Antrag des Landes Rheinland-Pfalz
Tierschutzgerechte Haltung von Legehennen - Entschließung des Bundesrates zur Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 12. Oktober 2010 zum Abschnitt 3 der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung

Der Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz Mainz, den 1. Februar 2011

An die Präsidentin des Bundesrates
Frau Ministerpräsidentin
Hannelore Kraft

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
die Landesregierung von Rheinland-Pfalz hat beschlossen, beim Bundesrat zur tierschutzgerechten Haltung von Legehennen den in der Anlage mit Begründung beigefügten Antrag für eine Entschließung zur Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 12. Oktober 2010 zum Abschnitt 3 der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung einzubringen.

Ich bitte Sie, den Entschließungsantrag gemäß § 36 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf die Tagesordnung der 879. Sitzung des Bundesrates am 11. Februar 2011 zu setzen und anschließend den Ausschüssen zur Beratung zuzuleiten.

Mit freundlichen Grüßen
Kurt Beck

Tierschutzgerechte Haltung von Legehennen - Entschließung des Bundesrates zur Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 12. Oktober 2010 zum Abschnitt 3 der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung

Begründung:

Das Bundesverfassungsgericht hatte mit Urteil vom 6. Juli 1999 (2 BvF 3/90) die Verordnung zum Schutz von Legehennen bei Käfighaltung (Hennenhaltungsverordnung) vom 10. Dezember 1987 (BGBl. I S. 2622) für nichtig erklärt, weil es die darin vorgesehenen Regelungen für unvereinbar mit den Anforderungen des Tierschutzes z.B. den natürlichen Bedürfnissen der Tiere wie nach Bewegung, Aufbaumen und Sandbaden erachtete.

Um die durch dieses Urteil entstandene Regelungslücke zu schließen, wurde die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung durch die Erste Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung vom 28. Februar 2002 um Anforderungen an das Halten von Legehennen ergänzt. Mit diesen Bestimmungen wurde die herkömmliche Käfighaltung abgeschafft und die Boden- und Volierenhaltung als Haltungsform vorgesehen.

Durch die Zweite Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung vom 1. August 2006 wurde die Käfighaltung in Form der so genannten Kleingruppenhaltung wieder eingeführt (§ 13b TierSchNutztV) und die Übergangsvorschriften für die Legehennenhaltung in ausgestalteten und herkömmlichen Käfigen wurden großzügiger gestaltet.

Gegen diese Bestimmungen, die eine Abkehr von dem im Jahre 2002 beschlossenen Ausstieg aus der Käfighaltung bedeuteten und eine erhebliche Verschlechterung des Tierschutzes mit sich brachten, richtete sich der Normkontrollantrag des Landes Rheinland-Pfalz aus dem Jahre 2007. Im Rahmen des Normenkontrollverfahrens wurde nicht nur das verfahrensmäßige Zustandekommen der vorgenannten Regelungen beanstandet, sondern auch die Tierschutzwidrigkeit der in der Kleingruppenhaltung vorgesehenen Haltungsbedingungen geltend gemacht.

Auf den Normenkontrollantrag des Landes Rheinland-Pfalz hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 12. Oktober 2010 - 2 BvF 1/07 - die Bestimmungen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung zur Kleingruppenhaltung wegen der nicht ordnungsgemäßen und nicht beratungsoffenen Beteiligung der Tierschutzkommission beim Zustandekommen der Änderungsverordnung für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt. Ebenfalls für unvereinbar erklärt hat das höchste deutsche Gericht die Übergangsregelungen für herkömmliche und so genannte ausgestaltete Käfige. Das Bundesverfassungsgericht hat die Bundesregierung aufgefordert, bis 31. März 2012 eine verfassungsgemäße Regelung in Kraft zu setzen.

Mit der Feststellung, dass bereits verfahrensrechtliche Vorgaben im Normsetzungsverfahren verletzt wurden, bestand für das Bundesverfassungsgericht keine Notwendigkeit mehr, sich mit dem tierschutzfachlichen Vortrag des Landes Rheinland-Pfalz zur mangelnden Tiergerechtheit der Kleingruppenhaltung auseinanderzusetzen. Die umfangreichen Gutachten und Stellungnahmen, die in dem Normenkontrollverfahren vorlegt wurden, belegen, dass die Kleingruppenhaltung tierschutzwidrig ist. Die Tiere können in den Kleingruppenkäfigen artgemäßes Verhalten wie Bewegung, Ruhen, Nahrungsaufnahme oder Staubbaden nicht oder nur eingeschränkt ausüben und sind einem hohen Risiko von Federpicken und Kannibalismus ausgesetzt. Die Vorlage von Forschungsergebnissen, die aus einem vom Bund in Auftrag gegebenen Verbundprojekt zur Weiterentwicklung der Kleingruppenhaltung von Legehennen gewonnen werden sollen, ist vor diesem Hintergrund entbehrlich.

Nur durch die Streichung des § 13b Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung und eine die Anforderungen an Haltungseinrichtungen für Legehennen im Interesse des Tierschutzes konkretisierende Neufassung des § 13 Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung, die nicht hinter den in der Ersten Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung vom 28. Februar 2002 (BGBl. I S. 1026) gestellten Anforderungen zurückbleibt, kann eine tiergerechte Haltung von Legehennen gewährleistet werden.