Der Bundesrat hat in seiner 860. Sitzung am 10. Juli 2009 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat nimmt die Zielsetzung des Richtlinienvorschlags zur Kenntnis, die Lücke bei der Erhebung der Sicherheitsentgelte zu schließen, die dadurch entstanden ist, dass die Sicherheitsentgelte - trotz ursprünglicher Absicht der Kommission - nicht in der Richtlinie über Flughafenentgelte enthalten sind, und dadurch einen europaweit einheitlichen Regelungsrahmen für die Festlegung von Sicherheitsentgelten auf Flughäfen zu schaffen.
- 2. Der Bundesrat sieht in dem Richtlinienvorschlag eine Verletzung des Subsidiaritätsprinzips. So ist insbesondere ein Bedarf für eine entsprechende Regelung nicht dargetan. Der Richtlinienvorschlag enthält keine Angaben zu bestehenden Wettbewerbsverzerrungen oder Problemen im grenzüberschreitenden Verkehr durch die unterschiedlichen Luftsicherheitsentgelte. Nach dem Bericht der Kommission zur "Finanzierung der Luftsicherheit" vom 6. Februar 2009 ist es eher unwahrscheinlich, dass sich unterschiedliche Sicherheitsabgaben unter den Mitgliedstaaten wesentlich auf den Wettbewerb zwischen Flughäfen und zwischen Luftfahrtunternehmen auswirken. Auch konnte in der 2004 durchgeführten Studie nicht nachgewiesen werden, dass Sicherheitsabgaben eine abschreckende Wirkung auf die Nachfrage nach Flugreisen haben. Da auch nicht belegt wird, dass die grundlegenden Anforderungen in den Beziehungen zwischen Leitungsorganen von Flughäfen und Flughafennutzern nicht eingehalten werden, besteht kein Bedarf für europaweite, bürokratische Regelungen.
Auch bestehen Zweifel, ob durch den Richtlinienvorschlag Wettbewerbsverzerrungen überhaupt beseitigt werden könnten. Ziel des Richtlinienvorschlags ist, dass Flughafennutzer regelmäßig Informationen darüber erhalten, wie und auf welcher Grundlage die Luftsicherheitsentgelte berechnet werden. Es fehlt der Nachweis, inwieweit Transparenz bei den Kosten von Sicherheitsmaßnahmen notwendig ist, um gleiche Wettbewerbsbedingungen sowohl für Flughäfen als auch für Luftfahrtunternehmen zu schaffen.
- 3. Ausweislich der Zusammenfassung der Folgenabschätzung werden sich durch den Richtlinienvorschlag die Flugpreise durchschnittlich um 0,1 Prozent ermäßigen. Eine solche Preisreduzierung im Promillebereich wird nach Auffassung des Bundesrates, entgegen den Ausführungen in der Folgenabschätzung, nicht zu einer Steigerung der Nachfrage nach Flugreisen führen. Der Vorschlag mit seinen Mehrbelastungen für Mitgliedstaaten und regionalen Behörden widerspricht daher auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
- 4. Falls es dennoch zu einer solchen Regelung kommen sollte, ist der Bundesrat jedoch der Auffassung, dass für die Festlegung von Sicherheitsentgelten grundsätzlich keine von den Rahmenbedingungen und Regeln für die Festlegung von Entgelten im Sinne der Richtlinie 2009/12/EG abweichenden Vorgaben gelten sollten.
- 5. Er hält aus diesem Grunde nach wie vor eine Einarbeitung der Sicherheitsentgelte in die Richtlinie über Flughafenentgelte für das bessere legislatorische Konzept und lehnt daher den Richtlinienvorschlag ab.
- 6. Der Bundesrat betont, dass der in Deutschland bestehende Regulierungsrahmen ausreicht, um die mit der Richtlinie verfolgten Prinzipien zu gewährleisten. Insbesondere sieht er nicht die Notwendigkeit, ergänzend eine Aufsichtsbehörde einzurichten.
Im Einzelnen bittet der Bundesrat um Berücksichtigung folgender Punkte:
- 7. Sofern überhaupt die Notwendigkeit einer eigenständigen Richtlinie über Luftsicherheitsentgelte gesehen wird, sollte diese lediglich die von den Flughafenbetreibern erhobenen Luftsicherheitsentgelte umfassen und deckungsgleich mit den Regelungen über Flughafenentgelte sein, um einen einheitlichen Vollzug zu gewährleisten.
Zu Artikel 1:
- 8. Nach Artikel 1 erstreckt sich der Geltungsbereich des Vorschlags auf alle Flughäfen in der Gemeinschaft, wohingegen die Richtlinie über Flughafenentgelte lediglich Flughäfen mit mehr als 5 Mio. Passagieren betrifft. In diesem Bereich hält der Bundesrat eine Harmonisierung für dringend geboten.
Zu Artikel 2 Buchstabe d:
- 9. Artikel 2 Buchstabe d definiert als Sicherheitsentgelt eine "Abgabe, die eigens dem Ausgleich aller oder eines Teils der Kosten von Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz der Zivilluftfahrt vor unrechtmäßigen Eingriffen dient". Damit ist nicht klar, ob es sich hierbei nur um die von den Flughafenbetreibern erhobenen Sicherheitsentgelte handeln soll, oder auch alle übrigen Luftsicherheitsgebühren, unabhängig davon, von wem und in welchem Rechtsbereich die Leistungen erbracht werden, hierunter fallen.
- 10. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung daher, bei den anstehenden Beratungen im Ministerrat dafür Sorge zu tragen, dass in Artikel 2 Buchstabe d eine Klarstellung dahingehend erfolgt, dass das Sicherheitsentgelt nur der Refinanzierung der Kosten dient, die dem Flughafen für die Erbringung der Maßnahmen entstehen, zu denen der Flughafen im Vollzug der Verordnung (EG) Nr. 300/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2008 in Verbindung mit den nationalstaatlichen Regelungen verpflichtet ist.
Zu Artikel 6:
- 11. Artikel 6 des Richtlinienvorschlags fordert eine Folgenabschätzung für die Höhe der Sicherheitsentgelte vor Anordnung strengerer Maßnahmen nach der Verordnung (EG) Nr. 300/2008 sowie eine Konsultation der Nutzer bezüglich des Ergebnisses der Folgenabschätzung und eine Unterrichtung der Kommission. Die Anordnung strengerer Maßnahmen erfolgt auf Grund einer Risikobewertung im erforderlichen Umfang, um die gebotene Sicherheit herzustellen. Konsequenterweise fordert Artikel 6 der Verordnung (EG) Nr. 300/2008 auch nur die Unterrichtung der Kommission so bald wie möglich nach der Anordnung. Finanzielle Aspekte, insbesondere eine Folgenabschätzung hinsichtlich der Auswirkungen auf die Höhe der Sicherheitsentgelte, dürfen in diesem Zusammenhang deshalb keine Rolle spielen. Aus diesem Grund ist die Einführung einer solchen Folgenabschätzung (einschließlich der Konsultation der Flughafennutzer) über den "Umweg" einer Richtlinie über Luftsicherheitsentgelte abzulehnen. Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung, sich in den weiteren Verhandlungen für eine Streichung von Artikel 6 des Richtlinienvorschlags einzusetzen.
Zu Artikel 8:
- 12. Die Regelungen des Artikels 8 berücksichtigen nicht die föderalen Strukturen in der Bundesrepublik Deutschland. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung daher, bei den Beratungen im Ministerrat über die unabhängige Aufsichtsbehörde für eine Formulierung einzutreten, die den föderalen Strukturen der Bundesrepublik Rechnung trägt.
Weitere Bemerkungen
- 13. Der Bundesrat weist darauf hin, dass den Länderhaushalten im Falle einer Durchführung der Richtlinie keine zusätzlichen Belastungen entstehen dürfen.