Unterrichtung durch die Bundesregierung
Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an den Rat und das Europäische Parlament über die Verbesserung der Qualität der Lehrerbildung KOM (2007) 392 endg.; Ratsdok. 12414/07

Übermittelt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 27. August 2007 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 12. März 1993 (BGBl. I S. 313), zuletzt geändert durch das Föderalismusreform-Begleitgesetz vom 5. September 2006 (BGBl. I S. 2098).

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat die Vorlage am 6. August 2007 dem Bundesrat zugeleitet.

Die Vorlage ist von der Kommission am 6. August 2007 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.


Hinweis: vgl.
Drucksache 578/04 (PDF) = AE-Nr. 042599,
Drucksache 149/06 (PDF) = AE-Nr. 060629,
Drucksache 687/06 (PDF) = AE-Nr. 061506 und
Drucksache 141/07 (PDF) = AE-Nr. 070220

Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament
Verbesserung der Qualität der Lehrerbildung

Einleitung

In Europa gibt es rund 6,25 Mio. Lehrer (Vollzeitäquivalente)1. Ihre Rolle ist von größter Bedeutung, helfen sie doch den Menschen, ihre Talente zu entwickeln und ihr Potenzial auszuschöpfen, also sich selbst zu verwirklichen, aber auch, ein breites Spektrum von Kenntnissen und Fähigkeiten zu erwerben, die sie als Bürger und als arbeitende Menschen brauchen werden. Die Lehrer in den Schulen sind die Vermittler zwischen einer sich rasch verändernden Welt und den Schülern, die kurz davor stehen, sich diese Welt zu erschließen.

Der Lehrerberuf wird immer komplexer. Die Anforderungen an die Lehrer wachsen. Das Arbeitsumfeld ist mit stets größeren Herausforderungen verbunden.

Viele Mitgliedstaaten überdenken die Art und Weise, wie die Lehrer auf ihre wichtigen Aufgaben, die ihnen die europäische Gesellschaft überträgt, vorbereitet werden.

Mit der vorliegenden Mitteilung soll die derzeitige Situation in der Europäischen Union hinsichtlich der Aus- und Weiterbildung von Lehrern bewertet und ein gemeinsames Nachdenken darüber angeregt werden, welche Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten getroffen und wie diese Maßnahmen von der Europäischen Union unterstützt werden können2.

1. Kontext

1.1 Lissabon-Agenda für Wachstum und Beschäftigung

Im März 2000 betonte der Europäische Rat in Lissabon, dass die Menschen Europas wichtigstes Gut sind und dass "Investitionen in die Menschen ... von entscheidender Bedeutung sowohl für die Stellung Europas in der wissensbasierten Wirtschaft als auch dafür sein (werden), sicherzustellen, dass die Herausbildung dieser neuen Wirtschaftsform die schon bestehenden sozialen Probleme ... nicht noch verschärft"3.

In Barcelona beschloss der Europäische Rat 2002 konkrete Ziele zur Verbesserung der Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung der Mitgliedstaaten einschließlich der Aus- und Weiterbildung von Lehrern und Ausbildern. Im März 2006 stellte der Europäische Rat fest: "Allgemeine und berufliche Bildung sind ausschlaggebende Faktoren für die Entwicklung des langfristigen Wettbewerbspotenzials der EU sowie für den sozialen Zusammenhalt." Er fügte hinzu: "Außerdem müssen zügiger Reformen durchgeführt werden, damit qualitativ hochwertige Bildungssysteme entstehen, die sowohl effizient als auch gerecht sind."

Die Fortschritte auf dem Weg zu Zielen wie der Senkung der Zahl der Schulabbrecher, der Vergrößerung des Anteils junger Menschen, die die Sekundarstufe II abschließen, oder der Verringerung der Zahl der 15-Jährigen mit schlechter Lesekompetenz sind jedoch unzureichend4.

Die Qualität des Unterrichts ist einer der Schlüsselfaktoren, von denen abhängt, ob die Europäische Union ihre Wettbewerbsfähigkeit in der globalisierten Welt steigern kann. Wie Forschungsergebnisse zeigen, besteht eindeutig eine positive Korrelation zwischen der Qualität der Lehrkräfte und den Lernergebnissen der Grundschüler5, und dies ist der wichtigste innerschulische Faktor, der die Leistung der Schüler an höheren Schulen beeinflusst6 (die Qualität der Lehrkräfte wirkt sich viel stärker aus als Faktoren wie Schulorganisation, Schulleitung oder finanzielle Umstände). In weiteren Untersuchungen7 wurde eine positive Beziehung zwischen der berufsbegleitenden Weiterbildung von Lehrern und den Leistungen von Schülern festgestellt; außerdem weist vieles darauf hin, dass durch ein berufsbegleitendes Weiterbildungsprogramm die Leistungen von Kindern gesteigert werden und dass die Weiterbildung der Lehrkräfte ein weniger kostspieliger Weg zur Verbesserung von Testergebnissen darstellen könnte als die Verringerung der Klassengröße oder die Aufstockung der Unterrichtsstunden.

Im Jahr 2004 wurde im gemeinsamen Bericht des Rates und der Kommission über die Fortschritte auf dem Weg zu den Lissabon-Zielen8 im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung zur Erarbeitung gemeinsamer europäischer Grundsätze für Kompetenzen und Qualifikationen von Lehrkräften und Ausbildern aufgerufen. Der Rat stellte im November 2006 fest: "Die Motivation, die Fähigkeiten und die Kompetenz der Lehrer und Ausbilder, der anderen Lehrkräfte und der Beratungs- und Betreuungsdienste sowie die Qualität der Schulleitung sind Schlüsselfaktoren für hochwertige Lernergebnisse. Die Bemühungen der Lehrkräfte sollten durch fortlaufende berufliche Weiterbildung und gute Zusammenarbeit mit den Eltern, den Schülerbetreuungsdiensten und dem weiteren Gemeinschaftsumfeld unterstützt werden."

Die Verbesserung der Qualität der Lehrerbildung ist daher ein wichtiges Ziel für die Bildungssysteme in Europa, sollen raschere Fortschritte auf dem Weg zu den gemeinsamen Zielen gemacht werden, die im Rahmen des Programms "Allgemeine und berufliche Bildung 2010" aufgestellt worden sind.

Eine hohe Qualität der Lehrerbildung sicherzustellen ist natürlich auch wichtig, um solides Management nationaler Ressourcen und effektiven Mitteleinsatz zu gewährleisten: Rund zwei Drittel der Ausgaben für Schulen entfallen auf Lehrergehälter9.

1.2 Andere Politiken und Ziele der Union

Lehrerbildungspolitik hängt eng mit anderen zentralen europäischen Politikbereichen zusammen; dazu zählen im Einzelnen:

1.3 Sich verändernde Anforderungen

Durch die Veränderungen im Bildungswesen und in der Gesellschaft werden an den Lehrerberuf neue Anforderungen gestellt. Zunehmend wird von den Lehrkräften, neben der Vermittlung von Grundwissen, auch verlangt, dass sie jungen Menschen dabei helfen, zu völlig autonomen Lernenden zu werden, indem sie Schlüsselkompetenzen erwerben, anstatt Informationen zu memorieren; von den Lehrern wird erwartet, dass sie stärker kooperativ und konstruktiv ausgerichtete Lernkonzepte entwickeln und eher Vermittler und Klassenmanager sind als "Ex-Cathedra-Ausbilder". Diese neuen Rollen erfordern Aus- und Weiterbildung in unterschiedlichen Unterrichtskonzepten und -stilen. Dazu kommt, dass heute in einem Klassenraum eine heterogenere Mischung junger Menschen unterschiedlicher Herkunft und mit unterschiedlichen Fähigkeiten und Defiziten versammelt ist. Von den Lehrkräften wird verlangt, dass sie die von neuen Technologien gebotenen Möglichkeiten nutzen und dem Bedarf nach individualisiertem Lernen nachkommen. Wegen der größeren Autonomie der Schulen kann es zudem sein, dass sie stärker in Entscheidungsprozesse eingebunden werden und Managementaufgaben übernehmen müssen.

Von den Lehrkräften verlangen diese Veränderungen nicht nur, dass sie neue Kenntnisse und Fähigkeiten erwerben, sondern auch, dass sie sie laufend weiterentwickeln. Um die Lehrerschaft mit den erforderlichen Fähigkeiten und Kompetenzen für diese neuen Rollen auszustatten, ist sowohl eine hochwertige Erstausbildung als auch ein kontinuierlicher Prozess berufsbegleitender Weiterbildung erforderlich, durch den die Lehrkräfte ihre in einer wissensbasierten Gesellschaft notwendigen Fähigkeiten auf dem neuesten Stand halten.

Wie bei allen anderen modernen Berufen haben auch die Lehrer die Pflicht, die Grenzen ihres beruflichen Wissens durch ein Bekenntnis zur reflexiven Praxis, durch Forschung sowie durch systematisches Engagement für laufende berufsbegleitende Weiterbildung vom Anfang bis zum Ende ihrer Laufbahn zu erweitern. Die Aus- und Weiterbildungssysteme für Lehrer müssen dies ermöglichen.

1.4 Kompetenzdefizite und unzureichende Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten

Die Lehrerbildungssysteme sind allerdings nicht immer gut gerüstet, um diesen Anforderungen gerecht zu werden.

In einer neueren OECD-Erhebung15 berichten nahezu alle Staaten über Defizite bei der Unterrichtskompetenz und über Schwierigkeiten bei der Aktualisierung der Fähigkeiten der Lehrkräfte. Die Mängel beziehen sich in erster Linie auf fehlende Kompetenz, neue Entwicklungen im Bildungswesen zu meistern (einschließlich des individualisierten Lernens, der Vorbereitung der Schüler auf autonomes Lernen, des Umgangs mit heterogenen Klassen, der Vorbereitung der Lernenden auf optimale Nutzung der IKT usw.).

In vielen Mitgliedstaaten werden die verschiedenen Elemente der Lehrerbildung kaum systematisch koordiniert, was einen Mangel an Kohärenz und Kontinuität zur Folge hat, insbesondere zwischen der Erstausbildung und der nachfolgenden Einarbeitung, der berufsbegleitenden Weiterbildung und der beruflichen Weiterentwicklung; ebenso sind diese Prozesse häufig nicht an die Entwicklung und Verbesserung der Schulen oder an die pädagogische Forschung angebunden. Anreize für Lehrer, ihre Fähigkeiten während ihres gesamten Berufslebens zu aktualisieren, gibt es wenige.

Die Investitionen in die laufende Fortbildung und Weiterentwicklung der Lehrkräfte sind in der ganzen Europäischen Union gering, und das Angebot an berufsbegleitender Weiterbildung für im Beruf stehende Lehrer ist begrenzt. Berufsbegleitende Weiterbildung ist nur in 11 Mitgliedstaaten vorgeschrieben, und nicht in allen diesen Staaten werden die Lehrer ausdrücklich dazu verpflichtet16. Wo eine derartige Pflicht besteht, beschränkt sich die Weiterbildung im Allgemeinen auf weniger als 20 Stunden im Jahr. In keinem Mitgliedstaat übersteigt die Dauer der vorgeschriebenen Mindestweiterbildung fünf Tage im Jahr; in den meisten Mitgliedstaaten sind nur drei Weiterbildungstage pro Jahr Pflicht. Darüber hinaus sagt die Tatsache, dass berufsbegleitende Weiterbildung vorgeschrieben ist, noch nichts über die tatsächliche Teilnahmequote aus.

Nur die Hälfte der Staaten Europas bieten jungen Lehrkräften eine systematische Form der Unterstützung (z.B. Einarbeitung, Weiterbildung, Mentoring) in den ersten Jahren ihrer Unterrichtstätigkeit an. Und nur in einem Drittel der Staaten gibt es spezielle Vorkehrungen zur Unterstützung von Lehrkräften, die Schwierigkeiten mit der angemessenen Erfüllung ihrer Pflichten haben.

Abbildung 1 ist zu entnehmen, ob berufsbegleitende Weiterbildung Pflicht ist oder freiwillig erfolgt.

Status der Lehrerfortbildung - Lehrer im Primarbereich und im allgemein bildenden Sekundarbereich I und II 2002/03 -

Quelle: Eurydice

Abbildung 2 zeigt, dass die Dauer der vorgeschriebenen berufsbegleitenden Weiterbildung pro Jahr von Land zu Land stark variiert.

Vorgeschriebene Mindestanzahl der Fortbildungsstunden pro Jahr - Lehrer im Primarbereich und im allgemein bildenden Sekundarbereich I und II 2002/03 -

Quelle: Eurydice

Anmerkungen

Belgien: Drei Tage pro Jahr.

Deutschland: Der zeitliche Umfang der Fortbildungsverpflichtung variiert von Land zu Land.

Estland: Insgesamt 160 Stunden in fünf Jahren.

Litauen: Insgesamt 15 Tage innerhalb von fünf Jahren, das entspricht 90 Stunden innerhalb von fünf Jahren.

Lettland: Laut Vorschrift der zentralen Bildungsbehörden mindestens 36 Stunden innerhalb von drei Jahren.

Ungarn: Vorgeschrieben sind 60 bis 120 Fortbildungsstunden innerhalb von sechs Jahren.

Malta: Drei Tage pro Jahr, jeweils zu Beginn oder am Ende des Schuljahres. Seit dem Schuljahr 2001/02 müssen die Lehrer während des Schuljahres außerhalb der Unterrichtszeiten an drei zweistündigen Fortbildungsveranstaltungen teilnehmen.

Niederlande: 10 % der jährlichen Arbeitszeit eines Lehrers sollten der beruflichen Weiterentwicklung gewidmet werden. Dabei handelt es sich um eine offizielle Vorgabe zur Anzahl der Fortbildungsstunden, die den Lehrern auf Anfrage zur Verfügung stehen.

Österreich: Zu ISCED 2: die Angaben beziehen sich auf Lehrer an Hauptschulen; für Lehrer an allgemein bildenden höhere Schulen gibt es keine genauen Vorgaben zum Umfang der Fortbildungsverpflichtung.

Finnland: Drei Tage à sechs Stunden pro Jahr.

Vereinigtes Königreich (ENG/WLS/NIR): Die Lehrer haben fünf unterrichtsfreie Tage, die häufig für die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen genutzt werden. Ferner ist die Teilnahme an Maßnahmen zur beruflichen Weiterentwicklung ein wesentlicher Bestandteil der beruflichen Verpflichtungen der Lehrer.

Vereinigtes Königreich (SCT): Für die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen sind mindestens fünf Tage eingeplant. Ferner müssen die Lehrer 50 Stunden pro Jahr für verschiedene Veranstaltungen und Aktivitäten einplanen; ein Teil dieser Zeit kann für die Fortbildung genutzt werden.

Liechtenstein: Die Lehrer müssen alle zwei Jahre an mindestens einer Fortbildungsveranstaltung teilnehmen.

Rumänien: 95 Stunden innerhalb von fünf Jahren, es sei denn die Lehrer erwerben innerhalb dieses Zeitraums berufliche Zusatzqualifikationen.

Erläuterung

Berechnungsweise: Sofern in den Anmerkungen nicht anders angegeben, entspricht ein Tag sieben Fortbildungsstunden. Für die Staaten, in denen sich die Angaben zur Anzahl der Fortbildungsstunden auf einen Zeitraum von mehreren Jahren beziehen, wurde ein Durchschnittswert ermittelt.

Aus der Abbildung 3 lässt sich erkennen, dass Unterstützungsmaßnahmen für junge Lehrkräfte immer noch nicht sehr verbreitet sind. Im Jahr 2002 bot nur die Hälfte der Staaten den jungen Lehrkräften in diesem Abschnitt ihres Berufslebens eine besondere Unterstützung an.

Vorschriften und/oder Empfehlungen betreffend die Maßnahmen zur Unterstützung und Betreuung von Junglehrern - Primarbereich und allgemein bildender Sekundarbereich (I und II) 2002/03 -

Art der Unterstützungsmaßnahme CZDE ELESIEITCYPLSKUK-ENG/ WLS UK-NIRISLINOBG
Formelle/halbformelle Sitzungen (Erörterung von Fortschritten und Problemen) oooooooooo
Stellungnahmen, Mitteilungen und informelles Feedback oooooooooooo
Unterstützung bei der Unterrichtsplanung oooooooo
Unterstützung bei der Evaluierung der Schüler/dem Verfassen von Beurteilungen ooooooo
Mitwirkung am Unterricht und/oder Unterrichtsbeobachtungen oooooooooo
Beratung betreffend die Fertigkeiten ooooooooo
Organisation von Seminaren/Workshops/ Diskussionsrunden oooooo
Besuche in anderen Schulen/von Ressourcenzentren o o
Besondere obligatorische Fortbildung (Mindeststundenvolumen) o(1) o(2) o(3) o(4)
Handbuch o
Pilotprojekte (bereits angelaufen) ooo
Derzeit keine Maßnahme BE, DK, EE, FR, LV, LT, LU, HU, MT, NL, AT, PT, SI, FI, SE, RO
(1) 100 Stunden (2) variiert (3) 40 Stunden (4) bis zu 24 Stunden

Quelle: Eurydice

1.5 Merkmale des Lehrerberufs in der Europäischen Union

Geschlecht

Aus Abbildung 4 ergibt sich, dass die Lehrkräfte sowohl im Primar- als auch im Sekundarbereich mehrheitlich weiblich sind17. Im Jahr 2002 waren in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union mit einer Ausnahme mehr als 70% der Lehrkräfte im Primarbereich (ISCED 1) Frauen. In der Sekundarstufe I (ISCED 2) ist der Anteil der weiblichen Lehrkräfte nicht ganz so hoch wie im Primarbereich. In der Sekundarstufe II sind die Frauen zwar nicht so stark überrepräsentiert, aber ihr Anteil liegt doch in fast allen Ländern über dem der Männer.

Anteil der Lehrerinnen an der Gesamtzahl der Lehrkräfte Primarbereich (ISCED 1) und Sekundarbereich (ISCED 2 und 3) - öffentliche und private Schulen in Prozent 2001/02 - ISCED 1 ISCED 2 ISCED 3 ISCED 1-2 ISCED 2-3

Arbeitsentgelt

Das Lehrkräfteangebot wird durch eine Reihe von Faktoren beeinflusst, darunter auch vom Arbeitsentgelt. Es bestehen ausgeprägte Unterschiede zwischen den Ländern, was die Lehrergehälter im Vergleich zum durchschnittlichen Arbeitsentgelt und zum BIP angeht. In Luxemburg und Deutschland sind die Lehrergehälter hoch im Vergleich zum nationalen Durchschnittseinkommen. Im Vergleich zum Pro-Kopf-BIP sind die maximalen Gehälter für Lehrer in Portugal, Zypern, Griechenland, Luxemburg und Spanien am Höchsten.

Vom Unterschied zum Arbeitsentgelt in anderen Berufen des öffentlichen Dienstes und der Privatwirtschaft hängt es unter anderem ab, wieweit Lehrkräfte im Lehrerberuf gehalten werden können, und dieser Unterschied wird seinerseits beeinflusst von den allgemeinen Arbeitsmarktbedingungen. Ist die Nachfrage nach Arbeitskräften hoch, entscheiden sich mehr Absolventen einer Lehrerausbildung für einen Beruf außerhalb des Schuldienstes. Insbesondere bei den Männern beeinflussen die Einkommensunterschiede die Entscheidung, ob sie im Lehrerberuf bleiben.

Eine Studie zum Vergleich des Lehrerberufs, anderer Berufe im öffentlichen Dienst und von Stellen in der Privatwirtschaft mit vergleichbarem Qualifikationsniveau18 ergab, dass Lehrer, die im Verhältnis zu anderen Berufen ein höheres Gehalt beziehen, weniger leicht aus dem Lehrerberuf ausscheiden. Aus einer im Vereinigten Königreich durchgeführten Untersuchung ging hervor, dass die Lehrergehälter im Vergleich zum Arbeitsentgelt in anderen Berufen, die für die Absolventen einer Lehrerausbildung zugänglich sind, als wichtige Determinante für die Entscheidung angesehen werden, den Lehrerberuf aufzunehmen und weiter auszuüben.

Alter

Gegenüber anderen Berufen ist im Lehrerberuf der Prozentsatz älterer Arbeitnehmer hoch (siehe Abbildung 5). Der Anteil der Lehrer im Alter zwischen 45 und 64 liegt in vielen Ländern über 40%, und in einigen Ländern sind nicht weniger als 30% der Lehrerpopulation zwischen 50 und 64 Jahre alt19. Dies wirkt sich deutlich auf den Fort- und Weiterbildungsbedarf der Lehrkräfte aus.

Es wird wichtig sein, den Lehrerberuf attraktiv zu machen, damit die besten Kandidaten angeworben und Menschen aus anderen Berufen veranlasst werden können, in den Lehrerberuf zu wechseln. Im Gegensatz zu der in letzter Zeit in vielen Mitgliedstaaten gängigen Praxis wird man erfahrene Lehrkräfte zunehmend überzeugen müssen, im Lehrerberuf zu verbleiben, statt vorzeitig in den Ruhestand zu treten, und es könnten für sie zusätzliche berufliche Weiterentwicklungs- und Unterstützungsmaßnahmen erforderlich sein.

Abbildung 5: Altersstruktur der Angehörigen aller akademischen Berufe und der Lehrkräfte (2005)20

Insgesamt müssen die notwendigen Schritte unternommen werden, um eine ausreichende Zahl gut ausgebildeter und motivierter Männer und Frauen für den Lehrerberuf zu gewinnen und in diesem zu halten, insbesondere, um die schrumpfenden Alterskohorten zu ersetzen.

2 Ein Handlungsrahmen

2.1 Derzeitige Unterstützung der Lehrerbildung durch die Europäische Union

Die Mitgliedstaaten sind für die Organisation und die Inhalte der Aus- und Weiterbildungssysteme zuständig. Die Rolle der Europäischen Union besteht darin, sie zu unterstützen.

Auf europäischer Ebene wurden Projekte zur Förderung der Weiterentwicklung der Kompetenzen von Lehrern aus Gemeinschaftsprogrammen wie Sokrates (mit den Aktionen Comenius und Erasmus) und Leonardo da Vinci unterstützt. Das neue Programm für lebenslanges Lernen (2007-2013) wird die Möglichkeiten zur Unterstützung der Mobilität von Lehrkräften und der Kooperationsprojekte von Lehrerbildungseinrichtungen erweitern21.

Der Europäische Sozialfonds ist ebenfalls ein wichtiges Instrument, das genutzt werden soll, um die Modernisierung der Aus- und Weiterbildungssysteme einschließlich der Erst- und Weiterbildung der Lehrkräfte in den Mitgliedstaaten zu fördern.

2.2 Gemeinsame Arbeit mit Mitgliedstaaten

Die Europäische Kommission arbeitet eng mit den Mitgliedstaaten zusammen um sie bei der Weiterentwicklung und Modernisierung ihrer Aus- und Weiterbildungspolitik zu unterstützen. Dies geschieht über das Arbeitsprogramm "Allgemeine und berufliche Bildung 2010", das Teil der überarbeiteten Lissabon-Strategie ist und den Austausch von Informationen, Daten und bewährten Verfahren durch gegenseitiges Lernen und Peer Review erleichtert.

Nachdem der Rat die Lehrerbildung als Schlüsselfrage ausgemacht hatte, setzte die Kommission 2002 eine Arbeitsgruppe mit dem Auftrag ein, über die Verbesserung der Ausbildung von Lehrkräften und Ausbildern nachzudenken. Diese Arbeitsgruppe vereinigte Vertreter von 31 Ländern, die am Arbeitsprogramm "Allgemeine und berufliche Bildung 2010" teilnehmen22.

Bei der anschließenden Arbeit der Kommission und der nationalen Sachverständigen zeigte sich ein breiter Konsens hinsichtlich der erforderlichen Veränderungen. Zusammen mit den von den Mitgliedstaaten bestellten Sachverständigen wurden Gemeinsame Europäische Grundsätze für Kompetenzen und Qualifikationen von Lehrkräften23 erarbeitet und im Jahr 2005 anlässlich einer europäischen Konferenz von führenden politischen Entscheidungsträgen, Experten für Lehrerbildung und wichtigen Stakeholdern getestet. Viele Staaten haben bereits damit begonnen, ihre innerstaatliche Reflexion zur Entwicklung politischer Strategien im Bereich der Lehrerbildung mit den Gemeinsamen Europäischen Grundsätzen anzureichern.

Die Kommission und die Mitgliedstaaten setzen die Suche nach Lösungsmöglichkeiten für die festgestellten Schwierigkeiten im Rahmen der Gruppe "Lehrer und Ausbilder" fort; die ihr angehörenden Sachverständigen wurden von jenen 18 Mitgliedstaaten ernannt, die die Entwicklung ihrer Lehrerbildungspolitik als ihr besonderes Anliegen bezeichnet haben. Die Gruppe hat verschiedene Peer-Learning-Aktivitäten für Problembereiche von gemeinsamem Interesse organisiert, etwa Systeme fortlaufender beruflicher Weiterbildung, Schule als Lerngemeinschaft für ihre Lehrer, Schulleitung, Vorbereitung der Lehrer auf Schulklassen mit vielfältigem kulturellem Hintergrund und Partnerschaften zwischen Schulen und Unternehmen. Nach Ansicht der Mitgliedstaaten ergeben sich auf diese Weise nützliche Lernmöglichkeiten.

2.3 Gemeinsame Grundsätze

Die Herausforderungen, die sich dem Lehrerberuf stellen, sind im Wesentlichen überall in der Europäischen Union die gleichen. Es ist möglich, zu einer gemeinsamen Analyse der Fragen zu gelangen und eine gemeinsame Vision jener Fähigkeiten zu entwerfen, die Lehrer brauchen.

Die oben erwähnten Gemeinsamen europäischen Grundsätze für Kompetenzen und Qualifikationen von Lehrkräften basieren auf der Erfahrung von Lehrern und Lehrerausbildern aus ganz Europa, und sie wurden von Stakeholdern validiert. Sie beschreiben die Vision eines europäischen Lehrerberufs mit folgenden Merkmalen:

Im Einklang mit diesen Grundsätzen und der vorangegangenen Analyse könnten nach Auffassung der Kommission folgende Schritte unternommen werden, um die Qualität der Lehrerbildung in der Europäischen Union zu verbessern.

2.3.1 Lebenslanges Lernen

In der Erstausbildung können die Lehrkräfte nicht all das Wissen und all die Fähigkeiten erwerben, die sie in ihrem ganzen Lehrerleben benötigen. Ausbildung und berufliche Entwicklung einer jeden Lehrkraft müssen als lebenslange Aufgabe angesehen und entsprechend strukturiert und finanziert werden.

Die Aus- und Weiterbildung der Lehrer ist wirksamer, wenn sie als ein kohärentes System auf nationaler Ebene koordiniert und mit ausreichenden Mitteln versehen wird. Ideal wäre es, wenn ein nahtloses Kontinuum von der Erstausbildung über die Einarbeitung bis zur laufenden beruflichen Weiterentwicklung entstünde, das formale, informelle und nichtformale Lernmöglichkeiten umfasst: dies würde bedeuten, dass alle Lehrkräfte

Darüber hinaus würden nach Ansicht der Kommission alle Lehrkräfte davon profitieren, wenn:

2.3.2 Erforderliche Fähigkeiten

Lehrern kommt eine Schlüsselrolle in den Bemühungen zu, Schüler darauf vorzubereiten, ihren Platz in der Gesellschaft und in der Welt der Arbeit einzunehmen. Während ihrer gesamten Berufslaufbahn müssen die Lehrkräfte über das Fachwissen, die Einstellungen und die pädagogischen Fähigkeiten verfügen (oder die Möglichkeit haben, sie zu erwerben), die sie benötigen, um jungen Menschen dabei zu helfen, ihr Potenzial voll zu entfalten. Insbesondere benötigen sie jene Fähigkeiten, um

Angesichts der steigenden Anforderungen an Schulleiter und der gelegentlich auftretenden Schwierigkeiten bei der Besetzung von Schulleiterposten wäre es auch vorteilhaft, wenn Lehrkräfte die Gelegenheit hätten, Führungsfähigkeiten zu erwerben, weiterzuentwickeln und anzuwenden.

2.3.3 Reflexive Praxis und Forschung

Lehrer helfen jungen Menschen, selbstverantwortlich ihre eigenen Lernpfade für ihr ganzes Leben anzulegen. Lehrer sollten aber auch in der Lage sein, für sich selbst Lernpfade zu entwerfen. Außerdem haben Lehrkräfte, wie die Angehörigen aller anderen Berufe auch, die Aufgabe, ihr Wissen über allgemeine und berufliche Bildung ständig zu erneuern. In einem Kontext des autonomen lebenslangen Lernens setzt die berufliche Weiterbildung der Lehrkräfte voraus, dass sie

Um dies zu erreichen, müsste für die entsprechenden Anreize, Mittel und Unterstützungssysteme gesorgt werden.

2.3.4 Qualifikationen

Bedenkt man die Komplexität der an Lehrer gestellten Anforderungen, das breite Spektrum erforderlicher Kenntnisse und Fähigkeiten und die Notwendigkeit, im Rahmen der Erstausbildung ausreichende praktische Erfahrung in echten Schulklassen zu sammeln, ist es nicht überraschend, dass die Erstausbildung von Lehrern sehr anspruchsvoll ist. In 18 Mitgliedstaaten dauern die Studiengänge für die Erstausbildung von Lehrkräften der Sekundarstufe II mindestens fünf Jahre und enden mit einem Hochschulabschluss (ISCED 5A); für Lehrkräfte der Sekundarstufe I verlangen 12 Mitgliedstaaten eine mindestens fünfjährige Erstausbildung auf Hochschulebene25.

Es könnte die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, die Lehrerbildungsstrategie dahingehend zu ändern, dass die Qualifikationsanforderungen für Lehrkräfte generell angehoben werden, wie es bereits in einigen Ländern der Fall ist.

2.3.5 Lehrerbildung im Rahmen der Hochschulbildung

Um sicherzustellen, dass an den Hochschulen genügend Kapazitäten zur Verfügung stehen, um die Lehrerbildung in der erforderlichen Quantität und Qualität zu gewährleisten und um die Verbesserung der Professionalität der Lehrertätigkeit zu fördern, sollten Studiengänge für die Lehrerbildung in den Master- und Doktoratszyklen (und im Bachelor-Zyklus) vorgesehen werden.

Die Verbindungen zwischen Ausbildern von Lehrkräften, aktiven Lehrkräften, der Welt der Arbeit und anderen interessierten Kreisen müssen gestärkt werden. Den Hochschulen kommt eine wichtige Rolle beim Aufbau wirksamer Partnerschaften mit Schulen und anderen Stakeholdern zu, durch die sichergestellt werden soll, dass ihre Studiengänge für die Lehrerbildung auf einem soliden wissenschaftlichen Unterbau und einer guten Unterrichtspraxis basieren.

Die für die Lehrerbildung (und für die Ausbildung der Ausbilder von Lehrkräften) verantwortlichen Personen sollten über praktische Unterrichtserfahrung und über ein sehr hohes Niveau bei den von Lehrkräften verlangten Fähigkeiten, Einstellungen und Kompetenzen verfügen.

2.3.6 Der Lehrerberuf in der Gesellschaft

Lehrer handeln als Rollenmodelle. Für die Lernergebnisse der Schüler ist es wichtig, dass die Lehrerschaft die Vielfalt der umgebenden Gesellschaft voll widerspiegelt (beispielsweise in kultureller Hinsicht und was die Muttersprache sowie die Fähigkeiten und Defizite betrifft). Die Mitgliedstaaten könnten Maßnahmen treffen, um sicherzustellen, dass die Zusammensetzung der Lehrerschaft die gesellschaftliche Vielfalt voll widerspiegelt, und insbesondere auf allen Ebenen die Hindernisse abbauen, die das ausgewogene Verhältnis der Geschlechter sowie die kulturellen Hintergründe betreffen.

3 Der Beitrag der Kommission

Zur Unterstützung der Mitgliedstaaten bei ihren Reformen der Lehrerbildung schlägt die Kommission vor,

4 Fazit

In der vorliegenden Mitteilung wird die Qualität des Unterrichts und der Lehrerbildung als entscheidender Faktor für die Sicherung der Qualität der Bildung und die Verbesserung der Lernergebnisse junger Menschen dargestellt. Es werden eine Reihe von Maßnahmen aufgelistet, die in diesem Bereich getroffen werden könnten, und es werden Wege aufgezeigt, wie die Kommission diese Maßnahmen unterstützen kann.

Insgesamt würde die Umsetzung dieser Vorschläge dazu dienen, sicherzustellen, dass die Erstausbildung und die berufliche Weiterbildung der Lehrkräfte auf koordinierte und kohärente Weise erfolgen und dass hierfür angemessene Mittel bereitgestellt werden, zu gewährleisten, dass alle Lehrkräfte über das Wissen, die Einstellungen und die pädagogischen Fähigkeiten verfügen, die sie benötigen, um effizient arbeiten zu können, die Verbesserung der Professionalität des Lehrerberufs zu unterstützen, eine Kultur der reflexiven Praxis und der Forschung innerhalb des Lehrerberufs sowie den Status und die Anerkennung des Lehrerberufs zu fördern.

Damit soll ein Beitrag zur Verbesserung der Qualität der Bildung für alle geleistet und die Mitgliedstaaten dabei unterstützt werden, ihre Lissabon-Ziele hinsichtlich des sozialen Zusammenhalts, der Wettbewerbsfähigkeit und des Wachstums zu erreichen.

Die Kommission wird sich bemühen, diese Vorschläge im Rahmen des Programms "Allgemeine und berufliche Bildung 2010" und in Zusammenarbeit mit dem Expertencluster "Lehrkräfte und Ausbilder" voranzutreiben. Sie wird bei dieser Aufgabe von den bevorstehenden Konferenzen unterstützt, die im Rahmen des portugiesischen Ratsvorsitzes veranstaltet werden.

Die Kommission ersucht das Europäische Parlament und den Rat, sich zu den in dieser Mitteilung dargelegten Fragen zu äußern.