A. Problem und Ziel
- Mit dem Krankenpflegegesetz vom 16. Juli 2003 (BGBl. I, S. 1442) wurde für die Berufe in der Gesundheits- und Krankenpflege bzw. in der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege bereits eine Modellklausel zur zeitlich befristeten Erprobung von Ausbildungsangeboten, die der Weiterentwicklung der Pflegeberufe unter Berücksichtigung der berufsfeldspezifischen Anforderungen dienen sollen, geregelt (vgl. § 4 Abs. 6 KrPflG). Danach können die Länder in Modellvorhaben außer an staatlich anerkannten Schulen an Krankenhäusern Ausbildungen auch an anderen Bildungseinrichtungen, u. a. Hochschulen, durchführen, sofern das Ausbildungsziel nicht gefährdet wird und die Vereinbarkeit der Ausbildung mit der Richtlinie 2005/36/EG gewährleistet ist. Den Ländern sollte angesichts veränderter gesellschaftlicher und struktureller Anforderungen an die Gesundheitsversorgung die Möglichkeit gegeben werden, die neuen Qualifikationsanforderungen an die Pflegeberufe durch Einführung eines weiteren Ausbildungsniveaus an Fachhochschulen - neben der Fachschulebene - zu erproben.
- Die 80. Gesundheitsministerkonferenz (GMK) hat sich am 4./5. Juli 2007 in Ulm mit dem Thema beschäftigt und den Bund einstimmig gebeten, Modellklauseln analog § 4 Abs. 6 KrPflG in die Berufsgesetze der übrigen nichtärztlichen Heilberufe aufzunehmen.
- Besonderer Bedarf wird zunächst für die Berufe der Hebammen, der Logopäden, der Physiotherapeuten und der Ergotherapeuten gesehen. In den meisten dieser Berufsausbildungen befinden sich heute bereits im Rahmen der Fachschulausbildung zu einem sehr hohen Anteil Schülerinnen und Schüler mit Fachhochschulreife bzw. Abitur. Zudem bieten diese Berufe die Möglichkeit der Entwicklung eigener Fachexpertisen in Abgrenzung zur ärztlichen Tätigkeit.
- Handlungsbedarf für die Regelung einer Modellklausel in diesen Berufsgesetzen wird gesehen, um Ländern die Möglichkeit zu geben, in Abweichung zu den gegebenen Ausbildungsstrukturen eine Weiterentwicklung der Ausbildungsstrukturen der nichtärztlichen Heilberufe in den genannten Bereichen parallel zum Pflegebereich zu erproben. Die Modellerfahrungen sollen Bund und Ländern als Grundlage für die Weiterentwicklung der Berufsgesetze dienen. Diese ist insbesondere erforderlich, um die Ausbildungen dieser Berufe im europäischen Vergleich wettbewerbsfähig zu machen und die berufliche Mobilität deutscher Berufsangehöriger zu fördern.
B. Lösung
- Einführung der Modellklausel in die genannten Berufsgesetze.
C. Alternativen
- Keine.
D. Kosten der öffentlichen Haushalte
- Keine.
- Mit den Modellklauseln wird für die Landesgesetzgeber lediglich die Möglichkeit eröffnet, den Rechtsrahmen zur Erprobung der Weiterentwicklung der Ausbildungsstrukturen der genannten nichtärztlichen Heilberufe zu schaffen.
E. Sonstige Kosten
- Kosten für die Wirtschaft: Keine.
- Bürokratiekosten: Keine.
Gesetzentwurf des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Modellklausel in die Berufsgesetze der Hebammen, Logopäden, Physiotherapeuten und Ergotherapeuten
Der Bundesrat hat in seiner 844. Sitzung am 23. Mai 2008 beschlossen, den beigefügten Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 1 des Grundgesetzes beim Deutschen Bundestag einzubringen.
Anlage
Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Modellklausel in die Berufsgesetze der Hebammen, Logopäden, Physiotherapeuten und Ergotherapeuten
Vom ...
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Änderung des Ergotherapeutengesetzes
Dem § 4 des Ergotherapeutengesetzes vom 25. Mai 1976 (BGBl. I S. 1246), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird folgender Absatz 5 angefügt:
(5) Zur zeitlich befristeten Erprobung von Ausbildungsangeboten, die der Weiterentwicklung des Ergotherapeutenberufs unter Berücksichtigung der berufsfeldspezifischen Anforderungen dienen sollen, können die Länder von Absatz 1 sowie von der Ausbildungs- und Prüfungsordnung nach § 5 abweichen, sofern das Ausbildungsziel nicht gefährdet wird und die Vereinbarkeit der Ausbildung mit der Richtlinie 2005/36/EG gewährleistet ist."
Artikel 2
Änderung des Hebammengesetzes
Dem § 6 des Hebammengesetzes vom 4. Juni 1985 (BGBl. I S. 902), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird folgender Absatz 3 angefügt:
(3) Zur zeitlich befristeten Erprobung von Ausbildungsangeboten, die der Weiterentwicklung des Hebammenberufs unter Berücksichtigung der berufsfeldspezifischen Anforderungen dienen sollen, können die Länder von Absatz 1 Satz 3 sowie von der Ausbildungs- und Prüfungsordnung nach § 10 abweichen, sofern das Ausbildungsziel nicht gefährdet wird und die Vereinbarkeit der Ausbildung mit der Richtlinie 2005/36/EG gewährleistet ist."
Artikel 3
Änderung des Gesetzes über den Beruf des Logopäden
Dem § 4 des Gesetzes über den Beruf des Logopäden vom 7. Mai 1980 (BGBl. I S. 529), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird folgender Absatz 5 angefügt:
(5) Zur zeitlich befristeten Erprobung von Ausbildungsangeboten, die der Weiterentwicklung des Logopädenberufs unter Berücksichtigung der berufsfeldspezifischen Anforderungen dienen sollen, können die Länder von Absatz 1 sowie von der Ausbildungs- und Prüfungsordnung nach § 5 abweichen, sofern das Ausbildungsziel nicht gefährdet wird und die Vereinbarkeit der Ausbildung mit der Richtlinie 2005/36/EG gewährleistet ist."
Artikel 4
Änderung des Masseur- und Physiotherapeutengesetzes
§ 9 des Masseur- und Physiotherapeutengesetzes vom 26. Mai 1994 (BGBl. I S. 1084), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
- 1. Der bisherige Wortlaut wird Absatz 1.
- 2. Folgender Absatz 2 wird angefügt:
(2) Zur zeitlich befristeten Erprobung von Ausbildungsangeboten, die der Weiterentwicklung des Physiotherapeutenberufs unter Berücksichtigung der berufsfeldspezifischen Anforderungen dienen sollen, können die Länder von Absatz 1 Satz 2 Halbsatz 1 sowie von der Ausbildungs- und Prüfungsordnung nach § 13 Abs. 2 bis 4 abweichen, sofern das Ausbildungsziel nicht gefährdet wird und die Vereinbarkeit der Ausbildung mit der Richtlinie 2005/36/EG gewährleistet ist."
Artikel 5
Inkrafttreten
- Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Begründung:
A. Allgemeiner Teil
I. Zielsetzung
Mit der Einführung der Modellklausel in die Berufsgesetze der nichtärztlichen Heilberufe sollen Erweiterungsmöglichkeiten der Ausbildungsstrukturen der nichtärztlichen Heilberufe aufgrund veränderter Qualifikationsanforderungen in der Gesundheitsversorgung erprobt werden. Ferner soll die Wettbewerbsfähigkeit dieser Ausbildungen im europäischen Vergleich erhöht und die Mobilität deutscher Berufsangehöriger im europäischen Raum gefördert werden.
II. Gesetzgebungskompetenz; Vereinbarkeit mit EU-Recht
Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes folgt aus Artikel 74 Abs. 1 Nr. 19 GG. Der Entwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar.
III. Auswirkungen
Unmittelbare Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte sind durch den Entwurf nicht zu erwarten. Mit den Modellklauseln wird für die Landesgesetzgeber lediglich die Möglichkeit eröffnet, den Rechtsrahmen zur Erprobung der Weiterentwicklung der Ausbildungsstrukturen der genannten nichtärztlichen Heilberufe zu schaffen. Die vorgesehenen Gesetzesänderungen belasten die Wirtschaft nicht mit zusätzlichen Kosten.
B. Besonderer Teil
Zu Artikel 1 (§ 4 Abs. 5 - neu - ErgThG)
Die in § 4 Abs. 5 - neu - enthaltene Modellklausel bezieht sich auf geltendes Recht und ermöglicht den Ländern, unter den dort genannten Voraussetzungen neue Ausbildungsstrukturen in der Ergotherapieausbildung zu erproben, um richtungweisende Erkenntnisse für eine Weiterentwicklung der Ausbildung zu erhalten, u. a. in Bezug auf die Durchführung von Hochschulstudiengängen, die auch in dem Sinne berufsqualifizierend sind, dass sie zum Führen der Berufsbezeichnung gemäß § 1 Abs. 1 berechtigen.
Zu Artikel 2 (§ 6 Abs. 3 - neu - HebG)
Die in § 6 Abs. 3 - neu - enthaltene Modellklausel bezieht sich auf geltendes Recht und ermöglicht den Ländern, unter den dort genannten Voraussetzungen neue Ausbildungsstrukturen in der Hebammenausbildung zu erproben, um richtungweisende Erkenntnisse für eine Weiterentwicklung der Ausbildung zu erhalten, u. a. in Bezug auf die Durchführung von Hochschulstudiengängen, die auch in dem Sinne berufsqualifizierend sind, dass sie zum Führen der Berufsbezeichnung gemäß § 1 Abs. 1 berechtigen. Dies ist insbesondere im Hinblick auf die vorbehaltenen Tätigkeiten gemäß § 4, deren rechtmäßige Leistungserbringung an die Führung der Berufsbezeichnung geknüpft ist, erforderlich.
Die in § 4 Abs. 5 - neu - enthaltene Modellklausel bezieht sich auf geltendes Recht und ermöglicht den Ländern, unter den dort genannten Voraussetzungen neue Ausbildungsstrukturen in der Logopädenausbildung zu erproben, um richtungweisende Erkenntnisse für eine Weiterentwicklung der Ausbildung zu erhalten, u. a. in Bezug auf die Durchführung von Hochschulstudiengängen, die auch in dem Sinne berufsqualifizierend sind, dass sie zum Führen der Berufsbezeichnung gemäß § 1 Abs. 1 berechtigen.
Zu Artikel 4 (§ 9 Abs. 2 - neu - MPhG)
Die in § 9 Abs. 2 - neu - enthaltene Modellklausel bezieht sich auf geltendes Recht und ermöglicht den Ländern, unter den dort genannten Voraussetzungen neue Ausbildungsstrukturen in der Physiotherapeutenausbildung zu erproben, um richtungweisende Erkenntnisse für eine Weiterentwicklung der Ausbildung zu erhalten, u. a. in Bezug auf die Durchführung von Hochschulstudiengängen, die auch in dem Sinne berufsqualifizierend sind, dass sie zum Führen der Berufsbezeichnung gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 berechtigen.
Zu Artikel 5 (Inkrafttreten)
Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten.