983. Sitzung des Bundesrates am 29. November 2019
A
1. Der Ausschuss für Arbeit, Integration und Sozialpolitik empfiehlt dem Bundesrat, dem Gesetz gemäß Artikel 104a Absatz 4 des Grundgesetzes zuzustimmen.
B
2. Der Ausschuss für Arbeit, Integration und Sozialpolitik empfiehlt dem Bundesrat ferner, die folgende Entschließung zu fassen:
Zu Artikel 1 Kapitel 5 allgemein
Der Bundesrat begrüßt die grundlegenden Ziele der Reform des Sozialen Entschädigungsrechts und unterstützt ausdrücklich das Anliegen der Bundesregierung, die Reform im dritten Jahr nach dem Attentat auf dem Breitscheidplatz abzuschließen.
Der Bundesrat stellt allerdings fest, dass das vorliegende Gesetz bei der Erbringung von Sachleistungen in der Krankenbehandlung ein kompliziertes, miteinander verschränktes Leistungssystem mit unterschiedlichen Zuständigkeiten vorsieht. Er setzt sich deshalb weiterhin für eine Übertragung der Leistungsbereiche der Krankenbehandlung und Pflege auf die Gesetzlichen Unfallkassen nach den Leistungsvorschriften des SGB VII ein.
Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, innerhalb eines angemessenen Zeitraums vor dem Inkrafttreten des SGB XIV am 1. Januar 2024 eine eingehende Prüfung und Evaluation beider Ansätze durchzuführen und auf Basis dieser Evaluation gegebenenfalls Änderungen des Gesetzes bei den Bestimmungen der Krankenbehandlung und Pflege vorzunehmen.
Begründung:
Der einheitliche Leistungskatalog der Gesetzlichen Unfallversicherung differenziert nicht zwischen zweckmäßigen, wirtschaftlichen und daher auf das notwendige Maß begrenzten Regelleistungen der Gesetzlichen Krankenversicherung und sogenannten ergänzenden Leistungen, die im neuen Sozialen Entschädigungsrecht darüber hinaus vorgesehen sind. Eine solche Versorgung mit allen geeigneten Mitteln entspricht nach Ansicht des Bundesrates den Anforderungen eines modernen Sozialen Entschädigungsrechts am besten. Vor allem aber sind nur bei einer Leistungserbringung aus einer Hand die Unfallversicherungsträger in der Lage, Krankenbehandlung, Hilfsmittelversorgung und Pflege so optimal aufeinander abzustimmen, dass das beabsichtigte höhere Qualitätsniveau auch wirklich zum Tragen kommt. Nur mit der Maxime, die Gesundheit und die Leistungsfähigkeit der Betroffenen auf einem qualitativ hohen Niveau ohne Beschränkungen auf bestimmte Leistungen wiederherzustellen, bleibt die besondere soziale Verantwortung des Staates für die Opfer von Gewalttaten auch künftig gewahrt.
Der umfangreiche Leistungskatalog der Gesetzlichen Unfallversicherung erfasst im Grundsatz alle im Gesetz enthaltenen Sachleistungen. Die Unfallversicherungsträger betreiben mit dem Rehabilitationsmanagement bereits seit langem ein Fallmanagement, sie erbringen schon immer auch Leistungen der beruflichen Teilhabe, sind erfahren in der Anwendung und Prüfung von Kausalitätsfragen und kennen im Bereich der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand einen Betroffenenkreis vom Kleinkind bis zur hochbetagten Person. Eine Leistungsverschlechterung zum Nachteil der Betroffenen würde deshalb bei einer Übertragung der Zuständigkeit auf die Gesetzlichen Unfallkassen der Länder nach den Regelungen des SGB VII nicht eintreten.
Soweit im vorliegenden Gesetz vorgesehene bestimmte Leistungen nicht unmittelbar dort enthalten sind, besteht weiterhin die Möglichkeit, diese Regelungen als Sonderanspruch in ein SGB XIV aufzunehmen. Dieser Katalog ergänzender Leistungen könnte aber deutlich schlanker ausfallen als im derzeitigen Gesetz und wäre durch die Gesetzlichen Unfallversicherungen verwaltungsseitig ausführbar.
Auf Grundlage einer Evaluation des Ansatzes im Gesetz und des Alternativmodells nach den Kriterien Bürgerfreundlichkeit, Kosten und Verwaltungseffizienz könnten noch vor dem Inkrafttreten Korrekturen an dieser Stelle des Gesetzes vorgenommen werden. Eine entsprechende Evaluation sollte im Jahre 2021 abgeschlossen werden, um den Ländern ausreichend Zeit für die Umsetzung zum 1. Januar 2024 zu ermöglichen.