Der Bundesrat hat in seiner 886. Sitzung am 23. September 2011 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
Allgemeines:
- 1. Mit der Überarbeitung der Berufsanerkennungsrichtlinie verfolgt die Kommission das Ziel, die Mobilität Berufstätiger zu erhöhen. Die Überarbeitung der Berufsanerkennungsrichtlinie ist von zentraler Bedeutung, um das europäische Fachkräftepotential für Deutschland optimal nutzbar zu machen und die Freizügigkeit in Europa zu verbessern. Erhöhte Mobilitätsbereitschaft kann wesentlich dazu beitragen, dem anwachsenden Fachkräftebedarf zu begegnen. Eine verstärkte Anerkennung von außerhalb der EU erworbenen berufsbezogenen Qualifikationen trägt hierzu ebenfalls bei.
- 2. Es ist deswegen richtig, dass die Kommission die Überarbeitung der Berufsanerkennungsrichtlinie zu einem der zwölf Hebel ihrer Binnenmarktakte gemacht hat. Deutschland hat im Rahmen des Konsultationsverfahrens der Kommission in einer von Bund und Ländern gemeinsam erarbeiteten Stellungnahme von März 2011 zahlreiche Vorschläge gemacht, wie das Anerkennungsverfahren nach der Richtlinie 2005/36/EG einfacher, transparenter und nutzerfreundlicher werden kann. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission viele dieser Vorschläge in ihrem Grünbuch zur Überarbeitung der Berufsanerkennungsrichtlinie aufgegriffen hat. Viele der im Grünbuch vorgeschlagenen Maßnahmen sind aus Sicht des Bundesrates geeignet, den Bürgerinnen und Bürgern den beruflichen Wechsel und die Dienstleistungserbringung von einem europäischen Land in ein anderes erheblich zu erleichtern, ohne dabei das hohe Qualifikationsniveau in Frage zu stellen.
- 3. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission mit dem Grünbuch zur Überarbeitung der Richtlinie über Berufsqualifikationen ihre Vorschläge transparent macht und zu Stellungnahmen einlädt. Im Folgenden nimmt der Bundesrat insbesondere auch zu ausgewählten Fragen des Grünbuchs Stellung, soweit sie für die Gesundheitsberufe von besonderer Bedeutung sind. Die Gesundheitsberufe sind in allen Mitgliedstaaten reguliert, da angesichts ihrer Bedeutung für die Volksgesundheit die Bevölkerung mit Recht besondere Kompetenz von den Berufsangehörigen erwartet. Die Tatsache, dass eine fehlerhafte Berufsausübung eine Gefahr für die Gesundheit und das Leben der Bevölkerung bedeutet, rechtfertigt die hohen Anforderungen an die Ausbildung und die Zulassung zum Beruf.
- 4. Der Bundesrat dankt der Kommission, dass sie viele Vorstellungen, die Deutschland in der gemeinsamen Stellungnahme von Bund und Ländern im Rahmen der Konsultation zur Berufsanerkennungsrichtlinie vorgetragen hat, aufgegriffen hat. Die bereits im Rahmen der Konsultation dargelegten Vorschläge und Argumente werden nicht nochmals wiederholt, behalten aber ihre Gültigkeit.
- 5. Der Bundesrat fordert, dass die Kommission die Anregungen der Länder zur Überarbeitung der Richtlinie über Berufsqualifikationen beachtet. Angesichts der Tatsache, dass das Gesundheitswesen ein sehr personalintensiver Sektor ist, hat die Ausgestaltung der Berufe prägende Auswirkungen auf Struktur und Funktion des Gesundheitswesens. Eingriffe in diesen Bereich berühren daher auch das Recht der Mitgliedstaaten zur Gestaltung ihrer Gesundheitssysteme.
- 6. Der Bundesrat beobachtet die Fachkräftesituation im Gesundheitsbereich mit Sorge. Angesichts der Tatsache, dass die demografische Situation in den Mitgliedstaaten Ähnlichkeiten aufweist und der Mangel an Fachkräften im Gesundheitswesen ebenfalls ein EU-weites Problem ist, ist keine allgemeine Entlastung durch eine verstärkte Mobilität zu erwarten. Vielmehr zeigt sich, dass die ökonomisch schwächeren Mitgliedstaaten Verlierer der verstärkten Mobilität von Angehörigen der Gesundheitsberufe sind.
Im Einzelnen:
Zu Frage 1
- 7. Der Bundesrat kann den Ausführungen des Grünbuchs weitgehend zustimmen.
Die zuständigen Stellen des Herkunftsmitgliedstaates, in dem ein Bürger seine Berufsqualifikation erworben hat, sind besser mit dem Ausbildungssystem und den Berufsvorschriften in ihrem Land vertraut als die zuständigen Stellen des Aufnahmemitgliedstaates. Für die Aufnahmemitgliedstaaten ist der Umgang mit fremdsprachigen und unbekannten Ausbildungs- und Berufsnachweisen häufig sehr schwierig. Dadurch wird das Anerkennungsverfahren oft erheblich verzögert.
- 8. Der Bundesrat begrüßt den europäischen Berufsausweis. Dieser wird im Mitgliedstaat der Herkunft der Berufstätigen ausgestellt und bescheinigt die erworbenen Qualifikationen. Dem Aufnahmemitgliedstaat gewährleistet der Berufsausweis somit eine bessere Grundlage zur Beurteilung der erworbenen Kenntnisse, verringert Verwaltungsaufwand und kann zur Verkürzung von Fristen bei der Erteilung des Anerkennungsbeschlusses führen. Eine Verkürzung der Anerkennungsfristen setzt voraus, dass eine Übersetzung der auf dem Ausweis in der Sprache des Herkunftslands vermerkten Angaben in die Sprache des Aufnahmemitgliedstaates strukturell ermöglicht wird.
- 9. Durch die Einführung von Berufsausweisen würden die zuständigen Stellen des Herkunftsmitgliedstaates auch die Transparenz hinsichtlich der in ihrem Land erworbenen Berufsqualifikationen erhöhen und die zuständigen Stellen des Aufnahmemitgliedstaates auf diese Weise bei der Prüfung der Berufsqualifikation unterstützen. Auch dies kann zu einer Vereinfachung und Beschleunigung des Anerkennungsverfahrens führen.
Wichtig sind aus Sicht des Bundesrates in diesem Zusammenhang insbesondere folgende Aspekte:
- - Der Kommission ist zuzustimmen, dass Berufsausweise nicht von kommerziellen Stellen ausgestellt werden dürfen. Berufsausweise werden nur dann einen Mehrwert bieten, wenn sich die Behörden der Mitgliedstaaten, die Verbraucher und die potenziellen Arbeitgeber auf die in den Berufsausweisen enthaltenen Angaben verlassen können. Deswegen ist für die ausgebenden Stellen ein Höchstmaß an Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit erforderlich, das nur gesetzlich ermächtigte Stellen wie Behörden, Berufskammern oder sonstige öffentlichrechtliche Körperschaften bieten. - Berufsausweise sollten schrittweise für einzelne, dafür geeignete Berufe eingeführt werden. Als besonders geeignet erscheinen Berufe, die eine hohe Migration und ein möglichst einheitliches Berufsbild aufweisen und in mehreren Mitgliedstaaten reglementiert sind (z.B. Ärzte, Krankenpfleger, Ingenieure, Reiseleiter). Die Einführung neuer Berufsausweise könnte durch Durchführungsrechtsakte nach Artikel 291 AEUV erfolgen, wobei sich die Kommission und die Mitgliedstaaten bei der Entscheidung über die Einführung eines Berufsausweises in einem bestimmten Beruf eng mit dem jeweils betroffenen Berufsverband abstimmen sollten. Die Berufsausweise sollten die Besonderheiten der verschiedenen Berufe berücksichtigen, grundsätzlich aber einem einheitlichen Schema folgen.
- - Berufsausweise sollten eine Option für die Bürger sein, die eine Anerkennung ihrer Berufsqualifikation in einem anderen Mitgliedstaat anstreben, und keinesfalls verpflichtend vorgeschrieben werden. Die Mitgliedstaaten sollten jedoch zu einer Ausstellung von Berufsausweisen verpflichtet sein, sofern für den betreffenden Beruf Berufsausweise vorgesehen sind und ein Berufsangehöriger einen Berufsausweis beantragt.
- - Der Bundesrat ist der Ansicht, dass der europäische Berufsausweis ein Mittel sein kann, um im Bereich der sektoral geregelten Gesundheitsberufe die Anerkennungsverfahren zu erleichtern.
Zu den Anforderungen an die Berufsausweise hat Deutschland in der Stellungnahme zur Konsultation ausführlich Stellung bezogen. Angesichts der sensiblen Situation im Bereich der Gesundheitsberufe muss die Möglichkeit geschaffen werden, den Berufsausweis zu entziehen, wenn die Inhaberin oder der Inhaber ihre bzw. seine Berufspflichten verletzt.
- - Voraussetzung für die Wirksamkeit dieses neuen Instrumentes ist, dass sich die Mitgliedstaaten systematisch im Binnenmarktinformationssystem (IMI) vernetzen. So kann gewährleistet werden, dass die Informationen und Dokumente, anhand derer der Berufsausweis im Einzelfall ausgestellt wird, abrufbar vorgehalten werden.
Dieser systematischen und konsequenten Vernetzung widerspricht jedoch das Prinzip der Freiwilligkeit, auf dem der Berufsausweis beruht. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass der Grundsatz der Freiwilligkeit bestehen bleiben muss. Daher bedarf es der Klarstellung, dass in Fällen der Anwendung des Berufsausweises dies die IMI-Vernetzung verbindlich bedingt. Die Klarstellung ist insbesondere erforderlich, da mit der Anwendung des Berufsausweises eine sehr ambitionierte Verkürzung der Entscheidungsfristen (bei der automatischen Anerkennung binnen 2 Wochen und der Anerkennung nach der allgemeinen Regelung binnen eines Monats) vorgesehen ist, die einen einfachen und schnellen Zugang zu den Unterlagen und Dokumenten voraussetzt. Eine Verkürzung der Fristen im allgemeinen Verfahren von bisher drei Monaten auf einen Monat geht zulasten der Qualität der Überprüfung, da es bei diesen Berufen an einem definierten Vergleichsstandard fehlt. Die für die Beurteilung der Qualifikation im Aufnahmemitgliedstaat maßgeblichen Angaben können von denen im Herkunftsland maßgeblichen und auf dem Berufsausweis notierten Angaben abweichen. Darüber hinaus ist IMI im Wesentlichen auf Standardfragen aufgebaut. Bei freien Texten und Fachsprache ist jedoch Zeit für Übersetzung und Rückfragen einzurechnen, da es hier auf Details ankommt.
Es bedarf ebenfalls der Klarstellung, für welche Ebene sich die Freiwilligkeit als Entscheidungsoption ergibt: Mitgliedstaaten, Berufsverbände oder qualifizierte Berufstätige. Entscheidend ist jedenfalls, dass ein einheitliches Verfahren vorgegeben wird.
- - Berufsausweise sollten deshalb nur von zuständigen Stellen ausgegeben werden können, die im Binnenmarktinformationssystem IMI registriert sind und auf diese Weise für einen elektronischen Informationsaustausch mit zuständigen Stellen aus anderen Mitgliedstaaten zur Verfügung stehen. Die Mitgliedstaaten müssen zudem sicherstellen, dass angemessene Sanktionsmechanismen gegen eine missbräuchliche Ausstellung oder Fälschung von Berufsausweisen in Kraft sind.
Die Mitgliedstaaten dürfen nicht verpflichtet werden, die Berufsausweise mit nationalen beruflichen Ausweisen der Mitgliedstaaten zu verbinden. Zwar können Synergieeffekte genutzt werden. Nationale Projekte, wie die in Deutschland geplanten elektronischen Heilberufsausweise im Gesundheitswesen, dürfen jedoch nicht behindert werden.
Zu Frage 2a
- 10. Der Bundesrat spricht sich dafür aus, das Meldesystem grundsätzlich beizubehalten, die erforderlichen Begleitdokumente aber durch den Berufsausweis zu ersetzen (Option 2). Eine physische Vorlage des Berufsausweises gegenüber der zuständigen Stelle im Rahmen der Meldung ist jedoch nicht erforderlich. Eine elektronische Übermittlung des Berufsausweises sollte vielmehr ausreichen.
Aus dem Berufsausweis sollten die Ausweisnummer und die ausstellende Behörde hervorgehen, so dass die zuständige Stelle des Aufnahmemitgliedstaats die Angaben über das Binnenmarktinformationssystem IMI bei Bedarf nachprüfen kann.
Das Recht der zuständigen Behörden, die Berufsqualifikation von Dienstleistungserbringern nachzuprüfen, deren Beruf die öffentliche Gesundheit, Sicherheit oder Umwelt berührt und nicht der automatischen Anerkennung unterliegt, darf nicht in Frage gestellt werden. Für diese Fälle gelten die Ausführungen zu Frage 2c entsprechend.
Option 1 sollte jedoch für Dienstleistungserbringer gelten, die grenzüberschreitend personenbezogene Dienstleistungen ausschließlich gegenüber Verbrauchern erbringen, die von dem Dienstleistungserbringer in andere Mitgliedstaaten begleitet werden (siehe Frage 7).
Zu Frage 2b
- 11. Bei den sektoriellen Berufen, die nach Kapitel III der Richtlinie der automatischen Anerkennung unterliegen, würde ein Berufsausweis Bürgern, die die Voraussetzungen für eine automatische Anerkennung ihrer Berufsqualifikation zweifelsfrei erfüllen, ermöglichen, ihren Beruf ohne erneute Prüfung ihrer Berufsqualifikation in allen Mitgliedstaaten auszuüben. Eine zweiwöchige Prüfungsfrist erscheint aber zu kurz, um alle mit der Prüfung der Berufsqualifikation zusammenhängenden Fragen zu klären.
- 12. Eine Verkürzung der Bearbeitungsfrist von Anträgen Angehöriger der sektoral geregelten Gesundheitsberufe mit Berufsausweis auf zwei Wochen würde den Handlungsspielraum der zuständigen Behörden erheblich einengen (beispielsweise wenn Binnenmarktinformationssystem (IMI)-Anfragen durchzuführen sind) und ist nicht umsetzbar. Im Rahmen der allgemeinen Regelung kann ein Berufsausweis die Qualifikationsprüfung nicht ersetzen.
Daher würde sich das Verfahren nicht ändern und eine Verkürzungsmöglichkeit der Bearbeitungsfrist durch den Berufsausweis ist nicht erkennbar.
- 13. Die Frist sollte mindestens einen Monat betragen. Zudem muss die Prüfungsfrist in Zweifelsfällen, in denen eine Rückfrage bei der ausstellenden Behörde über IMI erforderlich ist, für die Dauer der Rückfrage gehemmt sein. Auch sollte aus der Richtlinie zweifelsfrei hervorgehen, dass die Frist nur die Prüfung der Berufsqualifikation und nicht die Prüfung der Sprachkenntnisse nach Artikel 53 der Richtlinie umfasst.
Eine nur zweiwöchige Prüfungsfrist erscheint auch für Berufe, die nach Kapitel II der automatischen Anerkennung aufgrund Berufserfahrung unterliegen, als zu kurz. Auch wenn Berufsausweise die Prüfung der Berufsqualifikation erleichtern, können sich bei der Prüfung schwierige Fragen der Abgrenzung der Berufsbilder von Herkunfts- und Aufnahmemitgliedstaat stellen, so dass eine mindestens einmonatige Prüfungsfrist in jedem Fall notwendig bleibt.
Zu Frage 2c
- 14. Im Rahmen der allgemeinen Regelung können Berufsausweise nicht die Entscheidung des Aufnahmemitgliedstaates im Anerkennungsverfahren präjudizieren. Auch können sie grundsätzlich nicht den Nachweis der für die Durchführung des Anerkennungsverfahrens erforderlichen Informationen ersetzen oder entbehrlich machen. Eine umfassende, standardisierte Dokumentation von Ausbildung und Berufserfahrung in Form von brancheneinheitlichen Berufsausweisen durch den Herkunftsmitgliedstaat könnte aber Grundlage für die vom Aufnahmemitgliedstaat durchzuführende Prüfung sein. Dabei sollte - in enger Zusammenarbeit mit der zuständigen Generaldirektion für Bildung und Kultur - auf die Vorarbeiten der Kommission zum "Europass" zurückgegriffen werden.
Derartige Berufsausweise würden den Aufnahmemitgliedstaaten den Vergleich der Berufsausbildung mit der Ausbildung des Aufnahmemitgliedstaats und die Entscheidung über den Umfang von Ausgleichsmaßnahmen erleichtern. Es ist davon auszugehen, dass sich das Anerkennungsverfahren nach der allgemeinen Regelung auf diese Weise in vielen Fällen deutlich beschleunigen ließe.
Nichtsdestotrotz dürfte es auf Grund der unterschiedlichen Ausbildungssysteme der Mitgliedstaaten und der unterschiedlichen Berufsbilder und -reglementierungen in den Mitgliedstaaten weiterhin Verfahren geben, in denen trotz der durch die Berufsausweise verfügbaren Informationen eine umfangreiche Prüfung zu erfolgen hat und auf die Expertise von Sachverständigen zurückgegriffen werden muss. Eine generelle Verkürzung der Dauer der Anerkennungsverfahren nach der allgemeinen Regelung auf einen Monat erscheint aus Sicht des Bundesrates daher auch bei einer Einführung von Berufsausweisen nicht als durchführbar und wird daher abgelehnt. Denkbar wäre jedoch, die Prüfungsfrist in Ausnahmefällen, bei bestimmten, dafür geeigneten Berufen zu verkürzen, bei denen die Informationen aus den Berufsausweisen eine ausreichende Entscheidungsgrundlage bieten können (z.B. bei Ingenieuren).
Zu Frage 3
- 15. Der Bundesrat sieht die Einbeziehung der Rechtsprechung zum partiellen Zugang in die Richtlinie kritisch, wonach die Mitgliedstaaten unter bestimmten Voraussetzungen auf Antrag des Berufsangehörigen einen partiellen Zugang zu dem Beruf gewähren müssen (Urteil des EuGH vom 19. Januar 2006 (C330/03)). Aus Sicht des Bundesrates müssen Fälle des partiellen Zugangs zu einem reglementierten Beruf auch zum Schutz von Verbrauchern und Patienten auf Einzelfälle beschränkt bleiben.
Ein partieller Zugang zu einem reglementierten Beruf hat zur Folge, dass der Betroffene nicht alle Tätigkeiten ausüben darf, die Angehörige des jeweiligen Berufs üblicherweise ausführen dürfen. Bestimmten Berufsangehörigen regelmäßig einen partiellen Zugang zu ihrem Beruf einzuräumen, würde nach Meinung des Bundesrates zu einer Zersplitterung gewachsener Berufsbilder und damit zu erheblicher Rechtsunsicherheit führen. Auch bestünde die Gefahr, Bürger mit Ausbildung aus anderen Mitgliedstaaten gegenüber Bürgern des Aufnahmestaates zu bevorzugen, die ihre Ausbildung im Aufnahmestaat nicht abschließen konnten. Zudem ließe sich das Verbot, bestimmte berufliche Tätigkeiten auszuführen, die Angehörige dieses reglementierten Berufes üblicherweise ausführen, in der Praxis in vielen Fällen nur schwer kontrollieren. Aus Sicht des Bundesrates wäre es besser, die Mitgliedstaaten zu verpflichten, jedem Berufsangehörigen anzubieten, durch Ausgleichsmaßnahmen den vollen Berufszugang zu erwerben.
Das Kriterium, wonach die berufliche Tätigkeit objektiv von der Gesamtheit der Tätigkeiten zu trennen sein muss, die der Beruf in dem Mitgliedstaat umfasst, stellt aus Sicht des Bundesrates jedenfalls allein kein ausreichendes Kriterium dar, um zum Schutz der Verbraucher eine Zersplitterung gewachsener Berufsbilder zu verhindern. Sollte die Kommission trotz der geäußerten Bedenken die Grundsätze für einen partiellen Zugang in die Richtlinie aufnehmen, müsste als weiteres Kriterium hinzukommen, dass die Unterschiede zwischen zwei Berufsbildern, wie im Beispiel des Ski- und Snowboardlehrers, so groß sind, dass sie nicht durch eine erfolgreiche Teilnahme an Ausgleichsmaßnahmen, sondern nur durch ein Durchlaufen des vollständigen Ausbildungsprogramms ausgeglichen werden könnten. Zudem muss klargestellt werden, dass Ausnahmen vom partiellen Zugang zum Beruf zum Schutz von Allgemeininteressen wie beispielsweise des Patientenschutzes oder aufgrund der besonderen Bedingungen des Berufsbeamtentums möglich sind.
- 16. Der Bundesrat weist darauf hin, dass sich der partielle Zugang für manche Berufe generell nicht eignet und die Aufnahme eines partiellen Zugangs nicht dazu führen darf, dass die Qualität und das hohe Niveau des deutschen Bildungssystems unterlaufen werden oder dass es zu einer Inländerdiskriminierung kommt.
- 17. Der Bundesrat hält aber die Schaffung eines partiellen Berufszugangs für die Gesundheitsberufe nicht für durchführbar. Die Verberuflichung von Teilqualifikationen würde zur Entstehung von neuen, immer ausdifferenzierteren Berufsbildern führen, da der partielle Zugang auch Inländerinnen und Inländern eröffnet werden müsste. Die Kompetenzen, Tätigkeitsfelder und Verantwortlichkeiten der einzelnen Berufe wären nicht mehr erkennbar, worunter die Qualität der Gesundheitsversorgung leiden würde.
Zu Frage 4
- 18. Aus Sicht des Bundesrates hat sich das System der automatischen Anerkennung in den sieben sektoriellen Berufen (Ärzte, Zahnärzte, Krankenpfleger, Hebammen, Apotheker, Tierärzte, Architekten) bewährt. Der Bundesrat spricht sich dafür aus, weitere, dafür geeignete Berufe in die automatische Anerkennung zu überführen.
Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission ihre Idee, europäische Ausbildungsprogramme als eine Art 28. Regime zu schaffen, die parallel zu den nationalen Ausbildungsprogrammen bestehen und mit diesen konkurrieren, nicht weiter verfolgt. Bildungspolitik ist in erster Line Sache der Mitgliedstaaten, in Deutschland der Länder und muss dies auch bleiben. Eine Harmonisierung von Ausbildungsgängen auf europäischer Ebene lehnt der Bundesrat ab.
- 19. Der Kommission ist zuzustimmen, dass sich das derzeitige Konzept der gemeinsamen Plattformen als Fehlschlag erwiesen hat. Der Bundesrat begrüßt deswegen die Absicht der Kommission, das Konzept zu überarbeiten. Einem neuen Konzept gemeinsamer Plattformen, das "fast genauso funktioniert wie die Regelung der automatischen Anerkennung für Ärzte, Zahnärzte, Krankenpfleger, Hebammen, Apotheker, Tierärzte und Architekten, aber ohne dass alle Mitgliedstaaten teilnehmen müssen," könnte zugestimmt werden. Dies setzt voraus, wie bei den sektoriellen Berufen gemeinsame Mindestausbildungsvoraussetzungen zu formulieren, die als "Kriterien in Bezug auf Berufsqualifikationen dienen, die geeignet sind, wesentliche Unterschiede auszugleichen, die zwischen den Ausbildungsvoraussetzungen der verschiedenen Mitgliedstaaten für einen bestimmten Beruf festgestellt werden (vgl. Artikel 15 Absatz 1 der Richtlinie)".
Allerdings stellt sich die Frage, ob dieses neue Konzept weiterhin als "Gemeinsame Plattformen" bezeichnet werden sollte, da dieser Begriff für das alte, gescheiterte Konzept steht und wenig aussagekräftig und für Außenstehende nur sehr schwer verständlich ist. Ein neuer, aussagekräftigerer Begriff könnte beispielsweise "Gemeinsame Ausbildungsgrundsätze" sein. Die entsprechenden Vorschriften sollten zudem nicht mehr bei der allgemeinen Regelung in Titel III, Kapitel I der Richtlinie stehen, sondern in das System der automatischen Anerkennung in Titel III, Kapitel III integriert werden.
Die Erarbeitung neuer gemeinsamer Plattformen sollte weiterhin auch auf Initiative der Kommission oder der Mitgliedstaaten erfolgen können.
Der Vorschlag, die Auswirkungen neuer gemeinsamer Plattformen auf den EU-Binnenmarkt zu prüfen, wird vom Bundesrat nachdrücklich unterstützt. Neue gemeinsame Plattformen dürfen die Mobilität von Berufsangehörigen aus Mitgliedstaaten, die einen Beruf nicht reglementiert haben, in Mitgliedstaaten, die diesen Beruf reglementiert haben, nicht erschweren. Zudem dürfen gemeinsame Plattformen nicht dazu führen, dass die Mitgliedstaaten direkt oder indirekt unter Druck geraten, den Zugang zu bislang noch nicht reglementierten Berufen zu reglementieren oder das formelle Ausbildungsniveau zu erhöhen. Die Prüfung der Auswirkungen neuer gemeinsamer Plattformen auf den EU-Binnenmarkt ist Aufgabe der Kommission und der Mitgliedstaaten.
Im Interesse der Einheitlichkeit des Binnenmarktes muss eine Einigung auf neue gemeinsame Plattformen grundsätzlich im Kreis aller Mitgliedstaaten angestrebt werden. Die Erarbeitung neuer gemeinsamer Plattformen durch einen Teil der Mitgliedstaaten sollte nur möglich sein, wenn eine Einigung im Kreise aller endgültig nicht gelingt. Eine Absenkung des Schwellenwertes von zwei Dritteln aller Mitgliedstaaten auf nur ein Drittel wird nicht für sachgerecht gehalten. Um der Gefahr einer Zersplitterung des EU-Binnenmarktes vorzubeugen, muss sich zumindest die Hälfte der Mitgliedstaaten an einer gemeinsamen Plattform beteiligen.
- 20. Was den Vorschlag angeht, neue gemeinsame Plattformen durch delegierte Rechtsakte der Kommission zu erlassen, so ist der Bundesrat der Auffassung, dass für Berufe, die über "Gemeinsame Plattformen" in die automatische Anerkennung überführt werden, dasselbe rechtliche Instrumentarium wie für die sektoriellen Berufe genutzt werden sollte, die bereits der automatischen Anerkennung unterliegen (siehe Frage 14).
Für die Berufe, die nach Titel III Kapitel II der Berufsanerkennungsrichtlinie bereits der automatischen Anerkennung aufgrund von Berufserfahrung unterliegen, wäre die Erarbeitung gemeinsamer Plattformen nicht erforderlich und auch nicht zweckmäßig.
Eine Initiative für neue gemeinsame Plattformen könnte für reglementierte akademische Berufe in Frage kommen, bei denen die Ausbildung im Zuge des Bologna-Prozesses bereits auf international vergleichbare Abschlüsse umgestellt worden ist, und die der automatischen Anerkennung bislang noch nicht unterliegen, sowie für die zurzeit in Anhang II der Richtlinie enthaltenen Gesundheitsberufe mit einer mindestens dreizehnjährigen Schul- und Ausbildungszeit. Die Erfahrung zeigt, dass insbesondere viele Bachelor- und Master-Absolventen einen problemlosen Zugang zu reglementierten Berufen in anderen Mitgliedstaaten durch eine automatische Anerkennung ihrer Studienabschlüsse erwarten. Grundlage für gemeinsame Plattformen zu diesen Berufen könnten Kataloge von Kenntnissen, Fertigkeiten und Kompetenzen sein, flankiert beispielsweise durch eine Festlegung von Mindest-ECTS-Punkten (Europäisches System zur Übertragung und Akkumulierung von Studienleistungen (ECTS)). Die Überprüfung neuer Studiengänge auf Übereinstimmung mit den Elementen der gemeinsamen Plattformen könnte den im Rahmen des Bologna-Prozesses eingerichteten Qualitätssicherungsstellen übertragen werden, denen bereits derzeit die Qualitätsprüfung dieser Studiengänge obliegt (siehe Frage 17).
Zu Frage 5
- 21. Fälle, in denen Bürger die gesamte deutsche Ausbildung durchlaufen müssen, um die innerstaatliche Qualifikation in Deutschland zu erlangen, sind nicht bekannt. Durch eine Streichung der Qualifikationsstufen (siehe Frage 9) würde sichergestellt, dass im Rahmen des Anerkennungsverfahrens nach der allgemeinen Regelung grundsätzlich jedem Berufsangehörigen, dessen Ausbildung wesentliche Unterschiede aufweist, die Möglichkeit aufgezeigt würde, diese Unterschiede durch Ausgleichsmaßnahmen auszugleichen.
Zu Frage 6
- 22. Der Bundesrat weist darauf hin, dass er in der nationalen Diskussion um das Anerkennungsgesetz des Bundes die Bundesregierung zur Einrichtung zentraler Informations- und Erstanlaufstellen aufgefordert hat. Die Kommission erwägt darüber hinaus, eine Verpflichtung zum onlinegestützten Anerkennungsverfahren für alle Berufe einzuführen. Dies setzt die Mitwirkung und die Übernahme von Leistungen durch Dritte - insbesondere durch die Kammern in Deutschland - voraus.
- 23. Eine zentrale Zugangsstelle für Fragen und Anträge auf Anerkennung von Berufsqualifikationen steht den Bürgern mit den einheitlichen Ansprechpartnern nach der Dienstleistungsrichtlinie bereits heute zur Verfügung. Jedoch können sich die Bürger, dem Anwendungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie entsprechend, derzeit nur an die einheitlichen Ansprechpartner wenden, wenn sie als Selbständige und entsandte Mitarbeiter, nicht aber, wenn sie als Angestellte arbeiten wollen. Zudem sind die einheitlichen Ansprechpartner nicht für alle reglementierten Berufe zuständig, sondern nur für Berufe, die in den Anwendungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie fallen. Beide Unterscheidungen sind den Bürgern in der Praxis kaum zu vermitteln.
Aus Sicht des Bundesrates sollten für Fragen der Berufsanerkennung, die nicht in den Anwendungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie fallen, keine Doppelstrukturen zu den bestehenden einheitlichen Ansprechpartnern nach der Dienstleistungsrichtlinie aufgebaut werden. Die Kontaktpunkte zur Berufsanerkennungsrichtlinie parallel zu den bestehenden einheitlichen Ansprechpartnern nach der Dienstleistungsrichtlinie zu neuen "Einheitlichen Ansprechpartnern für Fragen der Berufsanerkennung" weiter zu entwickeln, wäre ineffizient, praxisfern und den Bürgern nicht vermittelbar. Der Bundesrat unterstützt daher den Vorschlag, die Zuständigkeit der einheitlichen Ansprechpartner nach der Dienstleistungsrichtlinie auf alle beruflichen Tätigkeiten auszuweiten.
Auf diese Weise stünde den Bürgern für Fragen der Berufsanerkennung eine zentrale Online-Zugangsstelle für Anträge auf Anerkennung der Berufsqualifikation zur Verfügung (in Deutschland: www.dienstleistenleichtgemacht.de).
- 24. Der Bundesrat schätzt das onlinegestützte Anerkennungsverfahren als kundenfreundlich und als Element zur Stärkung der Mobilität ein. Hierzu erforderliche Investitionen müssen jedoch durch den Bund refinanziert werden. Ferner muss für die zuständigen Stellen die Möglichkeit bestehen bleiben, neben dem online-Verfahren weitere Nachweise, wie zum Beispiel Arbeitsproben, anzufordern.
- 25. Die Online-Abwicklung darf insbesondere nicht das Recht der Anerkennungsbehörden einschränken, sich die erforderlichen Nachweise bei Zweifeln an ihrer Echtheit in Papierform vorlegen zu lassen, falls eine Nachprüfung über das Binnenmarktinformationssystem IMI nicht möglich ist. Es muss möglich bleiben, dem Antragsteller rechtskräftige Bescheide und Urkunden auf dem Postweg zu übermitteln.
Über Internetseiten, bei denen unabhängig von Beruf oder Region vollständige Angaben zu den für die Anerkennung von Berufsqualifikationen zuständigen Behörden erhältlich sind, verfügt Deutschland bereits heute (siehe www.anabin.de, Links: "Zuständige Stellen in Deutschland" sowie www.beruflicheanerkennung.de).
Was die für das Anerkennungsverfahren erforderlichen Dokumente angeht, so spricht sich der Bundesrat dafür aus, diese abschließend in der Richtlinie selbst zu regeln. Für die im Rahmen der grenzüberschreitenden Dienstleistungserbringung erforderlichen Dokumente ist dies in Artikel 7 Absatz 2 der Richtlinie bereits erfolgt. Die Verpflichtung des Antragstellers, die erforderlichen Unterlagen grundsätzlich selbst beizubringen, sollte dabei nicht in Frage gestellt werden.
Sollte die Zuständigkeit der einheitlichen Ansprechpartner auf alle beruflichen Tätigkeiten ausgeweitet werden, könnte auf die Kontaktstellen zur Berufsanerkennungsrichtlinie zukünftig verzichtet werden. Für Fragen zuständiger Stellen aus anderen Mitgliedstaaten zur Berufsanerkennung gibt es mit dem Binnenmarktinformationssystem IMI zukünftig für alle Berufe ein einfaches und bewährtes Verfahren der Verwaltungszusammenarbeit. Zudem steht für die Unterstützung der Bürger bei der Wahrnehmung ihrer Rechte aus der Berufsanerkennungsrichtlinie das informelle Problemlösungsnetzwerk SOLVIT zur Verfügung. Ein Verzicht auf die Kontaktstellen würde dazu beitragen, das Informationsangebot für die Bürger in Binnenmarktfragen übersichtlicher zu gestalten.
Zu Fragen 7 und 8 - Vorbemerkung
- 26. Aus Sicht des Bundesrates bestehen über die in Fragen 7 und 8 angesprochenen Aspekte hinaus weitere Möglichkeiten, den Rechtsrahmen für die vorübergehende grenzüberschreitende Dienstleistungserbringung in Europa zu verbessern.
- - So sollte in Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie ausdrücklich klargestellt werden, dass die Dienstleistung nach der schriftlichen Meldung sofort erbracht werden kann. Eine Rückäußerung der zuständigen Stellen muss, außer bei Berufen, die die öffentliche Gesundheit, Sicherheit (oder Umwelt, siehe 5. Spiegelstrich) berühren, nicht abgewartet werden. In der Praxis kommt es diesbezüglich häufig zu Missverständnissen. - Der Begriff "vorübergehend oder gelegentlich" sollte im Rahmen einer Legaldefinition konkretisiert werden, um Rechtsunsicherheiten zu beseitigen.
- - Artikel 7 Absätze 1 und 2 der Richtlinie sollten dahingehend geändert werden, dass die Meldung nur alle drei Jahre zu erneuern ist sowie, wenn sich eine Änderung gegenüber der anlässlich der erstmaligen Dienstleistungserbringung bescheinigten Situation ergeben hat. Eine derartige Änderung würde die Bürger und die zuständigen Stellen von überflüssigen Nachweispflichten entlasten. Für Berufe, die die öffentliche Gesundheit oder Sicherheit berühren, sollen die Mitgliedstaaten aber weiterhin verlangen können, dass der Dienstleistungserbringer die Meldung einmal jährlich erneuert.
- - Die Vorschrift des Artikels 5 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie, wonach ein Dienstleister aus einem Mitgliedstaat, der den betreffenden Beruf nicht reglementiert hat, seine Berufserfahrung im Niederlassungsmitgliedstaat erworben haben muss, kann in Einzelfällen zu unangemessenen Ergebnissen führen (z.B. bei Reiseleitern). Deswegen wird vorgeschlagen, auf das Erfordernis, dass die Berufserfahrung im Niederlassungsstaat erworben worden sein muss, zu verzichten.
- - Schließlich wird vorgeschlagen, die Regelungen der Berufsanerkennungsrichtlinie zu den Rechtfertigungsgründen und den Verfahren bei der gelegentlichen grenzüberschreitenden Dienstleistungserbringung an die entsprechenden Regelungen der Dienstleistungsrichtlinie (Artikel 16 Absatz 3: Rechtfertigungsgründe öffentliche Ordnung, Sicherheit und Gesundheit und Umweltschutz) anzupassen. Die entsprechenden Vorschriften der Berufsanerkennungsrichtlinie und der Dienstleistungsrichtlinie führen zu Widersprüchen, wenn bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen nicht nur die Berufsqualifikation überprüft wird, sondern auch weitere Anforderungen gestellt werden.
Zu Frage 7
- 27. Sofern Verbraucher sich vorübergehend in andere Mitgliedstaaten begeben und dabei von Dienstleistern begleitet werden, die ihre Dienstleistung ausschließlich ihnen gegenüber erbringen, ist eine vorherige schriftliche Meldung bzw. eine Nachprüfung der Berufsqualifikation grundsätzlich nicht erforderlich. Diese Ausnahme ist jedoch auf Fälle zu beschränken, in denen personenbezogene Dienstleistungen ausschließlich gegenüber dem begleiteten Verbraucher bzw. den begleiteten Verbrauchern vorgenommen und keinerlei rechtliche Maßnahmen im Aufnahmemitgliedstaat getroffen werden.
Beispiele sind die Begleitung von Verbrauchern in andere Mitgliedstaaten durch Reiseleiter, Sporttrainer, Friseure, Privatlehrer oder medizinisches Betreuungspersonal von Leistungssportlern. Sofern ein Architekt einen Verbraucher in einen anderen Mitgliedstaat begleitet, wäre eine Meldung nur erforderlich, wenn der Architekt dort beispielsweise einen Bauantrag stellt, nicht aber, wenn er nur allgemein beratend tätig wird.
Zu Frage 8
- 28. Die Kommission schlägt eine neue Definition des Begriffs der "reglementierten Ausbildung" vor, nach der alle von einem Mitgliedstaat anerkannten Ausbildungen als "reglementierte Ausbildungen" im Sinne der Richtlinie gelten. Eine solche Begriffsausdehnung hätte zur Folge, dass ein erweiterter Personenkreis von den vereinfachten Zulassungsvoraussetzungen im Rahmen der vorübergehenden Mobilität profitieren könnte. Die Maßnahme kann insofern als Anregung und Generierung von mehr vorübergehender Mobilität gewertet werden. Sie darf allerdings nicht dazu führen, dass Länderregelungen außer Kraft gesetzt werden.
- 29. In der Tendenz hebt die Maßnahme bei Ausbildungen die Unterscheidung zwischen "reglementiert" und "nicht reglementiert" auf. Einer Erweiterung der vorübergehenden Mobilität steht der Bundesrat offen gegenüber. Es sollte geprüft werden, inwieweit die aktuelle Entwicklung der Ausbildungswelt sich auf die vorübergehende Mobilität auswirkt und eine Anwendbarkeit des einfacheren Systems der vorübergehenden Mobilität auch bei Ausbildungen, die nicht auf einen bestimmten Beruf gerichtet sind, als sinnvoll erscheinen lässt.
- 30. In der Legaldefinition des Begriffs "reglementierte Ausbildung" sollte zudem noch deutlicher klargestellt werden, dass es sich auch bei Studiengängen, die im Zuge des Bologna-Prozesses auf international vergleichbare Abschlüsse umgestellt worden sind, um "reglementierte Ausbildungen" im Sinne des Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe e der Richtlinie handelt. Dass diese Studiengänge im Einklang mit europäischen Vorgaben und Leitlinien (Standards and Guidelines for Quality Assurance in European Higher Education Area der European Association for Quality Assurance in Higher Education) staatsfern konzipiert sind, darf daran nichts ändern.
Anhang III der Richtlinie dient der Einordnung bestimmter reglementierter Ausbildungen in das Qualifikationsniveau nach Artikel 11c der Richtlinie. Bei einem vom Bundesrat unterstützten Verzicht auf die Qualifikationsstufen (siehe Frage 9) könnte auch dieser komplizierte und teilweise veraltete Anhang entfallen.
Zu Frage 9
- 31. Der Bundesrat teilt die Auffassung der Kommission, dass eine Nicht-Anwendung der Richtlinie nicht sachgerecht ist, sofern ein Berufsangehöriger einen Unterschied von zwei Niveaus nach Artikel 11 aufweist. Der Niveauunterschied sollte eine andere Basis für das Anerkennungsverfahren angeben und nicht das generelle Ausscheiden des Berufsangehörigen aus der Richtlinienanwendung.
- 32. Der Bundesrat befürwortet grundsätzlich eine ersatzlose Streichung der Qualifikationsstufen. Die Anwendung der Artikel 11 und 13 der Richtlinie zur Einstufung von Berufsqualifikationen in bestimmte Qualifikationsstufen erweist sich in der Praxis als besonders fehleranfällig. Die Umsetzung dieser Vorschriften war besonders aufwändig und kompliziert. Die Artikelsowie die ergänzenden Anhänge II und III sind für die Verwaltung nur sehr schwer zu handhaben und für die Bürger völlig unverständlich.
Die praktische Bedeutung dieser Vorschriften tendiert demgegenüber gegen Null. Dass sich das Qualifikationsniveau eines reglementierten Berufes in zwei Mitgliedstaaten um zwei Qualifikationsstufen unterscheidet (z.B. ein Mitgliedstaat Studium nach Artikel 11d der Richtlinie, ein anderer Mitgliedstaat Hauptschulabschluss und Ausbildung nach Artikel 11b der Richtlinie), kommt in der Praxis so gut wie nie vor. Sollte es dennoch der Fall sein, könnten die Mitgliedstaaten die unmittelbare Anerkennung nicht hinreichend qualifizierter Personen jederzeit durch die Auferlegung von Ausgleichsmaßnahmen nach Artikel 14 der Richtlinie verhindern. Die Qualifikationsstufen der Richtlinie führen zudem zu zahlreichen Missverständnissen mit den Qualifikationsniveaus des Europäischen Qualifikationsrahmens.
Die ersatzlose Streichung der Qualifikationsstufen im Rahmen der allgemeinen Regelung der Berufsanerkennungsrichtlinie, einschließlich der Anlagen II und III, würde eine erhebliche Vereinfachung der Richtlinie bedeuten. Die Anerkennungsbehörden würden in diesem Fall ohne weitere Vorprüfungen die Prüfung wesentlicher Unterschiede in der Ausbildung vornehmen und auf diese Weise die Entsprechung zum jeweiligen nationalen Ausbildungsniveau sicherstellen können. Im Rahmen dieser Prüfung darf es durch die Streichung der Qualifikationsstufen nicht zu einer Schlechterstellung von Anerkennungssuchenden kommen, deren Ausbildung im Herkunftsland sich in Bezug auf Dauer oder Bildungsabschluss (berufliche oder akademische Ausbildung) von der des Aufnahmestaates unterscheidet.
Eine Streichung der Qualifikationsstufen setzt voraus, die Eröffnung des Anerkennungsverfahrens von einer formellen Mindestqualifikation abhängig zu machen. Berufserfahrung allein kann nicht ausreichen, um beispielsweise ein Anerkennungsverfahren zu einem Ausbildungs- oder Studienberuf zu eröffnen, da ansonsten über Ausgleichsmaßnahmen die komplette Erstqualifikation durchlaufen werden müsste.
Die Streichung der Qualifikationsstufen schließt zudem nicht aus, für die Prüfung wesentlicher Unterschiede in der Ausbildung nach Artikel 14 der Richtlinie unverbindliche Orientierungshilfen zur Einstufung von Berufsqualifikationen zu entwickeln. Die Qualifikationsniveaus des Europäischen Qualifikationsrahmens können in diesem Zusammenhang nützliche Anhaltspunkte bieten.
Um die Prüfung zu erleichtern, sollte außerdem die Datenbank der Kommission über die reglementierten Berufe von den Mitgliedstaaten um Informationen bzw. Links zu Informationen über die Berufsbilder und notwendigen Kompetenzen der einzelnen Berufe der Mitgliedstaaten ergänzt werden.
Zu Frage 10
- 33. Der Bundesrat kann den vorgeschlagenen vier Maßnahmen weitgehend zustimmen.
- - Vereinfachung von Artikel 14 der Richtlinie:
Der Bundesrat kann einer Streichung von Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie zustimmen. Die Formulierung des Artikels 14 der Richtlinie ist unnötig kompliziert und teilweise unverständlich. Aus deutscher Sicht reicht die Festlegung, dass Ausgleichsmaßnahmen verlangt werden können, wenn zwischen den nachgewiesenen Berufsqualifikationen und der entsprechenden inländischen Berufsbildung wesentliche Unterschiede bestehen. Wesentliche Unterschiede zwischen den nachgewiesenen Berufsqualifikationen und der entsprechenden inländischen Berufsbildung liegen vor, sofern
- -- sich der im Ausland erworbene Ausbildungsnachweis auf Fähigkeiten und Kenntnisse bezieht, die sich hinsichtlich des Inhalts oder auf Grund der Ausbildungsdauer wesentlich von den Fähigkeiten und Kenntnissen unterscheiden, auf die sich der entsprechende inländische Ausbildungsnachweis bezieht,
- -- die entsprechenden Fähigkeiten und Kenntnisse eine maßgebliche Voraussetzung für die Ausübung des jeweiligen Berufs darstellen und -- die Antragstellerin oder der Antragsteller diese Unterschiede nicht durch sonstige Befähigungsnachweise oder nachgewiesene einschlägige Berufserfahrung ausgeglichen hat.
- - Erfordernis der zweijährigen Berufserfahrung in Fällen, in denen ein Berufsangehöriger von einem Mitgliedstaat, der einen Beruf nicht reglementiert hat, in einen Mitgliedstaat wechselt, der den Beruf reglementiert hat:
Der Bundesrat kann einer Streichung von Artikel 13 Absatz 2 der Richtlinie zustimmen. Hinsichtlich der Niederlassungsfreiheit besteht für das Erfordernis einer zweijährigen Berufserfahrung keine sachliche Notwendigkeit, da es dem Aufnahmestaat bei wesentlichen Ausbildungsdefiziten jederzeit freisteht, im Rahmen des Anerkennungsverfahrens Ausgleichsmaßnahmen anzuordnen. Das Erfordernis der zweijährigen Berufserfahrung kann in diesen Fällen vielmehr eine unverhältnismäßige Härte bedeuten. So wird die Anerkennung der Berufsqualifikation eines Absolventen, der direkt nach seiner Ausbildung in einen Mitgliedstaat wechselt, der den betreffenden Beruf - anders als der Herkunftsstaat - reglementiert hat, von vornherein ausgeschlossen. Dem Absolventen bleibt nur die Möglichkeit, die komplette Ausbildung im Aufnahmestaat erneut zu durchlaufen.
Im Falle einer Streichung von Artikel 13 Absatz 2 der Richtlinie würden die Anerkennungsbehörden ohne weitere Vorprüfungen die Prüfung wesentlicher Unterschiede in der Ausbildung vornehmen und auf diese Weise die Entsprechung zum jeweiligen nationalen Ausbildungsniveau sicherstellen können.
- - Begründung von Ausgleichsmaßnahmen: Entscheidungen, mit denen Antragstellern eine Ausgleichsmaßnahme vorgeschrieben wird, sind nach Artikel 51 Absatz 2 Satz 1 zweiter Halbsatz der Richtlinie ordnungsgemäß zu begründen. Nach deutschem Verständnis gehört dazu bereits nach geltendem Recht, dass die vorhandenen Berufsqualifikationen und die wesentlichen Unterschiede gegenüber der entsprechenden inländischen Berufsbildung im Einzelnen dargelegt werden, da dem Antragsteller ansonsten die Entscheidung über die Einlegung von Rechtsbehelfen (vgl. Artikel 51 Absatz 3 der Richtlinie) erheblich erschwert würde (vgl. auch Urteil des EuGH vom 7. Mai 1992 (C-104/91)).
- - Übernahme grundlegender Bestimmungen des Verhaltenskodexes in die Richtlinie:
Der Bundesrat weist darauf hin, dass eine Rechtsverbindlichkeit des Verhaltenskodexes im Rahmen des vorangegangenen Konsultationsverfahrens von nahezu allen Beteiligten abgelehnt worden ist. Auch der Bundesrat spricht sich grundsätzlich gegen eine Rechtsverbindlichkeit des Verhaltenskodexes aus. Der unverbindliche Charakter des Verhaltenskodexes erlaubt es, flexible Vorgaben für das Anerkennungsverfahren zu machen, dessen Ablauf und Umfang angesichts der unterschiedlichen Reglementierung der verschiedenen reglementierten Berufe und Tätigkeiten höchst unterschiedlich sein kann.
Dies schließt nicht aus, einzelne grundlegende Bestimmungen des Verhaltenskodexes in die Richtlinie zu übernehmen, wie die Frage der berechtigterweise im Anerkennungsverfahren zu verlangenden Dokumente (siehe Frage 6) oder die Verpflichtung, Eignungsprüfungen innerhalb von sechs Monaten anzubieten. Zudem sollte im Rahmen der Legaldefinition der "Eignungsprüfung" klargestellt werden, wie oft eine Eignungsprüfung wiederholt werden kann und in welchem Verhältnis Eignungsprüfung und Anpassungslehrgang zueinander stehen.
In der Richtlinie sollte im Einklang mit den jüngsten Entscheidungen des EuGH vom 2. Dezember 2010 (C-422/09 ff.) zudem ausdrücklich klargestellt werden, dass im Rahmen der allgemeinen Regelung nach Artikel 14 Absatz 5 der Richtlinie jedwede Berufserfahrung zu berücksichtigen ist, diese also nicht notwendigerweise im Niederlassungsmitgliedstaat erworben worden sein muss.
- - Vereinfachung von Artikel 14 der Richtlinie:
Zu Frage 11
- 34. Zum Bildungsraum Europa gehört vor allem die Förderung der Mobilität jener, die als Teil oder Bestandteil ihrer vollständigen Ausbildung als Teilqualifizierte unter Aufsicht ihren Beruf ausüben - fachpraktischer Anteil der Ausbildung etc.. Soweit es sich dabei um die Vorbereitung auf öffentliche Ämter handelt, muss dies durch entsprechende Regelungen der Mitgliedstaaten geklärt werden. Darüber hinaus wird die Aufnahme der teilweise qualifizierten Berufsangehörigen in die Richtlinie grundsätzlich befürwortet. Es sollte jedoch genau geprüft werden, inwieweit hierfür bei Absolventen einer akademischen Ausbildung ein Bedürfnis besteht.
- 35. Der Bundesrat hält es für möglich, dass es Absolventen, die noch nicht den vollen Berufszugang haben, in besonderen Fällen ermöglicht werden könnte, den praktischen Ausbildungsteil in einem anderen Mitgliedstaat durchzuführen. Die allgemeine Regelung der Berufsanerkennungsrichtlinie könnte zu diesem Zweck auf derartige Absolventen Anwendung finden. Voraussetzung wäre allerdings, dass Herkunfts- und Aufnahmestaat einen zeitlich und inhaltlich vergleichbaren praktischen Ausbildungsteil vorsehen. Dies ist beispielsweise im Bereich der Architektur der Fall, nicht jedoch im Bereich der Lehrer, in dem die Bildungssysteme der Mitgliedstaaten erheblich voneinander abweichen. Ebenso fehlt die Vergleichbarkeit bei der Juristenausbildung und dem juristischen Vorbereitungsdienst.
Zu Frage 12
- 36. Vorbemerkung: Die Erfahrungen des Bundesrates mit dem Binnenmarktinformationssystem IMI sind grundsätzlich positiv. Dem Vorschlag, die Nutzung von IMI für alle Berufe - einschließlich der Gesundheitsberufe - verpflichtend vorzuschreiben, kann deshalb zugestimmt werden. Welche Stellen die Mitgliedstaaten für nichtreglementierte Berufe registrieren, für die keine zuständigen Stellen existieren, muss den Mitgliedstaaten selbst überlassen bleiben.
Der Bundesrat spricht sich für Option 2 aus, wonach der veranlassende Mitgliedstaat verpflichtet wäre, jede Vorwarnung an alle anderen Mitgliedstaaten zu übermitteln.
Option 1, wonach der veranlassende Mitgliedstaat eigenverantwortlich entscheidet, an welche anderen Mitgliedstaaten die Vorwarnung übermittelt wird, erscheint aus Gründen des Patientenschutzes unzureichend, da dem veranlassenden Mitgliedstaat die Absicht des betroffenen Berufsangehörigen, sich in einem anderen Mitgliedstaat niederzulassen, oftmals nicht bekannt sein dürfte. Hinzu kommt die haftungsrechtliche Unsicherheit für den veranlassenden Mitgliedstaat, wenn ein Schadensfall in einem Mitgliedstaat eintreten sollte, an den keine Vorwarnung geschickt worden ist.
Da Option 2 im Rahmen der Diskussion des Vorwarnmechanismus der Dienstleistungsrichtlinie datenschutzrechtliche Fragen aufgeworfen hat, sollte der Europäische Datenschutzbeauftragte eng in die weiteren Arbeiten an dem Vorwarnmechanismus einbezogen werden. Zudem sollte in der IMI-Verordnung eine hinreichende datenschutzrechtliche Grundlage für die Umsetzung der Option 2 geschaffen werden.
Es wird vorgeschlagen, den Vorwarnmechanismus im IMI-System in einem zweiten Schritt auch auf Berufe auszudehnen, zu deren Berufsbild der Umgang mit Kindern und Jugendlichen zählt (Lehrer, Erzieher, Sozialpädagogen). Aus Gründen des Kinder- und Jugendschutzes erscheint es dringend geboten, dass Informationen über Berufsverbote in diesem Bereich schnell an die zuständigen Stellen anderer Mitgliedstaaten weiter gegeben werden können.
Zu Frage 13
- 37. Nach Artikel 53 der Richtlinie müssen Personen, deren Berufsqualifikationen anerkannt werden, über die Sprachkenntnisse verfügen, die für die Ausübung ihrer Berufstätigkeit im Aufnahmemitgliedstaat erforderlich sind.
Die Vorschrift erlaubt es dem Aufnahmemitgliedstaat, die Sprachkenntnisse des Antragstellers - unabhängig von der Prüfung der Berufsqualifikation - vor einer Arbeitsaufnahme nachzuprüfen. Angehörige von Gesundheitsberufen, die Kontakt mit Patienten haben, sollten ausreichende Sprachkenntnisse grundsätzlich bereits bei der Erteilung der Berufszulassung gegenüber der zuständigen Behörde nachweisen müssen. In diesem Sinne erhalten z.B. Ärzte in Deutschland nur dann die Approbation, wenn sie die erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache nachweisen können.
- 38. Nach dem Befund der Kommission sind systematisch vorgenommene Sprachtests unverhältnismäßig. Zwar sind die Mitgliedstaaten berechtigt, Sprachkompetenzen vorauszusetzen und zu erfragen, wobei ungeklärt bleibt, zu welchem Zeitpunkt und in welchem Kompetenzgrad die Sprachbefähigung nachzuweisen ist. Der Bundesrat weist in diesem Zusammenhang auf die erhebliche Bedeutung der Sprachkenntnisse insbesondere in den Gesundheitsberufen sowie bei Lehrern und Lehrerinnen hin.
- 39. Der Bundesrat dankt der Kommission, dass sie sich mit dem schwierigen Thema der Sprachkenntnisse im Rahmen der Zulassung zu der Tätigkeit in den Gesundheitsberufen beschäftigt.
Der Bundesrat stimmt der Kommission zu, die Frage der Notwendigkeit von Sprachkenntnissen speziell für die Angehörigen der Gesundheitsberufe in der Richtlinie zu regeln.
In allen sozialen Berufen sind Sprachkenntnisse von großer Bedeutung, da die sprachliche Interaktion das wichtigste Arbeitsmittel ist. Da sprachliche Missverständnisse zwischen Angehörigen der Gesundheitsberufe und Patientinnen und Patienten oder Angehörigen der Gesundheitsberufe untereinander zu gravierenden Behandlungsfehlern führen und dadurch das Leben der Patientinnen und Patienten gefährden können, ist eine hohe sprachliche Kompetenz für die Ausübung der Berufstätigkeit unerlässlich. Die Zulassung zur Berufsausübung kann daher nur erteilt werden, wenn ausreichende Sprachkenntnisse vorliegen.
Eine ausschließliche Differenzierung nach der Intensität des Patientenkontakts ist nicht sinnvoll, da einerseits direkt nach Zulassung eine andere Tätigkeit aufgenommen werden kann und andererseits auch Berufsangehörige mit weniger Patientenkontakten mit anderen an der Behandlung Beteiligten kommunizieren müssen. Da gerade Angehörige der Gesundheitsberufe häufig freiberuflich tätig sind, kann die Überprüfung der Sprachkenntnisse auch nicht der Beurteilung des Arbeitsgebers überlassen werden. Der Bundesrat spricht sich daher für die Möglichkeit aus, eine Überprüfung der Sprachkenntnisse vor der Zulassung zum Beruf mit den damit einhergehenden Rechten vornehmen zu können.
- 40. Hinsichtlich der Vorschriften zur Niederlassungsfreiheit besteht aus Sicht des Bundesrates kein Änderungsbedarf.
Artikel 53 der Richtlinie gilt auch für die grenzüberschreitende Dienstleistungserbringung. Deswegen ist es nach dem Verständnis des Bundesrates zulässig, bei Berufen, die die öffentliche Sicherheit, Gesundheit oder Umwelt berühren und bei denen nach Artikel 7 Absatz 4 der Richtlinie eine Vorabprüfung der Berufsqualifikation erfolgt, unabhängig von der Prüfung der Berufsqualifikation auch das Vorliegen hinreichender Sprachkenntnisse zu überprüfen.
Eine Regelungslücke besteht jedoch im Falle reglementierter Berufe, die die öffentliche Sicherheit oder Gesundheit berühren, bei denen aber eine Vorabprüfung der Berufsqualifikation nicht erfolgen darf, da die Berufe unter die automatische Anerkennung gemäß Titel III Kapitel III fallen. Betroffen sind beispielsweise Ärzte, die ihre Dienstleistung vorübergehend grenzüberschreitend anbieten wollen und die Voraussetzungen für eine automatische Anerkennung ihrer Berufsqualifikation erfüllen. Der Bundesrat spricht sich dafür aus, in der Richtlinie zu bestimmen, dass auch in diesen Fällen eine Nachprüfung der für die Ausübung der Berufstätigkeit erforderlichen Kenntnisse der Sprache des Mitgliedstaates, in dem die Dienstleistung angeboten wird, unabhängig von der Prüfung der Berufsqualifikation, erfolgen kann.
Eine weitere Regelungslücke besteht bei der Durchführung von Anpassungslehrgängen. In der Richtlinie oder zumindest im Verhaltenskodex sollte klargestellt werden, dass in den Berufen, in denen Kenntnisse der Sprache des Aufnahmemitgliedstaats eine grundlegende Voraussetzung für die Berufsausübung sind (z.B. Lehrer), die erforderlichen Sprachkenntnisse bereits bei der Durchführung von Anpassungslehrgängen vorausgesetzt werden können.
Zu Frage 14
- 41. Der Bundesrat stimmt der Auffassung zu, dass die in der Richtlinie festgelegten Mindestanforderungen aktualisiert werden müssen. Dazu bedarf es eines schrittweisen und flexiblen Vorgehens. Das von der Kommission vorgeschlagene Dreistufenkonzept erscheint dazu grundsätzlich als ein praktikabler Weg.
Der Bundesrat stimmt zudem dem Vorschlag zu, Einzelheiten zu den Ausbildungsfächern und Kompetenzprofilen in delegierten Rechtsakten bzw. Durchführungsrechtsakten zu regeln. Auf diese Weise kann auch zukünftig flexibel auf neue Entwicklungen und Erfordernisse reagiert werden ohne jedes Mal ein Mitentscheidungsverfahren zur Änderung der Richtlinie selbst durchführen zu müssen. Dasselbe rechtliche Instrumentarium sollte für die Berufe gewählt werden, die über "Gemeinsame Plattformen" in die automatische Anerkennung überführt werden (siehe Frage 4).
Der für die dritte Stufe vorgeschlagene Übergang vom Unterrichtsstundensystem zum ECTS sollte nicht verpflichtend in allen sektoriellen Berufen erfolgen. Vielmehr sollten nur die Berufe erfasst werden, bei denen die Ausbildung im Zuge des Bologna-Prozesses auf international vergleichbare Abschlüsse umgestellt worden ist. Bei den Berufen, bei denen eine derartige Umstellung nicht in allen Mitgliedstaaten beabsichtigt ist, sollte es möglich sein, das Unterrichtsstundensystem und das ECTS-System dauerhaft nebeneinander anzuwenden.
Zu Frage 15
- 42. Der Bundesrat stimmt der Kommission zu, dass Berufsangehörige, die wegen beruflichen Fehlverhaltens ihren Beruf in ihrem Herkunftsmitgliedstaat nicht mehr ausüben dürfen, sich dieser Situation nicht durch eine Auswanderung in andere Mitgliedstaaten entziehen dürfen. Deswegen sollte auch in Fällen der Niederlassung grundsätzlich geprüft werden müssen, ob dem Berufsangehörigen wegen beruflichen Fehlverhaltens die Berufsausübung im Herkunftsmitgliedstaat verboten worden ist. Dem geplanten Vorwarnmechanismus über das Binnenmarktinformationssystem IMI (siehe Frage 12) kommt in diesem Zusammenhang eine wichtige Bedeutung zu.
- 43. Der Bundesrat befürwortet, dass Angehörige der Gesundheitsberufe im Aufnahmestaat vor der Zulassung zum Beruf belegen müssen, dass sie berechtigt sind, ihren Beruf im Herkunftsstaat auszuüben. Damit wäre sichergestellt, dass Berufsangehörige, die wegen gravierender Verletzungen ihrer Berufspflichten nicht mehr im Herkunftsstaat praktizieren dürfen, ihre Berufstätigkeit nicht in das Ausland verlagern. Anforderungen bezüglich der Fortbildung sollten sich nach den Bestimmungen des jeweiligen Niederlassungsmitgliedstaats richten.
Bei Rückkehr in den Herkunftsmitgliedstaat müsste nur die Erfüllung dieser Anforderungen belegt werden. Eine weitergehende Regelung der Fortbildung in der Richtlinie hält der Bundesrat weder für erforderlich noch für sinnvoll.
- 44. Der Bundesrat ist jedoch nicht der Auffassung, dass Berufsangehörigen, die in ihrem Herkunftsmitgliedstaat voll qualifiziert sind, eine dauerhafte Niederlassung in anderen Mitgliedstaaten nur deswegen verwehrt werden sollte, weil sie wegen versäumter Pflichtfortbildungen ihre Tätigkeit im Herkunftsmitgliedstaat vorübergehend nicht ausüben dürfen.
Anders als bei der Dienstleistungserbringung kann der Aufnahmemitgliedstaat im Falle der Niederlassung stets eine umfassende Prüfung der Berufsqualifikation durchführen und einen Ausgleich fachlicher Defizite verlangen. Der Vorschlag der Kommission, dass Berufsangehörige keine Pflichtfortbildung im Herkunftsmitgliedstaat versäumt haben dürfen, erscheint deswegen als unnötige Erschwerung der Niederlassungsfreiheit und könnte sogar zu unbeabsichtigten Härten führen. Ist die Pflichtfortbildung beispielsweise wegen Kindererziehungszeiten versäumt worden, so könnten sich Betroffene nur dann in anderen Mitgliedstaaten niederlassen, wenn sie zunächst in ihren Herkunftsmitgliedstaat zurückkehren und dort die Pflichtfortbildung nachholen, ein Unterfangen, das sich als unzumutbar erweisen kann, wenn der Familienwohnsitz bereits in den Aufnahmemitgliedstaat verlegt worden ist.
Der beruflichen Fortbildung kommt aus Sicht des Bundesrates eine wachsende Bedeutung zu. Die bereits in Artikel 22 Buchstabe b der Richtlinie enthaltene Pflicht zur Fortbildung wird jedoch als noch ausreichend angesehen. Die Mitgliedstaaten sollten sich eng über verpflichtende Fortbildungsprogramme in den einzelnen Mitgliedstaaten austauschen.
Zu Frage 16
- 45. Der Bundesrat spricht sich dafür aus, in den sektoral geregelten Berufen die Mindestausbildungsdauer sowohl in Jahren als auch in Stunden festzulegen. Angesichts der weitreichenden Ansprüche, die eine berufliche Qualifikation, die im Rahmen eines Bildungsganges, der der Mindestharmonisierung unterliegt, in allen Mitgliedstaaten verleiht, stärkt es das gegenseitige Vertrauen, wenn die Anforderungen möglichst präzise definiert sind.
- 46. Aus Sicht des Bundesrates sollte die Mindestausbildungsdauer damit bei Ärzten, Krankenpflegern, Zahnärzten, Hebammen und Apothekern grundsätzlich kumulativ in Jahren und in Stunden angegeben werden. Beide Kriterien sind wichtig, damit durch die Bewertung und den Vergleich beruflicher Abschlüsse, durch die Feststellung von Defiziten und durch die Bestimmung von Art und Umfang von Ausgleichsmaßnahmen die Qualität der Ausbildungen sichergestellt werden kann.
Zu Frage 17
- 47. Aus Sicht des Bundesrates ist bei der Prüfung neuer Bildungsprogramme zu differenzieren, ob es sich um Ausbildungen mit staatlich geregelten Prüfungen handelt oder um Ausbildungen, bei denen die Prüfung durch die Schule oder Hochschule erfolgt.
Bei Ausbildungsprogrammen mit Staatsprüfungen erscheinen neue Melde-, Berichts- und Kontrollpflichten nicht erforderlich. Die Mitgliedstaaten sind durch die Richtlinie verpflichtet, die Ausbildungen in den sektoriellen Berufen richtlinienkonform auszugestalten. Neue Melde- und Berichtspflichten sowie die Einrichtung nationaler Kontrollstellen würden hier zu einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand führen und werden daher abgelehnt.
Bei Ausbildungen, die im Zuge des Bologna-Prozesses auf international vergleichbare Abschlüsse umgestellt sind, besteht hinsichtlich der inhaltlichen Ausgestaltung der Studiengänge ein größerer Spielraum der Hochschulen. Dies rechtfertigt die Einführung eines Verfahrens zur Prüfung, ob neue Ausbildungsprogramme mit den Mindestausbildungsvoraussetzungen der Berufsanerkennungsrichtlinie im Einklang stehen.
Die Richtlinienkonformität neuer Architekturstudiengänge wird derzeit in einem aufwändigen Verfahren von allen Mitgliedstaaten geprüft. Das Verfahren ist so langwierig, schwerfällig und bürokratisch, dass viele Hochschulen davor zurückschrecken. Das Verfahren muss dringend vereinfacht werden und stellt keinesfalls ein Modell für die Prüfung der Richtlinienkonformität neuer Ausbildungsgänge dar.
Neue Bachelor- und Masterstudiengänge werden im Rahmen des Bologna-Prozesses in einem externen Qualitätssicherungsverfahren auf ihre Qualität hin überprüft. Es liegt daher nahe, den Qualitätssicherungsstellen die Aufgabe zu übertragen, die Prüfung der Richtlinienkonformität im Rahmen dieses Verfahrens vorzunehmen. Dadurch ließe sich die Einrichtung neuer nationaler Kontrollstellen zur Prüfung neuer Ausbildungsprogramme und damit die Schaffung neuer bürokratischer Strukturen vermeiden. Diejenigen europäischen Qualitätssicherungsstellen, die aufgrund ihrer Zuverlässigkeit und Unabhängigkeit zur Überprüfung der Mindestausbildungsvoraussetzungen befugt sind, könnten in einem Anhang der Richtlinie oder in einem elektronischen Register aufgeführt werden. Als Ausgangspunkt könnte das bestehende "European Quality Assurance Register for Higher Education - eqar" dienen (vgl. www.eqar.eu).
Die Qualitätssicherungsstellen könnten bei der Überprüfung neuer Ausbildungsprogramme der Kommission einen Bericht übermitteln, ob das betreffende Ausbildungsprogramm die Bestimmungen der Richtlinie einhält. Alle Studiengänge, bei denen eine dieser Stellen eine Übereinstimmung mit den Mindestausbildungsvoraussetzungen der Richtlinie bestätigt hat, könnten in den Anhang der Richtlinie oder ein elektronisches Register aufgenommen werden. Die Aufnahme hätte eine automatische Anerkennung dieses Abschlusses in den anderen Mitgliedstaaten zur Folge. Durch ein solches Verfahren wäre garantiert, dass die Voraussetzungen für die automatische Anerkennung der Studienabschlüsse rechtzeitig geschaffen würden, bevor die Ausbildungstätigkeit aufgenommen wird.
Dieses Verfahren könnte auch ein Modell für andere Berufe mit Bologna-Studiengängen darstellen, die über gemeinsame Plattformen in die automatische Anerkennung überführt werden (siehe Frage 4).
Zu Frage 18
- 48. Im Interesse der Einheitlichkeit des Binnenmarktes muss eine Einigung auf neue medizinische Facharztbezeichnungen, die in die automatische Anerkennung überführt werden, im Kreis aller Mitgliedstaaten angestrebt werden. Die Einführung neuer, automatisch anerkannter Facharztbezeichnungen in nur einem Teil der Mitgliedstaaten sollte nur erfolgen, wenn eine Einigung im Kreise aller endgültig nicht gelingt.
Einer Absenkung der Schwelle für die Mindestzahl der Mitgliedstaaten, die für die Aufnahme neuer Facharztbezeichnungen erforderlich ist, von 40 Prozent auf 33 Prozent würde der Bundesrat nicht im Wege stehen, hat allerdings Zweifel, dass dies die Aufnahme neuer Facharztbezeichnungen in die Richtlinie nennenswert erleichtert. Aus Sicht des Bundesrates sollten vielmehr die Anstrengungen erhöht werden, durch Studien und in Fachdiskussionen und Netzwerktreffen mit Vertretern der zuständigen Weiterbildungseinrichtungen und Standesvertretungen der Ärzte sowie der Mitgliedstaaten auf eine größere Kohärenz der Facharztweiterbildungen auf europäischer Ebene hinzuarbeiten. In diesem Zusammenhang sollte auch darauf hingewirkt werden, dass die bereits in der Richtlinie enthaltenen Facharztbezeichnungen in möglichst vielen Mitgliedstaaten eingeführt werden.
Zu Frage 19
- 49. Der Bundesrat kann dem Vorschlag zustimmen, Befreiungen für Teilbereiche der Facharztausbildung zu gewähren, sofern dieser Teilbereich bereits im Rahmen eines anderen Facharztprogramms absolviert wurde ("common trunk"). Voraussetzung muss jedoch sein, dass der Inhalt des angerechneten Ausbildungsteils weitgehend mit dem Ausbildungsteil übereinstimmt, für den die Anrechnung erfolgt. Ob eine Anrechnung erfolgen kann, sollte dem pflichtgemäßen Ermessen der für die Facharztweiterbildung zuständigen Stelle überlassen bleiben.
Zu Frage 20
- 50. Der Bundesrat lehnt eine Anhebung der Zugangsvoraussetzungen für die Ausbildung in der Krankenpflege ab. Deutschland hat gute Erfahrungen damit gemacht, eine abgeschlossene mindestens zehnjährige Schulbildung vorauszusetzen. Dies hat bewirkt, dass im deutschen Gesundheitswesen nicht nur wenige hochqualifizierte Pflegefachkräfte tätig sind, sondern Patientinnen und Patienten regelhaft von Fachkräften gepflegt werden. Eine Änderung des deutschen Systems würde vermutlich den Fachkräftemangel in den Pflegeberufen verstärken und zum verstärkten Einsatz von Hilfskräften führen. Da die deutschen Gesundheits- und Krankenpflegerinnen und -pfleger in anderen europäischen Ländern gerne beschäftigt werden, scheint ihre Qualifikation durchaus geschätzt zu werden.
- 51. Der Bundesrat spricht sich damit für die Beibehaltung der Anforderung einer zehnjährigen allgemeinen Schulbildung für Krankenpfleger und Hebammen aus (Option 1).
Eine Erhöhung der Schulausbildung auf zwölf Jahre wäre nicht akzeptabel. Eine derartige Erhöhung würde faktisch zu einer vollständigen Akademisierung der beiden Berufe führen.
Bei einer Anhebung der Zugangsvoraussetzungen auf zwölf Schuljahre würde ein großer geeigneter Bewerberkreis (Bewerber mit mittlerer Schulbildung oder mit Hauptschulabschluss und beruflicher Vorbildung) von der Ausbildung ausgeschlossen. Eine große Zahl von Schulabgängern würde außerdem auf diese Weise von diesen Berufen ausgeschlossen.
Dies wäre mit erheblichen Auswirkungen auf das Pflegeausbildungsszenario in Deutschland verbunden und angesichts des sich weiter verschärfenden Fachkräftebedarfs im Pflegebereich nicht tragbar.
Der Bedarf an Pflegefachkräften und Hebammen wäre mangels geeigneter Bewerber nicht zu decken. Der Mangel an Pflegekräften in Deutschland würde erheblich verschärft. Zudem würden sich die Kosten des Gesundheitswesens drastisch erhöhen. Hinzu kommt, dass die Dauer der Schulbildung in den Mitgliedstaaten nicht einheitlich berechnet wird. So beziehen einige Mitgliedstaaten Zeiträume mit ein, die in anderen Mitgliedstaaten als außerschulische Bildung definiert werden (z.B. vorschulische Kindergartenjahre). Die Ausbildungen zu Krankenpflegern und zu Hebammen müssen auch Inhabern eines mittleren Schulabschlusses weiterhin offen stehen.
- 52. Der Bundesrat wendet sich auch gegen Auflagen (z.B. eine zweijährige Berufserfahrung, bevor das System der automatischen Anerkennung anwendbar wird) für deutsche Gesundheits- und Krankenpflegerinnen und -pfleger. Eine solche Ausgrenzung deutschen Krankenpflegepersonals würde zu einer Beschädigung des Berufsbildes führen.
- 53. In diesem Zusammenhang ist mittelbar auch der Zugang zur Altenpflegeausbildung betroffen.
Zu Frage 21
- 54. Die Liste der beruflichen Tätigkeiten von Apothekern ist grundsätzlich ausreichend. Dem Vorschlag, die Liste der beruflichen Tätigkeiten von Apothekern um die Begriffe "pharmazeutische Betreuung", "öffentliche Apotheke" und "Pharmakovigilanz" auszuweiten, würde sich der Bundesrat aber nicht verschließen.
Dem Vorschlag, dass das sechsmonatige Praktikum für Apotheker in einem Stück am Ende der Ausbildung durchgeführt werden muss, kann aus Sicht des Bundesrates zugestimmt werden.
Was die Eröffnung neuer Apotheken durch Apotheker angeht, die ihre Ausbildung in anderen Mitgliedstaaten gemacht haben, ist darauf hinzuweisen, dass in Deutschland - anders als in anderen Mitgliedstaaten - ein freies Niederlassungsrecht für Apotheker besteht. Gebietsmonopole, Beschränkungen der Zahl an Apotheken pro Einwohner oder vererbbare Lizenzen zum Betrieb von Apotheken gibt es in Deutschland nicht. Solange derartige Beschränkungen aber in anderen Mitgliedstaaten existieren, ist weiterhin eine Regelung entsprechend Artikel 21 Absatz 4 der Richtlinie erforderlich.
Zu Frage 22
- 55. Der Bundesrat stimmt der Kommission zu, dass ein Übergang zu einer verpflichtenden fünfjährigen akademischen Architekturausbildung in Europa keine Option darstellt. Eine derartige Änderung würde schwierige Übergangsfragen aufwerfen und die Rechtslage weiter komplizieren, ohne sich positiv auf die Freizügigkeit der Architekten in Europa auszuwirken.
Von den vorgeschlagenen Optionen würde der Bundesrat eine Beibehaltung der aktuellen Anforderungen einer mindestens vierjährigen akademischen Ausbildung befürworten (Option 1), stünde aber auch einer Einigung auf Option 2 nicht im Wege. Die Ergänzung der akademischen Architektenausbildung durch eine verpflichtende berufspraktische Ausbildung ist in Deutschland, wie in vielen anderen Mitgliedstaaten, bereits Realität.
Zu Frage 23
- 56. Der Bundesrat hat mit dem Regime der automatischen Anerkennung aufgrund Berufserfahrung gute Erfahrungen gemacht. Wie die Kommission sieht er keine Notwendigkeit, die für die automatische Anerkennung in der Richtlinie vorgesehene Dauer der Berufserfahrung zu verändern.
Anhang IV der Richtlinie ist jedoch veraltet und sollte unbedingt überarbeitet werden. Dabei kann der Bundesrat dem zweistufigen Ansatz der Kommission grundsätzlich zustimmen, eine neue Liste von Tätigkeiten nach der Verabschiedung der Richtlinie durch einen delegierten Rechtsakt nach Artikel 290 AEUV festzulegen. Jedoch sollte in der Richtlinie festgelegt werden, dass die Kommission bei der Erarbeitung des delegierten Rechtsaktes die Experten der Mitgliedstaaten in angemessener Weise konsultieren muss. Zudem sollte die Richtlinie vorsehen, dass der delegierte Rechtsakt nur in Kraft treten darf, wenn das Europäische Parlament oder der Rat keine Einwände erheben (Artikel 290 Absatz 2 Buchstabe b AEUV).
Bei der Neufassung des Anhangs IV sollte keine der genannten Klassifikationen verwendet werden, da diese nur Tätigkeiten und nicht Berufe umfassen und sich deswegen für die Zwecke dieser Richtlinie als ungeeignet erweisen.
Der Bundesrat schlägt stattdessen vor, zukünftig das geplante europäische Berufsregister ESCO (European Skills, Competences and Occupations) für Anhang IV der Berufsanerkennungsrichtlinie zu nutzen. Durch den vorgeschlagenen zweistufigen Ansatz bei der Überarbeitung des Anhangs IV könnte die Erarbeitung des delegierten Rechtsaktes zeitlich mit der Fertigstellung von ESCO zusammenfallen.
Bei der Erarbeitung des neuen Anhangs sollten, anders als im bisherigen Anhang IV, nicht erneut ganze Tätigkeitsbereiche pauschal und ungeprüft übernommen werden. Vielmehr sollten nur Berufe und Berufstätigkeiten aufgeführt werden, die zumindest in einem Mitgliedstaat reglementiert sind. Dies könnte durch einen Abgleich mit der Kommissionsdatenbank zu den reglementierten Berufen oder durch eine Abfrage bei den Mitgliedstaaten erreicht werden. Bei dieser Gelegenheit könnte auch geprüft werden, das Regime der automatischen Anerkennung aufgrund von Berufserfahrung auf weitere, dafür geeignete, nichtakademische Berufe auszuweiten.
Zu Frage 24
- 57. Der Bundesrat stellt fest, dass nach der zurzeit geltenden Richtlinie EU-Bürger, die einen Ausbildungsnachweis außerhalb der EU erworben haben (im Drittland erworbener Ausbildungsnachweis plus Anerkennung in einem Mitgliedstaat plus drei Jahre Berufserfahrung in diesem Mitgliedstaat) diesen Beruf ausüben können. Bei Wohnsitzwechsel in einen anderen EU-Mitgliedstaat können alle Verfahrensgarantien der allgemeinen Regelung nach Artikel 3 Absatz 3 der geltenden Richtlinie in Anspruch genommen werden. Die Kommission schlägt nunmehr eine Liberalisierung zugunsten der EU-Bürger mit Qualifikationen vor, die nicht in der EU erworben wurden. Eine solche Ausweitung könnte Auswirkungen auf bestimmte Staatsangehörige aus Drittländern haben und neue Zielgruppen in die Geltung der Richtlinie einbeziehen: Familienangehörige von EU-Bürgern, langfristig Aufenthaltsberechtigte, Flüchtlinge und Inhaber der "blauen Karte".
- 58. Angesichts der demographischen Entwicklung in Europa sollte das in Europa vorhandene Fachkräftepotenzial optimal für den europäischen Arbeitsmarkt genutzt werden. Auch EU-Bürger mit Drittstaatsqualifikationen sollten grundsätzlich bestimmte Verfahrensgarantien im Hinblick auf die Anerkennung ihrer beruflichen Qualifikationen erhalten.
Aus Sicht des Bundesrates erscheint es deswegen überlegenswert, EU-Bürger mit Drittstaatsqualifikationen in die allgemeine Regelung der Berufsanerkennungsrichtlinie einzubeziehen. Das Gleiche würde dann auch für Drittstaatsangehörige mit Drittstaatsqualifikationen gelten, die im Rahmen des geltenden europäischen Rechts von einer Gleichbehandlungsklausel profitieren, wie Familienangehörige von EU-Bürgern, langfristig Aufenthaltsberechtigte, Flüchtlinge und "Bluecard"-Inhaber. Die Einbeziehung in die allgemeine Regelung sollte unabhängig von einer vorangegangenen ersten Anerkennung in einem anderen Mitgliedstaat erfolgen, damit auch Inhaber von Drittstaatsqualifikationen in den Arbeitsmarkt integriert werden, die nicht bereits in einem anderen Mitgliedstaat der EU anerkannt worden sind. Für juristische Berufe, für die eine Gleichwertigkeitsprüfung nicht passt, müsste jedoch eine Bereichsausnahme geschaffen werden.
Aufgrund des hohen Integrationsniveaus innerhalb der EU sind allerdings nicht alle Vorschriften der Berufsanerkennungsrichtlinie für eine Prüfung von Drittstaatsqualifikationen geeignet. Dies gilt beispielsweise für die Vorschriften zur automatischen Anerkennung, insbesondere auch aufgrund von Berufserfahrung, für die Prüfungsfristen, für die Vorschriften zur grenzüberschreitenden Dienstleistungserbringung sowie für Fragen der Verwaltungszusammenarbeit. Bei diesen Vorschriften müssen für Drittstaatsqualifikationen daher Ausnahmen vorgesehen werden. Zudem dürfte es die Kapazitäten vieler Anerkennungsbehörden übersteigen, auch für alle Bürger mit Drittstaatsqualifikation einen Anspruch auf Ausgleichsmaßnahmen vorzusehen. Deswegen sollte es bei Drittstaatsqualifikationen, für die noch keine erste Anerkennung in einem anderen Mitgliedstaat erfolgt ist, im Ermessen der Anerkennungsbehörden stehen, ob bzw. welche Ausgleichsmaßnahmen bei wesentlichen Unterschieden der Berufsqualifikation angeboten werden oder ob die Anerkennung abgelehnt wird.
Da Drittstaatsangehörige gelegentlich Nachweise über ihre Berufsqualifikation aus nicht selbst zu vertretenden Gründen nicht oder nur teilweise vorlegen können oder die Vorlage der Unterlagen oder die Nachfrage bei der zuständigen Behörde im Herkunftsstaat mit einem unangemessenen zeitlichen und sachlichen Aufwand verbunden ist, sollte die Richtlinie vorsehen, dass die zuständige Stelle in diesen Fällen die maßgeblichen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten durch sonstige geeignete Verfahren feststellen kann. Sonstige geeignete Verfahren können insbesondere Arbeitsproben, Fachgespräche, praktische und theoretische Prüfungen sowie Gutachten von Sachverständigen sein.
Der Grundsatz, dass Mitgliedstaaten nicht an die Anerkennungsentscheidungen anderer Mitgliedstaaten in Hinblick auf Drittstaatsqualifikationen gebunden sind (Artikel 10 Buchstabe g der Richtlinie), sollte in jedem Fall beibehalten werden.
Viele Missverständnisse bei der Anwendung der Richtlinie resultieren aus der Formulierung, dass die Richtlinie nur für Staatsangehörige der Mitgliedstaaten gelte (vergleiche zum Beispiel Artikel 2 der Richtlinie).
Entgegen ihrem Wortlaut gilt die Richtlinie aber bereits jetzt für Bürger aus dem EWR und demnächst auch aus der Schweiz sowie für Drittstaatsangehörige, die im Rahmen des europäischen Rechts von einer Gleichbehandlungsklausel profitieren, wie Familienangehörige von EU-Bürgern, langfristig Aufenthaltsberechtigte, Flüchtlinge und "Bluecard"- Inhaber. Um Missverständnisse zukünftig zu vermeiden, sollte in der Richtlinie ausdrücklich deklaratorisch darauf hingewiesen werden, dass die Richtlinie nicht nur für Staatsangehörige der Mitgliedstaaten gilt.
- 59. Der Bundesrat hält aufgrund des zunehmenden Fachkräftebedarfs eine Diskussion bezüglich einer Anpassung der Regelungen zur Anerkennung von Drittstaatdiplomen für sinnvoll. Es ist jedoch zwingend darauf zu achten, dass es zu keiner Aufweichung der erreichten Ausbildungsqualitätsstandards kommt.
- 60. Der Bundesrat schlägt zusätzlich zu den im Grünbuch angesprochenen Fragen die folgenden drei Klarstellungen und eine Ergänzung der Richtlinie vor:
- - Klarstellung des Begriffes des "reglementierten Berufs" In der Legaldefinition des "reglementierten Berufs" sollte klargestellt werden, dass die Richtlinie keine Anwendung findet, wenn die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit lediglich von einem allgemeinen Sachkundenachweis abhängig gemacht wird, der auch durch ausländische Befähigungs- und Ausbildungsnachweise erbracht werden kann. Die Dienst- und Niederlassungsfreiheit dieser Personen würde, soweit keine Sonderregelungen bestehen, durch die Dienstleistungsrichtlinie gewährleistet.
- - Ausschluss von Umgehungsfällen Es sollte im Richtlinientext klargestellt werden, dass sich ein Berufsangehöriger nicht auf die Richtlinie berufen kann, um sich in missbräuchlicher Weise der Anwendung des nationalen Rechts im Bereich der Berufe zu entziehen (vgl. Erwägungsgrund 11 der Richtlinie).
Dies ist insbesondere der Fall, wenn sich der Berufsangehörige lediglich zum Zwecke der Anerkennung oder Höherstufung seiner Berufsqualifikation in einen anderen Mitgliedstaat begibt oder in seinem Herkunftsland eine Berufszugangsprüfung nach nationalem Recht endgültig nicht bestanden hat und die erforderliche Berufszugangsberechtigung in einem anderen Mitgliedstaat nur zu dem Zweck der späteren Anerkennung in seinem Herkunftsland erwirbt.
- - Legaldefinition von "Ausbildungsbezeichnungen" Die Abgrenzung von "Berufsbezeichnungen" nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie und "Ausbildungsbezeichnungen" nach Artikel 54 der Richtlinie führt zu Missverständnissen. Es wird vorgeschlagen, eine Legaldefinition für "Ausbildungsbezeichnungen" wie den deutschen "Meister" oder "staatlich anerkannte Fachschulabschlüsse" aufzunehmen, die sich nicht auf einen bestimmten Beruf, sondern eine bestimmte Ausbildung beziehen.
- - Einrichtung eines Schiedsverfahrens bei berechtigten Zweifeln an der Echtheit von Ausbildungsbescheinigungen, Bescheinigungen oder Berufsausweisen Hat der Aufnahmemitgliedstaat berechtigte Zweifel an der Echtheit von Ausbildungsnachweisen und Bescheinigungen des Herkunftsmitgliedstaates, so ist er gehalten, diese Zweifel mit dem Herkunftsmitgliedstaat zu klären (siehe Artikel 50 Absatz 2 der Richtlinie). Die Richtlinie sieht jedoch kein Verfahren für den Fall vor, dass der Herkunftsmitgliedstaat die berechtigten Zweifel nicht ausräumen kann.
Es wird deswegen vorgeschlagen, in der Richtlinie ein derartiges Verfahren, etwa die Einsetzung eines Expertenausschusses durch die Kommission, vorzusehen. Das Verfahren könnte auch in Fällen des Verdachts einer missbräuchlichen Ausstellung oder Fälschung von Berufsausweisen Anwendung finden.
- - Ausnahme für Notare Außerdem regt der Bundesrat aus Anlass des Urteils des EuGH vom 24. Mai 2011 (C-54/08) eine Änderung des Richtlinientextes dahingehend an, dass die Richtlinie auf Notare keine Anwendung findet. Der Gerichtshof hat festgestellt, dass der europäische Gesetzgeber von einer ausdrücklichen Ausnahmeregelung nur deshalb abgesehen hat, weil er davon ausging, dass Notare unter die Ausnahme des Artikels 45 EGV fallen. Diese Annahme wurde in Erwägungsgrund 41 der Richtlinie ausdrücklich verankert. Nachdem der Gerichtshof nunmehr entschieden hat, dass die Notartätigkeit nicht im Sinne von Artikel 45 EGV mit einer unmittelbaren und spezifischen Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden ist, sollte dies nicht nur zu einer isolierten Streichung des nicht mehr zutreffenden Erwägungsgrunds 41, sondern zugleich zu einer entsprechenden Aufnahme eines Ausnahmetatbestands in den Richtlinientext führen.
Berücksichtigung der Stellungnahme:
- 61. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, diese Positionen bei den Verhandlungen um die Neufassung der Richtlinie über Berufsqualifikationen besonders zu berücksichtigen.