Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Gesetzes zur Schlichtung im Luftverkehr

900. Sitzung des Bundesrates am 21. September 2012

A

Der federführende Rechtsausschuss (R), der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz (AV) und der Verkehrsausschuss (Vk) empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 3 (§ 57 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Satz 1 LuftVG)

In Artikel 1 Nummer 3 ist § 57 wie folgt zu ändern:

Begründung:

Die in dem Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehene Schaffung einer behördlichen sowie gegebenenfalls mehrerer privater Schlichtungsstellen führt zu einer unübersichtlichen Aufsplitterung der Zuständigkeiten auf verschiedene Schlichtungsstellen mit Nachteilen für die Verbraucher und gefährdet als Zugangserschwerung die Effektivität des Schlichtungsverfahrens.

Die vorgesehene Regelung bedeutet zudem eine Abkehr von dem im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP für die 17. Legislaturperiode vorgesehenen Konzept einer verkehrsträgerübergreifenden Schlichtung. Angesichts des Umstands, dass in der Praxis eine große Zahl von Reisen die Nutzung unterschiedlicher Verkehrsträger umfasst, ist dies zu bedauern. Aus hiesiger Sicht sollte zumindest eine weitere Zersplitterung der Schlichtungsstellenlandschaft auf der Ebene des einzelnen Verkehrsträgers vermieden werden. Dieses Ziel wird durch das in dem Gesetzentwurf vorgesehene Nebeneinander einer behördlichen sowie gegebenenfalls mehrerer privater Schlichtungsstellen indes nicht erreicht. Für den Fluggast wäre das Auffinden der zuständigen Schlichtungsstelle dementsprechend im Einzelfall mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Die Zahl der privatrechtlich organisierten Schlichtungsstellen sollte daher auf eine begrenzt werden.

2. Zu Artikel 1 Nummer 3 (§ 57 Absatz 2 Satz 1 Nummer 6 - neu - LuftVG)

In Artikel 1 Nummer 3 ist § 57 Absatz 2 Satz 1 wie folgt zu ändern:

Begründung:

Die in § 57 Absatz 2 Satz 1 LuftVG-E geregelten inhaltlichen Anforderungen an die von den privatrechtlich organisierten Schlichtungsstellen zu erlassenden Verfahrensordnungen, auf die für den Bereich der behördlichen Schlichtung in § 57a Absatz 2 LuftVG-E teilweise Bezug genommen wird, sollten näher konkretisiert und ergänzt werden. Insbesondere sollte sichergestellt werden, dass sich der Fluggast durch einen Rechtsanwalt oder eine andere Person seines Vertrauens vertreten lassen kann.

3. Zu Artikel 1 Nummer 3 (§ 57 Absatz 2 Satz 1 Nummer 6 - neu - LuftVG)

In Artikel 1 Nummer 3 ist § 57 Absatz 2 Satz 1 wie folgt zu ändern:

Begründung:

Die in § 57 Absatz 2 Satz 1 LuftVG-E geregelten inhaltlichen Anforderungen an die von den privatrechtlich organisierten Schlichtungsstellen zu erlassenden Verfahrensordnungen, auf die für den Bereich der behördlichen Schlichtung in § 57a Absatz 2 LuftVG-E teilweise Bezug genommen wird, sollten näher konkretisiert und ergänzt werden. Sachgerecht erscheint insoweit die Regelung, dass in Fällen, in denen sich das Luftfahrtunternehmen nicht zur Sache einlässt, Grundlage des Schlichterspruchs allein das Vorbringen des Fluggastes ist. Vergleichbare Regelungen sind bereits jetzt in § 7 Absatz 1 Satz 1 der Verfahrensordnung des Versicherungsombudmanns (VomVO) sowie in § 6 Absatz 5 Satz 1 der Verfahrensordnung der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (söp) vorgesehen. Der Erlass eines Schlichterspruchs auf der Grundlage des Vorbringens des Fluggastes bietet für diesen den Vorteil einer unverbindlichen und für ihn kostenlosen Vorprüfung seines Anliegens. Für das betroffene Luftfahrtunternehmen begründet eine entsprechende Ausgestaltung der Verfahrensordnung einen Anreiz, an dem Schlichtungsverfahren mitzuwirken, um den Erlass eines negativen Schlichterspruchs und die hiermit möglicherweise verbundene Öffentlichkeitswirkung zu vermeiden. Zugleich wird sichergestellt, dass dem durch das Luftfahrtunternehmen für die Tätigkeit der Schlichtungsstelle zu entrichtenden Entgelt eine materielle Gegenleistung in Form einer inhaltlichen Befassung mit dem zugrunde liegenden Sachverhalt gegenübersteht.

4. Zu Artikel 1 Nummer 3 (§ 57 Absatz 3 Satz 3 - neu - LuftVG)*

In Artikel 1 Nummer 3 ist dem § 57 Absatz 3 folgender Satz anzufügen:

"Die beteiligten Luftfahrtunternehmen sind verpflichtet, leicht und unmittelbar auffindbar sowie deutlich sichtbar auf ihrer Internetseite, in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen, in Geschäftsbriefen, die an einen Fluggast gerichtet werden, sowie in den Reiseunterlagen auf die für sie zuständige Schlichtungsstelle und im Falle von bei ihnen eingehenden Beschwerden von Fluggästen auf die Möglichkeit eines Schlichtungsverfahrens vor der zuständigen Schlichtungsstelle hinzuweisen."

Begründung:

Um den durch die vorgesehene Aufsplitterung der Zuständigkeiten der Schlichtungsstellen entstehenden Unsicherheiten und Ungewissheiten für den Verbraucher Rechnung zu tragen, sollten die Luftfahrtunternehmen gesetzlich verpflichtet werden, auf ihrer Internetseite, in den von ihnen verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie in den Reiseunterlagen in geeigneter Weise bekannt zu machen, welche Schlichtungsstelle für die Behandlung gegen sie geltend gemachter Ansprüche von Fluggästen zuständig ist. Eine entsprechende Informationspflicht sollte darüber hinaus für den Fall gelten, dass ein Fluggast bei einem Luftfahrtunternehmen von sich aus eine Beschwerde einreicht.

Die bislang in § 57 Absatz 3 Satz 2 LuftVG-E vorgesehene Regelung, der zufolge lediglich die privatrechtlich organisierten Schlichtungsstellen verpflichtet werden sollen, eine Liste der teilnehmenden Luftfahrtunternehmen zu führen und in geeigneter Weise Interessierten zugänglich zu machen, gewährleistet für sich genommen demgegenüber keine hinreichende Transparenz. Dies wird insbesondere daran deutlich, dass ein Fluggast - sofern ein Luftfahrtunternehmen die für seine Geschäftstätigkeit zuständige Schlichtungsstelle nicht freiwillig in geeigneter Weise öffentlich bekannt gibt - für die Beantwortung der Frage, ob er sich mit seinem Anliegen an die nach § 57c Satz 1 Nummer 1 LuftVG-E bestimmte Bundesbehörde wenden kann, zunächst anhand der von sämtlichen privatrechtlich organisierten Schlichtungsstellen zugänglich gemachten Listen prüfen müsste, ob das betreffende Unternehmen an der Schlichtung durch eine dieser Stellen teilnimmt.

Es bedarf einer klaren gesetzlichen Regelung der Hinweisverpflichtung für die Luftfahrtunternehmen. Die bisher nur in der Begründung des Gesetzentwurfs auftauchende Bemerkung, es sei wünschenswert, dass die Luftfahrtunternehmen ihre Fluggäste auf die Schlichtungsstelle, an deren Schlichtung sie teilnehmen, hinweisen, ist nicht ausreichend und zu unverbindlich.

5. Zu Artikel 1 Nummer 3 (§ 57 Absatz 3 Satz 3 - neu - LuftVG)*

In Artikel 1 Nummer 3 ist dem § 57 Absatz 3 folgender Satz anzufügen:

"Die beteiligten Luftfahrtunternehmen sind verpflichtet, in geeigneter Weise auf ihrer Internetseite, in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen, in Geschäftsbriefen, die an einen Fluggast gerichtet werden, sowie in den Reiseunterlagen auf die für sie zuständige Schlichtungsstelle und im Falle von bei ihnen eingehenden Beschwerden von Fluggästen auf die Möglichkeit eines Schlichtungsverfahrens vor der zuständigen Schlichtungsstelle hinzuweisen."

Begründung:

Um den durch die vorgesehene Aufsplitterung der Zuständigkeiten der Schlichtungsstellen entstehenden Unsicherheiten und Ungewissheiten für den Verbraucher Rechnung zu tragen, sollten die Luftfahrtunternehmen gesetzlich verpflichtet werden, auf ihrer Internetseite, in den von ihnen verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie in den Reiseunterlagen in geeigneter Weise bekannt zu machen, welche Schlichtungsstelle für die Behandlung gegen sie geltend gemachter Ansprüche von Fluggästen zuständig ist. Eine entsprechende Informationspflicht sollte darüber hinaus für den Fall gelten, dass ein Fluggast bei einem Luftfahrtunternehmen von sich aus eine Beschwerde einreicht.

Die bislang in § 57 Absatz 3 Satz 2 LuftVG-E vorgesehene Regelung, der zufolge lediglich die privatrechtlich organisierten Schlichtungsstellen verpflichtet werden sollen, eine Liste der teilnehmenden Luftfahrtunternehmen zu führen und in geeigneter Weise Interessierten zugänglich zu machen, gewährleistet für sich genommen demgegenüber keine hinreichende Transparenz. Dies wird insbesondere daran deutlich, dass ein Fluggast - sofern ein Luftfahrtunternehmen die für seine Geschäftstätigkeit zuständige Schlichtungsstelle nicht freiwillig in geeigneter Weise öffentlich bekannt gibt - für die Beantwortung der Frage, ob er sich mit seinem Anliegen an die nach § 57c Satz 1 Nummer 1 LuftVG-E bestimmte Bundesbehörde wenden kann, zunächst anhand der von sämtlichen privatrechtlich organisierten Schlichtungsstellen zugänglich gemachten Listen prüfen müsste, ob das betreffende Unternehmen an der Schlichtung durch eine dieser Stellen teilnimmt.

Es bedarf einer klaren gesetzlichen Regelung der Hinweisverpflichtung für die Luftfahrtunternehmen. Die bisher nur in der Begründung des Gesetzentwurf auftauchende Bemerkung, es sei wünschenswert, dass die Luftfahrtunternehmen ihre Fluggäste auf die Schlichtungsstelle, an deren Schlichtung sie teilnehmen, hinweisen, ist nicht ausreichend und zu unverbindlich.

6. Zu Artikel 1 Nummer 3 (§ 57 Absatz 4 Satz 1a - neu - LuftVG)*

In Artikel 1 Nummer 3 ist nach § 57 Absatz 4 Satz 1 folgender Satz einzufügen:

"Der Anspruch auf das Entgelt entsteht mit Eingang des Schlichtungsantrags."

Begründung:

Wenn man annimmt, dass nach § 57b Absatz 2 Satz 2 LuftVG-E auch eine nach Antragstellung erhobene negative Feststellungsklage den Schlichtungsantrag unzulässig macht und damit eine inhaltliche Befassung der Schlichtungsstelle mit der zugrunde liegenden Streitigkeit verhindert, sollte dies den Entgeltanspruch der Schlichtungsstelle nicht entfallen lassen. Die Entgeltregelung in § 57 Absatz 4 LuftVG-E nimmt auf das Schlichtungsverfahren als Gebührentatbestand Bezug und könnte daher möglicherweise so verstanden werden, dass nur die vollständige Durchführung der Schlichtung mit einer materiellen Empfehlung der Schlichtungsstelle eine Entgeltpflicht auslöst. Dies erschiene jedoch unbillig, da der zwischenzeitlich entstandene Aufwand der Schlichtungsstelle nicht vergütet würde und sich das Luftfahrtunternehmen unter Umständen durch Erhebung einer negativen Feststellungsklage seiner Zahlungsverpflichtung gegenüber der Schlichtungsstelle entziehen könnte. Daher sollte im Gesetzestext klargestellt werden, dass das Recht zur Entgelterhebung bereits mit Antragstellung entsteht.

7. Zu Artikel 1 Nummer 3 (§ 57 Absatz 4 Satz 2 LuftVG)

In Artikel 1 Nummer 3 ist § 57 Absatz 4 Satz 2 zu streichen.

Begründung:

Es ist nicht davon auszugehen, dass Fluggäste in einem zahlenmäßig bedeutsamen Umfang missbräuchlich die Schlichtungsstellen anrufen. Erfahrungen aus der mehrjährigen Arbeit der bundesweit tätigen Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (söp) e.V. zeigen, dass die Quote rechtsmissbräuchlich erhobener Beschwerden unter 1 Prozent der Schlichtungsfälle liegt. Insoweit wird die den Paragrafen zugrunde liegende Befürchtung des kostenverursachenden Missbrauchs des Schlichtungsangebotes nicht geteilt. Vielmehr wird aus Verbraucherschutzsicht die Gefahr gesehen, dass die bisherige Formulierung geeignet ist, Fluggäste von der Erhebung einer Beschwerde gegenüber der Schlichtungsstelle abzuhalten, wenn die Erfolgsaussichten der Beschreitung des Streitbeilegungswegs für den Einzelnen nicht zu überschauen sind.

Als Folge ist in Artikel 1 Nummer 3 in § 57 Absatz 4 Satz 3 die Angabe "oder 2" sowie in § 57a Absatz 3 der Satz 2 zu streichen.

8. Zu Artikel 1 Nummer 3 (§ 57 Absatz 4 Satz 3 LuftVG)

In Artikel 1 Nummer 3 ist § 57 Absatz 4 Satz 3 wie folgt zu fassen:

"Die Anerkennung als Schlichtungsstelle ist zu widerrufen, wenn bekannt wird, dass das von der Schlichtungsstelle verlangte Entgelt nicht angemessen ist [oder in einer Vielzahl von Fällen zu Unrecht nach Satz 2 von Fluggästen verlangt wurde]*."

Begründung:

Die von der Bundesregierung vorgeschlagene Formulierung ist unklar und wird in der Begründung des Gesetzentwurfs auch nicht erläutert. Eine Schlichtungsstelle wird erst dann (entgeltpflichtig) angerufen werden können, wenn sie bereits gemäß § 57 Absatz 1 LuftVG-E als Schlichtungsstelle anerkannt wurde. Die Anerkennung dürfte einen Verwaltungsakt darstellen. Es sollte daher die Terminologie des Verwaltungsverfahrensrechts verwendet werden und deshalb eine Spezialregelung nicht bezüglich der Nichtanerkennung, sondern bezüglich des Widerrufs der bereits ausgesprochenen Anerkennung formuliert werden (vgl. § 49 VwVfG), wobei davon ausgegangen wird, dass die ursprüngliche Anerkennung rechtmäßig ist.

[Soweit der Gesetzentwurf der Bundesregierung auf die Anforderungen des Satzes 2 Bezug nimmt, dürfte es darum gehen, die Inanspruchnahme des "falschen" Entgeltschuldners mit dem Widerruf der Anerkennung zu sanktionieren. Dies sollte klargestellt werden. Dabei wird davon ausgegangen, dass nicht bereits die einmalige Geltendmachung des Entgeltanspruchs der Schlichtungsstelle gegen einen Fluggast wegen (angeblicher) Missbräuchlichkeit seines Begehrens automatisch zum Widerruf der Anerkennung führt, wenn sich später - beispielsweise im gerichtlichen Verfahren - herausstellt, dass die Klage des Fluggasts vor Gericht Erfolg hatte, die Voraussetzungen des § 57 Absatz 4 Satz 2 LuftVG-E also nicht vorlagen. Macht jedoch die Schlichtungsstelle erwiesenermaßen zu Unrecht häufig von § 57 Absatz 4 Satz 2 LuftVG-E Gebrauch, obwohl dessen Voraussetzungen nicht vorliegen, erweist sie sich als ungeeignet. In diesem Fall sollte die Anerkennung widerrufen werden.]*

9. Zu Artikel 1 Nummer 3 (§ 57 Absatz 4 Satz 4 - neu - LuftVG)

In Artikel 1 Nummer 3 ist dem § 57 Absatz 4 folgender Satz anzufügen:

"Wird nachträglich bekannt, dass das Entgelt einer anerkannten Schlichtungsstelle den Anforderungen des Satzes 1 [oder 2]* nicht entspricht, ist die Anerkennung nach Absatz 1 zu widerrufen."

Begründung:

§ 57 Absatz 4 Satz 3 LuftVG-E schließt als Rechtsfolge etwaiger Verstöße gegen § 57 Absatz 4 Satz 1 und Satz 2 LuftVG-E die Anerkennung einer Einrichtung als Schlichtungsstelle aus. Insoweit sollte entsprechend der in § 57 Absatz 5 Satz 8 LuftVG-E vorhandenen Regelung ergänzend klargestellt werden, dass die Anerkennung zu widerrufen ist, sofern Verstöße nachträglich, also insbesondere auf Grund von Beanstandungen im Rahmen des laufenden Geschäftsbetriebs bekannt werden.

10. Zu Artikel 1 Nummer 3 (§ 57 Absatz 5 und 6 LuftVG), (§ 57a Absatz 4 LuftVG)

Artikel 1 Nummer 3 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Die Einführung einer Vorschusspflicht von 20 Euro zu Lasten des Fluggastes, sofern in den ersten zwei Jahren nach Aufnahme der Schlichtungsarbeit die überwiegende Zahl der Beschwerden unbegründet sind, erscheint sehr bürokratisch und ist schwer mit dem Ziel eines effizienten Schlichtungsverfahrens in Einklang zu bringen. Allein die Prüfung des Zahlungseingangs und ggf. der Rückerstattung bindet Arbeitskapazitäten und wird sich auf den Zeitumfang des Schlichtungsverfahrens für die Fluggäste auswirken. Des Weiteren stellt sie erneut die Fluggäste unter den Verdacht der missbräuchlichen Nutzung des zukünftigen Schlichtungsangebotes, was den Erfahrungen der Schlichtungsarbeit der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (söp) nicht entspricht. Die Einführung einer Vorschusspflicht ist vielmehr verbraucherunfreundlich und wird grundsätzlich die Akzeptanz in die Arbeit der Schlichtungsstelle beeinträchtigen. Es erscheint auch fraglich, wie die Schlichtungsstelle letztlich nachweisen soll, dass der geltend gemachte Anspruch nicht doch bestand.

[Auf die in § 57 Absatz 5 und § 57a Absatz 4 LuftVG-E getroffenen Regelungen über die evaluationsbasierte Erhebung eines Kostenvorschusses beim Antragsteller sollte verzichtet werden. Die Inaussichtstellung eines materiellen Vorteils für den Fall, dass ein bestimmter Anteil von Ansprüchen durch eine Schlichtungsstelle als unberechtigt bewertet wird, ist geeignet, Fehlanreize zu schaffen und das Vertrauen in die Unabhängigkeit der jeweiligen Einrichtung zu gefährden. Die für privatrechtlich organisierte Schlichtungsstellen in § 57 Absatz 5 Satz 1 LuftVG-E vorgesehene Obliegenheit, die fehlende Berechtigung der von ihr entsprechend qualifizierten Ansprüche "nachzuweisen", ändert hieran im Ergebnis nichts. Maßgeblich ist insoweit, dass eine nachträgliche inhaltliche Überprüfung der Berechtigung der Ansprüche, mit denen die Schlichtungsstelle befasst war, bereits aus tatsächlichen Gründen nicht für eine hinreichende Anzahl von Fällen erfolgen könnte. Zudem wäre die Bereitstellung einer entsprechenden Dokumentation für die betroffenen Schlichtungsstellen mit einem erheblichen bürokratischen Aufwand verbunden. Insbesondere kann nicht ohne Weiteres angenommen werden, dass die Schlichtungsstelle ohnehin stets gehalten sei, über die materielle Berechtigung eines geltend gemachten Anspruchs zu befinden und die für ihre Bewertung maßgeblichen Umstände zu dokumentieren. Denn gerade in den Fällen, in denen die Schlichtung ihren Zweck erfüllt und die Parteien einer gütlichen Einigung zustimmen, bleibt die Frage nach der materiellen Berechtigung der von der Einigung erfassten Ansprüche regelmäßig ungeklärt. Ein Rückschluss vom Inhalt der getroffenen Vereinbarung auf die Berechtigung der von ihrem Anwendungsbereich erfassten Ansprüche ist schon deshalb nicht mit hinreichender Sicherheit möglich, weil es auch Aspekte wie Kulanzerwägungen oder das Interesse an einer schnellen und kostengünstigen Erledigung der jeweiligen Angelegenheit sein können, die Parteien dazu veranlassen, ganz oder teilweise nachzugeben.]

In der Folge sind in Artikel 1 Nummer 3 in § 57c Satz 1 in Nummer 1 die Wörter "des § 57 Absatz 5 und" zu streichen und die Nummer 2 wie folgt zu fassen:

"2. die Höhe der Gebühren nach § 57a Absatz 3."

11. Zu Artikel 1 Nummer 3 (§ 57a Absatz 2a - neu - LuftVG)

In Artikel 1 Nummer 3 ist nach § 57a Absatz 2 folgender Absatz 2a einzufügen:

Begründung:

Nach § 57 Absatz 3 Satz 2 LuftVG-E sind nur die privatrechtlich organisierten Schlichtungsstellen zur Führung von Listen verpflichtet. Bei Unternehmen, die nicht an den privatrechtlich organisierten Schlichtungsstellen teilnehmen, muss sich der Verbraucher erst durch sämtliche Listen dieser Schlichtungsstellen arbeiten, um herauszufinden, dass für ihn die behördliche Auffangstelle zuständig ist.

12. Zu Artikel 1 Nummer 3 (§ 57a Absatz 3 Satz 1a - neu - LuftVG)*

In Artikel 1 Nummer 3 ist nach § 57a Absatz 3 Satz 1 folgender Satz einzufügen:

"Der Anspruch auf die Gebühr entsteht mit Eingang des Schlichtungsantrags."

Begründung:

Wenn man annimmt, dass nach § 57b Absatz 2 Satz 2 LuftVG-E auch eine nach Antragstellung erhobene negative Feststellungsklage den Schlichtungsantrag unzulässig macht und damit eine inhaltliche Befassung der Schlichtungsstelle mit der zugrunde liegenden Streitigkeit verhindert, sollte dies den Gebührenanspruch der Schlichtungsstelle nicht entfallen lassen. Die Gebührenregelung in § 57a Absatz 3 LuftVG-E nimmt auf das Schlichtungsverfahren als Gebührentatbestand Bezug und könnte daher möglicherweise so verstanden werden, dass nur die vollständige Durchführung der Schlichtung mit einer materiellen Empfehlung der Schlichtungsstelle eine Gebührenpflicht auslöst. Dies erschiene jedoch unbillig, da der zwischenzeitlich entstandene Aufwand der Schlichtungsstelle nicht vergütet würde und sich das Luftfahrtunternehmen unter Umständen durch Erhebung einer negativen Feststellungsklage seiner Zahlungsverpflichtung gegenüber der Schlichtungsstelle entziehen könnte. Daher sollte im Gesetzestext klargestellt werden, dass das Recht zur Gebührenerhebung bereits mit Antragstellung entsteht.

13. Zu Artikel 1 Nummer 3 (§ 57a Absatz 6 - neu - LuftVG)*

In Artikel 1 Nummer 3 ist dem § 57a folgender Absatz 6 anzufügen:

(6) Die an der behördlichen Schlichtung beteiligten Luftfahrtunternehmen sind verpflichtet, leicht und unmittelbar auffindbar sowie deutlich sichtbar auf ihrer Internetseite, in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen und in Geschäftsbriefen, die an einen Fluggast gerichtet werden, sowie in den Reiseunterlagen auf die für sie zuständige Schlichtungsstelle und im Falle von bei ihnen eingehenden Beschwerden von Fluggästen auf die Möglichkeit eines Schlichtungsverfahrens vor der zuständigen Schlichtungsstelle hinzuweisen."

Begründung:

Luftfahrtunternehmen, die an der behördlichen Schlichtung teilnehmen, sollten gesetzlich verpflichtet sein, ebenso auf die für sie zuständige (nach § 57c Satz 1 Nummer 1 LuftVG-E bestimmte) Schlichtungsstelle hinzuweisen wie die Luftfahrtunternehmen, welche an einer privatrechtlich organisierten Schlichtung teilnehmen. Damit kann den durch die vorgesehene Aufsplitterung der Zuständigkeiten der Schlichtungsstellen entstehenden Unsicherheiten und Ungewissheiten für den Verbraucher Rechnung getragen werden.

14. Zu Artikel 1 Nummer 3 (§ 57a Absatz 6 - neu - LuftVG)**

In Artikel 1 Nummer 3 ist dem § 57a folgender Absatz 6 anzufügen:

(6) Die an der behördlichen Schlichtung beteiligten Luftfahrtunternehmen sind verpflichtet, in geeigneter Weise auf ihrer Internetseite, in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen und in Geschäftsbriefen, die an einen Fluggast gerichtet werden, sowie in den Reiseunterlagen auf die für sie zuständige Schlichtungsstelle und im Falle von bei ihnen eingehenden Beschwerden von Fluggästen auf die Möglichkeit eines Schlichtungsverfahrens vor der zuständigen Schlichtungsstelle hinzuweisen."

Begründung:

Luftfahrtunternehmen, die an der behördlichen Schlichtung teilnehmen, sollten gesetzlich verpflichtet sein, ebenso auf die für sie zuständige (nach § 57c Satz 1 Nummer 1 LuftVG-E bestimmte) Schlichtungsstelle hinzuweisen wie die Luftfahrtunternehmen, welche an einer privatrechtlich organisierten Schlichtung teilnehmen. Damit kann den durch die vorgesehene Aufsplitterung der Zuständigkeiten der Schlichtungsstellen entstehenden Unsicherheiten und Ungewissheiten für den Verbraucher Rechnung getragen werden.

15. Zu Artikel 1 Nummer 3 ( § 57b Absatz 1 LuftVG)

In Artikel 1 Nummer 3 ist § 57b Absatz 1 wie folgt zu fassen:

(1) Die Streitigkeiten nach den §§ 57 und 57a betreffen Ansprüche aus einer Luftbeförderung, die einem Verbraucher ( § 13 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) geschuldet wird."

Begründung:

Die Begrenzung der Zuständigkeit der Schlichtungsstelle auf bestimmte Rechtsverstöße, auf Zahlungsansprüche von bis zu 5 000 Euro und auf Verbraucherstreitigkeiten sollte gestrichen werden.

Wichtige und praktisch häufige Fallkonstellationen bleiben bei dieser Definition ausgeschlossen, etwa Streitigkeiten über fehlerhafte Internetbuchungen, über Stornogebühren oder Cross Ticketing. Aus Verbrauchersicht wäre es nicht nachvollziehbar, wenn solche Fälle von der Schlichtungsstelle abgewiesen würden.

Auch und insbesondere die Beschränkung auf einen Streitwert von 5 000 Euro ist nicht sinnvoll. Auch bei höheren Streitwerten kann die Schlichtung ein zielführendes Verfahren sein. Umgekehrt sind nicht alle Streitigkeiten unter 5 000 Euro einfach. Die Schlichtung ist ein freiwilliges Verfahren und kann jederzeit abgebrochen werden, ein Schlichterspruch muss nicht akzeptiert werden. Dies und § 57b Absatz 3 und 4 LuftVG-E bieten hinreichenden Schutz für den Verbraucher.

16. Zu Artikel 1 Nummer 3 (§ 57b Absatz 2 Satz 1 Nummer 5 LuftVG)

In Artikel 1 Nummer 3 ist in § 57b Absatz 2 Satz 1 Nummer 5 die Angabe "30" durch die Angabe "90" zu ersetzen.

Begründung:

Die vollumfängliche Ermittlung und Aufbereitung des einer Beschwerde zu Grunde liegenden Sachverhalts trägt wesentlich zu einer effizienten Beilegung von Rechtsstreitigkeiten zwischen Kunden und Luftfahrtunternehmen bei und führt tendenziell zur Reduzierung der Fälle, in denen eine Schlichtung notwendig wird. Hierfür ist es notwendig, dass alle im Luftfahrtunternehmen beteiligten Organisationseinheiten ihre Arbeit zügig, aber auch mit der gebotenen Sorgfalt vornehmen.

Die im Gesetzentwurf vorgeschlagene Regulierungsfrist von 30 Tagen ist im Normalfall kaum und bei schweren Unregelmäßigkeiten mit einer großen Anzahl von Betroffenen, beispielsweise auf Grund extremer Witterungsbedingungen und Sperrungen des Luftraums, gar nicht erreichbar. Eine derart kurze Frist würde die Gefahr qualitativ unzureichender Antworten mit geringer befriedender Wirkung mit sich bringen.

Als Indiz, dass die im Gesetzentwurf vorgesehene Frist zu kurz bemessen ist, kann auch die neue US-Fluggastrechteverordnung dienen: Sie sieht vor, dass auf Passagierbeschwerden binnen 60 Tagen eine substanzielle Antwort, jedoch keine abschließende Schadenbearbeitung erfolgen muss.

17. Zu Artikel 1 Nummer 3 (§ 57b Absatz 5 - neu - LuftVG)

In Artikel 1 Nummer 3 ist dem § 57b folgender Absatz 5 anzufügen:

(5) Die Schlichtungsstellen* nach § 57 Absatz 1 sind verpflichtet, der nach § 57c Satz 1 Nummer 1 bestimmten Bundesbehörde mindestens einmal jährlich folgende Daten mitzuteilen:

Die Schlichtungsstelle nach § 57a Absatz 1 erhebt die in Satz 1 Nummer 1 bis 10 genannten Daten mindestens einmal jährlich."

Begründung:

Um die Gewinnung einer zutreffenden Tatsachengrundlage für die Entscheidung über die Rücknahme oder den Widerruf der Anerkennung einer privatrechtlich organisierten Schlichtungsstelle zu erleichtern und eine effektive laufende Beaufsichtigung zu gewährleisten, sollten die Schlichtungsstellen verpflichtet werden, in regelmäßigen Abständen bestimmte Informationen an die jeweilige Aufsichtsbehörde mitzuteilen. Die genaue Ausgestaltung der betreffenden Informationspflichten orientiert sich bei den Nummern 1 bis 8 insoweit an Artikel 16 Absatz 2 des von der Kommission am 29. November 2011 vorgelegten Vorschlags für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Formen der alternativen Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2009/22/EG (Richtlinie über alternative Streitbeilegung), BR-Drs. 772/11. Die Nummern 9 und 10 dienen der Erlangung von Informationen zur Entscheidung über die Rücknahme oder den Widerruf der Anerkennung einer privatrechtlich organisierten Schlichtungsstelle. Durch die Daten der behördlichen Schlichtungsstelle wird eine Vergleichsgrundlage gewonnen.

Auch sollen die Daten dazu genutzt werden, die Effektivität und Qualität der Schlichtungsverfahren zu erfassen und zu evaluieren. Daher sind die Daten auch von der Schlichtungsbehörde nach § 57a LuftVG-E zu erheben.

18. Zu Artikel 1 allgemein

Der Bundesrat fordert deshalb die Bundesregierung auf, auf die Luftfahrtunternehmen einzuwirken, damit diese die freiwillige Schlichtungsstelle nach § 57 des Gesetzentwurfes gemeinsam mit der bereits bestehenden und überwiegend im Eisenbahnbereich tätigen Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (söp) betreiben.

Die Bundesregierung wird darüber hinaus gebeten, die im vorliegenden Gesetzentwurf verankerte behördliche Schlichtungsstelle für den Luftverkehr zu einer verkehrsträgerübergreifenden Schlichtungsstelle weiter zu entwickeln. Ebenso wie die Luftfahrtunternehmen hätten dann auch die Unternehmen im Eisenbahn-, Bus- oder Schiffsverkehr nicht mehr die Möglichkeit, sich durch eine Nichtbeteiligung an einer freiwilligen Schlichtungsstelle generell dem außergerichtlichen Schlichtungsverfahren zu entziehen. Für die Verbraucherinnen und Verbraucher würde dadurch gewährleistet, dass alle Reisenden die Möglichkeit hätten, bei Problemen mit Verkehrsunternehmen eine Schlichtungsstelle anrufen zu können.

Begründung zu Buchstabe c (nur gegenüber dem Plenum):

Aus Verbrauchersicht nachteilig an dem Modell der behördlichen Schlichtung ist, dass sich voraussichtlich zwei getrennte Schlichtungsverfahren etablieren werden. Dies macht das Schlichtungsverfahren unübersichtlich und stellt für die Einheitlichkeit der Schlichtungspraxis ein Risiko dar.

Die Fluggesellschaften sollten deshalb verpflichtet werden, an dem Schlichtungsverfahren vor der privatrechtlich organisierten Schlichtungsstelle teilzunehmen. Eine zusätzliche behördliche Schlichtungsstelle würde dadurch entbehrlich. Der § 111b Absatz 1 Satz 2 des Energiewirtschaftsgesetzes sieht ebendies für die Schlichtungsstelle Energie vor. Die Freiwilligkeit des Schlichtungsverfahrens würde auf diese Weise nicht anders eingeschränkt als es der derzeitige Entwurf vorsieht, bei dem die Unternehmen letztlich dann an einer Schlichtung der behördlichen Schlichtungsstelle teilnehmen.

19. Zu Artikel 1a - neu - (§ 204 Absatz 1 Nummer 4 Halbsatz 1 BGB)

Nach Artikel 1 ist folgender Artikel 1a einzufügen:

'Artikel 1a

Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs

§ 204 Absatz 1 Nummer 4 Halbsatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt gefasst:

"4. die Veranlassung der Bekanntgabe des Güte- oder Schlichtungsantrags, der bei einer durch eine Bundes- oder Landesbehörde eingerichteten oder anerkannten Güte- oder Schlichtungsstelle oder, wenn die Parteien den Einigungsversuch einvernehmlich unternehmen, bei einer sonstigen Güte- oder Schlichtungsstelle, die Streitbeilegungen betreibt, eingereicht ist;" '

Begründung:

Aus Gründen der Rechtssicherheit und der effektiven Rechtsdurchsetzung bedarf es einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung, ob und wann während des Schlichtungsverfahrens Verjährungshemmung hinsichtlich des geltend gemachten Anspruchs eintritt.

Insbesondere in Fällen, in denen der Antragsgegner eine inhaltliche Beteiligung am Schlichtungsverfahren ablehnt und schlichtweg überhaupt nicht reagiert, besteht die Gefahr, dass Ansprüche des Antragstellers verjähren. Die Voraussetzungen des Hemmungstatbestandes des § 203 BGB (schwebende Verhandlungen) sind in derartigen Fällen regelmäßig nicht erfüllt, weil die für § 203 BGB notwendige Bekundung der Bereitschaft zum Meinungsaustausch der Beteiligten nicht vorliegt.

Von § 204 BGB (Hemmung der Verjährung durch Rechtsverfolgung) ist das Schlichtungsverfahren noch nicht erfasst, da es sich weder um ein schiedsrichterliches Verfahren (§ 204 Absatz 1 Nummer 11 BGB) handelt, noch die Schlichtungsstellen in jeder denkbaren Konstellation unter die Tatbestände der Nummer 4 fallen. Erforderlich ist deshalb die ausdrückliche Einfügung eines auf das Schlichtungsverfahren zugeschnittenen Hemmungstatbestandes in der thematisch nahen Nummer 4. Zugunsten des Verbraucherschutzes und zur Förderung der außergerichtlichen Streitbeilegungsverfahren besteht die Notwendigkeit, auch dann, wenn sich der Gegner eines Schlichtungsantrags durch Nichtbeteiligung entziehen will und sein Einvernehmen verweigert, eine verjährungshemmende Wirkung anzuordnen. Er sollte durch seine Verweigerungshaltung nicht den Vorteil der Verhinderung der Verjährungshemmung gegenüber dem mitwirkenden Gegner erlangen. Außerdem ist kein Grund ersichtlich, lediglich Anträge bei Schlichtungsstellen nach dem Luftverkehrsgesetz mit verjährungshemmender Wirkung auszustatten und Anträge bei anderen behördlich eingerichteten oder anerkannten Schlichtungsstellen nicht. Deshalb werden alle entsprechenden Schlichtungsstellen in den Regelungsvorschlag miteinbezogen.

In Anlehnung an Nummer 4, in der auf die Veranlassung der Bekanntgabe des Antrags als Hemmungsakt im engeren Sinne abgestellt wird, sollte auch beim Schlichtungsverfahren auf diese nach außen erkennbare Dokumentation des Rechtsverfolgungswillens des Gläubigers abgestellt werden. Denn da eine formlose Bekanntgabe des Schlichtungsantrags an das betroffene Luftfahrtunternehmen möglich ist, ist es sachgerecht, auf das - aktenmäßig nachprüfbare - Vorgehen der Schlichtungsstelle abzustellen, also auf deren Veranlassung der Bekanntgabe des Schlichtungsantrags. Der Vorteil dieser Regelung für den Fluggast liegt vor allem darin, dass das Luftfahrtunternehmen die Verjährungshemmung nicht durch das Bestreiten, die Mitteilung der Schlichtungsstelle inklusive des Schlichtungsantrags erhalten zu haben, verhindern kann. Außerdem führt die bereits in § 204 Absatz 1 Nummer 4 Halbsatz 2 BGB vorhandene Regelung zur Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Einreichung des Antrags dazu, dass der Fluggast nicht das Risiko verzögerlicher Bearbeitung durch die Schlichtungsstelle trägt.

20. Zum Gesetzentwurf allgemein

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, ergänzend zu dem vorgelegten Gesetzentwurf eine Änderung des materiellen Rechts zu prüfen. Insbesondere sollte sich die Bundesregierung auf europäischer Ebene für Präzisierungen und Verbesserungen der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 vom 11. Februar 2004 (ABl. L 46 vom 17.2.2004, S. 1) hinsichtlich folgender Punkte einsetzen:

Begründung:

Es wäre zwar zu begrüßen, wenn die Zahl der gerichtlichen Verfahren, die Flugverspätungen, Annullierungen oder Gepäckschäden betreffen, durch Einführung einer privatrechtlichen und behördlichen Schlichtung in nennenswertem Umfang reduziert und wenn entsprechende Streitigkeiten für alle Beteiligten mit zufriedenstellendem Ergebnis auf außergerichtlichem Wege abgeschlossen werden könnten. Allerdings weist die gerichtliche Praxis darauf hin, dass die Einschätzung der Begründung des Gesetzentwurfs nicht zutrifft, dass eine Vielzahl der Verfahren einfach zu beurteilen ist. Gerichtsverfahren werden, begünstigt durch eine häufig unklare materielle Rechtslage, nach Berichten aus der gerichtlichen Praxis seitens der Luftfahrtunternehmen derzeit "höchst streitig" geführt. Nur durch eine Verbesserung des materiellen Rechts können der Verbraucherschutz in diesem Bereich verstärkt und die Gerichte effektiv entlastet werden.

Formulierungen des einschlägigen materiellen Rechts, insbesondere der Verordnung (EG) Nr. 261/2004, provozieren Einwände und führen zu komplexem Sachvortrag der Parteien. Das gilt beispielsweise für das auslegungsbedürftige Merkmal der "außergewöhnlichen Umstände", unter denen das Luftfahrtunternehmen nach Artikel 5 Absatz 3 EU-FlugVO von Ausgleichszahlungen befreit ist, aber auch für die Abgrenzung zwischen den unterschiedlichen Rechtsfolgen von Annullierung und Verspätung.

Der Europäische Gerichtshof hat zwar bereits 2009 entschieden (EuGH, Urteil vom 19. November 2009, C-402/07 und C-432/07), dass die Fluggäste verspäteter Flüge bezüglich des Ausgleichsanspruchs den Fluggästen annullierter Flüge gleichgestellt werden können, wenn sie wegen eines verspäteten Fluges einen Zeitverlust von drei Stunden oder mehr erleiden. Diese Entscheidung wird jedoch von anderen Gerichten in Frage gestellt, weshalb die Rechtslage nach wie vor als ungeklärt angesehen und nicht selten auch die internationale Zuständigkeit bestritten wird.

Der EuGH-Entscheidung ist auch zu entnehmen, dass ein technisches Problem, das zur Annullierung oder Verspätung eines Fluges führt, unter bestimmten Voraussetzungen unter den Begriff "außergewöhnliche Umstände" fallen kann. Das soll dann gelten, wenn das Problem auf Vorkommnisse zurückgeht, "die aufgrund ihrer Natur oder Ursache nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betroffenen Luftfahrtunternehmens sind und von ihm tatsächlich nicht zu beherrschen sind". Es liegt nahe, dass Flugunternehmen Flugverspätungen mit solchen außergewöhnlichen, nicht beherrschbaren "technischen Problemen" erklären, obwohl grundsätzlich das Luftfahrtunternehmen nach einem Erwerb des Flugtickets für die rechtzeitige, planmäßige Beförderung Sorge tragen müsste und technisch notwendige Routinereparaturen an Flugzeugen nicht als Fall "höherer Gewalt" einzustufen sind.

Abhilfe kann insoweit nur durch eine Änderung des materiellen Rechts geschaffen werden.

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