Übermittelt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 09. Oktober 2009 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 12. März 1993 (BGBl. I S. 313), zuletzt geändert durch das Föderalismusreform-Begleitgesetz vom 5. September 2006 (BGBl. I S. 2098).
Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat die Vorlage am 02. Oktober 2009 dem Bundesrat zugeleitet.
Die Vorlage ist von der Kommission am 02. Oktober 2009 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.
Hinweis: vgl.
Drucksache 176/02 = AE-Nr. 020816,
Drucksache 508/05 (PDF) = AE-Nr. 051620,
Drucksache 864/07 (PDF) = AE-Nr. 070946,
Drucksache 272/09 (PDF) = AE-Nr. 090262 und AE-Nr. 032246
Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen "An die Zukunft denken: Entwicklung einer gemeinsamen EU-Strategie für Schlüsseltechnologien"
1. Die Gesellschaftliche und wirtschaftliche Bedeutung von Schlüsseltechnologien
Die Merkmale und das Potenzial der Industrien weltweit werden im Laufe der nächsten fünf bis zehn Jahre einen grundlegenden Wandel erfahren. Neue Waren und Dienstleistungen werden entstehen. Welche Waren und Dienstleistungen im Jahr 2020 auf dem Markt verfügbar sein werden, ist heute zwar noch weitgehend unbekannt, sicher ist jedoch, dass die treibende Kraft für ihre Entwicklung der Einsatz von Schlüsseltechnologien (KET - key enabling technologies) sein wird. Den Staaten und Regionen, die diese Schlüsseltechnologien beherrschen, wird eine führende Rolle bei der Umstellung auf ein wissensgestütztes Wirtschaftssystem mit geringen CO₂-Emissionen als Voraussetzung für Wohlstand und Sicherheit ihrer Bürger zukommen. Der Einsatz von Schlüsseltechnologien in der EU stellt somit über seine strategische Bedeutung hinaus eine unabdingbare Voraussetzung für den Wandel dar1.
In der Tat braucht die EU eine starke innovative Akzentsetzung, um möglichst gut für die kommenden großen gesellschaftlichen Herausforderungen gewappnet zu sein: den Kampf gegen den Klimawandel, die Überwindung der Armut, die Förderung des sozialen Zusammenhalts und die Steigerung der Ressourcen- und Energieeffizienz. Dadurch wird die EU in die Lage versetzt, globale Chancen zu nutzen und gleichzeitig nachhaltige Beschäftigungsmöglichkeiten und hochwertige Arbeitsplätze zu schaffen. Schlüsseltechnologien sind wissensintensiv und durch hohe FuE-Intensität, schnelle Innovationszyklen, hohen Kapitalaufwand und hochqualifizierte Arbeitskräfte gekennzeichnet. Sie ermöglichen Innovation bei Prozessen, Waren und Dienstleistungen und sind von systemischer Bedeutung für die gesamte Wirtschaft. Darüber hinaus sind sie multidisziplinär, berühren eine Vielzahl technologischer Bereiche und weisen einen deutlichen Trend zur Konvergenz und Integration auf. In diesem Sinne können die Schlüsseltechnologien führende Technologieanbieter in anderen Bereichen dabei unterstützen, die Vorteile ihrer Forschungstätigkeit auszuschöpfen.
Wir haben es hier mit einem sehr wettbewerbsorientierten Markt zu tun, bei dem die Technologien in der Regel innerhalb eines wirtschaftlichen Umfelds mit einer herausragenden Rolle der KMU entwickelt werden, die insbesondere darin besteht, global operierenden Unternehmen Impulse und innovative Lösungen anzubieten. Aus diesem Grund kommt der Schaffung von Synergien und dem Erzielen einer kritischen Masse eine besondere Bedeutung zu. Darüber hinaus sollte der Einsatz von Schlüsseltechnologien in den EU-Industrien angesichts der Tatsache, dass die Forschung in diesem Bereich oft in räumlicher Nähe zu den Fertigungs- und Produktionsstandorten stattfindet, zu einer Modernisierung der industriellen Substanz und einer weiteren Stärkung der Forschungsgrundlagen in Europa beitragen. Während für die erforderlichen FuE-Maßnahmen und ihre spezifischen Anwendungen überwiegend die Unternehmen die Verantwortung tragen, ist es die Aufgabe der politischen Entscheidungsträger, geeignete Rahmenbedingungen und Förderinstrumente zur Verfügung zu stellen, mit denen die Kapazitäten der EU-Industrie für die Entwicklung von Schlüsseltechnologien gestärkt werden.
Die EU verfügt heute über hervorragende Forschungs- und Entwicklungskapazitäten in einigen Schlüsseltechnologiebereichen, es fehlt jedoch an einer entsprechend erfolgreichen Strategie für die Vermarktung der Forschungsergebnisse mit Hilfe gewerblicher Waren und Dienstleistungen. Für eine wirksame Abhilfe ist hier ein stärker strategisch orientierter Ansatz in den Bereichen Forschung, Innovation und Vermarktung erforderlich. Darüber hinaus gibt es bislang in der EU keine einheitliche Meinung darüber, was unter Schlüsseltechnologien zu verstehen ist. In einigen Bereichen, wie Biowissenschaften und Biotechnologie, Nanowissenschaften und -technologien oder Energietechnologie hat die EU bereits einen stärker strategisch orientierten Ansatz vorgelegt.2 Es gibt jedoch auf europäischer Ebene keine kohärente Strategie für eine wirksamere Umsetzung dieser Technologien in der Industrie. Mit der vorliegenden Mitteilung wird daher der Versuch unternommen, einen Prozess zur Ermittlung von Schlüsseltechnologien zur Stärkung der industriellen und innovationstechnischen Kapazität der EU im Hinblick auf die Bewältigung der anstehenden gesellschaftlichen Herausforderungen einzuleiten. Außerdem wird ein Maßnahmenpaket zur Verbesserung der entsprechenden Rahmenbedingungen vorgeschlagen. Die Mitteilung ist somit Teil der Entwicklung der EU-Industriepolitik sowie der Vorbereitung eines neuen Europäischen Innovationsplans.3
2. Ermittlung von Schlüsseltechnologien
Einige Mitgliedstaaten haben damit begonnen, die für ihre künftige Wettbewerbsfähigkeit und Prosperität relevanten Schlüsseltechnologien zu ermitteln und ihre FuE-Ausgaben entsprechend zu planen (siehe SEK(2009) 1257). Allerdings gibt es in den einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedliche Meinungen darüber, welche Technologien als Schlüsseltechnologien einzuordnen sind, was durch die jeweiligen Stärken und Grenzen der nationalen Forschungs- und Industrielandschaften erklärt werden kann. Es wurden bereits Diskussionen auf europäischer Ebene geführt, aus denen jedoch bislang keine Übereinstimmung hervorging, welche dieser Technologien einer stärker strategisch orientierten Kooperation zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Industrie bedürfen.4 Nach dem jüngsten Bericht über "Science, Technology and Competitiveness" befassen sich führende Wirtschaftsnationen wie China, Japan und die USA ebenfalls schwerpunktmäßig mit Schlüsseltechnologien, insbesondere mit Biotechnologie, IKT und Nanotechnologie.5 Innerhalb der IKT sind für spezifische Bereiche wie Mikro- und Nanoelektronik sowie Photonik angesichts der Lage der EU-Industrie im weltweiten Wettbewerb sowie der durch die Wirtschaftskrise verursachten Herausforderungen sofortige politische Maßnahmen ratsam.6 Abscheidung und geologische Speicherung von Kohlendioxid (Carbon capture and storage systems - CCS) ist ein weiteres Tätigkeitsfeld, zu dem die EU internationalen Partnern Angebote zur Zusammenarbeit vorgelegt hat, daher muss sie hier selbst die Verfügbarkeit geeigneter, bezahlbarer Technologien sicherstellen.
Auf der Grundlage der aktuellen globalen Forschung sowie der Markttrends könnten folgende Technologien aufgrund ihres wirtschaftlichen Potenzials, ihres Beitrags zur Bewältigung der gesellschaftlichen Herausforderungen und ihrer Wissensintensität als Schlüsseltechnologien mit der größten strategischen Bedeutung betrachtet werden:7
Nanotechnologie: eine vielversprechende Technologie, die zur Entwicklung intelligenter Nano- und Mikrogeräte und -systeme sowie zu revolutionären technischen Durchbrüchen in Schlüsselbereichen wie Gesundheitswesen, Energie, Umwelt und Verarbeitendem Gewerbe führen könnte.
Mikro- und Nanoelektronik, einschließlich Halbleiter: von grundlegender Bedeutung für alle Waren und Dienstleistungen mit einem Bedarf an intelligenten Steuerungssystemen in so unterschiedlichen Bereichen wie Automobilindustrie, Verkehr, Luft- und Raumfahrt. Intelligente Steuerungssysteme für die Industrie ermöglichen ein wirksameres Management der Stromerzeugung, -lagerung und -übertragung sowie des Stromverbrauchs mit Hilfe intelligenter Stromnetze und -einrichtungen.
Photonik: eine bereichsübergreifende Technologie der Lichtanwendung, mit der Licht erzeugt, gemessen und nutzbar gemacht wird. Unter anderem stellt sie die technische Grundlage für die wirtschaftliche Umwandlung der Sonnenenergie in Elektrizität dar, die für die Erzeugung erneuerbarer Energien von Bedeutung ist, sowie für eine Vielzahl elektronischer Komponenten und Anlagen wie Photodioden, Leuchtdioden und Laser.
Fortgeschrittene Werkstoffe: führen zu bedeutenden Verbesserungen in einer Vielzahl unterschiedlicher Bereiche, z. B. Luftfahrt, Verkehr, Baugewerbe und Gesundheitswesen. Der Einsatz solcher Werkstoffe erleichtert die Wiederverwertung, die Verringerung des CO₂-Ausstoßes und des Energiebedarfs und begrenzt die Nachfrage nach den in Europa knappen Rohstoffen. Biotechnologie:
Biotechnologie: ermöglicht sauberere und nachhaltigere Prozessalternativen für Verfahren im Bereich der industriellen, landwirtschaftlichen und Lebensmittelproduktion. Beispielsweise wird es durch den Einsatz der Biotechnologie möglich sein, die gegenwärtig in verschiedenen Industrien verwendeten nicht erneuerbaren Stoffe schrittweise durch erneuerbare Ressourcen zu ersetzen. Der Einsatz dieser Anwendungen befindet sich allerdings noch in der Startphase.
Das Potenzial dieser Technologien bleibt bislang größtenteils ungenutzt. In der Zukunft wird der Bedarf an systemischen Lösungen zur Bewältigung wichtiger gesellschaftlicher Herausforderungen immer weiter zunehmen: Sicherstellung von Hochgeschwindigkeitskommunikation, Versorgung mit Nahrungsmitteln, Umweltschutz, Bereitstellung geeigneter Lösungen für den Verkehr, Gewährleistung eines hochwertigen Gesundheitswesens für eine alternde Bevölkerung, Erschließung des Potenzials der Dienstleistungen, Sicherstellung der internen und externen Sicherheit sowie Maßnahmen zur Lösung des Energieproblems. Den kohlenstoffarmen Technologien und Anwendungen wird eine Schlüsselrolle bei der Verwirklichung der europäischen energie- und klimapolitischen Ziele zukommen. Beispielsweise werden an die Kohlenstoffsequestrierung (CCS) und CO₂-Ausstoßreduzierung angepasste Transportnetze erforderlich sein, um den CO₂-Ausstoß in Ländern zu reduzieren, die ihren Energiebedarf weiterhin überwiegend mit fossilen Energieträgern decken werden. Hier kommt den Schlüsseltechnologien, etwa neuen Werkstoffen für die Erzeugung, Übertragung und Speicherung von Energie, eine entscheidende Rolle zu. Ihr Einsatz könnte zu einer besseren Ressourcen- und Energieeffizienz beitragen; die Umweltauswirkungen dieser Technologien sind in der Perspektive des Lebenszyklus zu bewerten, wobei auf ähnliche, in diesem Kontext auf Ebene der EU geförderte Initiativen zurückgegriffen werden kann.8 Ein umfassendes politisches Konzept für Schlüsseltechnologien ist nur möglich, wenn man sich aktiv auch mit legitimen gesundheitlichen Anliegen und Auswirkungen auf die Umwelt befasst.
Von besonderer Bedeutung in der Lieferkette der Schlüsseltechnologien sind die fortgeschrittenen Fertigungssysteme, mit denen die Bereitstellung hochwertiger, vermarktbarer, wissensgestützter Waren und damit zusammenhängender Dienstleistungen ermöglicht wird (z. B. moderne Robotik). Sie sind vor allem wichtig in kapitalintensiven Industrien mit komplexen Fertigungsmethoden, beispielsweise in der Produktion und Montage von modernen Flugzeugen, bei der die gesamte Bandbreite von Fertigungstechnologien zum Einsatz kommt, von der Simulation und Programmierung robotergesteuerter Montagebänder bis hin zu Technologien zur Reduzierung des Energie- und Materialverbrauchs. Angesichts der rapiden Entwicklung in Wissenschaft und Forschung könnten diese Technologien in den kommenden Jahren rasch weltweit zum Einsatz kommen, und neue Technologien könnten entstehen. Eine detaillierte Beschreibung dieser Technologien einschließlich ihres gegenwärtigen Marktpotenzials ist in der Mitteilung SEK(2009) 1257 verfügbar.
3. Bericht über Fortschritte, verwirklichte Ziele und Herausforderungen
Insgesamt beträgt der Prozentsatz der FuE-Intensität im Hochtechnologiebereich in der EU lediglich 25 %, im Vergleich zu 30 % in den USA. Darüber hinaus liegt der Anteil des Hochtechnologiebereichs an der gesamten Fertigungsindustrie in Japan um 33 %, in den USA sogar um 50 % höher als in Europa. Die Hochtechnologiebranche weist die höchste FuE-Intensität auf; hier gilt es, die Maßnahmen im Fertigungs- und Forschungsbereich im Hinblick auf ihren langfristigen Erfolg zu integrieren. Sowohl der geringere Anteil der Hochtechnologiebranche in der EU als auch die relativ geringe FuE-Intensität erklären auch die bestehende Diskrepanz zwischen der EU und USA und Japan beim Einsatz von Schlüsseltechnologien.9 Nichtsdestoweniger hat die EU aufgrund ihrer soliden industriellen Substanz und der starken Forschungsbasis eine starke Stellung bei einigen Schlüsseltechnologien. Dies gilt insbesondere für die fortgeschrittenen Werkstoffe, die die Grundlage der Wettbewerbsfähigkeit der EU in der chemischen Industrie, der Automobilindustrie, im Maschinenbausektor sowie in der Luft- und Raumfahrtindustrie darstellen. Weitere beachtliche Stärken der EU im Forschungs- und industriellen Bereich sind außerdem die Nano- und Mikroelektronik, die industrielle Biotechnologie und die Photonik. In der Nanotechnologie, einer noch in der Entwicklung befindlichen Technologie, ist das FuE-Ausgabenniveau mit demjenigen der USA zwar vergleichbar, der Anteil des Privatsektors ist jedoch viel niedriger (siehe SEK(2009) 1257).
In der Tat stehen einem umfassenderen Einsatz dieser Schlüsseltechnologien in der EU beträchtliche Schwierigkeiten entgegen. Insbesondere war die EU bisher bei Vermarktung und Einsatz der Nanotechnologie sowie einiger Aspekte der Photonik, Biotechnologie und Halbleitertechnik weniger erfolgreich als die USA und einige asiatische Länder. In allen diesen Bereichen werden zwar umfangreiche FuE-Maßnahmen unternommen, es mangelt jedoch an einer zufriedenstellenden Umsetzung dieser Maßnahmen in wirtschaftliche und gesellschaftliche Vorteile. Hierfür lassen sich mehrere Gründe anführen:
- - Die Ergebnisse der eigenen Forschung und Entwicklung werden in der EU nicht wirksam genutzt.10 Als Folge hiervon werden die Ergebnisse sehr kostspieliger, sowohl öffentlich als auch privat finanzierter Forschungstätigkeiten in der EU in anderen Regionen vermarktet. Dies ist nicht im Interesse Europas, und solche Entwicklungen gefährden die künftigen Forschungskapazitäten der EU, denn wahrscheinlich werden FuE-Maßnahmen, ähnlich wie die Produktion, langfristig in Drittländer verlagert werden. Werden die Rechte am geistigen Eigentum nicht wirksam geschützt und international durchgesetzt, kann es für Konkurrenten oder Nachahmer relativ einfach sein, ihren Rückstand aufzuholen und dem Entwickler einen großen Teil seiner potenziellen Gewinne streitig zu machen.
- - Häufig fehlt es der Öffentlichkeit an Kenntnissen und an Verständnis im Zusammenhang mit Schlüsseltechnologien. Dies kann ökologische, gesundheits- oder sicherheitspolitische Bedenken gegen die Entwicklung und Nutzung dieser Technologien verstärken. Dies gilt nicht nur für Anwendungen, die eine besondere Verbindung mit dem öffentlichen Verbrauch oder Endverwendungen aufweisen, z. B. im Gesundheitswesen oder bei Lebensmitteln, sondern auch für andere Bereiche. Häufig gibt es keine proaktive Strategie, die den Beteiligten eine Plattform bieten könnte, zu öffentlichen Anliegen oder Befürchtungen Stellung zu nehmen, um so Verzögerungen bei der Einführung neuer Technologien in der EU entgegenzuwirken. Um eine breite Nutzerakzeptanz sicherzustellen und die Anwendung hochentwickelter Technologien zu beschleunigen, müssen das öffentliche Verständnis und die Kenntnisse in Bezug auf Schlüsseltechnologien verbessert und ethische, umwelt-, gesundheits- und sicherheitspolitische Bedenken jeglicher Art im Voraus erkannt, beurteilt und frühzeitig ausgeräumt werden.
- - Es fehlt an gut ausgebildeten Arbeitskräften mit Kenntnissen, die auf den multidisziplinären Charakter der Schlüsseltechnologien zugeschnitten sind. Europa verfügt zwar über Forschungskapazitäten der Spitzenklasse im Bereich der Schlüsseltechnologien und kann auf eine umfangreiche Wissensbasis in Wissenschaft und Technik zurückgreifen11, es gilt jedoch, die Basis der Hochschulabsolventen in wissenschaftlichen, technischen, ingenieurtechnischen und mathematischen Fächern (STEM - science, technology, engineering and maths) zu erweitern und Methoden für eine Optimierung ihres wirksamen Einsatzes im gesamten Forschungs- und Unternehmensbereich zu finden. Der Wissenstransfer zwischen Forschern, Unternehmern und Finanzvermittlern muss intensiviert werden. Insbesondere gilt es, Studierenden und Lehrkräften stärkere Anreize zu bieten, ihre Forschungsergebnisse zu vermarkten, damit die Zahl der Spin-offs aus der Hochschulforschung erhöht werden kann.
- - Das Volumen der für Schlüsseltechnologien verfügbaren Risikokapitalfinanzierungen und privaten Investitionen ist in der EU weiterhin verhältnismäßig gering. Im Verlauf der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise ist die Situation sogar noch problematischer geworden. So stammen beispielsweise über 80 % des weltweit eingesetzten Risikokapitals im Zusammenhang mit Nanotechnologie aus den USA. Aufgrund der hohen Entwicklungskosten und der Unsicherheit in diesem Bereich ist die Verfügbarkeit von Risikokapital von entscheidender Bedeutung. Wegen der kurzen Produktlebenszyklen vieler High-Tech-Erzeugnisse, z. B. von Halbleiterprodukten oder Photonik-Produkten, und der gleichzeitig hohen Erstentwicklungskosten ist die Finanzierung häufig mit Risiken behaftet und schwierig. Im Jahr 2005 waren die Gesamtinvestitionen der USA in Risikokapital für den Hochtechnologiesektor etwa dreimal so hoch wie die entsprechenden Investitionen in der EU.12 Risikokapitalgeber in den USA scheinen mehr Erfolg dabei zu haben, ihre Investitionen auf fortgeschrittene Projekte/Technologien mit hohen Gewinnspannen zu konzentrieren, während europäische Forschungsteams gezwungen sind, Risikokapital in einer zu frühen Phase in Anspruch zu nehmen, wenn die Unwägbarkeiten für beide Parteien noch zu hoch sind.13
- - Die Fragmentierung der politischen Maßnahmen der EU wird häufig durch das Fehlen einer langfristigen Perspektive und Koordinierung verursacht. Um eine Verbesserung der Bedingungen für die industrielle Verwertung der Technologie in der EU zu erzielen, ist eine bessere Arbeitsteilung erforderlich. Die technologiepolitischen Maßnahmen der einzelnen Mitgliedstaaten können häufig trotz einer ähnlichen Ausrichtung die Synergien und die Größen- und Verbundvorteile nicht nutzen, die sich aus stärker koordinierten gemeinsamen Aktionen ergeben. Das Instrument Gemeinsame Technologieinitiativen könnte weiter vereinfacht und ausgebaut und die Rolle der Technologieplattformen14 erweitert werden; durch eine bessere Koordinierung zwischen den Plattformen könnte dafür gesorgt werden, dass die Schlüsseltechnologien einen Beitrag zur Bewältigung der großen gesellschaftlichen Herausforderungen leisten. Je nachdem, wie ausgereift die Schlüsseltechnologien sind, ist eine starke Integration der Bereiche experimentelle Forschung, Innovation und industrielle Verwertung von entscheidender Bedeutung. Hierzu gehört beispielsweise die Notwendigkeit, sehr kostspielige Konzeptnachweise und Testproduktionsprojekte in der Vorproduktionsphase durchzuführen, bevor eine Schlüsseltechnologie eingeführt wird. Diese Demonstrationsprojekte könnten von einer gemeinsamen Planung und EU-weiten Teilnahme profitieren und somit die effektive Mindestgröße für die Verbreitung dieser Technologien erreichen. Die Fragmentierung der Märkte für Innovationen stellt einen großen Schwachpunkt dar, der unter anderem durch unterschiedliche Vorschriften und Verfahren der Normung, Zertifizierung und öffentlichen Auftragsvergabe in den Mitgliedstaaten verursacht wird.
- - In einigen Drittländern werden für Schlüsseltechnologien zuweilen staatliche Unterstützungen gewährt, die oftmals nicht transparent sind und daher genauer analysiert werden müssen. In der Gemeinschaft haben die Mitgliedstaaten die Möglichkeit, öffentliche Förderung im Einklang mit den geltenden Regeln für staatliche Beihilfen zu gewähren und Maßnahmen zugunsten von Schlüsseltechnologien anzuregen, die nicht unter die Kategorie staatliche Beihilfe fallen. Es ist äußerst wichtig, dass europäische Unternehmen im Wettbewerb mit Drittlandkonkurrenten gleiche Ausgangsbedingungen vorfinden. Die europäischen Regeln für staatliche Beihilfen schaffen den Rahmen und die Bedingungen dafür, dass die Mitgliedstaaten im gleichen Umfang wie Drittländer im Bereich staatlicher Beihilfen für Forschung und Entwicklung Maßnahmen gewähren können.
4. Förderung der Schlüsseltechnologien in der EU
Eine wirksame Förderung der Schlüsseltechnologien in der EU erfordert gleichzeitig eine deutliche Verbesserung der Leistungsfähigkeit der EU auf den Gebieten Forschung und Innovation, damit die ehrgeizigen Pläne der EU, weltweit zum Spitzenstandort für Unternehmertum und Innovation zu werden, wie sie in der Überarbeitung der Innovationspolitik15 von der Kommission formuliert wurden, verwirklicht werden können. In dieser Mitteilung wurde unter anderem die Notwendigkeit betont, ein Gemeinschaftspatent und ein einheitliches Patentgerichtssystem aufzubauen. Für eine wirksame industrielle Umsetzung von Schlüsseltechnologien gilt es in folgenden Politikbereichen tätig zu werden:
4.1. Mehr Gewicht auf die Innovation für Schlüsseltechnologien
Die Rezession hat negative Auswirkungen auf die Investitionstätigkeit allgemein und insbesondere in den technologiegestützten Branchen, wie der chemischen Industrie, der Automobilindustrie, dem Baugewerbe und der Elektronikindustrie. Mit der geringeren Industrieproduktion und der langsameren Einführung neuer Technologien sinkt die Nachfrage für die Anbieter von Basistechnologien. Ein zentrales Ziel der öffentlichen Förderung von FuE und Innovation aus Mitteln des Rahmenprogramms der EU und der Programme der Mitgliedstaaten sollte darin bestehen, den Innovationsfluss aufrechtzuerhalten und die Technologieübernahme zu erleichtern.16 Entsprechend sollte in den kommenden Jahren darauf geachtet werden, bei Aufrufen zur Einreichung von Vorschlägen die Verbindung zwischen Forschungsergebnissen und den Auswirkungen auf die Industrie sicherzustellen. Öffentlich geförderte Programme sollten verstärkt werden, um die Schlüsselindustrien bei der Aufrechterhaltung ihrer langfristigen Innovationspläne für Schlüsseltechnologien zu unterstützen und so ihre Wettbewerbsfähigkeit in der Periode des wieder einsetzenden Wirtschaftsaufschwungs zu gewährleisten.17
4.2. Mehr Gewicht auf Technologietransfer und EU-weite Lieferketten
Das Verfahren des Technologietransfers zwischen den Forschungseinrichtungen und der Industrie muss stärker gefördert werden. In diesem Zusammenhang können das Europäische Innovations- und Technologieinstitut (EIT) und das Enterprise Europe Network eine wichtige Rolle spielen, auch die Mitgliedstaaten werden jedoch möglicherweise ihre Kapazitäten für den Technologietransfer stärken müssen, indem die Verbindungen zwischen forschungsgestützten Einrichtungen und den KMU gestärkt werden.18 Leichterer Zugang der KMU zu den in Europa entwickelten Schlüsseltechnologien sowie die Förderung regionaler Innovationscluster und -netzwerke sind grundlegende Bedingungen für die Etablierung und Aufrechterhaltung einer Innovationspolitik der Spitzenklasse. Sie bilden die Schlüsselelemente einer breit angelegten Europäischen Innovationsstrategie und der speziellen Regelung für kleine Unternehmen (Small Business Act). Darüber hinaus muss möglicherweise das Potenzial für die Ausweitung des EU-weiten Technologietransfers und der Lieferketten gestärkt werden, beispielsweise durch eine bessere Verfügbarkeit von Informationen über Forschungskompetenz und Spezialisierung von KMU-Lieferern in der gesamten EU. Der Technologietransfer könnte auch durch eine frühzeitigere Einbindung möglicher Kunden in FuE-Aktivitäten verbessert werden.
4.3. Mehr Gewicht auf gemeinsame strategische Planung und Demonstrationsprojekte
Sowohl die Gemeinschaft als auch die Mitgliedstaaten und Regionen sollten einen stärker strategisch ausgerichteten und koordinierten Ansatz verfolgen, um unnötige und wirtschaftlich nachteilige Doppelarbeit zu vermeiden und FuE-Ergebnisse im Zusammenhang mit Schlüsseltechnologien wirksamer zu nutzen. Dieser Ansatz sollte eine Verstärkung der Innovationsanstrengungen und eine stärkere Betonung der Umsetzung von Forschungsergebnissen in absatzfähige Produkte umfassen. Gemeinsame Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen, wie sie bereits zu verschiedenen anderen Themen durchgeführt werden, könnten stärker auf Schlüsseltechnologien mit dem höchsten Potenzial für Synergien und einen breiten Einsatz in der europäischen Industrie ausgerichtet werden. Parallel dazu könnten die Kommission und die Mitgliedstaaten die Bewertung von Schlüsseltechnologien erörtern, bewährte Praktiken ermitteln und mittel- bis langfristige Prioritäten festlegen.
Um eine ausreichende kritische Masse zu erreichen und die Fragmentierung zu überwinden, sollten die in den Mitgliedstaaten geförderten Innovationsprogramme stärkere Anreize für kooperative gemeinsame Programme der Mitgliedsländer schaffen.19 In diesem Rahmen könnten dann ehrgeizigere technologiepolitische Maßnahmen entwickelt werden, bei denen Größen- und Verbundvorteile ausgeschöpft und strategische Verbindungen zwischen den europäischen Unternehmen erleichtert werden.
Da die Kosten von Demonstrationsprojekten in manchen Fällen die Kosten vorgelagerter FuE-Maßnahmen um eine Größenordnung übersteigen, könnte eine intensivere, EU-weite Zusammenarbeit mit einer stärkeren Einbindung der Industrie und der Nutzer zu einer wirksamen und kostengünstigen Durchführung von Projekten beitragen. Die Kommission wird gemeinsam mit den Mitgliedstaaten daran arbeiten, eine Reihe gemeinsamer oder kooperativer europäischer Initiativen und Infrastrukturen im Bereich Forschung, Demonstrationsprojekte und Prototypentwicklung festzulegen und in die Wege zu leiten, wie beispielsweise im Fall der Kofinanzierung von CCS-Demonstrationsprojekten. Ferner wird die Kommission eine Studie zur Analyse von Kosten und Nutzen der möglichen Herstellung von 450mm-Halbleiterscheiben in der EU sowie zu den Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft durchführen.
4.4. Staatliche Beihilfepolitik
Zielgerichtete staatliche Beihilfen, mit denen Marktdefizite korrigiert werden, stellen ein geeignetes Instrument zur Ankurbelung der FuE und zur Förderung der Innovation in der EU dar. Mit dem 2006 beschlossenen Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen für Forschung, Entwicklung und Innovation wurden die zugelassene Beihilfeintensität sowie die Anzahl der Beihilfekategorien erhöht. Im Verlauf der von der Kommission für 2010 geplanten Überprüfung des Gemeinschaftsrahmens wird die eventuelle Notwendigkeit weiterer Änderungen beurteilt werden; dabei wird auch geprüft werden, ob die Möglichkeiten zur Ankurbelung der Innovation durch staatliche Beihilfen angemessen sind.
4.5. Kombination des Einsatzes von Schlüsseltechnologien mit der Klimaschutzpolitik
Es ist zwar selbstverständlich, dass die auf Wissen gestützte Wirtschaft ohne Kapazitäten zur Entwicklung und Nutzung von Schlüsseltechnologien nicht verwirklicht werden kann, dennoch muss betont werden, dass die führende Rolle der EU im Kampf gegen den Klimawandel nur auf den modernsten Technologien, insbesondere den Schlüsseltechnologien, basieren kann. Die Kombination aus Förderung von Schlüsseltechnologien und Bekämpfung des Klimawandels würde wichtige wirtschaftliche und soziale Möglichkeiten bieten und die Finanzierung des europäischen Anteils der Verpflichtungen erleichtern, die sich aus der in Vorbereitung befindlichen internationalen Vereinbarung ergeben werden.
4.6. Leitmärkte und öffentliches Auftragswesen
Die EU benötigt günstige Rahmenbedingungen für eine wirksame Verwertung von Forschungsergebnissen im Bereich der Produktion. Außerdem erfordert die ebenso notwendige Förderung der Nachfrage einen stärker zielgerichteten Ansatz, etwa von der Art der Leitmarktinitiative im Rahmen der Innovationspolitik. Auch das öffentliche Auftragswesen könnte eine wichtige Rolle spielen, indem Anreize für Schlüsseltechnologien und innovative spitzentechnologische Anwendungen geschaffen werden. Die Mitgliedstaaten könnten vorkommerzielle Auftragsvergabe und Auftragsvergabe für groß angelegte, marktnahe Innovationen als Anreiz für neu entstehende Märkte für Schlüsseltechnologien nutzen.
4.7. Internationaler Vergleich der politischen Maßnahmen im Bereich Spitzentechnologie und verstärkte internationale Zusammenarbeit
Der Austausch von Erfahrungen und bewährten Verfahren zwischen den Mitgliedstaaten sowie mit anderen Regionen sollte intensiviert werden. Die Internationale Raumstation ist nicht nur ein Symbol für die Errungenschaften der Wissenschaft, sie macht auch deutlich, welche Vorteile die Industrie durch eine Bündelung der Kräfte erzielen kann. Vor diesem Hintergrund wird die Kommission einen internationalen Vergleich politischer Maßnahmen im Bereich der Spitzentechnologie in anderen führenden und aufstrebenden Ländern, wie USA, Japan, Russland, China und Indien, durchführen und die Möglichkeiten einer engeren Kooperation ausloten.
4.8. Handelspolitik
Im Rahmen der Kommissionsstrategie für ein globales Europa sollte ein besonderes Augenmerk darauf gelegt werden, günstige Handelsbedingungen für Schlüsseltechnologien mit Hilfe bilateraler und multilateraler Mittel sicherzustellen: Vermeidung von Verzerrungen des internationalen Marktes, leichterer Marktzugang und bessere Investitionsmöglichkeiten, Stärkung der Rechte an geistigem Eigentum und Reduzierung des Einsatzes von Subventionen sowie von tarifären und nichttarifären Hemmnissen auf globaler Ebene.
Aufgabe der Handelspolitik ist es, sicherzustellen, dass die durch direkte oder indirekte Subventionen verursachten potenziellen Marktverzerrungen in Drittländern wirksam erkannt und beseitigt werden. Dies kann beispielsweise durch handelspolitische Schutzmaßnahmen geschehen oder aber im Rahmen des WTO-Streitbeilegungsverfahrens, wenn gegen geltende Regelungen, wie z. B. die Bestimmungen des WTO-Übereinkommens über Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen, verstoßen wird. Daher wird die Kommission Subventionen und andere Handelsverzerrungen durch Drittländer aufmerksam beobachten.
Darüber hinaus wird die Kommission prüfen, wie am besten sichergestellt werden kann, dass im Rahmen künftiger bilateraler und multilateraler Vereinbarungen solche Subventionspraktiken wirksam verboten und bilaterale Streitbeilegungsverfahren erforderlichenfalls durchgesetzt werden. Bestehende internationale Foren, wie das Jahrestreffen der Regierungen und Behörden über Halbleiter ("Governments/Authorities Meeting on Semiconductors" - GAMS), sollten genutzt werden, um die festgestellten Probleme zu klären.
4.9. Finanzierungsinstrument der EIB und Risikokapitalfinanzierung
Die Kommission wird weiterhin verstärkte finanzielle Investitionen in Hochtechnologieunternehmen fördern, und zwar in Forschung, Entwicklung, Produktion und Infrastruktur. Ferner wird sie die Europäische Investitionsbank auffordern, ihre Kreditpolitik auszuweiten und der Hochtechnologieindustrie Priorität beizumessen, indem sie geeignete Instrumente wie die Fazilität für Finanzierungen auf Risikoteilungsbasis und das Kreditgarantieinstrument einsetzt oder unter Berücksichtigung der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise neue Instrumente zur Investitionserleichterung konzipiert.
Für die Finanzierung der Kommerzialisierung technologischer Innovationen ist auch eine Stärkung der auf Investitionen in der Frühphase spezialisierten Risikokapitalfonds erforderlich. Diese Fonds werden im Rahmen der Finanzinstrumente des Rahmenprogramms für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation (CIP)20 gefördert. Die ausreichende Verfügbarkeit von Risikokapital kann mit Hilfe von öffentlichprivaten Partnerschaften sichergestellt werden, die bei der Gründung und Expansion von FuE-intensiven Unternehmen eine entscheidende Rolle spielen.21
4.10. Qualifikationen, Hochschulbildung und Ausbildung
Besondere Aufmerksamkeit muss der Höherqualifizierung und der Entwicklung adäquater Qualifizierungsstrategien gewidmet werden, damit unter Berücksichtigung der Erfordernisse des Arbeitsmarkts geeignete Berufsbildungsmaßnahmen angeboten werden können.22 Dadurch kann gewährleistet werden, dass das Potenzial der neuen Technologien voll und ganz ausgeschöpft wird. Den Natur- und Ingenieurwissenschaften muss ein ihnen angemessener Platz in den Bildungssystemen eingeräumt werden. Der prozentuale Anteil der Hochschulabsolventen in diesem Bereich sollte erhöht werden, auch durch die Schaffung von Anreizen für internationale talentierte Wissenschaftler23. Multidisziplinäre Erfahrungen und Qualifikationen sollten verbessert werden. Darüber hinaus sind bei der Verbesserung "grüner" und umwelttechnischer Kompetenzen sowie bei der Einführung von Umweltwissenschaften in die Lehrpläne der ingenieur- und wirtschaftswissenschaftlichen Fachrichtungen im Einklang mit der Strategie der EU für IKT-Kompetenzen24 weitere Anstrengungen erforderlich.
5. Zukunftsperspektiven
Die Konzeption eines industriepolitischen Rahmens für Schlüsseltechnologien erfordert eine von breiten Kreisen getragene und breit angelegte, EU-weite strategische Vision darüber, bei welchen Technologien die EU eine führende Rolle in Forschung und Produktion einnehmen möchte. Ein solcher Rahmen wird das zentrale Element der Bemühungen darstellen, die EU zu einer Brutstätte für Innovation zu machen. Er wird auch benötigt, damit Europa sein ehrgeiziges Ziel, ein wichtiger internationaler Akteur zu werden, erreichen kann, wenn es darum geht, die globalen gesellschaftlichen Herausforderungen zu bewältigen und das Engagement Europas in vermehrten Wohlstand innerhalb und außerhalb seiner Grenzen zu verwandeln.
Hierfür ist eine gemeinsame, langfristige Vision und eine starke Partnerschaft zwischen der EU, den Mitgliedstaaten, den Unternehmen und den Interessenträgern erforderlich. Daher fordert die Kommission die Mitgliedstaaten auf, zu einer Einigung über die Bedeutung des Einsatzes von Schlüsseltechnologien in der EU zu gelangen und die in dieser Mitteilung vorgestellten Leitlinien zu unterstützen.
Zunächst wird die Gemeinschaft den Einsatz von Schlüsseltechnologien innerhalb ihres derzeitigen politischen Rahmens fördern:
- i) Vorschriften über staatliche Beihilfen (etwa der vorübergehende Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen),
- ii) Handelsaspekte,
- iii) Zugang zu Finanzmitteln insbesondere im Rahmen des geplanten Rechtsakts zur Innovation25 und
- iv) Verstärkung bestehender Initiativen und/oder Vorschläge für direkte Maßnahmen im Bereich bestimmter Schlüsseltechnologien.
Es wird außerdem vorgeschlagen, eine hochrangige Sachverständigengruppe einzusetzen, die eine gemeinsame langfristigere Strategie für Schlüsseltechnologien entwickeln und sich insbesondere mit den in Kapitel 4 genannten Bereichen befassen soll. Diese hochrangige Gruppe wird sich aus Sachverständigen der Mitgliedstaaten aus den Bereichen Wirtschaft und Hochschulen zusammensetzen. Ihre Arbeiten sollten auf den Ergebnissen der Expertengruppe für Schlüsseltechnologien aus dem Jahr 2005 aufbauen. Um Synergieeffekte zu erzielen, sollte sich diese Sachverständigengruppe auf andere Sachverständigengruppen der Kommission über Innovation und Technologie, das EIT, die Europäischen Technologieplattformen und die Gemeinsamen Technologieinitiativen stützen und eng mit ihnen zusammenarbeiten. Sie sollte:
- (1) die Wettbewerbssituation der relevanten Technologien in der EU unter besonderer Berücksichtigung ihres industriellen Einsatzes und ihres Beitrags zur Bewältigung wichtiger gesellschaftlicher Herausforderungen bewerten,
- (2) die verfügbaren öffentlichen und privaten FuE-Kapazitäten für Schlüsseltechnologien in der EU (auf allen Ebenen) eingehend analysieren und
- (3) konkrete Empfehlungen für eine effizientere industrielle Umsetzung von Schlüsseltechnologien in der EU aussprechen.
Die Kommission wird dem Rat und dem Europäischen Parlament bis Ende 2010 Bericht erstatten.
- 1 In den Schlussfolgerungen des Vorsitzes des Wettbewerbsrats vom 28. Mai 2009 wird darauf hingewiesen, "wie wichtig es ist, auch weiterhin umfangreiche FuE-Investitionen in Hochtechnologiebranchen in Europa zu tätigen. Dadurch werden den wichtigsten Produktionssektoren unverzichtbare Technologien zur Verfügung gestellt." Der Rat sieht ferner "der Initiative der Kommission zur Entwicklung einer proaktiven Politik zur Unterstützung des Hochtechnologiesektors erwartungsvoll entgegen".
- 2 "Biowissenschaften und Biotechnologie: Eine Strategie für Europa", KOM (2002) 27, "Nanowissenschaften und Nanotechnologien: Ein Aktionsplan für Europa 2005-2009", KOM (2005) 243 und "Ein europäischer Strategieplan für Energietechnologie (SET-Plan)," KOM (2007) 723.
- 3 In den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 12. Dezember 2008 wird dazu aufgerufen, "einen europäischen Innovationsplan zu lancieren, der alle Voraussetzungen für die nachhaltige Entwicklung und die wichtigsten Zukunftstechnologien erfüllt".
- 4 Zusammenfassender Bericht der Expertengruppe für Schlüsseltechnologien (2005); Creative system disruption: towards a research strategy beyond Lisbon.
- 5 Science, Technology and Competitiveness key figures report 2008/2009.
- 6 Weitere wichtige IKT-Bereiche, z. B. Software- und Kommunikationstechnologien, darunter auch die Entwicklung des künftigen Internets oder schneller Breitbandverbindungen, werden bereits im Rahmen eigener EU-Initiativen unterstützt und stehen daher nicht im Mittelpunkt dieser Mitteilung; siehe z. B.: Eine Strategie für die IKT-Forschung, -Entwicklung und -Innovation in Europa: Mehr Engagement KOM (2009) 116 endg.
- 7 Eine eingehendere Analyse der verschiedenen Schlüsseltechnologien enthält das begleitende Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen (SEK(2009) 1257).
- 8 Siehe Mitteilung über "Integrierte Produktpolitik", KOM (2003) 302; im "Strategieplan zur Energietechnologie" KOM (2007) 723 wird als Hauptzielsetzung die beschleunigte Entwicklung von Schlüsseltechnologien, wie CCS und erneuerbare Technologien, festgelegt; mit dem im Rahmen des SET-Plans initiierten europäischen Energieforschungsbündnis werden gemeinsame Projekte eingeführt, darunter Projekte auf den Gebieten Grundlagenforschung, Schlüsseltechnologien und bahnbrechende Technologien.
- 9 http:// ec.europa.eu/research/era/pdf/key-figuresreport2008-2009_en.pdf .
- 10 Siehe auch "Überarbeitung der Innovationspolitik der Gemeinschaft in einer Welt im Wandel" KOM (2009) 442.
- 11 EU-Länder haben immer noch einen höheren Anteil von Hochschulabsolventen in Wissenschaft und Technik (27 %) als Japan (24 %) oder die USA (16 %), trotz des geringeren Anteils von Forschern an der Gesamtzahl der Beschäftigten; Quelle: Eurostat (2006): "Wissenschaft, Technologie und Innovation in Europa".
- 12 OECD-Ausblick Wissenschaft, Technologie und Industrie: Ausgabe 2008.
- 13 Science, Technology and Innovation key figures report 2005 und "The shifting structure of private equity funding in Europe. What role for early stage investment?" ECFIN/L/6(2005)REP/51515.
- 14 Als Beispiel für Technologieplattformen im Zusammenhang mit Schlüsseltechnologien kann man die Europäische Technologieplattform Nachhaltige Chemie oder die Technologische Plattform für künftige Produktionstechnologien nennen.
- 15 Überarbeitung der Innovationspolitik der Gemeinschaft in einer Welt im Wandel, KOM (2009) 442. In dieser Mitteilung wird nicht mehr auf die allgemeinen Innovationsinstrumente zur Förderung der Schlüsseltechnologien eingegangen, vielmehr werden spezifische Maßnahmen für den Einsatz von Schlüsseltechnologien vorgestellt.
- 16 Bestandteil des 2008 von der Kommission vorgeschlagenen Europäischen Konjunkturprogramms sind öffentlichprivate Partnerschaften im Bereich Forschung und Entwicklung, darunter "Fabriken der Zukunft", "energieeffiziente Gebäude" und "umweltfreundliche Kraftfahrzeuge".
- 17 Bereits laufende Maßnahmen, wie z. B. die Gemeinsamen Technologieinitiativen zur Nanoelektronik (ENIAC) und zu eingebetteten Systemen (ARTEMIS), sollten verstärkt werden.
- 18 Empfehlung der Kommission zum Umgang mit geistigem Eigentum bei Wissenstransfertätigkeiten und für einen Praxiskodex für Hochschulen und andere öffentliche Forschungseinrichtungen, K(2008) 1329.
- 19 Zum Forschungsbereich siehe KOM (2008) 468 "Gemeinsame Planung der Forschungsprogramme: Bessere Bewältigung gemeinsamer Herausforderungen durch Zusammenarbeit".
- 20 Beschluss Nr. 1639/2006/EC vom 24. Oktober 2006, ABl. L 310, S 15.
- 21 Eine Auflistung aller aktuellen EIB-Darlehen mit Hochtechnologie-Komponenten ist unter folgender Adresse abrufbar: www.eib.org.
- 22 Neue Kompetenzen für neue Beschäftigungen, KOM (2008) 868.
- 23 Ein möglicher Indikator für Biotechnologie ist beispielsweise die Zahl der Promovierten im Bereich Biowissenschaften, siehe z. B.: European Techno-Economic Policy Support Network (2006): "Consequences, opportunities and challenges of Modern Biotechnology for Europe". Der Anteil der Gesamtausgaben der EU für die Hochschulbildung beläuft sich auf 1,3 % des BIP, das ist weniger als in den USA (2,9 %); siehe Bruegel (2009) Memos to the new Commission: Europe"s economic priorities 2010-2015.
- 24 "IKT-Kompetenzen für das 21. Jahrhundert: Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum und Beschäftigung fördern", KOM (2007) 496.
- 25 KOM (2009) 442.