Der Niedersächsische Ministerpräsident Hannover, 9. Juni 2016
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Stanislaw Tillich
Sehr geehrter Herr Präsident,
die Landesregierungen von Niedersachsen, Baden-Württemberg, Hessen und Schleswig-Holstein haben beschlossen, dem Bundesrat die als Anlage beigefügte Entschließung des Bundesrates zur Verbesserung der Finanzsituation der Hochschulkliniken in Deutschland zuzuleiten.
Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates in die Tagesordnung der 946. Sitzung des Bundesrates am 17. Juni 2016 aufzunehmen und anschließend den Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.
Federführend ist das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur.
Mit freundlichen Grüßen
Stephan Weil
Entschließung des Bundesrates zur Verbesserung der Finanzsituation der Hochschulkliniken in Deutschland
Der Bundesrat möge wie folgt beschließen:
- 1. Der Bundesrat stellt fest, dass trotz der letzten Gesetzesänderungen auf Bundesebene - Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstärkungsgesetz - GKV-VSG) und Gesetz zur Reform der Strukturen der Krankenhausversorgung (Krankenhausstrukturgesetz - KHSG) - die Refinanzierung der besonderen Leistungen der Hochschulkliniken weiterhin unzureichend ist. Die genannten Gesetze haben bisher keine relevanten Verbesserungen gebracht. Die wirtschaftliche Lage der Hochschulkliniken ist weiter angespannt. Das jährliche Defizit der Hochschulkliniken lag in den Jahren 2012 - 2014 im deutlich dreistelligen Millionenbereich. In 2014 erzielten zwei Drittel der Hochschulkliniken Deutschlands ein negatives Jahresergebnis.
- 2. Nach Ansicht des Bundesrates belegt der aktuelle zweite Extremkostenbericht des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) vom 16. März 2016 erneut, dass die Hochschulkliniken wie auch andere Maximalversorger in Deutschland bei Extremkostenfällen deutlich unterfinanziert sind. Hochgerechnet auf alle Hochschulkliniken in Deutschland beträgt das Defizit knapp 100 Millionen Euro. Ursache ist der im Vergleich zu anderen Krankenhäusern überproportionale Anteil von besonders aufwendigen und teuren Behandlungen in Hochschulkliniken und anderen Maximalversorgern und der dafür erforderliche Vorhalteaufwand für die ständige Betriebsbereitschaft und die umfassende medizinische Infrastruktur. Im Vergleich zum Extremkostenbericht des Vorjahres sind zwar Verbesserungen erkennbar, das Grundproblem ist jedoch nicht gelöst und wird absehbar auch in den nächsten Jahren weiter bestehen. Der Bundesrat unterstreicht die Notwendigkeit, Extremkostenfälle zeitnah auskömmlich zu finanzieren.
- 3. Der Bundesrat stellt fest, dass im Bereich der Hochschulambulanzen zeitnah keine relevanten finanziellen Verbesserungen zu erwarten sind. Die Selbstverwaltung hat die gesetzliche Frist zur Einigung über die Patientengruppen im Januar 2016 (§ 117 Absatz 1 Satz 3 und Satz 5 SGB V) nicht eingehalten. Gleiches gilt für die Festlegung von bundeseinheitlichen Grundsätzen zur Vergütungsstruktur und zur Leistungsdokumentation (§ 120 Absatz 3 Satz 4 SGB V). Darüber hinaus laufen die Verhandlungen sehr schleppend. Es ist nicht auszuschließen, dass eine oder beide Vereinbarungen per Schiedsverfahren festgesetzt werden müssen. In diesem Fall wäre nicht vor Ende 2016 mit einem Inkrafttreten der Regelungen zu rechnen. Gleichzeitig werden die Neuverhandlungen der Hochschulambulanzbudgets auf Ortsebene unter Verweis auf die ausstehenden Regelungen der Selbstverwaltung hinausgezögert. Ob und wann die ursprünglich im Eckpunktepapier zur Krankenhausreform vom Dezember 2014 in Aussicht gestellten Verbesserungen für die Hochschulambulanzen in Höhe von 265 Millionen Euro pro Jahr eintreten, ist derzeit nicht absehbar.
- 4. Der Bundesrat stellt weiter fest, dass trotz einiger positiver Ansätze im KHSG keine zeitnahen finanziellen Verbesserungen der stationären Leistungen der Hochschulkliniken zu erwarten sind. Dies betrifft beispielsweise die besonderen Leistungen der Zentren oder die Notfallversorgung. Diese bedürfen in der Umsetzung umfangreicher Vorarbeiten des Gemeinsamen Bundesausschusses, der Selbstverwaltung und der Landeskrankenhausplanung. Daher könnten bei den genannten Punkten voraussichtlich frühestens ab Ende 2017 finanzielle Verbesserungen eintreten, was angesichts des aktuellen Finanzbedarfs der Hochschulkliniken nicht angemessen ist. Dazu kommt, dass die Selbstverwaltung derzeit an der vom KHSG geforderten Neubewertung der Sachkosten im Fallpauschalensystem arbeitet. Der hierzu aktuell in der Selbstverwaltung vorliegende Vorschlag würde alleine für die Hochschulkliniken dazu führen, dass sie einen hohen zweistelligen Millionenbetrag ihrer Budgets verlieren. Dieses Problem betrifft auch die Maximalversorger. In der Gesamtbetrachtung ist deshalb zumindest für 2016 sogar eine Verschlechterung der Finanzierungssituation der Hochschulkliniken und Maximalversorger im stationären Bereich zu befürchten.
- 5. Der Bundesrat fordert daher die Bundesregierung auf, sich bis Anfang Oktober 2016 für entsprechende finanzielle Verbesserungen der Hochschulkliniken und Maximalversorger einzusetzen. Sollten bis dahin keine konkreten Verbesserungen erkennbar werden, wird die Bundesregierung aufgefordert, die Regelungen des GKV-VSG und des KHSG zeitnah nachzubessern und ggf. einen Fallpauschalenzuschlag zusätzlich und außerhalb des DRG-Budgets sowie außerhalb des Landesbasisfallwertes (LBFW) für die Hochschulkliniken und Maximalversorger einzuführen.