- 838. Sitzung des Bundesrates am Freitag, dem 9. November 2007:
A. Problem und Ziel
- Das Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und dem Schweizerischen Bundesrat über die Zusammenarbeit im Bereich der Sicherheit des Luftraums bei Bedrohungen durch zivile Luftfahrzeuge bildet die rechtliche Grundlage für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Bereich der Sicherheit des Luftraums bei Bedrohungen durch zivile Luftfahrzeuge. Gleichzeitig legt es den Rahmen und die Mittel der Zusammenarbeit fest.
B. Lösung
- Durch das Vertragsgesetz sollen die Voraussetzungen nach Artikel 59 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes für die Ratifikation des Abkommens geschaffen werden.
C. Alternativen
- Keine
D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte
- 1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand
Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand sind durch das Gesetz nicht zu erwarten.
- 2. Vollzugsaufwand
Die Anwendung des Gesetzes wird zur Arbeitserleichterung bei der Zusammenarbeit im Bereich der Sicherheit des Luftraums bei Bedrohungen durch zivile Luftfahrzeuge beitragen und keine zusätzlichen Kosten verursachen.
Länder und Gemeinden werden durch das Gesetz nicht mit zusätzlichen Kosten belastet.
E. Sonstige Kosten
- Auswirkungen auf die Einzelpreise und auf das Preisniveau sind nicht zu erwarten. Kosten für die Wirtschaft oder für die sozialen Sicherungssysteme entstehen nicht.
F. Bürokratiekosten
- 1. Es werden keine Informationspflichten für Unternehmen neu eingeführt, geändert oder aufgehoben.
- 2. Folgende Informationspflichten werden eingeführt für
- a) Bürgerinnen und Bürger Das vorliegende Abkommen enthält eine Informationspflicht für Bürgerinnen und Bürger, die auf zwingenden datenschutzrechtlichen Vorschriften beruht.
- b) die Verwaltung Das Abkommen enthält sechs Informationspflichten für die Verwaltung, die mit dem Austausch von Luftlageinformationen im Zusammenhang stehen.
Es werden keine Informationspflichten für Bürgerinnen und Bürger sowie für die Verwaltung geändert oder aufgehoben.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 24. April 2007 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und dem Schweizerischen Bundesrat über die Zusammenarbeit im Bereich der Sicherheit des Luftraums bei Bedrohungen durch zivile Luftfahrzeuge
Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 28. September 2007
Die Bundeskanzlerin
An den
Präsidenten des Bundesrates Hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen
- Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 24. April 2007 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und dem Schweizerischen Bundesrat über die Zusammenarbeit im Bereich der Sicherheit des Luftraums bei Bedrohungen durch zivile Luftfahrzeuge
mit Begründung und Vorblatt.
Federführend ist das Bundesministerium der Verteidigung.
Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Abs. 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.
Dr. Angela Merkel
Entwurf
Gesetz zu dem Abkommen vom 24. April 2007 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und dem Schweizerischen Bundesrat über die Zusammenarbeit im Bereich der Sicherheit des Luftraums bei Bedrohungen durch zivile Luftfahrzeuge
Vom
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
- Dem in Luzern am 24. April 2007 unterzeichneten Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und dem Schweizerischen Bundesrat über die Zusammenarbeit im Bereich der Sicherheit des Luftraums bei Bedrohungen durch zivile Luftfahrzeuge wird zugestimmt. Das Abkommen wird nachstehend veröffentlicht.
Artikel 2
- (1) Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.
- (2) Der Tag, an dem das Abkommen nach seinem Artikel 16 Abs. 1 in Kraft tritt ist im Bundesgesetzblatt bekannt zu geben.
Begründung zum Vertragsgesetz
Zu Artikel 1
Auf das Abkommen findet Artikel 59 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes Anwendung, da es sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung bezieht.
Zu Artikel 2
Die Bestimmung des Absatzes 1 entspricht dem Erfordernis des Artikels 82 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes.
Nach Absatz 2 ist der Zeitpunkt, in dem das Abkommen nach seinem Artikel 16 Abs. 1 in Kraft tritt, im Bundesgesetzblatt bekannt zu geben.
Schlussbemerkung
Bund, Länder und Gemeinden werden durch die Ausführung des Gesetzes nicht mit zusätzlichen Kosten belastet. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand sind durch das Gesetz nicht zu erwarten. Die Anwendung des Gesetzes wird vielmehr zur Arbeitserleichterung bei der Zusammenarbeit im Bereich der Sicherheit des Luftraums bei Bedrohungen durch zivile Luftfahrzeuge beitragen.
Auch Auswirkungen auf die Einzelpreise und auf das Preisniveau sind nicht zu erwarten. Kosten für die Wirtschaft oder für die sozialen Sicherungssysteme entstehen nicht.
Mit Ausführung des Gesetzes werden eine Informationspflicht für Bürgerinnen und Bürger, die auf zwingenden datenschutzrechtlichen Vorschriften beruht, (Artikel 5 Nr. 4 Satz 1 des Abkommens) sowie sechs Informationspflichten für die Verwaltung, die mit dem Austausch von Luftlageinformationen im Zusammenhang stehen (Artikel 3 Abs. 1 Satz 1, Artikel 5 Nr. 1, 3 Satz 4, Nr. 6 Satz 1 und Nr. 7 sowie Artikel 6 Nr. 6 des Abkommens) eingeführt. Die Höhe der Kosten, die aus der zur Gewährleistung der Informationsübermittlung erforderlichen Anmietung von Fernmeldeleitungen resultiert, ist aus verwaltungstechnischen Gründen zurzeit nicht bezifferbar. Eine adäquate Schätzung des mit den übrigen Informationspflichten einhergehenden Verwaltungsaufwandes und der daraus gegebenenfalls resultierenden Bürokratiekosten ist mit vertretbarem Aufwand nicht möglich, da diese nur anlassbezogen bei Eintritt eines Zwischenfalls im Luftraum anfallen.
Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und dem Schweizerischen Bundesrat über die Zusammenarbeit im Bereich der Sicherheit des Luftraums bei Bedrohungen durch zivile Luftfahrzeuge
Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerische Bundesrat, nachfolgend die Parteien genannt, - in Anbetracht des Übereinkommens vom 19. Juni 1995 zwischen den Vertragsstaaten des Nordatlantikvertrages und den anderen an der Partnerschaft für den Frieden teilnehmenden Staaten über die Rechtsstellung ihrer Truppen (im Folgenden PfP-Truppenstatut) und des Zusatzprotokolls vom 19. Juni 1995 zum Übereinkommen zwischen den Vertragsstaaten des Nordatlantikvertrages und den anderen an der Partnerschaft für den Frieden teilnehmenden Staaten über die Rechtsstellung ihrer Truppen, in Anbetracht des Abkommens zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den gegenseitigen Schutz von Verschlusssachen/klassifizierten Informationen vom 1. März 1996, in Anbetracht der Vereinbarung zwischen dem Bundesministerium der Verteidigung der Bundesrepublik Deutschland und dem Eidgenössischen Department für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport über die Zusammenarbeit der Luftstreitkräfte bei Übungen und in der Ausbildung vom 16. Mai 2000, eingedenk der strategischen Bedeutung des Luftraums für die Sicherheit jedes Staates und seiner Umgebung, getragen von dem Willen, einen geeigneten Rahmen für die Zusammenarbeit im Bereich der Sicherheit des Luftraums bei Bedrohungen durch zivile Luftfahrzeuge festzulegen - sind wie folgt übereingekommen:
Artikel 1
Begriffsbestimmungen
- (1) Im Sinne dieses Abkommens bedeutet "Gegenseitiges Interessengebiet" der Luftraum über den Gebieten der Parteien.
- (2) Im Sinne dieses Abkommens bedeutet "Bedrohung für die Sicherheit des Luftraums" ein ziviles Luftfahrzeug, bei dem aufgrund entsprechender Informationen oder auffälligen Verhaltens ein begründeter Verdacht besteht, dass es eine Gefahr für die Sicherheit des Luftraums darstellt.
- (3) "Maßnahmen zur Sicherung des Luftraums", die auf Antrag der für die Sicherheit im Luftraum zuständigen Stellen zum Zwecke des Informationsaustauschs und der Informationsgewinnung durchgeführt werden, sind im Sinne dieses Abkommens die folgenden:
- 1. die Luftraumüberwachung,
- 2. die Identifizierung mithilfe technischer Mittel und die Klassifizierung,
- 3. die Sichtidentifizierung und
- 4. das Begleiten mit Einsatzflugzeugen.
- (4) "Aufnahmepartei" ist im Sinne dieses Abkommens die Partei, in deren nationalem Luftraum die Ausführungsmaßnahmen dieses Abkommens zum Tragen kommen.
- (5) "Entsendepartei" ist im Sinne dieses Abkommens die Partei, der das im Rahmen dieses Abkommens eingesetzte militärische Luftfahrzeug unterstellt ist.
Artikel 2
Gegenstand
- (1) Dieses Abkommen hat zum Ziel, den Rahmen einer Zusammenarbeit zwischen den Parteien im Bereich der Sicherung des Luftraums gegen Bedrohungen für die Sicherheit des Luftraums festzulegen. Diese Zusammenarbeit dient dazu:
- 1. den systematischen Austausch von Auskünften zu fördern, die zu einer Erweiterung der Kenntnisse jeder Partei insbesondere bezüglich der allgemeinen Luftlagesituation beitragen,
- 2. die Möglichkeit zu schaffen, dass ein militärisches Luftfahrzeug zum Zwecke des Informationsaustauschs und der Informationsgewinnung in den Luftraum der jeweils anderen Partei einfliegt oder ihn durchfliegt,
- 3. die Reaktionszeiten und -möglichkeiten zu verbessern und
- 4. einer illegalen Nutzung des gegenseitigen Interessengebiets im Zusammenhang mit einer Bedrohung für die Sicherheit des Luftraums mit den Maßnahmen nach Artikel 1 Absatz 3 zu begegnen.
- (2) Im Rahmen dieses Abkommens bemüht sich jede Partei den Regierungsbehörden und dem Militärkommando der anderen Partei die Informationen zur Luftlagesituation zu liefern, damit die Entscheidungsträger die ihnen obliegenden Entscheidungen treffen können. Ferner bemühen sich die Parteien die Maßnahmen zur Sicherung des Luftraums nach Artikel 1 Absatz 3 im Luftraum der Aufnahmepartei auf Antrag der für die Sicherheit im Luftraum zuständigen Stellen zu ergreifen. Dies bedeutet unter anderem das Bestreben,
- 1. die Annäherungen im Luftraum an das gegenseitige Interessengebiet der Parteien zu überwachen,
- 2. die Bedrohung für die Sicherheit des Luftraums auszumachen und zu bewerten und
- 3. einer Bedrohung für die Sicherheit des Luftraums im gegenseitigen Interessengebiet vorzubeugen und darauf zu reagieren.
- (3) Zur Ausführung und Umsetzung der in diesem Abkommen festgelegten Zusammenarbeit schließen das Bundesministerium der Verteidigung und das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport eine technische Vereinbarung ab.
Artikel 3
Austausch von Informationen
- (1) Der gegenseitige Austausch von Informationen zur allgemeinen Luftlagesituation jeder Partei erfolgt auf der Grundlage der den Parteien zur Verfügung stehenden Systeme. Die Parteien tauschen nach der Vereinbarung über den gegenseitigen Schutz von Verschlusssachen/klassifizierten Informationen vom 1. März 1996 die Auskünfte und Informationen operationeller Art aus die zu einer Erweiterung der Kenntnisse jeder Partei beitragen könnten.
- (2) Die Parteien sorgen dafür, dass die für den Einsatz nach diesem Abkommen zuständigen Organe und die jeweils zuständigen Flugverkehrskontrollstellen den gegenseitigen Daten- und Informationsaustausch sicherstellen, um die Sicherheit und Ordnung im Luftraum insbesondere in Hinblick auf die Luftfahrt zu gewährleisten.
Artikel 4
Souveränität
- Die in diesem Abkommen vorgesehene Zusammenarbeit erfolgt unter Einhaltung der Souveränität sowie der jeweiligen Befugnisse der Parteien.
Artikel 5
Datenschutz
- Soweit aufgrund dieses Abkommens nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts personenbezogene Daten übermittelt werden gelten die nachfolgenden Bestimmungen unter Beachtung der für jede Partei geltenden Rechtsvorschriften:
- 1. Der Empfänger unterrichtet die übermittelnde Stelle auf Ersuchen über die Verwendung der übermittelten Daten und über die dadurch erzielten Ergebnisse.
- 2. Die Verwendung der Daten durch den Empfänger ist nur zu den in diesem Abkommen bezeichneten Zwecken und zu den von der übermittelnden Stelle vorgesehenen Bedingungen zulässig. Die Verwendung ist darüber hinaus zulässig zur Verhütung und Verfolgung von Straftaten von erheblicher Bedeutung sowie zum Zwecke der Abwehr erheblicher Gefahren für die öffentliche Sicherheit.
- 3. Die übermittelnde Stelle ist verpflichtet, auf die Richtigkeit der zu übermittelnden Daten sowie auf die Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit in Bezug auf den mit der Übermittlung verfolgten Zweck zu achten. Dabei sind die nach dem jeweiligen innerstaatlichen Recht geltenden Übermittlungsverbote zu beachten. Die Übermittlung der Daten unterbleibt, wenn die übermittelnde Stelle Grund zu der Annahme hat dass dadurch gegen den Zweck eines innerstaatlichen Gesetzes verstoßen würde oder schutzwürdige Interessen der betroffenen Personen beeinträchtigt würden. Sind Daten unrichtig oder unbefugt übermittelt worden, so ist dies dem Empfänger unverzüglich mitzuteilen. Er ist verpflichtet, die Daten unverzüglich zu berichtigen oder zu löschen.
- 4. Dem Betroffenen ist auf Antrag über die zu seiner Person übermittelten Informationen sowie über den vorgesehenen Verwendungszweck Auskunft zu erteilen. Eine Verpflichtung zur Auskunftserteilung besteht nicht, sofern eine Abwägung ergibt dass das öffentliche Interesse, die Auskunft nicht zu erteilen das Interesse des Betroffenen an der Auskunftserteilung überwiegt. Im Übrigen richtet sich das Recht des Betroffenen, über die zu seiner Person vorhandenen Daten Auskunft zu erhalten, nach dem innerstaatlichen Recht der Partei, in deren Hoheitsgebiet die Auskunft beantragt wird.
- 5. Wird jemand im Zusammenhang mit Datenübermittlungen nach diesem Abkommen rechtswidrig geschädigt, so haftet ihm hierfür der Empfänger nach Maßgabe seines innerstaatlichen Rechts. Er kann sich im Verhältnis zum Geschädigten zu seiner Entlastung nicht darauf berufen, dass der Schaden durch die übermittelnde Stelle verursacht worden ist.
- 6. Soweit das für die übermittelnde Stelle geltende nationale Recht in Bezug auf die übermittelten personenbezogenen Daten besondere Löschungsfristen vorsieht, weist die übermittelnde Stelle den Empfänger darauf hin. Unabhängig von diesen Fristen sind die übermittelten personenbezogenen Daten zu löschen, sobald sie für den Zweck, für den sie übermittelt worden sind, nicht mehr erforderlich sind.
- 7. Die übermittelnde Stelle und der Empfänger sind verpflichtet, die Übermittlung und den Empfang von personenbezogenen Daten aktenkundig zu machen.
- 8. Die übermittelnde Stelle und der Empfänger sind verpflichtet, die übermittelten personenbezogenen Daten wirksam gegen unbefugten Zugang, unbefugte Veränderung und unbefugte Bekanntgabe zu schützen.
Artikel 6
Luftsicherungsmaßnahmen
- Zur Sicherung des Luftraums können unter Einhaltung der geltenden nationalen Regelungen zum Verhalten im Luftraum folgende Maßnahmen ergriffen werden:
- 1. das Operieren in einem Bereitstellungsluftraum und der Überflug eines jeden militärischen Luftfahrzeugs einer der Parteien im nationalen Luftraum der anderen Partei,
- 2. die Nachbetankung eines jeden Luftfahrzeuges einer der Parteien auf einem Flughafen der anderen Partei und Nutzung dieser Flughäfen als mögliche Ausweichflughäfen,
- 3. die Luft-Luftbetankung von Flugzeugen der beiden Parteien im Luftraum einer Partei,
- 4. die taktische Kontrolle von Luftfahrzeugen einer der Parteien durch ein Organ der Luftraumkontrolle der anderen Partei,
- 5. das Mitführen von Personal und Ausrüstungen einer der Parteien an Bord eines Luftfahrzeugs der anderen Partei, sobald deren Anwesenheit zu Einsatzzwecken gerechtfertigt ist, und
- 6. die in Artikel 1 Absatz 3 genannten Maßnahmen im Luftraum der Aufnahmepartei, sofern ein entsprechender Antrag der für die Sicherheit im Luftraum zuständigen Stellen vorliegt.
Artikel 7
Einsatz
- (1) Die für die Sicherheit im Luftraum zuständige Stelle der Aufnahmepartei beschließt auf Antrag der für die Sicherheit im Luftraum zuständigen Stelle der Entsendepartei, wenn von einem Luftfahrzeug der Entsendepartei Maßnahmen nach Artikel 1 Absatz 3 innerhalb des Luftraums der Aufnahmepartei durchgeführt werden sollen. Zuvor muss die für die Sicherheit im Luftraum zuständige Stelle der Entsendepartei dem Luftfahrzeug die Erlaubnis zum Einsatz im Luftraum der Aufnahmepartei erteilt haben.
- (2) Die Ergreifung von grenzüberschreitenden Maßnahmen zur Sicherung des Luftraumes erfordert eine Koordination zwischen den zuständigen Stellen und mit Grenzübertritt einen Transfer der taktischen Kontrolle (Transfer of Authority) der Luftfahrzeuge der Parteien.
- (3) Die Parteien verpflichten sich, regelmäßig grenzüberschreitende Übungen zur Sicherung des Luftraums durchzuführen. Die Leitung, Überwachung und Abstimmung der Luftraumnutzung hierfür erfolgt gemeinsam über die zuständigen Stellen.
Artikel 8
Technische Sicherheit und Bewachung
- (1) Die technische Sicherheit von Materialien, Waffen, Munition, Fahrzeugen und Luftfahrzeugen, die sich im Rahmen einer in diesem Abkommen vorgesehenen Maßnahme im Hoheitsgebiet der Aufnahmepartei befinden, wird durch die Entsendepartei gewährleistet.
- (2) Die Bewachung obliegt der Aufnahmepartei. Die Streitkräfte der Entsendepartei arbeiten mit der Aufnahmepartei zusammen.
Artikel 9
Sicherheits- und Umweltschutzvorschriften
- Die Parteien beachten die geltenden Sicherheits- und Umweltschutzvorschriften und die Sicherheitsvorschriften für Material, Waffen, Munition, Fahrzeuge und Luftfahrzeuge.
Artikel 10
Untersuchung von Flugunfällen oder -zwischenfällen
- Im Falle eines Flugunfalls oder eines Zwischenfalls im Luftraum der einen Partei, in den ein Luftfahrzeug der anderen Partei verwickelt ist und der im Zusammenhang mit Maßnahmen nach diesem Abkommen steht, ist es den zivilen und beziehungsweise oder militärischen Experten dieser anderen Partei erlaubt an der Untersuchungskommission der Partei, auf deren Hoheitsgebiet der Unfall oder Zwischenfall stattgefunden hat, teilzunehmen.
Artikel 11
Medizinische Versorgung
- (1) Die Parteien stellen im Falle schwerer Erkrankung, Verletzung oder Verwundung nach den für sie geltenden Bestimmungen die notfallmedizinische Versorgung des Personals sicher.
- (2) Die Kosten für die medizinische Versorgung nach Absatz 1 gehen bis zur Feststellung der Transportfähigkeit des Patienten zu Lasten des Aufnahmestaates. Jede weitergehende Versorgung geht zu Lasten des Entsendestaates.
Artikel 12
Kosten
- Jede Partei trägt die mit der Umsetzung dieses Abkommens verbundenen Kosten ihrer jeweiligen Streitkräfte. Die Kostentragungspflicht für die medizinische Versorgung richtet sich nach Artikel 11 Absatz 2.
Artikel 13
Rechtsstellung der Streitkräfte
- Während des Einsatzes der Streitkräfte der Parteien im Zusammenhang mit diesem Abkommen sind die Bestimmungen des Übereinkommens vom 19. Juni 1995 zwischen den Vertragsstaaten des Nordatlantikvertrages und den anderen an der Partnerschaft für den Frieden teilnehmenden Staaten über die Rechtsstellung ihrer Truppen und des Zusatzprotokolls vom 19. Juni 1995 zum Übereinkommen zwischen den Vertragsstaaten des Nordatlantikvertrages und den anderen an der Partnerschaft für den Frieden teilnehmenden Staaten über die Rechtsstellung ihrer Truppen anwendbar.
Artikel 14
Schadensregulierung
- Artikel I des PfP-Truppenstatuts findet in Verbindung mit Art. VIII des NATO-Truppenstatuts Anwendung.
Artikel 15
Suspendierung
- Jede Partei kann dieses Abkommen im Falle eines Krieges, eines Belagerungszustandes, einer Krise oder aus einem anderen wichtigen Grund von nationalem Interesse durch Notifizierung an die andere Partei suspendieren. Die Suspendierung kann mit sofortiger Wirkung erfolgen.
Artikel 16
Schlussbestimmungen
- (1) Dieses Abkommen tritt an dem Tag in Kraft, an dem die Parteien einander notifiziert haben, dass die innerstaatlichen Voraussetzungen für das Inkrafttreten erfüllt sind. Maßgebend ist der Tag des Eingangs der letzten Notifikation.
- (2) Dieses Abkommen kann durch die Parteien jederzeit einvernehmlich schriftlich geändert oder aufgehoben werden.
- (3) Dieses Abkommen gilt für eine unbestimmte Dauer. Jede Partei kann es unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs
- (6) Monaten jederzeit durch schriftliche Notifikation an die andere Partei kündigen.
- (4) Meinungsverschiedenheiten zwischen den Parteien über die Auslegung oder Anwendung dieses Abkommens werden ausschließlich auf dem Verhandlungswege beigelegt.
Geschehen zu Luzern am 24. April 2007 in zwei Urschriften, jede in deutscher Sprache.
Für die Regierung der Bundesrepublik Deutschland
Andreas von Stechow
F.J . Jung
Für den Schweizerischen Bundesrat
Schmid
Denkschrift
I. Allgemeines
Die Anschläge vom 11. September 2001 und der Frankfurter Luftzwischenfall vom 5. Januar 2003 haben gezeigt dass eine verstärkte grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Bereich der Sicherung des Luftraums gegen nichtmilitärische Bedrohungen notwendig ist. So ist beabsichtigt, diese Zusammenarbeit mit allen angrenzenden Nachbarstaaten zu vertiefen. Die Schweiz ist insbesondere vor dem Hintergrund der 2008 bevorstehenden Austragung der Fußball-Europameisterschaft an einer Intensivierung der Kooperation mit der Bundesrepublik Deutschland interessiert.
Das Abkommen regelt die Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz im Bereich der Sicherheit des Luftraums bei Bedrohungen durch zivile Luftfahrzeuge. Die Kooperation dient der Erleichterung des gegenseitigen, systematischen Informationsaustauschs über die allgemeine Luftlage sowie der Ermöglichung des grenzüberschreitenden militärischen Flugverkehrs zur Luftraumsicherung. Künftig ist es möglich ein verdächtiges ziviles Luftfahrzeug grenzüberschreitend zu begleiten und zu identifizieren; lufthoheitliche Maßnahmen mit Eingriffscharakter (z.B. Abdrängen, Warnschuss, Waffeneinsatz) im Luftraum der jeweils anderen Partei sind hingegen ausgeschlossen. Der Regelungsgehalt des Luftsicherheitsgesetzes wird durch das Abkommen nicht berührt. Es handelt sich vorliegend nicht um ein eigenständiges Einsatzrecht der Streitkräfte; diese werden ausschließlich auf Antrag der für die Sicherheit im Luftraum zuständigen Stellen tätig.
Das Abkommen ermöglicht der Bundesrepublik Deutschland, die Sicherheit im Luftraum gegen nichtmilitärische Bedrohungen in Zusammenarbeit mit der Schweiz zu erhöhen und wertvolle Erfahrungen für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und den Abschluss vergleichbarer Abkommen mit den übrigen Nachbarstaaten zu sammeln.
II. Besonderes
Zu Artikel 1
Artikel 1 enthält Begriffsbestimmungen, die für dieses Abkommen gelten. Unter anderem stellt Absatz 2 klar, dass eine "Bedrohung für die Sicherheit des Luftraums" nur ein ziviles Luftfahrzeug sein kann, bei dem dieser Verdacht durch entsprechende Informationen oder auffälliges Verhalten begründet ist. Da Absatz 3 die "Maßnahmen zur Sicherung des Luftraums" auf die Luftraumüberwachung, die Identifizierung mit technischen Mitteln und die Klassifizierung, die Sichtidentifizierung sowie das Begleiten mit Einsatzflugzeugen begrenzt, sind lufthoheitliche Maßnahmen unter Inanspruchnahme von Zwangs- und Eingriffsbefugnissen (z.B. Abdrängen, zur Landung zwingen, Warnschuss, Waffeneinsatz) im Luftraum der jeweils anderen Partei ausgeschlossen.
Zu Artikel 2
Artikel 2 bestimmt den Gegenstand des Abkommens.
Das Abkommen regelt die Zusammenarbeit der Parteien bei der Sicherung des Luftraums gegen Bedrohungen durch zivile Luftfahrzeuge. Es sieht den Austausch von Informationen über die allgemeine Luftlagesituation vor, wodurch die Entscheidungsträger in die Lage versetzt werden die erforderlichen Entscheidungen zu treffen.
Damit können die Reaktionszeiten verkürzt und die Reaktionsmöglichkeiten verbessert werden. Ferner ist vorgesehen dass die Parteien die in Artikel 1 definierten Maßnahmen zur Sicherung des Luftraums auf Antrag der für die Sicherheit im Luftraum zuständigen Stellen ergreifen.
Die Ausführung und Umsetzung dieser Kooperation wird in einer technischen Vereinbarung zwischen den Verteidigungsministerien festgelegt.
Zu Artikel 3
Für den Austausch von Informationen über die Luftlage bedienen sich beide Parteien der Systeme, die ihnen zur Verfügung stehen. Klassifizierte Informationen sind unter Beachtung der Vereinbarung vom 1. März 1996 über den gegenseitigen Schutz von Verschlusssachen/klassifizierten Informationen auszutauschen. Die Parteien stellen den gegenseitigen Daten- und Informationsaustausch der zuständigen Organe und Flugverkehrskontrollstellen sicher.
Zu Artikel 4
Die Zusammenarbeit erfolgt unter Einhaltung der Souveränität und der jeweiligen Zuständigkeiten der Parteien.
Zu Artikel 5
Artikel 5 regelt datenschutzrechtliche Aspekte im Zusammenhang mit der Übermittlung personenbezogener Daten an die andere Partei. Die Regelung folgt der deutschen Datenschutzmusterklausel.
Zu Artikel 6
Neben den in Artikel 1 Abs. 3 definierten "Maßnahmen zur Sicherung des Luftraums" sieht Artikel 6 weitere Luftsicherungsmaßnahmen vor: das Operieren in einem Bereitstellungsluftraum und den Überflug im Luftraum der anderen Partei, die Nachbetankung auf einem Flughafen der anderen Partei, die Luft-Luftbetankung, die taktische Kontrolle von Luftfahrzeugen einer Partei durch ein Organ der anderen Partei sowie das Mitführen von Personal und Ausrüstungen der einen Partei an Bord eines Luftfahrzeuges der anderen Partei.
Zu Artikel 7
Der Einsatz eines Luftfahrzeuges der Entsendepartei im Luftraum der Aufnahmepartei setzt das Einverständnis beider Parteien und eine entsprechende Koordination zwischen den jeweils zuständigen nationalen Stellen voraus. Mit dem Grenzübertritt des Luftfahrzeuges geht dessen taktische Kontrolle auf den Aufnahmestaat über.
Mithin kann ein Flug der Schweizer Streitkräfte über deutschem Hoheitsgebiet nur unter Leitung der zuständigen nationalen Stellen erfolgen.
Die Parteien führen regelmäßig grenzüberschreitende Übungen zur Sicherung des Luftraums durch.
Zu den Artikeln 8 und 9
Die Artikel 8 und 9 betreffen die Sicherheit und den Umweltschutz. Der Entsendestaat ist bei einem Einsatz seines Luftfahrzeuges im Hoheitsgebiet des Aufnahmestaates für die technische Sicherheit seiner eingesetzten Materialien, Waffen, Munition und Luftfahrzeuge verantwortlich.
Deren Bewachung obliegt dem Aufnahmestaat.
Die Parteien beachten die geltenden Sicherheits- und Umweltschutzbestimmungen.
Zu Artikel 10
Bei der Untersuchung von Flugunfällen auf dem Hoheitsgebiet einer Partei, in die ein Luftfahrzeug der anderen Partei verwickelt ist, hat letztere das Recht, an der Untersuchungskommission teilzunehmen.
Zu Artikel 11
Artikel 11 regelt die medizinische Versorgung. Der Aufnahmestaat stellt die kostenlose medizinische Versorgung sicher bis das Personal wieder transportfähig ist; der Entsendestaat trägt die darüber hinausgehenden Kosten.
Zu Artikel 12
Jede Partei trägt die Kosten, die für sie mit der Umsetzung des Abkommens verbunden sind.
Zu Artikel 13
Die Rechtsstellung der Streitkräfte der Parteien während eines Einsatzes im Rahmen dieses Abkommens richtet sich nach den Bestimmungen des Übereinkommens vom 19. Juni 1995 zwischen den Vertragsstaaten des Nordatlantikvertrags und den anderen an der Partnerschaft für den Frieden teilnehmenden Staaten über die Rechtsstellung ihrer Truppen (PfP-Truppenstatut) und dem ergänzenden Zusatzprotokoll.
Zu Artikel 14
Die Abgeltung der Schäden, welche im Rahmen der Umsetzung des Abkommens entstehen, erfolgt nach Maßgabe des PfP-Truppenstatuts.
Zu Artikel 15
Artikel 15 sieht im Falle eines Krieges, eines Belagerungszustandes, einer Krise oder eines anderen wichtigen Grundes von nationalem Interesse die Möglichkeit vor das Abkommen einseitig zeitweilig auszusetzen, gegebenenfalls mit sofortiger Wirkung.
Zu Artikel 16
Für das Inkrafttreten des Abkommens ist die gegenseitige Notifizierung über das Vorliegen der innerstaatlichen Voraussetzungen notwendig. Für den Zeitpunkt des Inkrafttretens ist der Eingang der letzten Notifikation maßgeblich. Das Abkommen, das auf unbestimmte Zeit geschlossen ist, kann im gegenseitigen Einvernehmen jederzeit geändert oder aufgehoben, beziehungsweise von einer Partei unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten gekündigt werden. Meinungsverschiedenheiten zwischen den Parteien werden
Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKR-Gesetz:
Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 24. April 2007 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und dem Schweizerischen Bundesrat über die Zusammenarbeit im Bereich der Sicherheit des Luftraums bei Bedrohung durch zivile Luftfahrzeuge
Der Nationale Normenkontrollrat hat den Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 24. April 2007 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und dem Schweizerischen Bundesrat über die Zusammenarbeit im Bereich der Sicherheit des Luftraums bei Bedrohung durch zivile Luftfahrzeuge auf Bürokratiekosten, die durch Informationspflichten begründet werden, geprüft.
Mit dem Gesetzentwurf werden sechs Informationspflichten für die Verwaltung und eine Informationspflicht für Bürgerinnen und Bürger eingeführt. Informationspflichten der Wirtschaft werden nicht berührt.
Der Nationale Normenkontrollrat hat im Rahmen seines gesetzlichen Prüfauftrages keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.
Dr. Ludewig
Vorsitzender und Berichterstatter