Der Bundesrat hat in seiner 886. Sitzung am 23. September 2011 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt die vom Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht am 16. Dezember 2010 verabschiedeten Neuregelungen zur Mindesteigenkapital- und Liquiditätsausstattung von Kreditinstituten (Basel III) und bewertet die Maßnahmen als einen wichtigen Beitrag zur Förderung der Sicherheit und Stabilität des Finanzsystems.
Der Bundesrat bekräftigt seine Unterstützung des mit der Vorlage weiterverfolgten, grundsätzlichen Anliegens, die Corporate Governance in Finanzinstituten zu stärken, wie bereits in seiner Stellungnahme zu dem Grünbuch der Kommission: Corporate Governance in Finanzinstituten und Vergütungspolitik, KOM (2010) 284 endg., BR-Drucksache 337/11(B) , sowie - bezogen auf die Realwirtschaft - in seiner Stellungnahme zum Grünbuch der Kommission: Europäischer Corporate Governance-Rahmen, KOM (2011) 164 endg., BR-Drucksache 189/11(B) , ausgeführt. Er teilt die Einschätzung der Kommission, dass systemische Schwächen wie das Fehlen wirksamer Kontrollmechanismen sowie Defizite bei der Corporate Governance einer Reihe von Instituten dazu beigetragen haben, dass im Bankensektor unvorsichtigerweise übermäßige Risiken eingegangen wurden, was zum Ausfall einzelner Institute und zu Systemproblemen in den Mitgliedstaaten und der ganzen Welt geführt hat. Gesetzgeberische Maßnahmen, die den genannten Defiziten und Schwächen begegnen, erscheinen geeignet, sowohl die soziale Verantwortung der betroffenen Institute als auch das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Binnenmarkt zu stärken.
- 2. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, in den weiteren Verhandlungen folgende Positionen bzw. Prüfbitten zu einzelnen Bestimmungen im Richtlinienvorschlag aufzugreifen:
Zu Artikel 68
- 3. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, sich für eine Änderung des Artikels 68 des Richtlinienvorschlags einzusetzen. Der generelle Veröffentlichungszwang von Verstößen und Sanktionen sollte durch eine Verhältnismäßigkeitsprüfung mit Entscheidungskompetenz der Aufsichtsbehörden ersetzt werden.
Nach Artikel 68 des Richtlinienvorschlags haben die nationalen Aufsichtsbehörden Verstöße gegen aufsichtsrechtliche Vorgaben und dazu ergangene Sanktionen umgehend zu veröffentlichen. Zur Veröffentlichung zählen auch Informationen zu Art und Charakter des Verstoßes sowie zu den verantwortlichen Personen. Einzige Ausnahme von der Veröffentlichung ist eine ernsthafte Gefährdung der Stabilität der Finanzmärkte.
Aus Sicht des Bundesrates ist diese Form der Veröffentlichung von Sanktionen nicht sachgerecht. Von der Ausnahme würden nur Institute profitieren, von denen eine Gefährdung der Stabilität der Finanzmärkte ausgeht - also vor allem große Institute. Gerade bei den Verbundinstituten würde diese Ausnahme nicht greifen, obwohl die Auswirkungen einer Veröffentlichung auf das Geschäft regional tätiger Institute genauso schädigend sein können wie die Auswirkungen bei einer Großbank. Entsprechend der Praxis im § 40b Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) sollte daher auch der unverhältnismäßige Schaden bei den Beteiligten als Ausnahme von der Veröffentlichung eine Rolle spielen.
Ob aber ein Schaden unverhältnismäßig ist, ist eine Frage des Einzelfalls und kann daher nicht vorab vom Gesetzgeber geregelt werden. Vor dem Hintergrund setzt sich der Bundesrat dafür ein, die Frage der Veröffentlichung generell ins Ermessen der Aufsichtsbehörden zu stellen. Dann kann diese Behörde zwischen dem Interesse an einer Veröffentlichung und den Folgen für die Betroffenen abwägen.
Zu Artikel 73
- 4. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung darauf hinzuwirken, dass die in Artikel 73 Absatz 1 aufgezählten Anforderungsmerkmale an solide Governance-Regelungen im Richtlinienvorschlag konkretisiert werden.
In Artikel 73 Absatz 1 regelt der Richtlinienvorschlag, dass alle Kreditinstitute solide Governance-Strukturen einrichten sollen. Als solide Governance-Struktur nennt der Absatz 1 beispielsweise eine klare Organisationsstruktur mit transparenten und kohärenten Zuständigkeiten oder solide Verwaltungs- und Rechnungslegungsverfahren. Diese Begriffe sind wenig konkret und daher auslegungsbedürftig. Die EBA wird in Artikel 73 Absatz 3 pauschal ermächtigt, diese Begriffe zu präzisieren.
Die fehlende Konkretisierung im Richtlinienvorschlag verschafft der EBA umfassende Gestaltungsbefugnisse und Eingriffsmöglichkeiten in innere Strukturen von Kreditinstituten. Es fehlt jeglicher Anhaltspunkt, wie die EU-Rechtsetzungsorgane diese Begriffe verstehen. Es ist notwendig, die Formulierungen in Artikel 73 Absatz 1 zu konkretisieren, um die weitgehende Gestaltungskompetenz der EBA zu beschneiden und damit die Entscheidungen weiterhin bei den EU-Rechtsetzungsorganen zu konzentrieren.
Zu Artikeln 76 und 77
- 5. Artikel 76 des Richtlinienvorschlags steht im Zusammenhang mit der aktuellen Diskussion um den Umgang mit externen Ratings. Zur Förderung interner Ratings sollen Kreditinstitute mit einem wesentlichen Kreditrisikoengagement und einer bedeutenden Anzahl von Gegenparteien anstelle von externen Ratings interne Modelle zur Berechnung der Eigenkapitalanforderungen entwickeln und nutzen.
Die Überlegung, interne Ratings stärker einzusetzen, ist richtig und heutzutage in vielen Kreditinstituten gängige Praxis.
Der Bundesrat begrüßt, dass externe Ratings zur Ermittlung von Kapitalanforderungen der Kreditinstitute nur noch als Ausnahme zum Einsatz kommen dürfen. Der Bundesrat bittet deshalb zu prüfen, ob Regelungen in die Richtlinie aufgenommen werden können, die der Situation kleinerer Institute Rechnung tragen.
Der verpflichtende Einsatz interner Modelle darf nicht dazu führen, dass gerade kleinen und mittleren Kreditinstituten übermäßige Belastungen auferlegt werden.
Aus Sicht des Bundesrates scheint es hierbei notwendig, Lösungen für Verbundinstitute zu finden. Für andere kleinere Institute sollten keine verbindlichen Vorgaben bestehen, komplexe interne Modelle anzuwenden. Diese sollten beim Einsatz externer Ratings die Richtigkeit der Rating-Einschätzung nur durch andere Methoden plausibilisieren müssen. Deswegen sollten die festzusetzenden Schwellenwerte für die Verpflichtung zu internen Modellen als institutsunabhängiger, absoluter Betrag in angemessener Höhe festgelegt werden.
Weiter ist es wichtig, den gegenüber dem europäischen Ausland doch sehr eigenen Bankstrukturen in Deutschland differenziert Rechnung zu tragen und nicht die EBA im Wege technischer Regulierungsstandards die Schwellen festlegen zu lassen, ab denen Institute keine externen Ratings einsetzen dürfen.
Die Schwellen sollten vielmehr auf nationaler Ebene festgelegt werden. Dann sind die Aufseher vor Ort in der Lage, institutsspezifisch und mit Rücksicht auf die besondere Bankenlandschaft den Einsatz interner Ratings zu steuern. Die Beaufsichtigung der Kreditinstitute im Rahmen des bankaufsichtlichen Überprüfungsverfahrens ist seit jeher eine wesentliche Domäne der nationalen Aufsichtsbehörden. Dementsprechend besteht hier auch ein starker nationaler Bezug - das zeigt auch die Eingliederung dieses Verfahrens in den Richtlinien- und nicht in den Verordnungsvorschlag.
Der Bundesrat fordert daher die Bundesregierung auf darauf hinzuwirken, dass die Schwellen in Artikel 76, ab denen Institute verpflichtet sind, interne Modelle zur Berechnung der Eigenmittelanforderungen anzuwenden, allein auf nationaler Ebene festgelegt werden.
Vorgaben, die neben der Anwendung des Kreditrisikostandardansatzes für kleine Institute die Anwendung komplexer interner Risikomodelle erfordern, sollten diesbezüglich gleichfalls überdacht werden.
Besonders betroffen von Ratingschwankungen während der Finanzkrise waren nach allgemeiner Wahrnehmung große Institute, die oft bereits interne Modelle anwendeten. Dabei traten meist bei der Bewertung von Verbriefungen Missstände zu Tage. Dieser Widerspruch dürfte darauf zurückzuführen sein, dass selbst Institute beim Einsatz interner Modelle für Verbriefungen bisher auch auf Ratings zurückgreifen dürfen. Kleine Institute, auch solche, die den auf externe Ratings basierenden Standardansatz anwenden, haben die Krise überwiegend stabil überstanden. Erfahrungsgemäß führt deren Standardansatz auch zu absolut strengeren Kapitalanforderungen. Die Entwicklung institutsinterner Modelle bedeutet einen Aufwand, der für kleine Institute kaum zu leisten sein dürfte. Angemessene, absolute Größenschwellen für den Anwendungsbereich sind eine politische Entscheidung und sollten nicht nur durch Regulierungsstandard der Kommission erfolgen dürfen. Artikel 77 Buchstabe b des Entwurfes kann so interpretiert werden, dass bei Verwendung externer Ratings komplexere interne Vergleichsrechnungen erfolgen müssen. Kleine Institute haben aber gerade keine internen Modelle, um Risiken umfänglich selbst zu berechnen.
Zu Artikel 87
- 6. Die in der Vorlage dargestellten, grundsätzlichen Anforderungen an Mitglieder von Leitungsorganen begegnen hinsichtlich der Kriterien der ausreichenden Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen sowie in Bezug auf das Erfordernis hinreichenden Zeitaufwandes (Artikel 87) keinen Bedenken. Nach Einschätzung des Bundesrates beschreibt das aus diesen Kriterien gebildete Anforderungsprofil ebenso wichtige wie angemessene Grundvoraussetzungen für eine gesunde Unternehmensverfassung und -führung. Der Sache nach entsprechen insbesondere auch die Anforderungen an das Gesamtgremium den Anforderungen nach Ziffer 5.4.1. des deutschen Corporate Governance Kodexes.
- 7. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung allerdings darauf hinzuwirken, dass die Ermächtigung der EBA in Artikel 87 Absatz 4 Buchstabe(a) gestrichen wird.
Nach Artikel 87 Absatz 1 sollen Vorstands-, Aufsichtsrats- und Verwaltungsratsmitglieder ausreichend Zeit für die Erfüllung ihrer Aufgaben aufwenden.
Um dies zu gewährleisten, erlaubt die Richtlinie pauschal die Kombination einer Leitungsfunktion mit zwei Aufsichtsfunktionen oder vier Aufsichtsfunktionen. Die nationalen Aufseher können aber eine größere Anzahl von Ämtern zulassen, wenn weiterhin ausreichend Zeit zur Verfügung steht. Um dieses Ermessen auszufüllen, soll die EBA nach Artikel 87 Absatz 4 Regulierungsstandards erarbeiten, die präzisieren, wie viel Zeit je Amt mindestens aufgewendet werden muss.
Grundsätzlich ist der Ansatz der Kommission zu begrüßen, die Aufgabenwahrnehmung zu begrenzen. Es ist wenig sinnvoll, wenn Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder über eine große Anzahl von Ämtern verfügen, bei denen sie eine echte Kontrollfunktion nicht mehr ausfüllen können. Gleichzeitig gibt es aber im Bereich der Verbundstrukturen vielfach gleichgelagerte Vorgehensweisen und Anliegen, so dass in diesen Strukturen - entsprechend § 36 Absatz 3 KWG - eine größere Anzahl an Ämtern durchaus gut handhabbar ist. Die im Richtlinienvorschlag vorgesehene Öffnungsklausel für die nationalen Aufseher ist daher richtig, um den nationalen Besonderheiten Rechnung tragen zu können.
Das Vorhaben des Richtlinienvorschlags, mittels technischer Regulierungsstandards der EBA Zeitvorgaben zu machen, ist dagegen zu streichen. Die Frage, wie viel Zeit erforderlich ist, hängt von den sehr vielfältigen Faktoren - wie beispielsweise Tätigkeit, Kenntnisse, Fähigkeiten, Strukturen oder örtliche Umstände - ab. EU-weit einheitliche Standards sind hier wenig sinnvoll. Die Entscheidung über die Anwendung der Öffnungsklausel sollte daher allein von den nationalen Aufsehern getroffen werden, die die Faktoren im Einzelnen besser beurteilen können.
- 8. Der Bundesrat begrüßt das Bestreben der Kommission, in Europa gleichstellungspolitische Fortschritte zu erzielen.
Er begrüßt daher, dass die Vorlage eine in vielfältiger Weise verstandene Diversität als Besetzungskriterium für das Leitungsorgan der Kreditinstitute vorsieht. Auch bezogen auf insbesondere die Geschlechtervielfalt stellt eine höhere Anzahl von weiblichen Führungskräften nach Ansicht des Bundesrates eine gleichstellungspolitisch wünschenswerte und ökonomisch sinnvolle Zielsetzung dar. Soweit die Begründung der Vorlage allerdings erkennen lässt, dass die Kommission nach Auswertung ihrer horizontalen Initiative zur Anhebung des Frauenanteils in Führungsgremien erforderlichenfalls entsprechende Vorschriften ankündigt, weist der Bundesrat bereits jetzt darauf hin, dass etwaige Maßnahmen unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Subsidiarität erfolgen müssen.
Zum Richtlinienvorschlag allgemein
- 9. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass eine Stärkung der Eigenkapitalausstattung der Kreditinstitute einen wirksamen Schutz vor institutsindividuellen Risiken sowie makroökonomischen Störungen darstellt. Ein wesentlicher Bestandteil sind hierbei die durch die Richtlinie neu eingeführten Kapitalpuffer, die zu einer Abmilderung der möglichen prozyklischen Effekte der Regulierung beitragen sollen. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich auf EU-Ebene dafür einzusetzen, dass Instituten ein Anreiz für einen freiwilligen und insbesondere vollumfänglichen Aufbau der Kapitalpuffer vor den in Artikel 149 des Richtlinienvorschlags angegebenen Zeiträumen gegeben wird.
In der Ausgestaltung der Richtlinie sollte zudem sichergestellt werden, dass die eingeräumten nationalen Spielräume nicht zu einer Aussetzung des Kapitalpuffers entgegen der Empfehlungen des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (ESRB) genutzt werden können.
- 10. Die noch auszugestaltende "Leverage Ratio" gilt nach dem Richtlinienvorschlag im Übrigen als Indikator für eine übermäßige Verschuldung. Die daraus entstehenden Risiken sollen die Institute - im Rahmen der neuen Risikokategorie "Risiko einer übermäßigen Verschuldung" - steuern und überwachen. Diese Risikokategorie beruht nicht auf Vorgaben aus Basel III. Solange die Entscheidung über die "Leverage Ratio" und ihre Kalibrierung aber noch aussteht, ist es für die Handhabung der Risikokategorie in der Praxis vollkommen unklar, wann eine übermäßige Verschuldung vorliegt.
Der Bundesrat ist daher der Auffassung, dass diese neue Risikokategorie - als Teil des Pakets, mit dem die EU den Aspekt "Verschuldung" aus der Finanzkrise aufarbeiten will - bis zur Entscheidung über die "Leverage Ratio" im Jahr 2017 zurückgestellt und dann über deren Inhalt und Ausgestaltung mitentschieden werden sollte.
Zur Umsetzung von Basel III in EU-Recht
- 11. Der vorliegende Richtlinienvorschlag bildet - zusammen mit dem von der Kommission taggleich veröffentlichten Verordnungsvorschlag - das Paket zur Umsetzung von Basel III in EU-Recht. Beide Rechtsakte sind eng miteinander verzahnt und können deshalb aus Sicht des Bundesrates nur zusammen bewertet werden. Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf die in Kürze beginnenden Verhandlungen auf EU-Ebene hält es der Bundesrat für geboten, - ohne die eigentliche Befassung mit dem Verordnungsvorschlag vorwegnehmen zu wollen - schon heute folgende grundsätzliche Punkte im Zusammenhang mit dem Umsetzungspaket anzusprechen:
- 12. Der Bundesrat lehnt im Hinblick auf die weitreichenden strukturellen Auswirkungen auf die Kreditinstitute in Deutschland die Zielsetzung der Kommission, Teilbereiche der Basel-III-Regelungen im Wege einer Verordnung umzusetzen, ab, da der Weg über eine Verordnung für nationale Umsetzung, Konkretisierung und Auslegung keinen Spielraum lässt. Die einzelnen Finanzmärkte in den Mitgliedstaaten sind sehr heterogen strukturiert. Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung, in den anstehenden Verhandlungen auf EU-Ebene für die Umsetzung im Wege einer Richtlinie einzutreten.
- 13. Der Bundesrat fordert, dass mit dem vorliegenden Richtlinienvorschlag keine Präjudizierung im Sinne einer Teilumsetzung von Basel III im Wege einer Verordnung verbunden sein darf. Denn nach den Zielsetzungen der Kommission enthält die Richtlinie nur einen Teilbereich des Basel-III-Umsetzungsgesamtpakets. Die wesentlichen Regelungsbereiche aus dem Basel-III-Regime sollen mit einem derzeit dem Bundesrat noch nicht vorliegenden Verordnungsvorschlag umgesetzt werden.
In diesem Zusammenhang weist der Bundesrat darauf hin, dass keine materiellen Gesichtspunkte erkennbar sind, die einer voraussichtlich nur formell vorzunehmenden Überführung des von der Kommission am 20. Juli 2011 veröffentlichten Verordnungsvorschlags in einen inhaltsgleichen Richtlinienvorschlag entgegenstehen würden.
Ebenso ist nicht erkennbar, dass es im Falle einer Richtlinienumsetzung der Basel-III-Regelungen zu substanziellen Beeinträchtigungen bei der Zielsetzung eines EU-weit geltenden Aufsichtsregimes ("Single Rule Book") bzw. weitestgehend harmonisierter Aufsichtsregelungen in den Mitgliedstaaten kommen würde.
- 14. Hilfsweise für den Fall, dass an einer Umsetzung von Teilbereichen der Basel-III-Regelungen im Wege einer Verordnung festgehalten wird, stellt der Bundesrat Folgendes fest:
- 15. Der Bundesrat begrüßt das Vorhaben der Kommission, die Mindestanforderungen an das Eigenkapital zu vereinheitlichen und höhere nationale Anforderungen nur in sehr engem Rahmen zuzulassen. Ein aufsichtsrechtliches "Level Playing Field" ist im Grundsatz durchaus sinnvoll. In einem einheitlichen Binnenmarkt, in dem Institute vom EU-Ausland aus auf dem heimischen Kredit- und Einlagenmarkt auftreten können, darf es keine Wettbewerbsvorteile durch Regulierungsarbitrage geben. Unter den Risikogesichtspunkten macht es zudem - bezogen auf den einzelnen Kredit - keinen Unterschied, ob er von einer Großbank, einem Regionalinstitut oder einer ausländischen Bank vergeben wird. Die aufsichtsrechtliche Formel "gleiches Geschäft, gleiches Risiko, gleiche Aufsicht" sollte daher zu Recht in der gesamten EU einheitlich gelten.
- 16. Der Bundesrat hält ein generelles "Level Playing Field" aber dann für nachteilig, wenn dadurch besonders strukturierte Banken Wettbewerbsnachteile erleiden. Ein - bereits im Umsetzungspaket angegangenes - Beispiel für unterschiedliche Strukturen, aus denen durch die Aufsicht keine Wettbewerbsnachteile entstehen dürfen, sind die Liquiditätsverbünde: Große Kreditinstitute nutzen aus Effizienzgründen regelmäßig ein internes, zentrales Liquiditätsmanagement. Kreditinstitute, die in Verbünden organisiert sind, haben vielfach bei ihrer Verbundzentralbank vergleichbare Systeme installiert, um ebenfalls von Skaleneffekten zu profitieren. Der Bundesrat fordert deshalb die Bundesregierung auf, sich in den weiteren Verhandlungen dafür einzusetzen, dass den unterschiedlichen Strukturen der deutschen Bankenlandschaft mit dem Ziel gleicher Marktbedingungen im Umsetzungspaket ausreichend Rechnung getragen wird.
- 17. Im Hinblick auf die für die Umsetzung der Basel-III-Regelungen zum Stichtag 1. Januar 2013 bestehende Dringlichkeit weist der Bundesrat auf folgende aus seiner Sicht kritischen Aspekte hin:
- 18. Bei der Ausgestaltung der Regelungen zur Umsetzung von Basel III auf EU-Ebene ist weiterhin darauf zu achten, dass die Besonderheiten des deutschen dreigliedrigen Bankensystems sowie bewährte Markt- und Finanzierungsstrukturen ausreichend Berücksichtigung finden.
Die neuen aufsichtlichen Regelungen müssen zwar grundsätzlich auf alle Kreditinstitute angewendet werden. Dabei sollte jedoch der Schwerpunkt auf die systemrelevanten Finanzinstitute gerichtet werden. Für kleine und mittlere Institute sollten entsprechend der Größe und Komplexität sowie des Risikogehalts ihrer Geschäftstätigkeit adäquate Regelungen festgelegt werden, die unnötige, auf die Mittelstandsfinanzierung zurückschlagende Belastungen vermeiden. Dies gilt ebenso für die Gruppe der Spezialkreditinstitute, das heißt insbesondere die Förder-, Bürgschafts- und Pfandbriefbanken. Im Falle der Pfandbriefbanken ist darauf zu achten, dass bestimmte traditionelle und solide Geschäftsmodelle risikoarmer Kreditvergabe (wie z.B. Kommunalkredite, klassische Hypothekengeschäfte) nicht überproportional belastet werden oder sich durch die geplanten Basel-III-Regelungen gegebenenfalls sogar strukturelle Veränderungen bis hin zum Wegfall der Geschäftsgrundlage ergeben. Im Hinblick auf die Gruppe der Förderbanken ist sicherzustellen, dass die derzeit geltenden Regelungen, die eine privilegierte Eigenkapitalunterlegung für über die Hausbanken ausgereichte Förderdarlehen vorsehen, auch im Rahmen der anstehenden Umsetzung auf EU-Ebene in vollem Umfang erhalten bleiben müssen.
- 19. Ungeachtet der Zielsetzung der qualitativen und quantitativen Verbesserung der Eigenkapitalausstattung ist sicherzustellen, dass die qualitativen Anforderungen an die künftige Eigenkapitalausstattung von Kreditinstituten so ausgestaltet werden, dass danach zulässige Kapitalinstrumente von allen Instituten unabhängig von ihrer Rechtsform begeben werden können.
Maßgeblich sollte in erster Linie die Qualität eines Kernkapitalinstruments sein und nicht die Gesellschaftsform der jeweiligen Bank. Die Einstufung eines Kapitalinstrumentes in die Klasse "hartes Kernkapital" sollte unabhängig von der Rechtsform des Institutes insbesondere das Instrument der stillen Einlage beinhalten. Das Instrument der stillen Einlage ist für die deutschen Kreditinstitute von überragender Bedeutung. Die stillen Einlagen haben in der Vergangenheit ihre Verlusttragungsfunktion bewiesen. Mit Blick auf die in Basel III und der Richtlinie über Eigenkapitalanforderungen (Capital Requirements Directive (CRD II)) unterschiedlichen Bestandsschutz- und Übergangsregelungen bedarf es aus Gründen des Vertrauensschutzes eines vernünftigen Kompromisses. Die vereinbarten Übergangsbestimmungen der CRD II dürfen nicht komplett durch die Baseler Vorschriften abgelöst werden. Daher sollte für Eigenkapitalbestandteile, die unter die Bestandsschutzregelung der CRD II fallen, eine ausreichend bemessene Übergangsregelung insbesondere für ihre Anrechnung als hartes Kernkapital sichergestellt werden.
- 20. Sichergestellt werden muss auch, dass die Basel-III-Regelungen weltweit zeitgleich in Kraft treten. Eine zeitlich verzögerte und nur auf eine kleine Anzahl von Instituten begrenzte Umsetzung, wie dies beispielsweise von den USA im Falle der Basel-II-Regelungen erfolgte, ist im Hinblick auf die daraus resultierenden erheblichen wettbewerbsverzerrenden Folgewirkungen in keiner Weise akzeptabel. Aus diesem Grund erscheint es empfehlenswert, diesen Aspekt in verbindlicher Weise zu regeln und sich mit den USA über die Fortschritte bei der Konzeption der aufsichtlichen Neuregelungen sowie der Implementierung beispielsweise im Rahmen des Transatlantischen Dialogs regelmäßig auszutauschen.
- 21. Der Bundesrat sieht in Anbetracht der unverändert fragilen Situation auf den Finanzmärkten und im Hinblick auf eine grundlegende Förderung der Sicherheit und Stabilität der Banken- und Finanzmärkte die Notwendigkeit einer möglichst schnellen Anwendung des Umsetzungspakets in den Mitgliedstaaten. Hierdurch würde neben einer Stärkung des Finanzbinnenmarkts auch ein deutliches Signal an Staaten außerhalb der EU erfolgen, in ihren Aktivitäten zur Umsetzung der Beschlüsse des Baseler Ausschusses nicht nachzulassen. Der Bundesrat ersucht daher die Bundesregierung, auf EU-Ebene die Forderung nach einer zügigen Umsetzung von Basel III mit Nachdruck zu vertreten.
- 22. Der Bundesrat bewertet die Tatsache, dass eine Vielzahl der in dem Verordnungsvorschlag enthaltenen Regelungsbereiche erst mittels der von der EBA zu erarbeitenden und von der Kommission zu verabschiedenden rechtlich bindenden regulatorischen Standards spezifiziert werden sollen, als sehr kritisch.
Der Bundesrat sieht hierbei nicht nur einen erheblichen Mangel im Hinblick auf den Aspekt der Rechtsklarheit und auf die in diesem Zusammenhang für die Kreditwirtschaft wichtige Planungssicherheit, sondern auch die Gefahr, dass im Rahmen der der EBA übertragenen Ermächtigungsklauseln Entscheidungen über technische Standards, Leitlinien oder Empfehlungen getroffen werden, die letztlich zu weit reichenden strukturpolitischen Auswirkungen führen können. Er bittet daher die Bundesregierung mit Nachdruck, auf europäischer Ebene darauf hinzuwirken, dass sich die der EBA übertragenen Mandate im Bereich der Basel-III-Umsetzung ausschließlich auf technische Regulierungsstandards konzentrieren. Nur dieser Kompetenzbereich ist der EBA gemäß Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 zugewiesen.
Der Bundesrat hält es für erforderlich, dass bei der Transformation der EU-Regelungen in nationales Recht ausreichend Zeit für Beratungen in den jeweiligen Gremien zur Verfügung steht und der Umsetzungsprozess von Basel III durch einen kontinuierlichen Überprüfungsprozess begleitet wird.
Weiterhin ersucht der Bundesrat die Bundesregierung, über die der EBA übertragenen Mandate sowie über die geplanten Entscheidungen der EBA und die damit verbundenen möglichen Auswirkungen auf die Kreditwirtschaft in Deutschland zu berichten.
Darüber hinaus bittet er die Bundesregierung zu gewährleisten, dass das Aufgaben- und Tätigkeitsspektrum der EBA nicht über die ihr übertragenen Befugnisse erweitert wird und die Befugnisse der nationalen Aufsichtsbehörden in uneingeschränktem Maße erhalten bleiben.
- 23. Nach Artikel 443 des Verordnungsvorschlags erhält die Kommission die Befugnis, zukünftig für einen nicht näher definierten Zeitraum für alle oder ausgewählte Risikopositionen höhere Eigenkapitalanforderungen als im Verordnungsvorschlag vorgesehen aufzustellen. Die Kommission wird also auf diese Weise ermächtigt, die Eigenkapitalanforderungen im Verordnungsvorschlag (beispielsweise für Unternehmenskredite in einem oder mehreren Mitgliedstaaten) zu erhöhen. Der Bundesrat ist der Auffassung, die Entscheidung über höhere Eigenkapitalanforderungen gebührt aufgrund ihrer großen Bedeutung im Bankaufsichtsrecht allein den Verordnungsgebern. Vor diesem Hintergrund fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf, sich dafür einzusetzen, dass diese Ermächtigung gestrichen wird.
- 24. Nach dem Verordnungsvorschlag hat die EBA die Aufgabe, über 100 Ermächtigungen - größtenteils bis zum 1. Januar 2013 - auszufüllen. Angesichts der noch verbleibenden 16 Monate hat der Bundesrat Sorge, dass die Kreditwirtschaft bis kurz vor dem 1. Januar 2013 zahlreiche Details nicht kennt oder sich nicht angemessen darauf einstellen kann. Im Interesse einer koordinierten und praktikablen Umsetzung von Basel III fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf, die Ermächtigungen eingehend zu hinterfragen.
Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, sich dafür einzusetzen, dass insbesondere Ermächtigungen in den Bereichen wegfallen, bei denen ein enger Bezug zum nationalen Recht besteht. Insbesondere die Definition des Eigenkapitals ist - trotz des Kriterienkatalogs - in vielen Mitgliedstaaten eng mit dem Gesellschafts- und Steuerrecht verknüpft. Beispielsweise regelt das deutsche Aktiengesetz, was eine Aktie ist, vielfach anders als vergleichbare Gesetze in anderen Mitgliedstaaten. Angesichts der Unterschiede innerhalb der EU ist beispielsweise ein Katalog von Kernkapitalinstrumenten (vgl. Artikel 24 Ziffer 4 des Verordnungsvorschlags) weder sinnvoll noch notwendig.
- 25. Die Gleichbehandlung im Sinne eines " Level Playing Field" sollte sich auch auf die Berücksichtigung der regulatorischen Abzüge bei der Ermittlung des bankaufsichtlichen Eigenkapitals erstrecken. Im Rahmen der Neuregelung der regulatorischen Abzüge vom "harten" Kernkapital sind zukünftig aktive Steuerlatenzen (deferred tax assets - DTA) zu berücksichtigen. Artikel 35 Absatz 3 Buchstabe b des Verordnungsvorschlags sieht dabei vor, dass eine Verrechnung aktiver und passiver latenter Steuern nur dann zulässig sein soll, wenn die Steuerbehörden des betroffenen Mitgliedstaats bzw. Drittstaats eine solche Verrechnung erlauben. Im Gegensatz dazu sollte eine Verrechnung aktiver und passiver latenter Steuern innerhalb einer Steuerjurisdiktion losgelöst vom zugrundeliegenden Steuerregime zulässig sein. Da weder international noch auf EU-Ebene ein harmonisiertes Steuerrecht existiert, käme es andernfalls zu erheblichen Wettbewerbsverzerrungen bei der Ermittlung des bankaufsichtlichen Eigenkapitals zulasten der deutschen Institute.
Der Bundesrat fordert daher die Bundesregierung auf, sich dafür einzusetzen, dass Artikel 35 Absatz 3 Buchstabe b des Verordnungsvorschlags gestrichen wird.
- 26. Die Einführung einer "Leverage Ratio" als risikounsensiblem Grenzwert zur Beschränkung der Kreditvergabe ist im Grundsatz zu befürworten. Allerdings darf dadurch das risikoärmere Kommunalkreditgeschäft nicht sachgrundlos beeinträchtigt werden. In jedem Fall muss neben einer geeigneten Kalibrierung der Leverage Ratio - auch mit Blick auf Institute, die risikoärmere und weniger komplexe Geschäftstätigkeiten vornehmen - die internationale Vergleichbarkeit einer derartigen Verschuldungsquote sichergestellt sein.
- 27. Der Bundesrat begrüßt das Vorhaben der Kommission im Verordnungsvorschlag, vor der endgültigen Einführung einer "Leverage Ratio" eine umfassende Evaluierung durchzuführen.
Als Reaktion auf die Erfahrungen aus der Finanzmarktkrise ist eine Begrenzung des Kreditaufbaus sicherlich ein richtiger Schritt. Die Verschuldungsobergrenze darf aber nicht dazu führen, dass gerade risikoarme Geschäftsbereiche übermäßig belastet werden. Vor dem Hintergrund ist die umfassende Evaluierung, bei der auch die Auswirkungen auf bestimmte Geschäftsmodelle (z.B. Hypothekenkreditgeschäft oder Kommunalfinanzierung) untersucht werden sollen, außerordentlich wichtig.
- 28. Das Ergebnis der Evaluierung soll nach dem Verordnungsvorschlag Ende des Jahres 2016 vorliegen. Welche Schlüsse daraus möglich sind, ist heute noch nicht absehbar.
Entsprechend des vom Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht verabschiedeten Zeitplans sollte die endgültige Entscheidung über die Migration nach Säule I ab dem Jahr 2018 in erster Linie auf der Grundlage der in den Jahren 2013 bis 2017 gewonnenen Erkenntnisse vorgenommen werden.
- 29. Mit Vorliegen des Evaluierungsergebnisses können die EU-Rechtsetzungsorgane praktisch erst im Verlauf des Jahres 2017 über das weitere Vorgehen entscheiden. Der Zeitraum bis zu der - vom Verordnungsvorschlag ggf. ins Auge gefassten - Einführung der "Leverage Ratio" im Jahr 2018 ist daher äußerst eng bemessen.
Gerade Kreditinstitute mit risikoarmem, langfristigen Geschäft sind jedoch schon heute gezwungen, eine "Leverage Ratio" für ihre strategischen Planungen zu antizipieren und ihr Geschäft entsprechend zu reduzieren. Das kann nicht zielführend sein. Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung, sich dafür auszusprechen, dass mögliche Verschärfungen der "Leverage Ratio" bis hin zur verbindlichen Anforderung für die deutsche Kreditwirtschaft nur sukzessiv ab dem Jahr 2018 greifen.
- 30. Solange die "Leverage Ratio" noch als reine Meldekennzahl fungiert und eine ausreichende Kalibrierung fehlt, bedarf es keiner Veröffentlichung der "Leverage Ratio" durch die Institute. Es besteht sonst die Gefahr, dass durch diese Transparenz die Institute, unabhängig von ihrem Geschäftsmodell, von Seiten der Finanzmärkte unter Druck geraten, Anforderungen anderer Marktteilnehmer zu erfüllen. Auf diese Weise könnte das Ziel der Evaluierung, die Auswirkungen EU-weit zu eruieren und anschließend zu entscheiden, untergraben werden.
Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung sich dafür einzusetzen, dass die in Artikel 436 des Verordnungsvorschlags vorgesehene Veröffentlichung der "Leverage Ratio" und die Passagen betreffend das "Risiko einer übermäßigen Verschuldung" gestrichen werden.
- 31. Der Bundesrat begrüßt ausdrücklich die vom Baseler Ausschuss angestoßenen und von der Kommission konkretisierten Verbesserungen bei der Liquiditätsvorsorge der Banken. Als Lehre aus der Finanzkrise ist es wichtig, die Kreditwirtschaft zur Vorsorge zu verpflichten, um im Krisenfall zahlungsfähig zu bleiben.
- 32. Im Rahmen der geplanten Liquiditätsanforderungen müssen die Auswirkungen auf das Volumen und die Struktur der Liquiditätsausstattung der Kreditinstitute sowie auf das Pfandbriefgeschäft entsprechend berücksichtigt werden. Die Neuregelungen dürfen zu keinen Beeinträchtigungen bei der Langfristkultur im Kreditgeschäft führen, die mit Nachteilen für Kreditinstitute, Unternehmen und Verbraucher und Verbraucherinnen in Deutschland verbunden wären.
- 33. Weiterhin begrüßt der Bundesrat, dass sich die Kommission bei der Definition der von den Instituten vorzuhaltenden hoch liquiden Aktiva von den Empfehlungen des Baseler Ausschusses weitgehend gelöst hat und die Begriffe "äußerst hoch liquid" und "hoch liquid" auf EU-Ebene selbst definieren will. Kritisch sieht der Bundesrat allerdings die Pläne der Kommission, ohne Mitwirkung des Verordnungsgebers die Definitionen im Jahr 2015 eigenständig erlassen zu wollen. Angesichts der Bedeutung der Begriffe für die künftige Liquiditätsvorsorge der Institute fordert der Bundesrat die Bundesregierung ausdrücklich auf, sich dafür einzusetzen, dass diese Definitionen von den EU-Rechtsetzungsorganen erlassen werden.
- 34. Aus aufsichtsrechtlicher Sicht ist die Präferenz des Baseler Ausschusses für Staatsanleihen bei den "äußerst hoch liquiden" Aktiva vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklung zu hinterfragen. Ziel sollte es eher sein, das Anlagespektrum der "äußerst hoch liquiden" bzw. "hoch liquiden" Instrumente für die Kreditwirtschaft zu erweitern und damit eine Anlage- und Risikodiversifizierung zu ermöglichen, soweit die Anlagen hinsichtlich ihrer Liquidität und Bonität ausreichend vergleichbar sind.
Der Bundesrat fordert daher die Bundesregierung auf, sich dafür einzusetzen, dass die Anleihen der Förderbanken der Länder entsprechend Staatsanleihen anerkannt werden. Des Weiteren bittet er die Bundesregierung zu prüfen, in welchem Umfang deutsche Pfandbriefe und Aktien dazu gezählt werden können.
- 35. In Deutschland mit seiner Vielfalt an kleinen und mittleren Instituten hat der Einsatz von Investmentfonds beim Management der Anlagegüter einen viel höheren Stellenwert als in anderen EU-Staaten. Gerade kleine Institute sparen sich durch Investmentfonds ein teures hausinternes Anlage-Management. Vor diesem Hintergrund ist Artikel 404 Absatz 5 des Verordnungsvorschlags zu eng gefasst, wonach nur Fondsanteile - soweit der Fonds allein in liquide Vermögenswerte investiert - bis 250 Millionen Euro als liquide Aktiva anerkannt werden. Soweit ein Fonds in liquide Mittel investiert, gibt es generell keinen Grund, Fondsanteile von der Anerkennung auszuschließen.
- 36. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, sich für eine Übergangsregelung im Verordnungsvorschlag einzusetzen, damit sichergestellt ist, dass die neuen Liquiditätsanforderungen - entsprechend den Empfehlungen des Baseler Ausschusses - frühestens ab dem Jahr 2015 gelten. Mit der derzeitigen Formulierung ist nicht eindeutig geregelt, ob die Kommission weitergehende Anforderungen aufstellen kann, bis die Begriffe "äußerst hoch liquid" und "hoch liquid" auf EU-Ebene definiert sind. Diese Unsicherheit gilt es zu beseitigen.
- 37. Der Bundesrat begrüßt die in Artikel 485 des Verordnungsvorschlags vorgesehene Überprüfung der Risikogewichte für Kredite an kleine und mittlere Unternehmen bis zu einem Kreditvolumen von 1 Million Euro (sogenanntes Mengengeschäft). Die mit Basel III verbundene generelle Anhebung der Eigenkapitalanforderungen dürfte - bei Beibehaltung der Risikogewichte - im Regelfall zu einer Verteuerung der Kredite für diese Kreditnehmer führen. Vor dem Hintergrund unterstützt der Bundesrat die Absicht zu prüfen, ob die (mit Basel II und damit vor der Krise) vorgenommene Risikogewichtung des Mengengeschäfts noch der aktuellen Einschätzung entspricht.
- 38. Aus Sicht des Bundesrates sollte die Evaluierung nicht auf das Mengengeschäft begrenzt sein. Eine Eingrenzung auf Unternehmenskredite bis 1 Million Euro ist zu eng. Im Interesse der Realwirtschaft sollte der Fokus der Evaluierung generell auf Risikopositionen an Unternehmen (Artikel 117 des Verordnungsvorschlags) ausgedehnt werden. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich dafür in den weiteren Verhandlungen auf EU-Ebene einzusetzen.
- 39. Der Evaluierungsauftrag der EBA in Artikel 485 des Verordnungsvorschlags ist allein auf den Standardansatz ausgerichtet. In Deutschland bewerten aber zahlreiche Kreditinstitute ihre Risiken anstelle mit dem Standardansatz anhand interner Ratingmodelle - insbesondere beim Mengengeschäft. Vor diesem Hintergrund bittet der Bundesrat die Bundesregierung sich dafür einzusetzen, dass sich sowohl die Evaluierung als auch die Schlussfolgerungen auf alle Ratingansätze beziehen.
Zur Umsetzung von Basel III allgemein
- 40. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, parallel zur Umsetzung der Empfehlungen des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht ("Basel III") in EU-Recht zeitnah auch in anderen Rechtsgebieten - wie dem Gesellschaftsrecht - Änderungen voranzubringen. Ziel muss es sein, den notwendigen Rechtsrahmen zu schaffen, damit die heimische Kreditwirtschaft die neuen bankaufsichtsrechtlichen Anforderungen - beispielweise den Eigenkapitalbegriff - auch tatsächlich umsetzen kann.
Dringender Handlungsbedarf besteht beispielsweise im Aktienrecht: Nach derzeitigem Aktienrecht ist die Ausgabe von Vorzugsaktien nur mit einem nachzahlbaren Vorzug zulässig. Dies bedeutet, dass sich die Dividendenansprüche kumulieren, soweit sie nicht vom Jahresergebnis bedient werden können. Nach dem Verordnungsvorschlag der Kommission zur Umsetzung von Basel III vom 20. Juli 2011 können Vorzugsaktien nur als Kernkapital anerkannt werden, wenn die Institute zumindest die Möglichkeit haben, eine Kumulation der Dividendenansprüche auszuschließen. Vor dem Hintergrund ist eine flexiblere Ausgestaltung des Aktienrechts geboten.
Direktzuleitung an die Kommission
- 41. Der Bundesrat übermittelt diese Stellungnahme direkt an die Kommission.