890. Sitzung des Bundesrates am 25. November 2011
A
- 1. Der Finanzausschuss empfiehlt dem Bundesrat, zu dem vom Deutschen Bundestag am 27. Oktober 2011 verabschiedeten Gesetz zu verlangen, dass der Vermittlungsausschuss gemäß Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes aus folgendem Grund einberufen wird:
Zu Artikel 1 ( § 46a SGB XII)
In Artikel 1 ist § 46a wie folgt zu fassen:
" § 46a Bundesbeteiligung
- (1) Der Bund trägt im Jahr 2012 einen Anteil von 45 vom Hundert, im Jahr 2013 einen Anteil von 75 vom Hundert und ab dem Jahr 2014 einen Anteil von 100 vom Hundert der Nettoausgaben nach diesem Kapitel.
- (2) Die Erstattung durch den Bund wird durch Rechtsverordnung, die der Zustimmung des Bundesrats bedarf, geregelt."
Begründung:
Das Gesetz stellt nicht auf die tatsächlichen Ausgaben der Länder und Kommunen für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung im laufenden Jahr ab, sondern auf die Ausgaben des Vorvorjahres. Das bedeutet, dass Länder und Kommunen einen Ausgabenanstieg gegenüber dem Vorvorjahr selbst finanzieren müssen. Dies führt zu einem dauerhaften Fehlbetrag und entspricht nicht dem Ergebnis des Vermittlungsausschusses. Danach ist für die Höhe der Erstattung auf die laufenden Nettoausgaben abzustellen.
Zur Liquiditätssicherung der Kommunen ist ein monatlicher Abruf der Bundesbeteiligung analog zu den bereits bestehenden Verfahren zum Wohngeld bzw. zu den Kosten der Unterkunft nach dem SGB II vorzusehen. Das Verfahren zur Erstattung der laufenden Nettoausgaben wird durch Rechtsverordnung geregelt.
Zur vollständigen Umsetzung des Vermittlungsergebnisses muss die Regelung auch die Jahre nach 2012 umfassen.
B
- 2. Der federführende Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik empfiehlt dem Bundesrat, dem vom Deutschen Bundestag am 27. Oktober 2011 verabschiedeten Gesetz gemäß Artikel 104a Absatz 4 des Grundgesetzes zuzustimmen.
C
- 3. Der Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik empfiehlt dem Bundesrat ferner, folgende Entschließung zu fassen:
Der Bundesrat begrüßt die im Rahmen des Vermittlungsverfahrens zu dem Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vereinbarte stufenweise Erhöhung der Bundesbeteiligung an den Ausgaben der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung in den Jahren 2012 und 2013 und die vollständige Übernahme der Kostenlasten durch den Bund ab dem Jahre 2014. Hiermit wird ein wichtiger Beitrag zur Stärkung der Finanzkraft der Kommunen geleistet.
Das Gesetz setzt die Vereinbarungen im Vermittlungsverfahren allerdings nur teilweise um: Geregelt wird lediglich die erste Stufe der Entlastung für das Jahr 2012, in dem die Bundesbeteiligung auf 45 Prozent der Kosten steigen soll. Für die weitere Entlastungsstufe im Jahre 2013 (75 Prozent) und die vollständige Übernahme der Kostenlasten ab dem Jahre 2014 sichert die Bundesregierung ein weiteres Gesetzgebungsverfahren zu, das auch die sich aus der ab dem Jahre 2013 einsetzenden Bundesauftragsverwaltung ergebenden Fragen regeln soll. Der Bundesrat sieht es als erforderlich an, die entsprechenden gesetzlichen Regelungen so schnell wie möglich und in enger Abstimmung mit den Ländern zu treffen.
Das Gesetz stellt zudem für die Berechnung der Bundesbeteiligung im Jahre 2012 nicht auf die tatsächlichen Ausgaben der Länder und Kommunen für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung im kommenden Jahr ab, sondern auf die Ausgaben des Vorvorjahres. Dies hat zur Folge, dass Länder und Kommunen den zu erwartenden Ausgabenanstieg im Jahr 2012 gegenüber dem Jahr 2010 selbst vorfinanzieren müssen und die Übernahme der tatsächlichen Kostenlasten durch den Bund nicht in dem vereinbarten Ausmaß erfolgt. Der Bundesrat weist vor diesem Hintergrund mit Nachdruck darauf hin, dass mit der vom Bund angekündigten weitergehenden gesetzgeberischen Umsetzung in jedem Fall auch ein Abrechnungsmodus gesetzlich festzuschreiben ist, der auf die laufenden Nettoausgaben abstellt und damit sicherstellt, dass sich der Bund an den den Ländern und Kommunen tatsächlich entstehenden Kosten im vereinbarten Ausmaß beteiligt, d.h. die Kosten im Jahre 2013 zu 75 Prozent und ab dem Jahr 2014 vollständig übernimmt. Der Bundesrat ist zudem der Auffassung, dass in diesem Zusammenhang auch die Ländern und Kommunen infolge einer veralteten Bezugsgröße im Jahr 2012 entstandene Belastung durch den Bund vollständig zu ersetzen ist (Rückwirkungsklausel für 2012).
Der Bundesrat fordert die Bundesregierung daher auf,
- a) zur weiteren vereinbarten Entlastung der Kommunen schnellstmöglich einen Gesetzentwurf vorzulegen, in dem die weiteren Stufen der Erhöhung der Bundesbeteiligung (2013: 75 Prozent und ab 2014: 100 Prozent) enthalten sind, und dabei die Länder frühzeitig zu beteiligen und
- b) in dem vorzulegenden Gesetzentwurf einen Finanzierungsmodus vorzusehen, der sicherstellt, dass die Abrechnung der Kosten der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung auf Basis der laufenden Nettoausgaben - analog zu den bereits bestehenden Verfahren zum Wohngeld - erfolgt.
D
- 4. Der Finanzausschuss empfiehlt dem Bundesrat ferner für den Fall, dass der Bundesrat dem Gesetz zustimmt, folgende Entschließung zu fassen:
Der ursprünglich zum Ausgleich von Belastungen des Bundes aus der Senkung des Beitragssatzes zur Arbeitslosenversicherung übertragene Umsatzsteuervorabbetrag wird im Einvernehmen mit den Ländern im Ausbauzustand bis zur Hälfte als Gegenfinanzierung der schrittweisen Übernahme der Grundsicherungskosten durch den Bund eingesetzt. Ausschließlich darauf bezogen haben die Länder zugesagt, keine Forderungen auf Rückübertragung des für den bisherigen Zweck nicht mehr benötigten Steueraufkommens geltend zu machen.
Der Bundesrat bekräftigt daher, dass jede weitere Veränderung der Verwendung von Vorabbeträgen für den Bund aus dem gemeinsam dem Bund und den Ländern zustehenden Umsatzsteueraufkommen nur unter Beachtung der Länderansprüche an freiwerdendem Steueraufkommen vorgenommen werden kann.