Unterrichtung durch die Bundesregierung
Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen zur Halbzeitüberprüfung der Strategie für Biowissenschaften und Biotechnologie KOM (2007) 175 endg.; Ratsdok. 8343/07

Übermittelt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 17. April 2007 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 12. März 1993 (BGBl. I S. 313), zuletzt geändert durch das Förderalismusreform-Begleitgesetz vom 5. September 2006 (BGBl. I S. 2098).

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat die Vorlage am 10. April 2007 dem Bundesrat zugeleitet.

Die Vorlage ist von der Kommission am 11. April 2007 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.


Hinweis: vgl.
Drucksache 176/02 = AE-Nr. 020816,
Drucksache 183/03 (PDF) = AE-Nr. 031035, AE-Nr. 041410 und AE-Nr. 051876

1. Die EU für 2010 fit machen

Biowissenschaften und Biotechnologie1 sind ein sich rasch weiterentwickelnder Bereich mit direkter wie potenzieller Bedeutung für europäische Unternehmen und Politikträger. Immer wichtiger und akzeptiert werden Biowissenschaften und Biotechnologie inzwischen im Gesundheitssektor, wo sie neue Verfahren zur Behandlung und Verhütung von Krankheiten hervorgebracht haben. Die europäische Industrielandschaft wird dadurch, dass Biowissenschaften und Biotechnologie in immer mehr Branchen zum Einsatz kommen, ständig verändert, und eine breite Palette von Produkten ist bereits auf dem Markt.2

Die "Bioökonomie" hat daher das Potenzial, zu zentralen Zielen der EU-Politik beizutragen und neue Herausforderungen im Bereich Gesundheit, Energieversorgung, Erderwärmung oder Bevölkerungsalterung bewältigen zu helfen. Europa ist mit seinem verfügbaren Wissen und seinen vorhandenen Fertigkeiten gut aufgestellt, um dieses Potenzial sowohl in Europa als auch weltweit, unter anderem in seinen Beziehungen zu den Entwicklungsländern, zu nutzen.

Die Biotechnologie ist ein wichtiges Mittel zur Förderung von Wachstum, Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit in der EU. Die Nutzung der Biotechnologie ist jedoch nicht unumstritten. Daher muss eine vermehrte Anwendung der Biotechnologie von einer breiten gesellschaftlichen Debatte über die möglichen Risiken und Vorteile der Biotechnologie, einschließlich ihrer ethischen Dimension, begleitet werden.

Der Europäische Rat und das Europäische Parlament haben die Bedeutung von Biowissenschaften und Biotechnologie anerkannt, und die Kommission hat einen Aktionsplan für die damit verbundenen Herausforderungen und Chancen vorgelegt. Im Rahmen der 2002 von der Kommission beschlossenen Strategie für Biowissenschaften und Biotechnologie3 wurde ein 30-Punkte-Aktionsplan für die Kommission, die anderen EU-Organe und sonstige Stakeholder vorgelegt. Er reicht bis zum Jahr 2010.

Die Strategie - auf EU-Ebene die erste ihrer Art - wurde zunächst sehr breit gefasst, um alle potenziell relevanten Politikbereiche abzudecken und die Übernahme der Technologie in einem breiten Spektrum von Bereichen zu erleichtern. Die vorgeschlagenen Aktionen wurden unter vier Überschriften zusammengefasst: Nutzung des Potenzials (Forschung, Zugang zu Finanzierungsmitteln usw.), ordnungspolitischer Rahmen bzw. Governance (sozialer Dialog, ethische Kontrolle usw.), Reaktion auf die globalen Herausforderungen (Förderung der wissenschaftlichen Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern usw.) und Kohärenz für alle Politikbereiche.

Die Umsetzung der Strategie hat nun die Halbzeit erreicht. Es ist an der Zeit, die Fortschritte seit 2002 zu bewerten und die Strategie auf den neusten Stand zu bringen, damit sie neuen Erkenntnissen über den potenziellen Beitrag dieses rasant wachsenden Sektors zu den verschiedensten Bereichen der EU-Politik4 Rechnung trägt. Hierzu dienen die vorliegende Mitteilung und das Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen im Anhang dazu.

Die ursprüngliche Strategie folgte einem ganzheitlichen Ansatz, der auch heute noch gültig bleibt. Biowissenschaften und Biotechnologie können nicht isoliert betrachtet werden. Andere Politikbereiche wirken sich unmittelbar auf ihre Entwicklung aus, etwa die unlängst von der Kommission vorgestellte Innovationspolitik, die beim informellen Treffen der Staats- und Regierungschefs im Oktober 2006 in Lahti politische Unterstützung erhielt.5

Bei der Halbzeitüberprüfung werden Biowissenschaften und Biotechnologie in diesen breiteren Kontext gestellt, gleichzeitig aber die Schwerpunkte des Aktionsplans neu auf sektorspezifische Fragestellungen ausgerichtet und Maßnahmen in jenen Bereichen zur Priorität erhoben, in denen sich der potenzielle Nutzen der Biotechnologie maximieren lässt.

2. Moderne Anwendungen von Biowissenschaften und Biotechnologie und ihr Beitrag zur EU-Politik

2.1. Der Beitrag zur EU-Politik

In einigen Bereichen der EU-Wirtschaft nehmen Biowissenschaften und Biotechnologie inzwischen einen zentralen Stellenwert ein: im Gesundheitswesen und Arzneimittelsektor, aber auch bei der industriellen Verarbeitung und bei der Primärproduktion bzw. Agrar- und Ernährungsindustrie. Rund 1,56 % der Bruttowertschöpfung in der EU stehen mit der modernen Biotechnologie in Zusammenhang (Wert 2002); hinzurechnen könnte man die positiven Auswirkungen der Biotechnologie, etwa eine gesündere Bevölkerung. Durch die vor kurzem beschlossene ehrgeizige Energiepolitik für Europa dürfte sich der Beitrag der Biotechnologie zu einem anderen Sektor erhöhen: der alternativen Energiewirtschaft.

Im März 2007 legte sich der Europäische Rat verbindlich darauf fest, den Anteil der Biokraftstoffe bis 2020 auf mindestens 10 % zu erhöhen. Biokraftstoffe gelten insofern als vorteilhaft, als sie erneuerbar sind, die Treibhausgas-Emissionen verringern und die Energiesicherheit der EU erhöhen.

Bei der Herstellung von Bioethanol spielt Biotechnologie eine große Rolle (Verwendung von Enzymen oder Mikroorganismen zur Erzeugung von Ethanol aus Biomasse, d.h. aus Nutzpflanzen, Holz oder Bioabfall). Schätzungen zufolge könnten durch die Entwicklung von Biokraftstoffen EU-weit eine erhebliche Zahl von Arbeitsplätzen und neue Märkte für landwirtschaftliche Produkte entstehen.

Zweitens tragen Biowissenschaften und Biotechnologie erheblich zu den Kernzielen der EU-Politik bei, wie Gesundheit, Wirtschaftswachstum, Schaffung von Arbeitsplätzen, Bewältigung der Bevölkerungsalterung und nachhaltige Entwicklung. Auch hier gibt es Unterschiede zwischen den drei Hauptanwendungsbereichen (Gesundheit, industrielle Produktion und Verfahren, Primärproduktion/Agrar- und Ernährungsindustrie), die eine getrennte Betrachtung rechtfertigen.

Die reine Biotechnologiebranche beschäftigt in Europa 96 500 Mitarbeiter direkt, überwiegend in KMU, doch liegen die Beschäftigtenzahlen in den Branchen, die Biotechnologieprodukte nutzen, um ein Vielfaches höher. Mit einem Mitarbeiteranteil von 44 % (42 500) in Forschungs- und Entwicklungsaufgaben ist die Branche sehr forschungsintensiv.6

Auch in vielen anderen Branchen (z.B. Chemie, Textil, Papier) kommen biotechnologische Produkte und Verfahren zum Einsatz, sowohl in Form von neuartigen Produkten als auch von verbesserten Herstellungsverfahren.

Drittens weisen die aktuellen Statistiken für die Biotechnologiebranche in der Europäischen Union zwar recht bescheidene Zahlen aus, doch könnten sie durchaus unterschätzt werden, da in erster Linie jene Unternehmen als "Biotechnologieunternehmen" zählen, die sich ausschließlich der Biotechnologie widmen, während große Industriekonzerne, die Biotechnologie für ihr Kerngeschäft (z.B. Chemie oder Arzneimittel) nutzen, statistisch nicht erfasst werden.

Nach der neuesten Statistik gab es 2004 EU-weit 2163 reine Biotechnologieunternehmen, die insgesamt 7,6 Mrd. EUR für FuE aufwandten. Das typische europäische Biotech-Unternehmen ist 6-10 Jahre alt und mit durchschnittlich 28 Mitarbeitern recht klein; im Durchschnitt wendet es 3,3 Mio. EUR für FuE auf.7 Der Anteil der Europäischen Union an den beim Europäischen Patentamt angemeldeten Biotechnologiepatenten lag im Zeitraum 2002-2004 bei 34,8 %, gegenüber 41,1 % bei den USA. Trotz vieler erfolgreicher Neugründungen in Europa ist die Biotechnologiebranche noch keine große dauerhaft tragfähige Industrie.

2.2. Medizinische Biotechnologie

Reine Biotechnologieunternehmen sind vor allem in der medizinischen Biotechnologie tätig, die zahlreiche Anwendungen mit erheblicher Bedeutung für Wirtschaft und öffentliche Gesundheit umfasst. Moderne biotechnologische Anwendungen im Bereich der menschlichen Gesundheit machen rund 5 % der Bruttowertschöpfung im Arzneimittelsektor (Wert 2002) und rund 0,04 % der Bruttowertschöpfung der EU-25 aus, doch unter Einrechnung der indirekten Effekte lägen die Zahlen höher. Biotechnologieprodukte werden vor allem für therapeutische Zwecke eingesetzt (z.B. Biopharmaka8), aber auch für Diagnose und Prävention (z.B. Impfstoffe9).

Die Biotechnologie wird auch als Verfahrenstechnologie eingesetzt, wenn das Endprodukt nicht biologisch, sondern chemisch ist, und kommt daher in der Arzneimittelindustrie auf vielfältige Weise zum Einsatz. Angesicht aktueller Herausforderungen wie der Folgen der Bevölkerungsalterung oder des Kampfes gegen mögliche Pandemien (z.B. Vogelgrippe) sind Biowissenschaften und Biotechnologie von zentraler Bedeutung. Hierzu gehört auch ein verantwortungsvoller und effizienter Einsatz der Genomik (einschließlich Gentests) zugunsten der menschlichen Gesundheit.

Viele vielversprechende Anwendungen sind in der Pipeline, darunter so genannte "Zukunftstherapien" mit Gewebetechnik, Gen- und Zelltherapien sowie die "Nanomedizin"10. Einige davon wecken hohe Erwartungen und haben zugleich eine lebhafte Kontroverse ausgelöst, etwa die Verwendung embryonaler Stammzellen.

Humaninsulin war das erste echte Biotechnologieprodukt und hat das aus Rindern und Schweinen gewonnene Insulin allmählich ersetzt. Inzwischen ist es das am leichtesten verfügbare Insulin der Welt und macht 70 % des weltweiten Insulinmarkts aus. Neben Arzneimitteln hat die Biotechnologie auch die Entwicklung von Tests zur Diagnose akuter Herz-Kreislauferkrankungen in Notfallkliniken und zur Erkennung von Erbkrankheiten (Gentests) oder Infektionskrankheiten wie HIV/AIDS ermöglicht.

Maßnahmen, die die Entwicklung der medizinischen Biotechnologie insbesondere durch Unterstützung von KMU und Forschung fördern könnten, sollten für die Europäische Union als besondere Priorität gelten. Dabei würde der gesamten Bandbreite wirtschaftlicher, ethischer und sonstiger Erwägungen Rechnung getragen.

2.3. Industrielle Biotechnologie

Die industrielle Biotechnologie kommt schon heute, von der breiten Öffentlichkeit oft unbemerkt, bei den unterschiedlichsten Produkten und Verfahren zum Einsatz. Da die Sorge um Umwelt und Energieversorgung wächst, gewinnt die industrielle Biotechnologie an Dynamik, denn sie bietet eine Alternative zu chemischen Verfahren und fossilen Brennstoffen und verspricht wirtschaftliche wie ökologische Vorteile. Die industrielle Biotechnologie trägt etwa 0,46 % zur Bruttowertschöpfung des verarbeitenden Gewerbes und rund 0,08 % zur Bruttowertschöpfung der EU bei (ohne Nahrungsmittelverarbeitung und Chemie), was ihren bislang nur begrenzten Einsatz deutlich macht.

Durch die Umstellung von einem chemischen auf ein biotechnologisches Verfahren zur Herstellung einer weit verbreiteten Antibiotikagruppe11 konnten der Stromverbrauch um 37 %, der Lösungsmittelverbrauch um fast 100 % und der Abwasseranfall um 90 % gesenkt werden. Andere industrielle Anwendungen, wie biologisch abbaubare Kunststoffe und Verpackungen, könnten ähnliche Vorteile bringen.

Die Entwicklung biotechnologischer Verfahren und ihre Übernahme durch die Industrie sind nicht optimal. Neben der Unterfinanzierung, auf die die Branche immer wieder hinweist, scheint auch der Technologietransfer unzureichend. Hier sollte die Strategie in Kombination mit der EU-Innovationspolitik schwerpunktmäßig ansetzen, und zwar mit Förderaktionen für die Forschung und die Übernahme neuer Technologien.

2.4. Biotechnologie in der Primärproduktion bzw. der Agrar- und Ernährungsindustrie

In der Primärproduktion sowie der Agrar- und Ernährungsindustrie gibt es viele moderne Biotech-Anwendungen, die nicht so sichtbar, für Wirtschaft, Umwelt und öffentliche Gesundheit jedoch von erheblicher Bedeutung sind. Die moderne Biotechnologie kommt vor allem in den Input-Sektoren zum Einsatz, d.h. bei Züchtung, Diagnose, Feinchemie (Nahrungsmittelzusätze) und Enzymproduktion. Ingesamt lassen sich 1,31-1,57 % der Bruttowertschöpfung von Primärproduktion und Agrar-/Ernährungsindustrie auf die moderne Biotechnologie zurückführen.

Biotechnologische Diagnoseverfahren und tiermedizinische Produkte, vor allem Impfstoffe, spielen bei der Eindämmung und Kontrolle einiger der bedeutsamsten Tierkrankheiten und Zoonosen sowie bei der Lebensmittelsicherheit eine Rolle.

Dank der Entwicklung biotechnologischer Verfahren für die Überwachung der bovinen spongiformen Encephalopathie (BSE) konnten in der EU erheblich mehr Proben getestet und so die durch Gemeinschaftsrecht vorgeschriebenen Kontrollstandards eingehalten werden, was zum Schutz der Verbraucher und zur Wiederaufnahme des Handels beigetragen hat. Biotechnologische Diagnoseverfahren werden auch zur frühen Erkennung von Salmonellen eingesetzt.

Neben diesen Anwendungen wird Biotechnologie auch eingesetzt, um bestimmte Eigenschaften eines Organismus zu selektieren oder zu verbessern. Bekanntestes Beispiel sind genetisch veränderte Pflanzen. Etwa ein Dutzend Produkte wurden in letzter Zeit nach EU-Recht, das strikte Verfahren für die Risikoabschätzung vorschreibt, zugelassen und rund vierzig weitere stehen an, darunter einige für den Anbau. In der Zukunft dürfte die Gentechnik mehr Anwendung bei Industrieverfahren finden. So werden beispielweise die Biokraftstoff- oder Papierindustrie ein Interesse an ertragreicheren Pflanzen haben.

Nutzen und Risiken des Einsatzes genetisch veränderter Organismen (GVO) müssen in allen Sektoren sorgfältig abgewogen werden, wobei sowohl die Umwelt- und Gesundheitsauswirkungen als auch die Akzeptanz in der EU-Gesellschaft zu berücksichtigen sind. Allerdings sollte die Zulassung von GVO auch in Zukunft auf einer Prüfung des Einzelfallrisikos beruhen. In einigen Fällen sollten die Risikomanagementverfahren, die eine Verunreinigung der Nahrungs-/Futterkette durch eigens für industrielle Zwecke erzeugte Produkte verhindern sollen (beispielsweise wenn Kulturen zur Herstellung von Arzneimittelstoffen verwendet werden), ausgebaut werden.

3. Die unterschiedlichen Einsatzmöglichkeiten der modernen Biotechnologie und die öffentliche Meinung

Das Thema Governance nahm bei der ursprünglichen Strategie einen zentralen Stellenwert ein. Die jüngsten Erfahrungen mit der Umsetzung von Sektorvorschriften haben bestätigt, dass die Übernahme von Biotechnologie von der Entwicklung spezifischer Anwendungen ebenso abhängt wie von der öffentlichen Unterstützung. Generell genießen alle Bereiche der Biotechnologie einen hohen Grad an öffentlicher Unterstützung, mit Ausnahme gentechnisch veränderter Lebensmittel, bei denen die Öffentlichkeit eine eher ambivalente Haltung einnimmt und sich die Umsetzung entsprechender Rechtsvorschriften als schwierig erwiesen hat.

Eine Eurobarometer-Erhebung aus dem Jahr 0512 ergab nach einem vorübergehenden Rückgang größeren Optimismus hinsichtlich der Biotechnologie als 1999 (52 % der Befragten glaubten, dass sich ihr Leben dadurch verbessere) und breite Unterstützung für viele Biotech-Anwendungen (etwa Gentherapie, Biokraftstoff oder Biokunststoff). Die Umfrage zeigt auch, dass sich die Kenntnisse über Biotechnologie und Genetik zwar verbessert haben, aber immer noch begrenzt sind.

Allerdings lehnen 58 % der Befragten genetisch veränderte Lebensmittel ab, 42 % nicht. Die Eurobarometer-Erhebung bestätigte, dass die Akzeptanz in den Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich ist. Erwähnenswert ist, dass mindestens 50 % der Befragten nach eigenen Angaben gentechnisch veränderte Lebensmittel kaufen würden, wenn sie gesünder wären, weniger Pestizidrückstände enthielten oder umweltfreundlicher wären.

Obwohl der EU-Rechtsrahmen auf neuesten wissenschaftlichen Grundlagen beruht und zu den stringentesten der Welt gehört, lassen sich die Mitgliedstaaten bei ihren Einzelfallentscheidungen über die Zulassung von Produkten doch von den negativen Einschätzungen der Öffentlichkeit leiten. In letzter Zeit konnte in keinem Fall Konsens erzielt werden. Ende 2006 war die EU-Beschlussfassung über GVO auch Gegenstand eines Panel-Berichts der Welthandelsorganisation.13

Die Probleme, die bei der Um- und Durchsetzung aufgetreten sind, ergeben sich teilweise daraus, dass der geltende Rechtsrahmen noch recht neu ist: die Einführung von Übergangsbestimmungen für die Umstellung von den "alten" auf die "neuen" Rechtsvorschriften hat bei einigen Mitgliedstaaten zu Unwilligkeit geführt. Auch wenn GVO nur einen kleinen Teil der Biotechnologie ausmachen, werden sie von der breiten Öffentlichkeit doch oft als Hauptanwendungsbereich betrachtet. Dem Auseinanderklaffen von öffentlicher Wahrnehmung und dem vereinbarten Rechtsrahmen für GVO muss durch geeignete Maßnahmen begegnet werden.

4. Die Umsetzung der Strategie im Zeitraum 2002 - 2006

Das Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen im Anhang zu dieser Mitteilung enthält einen ausführlichen Bericht über die Umsetzung des Aktionsplans, der sich auf Beiträge der Kommissionsdienststellen sowie der Behörden und Stakeholder aus den Mitgliedstaaten stützt. Ergänzt wird dieser Bericht durch eine Übersicht über die wichtigsten Erfolge bei der Umsetzung der 30 Aktionen.

Die Überprüfung führte im Wesentlichen zu folgenden Schlussfolgerungen:

5. Die künftige Fortsetzung der Strategie

Die Strategie wurde ursprünglich bewusst sehr weit gefasst, um eine erste Verortung durchzuführen und die gesamte Bandbreite der betroffenen Politikbereiche zu erfassen. Da diese Phase jetzt abgeschlossen ist, bietet die Halbzeitüberprüfung Gelegenheit, die Strategie neu zu fokussieren, um ihre Wirkung zu maximieren. Das heißt, dass nach wie vor relevante Aktionen nach dem ursprünglichen Konzept fortgesetzt, Synergien mit anderen horizontalen Politikbereichen verstärkt und die spezifischen Prioritäten für den Biotechnologiesektor überprüft werden. Dadurch werden sich die Ergebnisse, die die Strategie bis 2010 bringt, verbessern.

Die spezifischen Prioritäten im Bereich Biotechnologie lassen sich zu fünf zusammenhängenden Themen zusammenfassen:

Im beigefügten "Neufokussierten Aktionsplan für Biowissenschaften und Biotechnologie" wird ausführlich erläutert, wie die Kommission die Strategie im Hinblick auf die vorgenannten fünf Schwerpunktthemen künftig umsetzen will.

6. Fazit

Wie durch zahlreiche praktische Beispiele belegt wird, hat die Biotechnologie ein echtes Potenzial zur Unterstützung der EU-Politik. Daher muss die Entwicklung von Biowissenschaften und Biotechnologie in der EU auch in Zukunft gefördert werden, insbesondere indem Forschung und Wettbewerbsfähigkeit erhöht werden. Hauptinstrument der EU ist in diesem Zusammenhang die Strategie für Biowissenschaften und Biotechnologie.

Während die Technologie vielversprechend ist, gibt es auch den Ruf nach einem wohl überlegten Einsatz gewisser Anwendungen, insbesondere in der Agrar- und Ernährungsindustrie, sowie nach einer strengeren öffentlichen Kontrolle und vorausschauenden Regulierung.

Angesichts der raschen Entwicklung der Biotechnologie ist es absolut unverzichtbar, dass die Politik auch in Zukunft einen flexiblen vorausschauenden Ansatz verfolgt, um Entwicklungen vorzugreifen und sich auf neue Herausforderungen einzustellen. Zu den jüngsten Beispielen zählen die potenzielle Nutzung geklonter Tiere oder ihrer Nachkommen in der Agrar- und Ernährungsindustrie oder die Nutzung genetisch veränderter Hühner zur Gewinnung von Arzneimittelstoffen aus deren Eiern.

Der ursprünglich breite Erfassungsbereich der Strategie hat ein umfassendes Bild der Lage vermittelt; eine Neufokussierung mit klareren Zielen und stärkerer Kohärenz mit anderen Politikbereichen würde nun für eine effektive Umsetzung sorgen.

Aus diesen Gründen wird die Kommission,

Neufokussierter Aktionsplan für Biowissenschaften und Biotechnologie