Der Bundesrat hat in seiner 833. Sitzung am 11. Mai 2007 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
Zur Vorlage allgemein
- 1. Die von der Kommission beabsichtigte Überprüfung und Fortentwicklung des gemeinschaftlichen Besitzstands im Verbraucherschutz wird begrüßt. Dies darf aber nicht zu einer Absenkung des Verbraucherschutzniveaus führen. Vielmehr sollte die Chance genutzt werden, bestehende Lücken zu schließen und Inkonsistenzen zu beheben.
- 2. Die bisherigen Verbraucherschutzrichtlinien, welche auf dem Grundsatz der Mindestharmonisierung beruhen, führen zu unterschiedlichem Recht in den einzelnen Mitgliedstaaten, beispielsweise bei der Bemessung der Widerrufsfristen, den erforderlichen Belehrungspflichten und den Modalitäten der Ausübung von Verbraucherrechten.
Der derzeitige Rechtszustand zieht möglicherweise Binnenmarkthemmnisse nach sich, so dass eine weitergehendere Harmonisierung vor allem aus Sicht der grenzüberschreitend handelnden Unternehmen erstrebenswert ist.
- 3. Das bewährte und dem zentralen Verbraucherschutzartikel 153 Abs. 5 EGV entsprechende Prinzip der Mindestharmonisierung wird beibehalten. Den Mitgliedstaaten ist grundsätzlich die Möglichkeit zu belassen, das Verbraucherrecht durch Schutzverstärkungen flexibel an die jeweilige nationale Rechtsordnung anzupassen.
Nur in besonderen Einzelfällen, in denen sich bisher bestehende unterschiedliche nationale Regelungen als wirkliche Belastungen für grenzüberschreitend tätige Unternehmen nachweisen lassen, könnte punktuell eine Vollharmonisierung in Erwägung gezogen werden.
- 4. Aus Verbrauchersicht sind die aus den Umsetzungsspielräumen der derzeitigen Richtlinien folgenden Rechtsunterschiede in den Mitgliedstaaten weniger bedenklich. Zum einen ist davon auszugehen, dass dem durchschnittlich informierten Verbraucher die konkrete Rechtslage im Inland regelmäßig auch erst nach entsprechender Informationseinholung geläufig sein wird, zum anderen sieht das Recht umfassende Belehrungs- und Informationspflichten vor, welche gewährleisten, dass der Verbraucher regelmäßig die ihm aus dem Vertrag zustehenden Rechte des jeweiligen Mitgliedstaats kennt. Im Interesse der Verbraucher sollte daher vorrangig darauf geachtet werden, dass die Rechtslage einfacher und verständlicher wird.
Letztlich wird der Erfolg des geplanten Vorhabens davon abhängen, dass ein tragfähiger Kompromiss zwischen hohem Verbraucherschutzniveau und Wettbewerbsfähigkeit auch der kleinen Unternehmen gefunden wird.
- 5. Der Bundesrat weist darauf hin, dass Artikel 95 EGV für aus dem Grünbuch folgende Maßnahmen nur als Rechtsgrundlage in Betracht kommt, sofern die Verwirklichung des Binnenmarkts im Vordergrund steht (Artikel 153 Abs. 3 Buchstabe a EGV). Die Maßnahmen müssen tatsächlich den Zweck haben, die Voraussetzungen für die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarkts zu verbessern oder spürbare Wettbewerbsverzerrungen zu beseitigen.
Sofern die Kommission eine binnenmarktunabhängige Verbraucherschutzpolitik anstrebt, ist sie auf "Maßnahmen zur Unterstützung, Ergänzung und Überwachung der Politik der Mitgliedstaaten" beschränkt (Artikel 153 Abs. 3 Buchstabe b EGV).
Angesichts dieses Wortlauts ist hervorzuheben, dass der EGV keine eigenständige, autonome Verbraucherschutzpolitik der EG rechtfertigt. Sie ist vielmehr auf einen "Beitrag zur Verbesserung des Verbraucherschutzes" beschränkt. Dem Verbraucherschutz als Hauptziel darf sie sich nur mit Maßnahmen zur Unterstützung, Ergänzung und Überwachung der Politik der Mitgliedstaaten widmen, so dass die binnenmarktunabhängige Verbraucherpolitik insofern den Politiken der Mitgliedstaaten nachgeordnet ist.
Entsprechend sind die Mitgliedstaaten primär für den Verbraucherschutz verantwortlich. Die EG wirkt hieran lediglich mit und leistet einen Beitrag hierzu.
- 6. Bei dieser Aufteilung der Kompetenzen handelt es sich um eine kompetenzrechtliche Ausprägung des gemeinschaftsrechtlichen Subsidiaritätsgrundsatzes. Dieser ist als politikunabhängiger Grundsatz in Artikel 5 EGV verankert. Er ist folglich bei allen verbraucherpolitischen Maßnahmen zu beachten.
- 7. Unter dem Gesichtspunkt der Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips regt der Bundesrat an, künftige Maßnahmen im Bereich des Verbraucherschutzes auf ihre voraussichtliche Effizienz und ihren voraussichtlichen Mehrwert hin zu untersuchen. Die dabei zu stellenden Fragen bilden die negative und die positive Abgrenzung für die Zulässigkeit gemeinschaftsrechtlicher Maßnahmen.
Zu fragen ist im Rahmen der Effizienz, ob der Bereich transnationale Aspekte aufweist und ob eine ausreichende Verwirklichung der durch die Maßnahme vorgegebenen Ziele durch die Mitgliedstaaten erreicht wird oder möglich ist. Hierzu gehört auch die Frage nach einer Überforderung der Mitgliedstaaten in dem Sinne, ob in zwei oder mehr Mitgliedstaaten das objektive Leistungspotenzial mit Blick auf das Ziel der in Betracht gezogenen Maßnahme tatsächlich unzureichend ist.
Für künftige Rechtsakte ist im Sinne eines Mehrwerts positiv zu fragen, ob die Maßnahme auf Gemeinschaftsebene wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkung einen deutlichen Vorteil im Vergleich zu Maßnahmen auf der Ebene der Mitgliedstaaten bringt. Dabei ist ein wertender Vergleich zwischen zusätzlichem Integrationsgewinn und mitgliedstaatlichem Kompetenzverlust vorzunehmen. Entsprechend sind die Gemeinschaftsbefugnisse dort nicht voll auszuüben, wo der zusätzliche Integrationsgewinn minimal, der Eingriff in die verbliebenen Zuständigkeitsbereiche der Mitgliedstaaten jedoch beträchtlich ist.
- 8. Der Referenzrahmen für ein Europäisches Vertragsrecht und das vorliegende Grünbuch sind unterschiedliche Verfahren mit unterschiedlichen Verfahrensständen. Sie sind daher sorgfältig voneinander zu trennen. Deshalb sollte darauf geachtet werden, dass im Rahmen des Grünbuchs nicht Fragen beantwortet werden, die über dessen Zielsetzung hinausgehen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass beide Vorhaben in unzulässiger Weise miteinander vermischt werden.
Die Kommission betont zwar, es gehe ihr um ein "möglichst ausgewogen(es) Verhältnis zwischen einem hohen Verbraucherschutzniveau und wettbewerbsfähigen Unternehmen unter gleichzeitiger strenger Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips" (BR-Drucksache 112/07 (PDF) , S. 3). Durchgängig vertritt sie dann aber die These, allein eine "Vollharmonisierung" von Rechtsvorschriften sei geeignet, einer - als schädlich apostrophierten - "Rechtszersplitterung" zu wehren und das Vertrauen der Verbraucher in die Unbedenklichkeit von Rechtsgeschäften über die Staatsgrenzen hinweg zu stärken.
Die Kommission stellt verschiedene "Optionen" für eine Reaktion der EG auf von der Kommission diagnostizierte Missstände in den Raum (a. a. O., S. 7 ff.). Offensichtlich bevorzugt sie einen "kombinierten Ansatz" gemäß ihrer "Option II", der auf die Schaffung eines "Allgemeinen Teils" verbraucherschützender Regelungen zielt. Zugleich propagiert die Kommission die "Schaffung" eines "Instruments" - offenbar nicht einer Richtlinie, sondern einer Verordnung -, in dem dieser "Allgemeine Teil" und Regelungen zum Verbrauchsgüterkauf ohne Abweichungsmöglichkeit der Mitgliedstaaten vereinigt werden sollen und das Geltungskraft auch für rein innerstaatliche Rechtsgeschäfte beansprucht.
Alternativen dieses Modells stellt die Kommission so dar, als kämen sie ernsthaft nicht in Betracht. Der Vorschlag der Kommission lautet auf nichts weniger als die Verabschiedung eines europäischen Verbraucherschuldrechts und eines europäischen Verbrauchsgüterkaufgesetzes, das die entsprechenden Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches obsolet machen würde.
Für solche legislative Vorhaben fehlt der EG nicht nur die Rechtsetzungskompetenz, sondern in der Praxis auch ein Bedürfnis. Eine tatsächliche Zurückhaltung, über die Binnengrenzen der EG Rechtsgeschäfte zu tätigen, ist in vielen Fällen nicht auf eine als unzureichend empfundene Abstimmung von Verbraucherschutzvorschriften zurückzuführen.
Verbrauchergeschäften stehen weniger die von der Kommission diagnostizierte Rechtszersplitterung als vielmehr sprachliche Barrieren im Wege. Ein praktisches Bedürfnis für eine Harmonisierung von Verbraucherschutzvorschriften ist höchstens im Bereich des Fernabsatzes zu erkennen.
Ganz anders sieht es aber beim Direktgeschäft zwischen Unternehmern und Verbrauchern aus. Hier ist - das Grünbuch macht dazu keine Angaben - der Anteil der Geschäfte, die zwischen Parteien aus unterschiedlichen Mitgliedstaaten geschlossen werden, vermutlich relativ gering, und zwar aus ganz anderen Gründen als fehlender rechtlicher Harmonisierung: Der Verbraucher kauft schon aus Zeit- und Kostengründen regelmäßig in der Nähe der Wohnung oder des Arbeitsplatzes ein und damit meist nicht grenzüberschreitend. Wenn er sich über eine Binnengrenze hinweg mit Waren oder Dienstleistungen versorgen will, ist das Sprachproblem das größte Hindernis. Kann er und/oder der Anbieter dieses Hindernis überwinden, so ist das Geschäft für den Verbraucher vielfach dadurch motiviert, dass er im benachbarten Ausland ein teilweise anderes Angebot oder partiell günstigere Preise findet. Dabei nimmt er in Kauf, dass es in einem anderen Mitgliedstaat etwas anders zugeht als daheim. Es ist daher sehr zweifelhaft, ob der Verbraucher die Erwartung hegt, dieselben rechtlichen Regelungen vorzufinden.
- 9. Verbraucher und Einzelhandel vertrauen primär auf den Fortbestand des Rechts ihrer jeweiligen Heimatstaaten. Gerade dies wird aber durch die unter Nummer 4.4 des Grünbuchs vorgeschlagene Einführung von für grenzüberschreitende und rein nationale Geschäfte geltende Regelungen über den Kaufvertrag aufgegeben. Als Beispiel für unterschiedliche Rechtsgewohnheiten nennt das Grünbuch unter Nummer 4.5 die Obliegenheit des Verbrauchers/Käufers, erkannte Mängel der Ware innerhalb einer bestimmten Frist dem Verkäufer anzuzeigen. Verbraucher, deren Rechtsordnung eine solche Frist nicht kennt, werden von einer derartigen Bestimmung vielfach überrascht werden.
- 10. Die bestehenden Verbraucherschutzrichtlinien weisen Brüche und Ungereimtheiten auf. Bereits der Umstand, dass in verschiedenen Verbraucherschutzrichtlinien für ein Rechtsinstitut unterschiedliche Begriffe verwendet werden, so z.B. für das Widerrufsrecht, macht deutlich, dass Bedarf für eine Überprüfung besteht. Verwandte Themenkreise, so das Recht des Fernabsatzes und das Recht des elektronischen Geschäftsverkehrs, sind nicht optimal aufeinander abgestimmt und die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Instrumenten nicht klar erkennbar. Die Beschränkung der Auswahl der zur Überprüfung gestellten Richtlinien ist alles andere als befriedigend. Auch die Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (ABl. EG (Nr. ) L 178 vom 17. Juli 2000, S. 1) und die Richtlinien 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG und 98/27/EG (ABl. EG (Nr. ) L 271 vom 9. Oktober 2002, S. 16) regeln Verbraucherschutzrechte. Auch sie sind in eine Überprüfung mit einzubeziehen.
Zu den einzelnen Fragen
11. Zu Frage A1
Der in Option II vorgeschlagene gemischte Ansatz durch Kombination eines Rahmeninstruments für alle Verbraucherverträge mit einer Überprüfung der Richtlinien für einzelne Bereiche sollte, soweit hierfür Bedarf besteht, verfolgt werden.
Hierdurch können grundlegende Begriffe allgemein definiert werden, zwingende Besonderheiten lassen sich dann in den einzelnen Richtlinien explizit regeln. Es würde sichergestellt, dass Rechtsbegriffe und -instrumente in allen Richtlinien einheitlich ausgelegt und angewendet werden. Gleichwohl könnte spezifischen Besonderheiten ausnahmsweise Rechnung getragen werden.
Gemeinsame Elemente sollten für alle in Frage kommenden Richtlinien harmonisiert werden. Dies sollte jedoch nur dort erfolgen, wo tatsächlich Handlungsbedarf nachgewiesen wird, und nicht darüber hinausgehen. Dabei ist die Beschränkung auf den Verbraucherschutz, um dessen Überprüfung es bei dem Grünbuch allein geht, strikt zu beachten.
Die Aufteilung von Rechtsgebieten in einen gemeinsamen und einen besonderen Teil hat sich im deutschen Recht bewährt. Allerdings bedarf die Reichweite und damit der Inhalt des Rahmeninstruments für alle Verbraucherverträge betreffende Querschnittsthemen des Nachweises eines Bedürfnisses. Sollte es - trotz der von den einzelnen verbraucherschützenden Richtlinien geregelten unterschiedlichen Bereiche und den daraus resultierenden unterschiedlichen Interessenlagen der Vertragsparteien - möglich sein, gemeinsame Definitionen für Grundbegriffe des Verbrauchers oder Unternehmers, den Beginn und die Dauer der Widerrufsfrist oder die Modalitäten für die Ausübung des Rücktrittsrechts festzulegen, ist dies akzeptabel. Bedenken bestehen aber gegen einen Ansatz, der darüber etwa mit der Argumentation hinausgeht, auch die Voraussetzungen, unter denen ein Vertrag zustande kommt, seien ein solches Querschnittsthema. Damit würde der gesamte Bereich des Vertragsrechts geöffnet.
Eine Vereinheitlichung der Begrifflichkeit und eine bessere Abstimmung der Verbraucherschutzrichtlinien aufeinander machen diesen Bereich des Gemeinschaftsrechts transparenter. Der Zwang zu einer systematischen Durchdringung der in den Verbraucherschutzrichtlinien eingeführten Institute, der mit der Entwicklung eines "Gemeinsamen Teils" des gemeinschaftlichen Verbraucherschutzrechts verbunden ist, dient der Qualität künftiger Rechtsetzung und erleichtert die Anwendung. Es darf aber keine Vereinheitlichung um jeden Preis geben.
12. Zu Frage A2
Die Frage nach dem "Geltungsbereich eines horizontalen Instruments" ist zumindest unscharf gestellt. Da Frage A2 an Frage A1 anschließt, müsste sie sich eigentlich auf den "Geltungsbereich eines Rahmeninstruments" - so Option II zu Frage A1 - beziehen. Dies unterstellt, einem "horizontalen Instrument" könne Wirkung auf Rechtsverhältnisse ohne Rücksicht auf den Anwendungsbereich der speziellen Verbraucherschutzrichtlinien zukommen. Eine solche "unmittelbare Geltung" eines Rahmeninstruments ist - versteht man das Rahmeninstrument als "Gemeinsamen Teil" - schwer vorstellbar, da diesem Rahmeninstrument im Verhältnis zur speziellen Verbraucherschutzrichtlinie immer nur dienende Funktion im Sinne einer Definition der dort verwendeten Begriffe zukäme.
Bezogen auf einen "Gemeinsamen Teil" des gemeinschaftlichen Verbraucherschutzrechts müsste die Antwort auf Frage A2 lauten: "der Geltungsbereich eines Rahmeninstruments entspricht dem der ergänzten und erläuterten Verbraucherschutzrichtlinien - nicht weniger, aber auch nicht mehr".
Entsprechend lässt sich die Frage A2 nur durch eine neue Option IV beantworten.
Das horizontale Instrument sollte grundsätzlich für alle Verbraucherschutzrichtlinien gelten, wobei aber die Möglichkeit zu ergänzenden spezifischen Regelungen durch die Mitgliedstaaten auf nationaler Ebene nicht völlig ausgeschlossen werden sollte.
Letztlich entscheidet damit die jeweilige sektorspezifische Richtlinie über den Anwendungsbereich des horizontalen Instruments.
Zu Frage A3
- 13. Anzustreben ist eine zielgerichtete Harmonisierung auf hohem Niveau mit größtmöglichster Transparenz für den Rechtsanwender. Weder Option I noch Option II sind daher geeignet.
Die in Option II vorgeschlagene Mindestharmonisierung, kombiniert mit einer Klausel gegenseitiger Anerkennung oder dem Herkunftslandsprinzip, läuft dem anzustrebenden Ziel, die Rechtslage übersichtlicher zu gestalten bzw. die Rechtsanwendung zu vereinfachen, zuwider.
- 14. Eine Vollharmonisierung, also ein an die Mitgliedstaaten gerichtetes Verbot, über den europäisch garantierten Verbraucherschutz hinausgehende Regeln zu erlassen ("Maximalharmonisierung"), würde voraussehbar zu einem Abbau von Verbraucherschutzregeln führen und ist deshalb problematisch.
Eine volle Harmonisierung im Sinne einer Maximalharmonisierung widerspricht auch bereits dem Grundsatz der Subsidiarität. In vielen Fällen, insbesondere bei eher allgemeinen Regelungen, wird daher lediglich eine Mindestharmonisierung in Betracht kommen. Bei technischen oder sehr speziellen Regelungen wird dagegen oftmals eine deutlich höhere Harmonisierung notwendig sein.
Der Bundesrat spricht sich daher für eine neue Option III aus, die eine Vollharmonisierung von technischen oder speziellen Regelungen umfasst, ansonsten, insbesondere bei allgemeinen Fragen, nur eine Mindestharmonisierung vorsieht.
- 15. Überlegungen, das Herkunftslandsprinzip oder ein wie auch immer geartetes Prinzip der gegenseitigen Anerkennung im Bereich des Verbraucherschutzrechts einzuführen, werden abgelehnt.
Die Anerkennung eines "Herkunftslandsprinzips" im Sinne der Anwendung minderstrenger Verbraucherschutzvorschriften des Sitzstaats des Unternehmers wird bei grenzüberschreitenden Sachverhalten mit der Vorgabe des Artikels 5 Abs. 1 einer künftigen Verordnung über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (ROM I) kollidieren, sofern der Vorschlag der Kommission (KOM (2005) 650 endg.) verabschiedet werden sollte.
Der bisher aus Artikel 5 des Übereinkommens über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 19. Juni 1980 folgende Grundsatz, nach dem der Verbraucher als der in der Regel schwächere Marktteilnehmer bei Geschäften mit Auslandsbezug auf das Schutzniveau seines Heimatstaates vertrauen konnte, würde in sein Gegenteil verkehrt.
Dieser Einwand gilt auch für Option I. Unabhängig davon, ob der Vorschlag der Kommission zu einem Artikel 5 Abs. 1 einer künftigen Verordnung über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (ROM I) überzeugen kann, sollten jedenfalls Brüche im Gemeinschaftsrecht vermieden werden.
16. Zu Frage B1
Die bisher verwendeten Begriffe "Verbraucher" und "Unternehmer", die für das Verbraucherrecht grundsätzliche Bedeutung haben, sollten einheitlich geregelt werden, ohne sie - wie in Option II vorgeschlagen - um den Zusatz "hauptsächlich" zu erweitern. Eine solche Erweiterung würde zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit führen, ohne zur Lösung der im Grünbuch angesprochenen Abgrenzungsschwierigkeiten beizutragen. Es könnte in der Praxis Schwierigkeiten bereiten zu bestimmen, in welchem Umfang der Inhalt eines Rechtsgeschäfts den beruflichen oder privaten Bereich betrifft. Die bestimmenden Kriterien, die durch die Rechtsprechung der nationalen Gerichte der Mitgliedstaaten entwickelt würden, könnten durchaus unterschiedlich ausfallen und jedenfalls bis zur Klärung durch den Gerichtshof der EG zur Rechtsunsicherheit führen.
17. Zu Frage B2
Grundsätzlich sollte sich die Lösung dieser Frage an den bestehenden Richtlinien orientieren. Soweit erkennbar, besteht hier kein Harmonisierungsbedarf. Deshalb sollte der Verbraucherschutz weiterhin keine Anwendung auf Verträge zwischen Verbrauchern finden, wenn eine Partei beim Abschluss des Vertrags durch eine vermittelnde Geschäftsperson vertreten wird. Die Regelungen des Verbraucherschutzes sollten nicht unnötig ausgeweitet werden, weil damit auch immer eine Einschränkung der Privatautonomie einhergeht. Der Verbraucherschutz sollte auf die Bereiche beschränkt bleiben, wo er die Wahrnehmung der Privatautonomie auf Grund der "übermächtigen" Stellung des anderen Vertragspartners erst ermöglicht. Soweit es darum geht, den Verbraucher vor überlegener Kenntnis des vom privaten Geschäftspartner eingeschalteten Vermittlers oder Vertreters zu schützen, sind gesetzliche Regelungen, die über den auf jeden Fall gegebenen Schutz vor sittenwidriger Übervorteilung hinausgingen, schwer vorstellbar. Ein mehr oder weniger großes Wissensgefälle oder ein Mehr oder Weniger an Sorgfalt bei der Abwicklung von Geschäften bestimmt auch das Verhältnis zwischen Verbrauchern. Es darf keinen Unterschied machen, ob sich der Verbraucher vorab auf eigene Faust kundig macht oder bei dem Abschluss eines Vertrages einen Vertreter oder Vermittler einschaltet.
18. Zu Frage C
Der Status quo sollte beibehalten werden. Es besteht kein Bedarf, in einem horizontalen Rechtsinstrument eine Generalklausel aufzunehmen, die das Handeln im Einklang mit den Geboten von Treu und Glauben und Fairness vorschreibt. Der Grundsatz von Treu und Glauben ist in den einzelnen Mitgliedstaaten der EU schon bisher geltendes Recht. Die Generalklausel unterliegt der Auslegung, die in den Mitgliedstaaten unterschiedlich ausfallen könnte. Damit birgt sie das Risiko der Rechtsunsicherheit und dürfte damit wenig zum begrüßenswerten Ziel der Verbesserung der Rechtsetzung beitragen.
19. Zu Frage D1
Die Erstreckung der Richtlinie über missbräuchliche Vertragsklauseln auch auf im Einzelnen ausgehandelte Klauseln würde zu einer Aushöhlung des Grundsatzes der Vertragsfreiheit führen. Soweit der Verbraucher Einfluss auf den Inhalt der Klausel nehmen kann, ist eine Kontrolle der Individualvereinbarung anhand der Grundsätze von Treu und Glauben möglich und ausreichend.
Wurde die Vereinbarung durch den Verwender nicht ernsthaft zur Disposition gestellt, liegt keine im Einzelnen ausgehandelte Klausel vor. Ob eine Vertragsklausel tatsächlich im Einzelnen ausgehandelt worden ist oder nicht, mag zwar in der Praxis im konkreten Fall schwierig feststellbar sein. Dieser Schwierigkeit müssen sich die Gerichte im Grundsatz stellen und die Frage unter vernünftiger Würdigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls entscheiden. Wegen dieser tatsächlichen Problematik die Richtlinie über missbräuchliche Vertragsklauseln auf sämtliche Verträge zu erstrecken, ginge aber zu weit.
20. Zu Frage D2
Zur Erreichung einer höchstmöglichen Wirkungsbreite sollte entsprechend Option IV eine "schwarze Liste" zwingend verbotener Klauseln mit einer "grauen Liste" von Klauseln mit widerlegbar vermuteter Missbräuchlichkeit kombiniert werden.
Eine solche Regelung belässt eine ausreichende Balance zwischen dem Gebot der Rechtsklarheit einerseits und, wo es sachgerecht erscheint, Raum für Einzelfallentscheidungen andererseits. Es muss aber sorgfältig geprüft werden, ob die im Anhang der Richtlinie über missbräuchliche Vertragsklauseln genannten Klauseln sämtlich der schwarzen bzw. grauen Liste unterfallen sollen.
21. Zu Frage D3
Eine Ausdehnung der Missbräuchlichkeitsprüfung auf den Vertragsgegenstand und die Angemessenheit des Preises ist abzulehnen, die Missbräuchlichkeitsprüfung sollte unverändert bleiben. Hinsichtlich des Leistungsangebots und des Preises ist es Sache der Vertragsparteien, sich zu einigen. Eine hierauf bezogene Missbrauchskontrolle wäre mit dem Grundsatz der Vertragsfreiheit nicht vereinbar und sollte insoweit ihre Grenze finden.
Die Steuerung des Preises hat durch den Markt zu erfolgen. Für eine Kontrolle fehlt es an einem geeigneten Maßstab. Im Übrigen dürfte die Angemessenheit des Preises von dem jeweiligen nationalen Gesetzgeber sachgerecht geregelt worden sein, sofern im Einzelfall die Grenze der Sittenwidrigkeit überschritten oder der Tatbestand des Wuchers erreicht ist.
22. Zu Frage E
Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich eine klare Regelung hinsichtlich der Sanktionierung von Informationspflichtverletzungen durch den Unternehmer. Dabei erscheint ein differenziertes System von Rechtsbehelfen erforderlich, da sich die Informationspflichten auf unterschiedliche Verträge beziehen und unterschiedliche Schutzfunktionen verfolgen.
Die Sanktion einer Verlängerung der Bedenkzeit taugt nicht in allen Fällen der Verletzung der Informationspflicht. Solange nicht geklärt ist, was als essentieller Bestandteil für einen Vertragschluss erforderlich sein soll und welche Gesichtspunkte unter die Informationspflichten fallen können, ferner, ob es sich um Pflichten handelt, die vorvertraglicher oder vertraglicher Natur sind, kommt eine Verlängerung der Bedenkzeit als einheitlicher Rechtsbehelf nicht in Betracht. Eine Verlängerung der Bedenkzeit kommt in Betracht, wenn sich Informationspflichten auf das Bestehen eines Widerrufsrechts, die Frist zum Widerruf und die Angabe des Adressaten des Widerrufs beziehen. Je nach dem Zweck der Informationspflichten - z.B. als Kompensation für aggressive Verkaufspraktiken (Haustürgeschäft) oder bei besonderer Komplexität des Geschäfts (z.B. Lebensversicherung, Finanzdienstleistung) - bedarf es unterschiedlicher Reaktionen im Hinblick auf eine Verlängerung der Bedenkzeit.
23. Zu Frage F1
Der Bundesrat spricht sich aus Gründen der Transparenz für die Harmonisierung der Widerrufsfristen der Verbraucherschutzrichtlinien in einem gemeinsamen Instrument aus; sie trägt zur Rechtssicherheit bei.
Eine Harmonisierung der Länge der Bedenkzeiten entsprechend Option I sollte vorgenommen werden, wobei eine Fristberechnung nach Kalendertagen anstatt nach Arbeitstagen die Handhabung europaweit erheblich vereinfachen würde. Die Länge der Frist sollte jedoch mindestens 14 Kalendertage betragen. Das Rücktrittsrecht ist für den Verbraucher wertlos, wenn ihm nicht ausreichend Zeit zugebilligt wird, um einen Widerruf zu erwägen und die mit der Ausübung verbundenen Maßnahmen fristgerecht vorzunehmen.
24. Zu Frage F2
Für die Ausübung des Widerrufsrechts sollte im Rahmen der Zuständigkeit des Gemeinschaftsgesetzgebers entsprechend Option II ein europaweit einheitliches Verfahren bestimmt werden. Das dient der Rechtssicherheit und den Interessen der beteiligten Unternehmer und Verbraucher. Diesbezügliche Informations- und Belehrungspflichten scheinen nicht in gleicher Weise geeignet, eine Kenntnis der Verbraucher von der Form des Widerrufs sicherzustellen.
Formvorschriften für die Widerrufserklärung sind zu Beweiszwecken sinnvoll. Das Verfahren sollte so ausgestaltet werden, dass es möglichst einfach und kostengünstig handhabbar ist, es dem Verbraucher aber auch ermöglicht, den Widerruf nachzuweisen. Insoweit erscheint der Widerruf schriftlich oder in Textform zweckmäßig. Auch die Rücksendung der Ware sollte ausreichen, soweit dies bei den einzelnen Geschäftsarten überhaupt in Betracht kommt.
25. Zu Frage F3
Die bisher uneinheitlichen Vorgaben in verschiedenen Rechtsinstrumenten werfen Probleme auf. Hier sollte insbesondere im Interesse der Rechtssicherheit versucht werden, eine Vereinheitlichung zu erreichen. Dabei mag es in den unterschiedlichen Richtlinien durchaus wichtige Gründe für Sonderregelungen geben.
Verbraucherschutz muss nicht dazu führen, dass der Verbraucher keine Kosten tragen muss, wenn er von seinem Widerrufsrecht Gebrauch macht. Deshalb erscheint es nicht unbillig, ihn grundsätzlich an den hierdurch entstehenden Kosten zu beteiligen. Dem Verbraucher sollten jedoch nur solche Kosten auferlegt werden, die sich unmittelbar aus der Rückabwicklung ergeben (wie z.B. Kosten für die Rücksendung der Ware); rückabwicklungsunabhängige Kosten dürfen nicht entstehen. Gerade bei Massenverträgen mit geringen Umsätzen kann eine gänzliche Freistellung der Verbraucher von Kostenrisiken die Unternehmen unangemessen belasten und gegebenenfalls auch Missbrauchsmöglichkeiten fördern.
26. Zu Frage G1
Die allgemeinen vertraglichen Rechtsbehelfe des Verbrauchers werden weiterhin im nationalen Recht geregelt. Damit können unterschiedliche kulturelle und rechtliche Traditionen gewahrt und den nationalen Gegebenheiten bestmöglich Rechnung getragen werden. Es besteht keine Notwendigkeit, das allgemeine Leistungsstörungs- und Gewährleistungsrecht in einem horizontalen Instrument zu regeln.
27. Zu Frage G2
Die Regelung der allgemeinen Rechte auf Schadenersatz bei Verletzungen von Vertragspflichten obliegt weiterhin den Mitgliedstaaten. Gerade in diesem Bereich würde eine Harmonisierung einen erheblichen Eingriff in die nationale Rechtskultur begründen, der weit über den Verbraucherschutz hinausginge und eines generellen Ansatzes bedürfte.
Die Fallgestaltungen sind zu vielfältig, um pauschal und vereinheitlicht geregelt zu werden.
28. Zu Frage H1
Die Anpassung an geänderte Marktrealitäten erscheint notwendig, wobei der Folgenabschätzung hier besonderes Gewicht zukommen sollte. Allerdings bedarf es für unterschiedliche Vertragsarten mitunter auch unterschiedlicher Regeln. Der Einbezug von Mietrechtsverhältnissen (Option II) in die Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Arten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter (ABl. EG (Nr. ) L 171 vom 7. Juli 1999, S. 12) - Verbrauchsgüterrichtlinie - ist auf Grund der völlig unterschiedlichen Vertragsart problematisch; Binnenmarktprobleme wurden in diesem Bereich bislang nicht dargetan. Für Verträge, bei denen der Verbraucher digitale Inhalte bezieht, erscheint jedenfalls vor dem Hintergrund der derzeit bestehenden Rechtsschutzlücke eine harmonisierende Regelung notwendig, gegebenenfalls müssen die Besonderheiten derartiger Verträge berücksichtigt werden.
Digitale Güter (etwa Musik, Filme, Computerprogramme) in verkörperter Form bzw. als Immaterialgut sollten daher in den Anwendungsbereich der Regeln über den Verbrauchsgüterkauf einbezogen werden. Eine generelle Anpassung an die geänderten Marktrealitäten erscheint notwendig. Digitale Güter gewinnen in der "Informationsgesellschaft" erheblich an Bedeutung. Ein Schutz der Verbraucher ist hier genauso wie beim Kauf gegenständlicher Waren erforderlich. In Deutschland werden daher bereits jetzt beim Erwerb von Standardprogrammen u. ä. Kaufrecht und insbesondere Kaufmängelgewährleistungsrecht angewendet. Dies sollte europaweit der Fall sein.
29. Zu Frage H2
Ein Bedürfnis für die Ausweitung des Verbraucherkaufrechts auf gebrauchte Güter, die in einer öffentlichen Versteigerung gekauft werden, besteht nicht.
Bei öffentlichen Versteigerungen bestehen besondere Bedingungen, die nicht mit denen eines sonst üblichen Kaufes vergleichbar sind. Hier geht es oftmals um eine möglichst reibungslose und einfache Abwicklung. Muss der Verkäufer damit rechnen, wegen des Widerrufs des Käufers unter Umständen zur mehrfachen Rückabwicklung von Verkäufen und zur mehrfachen Investition von Versteigerungskosten gezwungen zu sein, wird eine Veräußerung durch öffentliche Versteigerung derart unattraktiv, dass die Zahl solcher Geschäfte drastisch zurückgehen wird.
Es ist im Übrigen allgemein bekannt, dass Käufe bei öffentlichen Versteigerungen mehr Risiken bergen. Dem Verkäufer ist bei einer öffentlichen Versteigerung die gewöhnliche Sachmängelhaftung nicht zumutbar, da er beim Pfandverkauf die in der Regel fremde Sache nicht in der Weise kennt, wie es beim Verkauf sonst vorausgesetzt wird. Im Gegenzug zahlt hierfür der Käufer meistens einen niedrigeren Preis als bei einem frei vereinbarten Kauf.
Eine Einschränkung des Verbraucherschutzes bei Internetgeschäften ist damit nicht verbunden. Kaufverträge, die im Rahmen von Internet-Auktionen durch Angebot und Annahme und nicht durch einen Zuschlag zustande kommen, fallen nicht unter diesen Ausnahmetatbestand.
30. Zu Frage 11
Grundsätzlich sollte der vertraglichen Vereinbarung Priorität eingeräumt und eine ergänzende Regelung vorgesehen werden, die auf den tatsächlichen Besitz abstellt. Dieser Vorschlag wird dem Grundsatz der Vertragsfreiheit am besten gerecht und gewährt Verbraucherschutz, ohne aber flexible vertragliche Regelungen zu verhindern.
Zu beachten ist jedoch, dass es für eine abschließende Bewertung im Ergebnis darauf ankommt, welche Rechtsfolgen an den Begriff der "Lieferung" geknüpft werden. Dies kann der Lauf von Ausübungsfristen sein, aber auch der Eintritt des Gefahrübergangs.
31. Zu Frage 12
Der Gefahrübergang sollte von den Mitgliedstaaten geregelt werden. Auch wenn dadurch Unterschiede bestehen bleiben, ist der Verbraucher nicht schutzlos gestellt.
32. Zu Frage J1
Die Frage impliziert, Regelungen zum Verbrauchsgüterkauf sollten in ein "horizontales Instrument" übernommen werden. Damit setzt die Frage eine Gestaltungsentscheidung voraus, die weder zwingend noch empfehlenswert ist. Richtig müsste die Frage dahin lauten, ob eine entsprechende Regelung in die Richtlinie 1999/44/EG aufgenommen werden soll.
Die Fristen für die Gewährleistung sollten gleichlaufen. Die Überlegung, die Gewährleistungsfrist um die Zeitspanne zu verlängern, in welcher der Verbraucher die Güter wegen des Versuchs einer Mängelbeseitigung nicht nutzen kann, ist nachvollziehbar und einleuchtend. Sie bietet einen Anreiz, die Mängelbeseitigung zu beschleunigen, und dient damit dem Verbraucherschutz im besonderen Maße.
33. Zu Frage J2
Weitere Regelungen zum Verbrauchsgüterkauf gehören nicht in ein "horizontales Instrument", sondern in die Verbrauchsgüterrichtlinie (a. a. O.).
Unabhängig davon ist eine entsprechende Verlängerung der Gewährleistungsfrist aus Gründen des effektiven Verbraucherschutzes zu befürworten, soweit es sich um denselben Mangel handelt.
Der mit der Option II vorgeschlagene Ansatz hat sich in der Praxis bewährt, er kann durch eine Ablaufhemmung umgesetzt werden. Sollte eine Verlängerung des Fristablaufs erfolgen, um dem Verbraucher die Möglichkeit zu geben, den Erfolg der Reparatur beurteilen zu können, ist eine Ausdehnung der Frist zum Ende des Fristablaufs hin ausreichend.
34. Zu Frage J3
Spezielle Vorschriften für gebrauchte Güter gehören nicht in ein "horizontales Instrument", sondern in die Richtlinie 1999/44/EG.
Die Unterschiede zwischen neuen oder neuwertigen und gebrauchten Wirtschaftsgütern sowohl im Hinblick auf die Ausgangsbeschaffenheit der Güter als auch im Hinblick auf die Interessenlage der Vertragsparteien lassen spezielle Regelungen für gebrauchte Güter sachgerecht erscheinen. Insbesondere erscheint es interessengerecht, kürzere Gewährleistungsfristen zu ermöglichen, die aber ein Jahr nicht unterschreiten dürfen.
35. Zu Frage J4
Der in Option II vorgeschlagene Weg führt zu einer erheblichen Belastung des Verkäufers. Diesem würde während der gesamten Dauer der Gewährleistungsfrist die Beweislast dafür auferlegt, dass der Mangel zum Zeitpunkt der Lieferung noch nicht vorhanden war. Der Verkäufer kann nach Auslieferung der Sache keinerlei Einfluss mehr auf sie nehmen, die Sache befindet sich nunmehr in der Sphäre des Käufers. Der Verkäufer kann nicht nachprüfen, wie mit der Sache umgegangen wird. Innerhalb der ersten sechs Monate liegt es häufig nahe, dass ein Mangel, der sich in diesem Zeitraum zeigt, bereits von Anfang an vorhanden war, so dass die bisherige Regelung angemessen ist. Innerhalb von zwei Jahren kann diese Vermutung nicht mehr aufgestellt werden, da sich das Kaufgut allein in den Händen des Käufers befindet.
36. Zu Frage K1
Das derzeitige System der Abhilfemöglichkeiten erscheint ausgewogen und sollte beibehalten werden.
Der Grundsatz des Vorrangs der Naturalerfüllung vor der Vertragsliquidierung hat sich in der Praxis bewährt. Der Käufer kann sich nicht gleichsam aus Anlass eines Sachmangels von einem Vertrag lösen, den er unter Umständen bereut. Er kann nicht versuchen, nachträglich den Preis zu reduzieren, ohne ernsthaft an einer Nachbesserung/Ersatzlieferung interessiert zu sein.
Der Verbraucher wird auch nicht unzumutbar belastet: Bereits nach derzeitiger Rechtslage ist im Fall einer Unzumutbarkeit für den Verbraucher eine Verweisung durch den Verkäufer auf Nachbesserung/Ersatzlieferung nicht möglich.
37. Zu Frage K2
Die Pflicht des Verbrauchers, den Verkäufer über die Vertragswidrigkeit innerhalb einer bestimmten Frist unterrichten zu müssen, sollte abgeschafft werden (Option III). Dafür besteht kein Bedarf. Schon im Hinblick auf die laufende Verjährungsfrist liegt es im eigenen Interesse des Käufers, den Verkäufer über einen Mangel zu unterrichten. Im Übrigen veranlasst das bestehende Abhilfesystem den Käufer, der sich von einem Vertrag lösen will, dem Verkäufer die Gelegenheit zur Nacherfüllung zu geben.
Die mit den Optionen I und II vorgeschlagene Einführung einer Pflicht zur Unterrichtung des Verkäufers über jede Vertragswidrigkeit bzw. einer Pflicht zur Unterrichtung des Verkäufers unter bestimmten Umständen erscheint entbehrlich und würde zusätzliche Probleme stellen. Zum einen müsste jeweils geklärt werden, wann der Verbraucher die Vertragswidrigkeit festgestellt hat. Außerdem stellt sich die Frage, ob hierzu eine positive Feststellung erforderlich ist oder ob es ausreicht, dass der Verkäufer die Vertragswidrigkeit hätte feststellen müssen. Schließlich ist der Rechtssicherheit nicht gedient, wenn die Unterrichtungspflicht von einer Vertragswidrigkeit im Sinne eines Verstoßes des Verkäufers gegen die Grundsätze von Treu und Glauben oder dem Vorliegen einer groben Fahrlässigkeit abhängig gemacht wird. Diese Voraussetzungen eröffnen für den Einzelfall Beurteilungsspielräume, die in die Rechtsunsicherheit führen.
38. Zu Frage L
Ein Direktanspruch des Letztkäufers als Verbraucher gegen den Hersteller wegen der Lieferung nicht vertragsgemäßer Güter ist abzulehnen. Für einen solchen Anspruch besteht keine Notwendigkeit. Der mit der Einführung eines solchen Anspruchs verbundene Eingriff in die nationalen Rechtsordnungen ist nicht zu rechtfertigen.
Vertragliche Ansprüche des Letztverkäufers und erst recht des Letztkäufers gegen den Hersteller, mit dem der Kaufvertrag nicht geschlossen wurde, passen sich in die üblichen Vertragskonstellationen nicht ein.
Anders als die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Anspruchs gegen den Hersteller nach dem Produkthaftungsgesetz richtet sich die Vertragsmäßigkeit des Gutes nach dem jeweiligen Vertragsverhältnis. Ein Direktanspruch durchbricht die Relativität der Schuldverhältnisse. Die Auffassung, dass die Regelung des Artikels 4 der Verbrauchsgüterrichtlinie eine Ausdehnung der Bestimmungen des Produkthaftungsgesetzes gebietet, ist überholt.
Überhaupt können die Diskussion und damit die Frage der Berechtigung eines Direktanspruchs sinnvoll nicht losgelöst von dessen Inhalt geführt werden. Dazu verhält sich das Grünbuch nicht. Bleibt offen, welche Rechte dem Verbraucher gegen den Hersteller zustehen sollten, können die Voraussetzungen und Rechtsfolgen nicht eingeordnet werden. Zugleich kann nicht ausgeschlossen werden, dass das in den jeweiligen Mitgliedstaaten zum Teil fein ziselierte und auch deshalb ausgewogene System der Rechte des Käufers als Verbraucher gegen seinen Verkäufer wegen Vertragswidrigkeit des Verbrauchsgutes durch die Einführung eines Direktanspruchs gegen den Hersteller zerstört wird.
Soll die Einstandsverpflichtung des Herstellers darin gründen, dass die Vertragsmäßigkeit der Leistung im Verhältnis zwischen Letztverkäufer und Verbraucher nicht erreicht wird, ist eine unabsehbare und unvertretbare Haftungserweiterung die Folge. Eine Einstandsverpflichtung besteht auch dann, wenn der Mangel nicht mehr dem Verantwortungsbereich des Herstellers, sondern ausschließlich jenem des Letztverkäufers zugeordnet wird. Wird die Einstandsverpflichtung so ausgestaltet, dass der Hersteller nur für Umstände einzustehen hat, die seinem Verantwortungsbereich zuzuordnen sind, wird der mit dem Hersteller geschlossene Vertrag plötzlich in einem ganz anderen Kontext bedeutsam. Der Inhalt des mit dem Hersteller geschlossenen Vertrags ist dem Verbraucher unbekannt. Eine fühlbare Verbesserung der Stellung des Verbrauchers kann damit nur dann erzielt werden, wenn auf den Inhalt dieses Vertrages in ganz erheblichem Umfang Einfluss genommen wird, was mit dem Prinzip der Vertragsfreiheit unvereinbar ist.
39. Zu Frage M1
Es besteht kein Regelungsbedürfnis. Soweit der Inhalt einer kommerziellen Garantie nicht festgelegt ist, vermag sie keine Rechte zu begründen. Zwar wird behauptet, der bisherige Standard bei Garantien genüge weder den Anforderungen des Marktes noch sei er ausreichend für den Verbraucher. Die Bedingungen zur Mitregelung der kommerziellen Garantie sind von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlich, auch weil ein allgemeiner Rechtsrahmen fehlt. Der Verbraucher kann deshalb nur schwer beurteilen, welche rechtlichen Wirkungen sein Garantieanspruch hat und welches die praktischen Modalitäten Im Standardfall einer Herstellergarantie, die über die gesetzliche Gewährleistung hinausgeht, handelt es sich jedoch um eine freiwillige Leistung der Unternehmer zu Gunsten der Verbraucher, die den Bedingungen des Wettbewerbs unterworfen ist und weiterhin nur diesen Bedingungen unterworfen bleiben sollte. Für den Fall, dass gemeinschaftsrechtliche Auffangregeln für kommerzielle Garantien geschaffen werden, dürfte dies zum Rückgang der freiwilligen Garantieleistungen führen und sich so zum Nachteil des Verbrauchers auswirken. Keinesfalls kann der Ansatz, die freiwillige Garantieleistung auf die voraussichtliche Lebensdauer der Güter zu erstrecken, mitgetragen werden. Die dem Unternehmer daraus erwachsenden Verpflichtungen sind unübersehbar und nicht kalkulierbar.
Dem mündigen Verbraucher ist es zumutbar, sich über den Inhalt einer Garantie zu informieren.
40. Zu Frage M2
Ein Bedürfnis, die Übertragung kommerzieller Garantien gemeinschaftsrechtlich zu regeln, besteht nicht. Die freiwilligen Haftungsübernahmen sind den Marktgesetzen unterworfen und sollten nur diesen und der Privatautonomie unterstellt bleiben. Nach allgemeinen Zessionsgrundsätzen kann ein Anspruch abgetreten werden, soweit die Vertragspartner nicht vertraglich ein Abtretungsverbot vereinbart haben.
Eine solche Regelung geht im Übrigen über die Fragen hinaus, die Gegenstand des Verbraucherschutzes und damit Gegenstand des mit dem Grünbuch eingeleiteten Konsultationsverfahrens sind. Sie müssen daher möglichen Regelungen des CFR vorbehalten bleiben.
41. Zu Frage M3
Kommerzielle Garantien, die sich auf bestimmte Teile beziehen, sollen in einem "horizontalen Instrument" nicht geregelt werden. In Anbetracht dessen, dass es sich bei der Garantie um eine freiwillige Leistung handelt und dem Verbraucher ohnehin die Garantiebedingungen übermittelt werden, erscheint eine Informationsobliegenheit überzogen. Die Vertragsfreiheit sollte nicht durch Überregulierung eingeschränkt werden. Es obliegt vielmehr der Eigenverantwortung des mündigen Verbrauchers, sich über den Umfang einer Garantieerklärung zu informieren.
42. Zu Frage N
Über die bereits aufgezeigten neuen Fragestellungen und Problemfelder hinaus spricht sich der Bundesrat gegen eine Ausweitung des Untersuchungs- oder Regelungsgegenstands aus.
- 43. Direkte Zuleitung an die Kommission Der Bundesrat übermittelt diese Stellungnahme direkt an die Kommission.