A. Problem und Ziel
- Seit dem 01.09.2007 erhalten Opfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen SBZ/ DDR eine monatliche Zuwendung in Höhe von bis zu 250 €, wenn sie eine mit den wesentlichen Grundsätzen der freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbare Freiheitsentziehung von insgesamt mindestens sechs Monaten erlitten haben und in ihrer wirtschaftlichen Lage beeinträchtigt sind.
- Hinsichtlich der Feststellung der Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Lage verweist § 17a des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes (StrRehaG) zur Einkommensermittlung auf § 82 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) und legt eine Einkommensgrenze für die Bedürftigkeit fest.
- Das Einkommen definiert § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII. Satz 2 regelt, dass das Kindergeld bei Minderjährigen dem jeweiligen Kind als Einkommen zuzurechnen ist. Dieser ist ausdrücklich nicht von dem Verweis des § 17a StrRehaG erfasst. Das hat zur Folge, dass das Kindergeld den Anspruchsberechtigten als Einkommen zugerechnet wird und bei kleinen Einkommen plus Kindergeld oder Kindergeldzahlungen für mehrere Kinder die Einkommensgrenze des § 17a StrRehaG überschritten sein kann. In diesen Fällen kann aufgrund fehlender "Bedürftigkeit" keine besondere Zuwendung (Opferrente) gezahlt werden.
- Diese unterschiedliche Verfahrensweise bei der Berechnung von Ansprüchen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch und bei der Berechnung des Anspruchs auf die besondere Zuwendung nach § 17a StrRehaG ist nicht gerechtfertigt und stellt eine Benachteiligung von Familien mit Kindern dar, die durch eine Änderung des § 17a StrRehaG beseitigt werden soll.
- Darüber hinaus sieht § 17a StrRehaG lediglich eine Einkommensgrenze für alleinstehende Berechtigte und eine Einkommensgrenze für verheiratete oder in Lebenspartnerschaft lebende Berechtigte sowie in eheähnlicher oder in lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft lebende Berechtigte vor. Eine besondere Einkommensgrenze für Familien mit Kindern ist nicht vorgesehen.
- Dies ist nicht sachgerecht, da der Lebensunterhalt der Kinder ebenfalls vom zur Verfügung stehenden Einkommen zu bestreiten ist. Dieses muss durch Einführung eines Freibetrages für unterhaltsberechtigte Kinder auch Berücksichtigung finden.
- Insbesondere im Hinblick darauf, dass Renten von Anspruchsberechtigten und Einkommen der nicht anspruchsberechtigten Ehegatten oder Lebenspartner, egal in welcher Höhe, bei der Einkommensermittlung nicht berücksichtigt werden, Kindergeld dagegen angerechnet wird, stellt eine nicht hinzunehmende Ungleichbehandlung von Familien mit Kindern dar.
B. Lösung
- Durch Änderung des § 17a StrRehaG dahingehend, dass auch auf Satz 2 des § 82 Abs. 1 SGB XII verwiesen wird, ist das Kindergeld bei Minderjährigen dem jeweiligen Kind als Einkommen zuzurechnen, soweit es bei diesem zur Deckung des notwendigen Lebensunterhaltes benötigt wird. Damit wirkt es sich nicht mehr einkommenserhöhend beim Anspruchsberechtigten aus.
- Die Einkommensgrenze bei Anspruchsberechtigten mit Kindern sollte durch Einführung eines Freibetrages für unterhaltsberechtigte Kinder angemessen angehoben werden. Damit findet Berücksichtigung, dass das zur Verfügung stehende Einkommen auch zur Deckung des Lebensunterhalts der Kinder benötigt wird.
- Eine bisher bei Gewährung der besonderen Zuwendung nach § 17a StrRehaG bestehende Benachteiligung von Anspruchsberechtigten mit Kindern wird so beseitigt.
C. Alternativen
- Keine.
D. Kosten
- Die Mehrzahl der Antragsteller befindet sich bereits im Rentenalter. Renten, werden bei der Berechnung der Einkommensgrenze nicht berücksichtigt, so dass es in der überwiegenden Zahl der Fälle zur Gewährung der besonderen Zuwendung gem. § 17a StrRehaG kommt.
- Bei den übrigen Anspruchberechtigten gibt es aber durchaus Personen mit Kindern, denen sie zum Unterhalt verpflichtet sind. Es ist davon auszugehen, dass ca. 5 % der Anspruchsberechtigten Kinder haben, für die sie Kindergeld beziehen.
- Bei diesem Personenkreis führt die Nichtberücksichtigung des Kindergeldes beim Einkommen und eine Erhöhung der Einkommensgrenze durch einen Kinderfreibetrag zumindest zum Teil dazu, dass die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sein könnten, während nach bisherigem Recht wegen Überschreitung der Einkommensgrenze kein Anspruch auf die besondere Zuwendung bestand.
- Bundesweit ist von ca. 3.000 Anspruchsberechtigten auszugehen, die betroffen sein könnten. Das bedeutet jährlich einen Mehrbedarf zur Zahlung der besonderen Zuwendung in Höhe von 9.000.000 €, wovon 3.150.000 € die Länder und 5.850.000 € der Bund zu tragen hätten.
Gesetzesantrag der Länder Niedersachsen, Sachsen
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes
Der Niedersächsische Ministerpräsident Hannover, den 4. Juni 2008
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ersten Bürgermeister
Ole von Beust
Sehr geehrter Herr Präsident,
die Niedersächsische Landesregierung hat beschlossen, gemeinsam mit dem Freistaat Sachsen, dem Bundesrat den anliegenden
- Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes
mit dem Antrag zuzuleiten, seine Einbringung beim Deutschen Bundestag gemäß Art. 76 Abs. 1 Grundgesetz zu beschließen.
Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf die Tagesordnung der 845. Sitzung des Bundesrates am 13. Juni 2008 zu setzen.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Wulff
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes
Vom ...
Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
§ 17a Abs. 2 des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2664), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 13. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2904) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
- 1. In Satz 1 wird nach der Angabe "in Satz 3" die Angabe "und 4" eingefügt.
- 2. In Satz 2 Halbsatz 1 wird die Verweisung "§ 82 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2" durch die Verweisung "§ 82 Abs. 1 und 2" ersetzt.
- 3. Nach Satz 3 wird folgender Satz angefügt:
"Für jedes eigene Kind des Berechtigten, für das ein Kindergeldanspruch besteht, wird die Einkommensgrenze um das Einfache des Regelsatzes nach § 28 Abs. 2 in Verbindung mit § 40 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch erhöht."
Artikel 2
- Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.
Begründung:
A. Allgemeiner Teil
I. Ausgangslage
Bei den bestehenden Regelungen des § 17a des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes (StrRehaG) wird nicht berücksichtigt, dass Anspruchsberechtigte auch Kinder haben könnten.
Durch den fehlenden Verweis auf § 82 Abs. 1 Satz 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) wird das Kindergeld nicht dem Kind, sondern dem Anspruchsberechtigten als Einkommen zugerechnet. Da aber das Kindergeld normalerweise zur Deckung des notwendigen Lebensunterhalts des Kindes benötigt wird, ist es nicht gerechtfertigt, es dem Einkommen des anspruchsberechtigten Elternteils zuzurechnen.
Außerdem sieht § 17a Abs. 2 StrRehaG lediglich zwei unterschiedliche Einkommensgrenzen vor und zwar eine für alleinstehende und eine für verheiratete bzw. in Lebenspartnerschaft lebende Anspruchsberechtigte. Eine Einkommensgrenze für Familien mit Kindern oder ein Freibetrag für Kinder, der die Einkommensgrenze erhöht, ist nicht vorgesehen. Diese Benachteiligung für Anspruchsberechtigte mit Kindern kann durch Einführung eines Freibetrages für Kinder beseitigt werden.
II. Ziel des Gesetzentwurfs
Die Benachteiligung von Anspruchsberechtigten mit Kindern soll beseitigt werden.
III. Gesetzgebungskompetenz
Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Änderung des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes folgt aus Artikel 74 Abs. 1 Nr. 1 des Grundgesetzes ("das Strafrecht"). Das Gesetz bedarf der Zustimmung des Bundesrates. Die Zustimmungsbedürftigkeit ergibt sich aus Artikel 84 Abs. 1 des Grundgesetzes.
IV. Kosten der öffentlichen Haushalte
Bundesweit ist von ca. 3.000 Anspruchsberechtigten auszugehen, die betroffen sein könnten.
Das bedeutet jährlich einen Mehrbedarf zur Zahlung der besonderen Zuwendung in Höhe von 9.000.000 €, wovon 3.150.000 € die Länder (35 vom Hundert) und 5.850.000 € der Bund (65 vom Hundert) zu tragen hätten.
B. Zu den einzelnen Vorschriften
Zu Artikel 1 (Änderung des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes)
Durch den Verweis auf § 82 Abs. 1 und 2 SGB XII werden die Vorschriften für die Einkommensberechnung bei der Sozialhilfe auch auf die Berechnung der wirtschaftlichen Lage für die besondere Zuwendung nach § 17a StrRehaG angewendet. Das Kindergeld wird nicht mehr bei dem Einkommen des Anspruchsberechtigten berücksichtigt, sondern entsprechend der Regelung des § 82 Abs. 1 Satz 2 SGB XII dem jeweiligen Kind als Einkommen zugerechnet.
Die jeweils maßgebliche Einkommensgrenze wird durch einen Freibetrag für jedes berücksichtigungsfähige Kind erhöht. Insofern wird der Tatsache Rechnung getragen, dass das Einkommen auch für den Lebensunterhalt der Kinder und nicht nur des Anspruchsberechtigten vorgesehen ist.