A. Problem und Ziel
- Der Gesetzentwurf verfolgt das Ziel, den Straftatbestand des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte ( § 113 StGB) zu ändern.
- Vor dem Hintergrund einer in den letzten Jahren festzustellenden Zunahme von tätlichen Angriffen gegen Polizeibeamte ist der durch § 113 Absatz 1 StGB gewährte strafrechtliche Schutz staatlicher Vollstreckungshandlungen nicht mehr ausreichend gewährleistet. So haben beispielsweise die Fälle des Widerstands gegen die Staatsgewalt innerhalb der letzten zehn Jahre bundesweit um ca. 31 Prozent zugenommen. Es handelt sich um einen deutlichen und über Jahre anhaltenden Anstieg.
- Mit der vorgesehenen Erhöhung des Strafrahmens wird auf die zunehmenden Widerstandshandlungen reagiert, indem über die generalpräventive Wirkung des Strafrechts einer Bagatellisierung entgegengewirkt wird.
- Darüber hinaus besteht unabhängig von bereits vorhandenen Sanktionsmöglichkeiten ein Bedürfnis, dass der Gesetzgeber auch Feuerwehrleute und Rettungskräfte ausdrücklich in den Anwendungsbereich des § 113 StGB einbezieht und vor Behinderungen und tätlichen Angriffen bei Hilfseinsätzen schützt. Diesem Ziel dient die Einfügung des § 113 Absatz 1 Satz 2 StGB.
- § 113 Absatz 2 StGB enthält strafverschärfende Regelbeispiele wie z.B. das Mitführen einer Waffe. Im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 1. September 2008 (- 2 BvR 2238/07 -, NJW 2008, 3627) soll durch die Ergänzung um andere gefährliche Werkzeuge eine Strafbarkeitslücke geschlossen werden. li>
B. Lösung
- Das Höchstmaß der Freiheitsstrafe wird angehoben. Die strafverschärfenden Regelbeispiele in § 113 Absatz 2 StGB werden um das Mitführen von gefährlichen Werkzeugen ergänzt. Hilfeleistende der Feuerwehr und des Rettungsdienstes werden durch einen neuen § 113 Absatz 1 Satz 2 StGB in den Schutzbereich des § 113 Absatz 1 StGB einbezogen.
C. Alternativen
- Keine
D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte
Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand
- Keine
Vollzugsaufwand
- Keine
E. Sonstige Kosten
Keine Gesetzentwurf des Bundesrates Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches (... Strafrechtsänderungsgesetz - ... StRÄndG)
Der Bundesrat hat in seiner 869. Sitzung am 7. Mai 2010 beschlossen, den beigefügten Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 1 des Grundgesetzes beim Deutschen Bundestag einzubringen.
Anlage
Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches (... Strafrechtsänderungsgesetz - ... StRÄndG)
Vom ...
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Änderung des Strafgesetzbuches
- § 113 des Strafgesetzbuches in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
- 1. Absatz 1 wird wie folgt geändert:
- a) Das Wort "zwei" wird durch das Wort "drei" ersetzt.
- b) Folgender Satz wird angefügt:
"Ebenso wird bestraft, wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not einen Hilfeleistenden der Feuerwehr oder des Rettungsdienstes durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt behindert oder ihn dabei tätlich angreift.""
- 2. In Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 werden nach dem Wort "Waffe" die Wörter "oder ein anderes gefährliches Werkzeug" eingefügt.
- 1. Absatz 1 wird wie folgt geändert:
Artikel 2
Inkrafttreten
- Dieses Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft.
Begründung:
A. Allgemeines
Vor dem Hintergrund ständiger und mit zunehmender Gewalt ausgeführter tätlicher Angriffe gegen Polizeibeamte gerät der durch § 113 Absatz 1 StGB geregelte Schutz zu kurz. Seit dem Jahr 2000 haben sich die Fälle des Widerstands gegen die Staatsgewalt (Polizeiliche Kriminalstatistik - Schlüssel 6210) deutlich erhöht. Innerhalb der letzten zehn Jahre haben die Fallzahlen bundesweit um ca. 31 Prozent, innerhalb der letzten fünf Jahre um ca. 13 Prozent zugenommen (Bericht der Arbeitsgruppe des Arbeitskreises II der IMK "Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und -beamte"). Auch die Anzahl der Aburteilungen und Verurteilten ist in den letzten Jahren deutlich angestiegen. Von 2002 bis 2007 stieg die Zahl der Aburteilungen von 4 595 auf 5 350 und die der Verurteilten von 3 719 auf 4 919 (Statistisches Bundesamt Deutschland, Fachserie 10, Reihe 3).
Mit der vorgesehenen Erhöhung des Strafrahmens wird auf die zunehmende Anzahl der Widerstandshandlungen reagiert und einer durch den vergleichsweise niedrigen Strafrahmen verbundenen Bagatellisierung entgegengewirkt.
Darüber hinaus besteht unabhängig von bereits vorhandenen Sanktionsmöglichkeiten ein Bedürfnis, dass der Gesetzgeber auch Feuerwehrleute und Rettungskräfte ausdrücklich in den Anwendungsbereich des § 113 StGB einbezieht und vor Behinderungen und tätlichen Angriffen bei Hilfseinsätzen schützt. Diesem Ziel dient die Einfügung des § 113 Absatz 1 Satz 2 StGB.
§ 113 Absatz 2 StGB enthält strafverschärfende Regelbeispiele wie z.B. das Mitführen einer Waffe. Im Hinblick auf die auf einen sächsischen Fall zurückgehende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 1. September 2008 (- 2 BvR 2238/07 -, NJW 2008, 3627) soll durch die Ergänzung um "andere gefährliche Werkzeuge" eine Strafbarkeitslücke geschlossen werden. p>
B. Zu den einzelnen Vorschriften
Zu Artikel 1 (Änderung des Strafgesetzbuches)
1. § 113 Absatz 1 StGB
§ 113 StGB schützt nicht nur die Autorität staatlicher Vollstreckungsakte und damit das staatliche Gewaltmonopol, sondern auch die zur Vollstreckung berufenen Personen. Der Schutzbereich des § 113 StGB beschränkt sich in sachlicher Hinsicht auf die Vornahme einer Vollstreckungshandlung beziehungsweise der Maßnahmen, die mit dieser unmittelbar in Zusammenhang stehen. Daran hält der Entwurf fest.
Der Strafrahmen von Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe ist angesichts des Schutzzwecks der Norm zu gering. Widerstandleisten oder der tätliche Angriff gegenüber Vollstreckungsbeamten sind nicht ausschließlich personenbezogen, sondern richten sich immer auch gegen den Staat und die staatliche Autorität und führen zu einer Relativierung des staatlichen Gewaltmonopols.
Mit der Erhöhung des Strafrahmens soll zum einen einer Bagatellisierung begegnet werden, die mit einem niedrigen Strafrahmen verbunden sein kann. Zum anderen hat der Staat auch diejenigen Vollstreckungsbeamten zu schützen, die beispielsweise zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung täglich damit rechnen müssen, Opfer einer Widerstandshandlung oder eines Angriffs zu werden.
Es besteht ein hohes Allgemeininteresse an wirkungsvoller und schneller staatlicher und privater Hilfe in Unglücksfällen und Fällen von gemeiner Gefahr oder Not. Feuerwehrleute und Rettungskräfte werden jedoch immer häufiger Ziel von Behinderungen und tätlichen Angriffen bei Ausübung ihrer Tätigkeit. Daher besteht unabhängig von bereits vorhandenen Sanktionsmöglichkeiten ein Bedürfnis, dass der Gesetzgeber auch Feuerwehrleute und Rettungskräfte ausdrücklich in den Anwendungsbereich des § 113 StGB einbezieht und vor Behinderungen und tätlichen Angriffen bei Hilfseinsätzen schützt.
2. § 113 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 StGB
Der Zweck des strafschärfenden Regelbeispiels in § 113 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 StGB liegt darin, eine besonders gefährliche Tatausführung schärfer zu sanktionieren. Nach dem Beschluss des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Januar 1995 - BVerfGE 92, 1 <11 ff.> - enthält Artikel 103 Absatz 2 GG nicht nur ein Rückwirkungsverbot für Strafvorschriften, sondern verpflichtet den Gesetzgeber auch, die Voraussetzungen der Strafbarkeit so konkret zu umschreiben, dass sich Anwendungsbereich und Tragweite der Straftatbestände aus dem Wortlaut ergeben oder jedenfalls durch Auslegung ermitteln lassen.
Nach § 113 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 StGB liegt eine qualifizierte Form der Widerstandshandlung gegen Vollstreckungsbeamte vor, wenn bei der Tathandlung eine Waffe mitgeführt wird. Der strafrechtliche Waffenbegriff umfasst körperliche Gegenstände, die nach ihrer objektiven Beschaffenheit und ihrem Zustand zur Zeit der Tat bei bestimmungsgemäßer Verwendung geeignet sind, erhebliche Verletzungen zuzufügen, BGHSt 48, 197 <200>. Hingegen werden Gegenstände, die nicht bei bestimmungsgemäßem Gebrauch, wohl aber nach ihrer objektiven Beschaffenheit und der Art ihrer Benutzung im Einzelfall geeignet sind, erhebliche Verletzungen zuzufügen, in Rechtsprechung und Schrifttum dem Begriff des gefährlichen Werkzeugs zugeordnet. Aus diesem Grund hat das Bundesverfassungsgericht am 1. September 2008 (a.a.O.) entschieden, dass eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs des § 113 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 StGB auf solche Gegenstände dem Bestimmtheitsgebot zuwiderläuft.
Zur Sicherung eines ausreichenden Schutzes der Vollstreckungsbeamten ist es daher angezeigt, in § 113 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 StGB nicht nur das Mitführen von Waffen, sondern auch von anderen gefährlichen Werkzeugen als Regelbeispiel für einen besonders schweren Fall des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte aufzunehmen. Auf diese Art und Weise können die Strafbarkeitslücke geschlossen und Einzelfälle, die ähnlich strafwürdig erscheinen wie das bereits nach geltender Gesetzeslage pönalisierte Verhalten, erfasst werden. Der Begriff "diese" in § 113 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 Halbsatz 2 StGB soll sich dabei auch auf das neu eingefügte andere gefährliche Werkzeug beziehen. Die grammatikalische Unschärfe ist im gegebenen Sinnzusammenhang im Hinblick auf die Lesbarkeit der Vorschrift hinnehmbar.
Zu Artikel 2 (Inkrafttreten)
Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.