Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 107099 - vom 10. April 2007. Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 15. März 2007 angenommen.
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf die Erklärung von Barcelona vom 28. November 1995, mit der die Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und den Ländern im südlichen und östlichen Mittelmeerraum ins Leben gerufen wurde, sowie das auf dieser Konferenz beschlossene Arbeitsprogramm,
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 27. Oktober 2005 zu "Der Barcelona-Prozess - neu aufgelegt"1,
- - in Kenntnis der Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament vom 12. April 2005 mit dem Titel "10. Jahrestag der Partnerschaft Europa-Mittelmeer - Ein Arbeitsprogramm für die Herausforderungen der nächsten fünf Jahre" (KOM (2005) 0139) sowie ihrer Anhänge (SEK(2005)0482 und SEK(2005)0483),
- - in Kenntnis der Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament vom 11. März 2003 mit dem Titel "Größeres Europa - Nachbarschaft: Ein neuer Rahmen für die Beziehungen der EU zu ihren östlichen und südlichen Nachbarn" (KOM (2003) 0104), des Strategiepapiers der Kommission vom 12. Mai 2004 über die europäische Nachbarschaftspolitik (KOM (2004) 0373), der Mitteilung der Kommission an den Rat vom 9. Dezember 2004 über die Vorschläge der Kommission für Aktionspläne im Rahmen der europäischen Nachbarschaftspolitik (KOM (2004) 0795), der Aktionspläne für Israel, Jordanien, den Libanon, Marokko, die Palästinensische Behörde und Tunesien sowie die Verordnung (EG) Nr. 1638/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 2006 zur Festlegung allgemeiner Bestimmungen zur Schaffung eines Europäischen Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstruments (ENPI)2,
- - unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen der seit der Einleitung des Barcelona-Prozesses abgehaltenen Europa-Mittelmeer-Ministerkonferenzen und sektorbezogenen Ministerkonferenzen, insbesondere die Schlussfolgerungen der siebten Europa-Mittelmeer-Konferenz der Außenminister am 30. und 31. Mai 2005 in Luxemburg,
- - gestützt auf die Europa-Mittelmeer-Assoziationsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Tunesien3, Israel4, Marokko5, Jordanien6, Ägypten7, dem Libanon8 und Algerien9 andererseits, das Europa-Mittelmeer-Interimsassoziationsabkommen über Handel und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft einerseits und der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) zugunsten der Palästinensischen Behörde für das Westjordanland und den Gaza-Streifen andererseits10 sowie den Beschluss 001/95 des Assoziationsrates EG-Türkei vom 22. Dezember 1995 über die Durchführung der Endphase der Zollunion (96/142/EG)11,
- - gestützt auf das am 25. Februar 2004 geschlossene Freihandelsabkommen (Agadir-Abkommen) zwischen Jordanien, Ägypten, Tunesien und Marokko,
- - unter Hinweis auf die im Juni 2004 vom Europäischen Rat gebilligte strategische Partnerschaft mit den Ländern des Mittelmeers und des Nahen Ostens,
- - unter Hinweis auf das regionale Strategiepapier 2002-2006 und das regionale Richtprogramm 2005-2006 der Partnerschaft Europa-Mittelmeer MEDA,
- - in Kenntnis der vom Institut für Entwicklungspolitik und -management der Universität Manchester durchgeführten Nachhaltigkeitsprüfung der Auswirkungen der Freihandelszone Europa-Mittelmeer,
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 17. November 1995 zu den Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zwischen der Europäischen Union und den Ländern des Mittelmeerraums12,
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 30. März 2000 zur Mittelmeerpolitik13,
- - in Kenntnis der auf dem Gipfeltreffen von Barcelona am 27. und 28. November 2005 angenommenen Schlussfolgerungen und Empfehlungen einschließlich des von der Kommission ausgearbeiteten fünfjährigen Arbeitsprogramms,
- - unter Hinweis auf die Entschließung des Ausschusses für Wirtschaft, Finanzen, soziale Angelegenheiten und Bildung der Parlamentarischen Versammlung Europa-Mittelmeer vom 11. Mai 2006 zu den Bedingungen der Umwandlung der Investitions- und Partnerschaftsfazilität Europa-Mittelmeer (FEMIP) in eine Europa-Mittelmeer-Entwicklungsbank,
- - unter Hinweis auf die Arbeiten der Parlamentarischen Versammlung Europa-Mittelmeer,
- - unter Hinweis auf seine legislative Entschließung vom 14. Dezember 2004 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Rates über finanzielle und technische Begleitmaßnahmen (MEDA) zur Reform der wirtschaftlichen und sozialen Strukturen im Rahmen der Partnerschaft Europa-Mittelmeer (kodifizierte Fassung)14,
- - gestützt auf Artikel 45 seiner Geschäftsordnung,
- - unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für internationalen Handel sowie die Stellungnahmen des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten und des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung (A6-0468/2006),
A. in der Erwägung, dass das Gipfeltreffen von Barcelona am 27. und 28. November 1995 ein äußerst ehrgeiziges und einzigartiges Vorhaben ins Leben gerufen hat, nämlich die Schaffung neuer und geregelterer politischer, wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Beziehungen zwischen dem nördlichen und dem südlichen Mittelmeerraum, was erhebliche Fortschritte in dieser Region gebracht hat, aber noch längst nicht abgeschlossen ist,
B. in der Erwägung, dass sich die politischen Verhältnisse (Osloer Abkommen), welche die Einleitung des Barcelona-Prozesses begünstigt haben, mittlerweile grundlegend geändert haben und die Chancen für einen Kompromissfrieden im Nahen Osten geringer denn je sind,
C. in der Erwägung, dass es im Interesse der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten liegt, dass sich der Mittelmeerraum zum beiderseitigen Nutzen zu einem wirtschaftlich und sozial integrierten Raum entwickelt,
D. in der Erwägung, dass das starke Bevölkerungswachstum in den Ländern im südlichen und östlichen Mittelmeerraum ohne weitere Verzögerungen die Einleitung wirtschaftlicher und sozialer Strategien und Maßnahmen gebietet,
E. in der Erwägung, dass es im gemeinsamen Interesse der Länder im südlichen und östlichen Mittelmeerraum und der Europäischen Union ist, die Arbeitslosigkeit in dieser Region zu senken und der dortigen Bevölkerung, insbesondere jungen Menschen und den Bewohnern ländlicher Gebiete, akzeptable Lebensperspektiven zu bieten und dass 35 Millionen neue Arbeitsplätze zwischen 2000 und 2015 geschaffen werden müssen, um die Arbeitslosenquoten auf ihrem derzeitigen Stand zu halten,
F. in der Erwägung, dass die Länder im südlichen und östlichen Mittelmeerraum stark vom Außenhandel abhängig sind und dass der Gesamtwert der Aus- und Einfuhren rund zwei Drittel ihres BIP entspricht; in der Erwägung, dass ein erheblicher Teil dieser Handelsströme in die Europäische Union fließt, dass diese dagegen nur 4% des Außenhandels der Gemeinschaft ausmachen, dass die Struktur der Ausfuhren der Länder im südlichen und östlichen Mittelmeerraum sehr wenig diversifiziert ist und dass der Schwerpunkt dieser Ausfuhren nach wie vor auf wenig wachstumsträchtigen Sektoren liegt,
G. in der Erwägung, dass die Länder im südlichen und östlichen Mittelmeerraum gegenüber anderen Wirtschaftszonen, insbesondere in den südostasiatischen Ländern, wichtige Positionen in Bezug auf relative Wettbewerbsfähigkeit, industrielle Entwicklung und soziale Entwicklungsperspektiven eingebüßt haben, dass ihr Anteil am Welthandel trotz eines relativ stetigen Wirtschaftswachstums seit 1980 deutlich zurückgegangen ist und dass eine derartige Entwicklung ein Grund zur Sorge für die Europäische Union und ihre Nachbarschaftspolitik ist, insbesondere angesichts der möglichen Auswirkungen auf die soziale und politische Stabilität an ihren Außengrenzen,
H. in der Erwägung, dass sich die Handelsstrukturen zwischen der Europäischen Union und den Mittelmeer-Partnerländern seit der Einleitung des Barcelona-Prozesses sehr wenig entwickelt haben und dass die Assoziationsabkommen noch nicht alle erhofften Ergebnisse gezeitigt haben,
I. in der Erwägung, dass eine Freihandelszone notwendig ist, die auf Beseitigung der Armut, Vollbeschäftigung, Stärkung der Demokratie und Förderung der nachhaltigen Entwicklung gerichtet ist; in der Erwägung, dass diese Freihandelszone auf ausgewogenen, gezielten Regeln beruhen muss, die unerlässlich sind, um eine bessere Eingliederung der Länder im südlichen und östlichen Mittelmeerraum in den Welthandel zu ermöglichen, ihre wirtschaftliche Diversifizierung sicherzustellen, die Herausforderungen der Globalisierung zu bewältigen und eine gerechte Verteilung der Vorteile der Globalisierung zu gewährleisten,
J. in der Erwägung, dass eine verstärkte wirtschaftliche Zusammenarbeit im Mittelmeerraum auch gute Aussichten für die Wirtschaft der südlichen Mitgliedstaaten und somit ihre bessere Integration in den Binnenmarkt bietet;
K. in der Erwägung, dass es nach wie vor ein riesiges wirtschaftliches, soziales und demografisches Gefälle zwischen den zwei Seiten des Mittelmeers gibt und dass auch zwischen den einzelnen Ländern im südlichen und östlichen Mittelmeerraum große Entwicklungsunterschiede bestehen,
L. in der Erwägung, dass die fortbestehende politische und wirtschaftliche Aufsplitterung der Länder im südlichen und östlichen Mittelmeerraum und das Fehlen eines echten Integrationsprozesses sehr nachteilige Auswirkungen auf das Barcelona-Programm und insbesondere auf die Errichtung der Freihandelszone dadurch haben könnte, dass die polarisierende Wirkung des Handels und damit die Abhängigkeit einiger Länder im südlichen und östlichen Mittelmeer vom Gemeinschaftsmarkt zunimmt,
M. in der Erwägung, dass die Errichtung der Freihandelszone Europa-Mittelmeer langfristig insgesamt positive Auswirkungen haben wird, aber kurz- und mittelfristig auch negative Auswirkungen auf die EU-Mittelmeerländer und auf die Länder im südlichen und östlichen Mittelmeerraum haben kann,
N. in der Erwägung, dass wirksame Begleitmaßnahmen im gemeinsamen Interesse sind, damit die negativen Auswirkungen des gegenwärtigen Liberalisierungsprozesses für alle betroffenen Regionen und Länder abgeschwächt und ausgeglichen werden;
O. in der Erwägung, dass die Länder im südlichen und östlichen Mittelmeerraum wegen des immer rascheren Wandels unserer von den Informationstechnologien geprägten Gesellschaft größere Anstrengungen im Bereich der wissenschaftlichen und technologischen Forschung in quantitativer und qualitativer Hinsicht unternehmen sollten, um die technologische Kluft zu überwinden, die sie von den am weitesten entwickelten Ländern in diesem Bereich trennt, was langfristig ein stetigeres und nachhaltigeres Wirtschaftswachstum ermöglichen würde,
P. in der Erwägung, dass die Länder im südlichen und östlichen Mittelmeerraum beachtliche Fortschritte im Bereich des Grundschulwesens erzielt haben, indem sie die Analphabetenrate erheblich verringert haben, die aber dennoch in einigen Ländern dieser Region noch sehr hoch ist; in der Erwägung, dass der Zugang zu Hochschulen und Universitäten auf einen geringen Teil der Bevölkerung beschränkt ist und dass das Schulsystem nach wie vor nicht über die Mittel für die Ausbildung hoch qualifizierter Fachkräfte oder Techniker verfügt, um Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt aufeinander abzustimmen,
Q. in der Erwägung, dass neben dem auf die Schaffung einer Freihandelszone zwischen der Europäischen Union und den Ländern des südlichen und östlichen Mittelmeerraums ausgerichteten Prozess die Länder des südlichen und östlichen Mittelmeerraums die bestehenden politischen und wirtschaftlichen Hindernisse beseitigen müssen, die den Integrationsprozess in dem gesamten Raum verlangsamen, damit eine fruchtbare Zusammenarbeit zwischen ihnen erwachsen kann,
Ein neuer Impuls für den Barcelona-Prozess
- 1. bedauert, dass die drei Hauptziele von Barcelona (Schaffung eines gemeinsamen Raumes von Frieden und Stabilität; Schaffung einer Zone allgemeinen Wohlstands durch eine wirtschaftliche Partnerschaft sowie die Errichtung einer Freihandelszone; Entwicklung einer Partnerschaft im sozialen, kulturellen und zwischenmenschlichen Bereich zur Förderung der Verständigung zwischen den Kulturen im Mittelmeerraum) nicht einmal annähernd erreicht wurden;
- 2. weist darauf hin, dass diese drei Ziele unbedingt gleichzeitig verfolgt werden müssen, um den Erfolg des Integrationsprozesses Europa-Mittelmeer und die Verringerung des Entwicklungsgefälles zwischen den zwei Seiten des Mittelmeers zu gewährleisten;
- 3. betont, dass die Verstärkung des Barcelona-Prozesses zur Verbreitung der Werte und des europäischen Wirtschafts- und Sozialmodells beiträgt; erinnert daran, dass dieser Prozess zeitlich früher eingeleitet wurde und einen höheren Institutionalisierungsgrad aufweist als andere regionale Initiativen aus jüngerer Zeit; betont, dass diese Initiative zur Stabilität und zur Förderung des Dialogs beiträgt;
- 4. betont, dass der Erfolg des Barcelona-Prozesses und insbesondere der Freihandelszone einen beständigen und auf das gleiche Ziel gerichteten Willen aller Partner und eine stärkere Einbeziehung der Zivilgesellschaft und der Bevölkerung auf beiden Seiten des Mittelmeers erforderlich macht;
- 5. fordert eine klarere Definition der Ziele der europäischen Nachbarschaftspolitik, die, ohne die osteuropäischen Länder zu vernachlässigen, weder den Barcelona-Prozess schwächen noch die bilateralen Beziehungen auf Kosten des multilateralen regionalen Ansatzes bevorzugen darf; vertritt die Ansicht, dass eine effizientere Nutzung des Nachbarschaftsinstruments für regionale Vorhaben eine Besserung der Lage im Hinblick auf die Förderung eines echten integrierten regionalen Wirtschaftsraums ermöglichen würde; ist der Auffassung, dass eine verstärkte Zusammenarbeit mit den am meisten entwickelten Partnern unter Wahrung ihrer politischen, kulturellen, religiösen und sozialen Besonderheiten angestrebt werden muss, aber dass die Länder im südlichen und östlichen Mittelmeerraum auch weiterhin als Einheit zu betrachten sind;
- 6. ist der Auffassung, dass den aufgetretenen Verzögerungen und Schwierigkeiten zwar entschieden begegnet werden muss, dass aber die Errichtung der Freihandelszone vermutlich auf einen späteren Zeitraum als ursprünglich geplant (2010) verschoben werden muss, um den zahlreichen strukturellen Veränderungen in der Weltwirtschaft seit 1995 und der notwendigen vorsichtigeren Einstellung gegenüber dem Freihandel angesichts ungleicher Partner Rechnung zu tragen; fordert die Kommission, die Mitgliedstaaten und die Länder im südlichen und östlichen Mittelmeerraum auf, den Barcelona-Prozess fortzuführen und sich dabei auf die Schaffung eines sozioökonomischen Raums Europa-Mittelmeer, in dem die sozialen und ökologischen Aspekte stärker in die wirtschaftlichen Aspekte der Partnerschaft einbezogen werden, zu fokussieren;
- 7. fordert die Länder im südlichen und östlichen Mittelmeerraum auf, die Chance für nachhaltiges Wachstum nicht zu versäumen, das es ihnen ermöglichen würde, den wachsenden Bedürfnissen ihrer Bürger und der Notwendigkeit besser zu entsprechen, die Herausforderungen der Globalisierung effizient zu bewältigen;
- 8. bedauert es, dass die von der Europäischen Union gewährte technische und finanzielle Hilfe, wenngleich sie nicht gering war, den Zielen und Ansprüchen von Barcelona nicht entsprochen hat, insbesondere hinsichtlich der sozialen und kulturellen Kapitel der Erklärung von Barcelona und der Unterstützung der lokalen Wirtschaft;
- 9. ist der Auffassung, dass die Freihandelszone nur dann eine echte Wachstumschance für die Länder im südlichen und östlichen Mittelmeerraum bietet, wenn sie im Rahmen einer zweckmäßigen und vorhersehbaren Partnerschaft schrittweise in gegenseitiger Abstimmung errichtet wird, den sozioökonomischen Gegebenheiten dieser Länder angepasst ist und so die wirtschaftliche Entwicklung und eine stärkere regionale Integration fördert; weist nachdrücklich auf die Bedeutung einer stärkeren Beteiligung der Partnerländer und den Anreizcharakter der Partnerschaft hin; erinnert daran, dass die Eigenverantwortung für die Ziele der Partnerschaft für beide Seiten des Mittelmeers gilt; weist nachdrücklich darauf hin, dass den Ländern im südlichen und östlichen Mittelmeerraum das Recht eingeräumt werden muss, die Kontrolle über das Tempo der Öffnung des Handels und ihre nationalen Strategien für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung zu behalten;
- 10. vertritt die Ansicht, dass die Verdichtung der institutionellen Beziehungen zwischen der Europäischen Union und den Ländern im südlichen und östlichen Mittelmeerraum ein wichtiger Trumpf für den Erfolg des Barcelona-Prozesses ist; spricht sich für eine deutliche Zunahme der formellen und informellen Treffen zwischen den Gemeinschaftsstellen, den Mitgliedstaaten, den Ländern im südlichen und östlichen Mittelmeerraum und den zuständigen lokalen Behörden aus; wünscht, dass die Länder im südlichen und östlichen Mittelmeerraum als Beobachter an den Arbeiten der europäischen Fachagenturen und -programme von gemeinsamem Interesse teilnehmen;
- 11. betont, wie wichtig die regionale Integration der Länder im südlichen und östlichen Mittelmeerraum und die Stärkung des Süd-Süd-Handels sind; begrüßt die Unterzeichnung des Freihandelsabkommens von Agadir vom 25. Februar 2004 zwischen Marokko, Tunesien, Ägypten und Jordanien; hält diesen Schritt für unerlässlich für die Errichtung einer echten Freihandelszone und fordert die übrigen Länder der Region auf, sich anzuschließen; hält es jedoch für wichtig, dass der Prozess der wirtschaftlichen Integration vertieft wird und dass die Hemmnisse, die den Handel zwischen diesen Ländern beeinträchtigen, rasch beseitigt werden, um die Entwicklungsmöglichkeiten des Süd-Süd-Handels voll zu nutzen;
- 12. fordert die Europäische Union auf, die Mittel für technische und finanzielle Hilfe für die Länder des südlichen und östlichen Mittelmeerraums aufzustocken im Einklang mit den ehrgeizigen Zielen von Barcelona und in Funktion der tatsächlichen Fortschritte, die in den Ländern des südlichen und östlichen Mittelmeerraums im Sinne der Achtung der Menschenrechte, des Arbeitnehmerschutzes, des Umweltschutzes, der regionalen Integration, der Verbesserung der Qualität der lokalen öffentlichen Dienste und der Bildungs- und Kulturdienstleistungen zu verzeichnen sind;
- 13. weist darauf hin, dass die Schaffung einer Wirtschafts- und Freihandelszone im Mittelmeerraum untrennbar verknüpft ist mit einem politischen Einsatz zur Gewährleistung des Friedens, der Demokratisierung, der Achtung der Menschenrechte, der Gleichheit der Geschlechter und der Förderung des interreligiösen Dialogs sowie mit ernsthaften Bemühungen darum, dass der politische Dialog und das Vertrauen zwischen den Parteien wirklich zur Schaffung von Demokratie in der Region beitragen können;
Handels- und Zollpolitik
- 14. weist darauf hin, dass die Zölle immer noch einen beträchtlichen Teil der Steuereinnahmen der Länder im südlichen und östlichen Mittelmeerraum ausmachen; ist deshalb der Auffassung, dass der Zeitplan des künftigen Zollabbaus den wirtschaftlichen Fortschritten dieser Länder sowie der benötigten Zeit für gerechte Steuerreformen zum Ausgleich des Verlusts an Zolleinnahmen Rechnung tragen muss;
- 15. ist der Auffassung, dass gleichzeitig auch die nichttarifären Handelshemmnisse wirksam angegangen werden müssen, wobei es in dieser Hinsicht die Bedeutung hervorhebt, die der Gewährung einer ausreichenden technischen Hilfe zukommt;
- 16. fordert die Kommission auf, einer möglichen Erosion der Zollpräferenzen für die Länder im südlichen und östlichen Mittelmeerraum infolge der zwischen der Gemeinschaft und einigen Drittländern geschlossenen Freihandelsabkommen Rechnung zu tragen sowie der Verbesserung des Allgemeinen Präferenzsystems (APS) zugunsten der Entwicklungsländer sowie der bestimmten asiatischen Ländern - die gefährliche Konkurrenten für die Industrie der Länder im südlichen und östlichen Mittelmeerraum sind - eingeräumten Ursprungskumulierung Aufmerksamkeit zu schenken;
- 17. fordert die Kommission auf, im Rahmen des Barcelona-Prozesses und unter Wahrung der Normen der WTO ein Ausgleichsverfahren einzuführen, um die nachteiligen Auswirkungen zu verringern, die diese Erosion der Zollpräferenzen auf die Länder im südlichen und östlichen Mittelmeerraum und voraussichtlich auf die Errichtung der Freihandelszone haben könnte;
- 18. begrüßt die Fortschritte, die hinsichtlich der "Erleichterung des Handels" erzielt wurden, insbesondere im Zollbereich mit der Harmonisierung und Vereinfachung der Zollverfahren, der Automatisierung und Beschleunigung der Verfahren, der Verbesserung der Transparenz, der Nutzung elektronischer Informations- und Zahlungssysteme und mit dem Abbau einiger nicht tarifärer Handelshemmnisse, die heute zunehmend an die Stelle der herkömmlichen tarifären Hemmnisse treten, insbesondere im Bereich der Normung und der Zertifizierung;
- 19. bekräftigt seine Ansicht, dass es in Anbetracht des zunehmenden internationalen Wettbewerbs entscheidend darauf ankommt, den politischen Willen zu stärken, eine substanziellere wirtschaftliche und soziale Agenda aufzustellen, die zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der wissensgestützten Wirtschaft, zur Förderung von Wachstum, Ausbildung, Innovation und Forschung, zur Schaffung neuer Arbeitsplätze und zur Förderung des Wohlstands unter dem Aspekt der Entwicklungszusammenarbeit beiträgt;
- 20. fordert die Länder im südlichen und östlichen Mittelmeerraum auf, ein System der verstärkten Zusammenarbeit und der Partnerschaften einzuführen, um zur Reform des Verwaltungs- und Geschäftsumfelds im Zeichen der verantwortungsvollen Staatsführung beizutragen;
- 21. betont, dass Zollkontrollen verstärkt und strenger durchgeführt werden müssen, damit Schmuggel, Fälschungen und Produktpiraterie bekämpft werden können, die nicht nur Einnahmeverluste verursachen, sondern auch Gefahren für die Gesundheit der Bewohner der Region mit sich bringen;
Nachhaltigkeitsprüfung der Auswirkungen der Freihandelszone Europa-Mittelmeer
- 22. begrüßt die Veröffentlichung des zweiten Teils der oben genannten von der Universität Manchester durchgeführten Nachhaltigkeitsprüfung der Auswirkungen der Freihandelszone; ist zutiefst besorgt über die Ergebnisse dieser Nachhaltigkeitsprüfung, was die zu erwartenden kurz- und mittelfristigen negativen sozialen und ökologischen Auswirkungen der Freihandelszone anbelangt; fordert die Kommission nachdrücklich auf, die Empfehlungen dieser Studie in die künftigen Verhandlungen über die Errichtung der Freihandelszone einzubeziehen sowie den sozialen Zusammenhalt und die nachhaltige Entwicklung, welche nach Ansicht der Verfasser der Studie notwendig sind, in den Verhandlungen stärker zu berücksichtigen;
- 23. betont außerdem, dass die Entwicklung eines Systems zur Steuerung der Partnerschaft wichtig ist, um die durchgeführten Maßnahmen anhand der angestrebten Ziele bewerten zu können; ist der Ansicht, dass diese Steuerung zur Einführung eines Analyse- und Bewertungsinstruments für den Mittelmeerraum führen könnte;
- 24. fordert alle Teilnehmer der Partnerschaft Europa-Mittelmeer nachdrücklich auf, die Ergebnisse der oben genannten Nachhaltigkeitsprüfung der Auswirkungen der Freihandelszone auf Ministerebene zu diskutieren und daraus die Konsequenzen für die laufenden Verhandlungen über die Freihandelszone zu ziehen;
Finanzielle und technische Unterstützung
MEDA und europäisches Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstrument
- 25. bedauert, dass die Europäische Union nicht in der Lage war, angemessene Finanzmittel für die Umsetzung der Ziele des Barcelona-Prozesses bereitzustellen, was einer der Gründe für die Verzögerung der Errichtung der Freihandelszone ist;
- 26. stellt die positiven Ergebnisse des Programms MEDA II im Zeitraum 2004-2006 gegenüber MEDA I fest, speziell hinsichtlich der verstärkten Aufnahmekapazität der Empfängerländer und der Flexibilität bei der Programmplanung und der Durchführung der MEDA-Vorhaben seit dem Jahr 2000;
- 27. begrüßt mit Interesse die Schaffung des Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstruments, das die finanziellen Aspekte der europäischen Nachbarschaftspolitik abdecken soll, sowie den Vorschlag der Kommission, die Finanzmittel auf 14 930 000 000 EUR aufzustocken, um den Bedürfnissen der förderfähigen Länder besser gerecht zu werden; ist allerdings der Auffassung, dass dieses Instrument ein echtes Konvergenzinstrument sein und Hilfen zur Abfederung des Verlusts an Zolleinnahmen der Partnerländer im Mittelmeerraum und anderer Kosten der Marktliberalisierung umfassen muss;
- 28. hält den vom Rat am 17. Oktober 2006 beschlossenen Mittelansatz von 11 181 000 EUR für unzureichend; fordert, dass anlässlich der Halbzeitüberprüfung des Finanzrahmens 2008/09 mehr Finanzmittel bereitgestellt werden, damit die Ziele des Integrationsprozesses erreicht werden können;
- 29. wünscht, dass dieses Finanzierungsinstrument effizienter gestaltet wird, indem einer sachdienlicheren und gezielteren Programmplanung und der Beteiligung ("Eigenverantwortung") der Partner und der Zivilgesellschaft in allen Phasen der Verwaltung des Projektzyklus mehr Bedeutung beigemessen wird; fordert die Regierungen der Länder im südlichen und östlichen Mittelmeerraum auf, alles zu tun, um eine bessere Nutzung der Gemeinschaftsmittel zu ermöglichen, insbesondere der Mittel für Forschung, Berufsausbildung, Ausbau der Infrastrukturen und der lokalen öffentlichen Dienstleistungen sowie für die Neuordnung des industriellen und des landwirtschaftlichen Produktionssystems; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, auf die Wahrung eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen den östlichen und den südlichen Nachbarländern zu achten und regionalen und insbesondere Süd-Süd-Finanzierungen Priorität einzuräumen;
- 30. bekräftigt seine Ansicht, dass es für die Errichtung der Freihandelszone und generell für den Erfolg des Barcelona-Prozesses wichtig ist, dass die europäische Nachbarschaftspolitik die legitimen Erwartungen der Länder im südlichen und östlichen Mittelmeerraum nicht enttäuscht, insbesondere hinsichtlich der geografischen Verteilung der europäischen Finanzhilfe und ihrer Vergabebedingungen;
-
Investitions- und Partnerschaftsfazilität Europa-Mittelmeer (FEMIP)
- 31. begrüßt die seit der Schaffung der Investitions- und Partnerschaftsfazilität Europa-Mittelmeer erzielten guten Ergebnisse und ist der Auffassung, dass der Ausbau dieses Instruments wesentlich für den Erfolg des Barcelona-Prozesses ist, und wünscht sich seine Umwandlung in eine echte Investitions- und Entwicklungsbank Europa-Mittelmeer;
- 32. stellt fest, dass sich die Aktivitäten des MEDA-Programms und der Investitions- und Partnerschaftsfazilität Europa-Mittelmeer weitgehend ergänzen; fordert die Kommission und die EIB auf, ein Verfahren der verstärkten Zusammenarbeit und Koordinierung einzuführen, mit dem die Tätigkeit der Gemeinschaft im strategischen Bereich sowie bei der Verwaltung der konkreten Vorhaben effizienter gestaltet werden kann;
- 33. vertritt in der Erwartung einer Einigung zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die Ansicht, dass das Vorhaben der Schaffung einer Europa-Mittelmeer-Investitions- und Entwicklungsbank bereits auf den Weg gebracht werden kann, wobei in einer ersten Stufe die betreffenden Länder sowohl auf der europäischen als auch auf der Südseite des Mittelmeers einbezogen würden;
Ausländische Direktinvestitionen
- 34. stellt fest, dass die mangelnde finanzielle Attraktivität ausländische Direktinvestitionen in den Ländern im südlichen und östlichen Mittelmeerraum stark einschränkt, was sich negativ auf das Wirtschaftswachstum in dieser Region auswirkt;
- 35. erinnert daran, dass die induzierten Auswirkungen der Investitionen15 sehr wichtig sind, was Subunternehmertum, Weitergabe von Knowhow, den zu deckenden Ausbildungsbedarf in einer insgesamt unterindustrialisierten Region und die Schaffung von Arbeitsplätzen anbelangt;
- 36. hält es für notwendig, dass diese Länder eine Handelspolitik betreiben, mit der die Nutzung inländischer privater Investitionen gefördert werden kann, insbesondere durch Modernisierung des Finanz- und Bankensystems und durch Erleichterung des Zugangs zu Krediten für die breite Bevölkerung;
- 37. betont, dass der Dialog zwischen den Unternehmen auf beiden Seiten des Mittelmeers wichtig ist für die Erhöhung des Handels und der Investitionen;
Ursprungsregeln und Ursprungskumulierung
- 38. begrüßt die Ausdehnung des paneuropäischen Systems der Ursprungskumulierung auf alle Länder im südlichen und östlichen Mittelmeerraum und ist der Auffassung, dass das System diesen Ländern Zugang zu einem riesigen Wirtschaftsraum, der nicht nur die Europa-Mittelmeer-Region, sondern auch die EFTA-Staaten und mittel- und osteuropäische Länder umfasst, bieten kann; fordert die volle Berücksichtigung der Forderung der Palästinensischen Behörde, dass die in den besetzten Gebieten erzeugten Produkten gemäß den Ursprungsregeln identifiziert werden können;
- 39. fordert die Länder im südlichen und östlichen Mittelmeerraum daher auf, umgehend die Paneuropa-Mittelmeer-Protokolle über die Ursprungsregeln im Rahmen der betreffenden Abkommen mit der Europäischen Union und den übrigen Pan-Euro-Mittelmeer-Partnern anzunehmen, damit die Paneuropa-Mittelmeer-Ursprungskumulierung durch ihre Anwendung auf die gesamte Zone ihre volle Wirksamkeit entfalten kann;
- 40. fordert die Länder im südlichen und östlichen Mittelmeerraum auf, rasch Ausbildungs-, Informations- und Aufklärungsprogramme über die Ursprungsregeln einzuführen und mit Hilfe der Kommission eine angemessene Ausbildung der Wirtschaftsteilnehmer und der Zollbediensteten zu gewährleisten;
- 41. fordert die Kommission auf, nach den in ihrer Mitteilung "Die Ursprungsregeln im Rahmen der Präferenzhandelsregelungen - Künftige Ausrichtungen" (KOM (2005) 0100) vorgesehenen Kriterien und unter Berücksichtigung der beiden im Auftrag der GD Handel und der GD Entwicklung seit der Veröffentlichung des Grünbuchs von 2005 durchgeführten Studien eine Reform (Vereinfachung und Lockerung) der Ursprungsregeln sowie die Frage eingehend zu prüfen, ob eine effizientere Kontrolle ihrer Anwendung notwendig ist, um einen Missbrauch der Präferenzen zu verhindern; wünscht vor allem, dass die neue Regelung gewährleistet, dass die Ursprungsregeln beachtet und die gegenüber der Zone Europa-Mittelmeer eingegangenen Verpflichtungen eingehalten werden;
Landwirtschaft
- 42. betont, dass die Öffnung der Agrarmärkte gemeinsam festgelegt werden, schrittweise und asymmetrisch durchgeführt werden und eine Auswahl von möglichen Ausnahmeregelungen und Zeitplänen umfassen muss, wobei den der Europäischen Union und den Ländern im südlichen und östlichen Mittelmeerraum gemeinsamen Perspektiven des Agrarsektors sowie den Unterschieden und jeweiligen Besonderheiten dieses Sektors in den einzelnen Ländern Rechnung zu tragen ist; betont die wirtschaftliche und soziale Bedeutung dieses Sektors für die Länder im südlichen und östlichen Mittelmeerraum sowie die Notwendigkeit, eine Verarmung der Landbevölkerung zu verhindern, welche zur Landflucht und Konzentration der Bevölkerung in bereits überbevölkerten städtischen Ballungszentren, insbesondere Küstenstädten, führt;
- 43. fordert die Kommission und die Regierungen der Länder im südlichen und östlichen Mittelmeerraum auf, allen Initiativen zur Modernisierung des Primärsektors im Mittelmeerraum und zu seiner nachhaltigen Entwicklung Priorität einzuräumen, um eine Verbesserung der Lebensbedingungen und die Schaffung neuer landwirtschaftlicher und außerlandwirtschaftlicher Arbeitsplätze im ländlichen Raum zu ermöglichen;
- 44. fordert die Einführung eines integrierten Systems der technischen Hilfe und der Ausbildung von Humanressourcen; betont, dass die agrarpolitischen Maßnahmen der Europäischen Union in der Region zur Festlegung einer durchführbaren Wasserpolitik, zum Schutz der Umwelt und der biologischen Vielfalt, zur Erhaltung der Böden und ihrer Fruchtbarkeit, zur Sicherung der Ernährungssouveränität und zur Valorisierung der typischen regionalen Erzeugnisse beitragen müssen; bekräftigt seine Unterstützung für die von den Ländern im südlichen und östlichen Mittelmeerraum betriebene Politik zur Diversifizierung ihrer landwirtschaftlichen Erzeugung;
- 45. ist der Ansicht, dass die Förderung einer an die örtlichen Bedingungen angepassten vorwiegend kleinbäuerlichen Landwirtschaft, die eine Verbesserung der Umwelt und damit der wirtschaftlichen und gesundheitlichen Lage der Landbevölkerung zur Folge hat, durch eine einfache Liberalisierung des Marktzugangs für landwirtschaftliche Erzeugnisse nicht erreicht werden kann,
- 46. ist daher der Ansicht, dass jede Öffnung der Märkte zwischen der Europäischen Union und den südlichen und östlichen Mittelmeerländern schrittweise, qualitätsorientiert und maßvoll erfolgen muss, wobei den Strukturen der landwirtschaftlichen Betriebe und den auf beiden Seiten des Mittelmeers durchgeführten Agrarpolitiken und Reformen Rechnung getragen werden muss; betont außerdem, dass die Verhandlungen über den Zugang zu den Märkten auf keinen Fall global, sondern von Fall zu Fall, Produkt für Produkt, zu führen sind und dass dabei die Notwendigkeit des Schutzes empfindlicher Waren berücksichtigt werden muss, die von einer vollständigen Liberalisierung ausgenommen bleiben sollten, um nicht wieder gutzumachende Schäden für die lokalen Erzeuger zu vermeiden;
- 47. erinnert daran, dass viele Mittelmeerländer den Wunsch geäußert haben, ihre Handelspräferenzen gegenüber dem Gemeinschaftsmarkt zu behalten; ist der Auffassung, dass die Beibehaltung dieses präferenziellen und asymmetrischen Systems mit einer allgemeinen Liberalisierung des Agrarsektors unvereinbar ist; betont außerdem, dass alle Mittelmeerländer ein gegenseitiges Interesse daran haben, bestimmte Instrumente zur Steuerung des Angebots auf ihren jeweiligen Märkten beizubehalten;
- 48. fordert alle Berufsverbände im Agrarsektor Europa-Mittelmeer auf, die Zusammenarbeit in einander ergänzenden Sektoren zu fördern, durch Förderung der wechselseitigen Ergänzung der Erzeugnisse, sowohl zwischen den nördlichen und südlichen sowie östlichen Mittelmeeranrainern als auch zwischen den südlichen und östlichen Mittelmeerländern untereinander; hebt als Beispiele den Weinbausektor sowie den Obst- und Gemüsesektor hervor, deren Erzeugnisse auf beiden Seiten des Mittelmeers zu einem umfassenderen und attraktiveren Angebot für die Verbraucher beitragen können;
- 49. betont in dieser Hinsicht das Interesse, zusammen eine gemeinsame Kennzeichnungspolitik Europa-Mittelmeer auf der Grundlage der kontrollierten Ursprungsbezeichnungen zu entwickeln, die entsprechend vereinbar ist mit den geltenden Rechtsvorschriften der Europäischen Union auf der Grundlage der kontrollierten Ursprungsbezeichnungen und der Öko-Zertifizierung, und die Rückverfolgbarkeit und die Transparenz der Produktionsverfahren zu gewährleisten;
- 50. ist davon überzeugt, dass in den südlichen und östlichen Mittelmeerländern die Liberalisierung der Märkte in erster Linie den mechanisierten Großbetrieben zugute kommen würde, die bereits das System der Ausgleichskassen in vollem Umfang nutzen; fordert die institutionellen Akteure der Partnerschaft Europa-Mittelmeer auf, für kleine Produktionsbetriebe den Zugang zu Darlehen zu verbessern und ein System zur Gewichtung der Finanzhilfen zugunsten der Inhaber landwirtschaftlicher Kleinbetriebe einzuführen, die die überwältigende Mehrheit der landwirtschaftlichen Bevölkerung in diesen Ländern ausmachen und die am meisten unter dem Wettbewerb mit der Europäischen Union zu leiden haben werden, und langfristig die alte Regelung über Ausgleichszahlungen und Beihilfen durch eine neue Regelung zur Förderung der nachhaltigen Landwirtschaft und von Investitionen in kleine, Nahrungsmittel verarbeitende Industriebetriebe zu ersetzen, um die Wettbewerbsfähigkeit der ländlichen Wirtschaft durch Diversifizierung, örtliche Vermarktung und Erzeugung besonderer Qualitätsprodukte zu verbessern;
- 51. fordert, eingehende Überlegungen über die Einführung einer wirklich integrierten Agrarpolitik zwischen den zwei Seiten des Mittelmeers - wobei der Verbesserung der Nahrungsmittelsicherheit in den Ländern im südlichen und östlichen Mittelmeerraum Vorrang gegenüber Handelsbelangen einzuräumen ist - sowie die Koordinierung des Fischereimanagements und der Wasserbewirtschaftung anzustellen;
Normen und technische Vorschriften, geistiges Eigentum sowie Wettbewerb
- 52. ist der Auffassung, dass ein harmonisierter ordnungspolitischer Rahmen zwischen der Europäischen Union und den Ländern im südlichen und östlichen Mittelmeerraum die Handelsbeziehungen dank einer geregelten Grundlage stärken und ausbauen und insbesondere die Transparenz und ein faireres Wettbewerbsumfeld fördern würde; ist ferner der Auffassung, dass eine Harmonisierung oder zumindest eine gegenseitige Abstimmung der Normen auch den Süd-Süd-Handel ankurbeln würde;
- 53. hebt es als wichtig hervor, den KMU, denen es schwer fällt, die Kosten der Harmonisierung von in den Assoziierungsabkommen enthaltenen Normen zu internalisieren, in geeigneter Weise wirtschaftliche Anreize und technische Unterstützung zu bieten;
- 54. fordert die Länder des südlichen und östlichen Mittelmeerraums auf, Rechtsvorschriften über geistiges Eigentum zu schaffen und anzuwenden, die den internationalen Maßstäben genügen, Innovation und Kreativität begünstigen und flexibel genug sind, um den Bedürfnissen und Besonderheiten der genannten Länder Rechnung zu tragen; fordert die Kommission auf, im Fall der Rechtsvorschriften über geistiges Eigentum nicht von den Ländern des südlichen und östlichen Mittelmeerraums zu verlangen, dass sie über die in den gegenwärtigen TRIPs vorgesehenen Verpflichtungen hinausgehen;
Dienstleistungen
- 55. ist der Auffassung, dass jedwede Liberalisierung der Dienstleistungen im Rahmen der Errichtung der Freihandelszone nur in Abstimmung mit den Ländern im südlichen und östlichen Mittelmeerraum erfolgen darf und dass diesen Ländern das Recht eingeräumt werden muss, die Öffnung ihre sensiblen und anfälligen Wirtschaftssektoren schrittweise und eigenverantwortlich vorzunehmen;
- 56. betrachtet den Dienstleistungssektor als wesentlich für den Erfolg der Europa-Mittelmeer-Freihandelszone; weist darauf hin, dass der Dienstleistungssektor für die Volkswirtschaften der Länder des südlichen und östlichen Mittelmeerraums entscheidende Bedeutung hat und rund 50% des BIP von Ägypten, Marokko und Syrien, 60% des BIP von Tunesien und über 70% des BIP von Jordanien und des Libanon ausmacht;
- 57. weist gleichzeitig darauf hin, dass die schrittweise Liberalisierung der Dienstleistungen, d. h. eines Sektors, der auch für die Volkswirtschaften der Länder des südlichen und östlichen Mittelmeerraums von besonderer Bedeutung ist, von Nutzen für deren wirtschaftliche Entwicklung sein wird, indem sie zur Verbesserung der Infrastrukturen, zum Transfer von Technologie und Knowhow sowie zur Verbesserung der Qualität der erbrachten Dienstleistungen im Interesse ihrer Bürger beitragen wird; ist deshalb der Auffassung, dass die Verhandlungen über den Dienstleistungssektor parallel zu denen über den Warenverkehr erfolgen müssen;
- 58. begrüßt die offizielle Einleitung der Verhandlungen über eine Liberalisierung des Handels in den Bereichen Dienstleistungen und Investitionen während der 5. Euromed-Handelsministerkonferenz der Europäischen Union mit bestimmten Ländern im südlichen und östlichen Mittelmeerraum im März 2006;
- 59. fordert die Kommission auf, die in Marrakesch eingeleiteten Verhandlungen fortzuführen und sie im Bereich der Dienstleistungen mit einigen Ländern des südlichen und östlichen Mittelmeerraums zum Abschluss zu bringen, und zwar unter Einbeziehung aller Modi und Sektoren und gemäß dem von ihnen im Rahmen des GATS-Übereinkommens der WTO eingegangenen Verpflichtungen, und auf positive Angebote mit der Erwägung gemeinschaftlicher Bestimmungen über verbesserte Möglichkeiten zur Freizügigkeit der Angehörigen der Dienstleistungsberufe zu reagieren (Modus 4 des GATS-Übereinkommens);
- 60. ist der Auffassung, dass ein Unterschied zwischen den gewerblichen und den öffentlichen Diensten gemacht werden muss; betont, dass die öffentlichen Dienste nicht Gegenstand der Verhandlungen sein dürfen, insbesondere jene Dienste, die den Grundbedarf der Bevölkerung decken, grundlegende öffentliche Aufgaben wie Gesundheitswesen, Bildung, Trinkwasser- und Energieversorgung erfüllen sowie die kulturelle Identität prägen, wie etwa die audiovisuellen Dienste;
Verkehr
- 61. ist der Auffassung, dass der Aufbau eines auf modernen Infrastrukturen basierenden Verkehrsnetzes Europa-Mittelmeer sowie eine Strategie für eine bessere Zusammenarbeit, Koordinierung und Entwicklung grundlegende Voraussetzungen für den Erfolg der Freihandelszone sind; ist ferner der Auffassung, dass die Interoperabilität der transeuropäischen Verkehrsnetze mit den Ländern im südlichen und östlichen Mittelmeerraum unbedingt verbessert werden muss und dass diese Länder an der Auswahl und Umsetzung der künftigen vorrangigen Vorhaben teilhaben können müssen; fordert in diesem Zusammenhang, eine umgehende Verbesserung der Seeverkehrslinien und eine Senkung der Kosten der Seefrachtdienste in Erwägung zu ziehen;
- 62. fordert die Kommission und die Länder im südlichen und östlichen Mittelmeerraum auf, genügend Finanzmittel für die Modernisierung von Infrastrukturen zur Verfügung zu stellen, wobei logistische Infrastrukturen besonders wichtig sind, und in Anbetracht der besonderen geografischen Lage dieses Raums, der für den Warenverkehr im natürlichen Übergangsbereich zwischen Europa und Asien (besonders China und Indien) liegt, die Reformen vorzunehmen, die nötig sind, damit der genannte Sektor wettbewerbsfähiger und dynamischer wird;
- 63. fordert die Länder im südlichen und östlichen Mittelmeerraum auf, in Zusammenarbeit mit der Kommission den Straßengüterverkehrs- und den Hafensektor effizienter zu machen, damit die überaus hohen Kosten für Logistik und Beförderung sinken, die die Ausfuhr der Industrie- und Agrarprodukte dieses Raums weniger wettbewerbsfähig machen; verlangt, zusätzlich Überlegungen über den Luftverkehr, besonders die Luftfrachtdienste, anzustellen;
- 64. sieht mit Interesse der für die nächste Zeit bevorstehenden Verabschiedung einer Mitteilung an den Rat über die Ausdehnung der großen transeuropäischen Verkehrsachsen in Richtung der Mittelmeerstaaten entgegen, in Anbetracht der Notwendigkeit, auf eine Neuaustarierung der Verkehrsströme zugunsten dieses Raums hinzuarbeiten;
Energie
- 65. stellt fest, dass die Abhängigkeit der meisten am Prozess von Barcelona beteiligten Länder von ausländischen Quellen in Sachen Energie, namentlich bei Erdöl und Gas, ständig zunimmt und die Zunahme der diesbezüglichen Nachfrage zusätzlichen Druck auf die derzeitigen Versorgungswege ausüben wird; in diesem Zusammenhang wird es wichtig sein, eine wirksame Zusammenarbeit zwischen den Mittelmeerländern im Energieversorgungssektor zu aufzubauen;
- 66. fordert, dass dem Aufbau eines echten Energiemarktes Europa-Mittelmeer ein zentraler Platz eingeräumt wird; ist angesichts des vor kurzem erfolgten Anstiegs der Erdöl- und Gaspreise der Auffassung, dass die Europäische Union und die Länder im südlichen und östlichen Mittelmeerraum ohne eigene Energieressourcen dem Dialog mit den Energieerzeugerländern in Absprache untereinander und unter möglichst weitgehender Vermeidung von bilateralen Abkommen, die für die Europäische Union und die Länder des südlichen und östlichen Mittelmeerraums von Nachteil sind, unbedingt einen neuen Elan geben müssen; begrüßt die von der Kommission anlässlich des Forums über die Energie-Außenpolitik vom 20./21. November 2006 geäußerte Absicht, Nordafrika und dem Nahen Osten in ihrer Energie-Außenpolitik einen besonderen Platz zuzuweisen, und wünscht, dass auf diese Absichtserklärung konkrete Maßnahmen folgen;
- 67. begrüßt die praktische Umsetzung der unter der Bezeichnung "Rome Euro-Mediterranean Energy Platform" (REMEP) bekannte energiepolitische Zusammenarbeit im Mittelmeerraum; betrachtet diese Plattform als geeigneten Schwerpunkt für die Stärkung der Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und den Ländern im südlichen und östlichen Mittelmeerraum bei der Durchführung wichtiger regionaler Initiativen und in Bezug auf weitere mögliche Aktionen von gemeinsamem Interesse;
- 68. begrüßt die Einleitung wichtiger subregionaler Projekte wie der stufenweisen Integration des Elektrizitätsmarkts der Maghreb-Staaten mit dem der Europäischen Union, der Integration der Erdgasmärkte im Maschrik-Raum und des Baus der Erdgasfernleitung Medgaz und der arabischen Erdgasfernleitung;
- 69. fordert die Kommission, die EU-Mitgliedstaaten und die Länder im südlichen und östlichen Mittelmeerraum auf, neue Formen der bilateralen und multilateralen Zusammenarbeit auf dem Energiesektor zu sondieren, besonders bei der Durchführung von Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz; fordert die Länder im südlichen und östlichen Mittelmeerraum auf, Maßnahmen durchzuführen, die den Ausbau der erneuerbaren Energieträger und den Schutz der Umwelt fördern (Raffinagetätigkeiten und Risiken der Beförderung von Mineralölen im Mittelmeer);
- 70. hält es für unabdingbar, dass die Europäische Union und die Länder im südlichen und östlichen Mittelmeerraum ohne Energieressourcen einen strategischen Dialog über die Möglichkeiten der Förderung der Erzeugung erneuerbarer Energien in großem Maßstab führen und dass den Ländern im südlichen und östlichen Mittelmeerraum das Recht eingeräumt wird, an Gemeinschaftsprogrammen für Forschung und Entwicklung im Bereich der erneuerbaren Energien teilzunehmen;
- 71. betont den wichtigen Stellenwert der Biokraftstoffe erster Generation als alternativer Energiequelle sowie ihre gestiegene kommerzielle Wettbewerbsfähigkeit auf den Energiemärkten;
Umwelt und nachhaltige Entwicklung
- 72. begrüßt die auf dem Gipfeltreffen von Barcelona im Jahr 2005 ins Leben gerufene Initiative "Horizont 2020" zur Verringerung der Umweltverschmutzung im Mittelmeerraum, wobei die Hauptursachen der Verschmutzung bis zum Jahr 2020 zu eruieren und zu bekämpfen sind; betont, dass diese Initiative die 1995 verabschiedete Mittelmeer-Strategie für nachhaltige Entwicklung wiederbeleben und ergänzen könnte;
- 73. fordert die Kommission und die Länder im südlichen und östlichen Mittelmeerraum auf, sich auf die Unterbindung der Verschmutzung des Mittelmeers als umweltpolitisches Hauptziel zu konzentrieren (besonders Eindämmung der Industrieemissionen und des Abfallaufkommens in den Städten), indem sie eine bessere Form der politischen und finanziellen Zusammenarbeit schaffen, an der die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften und die Vertreter der Bürgergesellschaft und des privaten Sektors besser beteiligt sind; fordert im Übrigen die Kommission auf, regelmäßig Bewertungen der Fortschritte auf diesem Gebiet vorzunehmen;
- 74. fordert die Kommission auf, sich auf die vollständige Umsetzung des Protokolls von Barcelona über den Schutz des Mittelmeers gegen Verschmutzung vom Lande aus in allen Mittelmeerländern zu fokussieren, wobei insbesondere die Mittel für das technische Hilfsprogramm für die Mittelmeerländer (METAP) erhöht werden sollten;
- 75. ist der Auffassung, dass diese Initiative in möglichst großem Umfang publik gemacht zu werden verdient und vom Europäischen Parlament voll und ganz unterstützt werden sollte, wegen ihrer wesentlichen Auswirkungen nicht nur auf die nachhaltige Entwicklung dieses Raums (Tourismus, Fischerei, Landwirtschaft, Wasserversorgung), sondern auch auf die Lebensqualität in den Küstenregionen;
Industrie
- 76. stellt besorgt fest, dass die Industrie der Länder im südlichen und östlichen Mittelmeerraum auf Low-Tech-Produkte mit geringem Mehrwert ausgerichtet ist, was sie gegenüber der auswärtigen Konkurrenz schwächt; ist der Auffassung, dass die Steigerung der industriellen Wettbewerbsfähigkeit dieser Länder eine notwendige Voraussetzung für den Erfolg der Freihandelszone ist, und fordert die betreffenden Länder auf, direkte Maßnahmen zu ergreifen, um die Unternehmen bei der Verbesserung ihrer Wettbewerbsfähigkeit gegenüber europäischen und asiatischen Erzeugern zu unterstützen;
- 77. fordert, dass der Zeitplan der Liberalisierung des Industriesektors der Entwicklung der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse (insbesondere der Arbeitslosigkeit) im jeweils betroffenen Land im südlichen und östlichen Mittelmeerraum sowie den diesbezüglichen Umweltauswirkungen angepasst wird;
- 78. fordert die Länder im südlichen und östlichen Mittelmeerraum auf, regionale industriepolitische Maßnahmen zu treffen, durch die mehr größenbedingte Kosteneinsparungen möglich werden, ebenso eine bessere entwicklungspolitische Strategie, in der die Rolle der Kleinstunternehmen und der KMU in diesem Raum berücksichtigt wird; fordert die Kommission und die Länder im südlichen und östlichen Mittelmeerraum auf, Kleinstunternehmen und KMU durch Schaffung leistungsfähiger Finanzdienste und durch Gewährung technischadministrativer Hilfe zu fördern, durch die sie ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern können;
- 79. fordert die Kommission und die Länder im südlichen und östlichen Mittelmeerraum auf, mit gemeinsamen Maßnahmen auf a) die Vereinfachung von Verwaltungsverfahren, b) die Erhöhung der Repräsentativität von Berufs-, Arbeitgeber- und Arbeitnehmervereinigungen, c) Zugang zu Wirtschaftsinformationen, d) technische Unterstützung und Dienstleistungen für Unternehmen und e) ständige Weiterbildung hinzuarbeiten;
Textilsektor
- 80. ist nach wie vor besorgt angesichts der Auswirkungen des Endes des Übereinkommens über Textilwaren und Bekleidung am 1. Januar 2005 und der Beseitigung der Einfuhrkontingentierung auf die Wettbewerbsfähigkeit des Textil- und Bekleidungssektors in den Ländern im südlichen und östlichen Mittelmeerraum und in der Europäischen Union; weist darauf hin, dass dieser Sektor von wesentlicher Bedeutung für die Wirtschaft zahlreicher Länder im südlichen und östlichen Mittelmeerraum und bestimmter europäischer Länder ist; ist der Auffassung, dass mit Unterstützung der Kommission ein Programm zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des Sektors umgesetzt werden sollte;
- 81. ist der Auffassung, dass die erheblichen Schwierigkeiten des Textilsektors unabwendbare nachteilige Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft der EU-Mitgliedstaaten und der Länder im südlichen und östlichen Mittelmeerraum und indirekt auf die Schaffung der Freihandelszone haben können; ist der Auffassung, dass bei der Festlegung der neuen handels- und investitionspolitischen Strategie der Europäischen Union gegenüber China und allgemein in der europäischen Handelspolitik gegenüber Asien die möglichen Auswirkungen auf die Länder im südlichen und östlichen Mittelmeerraum und die EU-Mitgliedstaaten berücksichtigt werden sollten;
- 82. fordert die Kommission auf, in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten und dem privaten Sektor Adhoc-Hilfsprogramme einzuleiten, um die Wettbewerbsfähigkeit der Textilindustrie in den genannten Ländern zu verbessern und ihre traditionellen Beziehungen mit den Herstellern in der Gemeinschaft zu stärken;
- 83. ist der Auffassung, dass die gegenwärtigen Schwierigkeiten überwunden werden könnten durch eine Umorganisation dieses Sektors, bei der unter Ausnutzung der räumlichen Nähe zu den europäischen Märkten der Schwerpunkt auf eine Produktion mittlerer und hoher Qualität mit kürzeren Lieferzeiten (und Zeiträumen zur Wiederauffüllung der Lager) und mit wettbewerbsgerechten Preisen gelegt wird;
- 84. befürwortet die Bildung eines Produktionsraumes Europa-Mittelmeer, der die einzige Möglichkeit für den Süden, aber auch den Norden des Mittelmeerraums ist, im Wettbewerb mit wettbewerbsstarken Räumen zu bestehen und Industrieproduktion und Beschäftigung auf ihrem Stand zu halten; hält es für notwendig, EU-Finanzmittel gezielt dafür bereitzustellen, diesbezügliche Forschungs-, Innovations- oder Kooperationsprogramme zu flankieren;
- 85. befürwortet eine Europa-Mittelmeer-Partnerschaft, die die Zusammenarbeit und die Wettbewerbsfähigkeit dieses Sektors durch eine gezielte Politik der Unterstützung von Ausbildung, Forschung und Entwicklung, technologischer Innovation, Verbreitung bewährter Praxis und marktbezogenem Informationsaustausch begünstigt; empfiehlt die Schaffung eines Europa-Mittelmeer-Netzes von Schulen, Ausbildungseinrichtungen und technischen Facheinrichtungen auf dem Sektor Textil und Bekleidung zum Zweck der Förderung der technischen Partnerschaft, der Ausbildung und gemeinsamer Forschungsprogramme;
- 86. weist darauf hin, dass die Schwierigkeiten beim Zugang zu Finanzmitteln und die Unzulänglichkeit bestimmter Finanzierungsinstrumente noch immer erhebliche Hemmnisse für die KMU dieses Sektors sind; fordert die Kommission auf, Maßnahmen in Betracht zu ziehen, die geeignet sind, diesen Mängeln abzuhelfen, aber auch Maßnahmen, die Anreize dafür schaffen, einen Teil der Produktionskette in den Ländern der Euromed-Zone zu halten;
Wissenschaft und Technologie
- 87. ist besorgt angesichts des Rückstands der meisten Länder im südlichen und östlichen Mittelmeerraum im Bildungswesen und im Bereich der wissenschaftlichen Forschung; stellt trotz des merklichen Anstiegs der Einschulungsquote einen chronischen Mangel an Wechselwirkungen zwischen dem Arbeitsmarkt und dem schulischen Bildungssystem fest, was sich äußerst ungünstig auf die Produktivität, die Qualifizierung der Arbeitskräfte und ganz allgemein die Entwicklungsaussichten in der Region auswirkt;
- 88. fordert die Kommission und die Länder im südlichen und östlichen Mittelmeerraum auf, Initiativen zur Verbesserung des Bildungssystems insgesamt zu ergreifen, die Rolle junger Menschen stärker zu berücksichtigen und den Ausbau des Austauschs zwischen Hochschulen und die Eingliederung von Frauen in den Arbeitsmarkt mit gezielten didaktischen Maßnahmen zu fördern; betont, dass die stärkere Einbeziehung von Frauen in den Arbeitsmarkt ein Schlüsselfaktor der Wirtschaftsentwicklung ist; begrüßt die Initiativen der Anna-Lindh-Stiftung zugunsten des Dialogs zwischen den Kulturen, die sich auf Euromed-Schulen, Euromed-Jungforschergruppen, Sommeruniversitäten und Austauschprogramme beziehen und durch die sich der Dialog in Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedern der Partnerschaft Europa-Mittelmeer vertiefen lässt;
- 89. fordert die Länder im südlichen und östlichen Mittelmeerraum auf, einem Entwicklungsmodell, das sich auf die wissensbasierte Wirtschaft stützt, noch mehr Vorrang zu geben und den Prozentanteil am BIP, der für wissenschaftliche Forschung aufgewendet wird, wesentlich zu erhöhen; fordert die Kommission auf, hier finanzielle und technische Unterstützung zu leisten;
- 90. fordert die Kommission auf, den Hochschulenverbund Euromesco zu unterstützen, die Institutionalisierung von Partnerschaften zwischen Hochschulen, Forschungseinrichtungen, Labors und Spezialeinrichtungen für Postgraduierte zu fördern und die Mobilität der Forscher, Lehrkräfte und Doktoranden dieser Einrichtungen und die Intensivierung von gemeinsamen Forschungsprogrammen zu begünstigen;
- 91. fordert die Kommission auf, die bestehenden Finanzierungs- und Planungsmechanismen zu bewerten im Hinblick auf die Förderung von gemeinsamen Vorhaben der Europäischen Union und der Länder im südlichen und östlichen Mittelmeerraum und darauf, dass die genannten Länder sich stärker an den gemeinschaftlichen Forschungsrahmenprogrammen beteiligen können;
- 92. hebt die Bedeutung der beruflichen Bildung als Schlüsselfaktor für die Entwicklung von Unternehmen hervor und ist der Auffassung, dass diese Bedeutung ihren Niederschlag in der Durchführung von Programmen finden muss, die den von den Unternehmen aufgezeigten Problemen und Bedürfnissen angepasst sind;
Handel und Entwicklung
- 93. fordert die Europäische Gemeinschaft nachdrücklich auf, ihre Handelspolitik in Einklang mit den Zielen ihrer Entwicklungspolitik und der Armutsbekämpfung zu bringen, so dass die Erstere die Letztere ergänzt statt zu hintertreiben; weist darauf hin, dass 30% der Bevölkerung der Länder im südlichen und östlichen Mittelmeerraum mit weniger als 2 USD pro Tag auskommen müssen; fordert die Europäische Union auf, einen Aktionsplan zur Bekämpfung der absoluten und relativen Armut im Mittelmeerraum zu verabschieden (eine Mittelmeerversion der Milleniumsziele) und parallel zu Armutsbekämpfungsprogrammen eine Entwicklung durch den Handel zu bewirken (eine Mittelmeerversion von "aid for trade");
- 94. betont, dass der Kleinkredit, besonders für Inhaber kleiner Agrarbetriebe, ein wesentliches Instrument für die Bekämpfung der Armut und die nachhaltige soziale und wirtschaftliche Entwicklung anhand der Millenniumsziele ist und dass er zudem ein wichtiges Mittel ist, Emanzipation, besonders von Frauen, zu fördern; ist der Auffassung, dass diese neuen mikroökonomischen Aspekte im Zusammenhang mit der Freihandelszone und allgemein in der Europäischen Nachbarschaftspolitik und im Barcelona-Prozess zur Geltung kommen sollten; fordert den Rat und die Kommission auf, Initiativen zur Förderung des Mikrofinanzwesens in den Ländern im südlichen und östlichen Mittelmeerraum stärker zu unterstützen, die bisherigen Programme wesentlich zu verstärken und neue Systeme, die möglichst vielen Menschen leichteren Zugang zu Krediten verschaffen, auszubauen und zu begünstigen;
- 95. betont die Bedeutung grundlegender Arbeitsnormen und annehmbare Arbeitsbedingungen für die Entwicklung der Freihandelszone; weist darauf hin, dass Handel, der der Entwicklung und der Verringerung der Armut dient, auch Handel ist, der zu sozialem Fortschritt und zu annehmbaren Arbeitsbedingungen beiträgt, dass die den Handel bestimmenden Regeln nicht auf Kosten der sozialen Normen und der ILO-Rahmenübereinkommen gehen darf und dass die Bekämpfung der Ausbeutung am Arbeitsplatz in allen Formen und die Achtung der gewerkschaftlichen Freiheiten wesentliche Elemente der Gestaltung eines fairen Handels im Interesse aller sind; fordert die Kommission auf, in enger Zusammenarbeit mit der Internationalen Arbeitsorganisation auf dieses Ziel hinzuarbeiten, vor allem mit Blick auf die Durchführung der Aktionspläne im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik;
- 96. fordert die Kommission auf, nichthandelsbezogene Aspekte in den künftigen Verhandlungen zu berücksichtigen, so dass die Steigerung des Handels nicht auf Kosten der Arbeitsbedingungen der örtlichen Bevölkerung erfolgt; ist der Auffassung, dass mit der Errichtung der Freihandelszone auch eine besonders an die Länder im südlichen und östlichen Mittelmeerraum angepasste Strategie verfolgt werden sollte, annehmbare Arbeitsplätze zu schaffen; fordert die Europäische Union auf, der Umsetzung dieses Ziels die notwendige Unterstützung zukommen zu lassen;
- 97. sieht es als notwendig an, die bei multinationalen Unternehmen ausgehandelten Verhaltenskodizes zu fördern, wobei Ziele in Bezug auf annehmbare Arbeitsbedingungen darin aufzunehmen sind; empfiehlt den Unternehmen, die ihren Sitz in Europa und Tochterunternehmen in den Ländern im südlichen und östlichen Mittelmeerraum haben, die Einhaltung der genannten Verhaltenskodizes durch die Tochterunternehmen regelmäßig zu bewerten; verlangt, dass jedes neu angeschlossene Unternehmen die Verhaltenskodizes übernimmt und die entsprechenden Informationen allgemein bekannt gibt;
Abschließende Erwägungen
- 98. verweist auf den auf dem Gipfeltreffen von Barcelona 2005 gefassten Beschluss, einen Raum der Zusammenarbeit in den Bereichen Migration, soziale Integration, Justiz und Sicherheit zu schaffen; betrachtet diesen Raum als unverzichtbares Begleitelement der Schaffung einer echten Europa-Mittelmeer-Freihandelszone;
- 99. ist der Auffassung - obwohl die erforderlichen Bedingungen zurzeit noch nicht erfüllt sind - dass die Freihandelszone dadurch entwickelt werden sollte, dass den Arbeitnehmern schrittweise und unter bestimmten Bedingungen Freizügigkeit gewährt wird, wobei die Lage des europäischen Arbeitsmarkts sowie die gegenwärtigen Überlegungen der internationalen Gemeinschaft über den Zusammenhang zwischen Migration und Entwicklung zu berücksichtigen sind; hebt die Senkung der Kosten für die Überweisungen der Ersparnisse durch die Migranten als unbedingt notwendig hervor, damit diese Gelder der Wirtschaft vor Ort den größtmöglichen Nutzen bringen; ist der Auffassung, dass dringend der rechtliche und administrative Rahmen für Visumserleichterungen geschaffen werden muss, insbesondere für die Akteure der Partnerschaft Europa-Mittelmeer, Studenten, wissenschaftliches Hochschulpersonal sowie sozioökonomische Akteure;
- 100. ist nach wie vor besorgt angesichts des Fehlens einer klaren Definition der Mittelmeerpolitik der Europäischen Union sowie einer langfristig angelegten strategischen Vision der Entwicklung und Stabilisierung dieser Region; betont, dass der Integrationsprozess Europa-Mittelmeer wieder eine Priorität der politischen Agenda der Europäischen Union werden muss;
- 101. bedauert, dass das Wirtschaftssystem und die Infrastrukturen im Libanon während des neuen Konflikts mit Israel systematisch zerstört worden sind, was die Entwicklung dieses Landes und die Verwirklichung der Freihandelszone verzögert; nimmt die Ergebnisse der Wiederaufbaukonferenz für den Libanon vom 25. Januar 2007 zur Kenntnis und unterstützt die Bemühungen darum, die internationale Hilfe für dieses Land langfristig zu organisieren; fordert die Europäische Union auf" im laufenden Friedensprozess weiterhin angemessene Finanzhilfen zu leisten, um den Bürgern des Libanon dabei zu helfen, sich den Herausforderungen des wirtschaftlichen und sozialen Wiederaufbaus ihres Landes im Anschluss an den Konflikt vom Juli 2006 zu stellen; ist zutiefst beunruhigt über die Lage in den palästinensischen Gebieten und fordert deshalb den Rat und die Kommission auf, in Zusammenarbeit mit der internationalen Gemeinschaft die für die palästinensische Bevölkerung lebenswichtige humanitäre Hilfe zu leisten, nimmt zur Kenntnis, dass Israel einen Teil der einbehaltenen palästinensischen Steuer- und Zolleinnahmen herausgegeben hat, und fordert die israelische Regierung auf, unverzüglich den Transfer der restlichen eingefrorenen Mittel vorzunehmen; fordert die Kommission nachdrücklich auf, auf der Einhaltung der Klauseln im Zusammenhang mit dem Barcelona-Prozess zu beharren, insbesondere der Menschenrechtsklausel, die Bestandteil der Assoziierungsabkommen und der verschiedenen Aktionspläne ist, so dass schließlich ein echter Raum der Freiheit und Sicherheit in der Region geschaffen werden kann;
- 102. vertritt die Auffassung, dass das Ziel der Außenpolitik der Europäischen Union im Mittelmeerraum, namentlich unter Hinweis auf die jüngsten Maßnahmen der europäischen Nachbarschaftspolitik und auch angesichts der neuen Präsenz Chinas in Afrika, darin besteht, die politischen, demokratischen und sozioökonomischen Reformen in den Partnerländern zu unterstützen und zu fördern, um zusammen einen Raum des gemeinsamen Wohlstands zu schaffen;
- 103. hebt die Rolle hervor, die die Parlamentarische Versammlung der Europa-Mittelmeer-Partnerschaft für diese Partnerschaft als demokratische Instanz gespielt hat, in der Abgeordnete von beiden Seiten des Mittelmeers auf der Grundlage der drei Säulen des Barcelona-Prozesses zusammenkommen; ruft zu einer Stärkung der wirtschaftspolitischen Zusammenarbeit zwischen der Parlamentarischen Versammlung, der Kommission und dem Rat der Europäischen Union auf;
- 104. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission, den Staats- und Regierungschefs und den Parlamenten der Mitgliedstaaten und der Länder im südlichen und östlichen Mittelmeerraum sowie der Parlamentarischen Versammlung der Europa-Mittelmeer-Partnerschaft zu übermitteln.
- 1 Angenommene Texte, P6_TA(2005)0412.
- 2 ABl. L 310 vom 9.11.2006, S. 1.
- 3 ABl. L 97 vom 30.3.1998, S. 2.
- 4 ABl. L 147 vom 21.6.2000, S. 3.
- 5 ABl. L 70 vom 18.3.2000, S. 2.
- 6 ABl. L 129 vom 15.5.2002, S. 3.
- 7 ABl. L 304 vom 30.9.2004, S. 39.
- 8 ABl. L 143 vom 30.5.2006, S. 2.
- 9 ABl. L 265 vom 10.10.2005, S. 2.
- 10 ABl. L 187 vom 16.7.1997, S. 3.
- 11 ABl. L 35 vom 13.2.1996, S. 1.
- 12 ABl. C 323 vom 4.12.1995, S. 5.
- 13 ABl. C 378 vom 29.12.2000, S. 71.
- 14 ABl. C 226 E vom 15.9.2005, S. 42.
- 15 Vor allem der so genannten Greenfield-Investitionen oder Investitionen "auf der grünen Wiese".