Der Bundesrat hat in seiner 968. Sitzung am 8. Juni 2018 die aus der Anlage ersichtliche Entschließung gefasst
Anlage
Entschließung des Bundesrates für eine Anhebung der Tagespauschale zur Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen
Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der eine deutliche Erhöhung der derzeitigen Entschädigung nach § 7 Absatz 3 des Gesetzes über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) vorsieht.
Zuletzt wurde die Entschädigungspauschale für eine zu Unrecht erlittene, gerichtlich angeordnete Freiheitsentziehung durch das 2. Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen vom 30. Juli 2009 ab 5. August 2009 von elf Euro auf 25 Euro pro angefangenen Hafttag erhöht.
Eine erneute Anhebung der geltenden Pauschale nach nunmehr fast neun Jahren ist erforderlich, da der Entschädigungsbetrag nicht mehr angemessen ist.
Begründung:
Im Fall der Freiheitsentziehung aufgrund gerichtlicher Entscheidung ist nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) neben dem Ausgleich von Vermögensschäden auch der Schaden, der nicht Vermögensschaden ist, ersatzfähig. Neben dem Anspruch auf Ersatz des eingetretenen Vermögensschadens, der konkret nachzuweisen und zu beziffern ist, steht den Betroffenen somit ein Pauschalbetrag zu. Für diesen immateriellen Schaden beträgt die Entschädigung derzeit 25 Euro für jeden angefangenen Tag der Freiheitsentziehung (§ 7 Absatz 3 StrEG).
Die Bemessung der immateriellen Entschädigung durch die Pauschalierung nach Tagessätzen unabhängig von den persönlichen Verhältnissen der Betroffenen soll beibehalten werden. Bereits in der Vergangenheit hat sich der Gesetzgeber wiederholt für eine Entschädigung durch eine feste Tagespauschale entschieden, um so eine Ungleichbehandlung der - armen und reichen - Betroffenen zu vermeiden, zu der eine Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse zwangsläufig führen würde, vergleiche BR-Drucksache 151/09(B) , Seite 4.
Eine auf zwei Jahre konzipierte Studie zur "Rehabilitation und Entschädigung zu Unrecht inhaftierter Personen" der Kriminologischen Zentralstelle (KrimZ) zum praktischen Ablauf des Entschädigungsverfahrens und denkbaren Optimierungsmöglichkeiten hat sich mit den Fragen, wie die Entschädigung und Rehabilitation der Betroffenen in der Praxis der Justiz erfolgt, welche Beeinträchtigungen zu Unrecht inhaftierte Personen erleiden, welche Defizite aus Sicht der beteiligten Institutionen und Betroffenen bestehen, wie diese Defizite zu bewerten sind und inwiefern Maßnahmen zur Beschleunigung und Optimierung ergriffen werden können, beschäftigt. Sie kam ebenfalls zu dem Ergebnis, dass der derzeitige Umgang mit zu Unrecht inhaftierten Personen objektiv verbesserungswürdig erscheine. Den unschuldig ehemals Inhaftierten werde nicht die Hilfe entgegen gebracht, die sie - auch im Sinne einer Wiedergutmachung - erwarten und verdienen würden. Dies gelte sowohl wirtschaftlich als auch im Rahmen der schnellen und reibungslosen Wiedereingliederung in ein bürgerliches Leben. Die vom Gesetzgeber festgelegte Höhe der immateriellen Entschädigung reiche aus der Sicht der unmittelbar Betroffenen eindeutig nicht aus. Vielmehr würden diese die Summe als viel zu gering und als persönlichen Affront gegen sich bzw. einen Hohn von staatlicher Seite bewerten.
Auf der Justizministerkonferenz vom 9. November 2017 beschlossen die Justizministerinnen und Justizminister einstimmig, dass die derzeitige Tagespauschale von 25 Euro zu gering ist und deutlich angehoben werden soll.
Nachdem zunächst ein Pauschalbetrag von zehn Deutsche Mark pro angefangenen Tag der Freiheitsentziehung vorgesehen war, wurde dieser 1988 auf 20 Deutsche Mark und zum 1. Januar 2002 mit der Einführung des Euro auf elf Euro für jeden angefangenem Hafttag erhöht. Zuletzt wurde die Entschädigungspauschale durch das 2. Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen vom 30. Juli 2009 ab dem 5. August 2009 auf 25 Euro angehoben.
Eine erneute Erhöhung der geltenden Pauschale nach nunmehr fast neun Jahren ist erforderlich, da der Betrag nicht mehr angemessen ist. Die Erhöhung muss gleichermaßen für alle Fälle der zu Unrecht erlittenen Haft erfolgen. Durch eine deutliche Anhebung der Tagespauschale erfolgt über den bloßen Inflationsausgleich hinaus auch eine Stärkung des Genugtuungs- und Anerkennungsgedankens und die Verdeutlichung der Wertschätzung der grundrechtlich garantierten persönlichen Freiheit.