Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.
Hinweis: vgl.
Drucksache 437/00 = AE-Nr. 002076,
Drucksache 849/03 (PDF) = AE-Nr. 033615,
Drucksache 618/04 (PDF) = AE-Nr. 042663,
Drucksache 680/07 (PDF) = AE-Nr. 070756,
Drucksache 112/08 (PDF) = AE-Nr. 080140 und AE-Nr. 080902
Einleitung
Mit den Überlegungen in dieser Mitteilung wird einer Forderung des Rates "Umwelt" vom Dezember 2010 entsprochen, nach der die Mitgliedstaaten und die Kommission die Anwendung und Durchsetzung des Umweltrechts der EU verstärken und verbessern sollten, um den Zustand der Umwelt zu verbessern und gleiche Bedingungen für alle zu gewährleisten.
Die Eurobarometer-Erhebungen von 2008 und 2011, bei denen die europäischen Bürgerinnen und Bürger zum Thema Umwelt befragt wurden, haben bestätigt, dass für die meisten von ihnen eine gesunde Umwelt für ihre Lebensqualität ebenso wichtig ist wie die wirtschaftliche Lage und soziale Faktoren.
Im Bericht "Die Umwelt in Europa - Zustand und Ausblick 2010" der Europäischen Umweltagentur (EUA) wurde aber festgestellt, dass die EU offenbar in einer Reihe von Situationen auf der Stelle tritt oder Rückschritte macht, was sie von einer nachhaltigen Entwicklung weg statt zu ihr hinführt.
Was können wir tun, um diese Entwicklungen umzukehren? Mit Ausnahme der Böden gibt es für unsere Umwelt bereits umfassende, großenteils längst etablierte Rechtsvorschriften der EU, so dass es jetzt vor allem darauf ankommt, diese Vorschriften wirksam anzuwenden.
Zwei Punkte sind dabei von herausragender Bedeutung: zum einen der Umfang unseres Wissens über den Zustand der Umwelt und die Art und Weise, in der diese geschützt wird, und zum anderen wirksame Mittel für den Umgang mit konkreten Problemen.
Über einige Themen wie beispielsweise das Ausmaß der Luftverschmutzung in den Städten oder die Qualität der Badegewässer wissen wir bereits sehr viel, während unsere Kenntnisse in anderen Bereichen wie z.B. Biodiversität und Landnutzung lückenhafter sind. Außerdem ist es schwierig, ein vollständiges Bild zu erhalten, wenn wir genau wissen wollen, wie die Vorschriften in einer Region, einer Stadt oder einem Dorf angewendet werden. Beschwerden an die Kommission und Petitionen an das Europäische Parlament geben zwar oft wichtige Hinweise, bilden aber nur eine unvollständige Informationsquelle.
Die Analysen und Konsultationen im Zuge der Vorarbeiten für ein Siebtes Umwelt-Aktionsprogramm belegen klar, dass eine verstärkte und verbesserte Anwendung der Vorschriften als ein eigenständiges prioritäres Ziel der europäischen Umweltpolitik angesehen werden kann. In dieser Mitteilung wird untersucht, wie den Mitgliedstaaten dabei geholfen werden kann, ein systematisches Konzept für die Sammlung und Verbreitung von Informationen zu erreichen und besser auf konkrete Probleme zu reagieren. Ein wirksamer Zugang zu den Gerichten ist notwendig, aber nicht ausreichend, weshalb vorgeschlagen wird, auch Inspektionen und Überwachung, Beschwerdemechanismen und die Formalisierung von Partnerschaften unter die Lupe zu nehmen, um die Anwendung der Vorschriften zu gewährleisten.
Die dargestellten Überlegungen ergänzen den Inhalt einer einschlägigen Mitteilung aus dem Jahr 20081 und stützen sich - wobei der Schwerpunkt auf die im Aarhus-Übereinkommen2 hervorgehobenen Besonderheiten des Umweltrechts gelegt wird - auf die Mitteilung "Ein Europa der Ergebnisse"3 aus dem Jahr 2007, in der auf die Bedeutung von mehr Transparenz auf EU-Ebene hingewiesen und festgestellt wird, "dass Beschwerdeführer in einigen Fällen ihre Rechte auf nationaler Ebene unmittelbar und wirksamer durchsetzen könnten. "4
Die Reaktionen auf diese Mitteilung werden in die Vorarbeiten für das Siebte Umwelt-Aktionsprogramm einfließen. Sie können auch dazu führen, dass die Kommission - erforderlichenfalls gestützt auf eine Folgenabschätzung - spezifische Maßnahmen vorschlägt. Soweit die Rechtsvorschriften neben den Umweltzielen noch weitere Ziele verfolgen (z.B. im Energiebereich), müssen die hier erläuterten Vorschläge möglicherweise durch besondere Vorschriften ergänzt werden, die insbesondere die Beziehungen zu bestimmten Interessenträgern betreffen.
Warum eine ordnungsgemäße Anwendung wichtig ist
Eine verzögerte oder inadäquate Anwendung der Vorschriften kann viele nachteilige Folgen haben. Letztlich schadet sie der Umwelt und der menschlichen Gesundheit, schafft Rechtsunsicherheit für die Industrie und stellt die gleichen Wettbewerbsbedingungen auf dem Binnenmarkt in Frage. Die langfristigen Kosten für Abhilfemaßnahmen (z.B. für die Beseitigung der Spuren von wilden Mülldeponien und für die Wiederherstellung von geschädigten Lebensräumen) sind unter Umständen viel höher als die Kosten vorbeugender Maßnahmen.
Die Kosten der Nichtanwendung der bestehenden Rechtsvorschriften werden grob auf etwa 50 Mrd. EUR im Jahr geschätzt 5. Diese Kosten betreffen nicht nur die Umweltauswirkungen, sondern auch die Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit. So leben 20 % bis 50 % der Bevölkerung der EU in Gebieten, in denen die europäischen Grenzwerte für die Luftqualität nicht eingehalten werden und die geschätzten jährlichen Kosten in Form von Gesundheitsausgaben oder verlorenen Arbeitstagen in die Milliarden Euro gehen.
Mit Blick auf die Vorteile wird in der Strategie Europa 2020 festgestellt, dass die neuen Beschäftigungsquellen in kritischem Maße von Investitionen in Wissen und Innovation abhängen. Da die Umweltindustrie in der EU Schätzungen zufolge einen jährlichen Umsatz von über 300 Mrd. EUR verzeichnet, kann die Unsicherheit über Möglichkeiten, Wege und Zeitrahmen für die Anwendung erhebliche Kosten aufgrund verpasster Chancen nach sich ziehen6.
Konkret dürften mit der vollständigen Anwendung des EU-Abfallrechts 400 000 Arbeitsplätze geschaffen werden, und die Nettokosten werden um 72 Mrd. EUR/Jahr niedriger sein als beim alternativen Szenarium einer Nichtanwendung7.
Zugleich bieten neuartige oder verbesserte Anwendungsverfahren die Möglichkeit, den Verwaltungsaufwand zu verringern, und führen zu ausgewogeneren Bedingungen für alle, indem die Beschlussfassung strikter, berechenbarer und kohärenter wird und in besserer Kenntnis der Sachlage erfolgt.
Warum die EU die Informationen über die Anwendung verbessern muss
Die Informationen über die Anwendung betreffen zum einen den Zustand der Umwelt und zum anderen alle administrativen und sonstigen Maßnahmen, die erforderlich sind, um diesen zu schützen bzw. zu verbessern.
Das Umweltrecht der EU umfasst Vorschriften, aufgrund deren Informationen generiert werden (z.B. Anforderungen an die Überwachung der Luftqualität), sowie Vorschriften, nach denen der breiten Öffentlichkeit Informationen zur Verfügung gestellt werden müssen.
In den vergangenen zehn Jahren wurden diese Informationen besser strukturiert und verstärkt verwendet, teilweise durch eine Überarbeitung der Richtlinie über den Zugang zu Informationen 8, die Verabschiedung der INSPIRE-Richtlinie9, die Arbeiten im Nachgang zur Kommissionsmitteilung "Hin zu einem gemeinsamen Umweltinformationssystem (SEIS)" aus dem Jahr 0810 sowie den verstärkten Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) auf EU-Ebene und nationaler Ebene. Dennoch gibt es bei den Informationen über die Anwendung nach wie vor Probleme.
So ist es nicht immer leicht, rasch die einzelstaatlichen Vorschriften zu ermitteln, die einer bestimmten Vorschrift einer Richtlinie entsprechen. Die Überwachung erfolgt in Europa nicht überall in gleicher Weise, und die generierten Informationen sind lückenhaft und häufig veraltet. Umweltinformationen werden auf Einzelantrag hin zur Verfügung gestellt statt systematisch veröffentlicht.
Dank besserer Informationen auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene könnten die Hauptprobleme und die bestgeeignete und effizienteste Weise ihrer Lösung ermittelt werden. Die umfassendere Anwendung des SEIS-Prinzips "Einmalige Berichterstattung, häufige Verwendung" würde dazu beitragen, den Informationsbedarf zu rationalisieren.
Verbesserung der Informationen über die Anwendung
Die Hauptverantwortung für die Anwendung der Vorschriften liegt bei den Mitgliedstaaten, und hier sind der Bedarf von Bürgern, Behörden und Unternehmen an Umweltinformationen und ihre diesbezüglichen Erwartungen am größten. Um diesem Bedarf und diesen Erwartungen gerecht zu werden, müssen die Mitgliedstaaten Informationssysteme errichten, die Informationen generieren, verwalten und verbreiten, die wiederum zeigen, wie die Rechtsvorschriften der EU in der Praxis angewendet und eingehalten werden11. Die betreffenden Informationen müssen den physischen Zustand der Umwelt und administrative Maßnahmen, stabile 12 und dynamische13 Elemente abdecken. Sie müssen unterschiedlichen Endnutzern dienen und dazu beitragen, dass die zuständigen Behörden ihre Aufgaben wahrnehmen, die Überwachungsstellen die Einhaltung der Vorschriften überprüfen und die Bürgerinnen und Bürger verstehen können, wie sie und ihre Umwelt geschützt werden. Dies ist nur dann möglich, wenn Umweltwissenschaftler, Statistiker, IKT-Experten und Verwaltungsfachleute eng zusammenarbeiten, um Informationen zu liefern, die zum einen wissenschaftlich und rechtlich belastbar und zum anderen für die breite Öffentlichkeit, Sachverständige und politische Entscheidungsträger von Belang sind. Darüber hinaus sieht das Aarhus-Übereinkommen die schrittweise Verbesserung von Online-Umweltinformationen vor.
Die nachstehend beschriebenen Ziele betreffen Folgendes: Prüfung, wie mit den Mitgliedstaaten aktiver zusammengearbeitet werden kann, damit diese wirksame Informationssysteme errichten; Bereitstellung von besser aggregierten Informationen auf EU-Ebene; Schaffung von Vertrauen in die generierten Informationen insgesamt; Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Behandlung von Datenlücken und einer wirksameren Überwachung von Veränderungen der Bodenbedeckung.
Ziel: Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten zwecks Errichtung von wirksameren Informationssystemen, die die Anwendung der Vorschriften betreffen
Für alle wichtigen auf EU-Ebene bestehenden Verpflichtungen im Umweltbereich sollte ein Informationssystem vorhanden sein, das gestattet, die Anwendung der Vorschriften im Einklang mit dem Aarhus-Übereinkommen möglichst effizient und zeitnah zu verfolgen.
Beispielsweise sollten für die vielen Tausende von Industrieanlagen und sonstigen Anlagen in Europa, die besonderen Kontrollen unterliegen, Online-Informationen vorliegen, die die wichtigsten einschlägigen Umweltvorschriften betreffen. Auf diese Weise könnten z.B. Nutzer aller Kategorien über ein Internet-Portal und eine interaktive Karte leicht feststellen, ob eine bestimmte Anlage über eine Genehmigung verfügt und ob gegen etwaige anhand von Überwachungsdaten oder auf andere Weise identifizierte Probleme vorgegangen wird.
Die Richtlinie über den Zugang zu Informationen enthält bereits Mindestanforderungen für eine aktive und systematische Verbreitung von Informationen sowie die allgemeine Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass die Informationen aktuell, exakt und vergleichbar sind14. Diese Vorschriften sind bislang aber nicht systematisch mit Informationen über die Anwendung und Einhaltung einzelner Rechtsakte der EU im Umweltbereich verknüpft.
Die Kommission wird prüfen,
- - wie die Wirksamkeit der Richtlinie über den Zugang zu Informationen erhöht werden könnte. Als Optionen kommen die Ausarbeitung eines Leitfadens für Best-Practice-Verfahren und/oder die Verschärfung der bestehenden Vorschriften in Betracht;
- - ob die Mitgliedstaaten mit Unterstützung der Kommission strukturierte Anwendungs- und Informationskonzepte (structured implementation and information frameworks, SIIF) für alle wichtigen EU-Rechtsakte im Umweltbereich ausarbeiten könnten. Diese würden dazu dienen, die wichtigsten Vorschriften einer Richtlinie zu präzisieren und festzustellen, welche Arten von Informationen benötigt werden, um nachzuweisen, wie das EU-Recht konkret angewendet wird. Die SIIF würden bestehende Rechtsvorschriften betreffen und - gemeinsam mit Initiativen im Rahmen des SEIS - den Mitgliedstaaten als Orientierung bei der Entwicklung von Informationssystemen dienen, mit denen die konkrete Anwendung auf permanenter Basis verfolgt werden kann;
- - wie EU-Mittel für die Entwicklung, Modernisierung und den Einsatz einschlägiger interoperabler Informationssysteme in den Mitgliedstaaten und entsprechende Schulungen verwendet werden könnten.
Ziel: Verbesserung von Informationen auf EU-Ebene
Die verbesserten Informationssysteme in den Mitgliedstaaten müssten durch bessere EU-weite Gesamtübersichten ergänzt werden, um das Vorliegen gleicher Bedingungen für alle nachzuweisen. Die EUA spielt gemeinsam mit dem statistischen Amt der Europäischen Union (Eurostat) und der Gemeinsamen Forschungsstelle (JRC) eine immer wichtigere Rolle bei der Verarbeitung von Überwachungs- und sonstigen Daten, die die Mitgliedstaaten der Kommission übermitteln. Beispielsweise gibt der mit Unterstützung der EUA erstellte jährliche Bericht der Kommission über die Qualität der Badegewässer einen umfassenden Überblick, gestützt auf georeferenzierte Daten für mehr als 21 000 Badegewässer in ganz Europa. Die Nutzer können auf einer Website Daten herunterladen und interaktive Karten (von europäischem Maßstab bis hin zu einzelnen Plätzen) konsultieren. Derzeit werden unter Beteiligung der EUA Pilotinitiativen für Luftqualität und Abfälle entwickelt, um die Anwendung der Vorschriften insgesamt zu verstärken.
Die Kommission wird prüfen,
- - wie der Öffentlichkeit systematische und verbesserte Online-Informationen über die Anwendung der Vorschriften (auch durch Einsatz transparenter Überwachungsinstrumente und Benchmarks) bereitgestellt werden könnten;
- - wie gemeinsam mit den Mitgliedstaaten (und gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit der EUA) weiter darauf hingearbeitet werden kann, den in der Badegewässer-Richtlinie angewendeten Ansatz auf alle einschlägigen Rechtsakte der EU im Umweltbereich auszudehnen.
Ziel: Schaffung von Vertrauen in die auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene generierten Informationen
Vertrauen in das Umweltrecht der EU setzt voraus, dass die Mitgliedstaaten gleichwertige
Anstrengungen unternehmen, was den Umfang und die Verlässlichkeit der Überwachung des Umweltzustands und anderer Initiativen zur Generierung von Informationen anbelangt.
Aufgrund ihrer immer wichtigeren Rolle bei der Verarbeitung und Validierung von Umweltdaten kann die EUA hier einen wertvollen Beitrag leisten.
Die Kommission will mit der EUA weiter im Einklang mit deren Auftrag zusammenarbeiten, um es der Agentur zu ermöglichen,
- - die Kommission dabei zu unterstützen, die Qualität der auf nationaler Ebene bestehenden Regelungen zur Überwachung des Umweltzustands zu sichern und die Überwachungssysteme zu überprüfen, damit gewährleistet ist, dass diese Systeme weitgehend vergleichbar, für den beabsichtigten Zweck tauglich und in angemessener Weise auf die größten Risiken ausgerichtet sind;
- - andere Aufgaben wahrzunehmen, die die Bereitstellung von Informationen über die Anwendung von Umweltmaßnahmen der EU betreffen.
Ziel: Schließung wichtiger Informationslücken bei der Förderung und Durchsetzung der Einhaltung der Vorschriften sowie bei der Überwachung der Bodenbedeckung
Es liegen keine ausreichenden Daten über die Tätigkeiten vor, die auf nationaler Ebene von Inspektoren, Staatsanwälten und Gerichten zur Einhaltung und Durchsetzung der Vorschriften unternommen werden. Dies erleichtert nicht die Wahl zwischen unterschiedlichen Ansätzen zur Vorschrifteneinhaltung, einschließlich potenziell vielversprechender Ansätze, die auch Anreize umfassen.
Die Überwachung von Veränderungen der Bodenbedeckung und die Reaktion auf diese Veränderungen sind für den Erfolg eines großen Teil des Umweltrechts der EU (z.B. Bekämpfung illegaler Abfallentsorgung, Bewirtschaftung seltener Lebensräume) von zentraler Bedeutung. Technologische Fortschritte, beispielsweise bei den Erdbeobachtungstechnologien, bieten Möglichkeiten (auch im Hinblick auf eine Verringerung der Überwachungskosten), die derzeit noch nicht systematisch wahrgenommen werden.
Die Kommission hält Verbesserungen für möglich durch
- - Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten und Aufnahme eines Dialogs mit wichtigen Netzwerken von Inspektoren, Staatsanwälten und Richtern, um die wesentlichen Kategorien von Informationen und die beste Art und Weise der Datenerhebung und -zusammenstellung zu bestimmen;
- - eine Initiative für den Einsatz von Erdbeobachtungstechnologien durch die Mitgliedstaaten, um eine wirksamere Überwachung vor Ort zu erreichen.
Warum die EU die Reaktionsbereitschaft auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene verbessern muss
Bessere Informationen werden zu besseren Ergebnissen beitragen, reichen alleine aber nicht aus. Die Überwachung der Anwendung ist eine wesentliche Verantwortung von Einrichtungen und Personen, die Aufgaben wahrnehmen und/oder über Befugnisse und Rechte verfügen, um im Zusammenhang mit den Einhaltungsverpflichtungen Untersuchungen durchzuführen, eine Überwachung und Überprüfung vorzunehmen, beratend tätig zu werden oder eine Rechenschaftspflicht zu gewährleisten.
Zu diesen Einrichtungen und Personen gehören nationale Inspektoren, Bürgerbeauftragte, Staatsanwälte, Gerichte, Prüfer, NRO sowie Bürgerinnen und Bürger, die ihre Mitwirkungsrechte wahrnehmen und Eingaben machen. Auf EU-Ebene werden diese Rollen von der Kommission, dem Europäischen Parlament, dem Gerichtshof, dem Europäischen Bürgerbeauftragten und der EUA wahrgenommen.
Als Hüterin der Verträge macht die Kommission von ihren Durchsetzungsbefugnissen Gebrauch, wenn die geforderten Endergebnisse nicht erbracht werden. Die hohe Zahl von Verstößen, Beschwerden und Petitionen, die das Umweltrecht der EU betreffen, zeigen aber, dass die Anwendung der Vorschriften in den Mitgliedstaaten generell stärker überwacht werden muss.
Mehr Reaktionsbereitschaft auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene
Die Kommission schlägt die Prüfung einer Reihe von Initiativen vor, mit denen auf diese Herausforderung eingegangen werden könnte. Diese Initiativen können auch für sich alleine stehen, ergänzen sich aber und werden miteinander kombiniert eine größere Wirkung entfalten. Beispielsweise wäre Bürgerinnen und Bürgern, die nicht vor Gericht gehen wollen, mit einem verbesserten Zugang zu den Gerichten wenig geholfen, wenn nicht auch die Beschwerdebehandlung verbessert wird.
Ziel: Verbesserung der auf das EU-Recht angewendeten Inspektionen und Überwachung
Inspektionen und Überwachung auf nationaler Ebene sind wichtig, um Vertrauen in die Anforderungen des Umweltrechts der EU zu schaffen. Für die Inspektionen von Industrieanlagen liegt bereits ein Rahmen vor, der die in der Empfehlung 2001/331/EG15 genannten Mindestkriterien für Inspektionen sowie verbindliche sektorspezifische Bestimmungen umfasst. Vom Sektor Industrieanlagen abgesehen, würden sich aber für sämtliche Tätigkeiten, von denen erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt ausgehen könnten (von der Grundwasserentnahme bis zum Handel mit geschützten Arten), zusätzliche Vorschriften für die Inspektionen und Überwachung empfehlen, um diese z.B. zu straffen und einen stärker risikobasierten Ansatz anzuwenden. Angesichts des sektorübergreifenden Charakters des EU-Umweltrechts (z.B. Ineinandergreifen von Wasser- und Naturschutzrecht) sollte ein solcher Ansatz ein kohärentes und koordiniertes Vorgehen der zuständigen nationalen Behörden umfassen.
Bei der Regelung von Inspektionen und Überwachung auf nationaler Ebene müssen auch gleiche Bedingungen für alle gewährleistet und das erforderliche Maß an Zusammenarbeit und Kohärenz bei Themen von grenzübergreifender Art gewährleistet werden, um das gegenseitige Vertrauen zwischen den Mitgliedstaaten zu stärken.
Die Kommission hält folgende Verbesserungen für angebracht:
- - Überarbeitung des bestehenden Rahmens für Inspektionen und Überwachung;
- - bei allen neuen Rechtsvorschriften Prüfung (unter Berücksichtigung der Erfahrung mit den bestehenden verbindlichen Vorschriften), ob besondere Inspektions- und Überwachungsvorschriften mit aufgenommen werden sollten;
- - Prüfung von Möglichkeiten, um die nationalen Inspektions- und Überwachungstätigkeiten auf EU-Ebene gezielt zu ergänzen, einschließlich durch
- - eine Inspektions- und Überwachungskapazität auf EU-Ebene,
- - eine begrenzte Inspektionsrolle für die Kommission unter Achtung der Verwaltungsautonomie der Mitgliedstaaten (hier könnte die Ozon-Verordnung 16 als Modell dienen) oder Befugnisse zur Prüfung der Inspektionen der Mitgliedstaaten, wie dies in der Richtlinie über Tierversuche17 vorgesehen ist;
- - systematischerer Rückgriff auf gegenseitige Inspektionen (peer review) unter Anlehnung an bestehende Initiativen im Rahmen von IMPEL (Netzwerk nationaler Inspektoren);
- - Vorkehrungen für die Heranziehung von unabhängigen Sachverständigen auf Adhoc-Basis zur Behandlung von Fällen mit sehr spezifischen Anwendungsproblemen.
Ziel: Bessere Beschwerdebehandlung und Mediation auf nationaler Ebene
Derzeit gibt es keinen allgemeinen Rahmen, der regeln würde, wie die zuständigen Behörden mit Beschwerden auf nationaler Ebene umgehen sollten. Ein doppelter Ansatz mit direkter Beschwerdebehandlung und Behandlung von Beschwerden in der Überprüfungsphase würde die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass Beschwerden und Klagen konsequent und zügig bearbeitet werden.
Regelungen für die Beschwerdebehandlung können die Interaktion zwischen Bürgerinnen und Bürgern und den Behörden verbessern, doch kann es Fälle geben, in denen eine Mediation oder ähnliche Streitbeilegungsmechanismen eine weitere nützliche Dimension eröffnen.
Verbesserungen bei der Beschwerdebehandlung auf nationaler Ebene würden das Recht auf Beschwerde bei der Kommission in keiner Weise beeinträchtigen, dürften aber den Ärger von Bürgerinnen und Bürgern mindern, der entstehen kann, wenn die EU-Organe wegen fehlender nationaler Rechtsmittel zum Eingreifen aufgefordert werden. Solche Verbesserungen würden auch dem jüngsten Trend in anderen Bereichen der EU-Politik, insbesondere im Verbraucherrecht18, entsprechen, besondere Vorschriften für Beschwerden und Streitbeilegung auf nationaler Ebene vorzusehen.
Die Kommission hält es für sinnvoll, die Möglichkeiten für eine Initiative zur Verbesserung der Beschwerdebehandlung durch die Mitgliedstaaten zu erkunden. Diese Initiative könnte z.B. bindende oder nicht bindende allgemeine Kriterien, ergänzt durch bindende sektorspezifische Vorschriften, umfassen und würde Folgendes betreffen:
Beschwerden, bei denen die Notwendigkeit einer Intervention der zuständigen Behörde im Mittelpunkt steht. Die EU-Kriterien für die Beschwerdebehandlung würden auf die Schaffung gleicher Bedingungen für alle abzielen, was die Reaktionsbereitschaft der zuständigen Behörden anbelangt, und allgemeine Garantien in Bezug auf Vertraulichkeit, Führung von Aufzeichnungen und zügige Behandlung vorsehen.
Beschwerden, bei denen der Vorwurf der Untätigkeit oder Unzulänglichkeit der Behörden im Mittelpunkt steht. Die EU-Kriterien für die Beschwerdebehandlung würden darauf abzielen, dass die Bürgerinnen und Bürger ihre Unzufriedenheit einer unabhängigen nationalen Beschwerdestelle (z.B. einem Bürgerbeauftragten) vortragen können.
Beschwerden, bei denen sich eine Mediation oder ein anderer vergleichbarer Streitbeilegungsmechanismus anbieten würde. Die EU-Kriterien würden einen solchen Mechanismus vorsehen, um Fälle abzudecken, in denen die Parteien eine gütliche Einigung für beiderseits vorteilhaft halten.
Ziel: Verbesserung des Zugangs zu den Gerichten
Besondere Vorschriften, die einen angemessenen Zugang zu den Gerichten gewährleisten, sind derzeit auf einige wenige Bereiche des EU-Umweltrechts beschränkt. Ein Vorschlag der Kommission aus dem Jahr 0319, der einen umfassenderen Zugang erleichtern sollte, ist nicht weiter vorangeschritten, doch hat sich der breitere Kontext geändert. Insbesondere hat der Gerichtshof der Europäischen Union vor kurzem bestätigt, dass die nationalen Gerichte die Vorschriften für den Zugang zu den Gerichten in einer Weise auslegen müssen, die mit dem Aarhus-Übereinkommen im Einklang steht20. Die nationalen Gerichte und die Träger wirtschaftlicher wie auch ökologischer Interessen sind sich unsicher, was dies für sie bedeutet.
Die Kommission hält es für angezeigt zu untersuchen, wie den nationalen Gerichten und den Trägern wirtschaftlicher und ökologischer Interessen mehr Sicherheit verschafft werden kann. Als Möglichkeiten kämen in Betracht:
- - Ausarbeitung von Leitlinien unter Berücksichtigung des umfangreichen Rechtsprechungskorpus aus jüngster Zeit, um die Anwendung der bestehenden Vorschriften für den Zugang zu den Gerichten 21 zu verbessern, sowie
- - Festlegung (auf EU-Ebene) der Bedingungen für einen effizienten und wirksamen Zugang zu den nationalen Gerichten für alle Bereiche des Umweltrechts der EU.
Ziel: Verbesserung der Ergebnisse für die Umwelt durch Aufbau von Kapazitäten und Anwendung von für die Mitgliedstaaten bindenden Vereinbarungen
Auf europäischer Ebene wurden Netzwerke von Bürgerbeauftragten, Umweltagenturen, Inspektoren, Anwälten, die mit den Regierungen zusammenarbeiten, Richtern und Staatsanwälten errichtet. Trotz einer Reihe von Initiativen wurde jedoch das Potenzial einer Zusammenarbeit zwischen allen Netzwerken noch nicht ausgeschöpft. Die Schwierigkeit liegt u.a. darin sicherzustellen, dass die Netzwerke über ein ausreichend stabiles Sekretariat verfügen, um über lange Zeiträume effizient arbeiten zu können, und Projekte und Initiativen zu identifizieren und durchzuführen, die den Mitgliedern der Netzwerke Hilfestellung leisten und die Durchführung erleichtern.
Auch innerhalb der Mitgliedstaaten können sich Netzwerke als nützlich erweisen, beispielsweise um die regionalen und lokalen Behörden besser in die Durchführung einzubinden. Die Vernetzung von nationalen Inspektoren oder Staatsanwälten kann ebenfalls einen erheblichen Beitrag leisten22.
Beim Auftreten von Problemen müssen die Mitgliedstaaten im Einklang mit klaren Verpflichtungen Maßnahmen mit Benchmarks und zeitlichen Vorgaben einleiten, um die erforderlichen Resultate zu erzielen. Diese Verpflichtungen müssen formalisiert und der Öffentlichkeit zur Kenntnis gebracht werden, damit die Mitgliedstaaten, das Europäische Parlament, die Unternehmen und die Bürgerinnen und Bürger darauf vertrauen können, dass ihre Belange innerhalb eines strukturierten Rahmens berücksichtigt werden.
Zu diesem Zweck könnten partnerschaftliche Durchführungsvereinbarungen getroffen werden, über die bessere Ergebnisse für die Umwelt erzielt werden sollen.
Die Kommission hält Verbesserungen für möglich durch
- - aktive Zusammenarbeit mit EU-Netzwerken, wobei deren jeweilige Rollen und Stärken im Mittelpunkt stehen, Doppelaufwand vermieden und die Kommunikation zwischen den Netzwerken erleichtert wird. Die Resultate der Zusammenarbeit werden der autonomen Rolle sowohl der Kommission als auch der Netzwerke Rechnung tragen. Ein denkbares Resultat wäre die Förderung von Schulungen für Staatsanwälte und Ermittlungsbeamte sowie für Richter. Neue Resultate, die von solchen Netzwerken hervorgebracht werden, wären z.B.:
- - Informationen über erfolgreiche ergänzende Konzepte für die Einhaltung und Durchsetzung von Vorschriften;
- - Beratung oder andere Formen der Unterstützung für nationale Bürgerbeauftragte bei der Prüfung von Beschwerden im Zusammenhang mit dem Umweltrecht der EU;
- - vorgeschlagene Kriterien für die Anwendung von verwaltungs- und strafrechtlichen Sanktionen (Staatsanwälte);
- - Empfehlungen für die Schließung von Datenlücken bei den Maßnahmen, die auf nationaler Ebene unternommen werden, um die Einhaltung der Vorschriften zu fördern und durchzusetzen;
- - allgemeine Empfehlungen zur Durchführbarkeit und Durchsetzbarkeit von Vorschlägen der EU für den Umweltbereich;
- - mit dem Ausschuss der Regionen gemeinsam organisierte Veranstaltungen und Konferenzen zum Thema Durchführung und Errichtung einer technischen Plattform für die Zusammenarbeit im Umweltbereich unter Anlehnung an die bereits bestehende Plattform für den Gesundheitsbereich;
- - Durchführungsvereinbarungen, die (unbeschadet der Bestimmungen der Verträge und der Rolle der Kommission als Hütering der Verträge) die Mitgliedstaaten zu Maßnahmen verpflichten, um entweder präventiv die Fähigkeit zu einer wirksamen Durchführung zu stärken oder gegebenenfalls korrektiv spezifische Probleme durch gezieltes Handeln zu lösen. Partnerschaftliche Durchführungsvereinbarungen könnten die EU-Förderung proaktiv auf verbesserte Durchführungsstrukturen in den Mitgliedstaaten ausrichten und ließen sich mit anderen in dieser Mitteilung genannten Initiativen (z.B. wirksame Informationssysteme, Mechanismen für die Behandlung von Beschwerden, Inspektionen) verknüpfen. Außerdem könnten sie auf Einzelfallbasis die Pläne der Mitgliedstaaten mit Abhilfemaßnahmen zur Lösung spezifischer Probleme unterstützen, indem gezielte und mit ausreichenden Mitteln ausgestattete Arbeitsprogramme mit Etappenzielen, Transparenzgarantien und anderen Garantien durchgeführt werden.
Fazit
Diese Mitteilung ergänzt die zuvor genannten Mitteilungen von 2007 und 2008 durch Überlegungen, die in erster Linie dazu dienen, den Mitgliedstaaten wirksamere Instrumente zur Verbesserung der konkreten Anwendung an die Hand zu geben.
Information und Reaktion sind einander ergänzende Facetten der Durchführung. So kann, um nur ein Beispiel zu nennen, eine bessere Information die Zollbehörden in die Lage versetzen, bessere Strategien zur Bekämpfung des illegalen Handels mit Abfällen oder gefährdeten Arten einzusetzen.
Die Anwendung der Vorschriften ist mit Kosten verbunden. Die Kosten der Nichtanwendung sind aber häufig sehr viel höher, weshalb die in dieser Mitteilung vorgeschlagenen Maßnahmen eine sichere Investition nicht nur für die Zukunft sondern auch für die Gegenwart darstellen.
Diese Mitteilung ist an das Europäische Parlament, die Mitgliedstaaten, deren Bürgerinnen und Bürger und alle diejenigen gerichtet, die mit der Anwendung und Durchsetzung des Umweltrechts befasst sind. Das Siebte Umwelt-Aktionsprogramm dürfte eine angemessene Weiterbehandlung gewährleisten, und für spezifische Maßnahmen wird eine Folgenabschätzung durchgeführt.
- 1. KOM (2008) 773 endg.
- 2. Übereinkommen über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten.
- 3. KOM (2007) 502 endg.
- 4. Diese Überlegungen werden auch den Beitrittsländern mitgeteilt, damit sie die Anwendung auf dieser Grundlage planen und gleich zu Beginn der Angleichung an das EU-Umweltrecht verbessern können.
- 5. "The costs of not implementing the environmental acquis", COWI, 2011.
- 6. Ibid.
- 7. "Implementing EU Waste Legislation for Green Growth", Bio Intelligence Service, 2011.
- 8. Richtlinie 2003/4/EG über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates, ABl. L 41 vom 14.2.2003 S. 26.
- 9. Richtlinie 2007/2/EG zur Schaffung einer Geodateninfrastruktur in der Europäischen Gemeinschaft (INSPIRE), ABl. L 108 vom 25.04.2007 S. 1.
- 10. KOM (2008) 46 endg. vom 01.02.2008.
- 11. Zur Umsetzung der Richtlinien in einzelstaatliches Recht siehe die gemeinsame politische Erklärung des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission vom 27. Oktober 2011 zu erläuternden Dokumenten, ABl. C 369 vom 17.12.2011.
- 12. z.B. Standort von ausgewiesenen Gebieten.
- 13. z.B. Überwachungsdaten.
- 14. Artikel 7 und 8.
- 15. Empfehlung 2001/331/EG zur Festlegung von Mindestkriterien für Umweltinspektionen in den Mitgliedstaaten, ABl. L 118 vom 27.04.2001 S. 41.
- 16. Verordnung (EG) Nr. 1005/2009 über Stoffe, die zum Abbau der Ozonschicht führen, ABl. L 286 vom 31.10.2009 S. 1.
- 17. Richtlinie 2010/63/EU zum Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere, ABl. L 276 vom 20.10.2010 S. 33.
- 18. Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG, ABl. L 211 vom 14.8.2009 S. 55.
- 19. KOM (2003) 624 endg.
- 20. Rechtssache C-240/09.
- 21. Richtlinie 2003/35/EG.
- 22. Hier ließen sich Beispiele aus Irland und der belgischen Region Flandern anführen.