A. Problem und Ziel
Die gegenwärtige Rechtslage stellt sehr hohe Anforderungen an eine Rehabilitierung von Betroffenen, die deshalb in einem Heim für Kinder und Jugendliche in der ehemaligen DDR unterbracht waren, weil ihre Eltern infolge politischer Verfolgung inhaftiert waren oder andere freiheitsentziehende Maßnahmen erlitten haben (§ 1 Absatz 1, § 2 Absatz 1 des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes - StrRehaG).
Normativer Ausgangspunkt ist § 2 Absatz 1 Satz 2 StrRehaG, wonach das StrRehaG auf Anordnungen der Unterbringung in einem Heim für Kinder und Jugendliche in der früheren DDR
Anwendung findet, wenn diese Unterbringung
- - der politischen Verfolgung (Alternative 1) oder
- - sonst sachfremden Zwecken (Alternative 2)
gedient hat.
Grundsätzlich handelt es sich bei der Feststellung, welchen Zwecken die Unterbringung der Kinder und Jugendlichen gedient hat, um eine Einzelfallprüfung.
Die Auslegung der Alternative 1 - "politische Verfolgung" - ist durch eine höchstrichterliche Entscheidung des BGH geklärt. In den Fällen, in denen die Eltern eines Betroffenen infolge ihrer Inhaftierung als Opfer politischer Verfolgung an der Ausübung der elterlichen Sorge gehindert waren und der Betroffene deshalb in einem Kinder- oder Jugendheim untergebracht wurde, war zweifelhaft, ob eine solche Unterbringung aus politischen Motiven im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 2 StrRehaG erfolgt ist (sogenannte mittelbare politische Verfolgung). Der BGH hat in seinem Beschluss vom 25. März 2015 (Az.: 4 StR 525/13) diese Frage - entgegen der Auffassung verschiedener Oberlandesgerichte, u.a. des OLG Dresden in seinem Beschluss vom 20. Februar 2013, 1 Reha Ws 103/12 (PDF) - dahingehend entschieden, dass allein eine mittelbare politische Verfolgung nicht als politische Verfolgung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 2 StrRehaG angesehen werden kann.
Diese Entscheidung des BGH hat praktisch zur Folge, dass die betroffenen Heimkinder zwar an sich einen Anspruch auf Entschädigungsleistungen haben, hierfür allerdings den Nachweis erbringen müssen, dass die Anordnung ihrer Heimunterbringung selbst einen Akt der politischen Verfolgung darstellte. Eine erfolgreiche Beweisführung wird den ehemaligen Heimkindern indes regelmäßig verschlossen sein, da die Jugendhilfeakten oftmals vernichtet wurden oder mitunter den wahren Verfolgungscharakter verschleiern. Hinzu tritt, dass sie selbst aufgrund ihres damaligen Alters (oftmals Kleinkinder) meist keine Erinnerungen an die Umstände ihrer Heimunterbringung mehr haben und ihre Eltern möglicherweise nicht mehr am Leben sind.
Aktuell ist als Reaktion auf die Entscheidung des BGH das Bestreben der (ostdeutschen) Oberlandesgerichte zu erkennen, gleichwohl eine Rehabilitierung der betroffenen Heimkinder zu ermöglichen, indem sie nun nicht mehr auf die politische Verfolgung, sondern auf die Unterbringung aus "sonst sachfremden Zwecken" (Alternative 2) abstellen.
Allerdings darf nicht verkannt werden, dass ein solcher sachfremder Zweck positiv festgestellt werden muss. Die Nichterweislichkeit anspruchsbegründender Tatsachen geht dabei zu Lasten der Antragsteller. Im Ergebnis können daher auch bei dieser Alternative Nachweisprobleme für die betroffenen Heimkinder bestehen. Die bisherige Rechtslage erscheint daher - trotz der neueren Rechtsprechung der Oberlandesgerichte - unbefriedigend.
Dieses Ergebnis widerspricht dem Zweck des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes, staatliches Unrecht in der ehemaligen DDR wiedergutzumachen, das als "Systemunrecht" den Einzelnen unter Missachtung seiner Individualität und Menschenwürde zum Objekt gesellschaftspolitischer Zielsetzungen degradierte. Es ist nicht einzusehen, den politisch verfolgten und inhaftierten Eltern eine Rehabilitierung zu ermöglichen, den im gleichen Maße betroffenen ehemaligen Heimkindern eine solche faktisch zu verschließen. Es schenkt zudem der Lebenswirklichkeit in der ehemaligen DDR keine hinreichende Beachtung. Es wird nämlich nicht berücksichtigt, dass sich die politische Verfolgung und die Inhaftierung der Eltern zwangsläufig auf die gesamte Familie ausgewirkt haben. Das Handeln der Jugendbehörden war eine notwendige Folge des rechtsstaatswidrigen Handelns der Justizbehörden.
Eine Unterscheidung zwischen unmittelbarer und mittelbarer politischer Verfolgung trennt künstlich zwei an sich untrennbar miteinander verwobene Lebenssachverhalte, die derselben Bewertung bedürfen.
B. Lösung
Der Gesetzentwurf sieht inhaltlich zunächst eine Ergänzung des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes dahingehend vor, dass eine Rehabilitierung von Betroffenen, die in einem Heim für Kinder oder Jugendliche untergebracht waren, auch dann ermöglicht wird, wenn die Anordnung der Heimunterbringung allein darauf zurückzuführen war, dass die Eltern oder ein Elternteil infolge politischer Verfolgung freiheitsentziehende Maßnahmen erlitten haben und deshalb an der Wahrnehmung der elterlichen Sorge gehindert waren. Hierzu soll künftig widerlegbar vermutet werden, dass die Anordnung der Unterbringung in einem Heim für Kinder und Jugendliche der politischen Verfolgung diente, soweit gleichzeitig mit der Unterbringung freiheitsentziehende Maßnahmen gegenüber den Eltern vollstreckt wurden. Es würde danach für eine erfolgreiche Rehabilitierung der Nachweis genügen, dass die Eltern aus politischen Gründen inhaftiert waren, diese bereits rehabilitiert worden sind und ihre Kinder gleichzeitig in einem Heim untergebracht waren. Der Nachweis des Verfolgungszwecks der Unterbringungsanordnung wäre in solchen Fallgestaltungen künftig nicht mehr erforderlich.
Diese Neuregelung soll auch denjenigen Betroffenen zugute kommen, deren vorheriger Antrag auf Rehabilitierung bereits rechtskräftig abgelehnt wurde, unter Berücksichtigung der Neuregelung aber Erfolg gehabt hätte. Hierzu soll diesen Heimkindern die Möglichkeit eingeräumt werden, erneut einen Antrag zu stellen.
Flankierend soll die Ausschlussfrist für Anträge auf strafrechtliche Rehabilitierung, die zum 31. Dezember 2019 abläuft, um zehn Jahre, also bis zum 31. Dezember 2029, verlängert werden. Nicht zuletzt aufgrund der verbesserten Lage der Heimkinder ist auch über diesen Zeitpunkt hinaus noch mit begründeten Rehabilitierungsanträgen zu rechnen.
C. Alternativen
Es verbleibt bei der bisherigen Rechtslage.
D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
D.1. Für den Bund
Aufgrund der Verbesserung der rehabilitierungsrechtlichen Position der betroffenen Kinder und Jugendlichen ist zukünftig eine höhere Anzahl von Anträgen auf Kapitalentschädigung (§ 17 StrRehaG) oder Opferrente (§ 17a StrRehaG) zu erwarten. Darüber hinaus ist auch zu berücksichtigen, dass aufgrund der angestrebten Neuregelung des § 2 Absatz 1 Satz 4 StrRehaG-E über bereits rechtskräftig (ablehnend) entschiedene Anträge gegebenenfalls erneut zu entscheiden sein wird, wenn der Antragsteller darlegt, dass der Antrag unter Berücksichtigung von § 2 Absatz 1 Satz 3 StrRehaG-E Erfolg gehabt hätte. Ebenso ist aufgrund der Verlängerung der Ausschlussfrist zur Antragstellung zukünftig mit weiteren Anträgen zu rechnen, die nach der alten Rechtslage unzulässig wären. All dies führt zu erhöhten Haushaltsausgaben für den Bund, der 65 Prozent der Kosten trägt.
D.2. Für die Länder
Für die Länder, die 35 Prozent der Ausgaben tragen, die ihnen durch Leistungen nach diesem Gesetz entstehen, ergeben sich ebenfalls aufgrund zusätzlicher Anträge auf Kapitalentschädigung oder Opferrente höhere Haushaltsausgaben.
E. Erfüllungsaufwand
E.1 Erfüllungskosten für Bürgerinnen und Bürger
Keine. Durch das Gesetz werden für Bürgerinnen und Bürger keine Informationspflichten neu eingeführt, geändert oder aufgehoben.
E.2 Erfüllungskosten für die Wirtschaft
Keine. Durch das Gesetz werden für die Wirtschaft keine Informationspflichten neu eingeführt, geändert oder aufgehoben.
E.3 Erfüllungskosten der Verwaltung
Der Gesetzentwurf verfolgt das Ziel, die Rehabilitierung von Heimkindern in der ehemaligen DDR, deren Eltern aufgrund politischer Verfolgung inhaftiert oder eingewiesen waren, zu erleichtern oder zu ermöglichen. Zudem soll die Ausschlussfrist zur Antragstellung verlängert werden. Aufgrund der zu erwartenden weiteren Anträge von Betroffenen kann es zu einem Mehrbedarf an Sach- und Personalmitteln bei den Rehabilitierungsgerichten und den für die Gewährung von Folgeansprüchen zuständigen Verwaltungsbehörden kommen. Dieser ist derzeit nicht näher bezifferbar. Hierbei ist auch zu bedenken, dass mit der vorgeschlagenen Regelung in § 2 Absatz 1 Satz 4 StrRehaG-E über bereits rechtskräftig (ablehnend) entschiedene Anträge erneut zu entscheiden sein wird.
F. Weitere Kosten
Keine.
Gesetzentwurf des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes - Verbesserung der Lage von Heimkindern
Der Bundesrat hat in seiner 961. Sitzung am 3. November 2017 beschlossen, den beigefügten Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 1 des Grundgesetzes beim Deutschen Bundestag einzubringen
Anlage
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes - Verbesserung der Lage von Heimkindern
Vom ...
Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Änderung des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes
Das Strafrechtliche Rehabilitierungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2664), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. Dem § 2 Absatz 1 werden die folgenden Sätze angefügt:
"Es wird widerlegbar vermutet, dass die Anordnung der Unterbringung in einem Heim für Kinder oder Jugendliche der politischen Verfolgung diente, soweit gleichzeitig mit der Unterbringung freiheitsentziehende Maßnahmen gegen die Eltern oder Elternteile aufgrund von Entscheidungen, die im Wege der Rehabilitierung für rechtsstaatswidrig erklärt und aufgehoben worden sind, vollstreckt wurden. Ist über einen Antrag auf Rehabilitierung wegen Anordnung der Unterbringung in einem Heim für Kinder oder Jugendliche vor dem... [einsetzen: Datum des Inkrafttretens dieses Gesetzes] rechtskräftig entschieden worden, ist ein auf denselben Sachverhalt gestützter Antrag auf Rehabilitierung zulässig, soweit dargelegt wird, dass der frühere Antrag unter Berücksichtigung von Satz 3 Erfolg gehabt hätte."
2. In § 7 Absatz 1 wird die Angabe "2019" durch die Angabe "2029" ersetzt.
3. In § 17 Absatz 4 Satz 1 wird die Angabe "2019" durch die Angabe "2029" ersetzt.
4. In § 25 Absatz 2 Satz 3 wird die Angabe "2019" durch die Angabe "2029" ersetzt.
Artikel 2
Änderung des Bundeszentralregistergesetzes
In § 64b Absatz 1 Satz 1 des Bundeszentralregistergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. September 1984 (BGBl. I S. 1229, 1985 I S. 195), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird die Angabe "2020" durch die Angabe "2030" ersetzt.
Artikel 3
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Begründung
A. Allgemeiner Teil
I. Zielsetzung und wesentlicher Inhalt des Gesetzes
Der Gesetzentwurf verfolgt das Ziel, die Rehabilitierung von Heimkindern in der ehemaligen DDR, die deshalb in einem Heim untergebracht wurden, weil ihre Eltern infolge politischer Verfolgung im Sinne des § 1 Absatz 1 StrRehaG inhaftiert waren oder sonstige freiheitsentziehende Maßnahmen im Sinne des § 2 Absatz 1 StrRehaG erlitten haben, zu erleichtern oder zu ermöglichen. Die gegenwärtige Rechtslage stellt hierfür solch hohe Anforderungen, dass eine Rehabilitierung für die Betroffenen faktisch ausgeschlossen ist. Infolgedessen können sie auch weder die Kapitalentschädigung (§ 17 StrRehaG) noch die Opferrente (§ 17a StrRehaG) erfolgreich beantragen.
Normativer Ausgangspunkt ist § 2 Absatz 1 Satz 2 StrRehaG, wonach das StrRehaG auf Anordnungen der Unterbringung in einem Heim für Kinder und Jugendliche in der früheren DDR
Anwendung findet, wenn diese Unterbringung
- - der politischen Verfolgung (Alternative 1) oder
- - sonst sachfremden Zwecken (Alternative 2)
gedient hat.
Grundsätzlich handelt es sich bei der Feststellung, welchen Zwecken die Unterbringung der Kinder und Jugendlichen gedient hat, um eine Einzelfallprüfung.
Nach gegenwärtiger - durch die restriktive Rechtsprechung des BGH geprägter - Rechtslage müssen ehemalige Heimkinder für ihre Rehabilitierung unter Anwendung der Alternative 1 - "politische Verfolgung" - den Nachweis erbringen, dass die Anordnung ihrer Heimunterbringung selbst einen Akt der politischen Verfolgung darstellte. Der BGH hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass in den Fällen, in denen die Eltern eines Betroffenen infolge ihrer Inhaftierung als Opfer politischer Verfolgung an der Ausübung der elterlichen Sorge gehindert waren und der Betroffene deshalb in einem Kinder- oder Jugendheim untergebracht wurde, eine solche Unterbringung nicht als politische Verfolgung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 2 StrRehaG angesehen werden kann. Damit ist der bloße ursächliche Zusammenhang einer gegen ihre Eltern gerichteten Verfolgungsmaßnahme mit der Anordnung der Unterbringung in einem Heim für Kinder oder Jugendliche nicht ausreichend.
Den ehemaligen Heimkindern wird die für eine erfolgreiche Rehabilitierung notwendige Beweisführung indes regelmäßig verschlossen sein, da die Jugendhilfeakten oftmals vernichtet wurden oder mitunter den wahren Verfolgungscharakter verschleiern. Hinzu tritt, dass sie selbst aufgrund ihres damaligen Alters (oftmals Kleinkinder) meist keine Erinnerungen an die Umstände ihrer Heimunterbringung mehr haben und ihre Eltern möglicherweise nicht mehr am Leben sind.
Aktuell ist als Reaktion auf die Entscheidung des BGH das Bestreben der (ostdeutschen) Oberlandesgerichte zu erkennen, gleichwohl eine Rehabilitierung der betroffenen Heimkinder zu ermöglichen, indem sie nunmehr nicht mehr auf die politische Verfolgung, sondern auf die Unterbringung aus "sonst sachfremden Zwecken" (Alternative 2) abstellen.
Allerdings darf nicht verkannt werden, dass ein solcher sachfremder Zweck positiv festgestellt werden muss. Die Nichterweislichkeit anspruchsbegründender Tatsachen geht dabei zu Lasten der Antragsteller. Im Ergebnis können daher auch bei dieser Alternative Nachweisprobleme für die betroffenen Heimkinder bestehen. Die bisherige Rechtslage erscheint daher nach wie vor unbefriedigend.
Dieses Ergebnis widerspricht dem Zweck des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes, staatliches Unrecht in der ehemaligen DDR wiedergutzumachen. Es schenkt zudem der Lebenswirklichkeit in der ehemaligen DDR keine hinreichende Beachtung. Es wird nämlich nicht berücksichtigt, dass sich die politische Verfolgung und die Inhaftierung der Eltern zwangsläufig auf die gesamte Familie ausgewirkt haben. Die politische Verfolgung und das dadurch bedingte staatliche Unrecht betrafen nicht nur die politisch verfolgten und inhaftierten Eltern, sondern im gleichen Maße die Kinder und Jugendlichen, die durch die Heimeinweisung ebenfalls Opfer einer Freiheitsentziehung wurden. Das Handeln der Jugendbehörden war eine notwendige Folge des rechtsstaatswidrigen Handelns der Justizbehörden. Es ist nicht einzusehen, den politisch verfolgten und inhaftierten Eltern eine Rehabilitierung zu ermöglichen, den im gleichen Maße betroffenen ehemaligen Heimkindern eine solche faktisch zu verschließen.
Der Gesetzentwurf schlägt deshalb zur Verbesserung der rehabilitierungsrechtlichen Position der Betroffenen vor, § 2 Absatz 1 StrRehaG dahingehend zu ergänzen, dass widerlegbar vermutet werden soll, dass die Anordnung der Unterbringung in einem Heim für Kinder und Jugendliche der politischen Verfolgung diente, soweit gleichzeitig mit der Unterbringung freiheitsentziehende Maßnahmen gegenüber den Eltern vollstreckt wurden. Es würde danach für die Rehabilitierung der Nachweis genügen, dass die Eltern aus politischen Gründen inhaftiert waren, diese rehabilitiert worden sind und ihre Kinder gleichzeitig in einem Heim untergebracht waren. Zudem soll Heimkindern, die bereits einen Antrag auf Entschädigungsleistungen gestellt hatten, der abgelehnt wurde, die Möglichkeit eingeräumt werden, erneut einen Antrag zu stellen.
II. Gesetzgebungskompetenz
Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes folgt aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 1 des Grundgesetzes (Strafrecht).
Nach Artikel 104a Absatz 4 des Grundgesetzes bedarf das Gesetz der Zustimmung des Bundesrates.
III. Auswirkungen
1. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Aufgrund der Verbesserung der rehabilitierungsrechtlichen Position der betroffenen Kinder und Jugendlichen ist zukünftig eine höhere Anzahl von Anträgen auf Kapitalentschädigung (§ 17 StrRehaG) oder Opferrente (§ 17a StrRehaG) zu erwarten. Darüber hinaus ist auch zu berücksichtigen, dass aufgrund der angestrebten Neuregelung des § 2 Absatz 1 Satz 4 StrRehaG-E über bereits rechtskräftig (ablehnend) entschiedene Anträge gegebenenfalls erneut zu entscheiden sein wird, wenn der Antragsteller darlegt, dass der Antrag unter Berücksichtigung von § 2 Absatz 1 Satz 3 StrRehaG-E Erfolg gehabt hätte. Dies führt zu erhöhten Haushaltsausgaben für den Bund, der 65 Prozent der Kosten für die nach diesem Gesetz entstehenden Leistungen trägt.
Eine genaue Prognose der Anzahl der aufgrund der Gesetzesänderung zu erwartenden Anträge und der damit verbundenen zusätzlichen Haushaltsausgaben ist derzeit noch nicht möglich. Eine Schätzung der Länderarbeitsgruppe geht von einer Gesamtanzahl von etwa 200 Anträgen in den betroffenen Ländern aus. Nach den bisherigen Erfahrungen und unter Zugrundelegung eines angenommenen durchschnittlichen Heimaufenthaltes von 36 Monaten wird bundesweit ein Aufwand in Höhe von insgesamt 2,2 Millionen Euro für die Kapitalentschädigung anzusetzen sein. Die monatlich zu zahlende Opferrente in Höhe von maximal 300 Euro ist nur in Fällen besonderer Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Lage der Betroffenen zu zahlen. Eine solche Beeinträchtigung ist gegeben, wenn ihr Einkommen bestimmte Grenzen nicht überschreitet. Bei Zugrundelegung von maximal 100 Personen als Bezieher der Opferrente ist insoweit bundesweit ein jährlicher Gesamtaufwand von 360 000 Euro anzusetzen.
Aufgrund der Verlängerung der Ausschlussfrist zur Antragstellung über den 31. Dezember 2019 hinaus ist zukünftig mit weiteren Anträgen zu rechnen, die nach der alten Rechtslage unzulässig wären. Die entsprechenden Fallzahlen sind allerdings schwer abschätzbar. Es ist davon auszugehen, dass durch die Verlängerung der Antragsmöglichkeit in den betroffenen Ländern in den ersten Jahren mit noch bis zu 200 Bewilligungen zu rechnen ist. Die Kapitalentschädigungen für unrechtmäßige Haft liegen nach den bisherigen Erfahrungen im Durchschnitt deutlich unter den zu erwartenden Entschädigungen für die Heimunterbringung, da letztere regelmäßig deutlich länger andauerte. Auf der Grundlage von durchschnittlich 4 500 Euro pro Bewilligung wäre ab dem Jahr 2020 bundesweit mit Kapitalentschädigungen in Höhe von ca. 900 000 Euro zu rechnen. Bei Zugrundelegung von maximal 100 Personen als Opferrentenbezieher ist insoweit bundesweit vom einem jährlichen Gesamtaufwand von 360 000 Euro auszugehen. In den Folgejahren ist mit einem Rückgang der Bewilligungen zu rechnen.
2. Erfüllungsaufwand
Aufgrund der künftig zu erwartenden höheren Anzahl von Anträgen auf strafrechtliche Rehabilitierung sowie von Anträgen auf Gewährung von Kapitalentschädigung und/oder Opferrente kann es zu einem Mehrbedarf an Sach- und Personalmitteln bei den Rehabilitierungsgerichten und den für die Gewährung von Folgeansprüchen zuständigen Verwaltungsbehörden kommen. Hierdurch entstehen den Ländern zusätzliche Verwaltungskosten. Diese sind derzeit nicht verlässlich bezifferbar.
3. Weitere Kosten
Die vorgesehene Gesetzesänderung belastet die Wirtschaft nicht mit zusätzlichen Kosten. Auswirkungen auf Einzelpreise, das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.
Mit dem Gesetzentwurf werden keine Informationspflichten für die Wirtschaft sowie für Bürgerinnen und Bürger eingeführt.
B. Besonderer Teil
Zu Artikel 1 (Änderung des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes)
Zu Nummer 1 (§ 2 Absatz 1 Satz 3 und 4 StrRehaG-E)
Zu Satz 3 - neu -
Mit der vorgeschlagenen Ergänzung des § 2 Absatz 1 StrRehaG um einen neuen Satz 3 wird es betroffenen ehemaligen Heimkindern in der DDR leichter ermöglicht, unter Berufung auf die Vollstreckung freiheitsentziehender Maßnahmen gegenüber ihren Eltern aufgrund politischer Verfolgung ihre eigene Rehabilitierung zu erwirken. Hierzu soll widerlegbar vermutet werden, dass die Anordnung der Unterbringung in einem Heim für Kinder und Jugendliche der politischen Verfolgung diente, soweit gleichzeitig mit der Unterbringung freiheitsentziehende Maßnahmen gegenüber den Eltern oder Elternteilen vollstreckt wurden. Es besteht zwar für das Gericht die Möglichkeit, mit Hilfe von Zeugenaussagen, Urkunden oder anderen Beweismittel im Verfahren festzustellen, dass die Heimunterbringung (auch) aus anderen Gründen, etwa aus Fürsorgegesichtspunkten, erfolgt ist und damit die Vermutung widerlegt ist. Für die Betroffenen hat die geplante Neuregelung aber den Vorteil, dass der Nachweis des Verfolgungszwecks der Unterbringungsanordnung künftig nicht mehr erforderlich ist und sie damit nicht mehr vor den beschriebenen Beweisschwierigkeiten stehen. Es soll nunmehr der Nachweis genügen, dass gegen die Eltern - aufgrund von für rechtsstaatswidrig erklärten und aufgehobenen Entscheidungen - freiheitsentziehende Maßnahmen vollstreckt wurden und die Kinder oder Jugendlichen gleichzeitig in einem Heim untergebracht waren.
§ 2 Absatz 1 Satz 3 StrRehaG-E enthält als zusätzliche Voraussetzung, dass die Eltern oder Elternteile bereits rehabilitiert worden sind. Für die Gerichte wird auf diese Weise eine handhabbare Regelung geschaffen. Es dürfte sich zudem nur um wenige Einzelfälle handeln, denen durch Aufnahme dieser zusätzlichen Voraussetzung die strafrechtliche Rehabilitierung versagt wird. So ist nach § 7 Absatz 1 Nummer 2 StrRehaG auch ein Antrag für diejenigen Kinder und Jugendlichen möglich, deren Eltern bereits verstorben sind und die deshalb selbst einen Antrag nicht stellen können.
Zu Satz 4 - neu -
Gemäß § 2 Absatz 1 Satz 4 StrRehG-E soll die Möglichkeit eröffnet werden, erneut einen Antrag auf Entschädigungsleistungen zu stellen. Dadurch können auch diejenigen Betroffenen von der widerlegbaren Vermutung in § 2 Absatz 1 Satz 3 StrRehG-E profitieren, deren Antrag auf Rehabilitierung - unter Berücksichtigung der restriktiven Rechtsprechung des BGH - rechtskräftig abgelehnt worden ist. Hiernach können Anträge, die bereits abgelehnt wurden, erneut gestellt werden, wenn den Betroffenen unter Zugrundelegung des neuen § 2 Absatz 1 Satz 3 StrRehaG-E nunmehr strafrechtliche Rehabilitierung gewährt werden müsste.
Ohne diese Regelung entstünde die Situation, dass ergangene rechtskräftige Ablehnungen der Rehabilitierung Bestand hätten, während andere Betroffene in vergleichbaren - vor der Entscheidung des BGH rechtskräftig entschiedenen - Fällen rehabilitiert worden sind bzw. künftig aufgrund der neuen Rechtslage rehabilitiert werden. Solche Kinder und Jugendliche nach wie vor von der strafrechtlichen Rehabilitierung auszuschließen, ist nicht gerechtfertigt. Damit wird auch nicht in die Rechtskraft von gerichtlichen Entscheidungen eingegriffen, da die ursprüngliche Entscheidung durch den zweiten Antrag nicht berührt wird.
Zu Nummer 2 (§ 7 Absatz 1 StrRehaG-E)
Die Änderung des § 7 Absatz 1 StrRehaG verlängert die Ausschlussfrist für Anträge auf strafrechtliche Rehabilitierung um zehn Jahre. Gegenwärtig sieht diese Regelung vor, dass der Antrag auf Rehabilitierung bis zum 31. Dezember 2019 gestellt werden muss.
Es ist aber auch über den Zeitpunkt hinaus noch mit begründeten Rehabilitierungsanträgen zu rechnen. Hinzu tritt, dass gerade aufgrund der mit diesem Gesetzentwurf verbesserten Lage der Heimkinder weitere Anträge oder - im Hinblick auf § 2 Absatz 1 Satz 4 StrRehaG-E - Wiederholungsanträge zu erwarten sind. Aus diesem Grund ist es angebracht, den Betroffenen genügend Zeit zur Überlegung oder zur Vorbereitung der Antragstellung zu gewähren.
Zu Nummer 3 und 4 (§ 17 Absatz 4 Satz 1 und § 25 Absatz 2 Satz 3 StrRehaG-E)
Folgeänderung zu Artikel 1 Nummer 2.
Zu Artikel 2 (Änderung des Bundeszentralregistergesetzes, § 64 Absatz 1 Satz 1 BZRG-E)
Folgeänderung zu Artikel 1 Nummer 2.
Zu Artikel 3 (Inkrafttreten)
Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten.