der Rentenanpassungsformel ab 1. Juli 2006 zu einer Weitergeltung des zur Zeit geltenden aktuellen Rentenwerts von 26,13 Euro bzw. des aktuellen Rentenwerts (Ost) von 22,97 Euro kommt oder ob sich die Werte geringfügig verringern. Um zu gewährleisten, dass es keinesfalls zu einer Kürzung der Bruttorenten kommt, bedarf es einer gesetzlichen Bestimmung zur Weitergeltung der am 30. Juni 2006 geltenden aktuellen Rentenwerte. Mit der Einleitung des diesbezüglichen Gesetzgebungsverfahrens kann nicht bis zur Vorlage der endgültigen Daten gewartet werden. Die Rentenversicherungsträger benötigen bis zum Frühjahr 2006 eine verlässliche Grundlage für die technische Umsetzung der ab dem 1. Juli 2006 geltenden Rentenwerte. Bei einem Beginn des Gesetzgebungsverfahrens Ende März 2006 wäre dies nicht mehr möglich.

Obwohl bisher nur vorläufige Daten verfügbar sind, kann eine Erhöhung der aktuellen Rentenwerte bei Anwendung der Rentenanpassungsformel bereits ausgeschlossen werden. Die gesetzliche Fortschreibung der derzeitigen aktuellen Rentenwerte über den 30. Juni 2006 hinaus kann sich für Rentnerinnen und Rentner also nicht nachteilig auswirken.

II. Gesetzgebungskompetenz

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes zur Änderung im Bereich der Sozialversicherung stützt sich auf Artikel 74 Abs. 1 Nr. 12 GG. Eine bundesgesetzliche Regelung ist gem. Artikel 72 Abs. 2 GG zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet erforderlich.

Unterschiedliche oder fehlende Regelungen über die Alterssicherung auf Landesebene würden die Gefahr bergen, dass sich in den einzelnen Ländern ein unterschiedliches Niveau der Alterssicherung herausbildet. Insbesondere wäre eine Verfestigung der noch bestehenden Unterschiede in der Alterssicherung zwischen den alten und neuen Bundesländern zu befürchten. Es bestünde dadurch die Gefahr, dass sich die Lebensverhältnisse in den Ländern in erheblicher, das bundesstaatliche Sozialgefüge beeinträchtigender Weise auseinander entwickeln. Die Vermeidung einer solchen Beeinträchtigung liegt im gesamtstaatlichen Interesse.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Gesetz über die Aussetzung der Anpassung der Renten zum 1. Juli 2006)

Abweichend von § 65 SGB VI findet am 1. Juli 2006 keine Rentenanpassung statt, um eine eventuelle Rentenkürzung auszuschließen.

Zu Artikel 2 (Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch)

Zu Nummer 1 (§ 18d)

Mit der Neufassung soll sichergestellt werden, dass Einkommensänderungen auch dann zeitnah bei der Hinterbliebenenversorgung berücksichtigt werden, wenn in einem Kalenderjahr keine Rentenanpassung stattfindet.

Der frühere Satz 2 entfällt. Diese Regelung bezog sich auf die frühere zweimalige Rentenanpassung im Jahr in den neuen Bundesländern und hat sich durch Zeitablauf erledigt.

Zu Nummer 2 (§ 18e)

Redaktionelle Folgeänderung zu § 18d.

Zu Artikel 3 (Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch)

Zu Nummer 1 (Inhaltsübersicht)

Redaktionelle Folgeänderung. Wegen der Änderung der Überschrift zu § 255f ist die Angabe in der Inhaltsübersicht entsprechend anzupassen.

Zu Nummer 2 (§ 255f)

Buchstabe a Redaktionelle Folgeänderung. Die Überschrift zu § 255f wird an den geänderten Regelungsgehalt der Vorschrift angepasst.

Buchstabe b Wegen Zeitablaufs entbehrlich. Die Regelung schloss die mit dem RV-Nachhaltigkeitsgesetz eingeführte Anpassung der Veränderungen der Bruttolöhne an die Entwicklung der Einnahmen der gesetzlichen Rentenversicherung bei der Rentenanpassung zum 1. Juli 2005 aus. Die Änderung sollte aus verwaltungstechnischen Gründen erst bei der Rentenanpassung zum 1. Juli 2006 wirksam werden, da die erstmalige Ermittlung und Aufarbeitung der entsprechenden Daten einen zeitlichen Vorlauf benötigte.

Buchstabe c Klarstellung des bei der Anpassung zum 1. Juli 2007 zugrunde zu legenden Wertes der Bruttolohn- und -gehaltssumme je durchschnittlich beschäftigten Arbeitnehmer für das Jahr 2005.

Buchstabe d Redaktionelle Folgeänderung. Nach Aufhebung des Absatzes 1 besteht § 255f nur noch aus dem bisherigen Absatz 2, so dass die Absatzbezeichnung zu streichen ist.

Zu Artikel 4 (Inkrafttreten)

Die Vorschrift regelt das allgemeine Inkrafttreten.

C. Finanzieller Teil

Sofern sich auf der Grundlage der Rentenanpassungsformel ohnehin eine Fortgeltung der aktuellen Rentenwerte ergeben hätte, kommt es zu keinen finanziellen Auswirkungen. Für Bund,

Länder und Kommunen sowie für Wirtschaft und Rentenversicherung entstehen dann keine Mehraufwendungen.

Die Mehrausgaben im Falle der Vermeidung einer Verringerung der aktuellen Rentenwerte hängen von den endgültigen Rechenergebnissen ab. Diese werden erst Ende März 2006 vorliegen und können daher gegenwärtig nicht beziffert werden.

D. Preiswirkungsklausel

Auswirkungen auf Verbraucherpreise, das allgemeine Preisniveau und Einzelpreise sind nicht zu erwarten.

E. Relevanzprüfung

Nach dem Ergebnis der Relevanzprüfung ergeben sich keine gleichstellungspolitischen Auswirkungen.