A. Problem
- Mit Ablauf des 31. Dezember 2006 tritt der die Elternzeit regelnde Zweite Abschnitt des Bundeserziehungsgeldgesetzes außer Kraft. Auf die Elternzeit werden unabhängig vom Zeitpunkt der Geburt eines Kindes ab dem 1. Januar 2007 die Regelungen des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes Anwendung finden.
- Die Regelungen zur Elternzeit werden im Wesentlichen inhaltsgleich übernommen.
- Elternzeit mit Kündigungsschutz bleibt drei Jahre lang erhalten; in besonderen Fällen kann aber ausnahmsweise eine Kündigung für zulässig erklärt werden. § 18 Absatz 1 Satz 4 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz ermächtigt die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates, allgemeine Verwaltungsvorschriften zur Durchführung der Zulässigkeitserklärung einer Kündigung während der Elternzeit zu erlassen. Diese Norm entspricht inhaltlich der Vorschrift des § 18 Absatz 1 Satz 4 Bundeserziehungsgeldgesetz. Um den einheitlichen Verwaltungsvollzug einer ausnahmsweise zulässigen Kündigung während der Elternzeit sicherzustellen, sind bereits auf deren Grundlage allgemeine Verwaltungsvorschriften zum Kündigungsschutz erlassen worden. Sie bestimmen für die ausführenden Behörden insbesondere Ausnahmetatbestände vom Kündigungsverbot sowie das durchzuführende Verfahren näher.
- Da die bestehenden Allgemeinen Verwaltungsvorschriften ausdrücklich nur auf das Bundeserziehungsgeldgesetz Bezug nehmen, bestünde künftig die Gefahr einer uneinheitlichen Auslegung und Anwendung der Kündigungsschutzbestimmungen aus § 18 Absatz 1 Satz 2 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz durch die ausführenden Behörden der einzelnen Bundesländer. Eine Veränderung im Kündigungsschutz ist mit der Einführung des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes und dem Außerkrafttreten des Zweiten Abschnitts des Bundeserziehungsgeldgesetzes aber nicht beabsichtigt.
B. Lösung
- Durch den Erlass einer Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Kündigungsschutz bei Elternzeit wird die Einheitlichkeit der Handhabung bei der Zulässigkeitserklärung einer Kündigung während der Elternzeit auch nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz gewährleistet.
- Da sich die bestehenden Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum Kündigungsschutz, die der Durchführung von § 18 Absatz 1 Satz 2 Bundeserziehungsgeldgesetz dienen bewährt haben, werden die Vorschriften bei der Neuregelung inhaltlich im Wesentlichen übernommen. Neben redaktionellen Änderungen im Sprachgebrauch und der Einfügung einer Inkrafttretensvorschrift wurde die Nummer 2.2.1 der Verwaltungsvorschrift an § 23 Absatz 1 Satz 4 Kündigungsschutzgesetz und damit an die Charakterisierung eines Betriebes als Kleinbetrieb angepasst.
- Um die einheitliche Anwendung fortzuführen, soll die Allgemeine Verwaltungsvorschrift umgehend nach Inkrafttreten des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes ausgefertigt und verkündet werden.
C. Alternativen
- Keine
D. Kosten
- Zusätzliche Kosten ergeben sich aus dem Vollzug der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift nicht da die Umsetzung in denselben Verwaltungsstrukturen wie denen beim Bundeserziehungsgeldgesetz erfolgen kann.
Allgemeine Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung
Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Kündigungsschutz bei Elternzeit ( § 18 Abs. 1 Satz 4 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes)
Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 16. November 2006
Die Bundeskanzlerin
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Dr. Harald Ringstorff
Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich die von der Bundesregierung beschlossene
- Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Kündigungsschutz bei Elternzeit ( § 18 Abs. 1 Satz 4 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes)
mit Vorblatt.
Ich bitte, die Zustimmung des Bundesrates aufgrund des Artikels 85 Absatz 2 des Grundgesetzes herbeizuführen.
Federführend ist das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel
Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Kündigungsschutz bei Elternzeit ( § 18 Abs. 1 Satz 4 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes)
Vom ...
Nach § 18 Abs. 1 Satz 4 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes vom ... (BGBl. I S. ...) wird folgende Allgemeine Verwaltungsvorschrift erlassen:
1. Aufgabe der Behörde
- Die für den Arbeitsschutz zuständige oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle (Behörde) hat zu prüfen, ob ein besonderer Fall gegeben ist. Ein solcher besonderer Fall liegt vor wenn es gerechtfertigt erscheint, dass das nach § 18 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes als vorrangig angesehene Interesse des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses wegen außergewöhnlicher Umstände hinter die Interessen des Arbeitgebers zurücktritt.
2. Vorliegen eines besonderen Falles
- 2.1 Bei der Prüfung nach Maßgabe der Nummer 1 hat die Behörde davon auszugehen, dass ein besonderer Fall im Sinne des § 18 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes insbesondere dann gegeben ist wenn
- 2.1.1 der Betrieb, in dem der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin beschäftigt ist, stillgelegt wird und der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin nicht in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
- 2.1.2 die Betriebsabteilung, in der der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin beschäftigt ist, stillgelegt wird und der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin nicht in einer anderen Betriebsabteilung des Betriebes oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
- 2.1.3 der Betrieb oder die Betriebsabteilung, in denen der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin beschäftigt ist, verlagert wird und der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin an dem neuen Sitz des Betriebes oder der Betriebsabteilung und auch in einer anderen Betriebsabteilung oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens nicht weiterbeschäftigt werden kann,
- 2.1.4 der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin in den Fällen der Nummern 1 bis 3 eine ihm vom Arbeitgeber angebotene, zumutbare Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz ablehnt,
- 2.1.5 durch die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses nach Beendigung der Elternzeit die Existenz des Betriebes oder die wirtschaftliche Existenz des Arbeitgebers gefährdet wird,
- 2.1.6 besonders schwere Verstöße des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin gegen arbeitsvertragliche Pflichten oder vorsätzliche strafbare Handlungen des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin dem Arbeitgeber die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar machen.
- 2.2 Ein besonderer Fall im Sinne des § 18 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes kann auch dann gegeben sein, wenn die wirtschaftliche Existenz des Arbeitgebers durch die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses nach Beendigung der Elternzeit unbillig erschwert wird, so dass er in die Nähe der Existenzgefährdung kommt. Eine solche unbillige Erschwerung kann auch dann angenommen werden, wenn der Arbeitgeber in die Nähe der Existenzgefährdung kommt, weil
- 2.2.1 der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin in einem Betrieb mit in der Regel 5 oder weniger Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt ist und der Arbeitgeber zur Fortführung des Betriebes dringend auf eine entsprechend qualifizierte Ersatzkraft angewiesen ist, die er nur einstellen kann, wenn er mit ihr einen unbefristeten Arbeitsvertrag abschließt; bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen oder
- 2.2.2 der Arbeitgeber wegen der Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses nach Beendigung der Elternzeit keine entsprechend qualifizierte Ersatzkraft für einen nur befristeten Arbeitsvertrag findet und deshalb mehrere Arbeitsplätze wegfallen müssten.
3. Ermessen
- Kommt die Behörde zu dem Ergebnis, dass ein besonderer Fall im Sinne des § 18 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes gegeben ist, so hat sie im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens zu entscheiden ob das Interesse des Arbeitgebers an einer Kündigung während der Elternzeit so erheblich überwiegt, dass ausnahmsweise die vom Arbeitgeber beabsichtigte Kündigung für zulässig zu erklären ist.
4. Form des Antrages
- Die Zulässigkeitserklärung der Kündigung hat der Arbeitgeber bei der für den Sitz des Betriebes oder der Dienststelle zuständigen Behörde schriftlich oder zu Protokoll zu beantragen. Im Antrag sind der Arbeitsort und die vollständige Anschrift des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin, dem oder der gekündigt werden soll, anzugeben. Der Antrag ist zu begründen; etwaige Beweismittel sind beizufügen oder zu benennen.
5. Entscheidung; vorherige Anhörung
- 5.1 Die Behörde hat die Entscheidung unverzüglich zu treffen.
- 5.2 Die Behörde hat vor ihrer Entscheidung dem betroffenen Arbeitnehmer oder der betroffenen Arbeitnehmerin sowie dem Betriebs- oder Personalrat Gelegenheit zu geben, sich mündlich oder schriftlich zu dem Antrag nach § 4 zu äußern.
6. Zulässigkeitserklärung unter Bedingungen
- Die Zulässigkeit der Kündigung kann unter Bedingungen erklärt werden, z.B., dass sie erst zum Ende der Elternzeit ausgesprochen wird.
7. Form der Entscheidung
- Die Behörde hat ihre Entscheidung (Zulässigkeitserklärung oder Ablehnung mit Rechtsbehelfsbelehrung) schriftlich zu erlassen, schriftlich zu begründen und dem Arbeitgeber sowie dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin zuzustellen. Dem Betriebs- oder Personalrat ist eine Abschrift zu übersenden.
8. Zur Berufsbildung Beschäftigte, in Heimarbeit Beschäftigte
- 8.1 Die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten gelten als Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerinnen im Sinne der vorstehenden Vorschriften.
- 8.2 Für die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten (§ 1 Abs. 1 und 2 des Heimarbeitsgesetzes), soweit sie am Stück mitarbeiten, gelten die vorstehenden Vorschriften entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Arbeitgebers der Auftraggeber oder der Zwischenmeister tritt (vgl. § 20 des Gesetzes).
9. Inkrafttreten
- Diese Allgemeine Verwaltungsvorschrift tritt mit Wirkung vom 1. Januar 2007 in Kraft.
Der Bundesrat hat zugestimmt.
Berlin, den