Der Bundesrat hat in seiner 979. Sitzung am 28. Juni 2019 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zum Gesetzentwurf insgesamt
Der Bundesrat begrüßt ausdrücklich, dass die Bundesregierung mit dem Gesetzentwurf entsprechend der in Ziffer 1 der BR-Drucksache 743/17(B) vom 2. Februar 2018 vom Bundesrat formulierten Bitte beabsichtigt, die rechtlichen Voraussetzungen für eine unbefristete Antragsmöglichkeit im Strafrechtlichen, im Beruflichen und im Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz zu schaffen.
Der Bundesrat muss aber auch feststellen, dass die Bundesregierung mit dem Gesetzentwurf nicht die weiteren Beschlüsse des Bundesrates aufgegriffen hat, um die soziale Lage der anerkannten politisch Verfolgten durch eine Änderung der Rehabilitierungsgesetze zu verbessern, vgl. BR-Drucksache 316/18(B) vom 19. Oktober 2018. Der Bundesrat erwartet, dass die bislang unberücksichtigt gebliebenen Beschlüsse des Bundesrates im weiteren Gesetzgebungsverfahren aufgegriffen und damit ebenfalls zügig einer sachgerechten rechtlichen Lösung zugeführt werden.
Begründung:
Der Bundesrat hatte sich in der jüngsten Vergangenheit mehrfach mit der sozialen Lage von Opfern des SED-Unrechts und ihrem Zugang zu Entschädigungs- und Ausgleichsleistungen befasst - BR-Drucksachen 743/17(B) , 642/17(B) und 316/18(B) sowie 175/19 (PDF) -.
Die Antragsfristen im Strafrechtlichen, im Beruflichen und im Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz sind seit Inkrafttreten der Gesetze wiederholt verlängert worden, weil sich immer wieder gezeigt hatte, dass die ursprüngliche Annahme, innerhalb eines bestimmten Zeitraumes würden sämtliche berechtigten Personen einen Antrag stellen und damit Zugang zu den ihnen nach diesen Gesetzen zustehenden Leistungen erhalten, sich nicht erfüllt hatte. Es wird daher ausdrücklich begrüßt, dass mit einer unbefristeten Antragsmöglichkeit in allen drei Gesetzen der vom Bundesrat mit Ziffer 1 der BR-Drucksache 743/17(B) vom 2. Februar 2018 an die Bundesregierung herangetragenen Bitte entsprochen wird.
Die Rehabilitierungsgesetze bedürfen aber darüber hinaus auch inhaltlich einer Anpassung und Weiterentwicklung an die im Lauf der Jahre bekannt gewordenen tatsächlichen Verhältnisse. Der vorliegende Gesetzentwurf greift zwar das mit dem Gesetzentwurf in BR-Drucksache 642/17(B) vom 3. November 2017 vom Bundesrat eingebrachte Anliegen auf, die Rehabilitierung und den Zugang zu Leistungen für Personen zu erleichtern, die als Kinder und Jugendliche in der DDR deshalb in einem Heim untergebracht wurden, weil ihre Eltern als politisch Verfolgte freiheitsentziehenden Maßnahmen ausgesetzt waren und deshalb die elterliche Sorge nicht mehr ausübten. Das allein ist jedoch unzureichend. Noch immer erhalten nicht sämtliche von einer politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR
Betroffenen gleichermaßen und im ausreichenden Umfang einen sozialen und finanziellen Ausgleich für das erlittene Unrecht und die daraus resultierenden Folgen. Der Bundesrat hatte in seiner Entschließung in BR-Drucksache 316/18(B) vom 19. Oktober 2018 weitere Punkte formuliert, um eine Verbesserung der sozialen Lage von als politisch Verfolgte anerkannten Personen in der ehemaligen Sowjetischen Besatzungszone und der Deutschen Demokratischen Republik zu erreichen. Diese sind im Gesetzentwurf bisher unberücksichtigt geblieben.
2. Zur Anrechnung von Einkommen gemäß § 17a StrRehaG
Der Bundesrat spricht sich anlässlich der in dem Gesetzentwurf vorgesehenen Änderungen zur Anrechnung von Einkommen im § 17a StrRehaG für eine grundsätzliche kritische Überprüfung aus, die Gewährung der besonderen Zuwendung für Haftopfer nach § 17a StrRehaG weiter von einer besonderen wirtschaftlichen Bedürftigkeit abhängig zu machen. Wie sich in der Praxis gezeigt hat, kommt es in der weit überwiegenden Anzahl der Fälle nicht zu einer Anrechnung von Einkommen, zumal Renten und vergleichbare Leistungen ohnehin unberücksichtigt bleiben. Im Sinne einer Gleichbehandlung und Entlastung aller grundsätzlich leistungsberechtigten anerkannten politisch Verfolgten und einer Verwaltungsvereinfachung erscheint es zweckmäßiger, den Anspruch auf die besondere Zuwendung in Höhe von 300 Euro durch den Gesetzgeber für die Zukunft einkommensunabhängig auszugestalten.
Begründung:
Der Bundesrat sieht Handlungsbedarf hinsichtlich der Einkommensanrechnung bei Leistungen nach § 17a StrRehaG. Bereits nach geltender Rechtslage s i.d.R. nten oder vergleichbare Leistungen sowie Kindergeld bei der durchzuführenden Einkommensanrechnung unberücksichtigt zu lassen. Antragstellende erhalten damit unterschiedlichen Zugang zu der monatlichen besonderen Zuwendung, je nachdem, ob sie sich in der Erwerbsphase oder bereits im Rentenalter befinden. In der überwiegenden Anzahl der Fälle ist es aber bislang nicht zu einer Anrechnung von Einkommen gekommen, das zu einer Minderung oder zu einem Wegfall des Zahlbetrags geführt hätte. Abgesehen vom Verwaltungsaufwand zur Einkommensermittlung sollte es Betroffenen in Anbetracht des Wiedergutmachungscharakters der Leistung und der Anerkennung des Einsatzes für Demokratie und Freiheit nicht länger zugemutet werden, ihre Einkünfte für die Inanspruchnahme der Leistung im Einzelnen offenlegen zu müssen. Deshalb sollte künftig nicht nur von turnusmäßigen Einkommensüberprüfungen, sondern generell von einer Einkommensanrechnung abgesehen werden.