Der Bundesrat hat in seiner 856. Sitzung am 6. März 2009 beschlossen, die aus der Anlage ersichtliche Entschließung zu fassen.
Anlage
Entschließung des Bundesrates zum Tierschutz bei der Haltung von Kaninchen zu Erwerbszwecken
- 1. Der Verzehr von Kaninchenfleisch liegt in der Bundesrepublik Deutschland mit einem Pro-Kopf-Verbrauch von ca. 0,5 kg nach wie vor auf einem sehr niedrigen Niveau, erfreut sich aber in den letzten Jahren zunehmender Beliebtheit. Insbesondere im Handel angebotenes Kaninchenfleisch wird von Tieren gewonnen, die in spezialisierten, kommerziellen Kaninchenmastbetrieben zumeist in Drahtkäfigen bei hohen Besatzdichten gehalten werden. Vergleichbare Haltungsverfahren bestehen für die Haltung und Zucht von Kaninchen zur Gewinnung von Angorawolle zu Erwerbszwecken. Ein großer Teil des in der Bundesrepublik Deutschland verzehrten Kaninchenfleisches stammt aus anderen Staaten, da die heimische Produktion den Bedarf bei Weitem nicht decken kann. Nach wie vor werden europaweit in der erwerbsmäßigen Kaninchenmast und -zucht teilweise aus der Sicht des Tierschutzes nicht hinnehmbare Haltungsbedingungen vorgefunden.
- 2. Der Bundesrat bedauert, dass es auf europäischer Ebene über die allgemeinen Regelungen zum Tierschutz in der Nutztierhaltung hinaus keine konkreten Vorgaben für eine tiergerechte Haltung von Kaninchen gibt, die im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit gehalten werden. Zudem ist es trotz der Initiativen des Handels im Jahr 2007 nicht gelungen, europaweit in allen derartigen Betrieben deutliche Verbesserungen der Haltungsbedingungen von Kaninchen zu erzielen.
- 3. Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung, sich dafür einzusetzen, dass der im Rahmen des Europäischen Übereinkommens vom 10. März 1976 zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen eingerichtete Ständige Ausschuss die Beratungen des Entwurfs einer Empfehlung für das Halten von Kaninchen zeitnah zum Abschluss bringt. In der Empfehlung sollten Vorgaben gemacht werden, die europaweit eine tiergerechte Haltung von Kaninchen als Nutztiere sicherstellen.
- 4. Sofern beim Europarat oder auf EU-Ebene konkrete Vorgaben zur Kaninchenhaltung nicht zeitnah beschlossen werden, wird die Bundesregierung gebeten, in der Bundesrepublik Deutschland die tierschutzrechtlichen Anforderungen an die Zucht und Haltung von Kaninchen zu Erwerbszwecken so zu konkretisieren, dass die Tiere gemäß ihrer arteigenen Bedürfnisse gehalten werden können und Tierhaltern und Überwachungsbehörden klare Vorgaben für die Beurteilung dieser Kaninchenhaltungen zur Verfügung stehen.
Begründung
Allgemeine Anforderungen an die Nutztierhaltung, die auch für die Haltung von Kaninchen zu Erwerbszwecken gelten, sind in der Richtlinie des Rates über den Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere vom 20. Juli 1998 EU-weit geregelt und mit der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung in der Bundesrepublik Deutschland in das nationale Recht umgesetzt. Das im Auftrag der EU-Kommission erstellte Gutachten des Wissenschaftlichen Gremiums AHAW1 über "Die Auswirkungen der gegenwärtigen Unterbringungs- und Haltungsformen auf die Gesundheit und das Wohlergehen gewerblich gehaltener Hauskaninchen" vom 20. Oktober 2005 bestätigt darüber hinaus einen erheblichen Handlungsbedarf. Nach wie vor fehlen jedoch spezielle Vorgaben zur tiergerechten Haltung und Zucht von Kaninchen zu Erwerbszwecken.
Für die Haltung und Zucht von Kaninchen zu Erwerbszwecken gibt es derzeit lediglich Empfehlungen von verschiedenen Nichtregierungsorganisationen, die sich inhaltlich erheblich unterscheiden und nicht verbindlich sind. Im Hinblick auf die hohe Zahl an Tieren, die zu Erwerbszwecken nach wie vor in Käfigen mit Drahtgitterboden ohne Strukturierung gehalten werden sowie der damit verbundenen möglichen Beeinträchtigungen der Tiere sind daher europaweit einheitliche und rechtsverbindliche Vorgaben zur tiergerechten Haltung erforderlich. Bei der Festlegung der Haltungsanforderungen ist zudem die Tiergesundheit zu beachten.
Sofern die Verabschiedung solcher Empfehlungen auf europäischer Ebene nicht zeitnah möglich ist, sollten auf nationaler Ebene unter Federführung der Bundesregierung Empfehlungen erarbeitet werden, die den Tierhaltern und den Behörden als Grundlage für die Ausgestaltung der Tierhaltung, die Genehmigung von Tierhaltungen und die Überwachung dienen können und somit einen bundesweit einheitlichen Vollzug sicherstellen.
- 1 Scientific Panel on Animal Health and Welfare (Wissenschaftliches Gremium für Tiergesundheit und Tierschutz der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit)