Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.
Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss wird an den Beratungen beteiligt.
Hinweis: vgl.
Drucksache 939/06 (PDF) = AE-Nr. 061840
Brüssel, den 9.12.2010
KOM (2010) 728 endgültig
2010/0362 (COD)
Begründung
Nach den Beschlüssen im Rahmen des Gesundheitschecks im November 2008 durchlief der Milchsektor eine schwere Krise, da außergewöhnlich hohe Preise im Jahr 2007 zu einer Verlagerung der Nachfrage zulasten von Milchprodukten führten. Sicherheitsnetzinstrumente erwiesen sich hier als wirksames Mittel zur Überwindung solcher schwierigen Situationen. In der Krise wurden darüber hinaus einige Mängel bei der Marktorientierung des Milchsektors deutlich. Der Kommissar für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung beschloss daher, eine hochrangige Expertengruppe "Milch" (HLG) einzusetzen, die einen mittel- und langfristigen Regulierungsrahmen erarbeiten sollte, der unter Beachtung der Ergebnisse des Gesundheitschecks zur Stabilisierung des Marktes und des Einkommens der Erzeuger beitragen und mehr Transparenz schaffen kann. Die HLG kam von Oktober 2009 bis Juni 2010 zehnmal zusammen und legte am 15. Juni 2010 einen Bericht mit sieben Empfehlungen vor.
Die HLG bewertete gründlich alle Fragen und Aspekte, die Gegenstand des Vorschlags sind. Sie setzte sich aus Vertretern aller EU-Mitgliedstaaten zusammen, Vorsitzender war der für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung zuständige Generaldirektor der Kommission, und an ihren Sitzungen nahm ein Beobachter des Sekretariats des Europäischen Parlaments teil. Folgende bedeutende europäische Interessengruppen der Milchversorgungskette leisteten mündliche und schriftliche Beiträge zu ihren Arbeiten: COPA-COGECA, das European Milk Board, die European Coordination Via Campesina (die alle die Landwirte vertreten), der Europäische Milchindustrieverband (Molkereien), EUCOLAIT (Milchhändler), EUROCOMMERCE (Einzelhandel) und BEUC (Verbraucher). Außerdem erhielt die HLG Beiträge von eingeladenen Wissenschaftlern, Drittstaatenvertretern (aus den USA, Neuseeland, Australien und der Schweiz), nationalen Wettbewerbsbehörden und Dienststellen der Kommission (GD COMP und GD AGRI). Darüber hinaus fand am 26. März 2010 eine Konferenz der Interessenvertreter des Milchsektors statt, auf der eine größere Gruppe an der Versorgungskette beteiligter Akteure ihre Sicht der Dinge darlegen konnte.< /p>
Der Bericht und die Empfehlungen der HLG wurden vom Rat behandelt, und die Schlussfolgerungen des Vorsitzes wurden auf der Tagung am 27. September 2010 angenommen. Darin wird die Kommission dazu aufgefordert, bis Ende des Jahres ihre Reaktion auf die ersten drei Empfehlungen der HLG (Vertragsbeziehungen, Verhandlungsmacht der Milcherzeuger, Branchenverbände) zu übermitteln und schnell auf die HLG-Empfehlung zur Transparenz zu reagieren.
Einer der wesentlichen Aspekte der Arbeiten der HLG betraf Bereiche, die mit der Struktur des Marktes und dessen Akteuren zusammenhängen: Vertragsbeziehungen, Verhandlungsmacht, Erzeugerorganisationen und Branchenverbände. Durch die derzeitige Marktstruktur wurden Aspekte der Milchkrise des Jahres 2009 erheblich verschärft, was darauf zurückzuführen ist, dass der Reformprozess im Milchsektor bedeutend später einsetzte als in anderen Sektoren (im Grunde genommen erst 2003). Die lange bestehenden festen Quoten und hohen institutionellen Preise bei faktischen Absatzgarantien für Molkereierzeugnisse führten zu Verkrustungen des Marktes. Die strukturelle Anpassung wurde oft gehemmt, die Akteure der Produktionskette wurden nicht angespornt, auf Marktsignale wie etwa Preisschwankungen zu reagieren, und hatten kaum Anreize zu Innovation und Produktivitätssteigerungen. Die Reform im Milchsektor sollte Reformen in anderen Sektoren folgen, die auf eine viel stärkere Marktorientierung mit "bäuerlicher Handlungsfreiheit" ausgerichtet waren. Dies sollte zu mehr Effizienz führen und der EU-Landwirtschaft Marktchancen in diesem Sektor innerhalb und außerhalb der EU eröffnen.
Bis zum Auslaufen der Quotenregelung und auch darüber hinaus erscheint mittelfristig eine Reihe von Maßnahmen notwendig. Die Marktstruktur der Mitgliedstaaten und auch innerhalb der Mitgliedstaaten selbst ist sehr unterschiedlich, doch oft ist das Ausmaß der Konzentration auf der Seite des Angebots viel niedriger als im Bereich der Verarbeitung. Daraus ergibt sich ein Ungleichgewicht der Verhandlungsmacht dieser beiden Ebenen. Es kommt außerdem zu Verkrustungen des Marktes; die Landwirte haben kaum Alternativen bei der Wahl der Molkerei (oder selbst des Transportunternehmens für Rohmilch). Diese Faktoren können zu gravierenden Mängeln bei der Ausrichtung des Angebots an der Nachfrage sowie zu unfairen Handelspraktiken führen. Insbesondere wissen die Landwirte zum Zeitpunkt der Ablieferung häufig nicht, welchen Preis sie für ihre Milch erzielen (dieser wird oft erst viel später von den Molkereien festgelegt, ohne dass die Landwirte darauf Einfluss haben). Für Molkereien wiederum sind die Liefermengen nicht immer gut geplant. Der entlang der Wertschöpfungskette entstehende Mehrwert ist - besonders aus der Sicht der Landwirte - unausgewogen verteilt, und die Preisweitergabe in der Kette stellt ein erhebliches Problem dar.
Ein wesentliches Problem scheinen die Beziehungen zwischen Landwirten und Verarbeitungsbetrieben zu sein; hier liegt der Schlüssel zu Lösungen, die zu einer Verbesserung der Situation führen können. In dem Vorschlag sind fakultative schriftliche Verträge vorgesehen, die vor den Rohmilchlieferungen eines Landwirts an eine Molkerei aufgesetzt werden und wesentliche Aspekte wie Preis, Lieferzeitpunkt und Liefermengen sowie Vertragsdauer enthalten sollen. Um den besonderen Charakter von Genossenschaften zu berücksichtigen und nicht unnötig in bestehende Strukturen einzugreifen, würden von Genossenschaften keine Verträge verlangt, sofern deren eigene Satzungen Regelungen mit demselben Ziel enthalten.
Im Sinne einer ausgewogeneren Verhandlungsmacht wird außerdem vorgeschlagen, Landwirten zu ermöglichen, die Bedingungen solcher Verträge einschließlich der Preise über Erzeugerorganisationen kollektiv auszuhandeln. Das derzeitige Wettbewerbsrecht sieht dies zwar in gewissem Maße vor, die Möglichkeiten sind jedoch wegen fehlender gemeinsamer Verarbeitungseinrichtungen begrenzt, und es gibt nicht genügend Rechtssicherheit. In dem Vorschlag ist hierfür eine Rechtsgrundlage im Rahmen der Agrarvorschriften vorgesehen. Damit es zu keiner Destabilisierung des Marktes in die andere Richtung kommt, wird eine Größenbegrenzung vorgeschlagen. Molkereigenossenschaften sind hiervon in dem Maße nicht betroffen, wie in ihnen Landwirte und verarbeitende Betriebe vertikal integriert sind.
Ein weiteres von der HLG aufgeworfenes Thema ist die Rolle der Branchenverbände. Im Gegensatz zu Erzeugerorganisationen, in denen nur Landwirte zusammengeschlossen sind, umfassen sie die gesamte Versorgungskette oder zumindest einen Teil davon (Landwirte, verarbeitende Betriebe, Vertrieb und Einzelhandel). Sie können gegebenenfalls eine nützliche Rolle in der Forschung, der Qualitätsverbesserung sowie der Förderung und Verbreitung vorbildlicher Methoden bei Erzeugung und Verarbeitung einnehmen. Bisher bestehen sie in einigen Mitgliedstaaten und übernehmen diese Funktionen in Einklang mit dem EU-Recht. Darüber hinaus gelten etwa für den Obst- und Gemüsesektor bestimmte EU-Regelungen, die solche Maßnahmen vorsehen, die Beschränkungen und häufig der Kontrolle durch die Kommission unterliegen. Es wird vorgeschlagen, die Regelungen für die Ziele von Berufsverbänden im Obst- und Gemüsesektor entsprechend angepasst auf den Milchsektor anzuwenden, so dass extreme Einschränkungen des Wettbewerbs (wie Preisfestsetzung und Marktabschottung) ausgeschlossen bleiben und die betreffenden Vereinbarungen der Kommission zur Genehmigung vorgelegt werden.
Dies würde - z.B. durch die Veröffentlichung von Statistiken über Preise, Mengen und die Vertragsdauer von Rohmilchlieferverträgen und durch Analysen möglicher künftiger Marktentwicklungen auf regionaler und nationaler Ebene - dazu beitragen, dass der Wissensstand steigt und dass Markt und Erzeugung transparenter werden.
Damit die Kommission besser über die Erzeugung informiert ist und die Marktentwicklung verfolgen kann, benötigt sie regelmäßige Informationen über Rohmilchliefermengen.
Im Sinne von mehr Transparenz werden gemeinsame Sitzungen der Experten des Verwaltungsausschusses für die gemeinsame Organisation der Agrarmärkte und der Beratungsgruppe "Milch" abgehalten werden, um die Lage auf dem Markt und die Aussichten einzuschätzen; Ziel dieser Sitzungen ist es, die Akteure im Milchsektor zu sensibilisieren und ihr Verantwortungsgefühl dafür zu schärfen, dass sie gezielter auf Marktsignale reagieren und ihr Angebot besser an der Nachfrage ausrichten.
Im vorliegenden Vorschlag wird auf alle 4 Elemente (Vertragsbeziehungen, Verhandlungsmacht der Erzeuger, Branchenverbände und Transparenz) insofern eingegangen, als bei den bestehenden Vorschriften Änderungsbedarf besteht.
Bei diesen Lösungen handelt es sich um recht weitreichende Schritte, die zwar durch die derzeitige Marktlage und -struktur gerechtfertigt sind, aber vorläufigen Charakter hätten und einer Überprüfung unterzogen würden. Die Gültigkeitsdauer des Vorschlags sollte entsprechend dem Zeitrahmen begrenzt sein, den die Milcherzeuger benötigen, um sich auf die Situation nach dem Auslaufen der Erzeugungsquoten einzustellen und sich mit Blick auf ein mehr marktorientiertes Umfeld besser zu organisieren. Bei der Zwischenüberprüfung sollte insbesondere untersucht werden, wie wirksam die vorgeschlagenen Vorschriften sind und ob sie auch für den restlichen Zeitraum angewandt werden sollen, und es sollte nach Möglichkeiten gesucht werden, die Landwirte darin zu bestärken, in Vereinbarungen über gemeinschaftliche Erzeugung einzutreten.
Der Vorschlag beruht auf dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 42 Absatz 1 und Artikel 43 Absatz 2.
Schritte auf EU-Ebene sind gerechtfertigt, da zur Verwirklichung der Ziele der Gemeinsamen Agrarpolitik solche Maßnahmen ergriffen werden müssen, um eine einheitliche Umsetzung in der gesamten EU sicherzustellen und dabei weiterhin für einen tatsächlichen Wettbewerb im Milchsektor und das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarkts zu sorgen. Dies gilt besonders in den Fällen, in denen das EU-Wettbewerbsrecht, das der ausschließlichen Zuständigkeit der EU unterliegt, im Bereich der Gemeinsamen Agrarpolitik anzuwenden ist. Angesichts der Komplexität des Vertragsrechts innerhalb der EU bleibt die Entscheidung darüber, ob bestimmte Elemente des Vorschlags (in Bezug auf Verträge) obligatorisch sein sollen, den Mitgliedstaaten überlassen.
Da das Wettbewerbsrecht der ausschließlichen Zuständigkeit der EU unterliegt, können einzelne Mitgliedstaaten nichts an seiner Geltung für die Gemeinsame Agrarpolitik ändern; dies ist nur nach Artikel 42 AEUV möglich. Bei den Vertragsbeziehungen wird den Mitgliedstaaten in dem Vorschlag ein großer Ermessensspielraum eingeräumt. Gewisse Mindeststandards müssen jedoch festgelegt werden, um das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarkts und der gemeinsamen Marktorganisation sicherzustellen, die naturgemäß grenzüberschreitenden Charakter haben.
Die EU kann die Ziele besser verwirklichen, da die Vorgaben im Wettbewerbsrecht von einzelnen Mitgliedstaaten nicht erreicht werden können; einschlägige Mindeststandards sind notwendig für das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarkts und der gemeinsamen Marktorganisation.
Der Vorschlag entspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Vertragsbeziehungen werden auf EU-Ebene auf freiwilliger Basis geregelt. Es bleibt den Mitgliedstaaten überlassen, ob sie eine obligatorische Regelung wählen. Lediglich 4 Aspekte der Vertragsbeziehungen sind auf EU-Ebene geregelt, sobald ein Mitgliedstaat sich auf seinem Hoheitsgebiet für eine obligatorische Regelung im Interesse des ordnungsgemäßen Funktionierens des Binnenmarkts und der gemeinsamen Marktorganisation entscheidet.
Was die Bestimmungen über die Stärkung der Verhandlungsmacht der Milchbauern angeht, wird ein Grenzwert von 3,5 % der Milcherzeugung der EU vorgeschlagen; dies würde Verhandlungen mit Erzeugerorganisationen ermöglichen, die in etwa gleich groß sind wie die wichtigsten milchverarbeitenden Betriebe. Ein Grenzwert in Form eines bestimmten Anteils an der nationalen Erzeugung wird ebenfalls vorgeschlagen, damit bei der Versorgung mit Rohmilch auf nationaler Ebene der Wettbewerb gewährleistet bleibt. Wenn die betreffenden Wettbewerbsbehörden auf dem Gebiet, für das sie zuständig sind, in erforderlichen und gerechtfertigten Einzelfällen eingreifen können, wendet dies Schaden von kleinen und mittelgroßen Rohmilcherzeugern ab.
Die Regelungen über Branchenverbände orientieren sich im Wesentlichen an den Regelungen für den Obst- und Gemüsesektor und dienen lediglich dazu, Rechtssicherheit für solche Verbände zu schaffen.
Die Einführung einer für die Mitgliedstaaten geltenden eindeutigen Rechtsgrundlage für die monatliche Erfassung von Informationen über Rohmilchlieferungen betrifft Daten, über die die Marktteilnehmer ohnehin verfügen, und sollte weder für die milchverarbeitenden Betriebe noch für die Mitgliedstaaten eine wesentliche Belastung darstellen.
Zur weiteren Verbesserung der Konzentration auf der Angebotsseite würde auch die Gründung von Erzeugerorganisationen gefördert, wie in der Mitteilung der Kommission "Die Funktionsweise der Lebensmittelversorgungskette in Europa verbessern" empfohlen wird. Die derzeit bestehende Regelung zur Unterstützung der Einrichtung und Verwaltung von Erzeugergruppen, auf die in den neuen Mitgliedstaaten im Rahmen der Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums bereits in allen Sektoren zurückgegriffen werden kann, sollte auf die alten 15 Mitgliedstaaten ausgeweitet werden. Die Möglichkeit zur Unterstützung von Erzeugergruppen im Obst- und Gemüsesektor sollte jedoch nicht eingeräumt werden, da ihre Tätigkeit bereits gemäß Artikel 103b-103g der einheitlichen GMO gefördert werden kann. Die Änderung der betreffenden Bestimmungen erfolgt im Rahmen der Anpassung der Grundverordnungen im Agrarbereich an den Vertrag von Lissabon.
Was die restlichen Empfehlungen der HLG betrifft, wäre die von ihr behandelte Frage des "Erzeugungsortes" Teil des "Qualitätspakets". Gemäß diesem neuen Rahmen wird eine Rechtsgrundlage für die obligatorische Kennzeichnung des Erzeugungsortes für alle Sektoren eingeführt. Dies ermöglicht der Kommission, nach entsprechenden Folgenabschätzungen und je für den einzelnen Fall delegierte Rechtsakte über eine etwaige verpflichtende Kennzeichnung des Erzeugungsortes auf geeigneter geografischer Ebene zu erlassen und damit für die vom Verbraucher geforderte Transparenz und Information zu sorgen. Als einer der ersten Bereiche wird der Milchsektor untersucht. Die Ergebnisse der Beratungen im Rat und im Parlament über den Vorschlag der Kommission für eine Verordnung betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel [KOM (2008) 40] werden berücksichtigt.
Mögliche Veränderungen bei Marktinstrumenten, Forschung und Innovation würden im Rahmen der Initiative "GAP nach 2013" in Angriff genommen, um die Debatte auf alle landwirtschaftliche Erzeugnisse auszuweiten und einen kohärenten Ansatz zu verfolgen.
Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates im Hinblick auf Vertragsbeziehungen im Sektor Milch und Milcherzeugnisse
DAS Europäische Parlament der Rat der Europäischen Union - gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 42 Absatz 1 und Artikel 43 Absatz 2, auf Vorschlag der Europäischen Kommission1, nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente, nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses23,gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren in Erwägung nachstehender Gründe:
- (1) Mehrere Reformen der gemeinsamen Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse, die inzwischen in die Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates vom 22. Oktober 2007 über eine gemeinsame Organisation der Agrarmärkte und mit Sondervorschriften für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse (Verordnung über die einheitliche GMO)4 eingegangen ist, zielten auf die Marktorientierung des Sektors ab (bei der Preissignale für die Entscheidungen der Landwirte über Art und Menge der Erzeugung maßgeblich sind), damit vor dem Hintergrund der Globalisierung des Handels die Wettbewerbsfähigkeit und Zukunftsfähigkeit des Milchsektors gestärkt werden. Durch die Verordnung (EG) Nr. 072/2009 des Rates vom 19. Januar 2009 zur Anpassung der gemeinsamen Agrarpolitik durch Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 247/2006, (EG) Nr. 320/2006, (EG) Nr. 1405/2006, (EG) Nr. 1234/2007, (EG) Nr. 3/2008 und (EG) Nr. 479/2008 und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1883/78, (EWG) Nr. 1254/89, (EWG) Nr. 2247/89, (EWG) Nr. 2055/93, (EG) Nr. 1868/94, (EG) Nr. 2596/97, (EG) Nr. 1182/2005 und (EG) Nr. 315/20075 ("Gesundheitscheck"-Reform 2008/2009) wurde daher beschlossen, dass die Quoten schrittweise erhöht werden müssen, um einen reibungslosen Übergang zum Auslaufen der Milchquoten 2015 zu gewährleisten.
- (2) Im Zeitraum von 2007 bis 2009 kam es zu außergewöhnlichen Entwicklungen auf den Märkten für Milch und Milcherzeugnisse. Anfangs verursachten extreme Wetterbedingungen in Ozeanien eine erhebliche Verknappung des Angebots, wodurch die Preise rasch enorm anstiegen. Nachdem sich die globale Angebotslage und die Preise zu normalisieren begannen, wirkte sich die Finanz- und Wirtschaftskrise negativ für die Milcherzeuger in der EU aus und verschärfte die Preisvolatilität. Zunächst schnellten die Kosten für Futtermittel und andere Betriebsstoffe wie Energie infolge steigender Rohstoffpreise in die Höhe. Anschließend führte ein weltweiter und somit auch die EU betreffender Nachfragerückgang unter anderem bei Milch und Milcherzeugnissen bei konstant bleibender Erzeugung zu einem Preiseinbruch in der EU bis zum unteren Niveau des Sicherheitsnetzes. Der drastische Preisrückgang bei Molkereierzeugnissen wurde nicht völlig an die Verbraucher weitergegeben, wodurch sich in der Mehrheit der Länder für die meisten Erzeugnisse im Milchsektor die Bruttospanne für die nachgelagerten Sektoren erhöhte; die Nachfrage konnte sich somit nicht an die niedrigen Preise für Molkereierzeugnisse anpassen, was die Preiserholung verlangsamte und die Auswirkungen der niedrigen Preise auf die Milcherzeuger verschärfte.
- (3) Angesichts dieser schwierigen Marktlage wurde im Oktober 2009 eine hochrangige Expertengruppe (HLG) "Milch" eingesetzt, um vor dem Hintergrund des Auslaufens der Milchquoten im Jahr 2015 mittel- und langfristige Regelungen für den Milchsektor zu erörtern. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Gesundheitschecks hatte die HLG die Aufgabe, einen Regulierungsrahmen zu erarbeiten, der zur Stabilisierung des Marktes und der Erzeugereinkommen und zu mehr Markttransparenz beitragen soll.
- (4) Bedeutende europäische Interessengruppen der Milchversorgungskette, die Landwirte, milchverarbeitende Betriebe, Milchhändler, den Einzelhandel und Verbraucher vertreten, lieferten mündliche und schriftliche Beiträge zu den Arbeiten der HLG. Außerdem erhielt die HLG Beiträge von eingeladenen Wissenschaftlern; Drittstaatenvertretern, nationalen Wettbewerbsbehörden und Dienststellen der Kommission. Darüber hinaus fand am 26. März 2010 eine Konferenz der Interessenvertreter des Milchsektors statt, auf der eine größere Gruppe an der Versorgungskette beteiligter Akteure ihre Sicht der Dinge darlegen konnte. Am 15. Juni 2010 legte die HLG ihren Bericht vor, der eine Analyse der aktuellen Lage des Milchsektors und eine Reihe von Empfehlungen enthält.
- (5) Die HLG stellte im Sektor der Milcherzeugung und -verarbeitung große Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten fest. Die Lage zwischen den Akteuren und verschiedenen Arten von Akteuren innerhalb der einzelnen Mitgliedstaaten ist ebenfalls sehr unterschiedlich. Die Angebotskonzentration ist allerdings häufig gering, so dass die Verhandlungsmacht in der Versorgungskette zwischen Landwirten und Molkereien nicht ausgeglichen ist. Dieses Ungleichgewicht kann zu unfairen Handelspraktiken führen; insbesondere wissen die Landwirte zum Zeitpunkt der Ablieferung nicht, welchen Preis sie für ihre Milch erhalten, weil dieser häufig erst viel später von den Molkereien auf der Grundlage des erzielten Mehrwerts festgelegt wird, worauf die Landwirte, die keiner Genossenschaft angehören, oft keinen Einfluss haben.
- (6) Die Preisweitergabe in der Kette ist problematisch, insbesondere im Hinblick auf die Ab-Hof-Preise. Umgekehrt gab es bei der Milch 2009 auf der Angebotsseite keine Reaktion auf den Nachfragerückgang. In einigen bedeutenden Erzeugerländern produzierten die Landwirte als Reaktion auf den Preisrückgang sogar mehr als im Jahr zuvor. Der entlang der Wertschöpfungskette entstehende Mehrwert konzentriert sich zunehmend in den nachgelagerten Sektoren, vor allem bei den Molkereien.
- (7) Bei den Molkereien sind die Liefermengen im Laufe des Wirtschaftsjahres nicht immer gut geplant. Selbst bei Molkereigenossenschaften (die Landwirten gehören, die über Verarbeitungseinrichtungen verfügen, und von denen 58 % der Rohmilch in der EU verarbeitet werden) kann die Abstimmung des Angebots auf die Nachfrage unzureichend sein: Die Landwirte müssen die gesamte von ihnen erzeugte Milch an ihre Genossenschaft liefern, die sie wiederum vollständig abnehmen muss.
- (8) Nur selten werden förmliche schriftliche Verträge verwendet, in denen zumindest die grundlegenden Fragen vor der Lieferung geregelt sind. Dies könnte jedoch die Akteure im Milchsektor sensibilisieren und ihr Verantwortungsgefühl dafür schärfen, gezielter auf Marktsignale zu reagieren, die Preisweitergabe zu verbessern und ihr Angebot stärker an der Nachfrage auszurichten, sowie dazu beitragen, bestimmte unfaire Handelspraktiken zu verhindern.
- (9) Da es keine EU-Rechtsvorschriften über solche Verträge gibt, können die Mitgliedstaaten im Rahmen ihres nationalen Vertragsrechts solche Verträge zwingend vorschreiben, sofern sie dabei nicht gegen EU-Recht verstoßen und insbesondere nicht das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarkts und der gemeinsamen Marktorganisation beeinträchtigen. Angesichts der EU-weit unterschiedlichen Verhältnisse sollte diese Entscheidung im Interesse der Subsidiarität den Mitgliedstaaten überlassen bleiben. Damit jedoch gewisse Mindeststandards für derartige Verträge sowie das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarkts und der gemeinsamen Marktorganisation sichergestellt sind, sollten einige grundlegende Voraussetzungen für die Verwendung solcher Verträge auf EU-Ebene festgelegt werden. Da die Satzungen einiger Molkereigenossenschaften möglicherweise Bestimmungen mit ähnlichen Auswirkungen enthalten, sollten sie der Einfachheit halber von einer Vertragspflicht befreit werden. Zur Gewährleistung der Wirksamkeit von Systemen, bei denen Dritte die Milch von den Landwirten abholen und an die verarbeitenden Betriebe liefern, sollten die Regelungen in einem solchen Fall ebenfalls gelten.
- (10) Gemäß Artikel 42 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) finden die Wettbewerbsregeln auf die Produktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse und den Handel mit diesen nur insoweit Anwendung, als das Europäische Parlament und der Rat dies im Rahmen von Artikel 43 Absatz 2 AEUV, der wiederum die Festlegung einer gemeinsamen Organisation der Agrarmärkte vorsieht, bestimmen.
- (11) Damit eine rationelle Entwicklung der Erzeugung und auf diese Weise ein angemessener Lebensstandard der Milchbauern sichergestellt wird, sollte ihre Verhandlungsmacht gegenüber den verarbeitenden Betrieben gestärkt werden, was wiederum zu einer gerechteren Verteilung des entlang der Wertschöpfungskette entstehenden Mehrwerts führen sollte. Zur Verwirklichung dieser Ziele der Gemeinsamen Agrarpolitik sollte gemäß Artikel 42 und Artikel 43 Absatz 2 AEUV eine Regelung verabschiedet werden, die es von Milchbauern bzw. deren Verbänden gegründeten Erzeugerorganisationen ermöglicht, geschlossen für die Produktion einiger oder aller Mitglieder mit einer Molkerei Vertragsbedingungen einschließlich der Preise auszuhandeln. Im Sinne der Erhaltung eines tatsächlichen Wettbewerbs auf dem Milchmarkt sollte dies nur mit einer angemessenen Mengenbegrenzung möglich sein. Solche Erzeugerorganisationen sollten deshalb ebenfalls gemäß Artikel 122 der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 anerkannt werden können. Die Kommission sollte gemäß Artikel 290 AEUV befugt sein, im Hinblick auf die Bedingungen, unter denen Zusammenschlüsse von Erzeugerorganisationen anerkannt werden können, delegierte Rechtsakte zu erlassen.
- (12) Auf EU-Ebene sind in einigen Sektoren Regelungen für Branchenverbände eingeführt worden. Diese Organisationen können eine nützliche Rolle für den Dialog zwischen den Akteuren der Versorgungskette sowie die Förderung vorbildlicher Praktiken und der Markttransparenz einnehmen. Solche Regelungen sollten ebenfalls im Milchsektor gelten, neben den Bestimmungen über die wettbewerbsrechtliche Stellung solcher Organisationen, wobei sichergestellt werden sollte, dass sie nicht den Wettbewerb verzerren oder den Binnenmarkt oder das ordnungsgemäße Funktionieren der gemeinsamen Marktorganisation beeinträchtigen.
- (13) Um auf Marktentwicklungen reagieren zu können, benötigt die Kommission rechtzeitig Informationen über Rohmilchliefermengen. Artikel 192 der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 bildet die Grundlage für den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission. Es sollten jedoch Vorkehrungen dafür getroffen werden, dass die verarbeitenden Betriebe solche Informationen regelmäßig an die Mitgliedstaaten weiterleiten. Die Kommission sollte gemäß Artikel 290 AEUV befugt sein, delegierte Rechtsakte in Bezug auf Umfang, Inhalt, Form und Zeitpunkt solcher Erklärungen zu erlassen.
- (14) Die in dieser Verordnung festgelegten Maßnahmen sind vor dem Hintergrund der derzeitigen wirtschaftlichen Lage des Milchmarkts sowie der Struktur der Versorgungskette gerechtfertigt. Sie sollten daher ausreichend lange angewandt werden (sowohl vor als auch nach dem Auslaufen der Milchquoten), damit sie ihre volle Wirkung entfalten können. Angesichts ihres weitreichenden Charakters sollten sie allerdings nur vorübergehender Natur sein, und es sollte überprüft werden, wie wirksam sie sind und ob sie weiter angewandt werden sollen. Darauf sollte in den bis zum 30. Juni 2014 und zum 3 1. Dezember 2018 vorzulegenden Berichten der Kommission zur Entwicklung des Milchmarkts eingegangen werden, in denen insbesondere mögliche Anreize für Landwirte, in Vereinbarungen über gemeinschaftliche Erzeugung einzutreten, behandelt werden sollten.
- (15) Die Kommission sollte zum Erlass von delegierten Rechtsakten gemäß Artikel 290 AEUV befugt sein, um bestimmte, nicht wesentliche Elemente der in dieser Verordnung genannten Maßnahmen zu ergänzen oder zu ändern. Die Elemente, für die diese Befugnis ausgeübt werden darf, sowie die für diese Übertragung geltenden Bedingungen sollten festgelegt werden.
- (16) Um die einheitliche Anwendung der in dieser Verordnung festgelegten Maßnahmen in allen Mitgliedstaaten zu gewährleisten, sollte die Kommission befugt sein, gemäß Artikel 291 AEUV Durchführungsrechtsakte zu erlassen. Sofern nicht ausdrücklich anders festgelegt, sollte die Kommission diese Durchführungsrechtsakte in Einklang mit den Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. [xxxx/yyyy] des Europäischen Parlaments und des Rates über ... erlassen.
- (17) Die Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 sollte daher entsprechend geändert werden -
Haben folgende Verordnung Erlassen:
Artikel 1
Änderungen der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007
Die Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 wird wie folgt geändert:
- (1) Es wird ein neuer Artikel 4a eingefügt:
"Artikel 4a
Erlass von delegierten Rechtsakten und DurchführungsrechtsaktenWenn der Kommission Befugnisse übertragen werden, handelt sie nach dem Verfahren des Artikels 196a im Falle von delegierten Rechtsakten und nach dem Verfahren des Artikels 196b im Falle von Durchführungsrechtsakten, sofern nicht in dieser Verordnung ausdrücklich anders festgelegt."
- (2) In Artikel 122 Absatz 1 Buchstabe a wird nach Ziffer (iii) folgende Ziffer eingefügt:
(iiia) Milch und Milcherzeugnisse;"
- (3) In Artikel 123 wird folgender Absatz eingefügt:
"4. Die Mitgliedstaaten können auch Branchenverbände anerkennen, die
- a) aus Vertretern der mit der Erzeugung von, dem Handel mit oder der Verarbeitung von Erzeugnissen des Sektors Milch und Milcherzeugnisse zusammenhängenden Wirtschaftszweige gebildet werden;
- b) auf Initiative aller oder einiger der unter Buchstabe a genannten Vertreter gegründet werden;
- c) in einer oder mehreren Regionen der EU eine oder mehrere der folgenden Tätigkeiten - unter Berücksichtigung der Verbraucherinteressen - ausüben:
- i) dafür sorgen, dass der Wissensstand steigt und Markt und Erzeugung transparenter werden, z.B. durch die Veröffentlichung von Statistiken über Preise, Mengen und die Vertragsdauer von Rohmilchlieferverträgen und durch Analysen möglicher künftiger Marktentwicklungen auf regionaler und nationaler Ebene;
- ii) Mitwirkung an einer besseren Koordinierung der Vermarktung der Erzeugnisse des Sektors Milch und Milcherzeugnisse, insbesondere durch Marktforschung und -studien;
- iii) Ausarbeitung von Standardverträgen in Einklang mit dem EU-Recht;
- iv) Information und Marktforschung zur Ausrichtung der Produktion auf Erzeugnisse, die dem Marktbedarf sowie den Vorlieben und den Erwartungen der Verbraucher, insbesondere hinsichtlich der Qualität und der Umweltfreundlichkeit, besser gerecht werden;
- v) Suche nach Möglichkeiten, den Einsatz von tiermedizinischen Produkten und anderen Stoffen zu begrenzen;
- vi) Entwicklung von Verfahren und Geräten zur Verbesserung der Produktqualität auf allen Stufen der Erzeugung und Vermarktung;
- vii) Ausschöpfung des Potenzials des ökologischen Landbaus und Schutz und Förderung dieser Art der Landwirtschaft sowie der Ursprungsbezeichnungen, Gütesiegel und geografischen Angaben und viii) Förderung der integrierten Erzeugung oder anderer umweltfreundlicher Erzeugungsmethoden."
- (4) In Teil II Titel II Kapitel II wird folgender Abschnitt IIa eingefügt:
"Abschnitt IIa
Erzeugerorganisationen im Sektor Milch MilcherzeugnisseArtikel 126a
Vertragsverhandlungen im Sektor Milch und Milcherzeugnisse- 1. Verträge über die Lieferung von Rohmilch durch einen Landwirt an einen Rohmilch verarbeitenden Betrieb oder Abholer im Sinne von Artikel 185f Absatz 1 Unterabsatz 2 können von einer gemäß Artikel 122 anerkannten Erzeugerorganisation im Sektor Milch und Milcherzeugnisse im Namen der ihr angehörenden Landwirte für deren gesamte gemeinsame Erzeugung oder einen Teil davon ausgehandelt werden.
- 2. Die Erzeugerorganisationen können Verträge aushandeln:
- a) unabhängig davon, ob das Eigentum an der Rohmilch von den Landwirten auf die Erzeugerorganisation übergeht;
- b) unabhängig davon, ob für die gemeinsame Erzeugung einiger oder aller der ihnen angehörenden Landwirte derselbe Preis ausgehandelt wird;
- c) sofern die solche Verhandlungen einer bestimmten Erzeugerorganisation betreffende gesamte Rohmilchmenge folgende Grenzen nicht überschreitet:
- i) 3,5 % der gesamten Erzeugung der EU;
- ii) 33 % der gesamten Erzeugung eines in solche Verhandlungen einer Erzeugerorganisation eingebundenen Mitgliedstaats und iii) 33 % der gesamten Erzeugung aller in solche Verhandlungen einer Erzeugerorganisation eingebundenen Mitgliedstaaten;
- d) sofern die betreffenden Landwirte keiner anderen Erzeugerorganisation angehören, die ebenfalls in ihrem Namen solche Verträge aushandelt, und
- e) sofern die Erzeugerorganisation die zuständigen Behörden des Mitgliedstaats oder der Mitgliedstaaten benachrichtigt, in dem/denen sie tätig ist.
- 3. Im Sinne dieses Artikels schließen Bezugnahmen auf Erzeugerorganisationen auch Zusammenschlüsse von Erzeugerorganisationen ein. Um die angemessene Kontrolle dieser Zusammenschlüsse sicherzustellen, kann die Kommission durch delegierte Rechtsakte Regelungen über die für die Anerkennung solcher Zusammenschlüsse geltenden Bedingungen erlassen.
- 4. Im Sinne von Absatz 2 Buchstabe c veröffentlicht die Kommission anhand der ihr angebracht erscheinenden Methoden die Mengen der in der EU und den Mitgliedstaaten erzeugten Rohmilch und greift dafür auf die aktuellsten verfügbaren Informationen zurück.
- 5. Abweichend von Absatz 2 Buchstabe c Ziffern ii und iii kann die entsprechend dem zweiten Unterabsatz zuständige Wettbewerbsbehörde - selbst wenn der Grenzwert von 33 % nicht überschritten wird - in Einzelfällen beschließen, dass die betreffende Erzeugerorganisation keine Verhandlungen führen darf, wenn sie dies für erforderlich erachtet, um den Wettbewerb aufrechtzuerhalten oder um ernsthaften Schaden von auf ihrem Hoheitsgebiet angesiedelten kleinen und mittelgroßen Betrieben, die Rohmilch verarbeiten, abzuwenden.
Bei Verhandlungen, die die Erzeugung von mehr als einem Mitgliedstaat zum Gegenstand haben, ist der im ersten Unterabsatz beschriebene Beschluss im Wege von Durchführungsrechtsakten ohne die Unterstützung des Ausschusses nach Artikel 195 Absatz 1 von der Kommission zu fassen. In allen anderen Fällen ist er von der nationalen Wettbewerbsbehörde des Mitgliedstaats zu fassen, dessen Erzeugung Gegenstand der Verhandlungen ist.
Die in den ersten beiden Unterabsätzen beschriebenen Beschlüsse gelten nicht vor dem Zeitpunkt, an dem sie den betroffenen Unternehmen mitgeteilt werden.
- 6. Im Sinne dieses Artikels bezeichnet der Ausdruck
- a) "nationale Wettbewerbsbehörde" die in Artikel 5 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln 6 genannte Behörde und
- b) "kleine und mittelgroße Betriebe" Kleinstunternehmen sowie kleine und mittlere Unternehmen im Sinne der Empfehlung der Kommission 2003/361/EG vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der7Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen
- (5) In Artikel 175 werden die Worte "vorbehaltlich der Artikel 176 bis 177 dieser Verordnung" ersetzt durch "vorbehaltlich der Artikel 176 bis 177a dieser Verordnung".
- (6) Folgender Artikel 177a wird eingefügt:
"Artikel 177a
Vereinbarungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen im Sektor Milch und Milcherzeugnisse- 1. Artikel 101 Absatz 1 AEUV gilt nicht für Vereinbarungen, Beschlüsse und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen anerkannter Branchenverbände, die der Ausübung der Tätigkeiten nach Artikel 123 Absatz 4 Buchstabe c der vorliegenden Verordnung dienen.
- 2. Absatz 1 gilt nur unter der Voraussetzung, dass
- a) die Vereinbarungen, Beschlüsse und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen der Kommission mitgeteilt worden sind und
- b) die Kommission binnen drei Monaten nach der Mitteilung aller zur Beurteilung notwendigen Informationen im Wege von Durchführungsrechtsakten ohne die Unterstützung des Ausschusses nach Artikel 195 Absatz 1 nicht festgestellt hat, dass diese Vereinbarungen, Beschlüsse oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen mit EU-Recht unvereinbar sind.
- 3. Die Vereinbarungen, Beschlüsse und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen dürfen erst nach Ablauf der in Absatz 2 Buchstabe b genannten Frist in Kraft gesetzt werden.
- 4. Die Feststellung der Unvereinbarkeit mit EU-Recht erfolgt in jedem Fall, wenn die betreffenden Vereinbarungen, Beschlüsse bzw. aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen
- a) in irgendeiner Weise eine Abschottung der Märkte innerhalb der EU bewirken können;
- b) das ordnungsgemäße Funktionieren der gemeinsamen Marktorganisation gefährden können;
- c) Wettbewerbsverzerrungen hervorrufen können, die zur Erreichung der mit der Tätigkeit des Branchenverbands verfolgten Ziele der Gemeinsamen Agrarpolitik nicht unbedingt erforderlich sind;
- d) die Festsetzung von Preisen umfassen oder
- e) zu Diskriminierungen führen oder den Wettbewerb für einen wesentlichen Teil der betreffenden Erzeugnisse ausschalten können.
- 5. Stellt die Kommission nach Ablauf der in Absatz 2 Buchstabe b genannten Frist fest, dass die Bedingungen für die Anwendung von Absatz 1 nicht erfüllt sind, so erklärt sie - auf dem Wege von Durchführungsrechtsakten ohne die Unterstützung des Ausschusses nach Artikel 195 Absatz 1 -, dass Artikel 101 Absatz 1 AEUV auf die betreffende Vereinbarung, den Beschluss bzw. die abgestimmte Verhaltensweise anwendbar ist.
Der Zeitpunkt für das Inkrafttreten des Beschlusses der Kommission darf nicht vor dem Zeitpunkt seiner Bekanntgabe an den betreffenden Branchenverband liegen, außer wenn dieser Branchenverband falsche Angaben gemacht oder die Ausnahmeregelung nach Absatz 1 missbräuchlich in Anspruch genommen hat.
- 6. Bei Mehrjahresvereinbarungen gilt die Mitteilung für das erste Jahr auch für die folgenden Jahre der Vereinbarung. Die Kommission kann in diesem Fall jedoch von sich aus oder auf Ersuchen eines anderen Mitgliedstaats jederzeit die Unvereinbarkeit feststellen."
- (7) Artikel 179 erhält folgende Fassung:
"Artikel 179
Durchführungsbefugnisse in Bezug auf Vereinbarungen und abgestimmte VerhaltensweisenDie Kommission kann im Wege von Durchführungsrechtsakten sämtliche notwendigen Maßnahmen im Zusammenhang mit den Artikeln 176a bis 178 treffen."
- (8) In Artikel 184 wird folgende Ziffer angefügt:
(10) dem Europäischen Parlament und dem Rat bis zum 30. Juni 2014 und bis zum 3 1. Dezember 2018 über die Entwicklung der Marktlage im Sektor Milch und Milcherzeugnisse, besonders über das Funktionieren von Artikel 122 Absatz 1 Ziffer iiia), Artikel 123 Absatz 4 sowie der Artikel 126a, 177a, 185e und 185f; sie behandelt dabei insbesondere mögliche Anreize für Landwirte, in Vereinbarungen über gemeinschaftliche Erzeugung einzutreten, und fügt den Berichten gegebenenfalls geeignete Vorschläge bei."
- (9) Es werden folgende Artikel 185e und 185f eingefügt:
"Artikel 185e
Obligatorische Angaben im Sektor Milch und Milcherzeugnisse- 1. Rohmilch verarbeitende Betriebe geben den zuständigen nationalen Behörden für jeden Monat die Rohmilchmengen an, die ihnen geliefert wurden.
- 2. Die Kommission kann im Wege von Durchführungsrechtsakten Bestimmungen im Hinblick auf Umfang, Inhalt, Form und Zeitpunkt solcher Angaben erlassen, um sicherzustellen, dass sie für die Zwecke der Marktordnung hilfreich sind und rechtzeitig gemacht werden.
Artikel 185f
Vertragsbeziehungen im Sektor Milch und Milcherzeugnisse- 1. Wenn ein Mitgliedstaat beschließt, dass für jede Rohmilchlieferung eines Landwirts an einen Rohmilch verarbeitenden Betrieb ein schriftlicher Vertrag zwischen den beteiligten Parteien abzuschließen ist, müssen solche Verträge die in Absatz 2 festgelegten Bedingungen erfüllen.
In diesem im ersten Unterabsatz beschriebenen Fall muss der betreffende Mitgliedstaat ebenfalls festlegen, dass, wenn die Rohmilchlieferung durch einen oder mehrere Abholer vorgenommen wird, für jede Stufe der Lieferung ein solcher Vertrag zwischen den beteiligten Parteien abzuschließen ist. In diesem Sinne bezeichnet der Begriff "Abholer" ein Unternehmen, das Rohmilch von einem Landwirt oder einem weiteren Abholer zu einem Rohmilch verarbeitendem Betrieb oder einem weiteren Abholer befördert, wobei das Eigentum an der Rohmilch bei jeder Stufe der Lieferung übertragen wird.
- 2. Der Vertrag
- a) ist vor der Lieferung abzuschließen;
- b) ist schriftlich abzuschließen und
- c) hat insbesondere die folgenden Bestandteile zu beinhalten:
- i) den Preis für die gelieferte Milch, der - fest und im Vertrag genannt sein muss oder - schwanken kann, aber ausschließlich von im Vertrag festgelegten Faktoren abhängt wie insbesondere der Entwicklung der Marktlage auf der Grundlage von Marktindikatoren, der Liefermenge sowie der Qualität und Zusammensetzung der gelieferten Rohmilch;
- ii) die Mengen, die geliefert werden können und/oder müssen, und den Zeitplan für die Lieferung sowie iii) die Dauer des Vertrags, der auf unbestimmte Zeit mit Kündigungsklauseln abgeschlossen werden kann.
- 3. Abweichend von Absatz 1 ist bei der Lieferung von Rohmilch von einem Landwirt an einen Rohmilch verarbeitenden Betrieb kein Vertrag vorgeschrieben, wenn der verarbeitende Betrieb eine Genossenschaft ist, der der betreffende Landwirt angehört und deren Satzung Bestimmungen enthält, mit denen eine ähnliche Wirkung erzielt wird wie die unter Absatz 2 Buchstabe a, b und c genannte.
- 4. Sämtliche Bestandteile von Verträgen über Rohmilchlieferungen, die von Landwirten, Abholern oder Rohmilch verarbeitenden Betrieben abgeschlossen werden, einschließlich der in Absatz 2 Buchstabe c genannten, sind zwischen den beteiligten Parteien frei verhandelbar.
- 5. Zur Gewährleistung einer einheitlichen Anwendung dieses Artikels kann die Kommission im Wege von Durchführungsrechtsakten sämtliche notwendigen Maßnahmen treffen."
- (10) In Teil VII Kapitel I werden die folgenden Artikel 196a und 196b hinzugefügt:
"Artikel 196a
Delegierte Rechtsakte- 1. Die Befugnis zum Erlass der in dieser Verordnung genannten delegierten Rechtsakte wird der Kommission auf unbestimmte Zeit übertragen.
Sobald die Kommission einen delegierten Rechtsakt erlässt, übermittelt sie ihn dem Europäischen Parlament und dem Rat gleichzeitig.
- 2. Die in Absatz 1 genannte Befugnisübertragung kann vom Europäischen Parlament oder vom Rat jederzeit widerrufen werden.
Das Organ, das ein internes Verfahren eingeleitet hat, um darüber zu beschließen, ob die Befugnisübertragung widerrufen werden soll, unterrichtet nach Möglichkeit das andere Organ und die Kommission innerhalb angemessener Frist vor der endgültigen Beschlussfassung darüber, welche übertragenen Befugnisse widerrufen werden sollen, und legt die möglichen Gründe hierfür dar.
Der Beschluss über den Widerruf beendet die Übertragung der in diesem Beschluss angegebenen Befugnisse. Der Beschluss wird unmittelbar oder zu einem darin angegebenen späteren Zeitpunkt wirksam. Die Gültigkeit von delegierten Rechtsakten, die bereits in Kraft sind, wird davon nicht berührt. Der Beschluss wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.
- 3. Das Europäische Parlament und der Rat können gegen einen delegierten Rechtsakt innerhalb von zwei Monaten nach seiner Übermittlung Einwände erheben. Auf Initiative des Europäischen Parlaments oder des Rates wird diese Frist um einen Monat verlängert.
Falls nach Ablauf dieser Frist weder das Europäische Parlament noch der Rat Einwände gegen den delegierten Rechtsakt erhoben haben, wird dieser im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und tritt an dem darin genannten Tag in Kraft.
Der delegierte Rechtsakt kann im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht werden und bereits vor Ablauf dieser Frist in Kraft treten, wenn sowohl das Europäische Parlament als auch der Rat die Kommission über ihre Absicht informiert haben, keine Einwände zu erheben.
Erhebt das Europäische Parlament oder der Rat Einwände gegen einen delegierten Rechtsakt, so tritt dieser nicht in Kraft. Das Organ, das Einwände erhebt, legt die Gründe für seine Einwände gegen den delegierten Rechtsakt dar.
Artikel 196b
DurchführungsrechtsakteWenn Durchführungsrechtsakte gemäß dieser Verordnung erlassen werden, wird die Kommission vom in Artikel 195 dieser Verordnung genannten Ausschuss unterstützt und das Verfahren gemäß Artikel [5] der Verordnung (EG) Nr. [xxxx/yyyy] angewandt."
- 1. Die Befugnis zum Erlass der in dieser Verordnung genannten delegierten Rechtsakte wird der Kommission auf unbestimmte Zeit übertragen.
- (11) In Artikel 204 wird folgender Absatz eingefügt:
"6. Für Milch und Milcherzeugnisse gelten Artikel 122 Absatz 1 Ziffer iiia, Artikel 123 Absatz 4 sowie die Artikel 126a, 177a, 185e und 185f bis zum 30. Juni 2020."
Artikel 2
Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am dritten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. Sie gilt ab dem [...].
Geschehen zu Brüssel am
Im Namen des Europäischen Parlaments Im Namen des Rates Der Präsident Der Präsident
- 1. ABl. C vom ..., S. ... .
- 2. ABl. C vom ..., S. ... .
- 3. ABl. C vom ..., S. ... .
- 4. ABl. L 299 vom 16.11.2007, S. 1.
- 5. ABl. L 230 vom 2.9.2009, S. 6.
- 6. ABl. L 1 vom 4.1.2003, S. 1.
- 7. ABl. L 124 vom 20.5.2003, S. 36.