Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Schlichtung im Luftverkehr

A. Problem und Ziel

Seit dem Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 (ABl. L 46 vom 17.2.2004, S. 1) am 17. Februar 2005 werden zunehmend aus ihr resultierende Ansprüche von Fluggästen wegen der Nichtbeförderung (Überbuchung), Annullierung und Verspätung von Flügen geltend gemacht. Das Luftfahrt-Bundesamt ist zwar als Beschwerde- und Durchsetzungsstelle nach Artikel 16 der Verordnung eingesetzt. Es kann indes nicht Vorschläge zur Regulierung zivilrechtlicher Ansprüche unterbreiten. Diese Ansprüche werden daher in immer größerer Anzahl vor die Zivilgerichte gebracht. Soweit es sich dabei um Zahlungsansprüche auf Erstattung des Flugpreises, auf pauschalierte Ausgleichsleistungen oder auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung von Betreuungsleistungen nach der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 handelt, sind dies im Allgemeinen in größerer Anzahl auftretende, inhaltlich oft ähnliche und einfach zu beurteilende Sachverhalte mit vergleichsweise geringen Streitwerten. Gleiches gilt für andere Ersatzansprüche von Fluggästen, etwa wegen Gepäckschäden. Diese Ansprüche eignen sich daher besonders für eine außergerichtliche Streitbeilegung, die in einem schnellen und kostengünstigen Verfahren zur Erfüllung berechtigter Verbraucheransprüche führen kann, die den Luftfahrtunternehmen - eher als ein streitiges Klageverfahren - eine Kundenbindung ermöglicht und die die Gerichte entlastet.

Gleichwohl haben sich die Luftfahrtunternehmen an den bestehenden Schlichtungsmöglichkeiten bisher grundsätzlich nicht beteiligt.

B. Lösung

In Umsetzung des Koalitionsvertrages soll daher - orientiert an den Vorbildern im Versicherungs- ( § 214 des Versicherungsvertragsgesetzes) und Bankenbereich ( § 14 des Unterlassungsklagengesetzes) - eine Schlichtung im Luftverkehr auf eine gesetzliche Grundlage gestellt werden. Diese setzt zunächst auf die Freiwilligkeit der Teilnahme an einer Schlichtung durch die Möglichkeit, privatrechtlich organisierte Einrichtungen als Schlichtungsstellen anzuerkennen. Die im Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft e.V. (BDL) zusammengeschlossenen deutschen Luftfahrtunternehmen und die in dem Board of Airline Representatives in Germany e.V. (BARIG) organisierten ausländischen Luftfahrtunternehmen haben sich nach Gesprächen mit der Bundesregierung zu einer freiwilligen Teilnahme an einer Schlichtung durch eine privatrechtlich organisierte Schlichtungsstelle bereit gefunden. Ist auch die sich in der freiwilligen Teilnahme ausdrückende Akzeptanz durch die Luftfahrtunternehmen für den Erfolg einer Schlichtung essentiell, so soll aber ebenso den Fluggästen nicht freiwillig teilnehmender Luftfahrtunternehmen mit der in diesem Gesetzentwurf vorgesehenen Möglichkeit zur Anrufung einer behördlichen Schlichtungsstelle ein verbesserter Verbraucherschutz ermöglicht werden. Damit gibt die Bundesregierung zugleich ihrer Erwartung Ausdruck, dass auch die an einer behördlichen Schlichtung teilnehmenden Luftfahrtunternehmen die Vorteile einer Schlichtung noch erkennen werden.

Die Möglichkeit für Fluggäste und Luftfahrtunternehmen, die Zivilgerichte anzurufen, bleibt durch die Schlichtung unberührt.

C. Alternativen

Keine.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Keine.

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Für Bürgerinnen und Bürger entsteht ein geringer zusätzlicher Erfüllungsaufwand durch die Antragstellung bei den privatrechtlich organisierten Schlichtungsstellen oder der behördlichen Schlichtungsstelle. Zugleich werden aber Gerichtsverfahren und die daraus resultierenden Kosten und der Zeitaufwand vermieden, so dass der zu erwartende zusätzliche Aufwand mehr als kompensiert wird.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Der Wirtschaft entsteht zusätzlicher Erfüllungsaufwand durch die Errichtung privatrechtlich organisierter Schlichtungsstellen bzw. dem Beitritt zu einer bereits bestehenden Schlichtungsstelle. Die Errichtungskosten für eine Schlichtungsstelle werden auf rund 22 000 Euro geschätzt. Der jährliche Erfüllungsaufwand der vorgenannten Stelle, welcher sich hauptsächlich aus Personalkosten zusammensetzt, beträgt etwa 1,2 Millionen Euro.

Davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten:

Es werden drei neue Informationspflichten für die vorgenannte Stelle eingeführt, die Bürokratiekosten in Höhe von rund 6 000 Euro jährlich auslösen.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Es entsteht zusätzlicher Erfüllungsaufwand auf Bundesebene durch die Errichtung einer behördlichen Schlichtungsstelle. Der Mehrbedarf an Sach- und Personalmitteln in voraussichtlicher Höhe von 377 000 Euro soll vollständig durch die Erhebung einer Schlichtungsgebühr finanziert werden. Für Länder und Kommunen entsteht kein zusätzlicher Erfüllungsaufwand. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass durch die Schlichtungsverfahren die Zivilgerichte erheblich entlastet und derzeit nicht quantifizierbare Einsparungen durch die Vermeidung von Klageverfahren erzielt werden können.

F. Weitere Kosten

Auf die Luftfahrtunternehmen kommen durch die Finanzierung privatrechtlich organisierter Schlichtungsstellen bzw. durch die zu zahlenden Gebühren für ein Schlichtungsverfahren bei einer privatrechtlich organisierten Schlichtungsstelle oder bei einer Bundesbehörde finanzielle Mehrbelastungen zu. Kostenüberwälzungen, die zu einer nicht quantifizierbaren Erhöhung von Einzelpreisen führen, sind unwahrscheinlich, können aber nicht völlig ausgeschlossen werden. Auswirkungen auf das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, sind jedoch nicht zu erwarten. Da durch die Schlichtung Gerichtsverfahren und die daraus resultierenden Kosten vermieden werden und die beteiligten Luftfahrtunternehmen bei der behördlichen Schlichtung eine kostendeckende Gebühr zahlen müssen, dürfte das Gesetz eine Kostenkompensation zur Folge haben.

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Schlichtung im Luftverkehr

Bundesrepublik Deutschland
Berlin, den 10. August 2012
Die Bundeskanzlerin

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Horst Seehofer

Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf eines Gesetzes zur Schlichtung im Luftverkehr mit Begründung und Vorblatt.

Federführend ist das Bundesministerium der Justiz.
Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Absatz 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel
Fristablauf: 21.09.12

Entwurf eines Gesetzes zur Schlichtung im Luftverkehr

Vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Luftverkehrsgesetzes

Das Luftverkehrsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. Mai 2007 (BGBl. I S. 698), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 8. Mai 2012 (BGBl. I S. 1032) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. Die Inhaltsübersicht wird wie folgt geändert:

2. Die Überschrift des Zweiten Abschnitts wird wie folgt gefasst:

"Zweiter Abschnitt Haftpflicht und Schlichtung".

3. § 57 wird durch folgenden 5. Unterabschnitt ersetzt:

"5. Unterabschnitt
Schlichtung

§ 57 Privatrechtlich organisierte Schlichtung

§ 57a Behördliche Schlichtung

§ 57b Gemeinsame Vorschriften

§ 57c Verordnungsermächtigungen

Das Bundesministerium der Justiz regelt im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf:

Die Rechtsverordnung kann auch weitere Anforderungen an die Schlichtungsstelle und an das von ihr zu gewährleistende Verfahren nach § 57 Absatz 2 regeln; durch Rechtsverordnung können auch die Beträge nach § 57b Absatz 1 und Absatz 2 Satz 1 Nummer 6 an die allgemeine Preissteigerungsrate angepasst werden, wenn diese gegenüber den Beträgen bei Inkrafttreten dieses Gesetzes oder bei der letzten Anpassung 10 Prozent übersteigt."

4. Dem § 72 wird folgender Absatz 4 angefügt:

(4) Der durch das Gesetz zur Schlichtung im Luftverkehr vom ...[einsetzen: Datum und Fundstelle dieses Gesetzes] eingefügte 5. Unterabschnitt des Zweiten Abschnitts gilt nicht für Ansprüche, die vor dem ... [einsetzen: Tag des Inkrafttretens dieses Gesetzes nach Artikel 2 Absatz 2] entstanden sind."

Artikel 2
Inkrafttreten

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Ziel des Gesetzentwurfs

Für Verbraucheransprüche, die in größerer Zahl geltend gemacht werden, denen ähnliche Sachverhalte zugrunde liegen, deren Beurteilung in der Regel einfach und deren Streitwert eher gering ist, hat sich in den letzten Jahren in vielen Branchen eine außergerichtliche Streitbeilegung durch Schlichtungsstellen bewährt. Diese existieren, ohne dass es dafür eine gesetzliche Grundlage gibt, auf der Basis einer freiwilligen Einrichtung von Unternehmen desselben Wirtschaftszweiges (etwa die "Reiseschiedsstelle" für im Internet gebuchte Reisen). Zuweilen hat eine solche Schlichtung aber auch eine gesetzliche Grundlage, wobei deren Ausgestaltung unterschiedlich ist: Für Fahrgastrechte im Eisenbahnverkehr werden die Anforderungen an eine private Schlichtungsstelle in § 37 der Eisenbahnverkehrsordnung (EVO) gesetzlich normiert. Für Ansprüche aus dem Versicherungsverhältnis ist in § 214 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) außerdem eine behördliche Anerkennung einer privaten Schlichtungsstelle vorgesehen. Für Rechte von Bankkunden besteht nach § 14 des Unterlassungsklagengesetzes (UKlaG) eine behördliche Schlichtung (zur Deutschen Bundesbank), von der zugunsten von privat eingerichteten und anerkannten Schlichtungsstellen dispensiert werden kann. Gleiches gilt nach den §§ 47a, 51 des Telekommunikationsgesetzes (TKG) für Streitigkeiten aus dem Bereich der Telekommunikation, für welche die Schlichtung allerdings uneingeschränkt einer Behörde, der Bundesnetzagentur, obliegt. Für Streitigkeiten zwischen Rechtsanwälten und Mandanten bestehen Schlichtungsmöglichkeiten sowohl bei der Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft, die bei der Bundesrechtsanwaltskammer errichtet worden ist (§ 191f der Bundesrechtsanwaltsordnung - BRAO), als auch bei den örtlichen Rechtsanwaltskammern (§ 73 Absatz 2 Nummer 3 BRAO).

Auch von Fluggästen werden Verbraucheransprüche in größerer Zahl und mit ähnlichen Sachverhalten geltend gemacht. Sie sind oft einfach zu beurteilen und haben regelmäßig einen eher geringen Streitwert. Damit sind auch diese Ansprüche grundsätzlich für eine außergerichtliche Schlichtung geeignet. Diese ermöglicht den Verbrauchern eine schnelle und im Allgemeinen kostenlose Streitbeilegung. Aber auch für die Luftfahrtunternehmen ist eine schnelle Streitbeilegung vorteilhaft, die selbst dann noch gegenüber dem Kostenrisiko und dem Personaleinsatz einer gerichtlichen Entscheidung vorzugswürdig ist, wenn das Unternehmen - wie regelmäßig - die Kosten der Streitschlichtung zu tragen hat. Darüber hinaus ermöglicht sie - eher als eine streitige Entscheidung - den Unternehmen, den Kunden weiterhin an sich zu binden.

Dies gilt vorrangig für diejenigen Ansprüche von Fluggästen, die auf Geld gerichtet sind und wegen Nichtbeförderung (Überbuchung), Annullierung oder Verspätung von Flügen geltend gemacht werden. Dies gilt aber auch für Ansprüche wegen Reise- und Handgepäckschäden oder für Ansprüche im Zusammenhang mit der Beförderung behinderter oder mobilitätseingeschränkter Personen.

Soweit diese Ansprüche aus der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 resultieren, ist das Luftfahrt-Bundesamt als Beschwerde- und Durchsetzungsstelle nach Artikel 16 dieser Verordnung eingesetzt. In den vergangenen Jahren seit Inkrafttreten der Verordnung haben sich jährlich durchschnittlich etwa 3 000 Passagiere mit Beschwerden dorthin gewandt. Dem Luftfahrt-Bundesamtes stehen bei Nichterfüllung der zivilrechtlichen Ansprüche von Fluggästen aus dieser Verordnung die Mittel des Ordnungswidrigkeitenrechts zur Verfügung. Eine Schlichtung der zivilrechtlichen Ansprüche zwischen Fluggästen und Luftfahrtunternehmen erfolgt jedoch durch das Luftfahrt-Bundesamt nicht. Eine solche Schlichtung haben bisher die beim Verkehrsclub Deutschland e.V. (VCD) eingerichtete Schlichtungsstelle Mobilität bis zu ihrer Auflösung am 30. November 2009 und seitdem die unternehmensgetragene Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e.V. (söp) angeboten. Anders als die Bahnunternehmen haben die Luftfahrtunternehmen die Teilnahme an einer solchen Schlichtung bisher indes ganz überwiegend abgelehnt.

In anderen europäischen Ländern sind Schlichtungsstellen speziell für die Rechte von Fluggästen im Luftverkehr eingerichtet, etwa im Vereinigten Königreich oder in Norwegen, oder Fluggastansprüche fallen in die Zuständigkeit von Schlichtungsstellen, die allgemein für Verbraucheransprüche eingerichtet worden sind, etwa in Schweden, Dänemark, Finnland, Estland oder Lettland (Isermann/Berlin, RRa 2010, 207, 210). Dies entspricht auch der Förderung außergerichtlicher Streitbeilegung in den Mitgliedstaaten, wie sie von der EU-Kommission mit der Empfehlung 98/257/EG vom 30. März 1998 betreffend die Grundsätze für Einrichtungen, die für die außergerichtliche Beilegung von Verbraucherrechtsstreitigkeiten zuständig sind (ABl. L 115 vom 17.4.1998, S. 31), und der Empfehlung 2001/31/EG über die Grundsätze für an der einvernehmlichen Beilegung von Verbraucherstreitigkeiten beteiligte außergerichtliche Einrichtungen vom 4. April 2001 (ABl. L 109 vom 19.4.2001, S. 56) angestrebt wird.

Vor diesem Hintergrund hat die Bundesregierung sich im Koalitionsvertrag vom 26. Oktober 2009 zum Ziel gesetzt, eine unabhängige, verkehrsträgerübergreifende Schlichtungsstelle für die Verkehrsträger Bus, Bahn, Flug und Schiff gesetzlich zu verankern sowie die Rechte von Bahnkunden und Fluggästen zu überprüfen und ggf. zu verbessern. Die aus Anlass der Neuregelung der Fahrgastrechte im Eisenbahnverkehr gegründete Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e.V. (söp) hat sich zu einer wichtigen Anlaufstelle für Fahrgäste im Landverkehr entwickelt. Gesetzgeberischer Handlungsbedarf ist insoweit nicht erkennbar. Für den Verkehrsträger Flug erscheint dagegen aus den oben genannten Gründen gesetzgeberischer Handlungsbedarf gegeben. Daher soll für diesen Verkehrsträger eine gesonderte Regelung getroffen werden: Eine gesetzliche Verankerung wird durch Einfügung eines neuen Unterabschnitts "Schlichtung" (§§ 57 bis 57c) in den Zweiten Abschnitt des Luftverkehrsgesetzes geschaffen.

Da die Vorteile einer Schlichtung für den Verbraucher dann am größten sind, wenn die Schlichtung die grundsätzliche Akzeptanz der Beteiligten findet, hat die Bundesregierung sowohl mit den deutschen als auch mit den ausländischen Luftfahrtunternehmen intensive Gespräche mit dem Ziel geführt, die Unternehmen für eine Teilnahme an einer freiwilligen, unternehmensgetragenen Schlichtung zu gewinnen. Im Zuge dieser Gespräche haben sich die im Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft e.V. (BDL) organisierten deutschen Luftfahrtunternehmen zu einer freiwilligen Teilnahme an einem privaten Schlichtungsverfahren bereit erklärt. Sodann konnten auch die ausländischen, in dem Board of Airline Representatives in Germany e.V. (BARIG) organisierten Luftfahrtunternehmen für eine Teilnahme an einer freiwilligen, unternehmensgetragenen Schlichtung gewonnen werden. In Deutschland tätige Luftfahrtunternehmen, die sich einer solchen Schlichtung nicht anschließen, sollen einer gesetzlichen Schlichtung bei einer Behörde unterstellt werden, so dass auch insoweit eine Möglichkeit zur Verbesserung des Verbraucherschutzes geschaffen wird. Dies geschieht insbesondere in der Erwartung, dass diese Unternehmen im Zuge der Schlichtung die Vorteile für ihr eigenes Unternehmen erkennen, sich einer Schlichtung nicht generell verweigern und sich zu einem späteren Zeitpunkt zur Teilnahme an einer freiwilligen, unternehmensgetragenen Schlichtung bereit finden werden.

Die Einleitung eines Schlichtungsverfahrens hat auf die Einleitung oder Fortsetzung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens beim Luftfahrt-Bundesamt nach § 108 Absatz 2 der Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung (LuftVZO) und § 58 Absatz 1 Nummer 13 des Luftverkehrsgesetzes (LuftVG) keinen unmittelbaren Einfluss. Das Ordnungswidrigkeitenrecht sieht aber in § 47 Absatz 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) eine Opportunitätsregelung vor. Danach liegt die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten im pflichtgemäßen Ermessen der Verfolgungsbehörde. Sie kann daher davon absehen, während eines Schlichtungsverfahrens ein Bußgeldverfahren wegen Ordnungswidrigkeiten nach § 108 Absatz 2 LuftVZO und § 58 Absatz 1 Nummer 13 LuftVG einzuleiten oder fortzuführen, wenn das Schlichtungsverfahren für das Bußgeldverfahren Bedeutung hat, und sie kann das Bußgeldverfahren auch - abhängig vom Ausgang des Schlichtungsverfahrens - einstellen. Die Bundesregierung geht davon aus, dass in diesen Fällen in der Praxis regelmäßig so verfahren wird.

Am 29. November 2011 hat die EU-Kommission einen Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Formen der alternativen Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2009/22/EG beschlossen und am 1. Dezember 2011 vorgelegt (Ratsdokument 17795/11+ADD 1 und 2; Kommissionsdokument KOM (2011) 793 endg.; BR-Drs. 772/11 (PDF) ). Nach dem Anwendungsbereich des Vorschlags sind auch Verbraucheransprüche im Luftverkehr von ihm betroffen, soweit sie auf vertraglicher Grundlage bestehen. Dies ist bei den mit diesem Gesetzentwurf der Schlichtung im Luftverkehr unterstellten Ansprüchen teilweise der Fall. Inhaltlich folgt der Vorschlag der EU-Kommission im Wesentlichen den zuvor genannten Empfehlungen der EU-Kommission aus den Jahren 1998 und 2001, wie dies auch dieser Gesetzentwurf unternimmt. Die sachlichen Beratungen zu dem Kommissionsvorschlag in den Gremien der Europäischen Union haben erst begonnen. Ob die Richtlinie letztlich beschlossen wird, welchen Anwendungsbereich sie haben wird, d.h. ob ihr auch die von diesem Gesetzentwurf erfassten Ansprüche unterfallen werden, und wie die Regelungen zur Schlichtung inhaltlich gestaltet werden, ist noch offen. Die Bundesregierung wird die weiteren Beratungen beobachten und die Umsetzung sich hieraus für diesen Gesetzentwurf im laufenden Gesetzgebungsverfahren eventuell ergebenden Anpassungsbedarfs anregen.

II. Wesentlicher Inhalt des Gesetzentwurfs

Die mit diesem Gesetzentwurf vorgeschlagene Schlichtung von Fluggastansprüchen orientiert sich an der Schlichtung von Verbraucheransprüchen im Versicherungsbereich ( § 214 VVG). Es werden freiwillige, privatrechtlich organisierte Schlichtungen in den Vordergrund gestellt (§ 57). Schlichtungsstellen können durch die Bundesregierung anerkannt werden, wenn sie bestimmte, insbesondere an ihre Kompetenz und Unabhängigkeit zu stellende Anforderungen erfüllen. Auch eine verkehrsträgerübergreifende Schlichtungsstelle kann anerkannt werden. Fluggäste können sich an eine Schlichtungsstelle wenden, wenn sie von einem Luftfahrtunternehmen befördert wurden oder befördert werden sollten, das an der Schlichtung durch diese Schlichtungsstelle teilnimmt. Wird keine private Einrichtung als Schlichtungsstelle anerkannt oder sind Ansprüche betroffen, die sich gegen ein nicht an einer solchen Schlichtung teilnehmendes Luftfahrtunternehmen richten, soll nach dem Gesetzentwurf eine Schlichtungsstelle angerufen werden können, die bei einer Bundesbehörde eingerichtet werden soll (§ 57a).

Als typisches Instrument zur schnellen und kostengünstigen Realisierung von Verbraucherrechten soll eine Schlichtung nur wegen Ansprüchen aus einer Luftbeförderung begehrt werden können, die einem Verbraucher geschuldet wird (§ 57b Absatz 1 Satz 1). Luftbeförderungen aufgrund von Beförderungsverträgen, die mit Unternehmen oder Behörden geschlossen werden, sollen nicht Gegenstand einer Schlichtung sein. Ob der anspruchsberechtigte Fluggast selbst Vertragspartner ist, ist unerheblich. Geschlichtet werden sollen auch nur solche Ansprüche, die sich gegen ein Luftfahrtunternehmen richten; ob dieses auch vertraglich mit dem Fluggast verbunden ist, ist unerheblich. Umgekehrt sollen solche Ansprüche nicht geschlichtet werden, die sich gegen den Vertragspartner des Fluggastes richten, wenn dieser nicht Luftfahrtunternehmen ist. Dies betrifft insbesondere Pauschalreiseveranstalter.

Der schnellen Streitbeilegung im Schlichtungsverfahren sollen auch nur solche Ansprüche unterfallen, die sich wegen ihres einfachen Streitgegenstands und ihrer begrenzten

Streitwerte für dieses Verfahren besonders eignen. Daher sollen der Schlichtung grundsätzlich nur Zahlungsansprüche bis zu 5 000 Euro unterstellt werden (§ 57b Absatz 1 Satz 1), die aus typischerweise einfach zu beurteilenden Lebenssachverhalten folgen: Dies sind die Nichtbeförderung (Überbuchung), Annullierung und Verspätung von Flügen. Dies sind weiterhin die Schäden an Reise- und Handgepäck oder im Zusammenhang mit der Beförderung behinderter oder mobilitätseingeschränkter Personen. Auf den Rechtsgrund dieser Ansprüche kommt es nicht an. Ansprüche, die nicht auf Geld gehen, höhere Streitwerte haben oder individuellere Sachverhalte (z.B. Personenschäden) betreffen, sollen der gerichtlichen Klärung vorbehalten bleiben, solange die Luftfahrtunternehmen diese in der Verfahrensordnung nicht freiwillig der Schlichtung unterstellen (vgl. § 57b Absatz 1 Satz 2).

Die Schlichtung soll eine außergerichtliche Geltendmachung des Anspruchs gegenüber dem betroffenen Luftfahrtunternehmen nicht ersetzen. Im Gegenteil soll ihr zwingend eine Geltendmachung des Anspruchs gegenüber dem Luftfahrtunternehmen vorausgehen müssen. Nur wenn es nicht binnen 30 Tagen auf die Anspruchserhebung reagiert oder der Anspruch nicht erfüllt wird, soll eine Schlichtung eingeleitet werden können (§ 57b Absatz 2 Satz 1 Nummer 5). Weiterhin sollen nur solche Ansprüche geltend gemacht werden können, die in die Zuständigkeit deutscher Gerichte fallen (§ 57b Absatz 2 Satz 1 Nummer 1) und die nicht anderweitig zur Streitentscheidung anstehen, angestanden haben oder die bereits anderweitig erledigt sind (§ 57b Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 bis 4, Satz 2). Der Belastung der Schlichtungsstelle mit Bagatellfällen soll eine Anspruchsschwelle von 10 Euro vorbeugen (§ 57b Absatz 2 Satz 1 Nummer 6).

Soll die außergerichtliche Streitbeilegung im Wege der Schlichtung auch eine schnelle und kostengünstige Realisierung berechtigter und eine ebensolche Abwehr unberechtigter Ansprüche ermöglichen, so soll und muss jedoch sowohl für die Fluggäste als auch für die Luftfahrtunternehmen der Weg zu den ordentlichen Gerichten unverändert bestehen bleiben. Die Einleitung eines Schlichtungsverfahren ist weder Voraussetzung einer gerichtlichen Geltendmachung von Fluggastansprüchen, noch sind die Beteiligten an den Schlichtervorschlag gebunden (§ 57b Absatz 4).

III. Gesetzgebungskompetenz des Bundes

Gegenstand des Gesetzentwurfs ist die Anerkennung privatrechtlich organisierter Schlichtungsstellen und die Einrichtung einer behördlichen Schlichtung für Verbraucheransprüche im Luftverkehr. Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes hierfür ergibt sich aus Artikel 73 Absatz 1 Nummer 6 des Grundgesetzes (GG) und aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 1 und 11 GG.

Im Hinblick auf die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 11 GG ist eine bundesgesetzliche Regelung gemäß Artikel 72 Absatz 2 GG erforderlich. Eine bundeseinheitliche Regelung der Anerkennung von privatrechtlich organisierten Schlichtungsstellen sowie der Anforderungen, die Schlichtungsstellen erfüllen müssen, ist zur Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse erforderlich.

Ausbleibende oder unterschiedliche Regelungen durch die Landesgesetzgeber würden zu einer Rechtszersplitterung mit problematischen Folgen führen, die im Interesse sowohl des Bundes als auch der Länder nicht hingenommen werden kann. Insbesondere wäre zu befürchten, dass Grundprinzipien der Schlichtung, wie die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Schlichter oder die Vertraulichkeit des Schlichtungsverfahrens, nicht bundesweit gelten würden. Bei länderübergreifenden Schlichtungsverfahren könnte es sogar dazu führen, dass unterschiedliche Standards angewendet werden müssten. Dies wäre, vor allem aus Sicht der Fluggäste, nicht hinnehmbar.

IV. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen

Der Entwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen, die die Bundesrepublik Deutschland abgeschlossen hat, vereinbar.

V. Gesetzesfolgen

1. Nachhaltigkeitsaspekte

Der Gesetzentwurf berührt keine Aspekte einer nachhaltigen Entwicklung im Sinne der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie.

2. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Keine.

3. Erfüllungsaufwand

Es wird davon ausgegangen, dass insgesamt 6 500 Schlichtungen im Jahr durchzuführen sind. Diese Schätzung basiert auf Erfahrungswerten bezüglich der Verfahren des Luftfahrt-Bundesamtes (LBA) als Beschwerde- und Durchsetzungsstelle nach Artikel 16 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Aufgaben und Zuständigkeiten von Beschwerde- und Durchsetzungsstelle einerseits und Schlichtungsstellen andererseits. Dabei wurde berücksichtigt, dass die Schlichtungsstellen - anders als die Beschwerde- und Durchsetzungsstelle - eine Einigung über zivilrechtliche Ansprüche vermitteln können. Zudem werden die Schlichtungsstellen auch mit der außergerichtlichen Streitbeilegung bei Gepäckschäden betraut, während die Beschwerde- und Durchsetzungsstelle nur für Verfahren wegen der Verletzung von Pflichten aus der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 zuständig ist. Die Zahl der Schlichtungsverfahren wird daher- bezogen auf das einzelne Luftfahrtunternehmen - vermutlich über derjenigen der Beschwerde- und Durchsetzungsverfahren beim Luftfahrt-Bundesamt liegen. Nachdem die Schlichtungsstellen - anders als die Beschwerde- und Durchsetzungsstelle - aber nur Ansprüche von Verbrauchern schlichten werden, wird der dargestellte Mehreingang allerdings teilweise kompensiert.

Von den 6 500 Schlichtungen werden vermutlich mittelfristig 80 Prozent bzw. 5 200 Fälle privatrechtlich geschlichtet. Dem liegt zugrunde, dass sich sowohl die im Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft e.V. (BDL) organisierten deutschen Luftfahrtunternehmen als auch die im Board of Airline Representatives in Germany e.V. (BARIG) organisierten ausländischen Luftfahrtunternehmen bereit erklärt haben, freiwillig an der privatrechtlich organisierten Schlichtung teilzunehmen. Dementsprechend wird für die behördliche Schlichtung mit einer mittelfristigen, jährlichen Fallzahl von 1 300 (20 Prozent der Fälle insgesamt) gerechnet.

Auf der Basis der Erfahrungen des LBA wird zudem eine Fallbearbeitungszeit von 3,5 Stunden für eine Schlichtung angesetzt. Dies erscheint vor dem Hintergrund realistisch, dass nur einfach zu beurteilende, ähnliche Schlichtungsfälle mit einem geringen Streitwert behandelt werden sollen. Etwaige zeitintensive Verhandlungen zwischen den Parteien sind damit ausgeschlossen. Bei den Berechnungen zum Personalbedarf wurde zudem eine Wochenarbeitszeit von 41 Stunden zu Grunde gelegt.

In der Regel sollen Schlichtungsverfahren durch Volljuristen mit der Befähigung zum Richteramt durchgeführt werden. Dies wurde ebenfalls bei den folgenden Berechnungen berücksichtigt.

a) Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Mit dem Schlichtungsantrag und dem Schlichtungsverfahren bei den jeweiligen Schlichtungsstellen entsteht den Bürgerinnen und Bürgern ein geringer, derzeit noch nicht quantifizierbarer Erfüllungsaufwand. Mit dem Schlichtungsverfahren werden jedoch zugleich weitaus zeit- und kostenintensivere Gerichtsverfahren vermieden. Damit werden die durch den Schlichtungsantrag und durch das Schlichtungsverfahren entstehende Aufwendungen mehr als kompensiert.

b) Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Der Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft wird in erster Linie durch die Aufwendungen für die Finanzierung privatrechtlich organisierter Schlichtungsstellen bzw. durch die entgelt- oder gebührenpflichtige Schlichtung bei eingerichteten privatrechtlich organisierten Schlichtungsstellen oder einer behördlichen Schlichtungsstelle verursacht.

Die Errichtung einer privatrechtlich organisierten Schlichtungsstelle bzw. der Beitritt zu einer bereits bestehenden Schlichtungsstelle wird vermutlich rund 22 000 Euro verursachen. Darin sind z.B. Kosten für eine etwaige Maklergebühr, die Anwerbung von Personal und für den Antrag auf Anerkennung der Schlichtungsstelle enthalten. Die Ausstattungs- bzw. Investitionskosten werden durch jährliche Personalsachkosten abgedeckt. Unter Berücksichtigung von 5 200 Fällen pro Jahr und der vorgenannten Bearbeitungszeit ergibt sich für die privatrechtliche Schlichtung ein Personalbedarf von elf Schlichtern, drei Bürosachbearbeitern und einer Leitungsstelle bzw. einem Geschäftsführer. Dadurch werden jährliche Personalkosten inklusive Personalsachkosten in Höhe von rund 1,2 Millionen Euro verursacht. Diese Kosten sind letztendlich über Entgelte von den an der freiwilligen Schlichtung teilnehmenden Luftfahrtunternehmen zu tragen. Dies kann je nach Ausgestaltung einer entsprechenden Entgeltregelung über Mitgliedsbeiträge, Fallpauschalen oder anderweitig erfolgen. Im Fall der Einführung von Fallpauschalen würden Kosten in Höhe von rund 240 Euro pro Schlichtung für die Luftfahrtunternehmen anfallen. Unter Berücksichtigung einer Gewinnspanne, können diese Pauschalen auch geringfügig höher ausfallen.

Daneben werden durch das Gesetz die folgenden drei Informationspflichten eingeführt, die Bürokratiekosten von insgesamt rund 6 000 Euro auslösen:

Um ein transparentes und faires Verfahren sicherzustellen, muss die Verfahrensordnung Interessierten zugänglich sein. In der Regel wird diese Verpflichtung durch Einstellung der Verfahrensordnung auf der Homepage der privatrechtlich organisierten Schlichtungsstelle erfüllt sein. Im Einzelfall kann der Verpflichtung aber auch auf andere Weise - zum Beispiel durch Übersendung per Post - nachgekommen werden.

Weil privatrechtlich organisierte Schlichtungsstellen nur für Verfahren von Luftfahrtunternehmen zuständig sind, die an Schlichtungsverfahren bei diesen Schlichtungsstellen teilnehmen, müssen die Schlichtungsstellen jeweils eine Liste der teilnehmenden Luftfahrtunternehmen führen und Interessierten zugänglich machen. Nur so ist für den Verbraucher erkennbar, an welche Schlichtungsstelle er sich wenden kann. Die Liste muss in geeigneter Weise zugänglich gemacht werden, etwa durch Veröffentlichung auf der Homepage der Schlichtungsstellen.

Aus Gründen der Transparenz muss für Interessierte zugänglich sein, welche Entgelte die privatrechtlich organisierten Schlichtungsstellen erheben. In der Regel wird diese Verpflichtung dadurch erfüllt werden, dass die Schlichtungsstellen eine Entgeltordnung auf ihrer Homepage einstellen. Im Einzelfall kann der Verpflichtung aber auch auf andere Weise - zum Beispiel durch Übersendung per Post - nachgekommen werden.

Die geringen zusätzlichen Bürokratiekosten für die Unternehmen sind zum Schutz der Verbraucher hinzunehmen. Alternativen, die zu einem geringeren Bürokratieaufwand führten, bestehen nicht.

c) Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Für die Durchführung des behördlichen Schlichtungsverfahrens entsteht auf Bundesebene, abhängig von der Zahl der Schlichtungsverfahren, durch einen erhöhten Personalbedarf ein zusätzlicher Erfüllungsaufwand. Der Mehrbedarf an Sach- und Personalmitteln soll vollständig durch die Erhebung einer Schlichtungsgebühr finanziert werden. Es fallen voraussichtlich keine oder nur sehr geringe Errichtungskosten an, da die bereits bestehende Infrastruktur der für die Schlichtung vorgesehenen Bundesbehörde genutzt wird. Ein Mehrbedarf resultiert hieraus nicht.

Für die behördliche Schlichtung werden bei einer anzunehmenden Fallzahl von 1 300 Schlichtungen und der vorgenannten Bearbeitungszeit rund drei Schlichterstellen erforderlich sein. Diese sind im höheren Dienst anzusiedeln und sollen einer halben Leitungsstelle unterstehen. Für die Gebührenvollstreckung wird mit einer Stelle im mittleren Dienst gerechnet. Insgesamt werden unter Berücksichtigung der Personalsachkosten Personalkosten in Höhe von rund 377 000 Euro entstehen. Vorgesehen ist, durch entsprechende Gebühreneinnahmen einen kostenneutralen Aufwand zu erzielen. Bei Umlage der rund 377 000 Euro ergäbe dies etwa 290 Euro pro Fall. Damit liegt diese Pauschale über dem anzunehmenden Entgelt der privatrechtlich organisierten Schlichtungsstellen. Es sollte darauf geachtet werden, dass die Fallpauschale für die behördliche Schlichtung der privatrechtlich organisierten Schlichtung entspricht oder diese übersteigt, um deren Attraktivität nicht zu mindern.

Erfüllungsaufwendungen für das Anerkennungsverfahren der privatrechtlich organisierten Schlichtungsstelle (§ 57 Absatz 1) und für das Nachweisverfahren (§ 57 Absatz 5) fallen in einem so geringem Maß an, dass dies nicht weiter quantifiziert wird. Zudem fällt das Nachweisverfahren nur an, wenn eine privatrechtlich organisierte Schlichtungsstelle innerhalb von zwei Jahren in einer überwiegenden Zahl von Fällen angerufen wurde, ohne dass ein Anspruch bestand. Für die Ermittlung des Erfüllungsaufwands ist aber grundsätzlich von einem regelungskonformen Verhalten auszugehen.

Den Ländern und Kommunen wird kein zusätzlicher Erfüllungsaufwand entstehen. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass durch zukünftige Schlichtungsverfahren die Zivilgerichte erheblich entlastet und derzeit nicht quantifizierbare Einsparungen durch die Vermeidung von Klageverfahren erzielt werden können.

4. Weitere Kosten

Auf die Luftfahrtunternehmen kommen durch die über Entgelte finanzierten privatrechtlich organisierten Schlichtungsstellen bzw. durch die zu zahlenden Gebühren für ein behördliches Schlichtungsverfahren finanzielle Mehrbelastungen zu. Weitere Kosten für Luftfahrtunternehmen können durch die etwaige Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigten entstehen. Kosten könnten ebenfalls für das Nachweisverfahren (§ 57 Absatz 5) anfallen. Diese fielen aber nur an, wenn eine privatrechtlich organisierte Schlichtungsstelle innerhalb von zwei Jahren in einer überwiegenden Zahl von Fällen angerufen wurde, ohne dass ein Anspruch bestand. Für die Ermittlung der Kosten ist aber grundsätzlich von einem regelungskonformen Verhalten auszugehen.

Es ist nicht davon auszugehen, dass durch die Kosten quantifizierbare Effekte auf das Verbraucherpreisniveau entstehen oder eine Erhöhung der Einzelpreise erfolgt. Zwar gehen Luftfahrtunternehmen, die freiwillig schlichten lassen, Zahlungsverpflichtungen gegenüber den Schlichtungsstellen ein; gleichzeitig werden aber Kosten für zeit- und kostenintensivere Gerichtsverfahren vermieden. Außerdem ermöglicht die Schlichtung eine bessere Kundenbindung, so dass davon auszugehen ist, dass die entstehenden Kosten kompensiert werden.

Für die Verwaltung entstehen keine weiteren Kosten. Durch die vorgesehenen Gebühreneinnahmen für die Schlichtung werden sämtliche entstehenden Aufwendungen vollständig kompensiert.

Sofern die Geltendmachung des zivilrechtlichen Anspruchs missbräuchlich erfolgt, kann von den Bürgerinnen und Bürgern das Entgelt bzw. die Gebühr für das Schlichtungsverfahren ganz oder teilweise erhoben werden (§ 57 Absatz 4 und § 57a Absatz 3). Es ist, wenn überhaupt, nur von einem sehr geringem Maß an Missbrauchsfällen von maximal zwei Prozent der Fälle auszugehen. Dies hätte ein Entgelt- bzw. Gebührenaufkommen für die Bürgerinnen und Bürger von nicht mehr als 37 700 Euro zur Folge. Grundsätzlich ist aber von einem regelungskonformen Verhalten auszugehen. Ebenso verhält es sich mit den in § 57 Absatz 5 und § 57a Absatz 4 geregelten Entgelten bzw. Gebühren, welche nicht mehr als 20 Euro betragen dürfen und nur dann zum Tragen kommen, wenn innerhalb von zwei Jahren in der überwiegenden Zahl der Fälle eine Schlichtungsstelle angerufen wurde, ohne dass ein Anspruch bestand.

5. Auswirkungen von gleichstellungspolitischer Bedeutung

Auswirkungen von gleichstellungspolitischer Bedeutung sind nicht zu erwarten.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Luftverkehrsgesetzes)

Zu Nummer 1 (Änderung der Inhaltsübersicht)

Die Änderung der Überschrift des Zweiten Abschnitts und die Einfügung des neuen 5. Unterabschnitts (§§ 57 bis 57c) erfordern eine Anpassung der Inhaltsübersicht des Luftverkehrsgesetzes.

Zu Nummer 2 (Änderung der Überschrift des Zweiten Abschnitts)

Die Überschrift des Zweiten Abschnitts wird neu gefasst:

Sie soll künftig "Haftpflicht und Schlichtung" lauten, um auch in der Überschrift auf den neuen Regelungsgegenstand hinzuweisen.

Zu Nummer 3 (Einfügung eines 5. Unterabschnitts)

Es wird ein neuer 5. Unterabschnitt in den Zweiten Abschnitt "Haftpflicht und Schlichtung" eingefügt, der die Schlichtung im Luftverkehr regelt.

Eingefügt werden vier Paragraphen (§§ 57 bis 57c): § 57 enthält die Regelungen zur privatrechtlich organisierten Schlichtung, § 57a die Regelungen zur behördlichen Schlichtung, § 57b gemeinsame Vorschriften für die privatrechtlich organisierte und die behördliche Schlichtung und schließlich § 57c Verordnungsermächtigungen für beide Schlichtungen.

Zu § 57 (Privatrechtlich organisierte Schlichtung)

§ 57 regelt die Schlichtung durch privatrechtlich organisierte Schlichtungsstellen.

Zu Absatz 1

Nach Absatz 1 Satz 1 können privatrechtlich organisierte Schlichtungsstellen zur außergerichtlichen Beilegung von Streitigkeiten über Ansprüche von Fluggästen gegen Luftfahrtunternehmen anerkannt werden. Welche materiellrechtlichen Ansprüche im Einzelnen der privatrechtlich organisierten Schlichtung unterliegen, regelt § 57b Absatz 1 für die privatrechtlich organisierte und die behördliche Schlichtung gemeinsam. Die Anerkennung der privatrechtlich organisierten Schlichtungsstellen erfolgt durch Verwaltungsakt. Zuständig hierfür ist das Bundesministerium der Justiz. Es erlässt die Anerkennung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie. Dies folgt dem Vorbild des § 214 Absatz 1 VVG.

Anerkannt werden kann sowohl eine Schlichtungsstelle, die sich auf die Schlichtung von Fluggastansprüchen beschränkt, als auch eine als verkehrsträgerübergreifend konzipierte Schlichtungsstelle, die neben Ansprüchen gegen Luftfahrtunternehmen auch solche gegen andere Verkehrsträger wie Bahn, Bus und Schiff schlichtet (Satz 2). Damit wird der Regelung des § 37 Absatz 2 Satz 2 EVO gefolgt, die für Fahrgastansprüche im Eisenbahnverkehr ebenfalls die Möglichkeit einer verkehrsträgerübergreifenden Schlichtungsstelle schafft. Auch wenn das Gesetz die privatrechtlich organisierte Schlichtung nicht auf eine verkehrsträgerübergreifende Schlichtung festlegt, ist eine solche durchaus wünschenswert.

Am 1. Dezember 2009 hat die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e.V. (söp) als derzeit bundesweit einzige verkehrsträgerübergreifende Schlichtungsstelle ihre Arbeit aufgenommen. Bislang ist kein Luftfahrtunternehmen als Mitglied an der söp beteiligt. Schlichtungen im Luftverkehr werden von ihr daher auch nur ganz vereinzelt durchgeführt. Grundsätzlich kommt unter den Voraussetzungen des § 57 und der sie ergänzenden Rechtsverordnung nach § 57c Satz 1 Nummer 1 auch eine Anerkennung der söp in Betracht.

Die Anerkennung ist nach Satz 3 im Bundesanzeiger bekannt zu machen.

Eine Schlichtung kann auch durch eine privatrechtlich organisierte Schlichtungsstelle erfolgen, die keine Anerkennung nach § 57 Absatz 1 erlangt hat, entweder weil sie eine solche Anerkennung nicht begehrt hat oder weil sie die Voraussetzungen für eine Anerkennung nach diesem Gesetz nicht erfüllt. Solche Schlichtungen erfolgen dann außerhalb dieses Gesetzes. Durch die Anerkennung nach diesem Gesetz soll der anerkannten Schlichtungsstelle besondere Autorität verliehen und zugleich ein hoher Qualitätsstandard attestiert werden.

Zu Absatz 2

Absatz 2 regelt die Voraussetzungen, unter welchen privatrechtlich organisierte Schlichtungsstellen anerkannt werden können. Dies sind Anforderungen, die insbesondere an den ordnungsgemäßen Ablauf eines Schlichtungsverfahrens und eine unparteiische Schlichtung zu stellen sind: Eine Schlichtungsstelle muss grundsätzlich gewährleisten, dass sie organisatorisch und fachlich hinreichend ausgestattet ist, um die Aufgaben einer Schlichtungsstelle auch tatsächlich erfüllen zu können. Eine Schlichtungsstelle muss auf der Grundlage einer zu erlassenden Verfahrensordnung schlichten. Diese Verfahrensordnung muss den Anforderungen des § 57, den weiteren Anforderungen der nach § 57c Satz 1 Nummer 1 erlassenen Rechtsverordnung und den Anforderungen der Empfehlung 98/257/EG der EU-Kommission vom 30. März 1998 betreffend die Grundsätze für Einrichtungen, die für die außergerichtliche Beilegung von Verbraucherrechtsstreitigkeiten zuständig sind (ABl. L 115 vom 17.4.1998, S. 31) entsprechen. Dazu muss sie insbesondere gewährleisten: die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Schlichtungsstelle (Nummer 1 und 3), die Fairness des Verfahrens (Grundsatz des rechtlichen Gehörs, Nummer 2), die Vertraulichkeit der im Schlichtungsverfahren erhaltenen Informationen (Nummer 4) und die zügige Durchführung des Schlichtungsverfahrens (Nummer 5), wobei in der Regel eine Verfahrensdauer von maximal drei Monaten wünschenswert wäre. Diese Voraussetzungen finden sich in vergleichbarer Art und Weise auch in den bereits bestehenden gesetzlichen Regelungen zu Schlichtungen im Bahnverkehr (§ 37 Absatz 2 EVO) sowie im Banken- und Versicherungsbereich ( § 14 Absatz 2 UKlaG, § 214 Absatz 2 VVG). Die Grundsätze der Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und Fairness sind auch in der Empfehlung 2001/31/EG der EU-Kommission über die Grundsätze für an der einvernehmlichen Beilegung von Verbraucherstreitigkeiten beteiligte außergerichtliche Einrichtungen vom 4. April 2001 (ABl. L 109 vom 19.4.2001, S. 56) enthalten. Die Verfahrensordnung ist den Beteiligten zugänglich zu machen (Satz 2). Das Einstellen auf der Homepage der Schlichtungsstelle oder eine Versendung auf Anforderung reichen hierzu aus.

Entfallen diese Voraussetzungen nach erfolgter Anerkennung, muss die Anerkennung widerrufen werden, da andernfalls die ordnungsgemäße Durchführung einer Schlichtung nicht mehr gewährleistet wäre. Der Widerruf erfolgt nach § 49 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG).

Zu Absatz 3

Nach Absatz 3 können sich Fluggäste an eine privatrechtlich organisierte Schlichtungsstelle wenden, wenn das Luftfahrtunternehmen, gegen das sie Ansprüche geltend machen, als Mitglied dieser Schlichtungsstelle an der betreffenden Schlichtung teilnimmt (Satz 1). Allerdings ist auch denkbar, dass das betroffene Luftfahrtunternehmen aufgrund einer anderen Vereinbarung, etwa über ein "Kennenlernangebot", an einer Schlichtung teilnimmt. Das Ob und das Wie anderer Teilnahmevereinbarungen als der Mitgliedschaft bleiben der Gestaltungsfreiheit der privatrechtlich organisierten Schlichtungsstellen überlassen; ein Erfordernis gesetzlicher Vorgaben besteht nicht. Aus Gründen der Transparenz gegenüber dem Verbraucher hat jede Schlichtungsstelle eine Liste der teilnehmenden Unternehmen zu führen und diese in geeigneter Weise Interessierten zugänglich zu machen (Satz 2), etwa durch Veröffentlichung auf der eigenen Homepage. Auch wäre es wünschenswert, wenn die Luftfahrtunternehmen ihre Fluggäste auf die Schlichtungsstelle, an deren Schlichtung sie teilnehmen, hinweisen.

Zu Absatz 4

Absatz 4 enthält gesetzliche Vorgaben zur Erhebung eines Entgelts für das Schlichtungsverfahren durch die privatrechtlich organisierten Schlichtungsstellen. Die Einhaltung dieser Vorgaben ist zudem Voraussetzung für die Anerkennung nach Absatz 1 bzw. für die Aufrechterhaltung der Anerkennung (§ 49 VwVfG). Nach Absatz 4 haben grundsätzlich die beteiligten Luftfahrtunternehmen die von den privatrechtlich organisierten Schlichtungsstellen erhobenen Entgelte zu tragen (Satz 1). Diese Entgelte müssen in angemessenem Verhältnis zum Aufwand stehen. Im Rahmen der Angemessenheit hat die Schlichtungsstelle bezüglich der Höhe des Entgelts einen Beurteilungsspielraum. Die Höhe des Entgelts kann die Schlichtungsstelle in ihrer Satzung oder in der Verfahrensordnung festlegen.

Die von den Schlichtungsstellen erhobenen Entgelte im Grundsatz ausschließlich den Luftfahrtunternehmen aufzuerlegen, rechtfertigt sich durch die hohe Bedeutung der Schlichtung für den Verbraucherschutz. Auch die EU-Kommission empfiehlt unter dem Grundsatz der Effizienz, dass das Verfahren einer außergerichtlichen Streitbeilegung für den Verbraucher entweder unentgeltlich oder nur mit moderaten Kosten verbunden sein soll (Empfehlungen 98/257/EG und 2001/31/EG). Gerade die unter Umständen hohen Kosten eines Gerichtsverfahrens halten viele Verbraucher davon ab, ihre Rechte geltend zu machen. Dem soll die außergerichtliche Streitbeilegungsmöglichkeit durch ein Schlichtungsverfahren entgegenwirken. Hierbei erneut den Verbraucher mit dem Kostenrisiko zu belasten, würde die Einführung einer Schlichtung konterkarieren. Dieser Grundsatz, dass die beteiligten Unternehmen grundsätzlich die von der Schlichtungsstelle erhobenen Entgelte tragen, findet sich auch in den bereits bestehenden Schlichtungsregelungen, so etwa im Versicherungsbereich ( § 214 Absatz 4 VVG) und im Bankenbereich (§ 14 Absatz 2 Satz 3 UKlaG in Verbindung mit § 6 der Schlichtungsstellenverfahrensordnung). Im Eisenbahnbereich verweist § 37 Absatz 2 Satz 1 EVO insoweit auf die Empfehlung 98/257/EG der EU-Kommission. Auch die Schlichtung bei der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e.V. (söp) ist für den Verbraucher kostenfrei. Die Schlichtung bei der Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft ist für alle Beteiligten kostenfrei (§ 191f Absatz 5 Nummer 5 BRAO). Die Kosten werden von der Bundesrechtsanwaltskammer getragen, mithin von der Gesamtheit der Rechtsanwälte finanziert.

Vom Fluggast kann grundsätzlich kein Entgelt verlangt werden. Eine Ausnahme gilt nur in Fällen des Missbrauchs (Satz 2): Stellt die Anrufung der Schlichtungsstelle einen Missbrauch dar, kann die Schlichtungsstelle je nach Einzelfall dieses Entgelt ganz oder teilweise von dem Fluggast verlangen. Mit dieser Möglichkeit der Kostenabwälzung auf den Fluggast soll einer Belastung der Schlichtungsstelle mit missbräuchlichen Fällen entgegengewirkt werden. Diese Kostenregelung, einschließlich des Begriffs des "Missbrauchs", ist der gesetzlichen Regelung zur Schlichtung im Versicherungsbereich (§ 214 Absatz 3 Satz 2 VVG) entlehnt. Missbräuchlich sind dabei insbesondere querulatorische Anrufungen der Schlichtungsstelle, die auch aus Sicht eines Rechtsunkundigen offensichtlich aussichtslos sind (vg. Prölls/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, § 214, Rn. 11). Ferner findet sich in § 34 Absatz 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (BVerfGG) eine vergleichbare Regelung zur Kostentragung bei Rechtsmissbrauch. Für die Annahme eines Missbrauchs nach Absatz 4 sind dieselben Kriterien maßgeblich. Eine missbräuchliche Anrufung liegt nicht schon dann vor, wenn der Verbraucher einen unzulässigen und/oder unbegründeten Anspruch geltend macht. Vielmehr müssen zusätzliche Elemente hinzukommen, um einen Missbrauch annehmen zu können. Handelt es sich um ein unzulässiges und/oder unbegründetes Schlichtungsbegehren, muss die völlige Aussichtslosigkeit offensichtlich, d.h. von jedermann ohne Weiteres erkennbar sein. Daneben kann ein Missbrauch auch dann angenommen werden, wenn die Anrufung der Schlichtungsstelle in ihrer äußeren Form beleidigenden oder verletzenden Charakter hat. Schließlich können bewusst falsche Angaben oder ein bewusstes Vorenthalten von für die Schlichtung offensichtlich bedeutsamen Umständen durch den Fluggast als missbräuchliche Anrufung der Schlichtungsstelle zu werten sein (vgl. Bundesverfassungsgerichtsgesetz - Mitarbeiterkommentar, § 34 BVerfGG, Rn. 16 ff.). Der missbräuchlich die Schlichtung begehrende Fluggast bedarf des Verbraucherschutzes durch den grundsätzlichen Ausschluss des Kostenrisikos im Schlichtungsverfahren ausnahmsweise nicht. Er hat ihn verwirkt. Gleichwohl liegen selbst in Fällen des Missbrauchs die Erhebung des Entgelts von dem Fluggast und seine Bemessung im konkreten Einzelfall im Ermessen der Schlichtungsstelle. Das in einem solchen Fall vom Luftfahrtunternehmen geschuldete Entgelt bildet aber in jedem Fall die Bemessungsgrenze.

Fallen weitere Kosten, etwa Rechtsanwaltskosten, durch die Inanspruchnahme der Schlichtungsstelle an, richtet sich die Kostentragung nach den allgemeinen Vorschriften, die für die Kosten außergerichtlicher Geltendmachung von Ansprüchen maßgeblich sind, sofern der Vorschlag des Schlichters diese Kosten nicht aufgreift.

Zu Absatz 5

Absatz 5 räumt einer Schlichtungsstelle grundsätzlich die Möglichkeit ein, vor der Einleitung eines Schlichtungsverfahrens von Fluggästen ein Entgelt zu verlangen (Satz 1). Dieses Entgelt hat das beteiligte Luftfahrtunternehmen dem Fluggast nach Abschluss des Schlichtungsverfahrens zu erstatten, wenn die Geltendmachung des Anspruchs im Schlichtungsverfahren zulässig ist und der Anspruch im Schlichtungsverfahren (wenigstens zum Teil) für begründet erachtet wird (Satz 6). Auf ein Missbrauchsentgelt nach Absatz 4 Satz 2 ist dieses Entgelt anzurechnen (Satz 7).

Voraussetzung dafür, dass ein solches Entgelt vorab verlangt werden kann, ist jedoch, dass die Schlichtungsstelle gegenüber einer Bundesbehörde nachweist, innerhalb von zwei Jahren nach der Anerkennung und der Aufnahme der Schlichtung in der überwiegenden Zahl - also in mehr als 50 Prozent - der Fälle angerufen worden zu sein, ohne dass nach dem Ergebnis der Schlichtung tatsächlich ein Anspruch bestand (Sätze 1, 2). Erheblich sind dabei nur solche Anrufungen, in denen der Anspruch gänzlich und nicht nur teilweise für unbegründet erachtet wurde. Damit soll gewährleistet werden, dass die Schlichtungsstelle im Falle einer Überlastung mit unbegründeten Ansprüchen ein geeignetes Abhilfemittel einführen kann. Dabei wird von der Erwartung ausgegangen, dass ein vorab zu zahlendes Entgelt Fluggäste jedenfalls von solchen Anrufungen der Schlichtungsstelle abhält, die offensichtlich unbegründet sind. Auf die Anzahl unzulässiger Anrufungen kommt es für die Einführung eines solchen Entgelts nicht an. Durch sie entsteht regelmäßig keine nennenswerte zusätzliche Arbeitsbelastung für die Schlichtungsstelle. Die zuständige Bundesbehörde wird in einer Rechtsverordnung bestimmt (§ 57c Satz 1 Nummer 1). Diese Behörde prüft, ob der Nachweis durch die Schlichtungsstelle erbracht wurde. Bei diesem Nachweis- und Prüfverfahren handelt es sich um einen einmaligen Vorgang. Erbringt die Schlichtungsstelle den Nachweis nicht, steht auch für die Zukunft fest, dass ein Entgelt nach Absatz 5 nicht erhoben werden kann. Das Ergebnis ihrer Prüfung teilt die Bundesbehörde der Schlichtungsstelle und dem Bundesministerium der Justiz mit (Satz 3). Die Schlichtungsstelle benötigt diese Information, um über die Einführung eines solchen Entgelts entscheiden zu können. Das Bundesministerium der Justiz benötigt diese Information, da sie Auswirkungen auf die bereits erteilte Anerkennung haben kann: Erhebt nämlich die Schlichtungsstelle ein Entgelt, obwohl der Nachweis nicht erbracht wurde, muss die Anerkennung widerrufen werden (Satz 8). Der Widerruf erfolgt nach § 49 VwVfG. Die Einzelheiten des Prüfverfahrens werden durch Rechtverordnung geregelt (§ 57c Satz 1 Nummer 2).

Ist die Erhebung eines Entgelts zulässig, darf dieses 20 Euro nicht überschreiten (Satz 4). Fluggäste sollen nicht durch ein zu hohes Entgelt von einer (berechtigten) Anrufung der Schlichtungsstelle abgehalten werden. Verlangt die Schlichtungsstelle ein höheres Entgelt vom Verbraucher, muss die Anerkennung widerrufen werden (Satz 9). Der Widerruf erfolgt nach § 49 VwVfG.

Kann eine Schlichtungsstelle nach dem Vorstehenden ein Entgelt vor Einleitung eines Schlichtungsverfahren verlangen, darf dieses nur von solchen Fluggästen erhoben werden, deren Luftbeförderung auf einem Vertrag beruht, der nach der Einführung eines solchen Entgelts geschlossen wurde (Satz 4). Damit soll den Fluggästen und - wenn sie nicht selbst Vertragspartei ihrer Luftbeförderung sind - den Parteien des Beförderungsvertrages die Möglichkeit gegeben werden, bei Vertragsschluss zu erkennen, ob sie von einem Luftfahrtunternehmen befördert werden, das an einer Schlichtung teilnimmt, für die ein solches Entgelt erhoben wird. Dass der Vertragspartner bei Vertragschluss über die Identität des die Luftbeförderung tatsächlich durchführenden Luftfahrtunternehmens informiert wird, gewährleistet Artikel 11 der Verordnung (EG) Nr. 2111/2005 (ABl. L 344 vom 27.12.2005, S. 15), der eine solche Informationspflicht festschreibt. Die weitere Feststellung, an welcher Schlichtung dieses Luftfahrtunternehmen teilnimmt, gewährleistet § 57 Absatz 3 Satz 2. Fällt für den Fluggast durch den Wechsel eines Luftfahrtunternehmens in eine andere Schlichtungsstelle ein Entgelt an, mit dem er bei Vertragsschluss nicht rechnen konnte, ist er hiervon zu befreien.

Verlangt eine Schlichtungsstelle vor Einleitung eines Schlichtungsverfahrens ein Entgelt, gilt die Bagatellgrenze nach § 57b Absatz 2 Satz 1 Nummer 6 nicht mehr (Satz 10). Bagatellansprüche bis zu 20 Euro sind allein mit der Einführung eines solchen Entgelts zwar nicht von der Geltendmachung im Schlichtungsverfahren ausgeschlossen. Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten dürfte davon dann aber vielfach kein Gebrauch mehr gemacht werden. Damit entfällt der Regelungsbedarf für eine solche Bagatellgrenze.

Zu Absatz 6

Absatz 6 soll sicherstellen, dass für Fluggäste und - wenn sie nicht selbst Vertragspartei ihrer Luftbeförderung sind - die Parteien des Beförderungsvertrages die Möglichkeit besteht, bei Vertragsschluss zu erkennen, ob und in welcher Höhe die Schlichtungsstelle, an welcher das betreffende Luftfahrtunternehmen teilnimmt, Entgelte verlangt.

Zu § 57a (Behördliche Schlichtung)

§ 57a regelt die Schlichtung von Fluggastansprüchen durch eine Bundesbehörde. Diese Schlichtung ist als subsidiäre Schlichtung für die Ansprüche vorgesehen, die nicht bei einer privatrechtlich organisierten Schlichtungsstelle angebracht werden können. Auch dies folgt dem Vorbild der Schlichtung im Versicherungsbereich ( § 214 Absatz 3 VVG). Andere Schlichtungen auf gesetzlicher Grundlage sehen ebenfalls behördliche Schlichtungen vor, so etwa im Bankenbereich nach § 14 UKlaG, sowie im Bereich anwaltlicher Geschäftsbesorgung (§ 191f BRAO) oder im Bereich der Telekommunikation (§§ 47a, 51 TKG), in denen dies die einzige Form der Schlichtung ist.

Mit dieser Regelung werden auch die Fluggastansprüche einer Schlichtung unterstellt, die sich gegen Luftfahrtunternehmen richten, welche sich nicht freiwillig an einer privatrechtlich organisierten Schlichtung beteiligen. Maßgebend hierfür war zum einen, gemäß der Vorgabe des Koalitionsvertrages für einen möglichst umfassenden Verbraucherschutz Sorge zu tragen. Luftfahrtunternehmen sollen sich einer Schlichtung nicht durch die Weigerung, an einer privatrechtlich organisierten Schlichtung teilzunehmen, entziehen können. Zum anderen war hierfür maßgebend, dass die Einrichtung einer oder die Beteiligung an einer privatrechtlich organisierten Schlichtung Kosten verursacht, die nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führen sollen und die nicht allein den sich freiwillig beteiligenden Luftfahrtunternehmen zugemutet werden sollen.

Da Schlichtungen nur dann Vorteile für die Verbraucher und für die Unternehmen bringen, wenn bei den Unternehmen eine grundsätzliche Akzeptanz besteht und wenn Schlichtungsvorschläge nicht wegen mangelnder Akzeptanz generell abgelehnt werden, kann eine subsidiäre behördliche Schlichtung nicht die gleiche - insbesondere verbraucherschützende - Effizienz wie eine freiwillige privatrechtlich organisierte Schlichtung haben. Gleichwohl besteht die Erwartung, dass sich auch die von einer behördlichen Schlichtung betroffenen Luftfahrtunternehmen der Schlichtung nicht generell verweigern werden, sondern prüfen werden, ob im Einzelfall ein Schlichtervorschlag akzeptabel ist, ob eine Schlichtung auch für das eigene Unternehmen vorteilhaft sein könnte und ob sie sich auf längere Sicht freiwillig an einer privatrechtlich organisierten Schlichtung beteiligen oder eine solche Schlichtungsstelle errichten sollten.

Bei einer behördlichen Schlichtung besteht keine Verpflichtung zur aktiven Beteiligung am Schlichtungsverfahren im konkreten Einzelfall oder gar zur Akzeptanz des Schlichtungsvorschlags (§ 57b Absatz 4). Gleichwohl sollten die an der behördlichen Schlichtung teilnehmenden Unternehmen erkennen, dass eine aktive Beteiligung am Verfahren auch für sie vorteilhaft ist, weil nur sie einen objektiven und ausgewogenen Schlichtungsvorschlag ermöglicht, und dass eine Prüfung des Schlichtungsvorschlags und ggf. seine Akzeptanz zu einer schnellen Befriedung sowie zur Ersparung von Arbeitskraft und Kosten gegenüber einem gerichtlichen Verfahren führt und eher als dieses eine Kundenbindung ermöglicht.

Zu Absatz 1

Absatz 1 regelt die Fälle, in denen die nach dem gesetzlichen Modell subsidiäre Schlichtungsstelle bei einer Bundesbehörde von Fluggästen angerufen werden kann:

Welche Bundesbehörde nach § 57a angerufen werden kann, wird durch eine noch zu erlassende Rechtverordnung bestimmt (§ 57c Satz 1 Nummer 1).

Welche materiellrechtlichen Ansprüche im Einzelnen der behördlichen Schlichtung unterliegen, regelt § 57b Absatz 1 Satz 1 für die privatrechtlich organisierte und die behördliche Schlichtung gemeinsam.

Die Einzelheiten des behördlichen Schlichtungsverfahrens werden durch Rechtsverordnung geregelt (§ 57c Satz 1 Nummer 1).

Zu Absatz 2

Absatz 2 stellt durch die Verweisung auf § 57 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 bis 5 klar, dass die dort geregelten Anforderungen auch für die behördliche Schlichtungsstelle gelten, mag sie auch keine Verfahrensordnung benötigen.

Zu Absatz 3

Absatz 3 enthält Regelungen zur Kostentragung für das behördliche Schlichtungsverfahren. Diese entsprechen grundsätzlich den Vorgaben des § 57 Absatz 4 für die Kostentragung bei privatrechtlich organisierten Schlichtungsstellen. Satz 1 stellt zunächst klar, dass für die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens die schlichtende Behörde eine Gebühr erheben kann. Diese Gebühr wird grundsätzlich von dem beteiligten Luftfahrtunternehmen erhoben (Satz 1). Beteiligt wird ein Luftfahrtunternehmen schon durch die Anrufung der Schlichtungsstelle; eine aktive Beteiligung des Luftfahrtunternehmens am Schlichtungsverfahren ist weder gesetzlich gefordert, noch Voraussetzung für die Erhebung von Gebühren. Ausnahmsweise kann in Fällen des Missbrauchs diese Gebühr ganz oder teilweise von dem Fluggast verlangt werden (Satz 2). Zum Hintergrund dieser Kostenregelung und zu den Anforderungen einer "missbräuchlichen" Anrufung wird auf die Erläuterungen zu § 57 Absatz 4 verwiesen. Für die Höhe der Gebühr gilt der Grundsatz der Kostendeckung (Satz 3).

Gebühren sind öffentlichrechtliche Geldleistungen, die aus Anlass individuell zurechenbarer öffentlicher Leistungen dem Gebührenschuldner auferlegt werden (BVerfGE 50, 217 ff.). Auch die vorstehend erläuterte Gebührenbelastung rechtfertigt sich aus dem Gesichtspunkt der individuellen Zurechenbarkeit. Sowohl die grundsätzliche Bereitstellung einer behördlichen Schlichtungsstelle als auch die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens sind als öffentliche Leistung den Luftfahrtunterunternehmen grundsätzlich individuell zuzurechnen: Verweigert das Luftfahrtunternehmen zu Unrecht die Befriedigung bestehender Ansprüche eines Fluggastes, ist das nachfolgende Schlichtungsverfahren dem Luftfahrtunternehmen individuell zurechenbar, weil es mit der Zahlungsverweigerung die damit verbundenen Kosten verursacht hat. Lehnt das Luftfahrtunternehmen zu Recht eine Zahlung ab, da dem Fluggast kein Anspruch zusteht, und wendet sich der Fluggast daraufhin an die Schlichtungsstelle, gilt aber im Ergebnis nichts Anderes. Auch in diesem Fall ist die mit dem Schlichtungsverfahren verbundene Kostenbelastung dem Luftfahrtunternehmen individuell zurechenbar: Auch hier hat die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens im Allgemeinen eine schnelle Befriedung der Parteien in einem einfachen Verfahren zur Folge, die selbst unter Berücksichtigung der Kostenlast für das Luftfahrtunternehmen in der Mehrzahl der Fälle gegenüber dem streitigen Gerichtsverfahren zeit- und kostensparend wirkt. Bestätigt die behördliche Schlichtungsstelle als neutrale Instanz dem Fluggast, dass ihm kein Anspruch zusteht, ist davon auszugehen, dass er in der Regel von einer Klage absehen wird. Der Fluggast, dem in einem Schlichtungsverfahren mitgeteilt wird, dass ihm kein Anspruch zusteht, das Luftfahrtunternehmen mithin zu Recht seine Forderung abgelehnt hat, wird zudem eher als bei einem streitigen gerichtlichen Verfahren die Dienste des Luftfahrtunternehmens in Zukunft wieder in Anspruch nehmen. Eine Schlichtung ermöglicht damit eher als ein streitiges gerichtliches Verfahren eine Kundenbindung zum Vorteil der betroffenen Luftfahrtunternehmen. Zusätzlich rechtfertigt sich die grundsätzliche Kostenbelastung der Luftfahrtunternehmen auch hier aus dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes. Insoweit wird auf die diesbezüglichen Erläuterungen zu § 57 Absatz 4 verwiesen. Sie gelten für die Belastung der Luftfahrtunternehmen mit Gebühren im behördlichen Schlichtungsverfahren entsprechend. Ruft der Fluggast die behördliche Schlichtungsstelle missbräuchlich an, kann dies dem Luftfahrtunternehmen hingegen nicht individuell zugerechnet werden. In diesem Fall hat der Fluggast die Kosten des Schlichtungsverfahrens zu tragen. Der missbräuchlich die Schlichtung begehrende Fluggast bedarf auch des Verbraucherschutzes durch den grundsätzlichen Ausschluss des Kostenrisikos im Schlichtungsverfahren ausnahmsweise nicht. Er hat ihn verwirkt.

Die Höhe der Gebühren wird durch Rechtsverordnung festgelegt (§ 57c Satz 1 Nummer 2).

Zu Absatz 4

Absatz 4 zeichnet § 57 Absatz 5 für die behördliche Schlichtung nach: Danach besteht auch für die behördliche Schlichtungsstelle die Möglichkeit, eine Gebühr einzuführen, die beim Fluggast vor Einleitung eines Schlichtungsverfahrens erhoben werden kann. Die Erhebung einer solchen Gebühr unterliegt denselben Voraussetzungen wie bei der privatrechtlich organisierten Schlichtung: Die behördliche Schlichtungsstelle muss innerhalb von zwei Jahren nach Aufnahme der Schlichtungstätigkeit in der überwiegenden Zahl - also in mehr als 50 Prozent - der Fälle angerufen worden sein, obwohl nach dem Ergebnis des Schlichtungsverfahrens ein Anspruch nicht bestand (Satz 1). Erheblich sind dabei auch hier nur solche Anrufungen, in denen der Anspruch gänzlich und nicht nur teilweise für unbegründet erachtet wurde. Auf die Anzahl unzulässiger Anrufungen kommt es für die Einführung einer solchen Gebühr nicht an. Durch sie entsteht regelmäßig keine nennenswerte zusätzliche Arbeitsbelastung für die Schlichtungsstelle. Auch diese Gebühr darf 20 Euro nicht überschreiten (Satz 2). Sie darf nur bei solchen Fluggästen erhoben werden, deren Luftbeförderung auf einem Vertrag beruht, der nach der Einführung einer solchen Gebühr geschlossen wurde (Satz 3). Hierzu wird auf die Erläuterungen zur Parallelvorschrift in § 57 Absatz 5 Satz 4 verwiesen. Die Einführung einer solchen Gebühr und ihre Höhe werden durch Rechtsverordnung bestimmt (§ 57c Satz 1 Nummer 2).

Liegen diese Voraussetzungen vor und macht die Schlichtungsstelle von der Erhebung einer solchen Gebühr Gebrauch, ist die Gebühr zum einen vom beteiligten Luftfahrtunternehmen zu erstatten, wenn die Geltendmachung des Anspruchs im Schlichtungsverfahren zulässig ist und der Anspruch (wenigstens zum Teil) begründet ist (Satz 4). Zum anderen ist diese Gebühr auf eine Missbrauchsgebühr nach Absatz 3 Satz 2 anzurechnen (Satz 5).

Wird eine Gebühr vor Einleitung des Schlichtungsverfahrens erhoben, gilt die Bagatellgrenze nach § 57b Absatz 2 Satz 1 Nummer 6 nicht mehr (Satz 6). Bagatellansprüche bis zu 20 Euro sind allein mit der Einführung einer solchen Gebühr zwar nicht von der Geltendmachung im Schlichtungsverfahren ausgeschlossen. Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten dürfte davon dann aber vielfach kein Gebrauch mehr gemacht werden. Damit entfällt der Regelungsbedarf für eine solche Bagatellgrenze.

Zu Absatz 5

Abweichend von den Regelungen des Verwaltungszustellungsgesetzes (VwZG) sieht Absatz 5 vor, dass die behördliche Schlichtungsstelle zum Zwecke der Zustellung eines Gebührenbescheids anordnen kann, dass das betroffene Luftfahrtunternehmen einen Zustellungsbevollmächtigten bestellt (Satz 1). Dieser Zustellungsbevollmächtigte muss einen Wohnsitz oder Geschäftsraum in Deutschland haben. Damit soll über die bereits bestehenden gesetzlichen Möglichkeiten im Verwaltungszustellungsgesetz hinaus die Zustellung erleichtert werden, um ein ordnungsgemäßes Schlichtungsverfahren und die damit verbundene Befriedungswirkung zu gewährleisten. Stellt die Schlichtungsstelle fest, dass eine Zustellung an das Luftfahrtunternehmen nicht oder nur mit Verzögerung möglich ist, etwa weil in einem anhängigen oder vorangegangenen Schlichtungsverfahren oder einem anderen anhängigen oder vorangegangenen Verwaltungsverfahren, z.B. im Bußgeldverfahren beim Luftfahrt-Bundesamt wegen Verstoßes gegen die Verordnung (EG) Nr. 261/2004 nach § 58 Absatz 1 Nummer 10 des Luftverkehrsgesetzes (LuftVG) in Verbindung mit § 108 Absatz 2 der Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung (LuftVZO), eine Zustellung bereits erfolglos versucht wurde oder zu Verzögerungen geführt hat, kann sie anordnen, dass ein Zustellungsbevollmächtigter zu bestellen ist. Diese Anordnung hat auch Wirkung für zukünftige Schlichtungsverfahren bei der Bundesbehörde und muss nicht für jedes einzelne Schlichtungsverfahren gesondert angeordnet werden. Bestellt das Luftfahrtunternehmen ungeachtet der Anordnung nach Absatz 4 keinen Zustellungsbevollmächtigten, so gelten die Rechtsfolgen des § 9 Absatz 3 Satz 2 bis 6 VwZG entsprechend (Satz 2). Danach können spätere Zustellungen durch Aufgabe zur Post zugestellt werden (§ 9 Absatz 3 Satz 2 VwZG). In diesem Fall gilt die Zustellung am siebten Tag nach der Aufgabe zur Post als bewirkt, wenn nicht feststeht, dass der Bescheid den Empfänger nicht oder später erreicht hat (§ 9 Absatz 3 Satz 3 VwZG). Auf diese Rechtsfolgen ist in der Anordnung nach Satz 1 hinzuweisen (§ 9 Absatz 3 Satz 5 VwZG). Zum Nachweis der Zustellung sind die Zeit der Aufgabe zur Post und die angegebene Adresse in den Akten zu vermerken (§ 9 Absatz 3 Satz 6 VwZG).

Zu § 57b (Gemeinsame Vorschriften)

In Ergänzung der §§ 57 und 57a enthält § 57b Regelungen, die sowohl für die privatrechtlich organisierte als auch für die behördliche Schlichtung gelten.

Zu Absatz 1

Absatz 1 Satz 1 legt die Ansprüche fest, welche von einer Schlichtungsstelle geschlichtet werden sollen. Dabei werden der Schlichtung nur solche Ansprüche unterstellt, die sich wegen ihrer einfachen Streitgegenstände und ihrer begrenzten Streitwerte für dieses Verfahren besonders eignen. Daher sollen nur Zahlungsansprüche, also Ansprüche, die auf eine Geldleistung gehen, nicht aber Ansprüche auf andere Leistungen und auf vertretbare oder unvertretbare Handlungen geschlichtet werden. Solche Ansprüche erscheinen zu individuell, als dass sie sich für ein Schlichtungsverfahren eignen würden. Dies gilt auch für Zahlungsansprüche wegen von Fluggästen erlittenen Personenschäden, die in die Aufzählung der Lebenssachverhalte nach Satz 1 Nummer 1 bis 4 daher nicht aufgenommen wurden. Dies gilt umso mehr, als Ansprüche wegen Personenschäden vergleichsweise selten geltend gemacht werden, in größerer Zahl nur bei schwersten Luftverkehrsunfällen erhoben werden und von den Luftfahrtversicherern eher großzügig reguliert werden. Kommt es insoweit einmal zu Streitfällen, sollen diese einer gerichtlichen Klärung vorbehalten bleiben.

Die der Schlichtung unterstellten Geldansprüche sind grundsätzlich auf einen Streitwert von 5 000 Euro begrenzt. Damit sollen alle Zahlungsansprüche, die außerhalb von Personenschäden einem Fluggast bei einer Luftbeförderung normalerweise entstehen können, erfasst werden. Diese Bemessung orientiert sich an der Haftungshöchstgrenze des üblicherweise höchsten erfassten Anspruchs, dem Anspruch auf den Verspätungsschaden nach Artikel 19, Artikel 22 Absatz 1 des Montrealer Übereinkommens (MÜ) bzw. § 46 Absatz 2 LuftVG. Sie beträgt 4 694 Sonderziehungsrechte - ein Betrag, der etwa 5 000 Euro entspricht. Zudem liegt bei 5 000 Euro die Streitwertgrenze für die Zuständigkeit der Amtsgerichte in einem gerichtlichen Verfahren (§§ 23 Nummer 1, 71 Absatz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG)). Die materiellen Ansprüche bleiben von der Streitwertbegrenzung unbeeinflusst. Es gelten die für sie maßgeblichen Haftungshöchstbeträge.

Der Schlichtung sollen nach den §§ 57 Absatz 1 und 57a Absatz 1 nur Ansprüche von Fluggästen unterfallen. Unerheblich ist indes, wie die jeweilige Anspruchsgrundlage den Gläubiger bezeichnet, sei es als "Fluggast", wie das Unionsrecht und die §§ 44 ff. LuftVG, sei es als "Reisender", wie traditionell das Warschauer Abkommen (WA) und das Montrealer Übereinkommen. Insoweit wird der Begriff "Fluggast" hier in einem umfassenden Sinn verwendet.

Unerheblich ist auch, ob der Anspruch stellende Fluggast Vertragspartner des Luftfahrtunternehmens ist. Dies trägt der Tatsache Rechnung, dass zu schlichtende Ansprüche dem Fluggast auch dann zustehen können, wenn er den Beförderungsvertrag nicht mit dem Luftfahrtunternehmen geschlossen hat, das den Flug tatsächlich durchführt (z.B. Gepäckschadensansprüche aus Artikel 17 Absatz 2, Artikel 39 MÜ gegen den Codeshare-Partner als ausführender Luftfrachtführer) oder wenn er die Beförderungsleistung erhält, die einem anderen vertraglich geschuldet wird (z.B. Kinder aufgrund eines Vertrages mit den Eltern).

Die Schlichtung ist ein typisches Instrument zur schnellen und kostengünstigen Durchsetzung von Verbraucherrechten. Daher soll die Schlichtungsstelle auch nur wegen solcher Zahlungsansprüche aus einer Luftbeförderung angerufen werden können, die einem Verbraucher geschuldet wird. Der Vertragspartner muss Verbraucher sein; ob der anspruchsberechtigte Fluggast Verbraucher ist, ist unerheblich. Insoweit werden die §§ 57 Absatz 1 und 57a Absatz 1 durch § 57b Absatz 1 eingeschränkt. Luftbeförderungen aufgrund von Beförderungsverträgen, die von Luftfahrtunternehmen mit Unternehmen oder Behörden geschlossen werden, sollen nicht Gegenstand einer Schlichtung sein. Zwar kann etwa ein Anspruch nach der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 im Einzelfall dem Fluggast auch dann zustehen, wenn nicht er selbst Vertragspartei ist, sondern sein Arbeitgeber oder seine Dienststelle. Doch erfolgt hier die Luftbeförderung nicht nur in Erfüllung des Beförderungsvertrages, sondern zugleich im Rahmen eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses zwischen dem Vertragsgläubiger und dem Fluggast. Davon hängt ab, wem der Anspruch des Fluggastes letztlich zusteht und wer ihn daher - ggf. aus abgetretenem Recht - geltend machen kann. In diesen Fällen fehlt es jedenfalls an einer für die Schlichtung typischerweise notwendigen Schutzbedürftigkeit eines wirtschaftlich schwächeren und rechtlich ungewandten Anspruchstellers. Unterstellt bleiben der Schlichtung aber Ansprüche von Fluggästen, deren Luftbeförderung einem anderen geschuldet wird, wenn dieser Verbraucher ist, so etwa der Anspruch des Kindes bei einem von den Eltern abgeschlossenen Beförderungsvertrag oder der Anspruch des Kegelvereinsmitglieds bei einem vom einem Kegelbruder für alle Mitglieder gebuchten Kegelausflug. Auch im Versicherungsbereich ( § 214 VVG) und bei der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e.V. (söp) werden nur Verbraucheransprüche geschlichtet.

Der Schlichtung unterfallen nach den §§ 57 Absatz 1 und 57a Absatz 1 zudem nur Ansprüche gegen ein Luftfahrtunternehmen. Unerheblich ist, wie die jeweilige Anspruchsgrundlage den Schuldner bezeichnet, sei es als "Luftfahrtunternehmen", wie in der Verordnung (EG) Nr. 1107/2006, sei es als "ausführendes Luftfahrtunternehmen", wie in der Verordnung (EG) Nr. 261/2004, sei es als "Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft", wie in der Verordnung (EG) Nr. 2027/97 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 889/2002. Auch der traditionell als "Luftfrachtführer" bezeichnete Schuldner nach dem Warschauer Abkommen, dem Montrealer Übereinkommen oder den §§ 44 ff. LuftVG kann dazu zählen. Entscheidend ist allein, dass diese Schuldner eines Anspruchs nach den Nummern 1 bis 4 sein können und ein Luftfahrtunternehmen betreiben, für das sie - sofern sie einen Sitz in der Europäischen Union haben, nach der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 oder § 20 LuftVG - eine Betriebsgenehmigung benötigen. Insoweit wird auch der Begriff "Luftfahrtunternehmen" hier in einem umfassenden Sinn verwendet.

Das Luftfahrtunternehmen muss hiernach aber nur als Schuldner des von der Schlichtung betroffenen Zahlungsanspruchs in Betracht kommen. Ob dieses auch vertraglich mit dem Fluggast verbunden ist, ist unerheblich. Damit unterfallen der Schlichtung alle Zahlungsansprüche bis zu 5 000 Euro aus der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 wegen der Nichtbeförderung, der verspäteten Beförderung von Fluggästen oder der Annullierung von Flügen. Denn hiernach ist immer nur das ausführende Luftfahrtunternehmen, unabhängig von einer vertraglichen Bindung, verpflichtet (Artikel 2, Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 261/2004). Ansprüche bis zu 5 000 Euro nach dem Warschauer Abkommen, dem Montrealer Übereinkommen, der Verordnung (EG) Nr. 2027/97 in Verbindung mit dem Montrealer Übereinkommen oder nach dem LuftVG wegen Gepäck- und Verspätungsschäden unterfallen damit der Schlichtung jedenfalls insoweit, als sie sich gegen den ausführenden Luftfrachtführer (im Sinne von Artikel 39 MÜ) richten. Solche Ansprüche gegen vertragliche Luftfrachtführer (im Sinne von Artikel 39 MÜ) sind ihr indes nur so weit unterworfen, wie der vertragliche Luftfrachtführer auch Luftfahrtunternehmen ist (z.B. beim Codeshare-Flug). Geldansprüche nach den §§ 280 ff., 683 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) wegen Nichterfüllung der durch die Verordnung (EG) Nr. 261/2004 geschuldeten Betreuungsleistungen unterfallen der Schlichtung ebenso, wie Zahlungsansprüche wegen Nichterfüllung von Pflichten gegenüber behinderten und mobilitätseingeschränkten Passagieren nach der Verordnung (EG) Nr. 1107/2006 - unabhängig von einer vertraglichen Bindung -, soweit hiernach die Pflicht von einem Luftfahrtunternehmen zu erbringen war. Ansprüche gegen den vertraglich zur Erbringung der Luftbeförderung Verpflichteten, der nicht Luftfahrtunternehmen ist, können hingegen nur im gerichtlichen Verfahren geltend gemacht werden. Dies betrifft vor allem Ansprüche von Fluggästen gegen ihre Pauschalreiseveranstalter, gleichviel aus welchem Rechtsgrund, sofern diese nicht ausnahmsweise Luftfahrtunternehmen sind.

Die der Schlichtung im Einzelnen unterstellten Ansprüche sollen aus typischerweise einfach zu beurteilenden Lebenssachverhalten folgen. Welche Lebenssachverhalte dies sind, beschreiben die Nummern 1 bis 4. Aus welcher Anspruchsgrundlage diese Ansprüche folgen, ist unerheblich. Auf ihre Nennung wurde wegen ihrer großen Vielzahl und Kompliziertheit sowie zum Erhalt der Lesbarkeit der Vorschrift verzichtet. Geldansprüche aus folgenden Lebenssachverhalten sollen der Schlichtung unterfallen:

Dies sind nach Nummer 1 die Nichtbeförderung (Überbuchung), Annullierung und Verspätung von Flügen, gleichviel aus welchem Rechtsgrund. Diesbezügliche Ansprüche können sich zunächst aus der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 ergeben, sei es, dass hiernach Ansprüche auf Ausgleichsleistungen (Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004) oder auf Erstattung der Flugscheinkosten (Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004) geltend gemacht werden. Ansprüche auf Betreuungsleistungen nach Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 gehen nicht auf Geld, sondern auf Sach- oder Dienstleistungen bzw. vertretbare Handlungen (Mahlzeiten, Erfrischungen, Hotelunterbringung, Transfer, Gelegenheit zur Nutzung von Telekommunikationseinrichtungen). Sie unterfallen daher nicht unmittelbar der Schlichtung, zumal bereits durch die Eigenart der Ansprüche ihre spätere Schlichtung regelmäßig nicht in Betracht kommen dürfte. Die in Absatz 1 genannten Lebenssachverhalte sind jedoch weit auszulegen und sollen auch solche Geldansprüche erfassen, die nur mittelbar aus einer Nichtbeförderung, Annullierung oder Verspätung folgen, unmittelbar hingegen aus einer Nichterfüllung aus Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 geschuldeter Betreuungsleistungen. Diese Ansprüche ergeben sich nicht aus der Verordnung, sondern als Schadens- oder Aufwendungsersatzanspruch in Geld aus den §§ 280 ff., 683 BGB. Geldansprüche bei Verspätung können auch aus Artikel 19 WA, Artikel 19, Artikel 22 Absatz 1 MO oder § 46 LuftVG folgen, soweit hiernach konkrete Schadensersatzansprüche wegen verspäteter Beförderung des Fluggastes bestehen. Auch sie werden nach Nummer 1 der Schlichtung unterstellt. Ist eine Luftbeförderung nicht vom Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 erfasst, etwa weil ein Nicht-EU-Luftfahrtunternehmen den Flug von einem Nicht-EU-Flughafen ausführt (Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004), und liegt eine Nichtbeförderung, Annullierung oder Verspätung des Fluges vor, unterfallen auch hieraus resultierende Zahlungsansprüche, gleichviel aus welchem Rechtsgrund, der Schlichtung, wenn deutsche Gerichte für diese Ansprüche zuständig sind (§ 57b Absatz 2 Satz 1 Nummer 1).

Die Nummern 2 und 3 unterstellen Ersatzleistungen in Geld für Schäden an (aufgegebenem) Reisegepäck und an Handgepäck, gleichviel aus welchem Rechtsgrund, der Schlichtung. Diese Ansprüche können sich insbesondere aus Artikel 18 WA, Artikel 17 Absatz 2 bis 4 MO, Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 2027/97 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 889/2002 in Verbindung mit Artikel 17 Absatz 2 bis 4 MO oder aus § 47 LuftVG ggf. in Verbindung mit Artikel 12 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2006 ergeben.

Schließlich unterstellt Nummer 4 Zahlungsansprüche im Zusammenhang mit Pflichtverletzungen bei der Beförderung behinderter oder mobilitätseingeschränkter Personen der Schlichtung. Dies nimmt Bezug auf die besonderen Pflichten gegenüber solchen Fluggästen, die aus der Verordnung (EG) Nr. 1107/2006 folgen. Diese Verordnung verpflichtet aber nicht unmittelbar zur Zahlung von Geld, sondern zur Leistung von Diensten oder anderen vertretbaren oder unvertretbaren Handlungen gegenüber behinderten oder mobilitätseingeschränkten Fluggästen. Erst ihre Nichterfüllung kann Zahlungsansprüche in Geld als Schadens- oder Aufwendungsersatzansprüche nach den §§ 280 ff., 683 BGB auslösen. Erfasst werden aber nur Zahlungsansprüche aus der Nichterfüllung solcher Pflichten, die nach der Verordnung (EG) Nr. 1107/2006 die Luftfahrtunternehmen treffen und für deren Nichterfüllung sie daher im Wege des Schadens- oder Aufwendungsersatzes einzustehen haben. Nicht erfasst werden hingegen Pflichten der Flughäfen, deren Leitungsorganen bei allen Dienstleistungen aus der Verordnung (EG) Nr. 1107/2006 die Gesamtverantwortung obliegt, so dass aus deren Nichterfüllung Zahlungsansprüche von Fluggästen nur gegen diese resultieren können. Dies ergibt sich aus den §§ 57 Absatz 1, 57a Absatz 1, wonach nur Ansprüche gegen Luftfahrtunternehmen geschlichtet werden. Werden allgemeine Pflichten verletzt, die gegenüber jedem Fluggast bestehen, ist Nummer 4 nicht anwendbar.

Selbstverständlich sind die Beteiligten durch § 57b Absatz 1 Satz 1 nicht gehindert, auch wegen anderer Ansprüche eine privatrechtlich organisierte Schlichtung zu nutzen, wenn die Schlichtungsstelle dazu bereit ist und die betroffenen Luftfahrtunternehmen damit generell oder im Einzelfall einverstanden sind. Absatz 1 Satz 2 eröffnet einer privatrechtlich organisierten Schlichtungsstelle ausdrücklich die Möglichkeit, in ihrer Verfahrensordnung auch Streitigkeiten über Zahlungsansprüche von mehr als 5 000 Euro der Schlichtung nach § 57 zu unterstellen. § 57b Absatz 1 Satz 1 legt mit der Konkretisierung der zu schlichtenden Ansprüche nur fest, welche Ansprüche von einer privatrechtlich organisierten Schlichtungsstelle zumindest geschlichtet werden müssen, um die Anerkennung nach § 57 zu erlangen, und welche Ansprüche der behördlichen Schlichtung unterfallen.

Zu Absatz 2

Absatz 2 Satz 1 regelt die Voraussetzungen, unter denen die Anrufung einer Schlichtungsstelle zulässig ist:

Vor einer Schlichtungsstelle können nur solche Ansprüche geltend gemacht werden, die in die Zuständigkeit deutscher Gerichte fallen (Nummer 1).

Schlichtung soll weiterhin grundsätzlich nur dann zulässig sein, wenn die Streitigkeit nicht anderweitig zur Streitentscheidung oder Schlichtung ansteht oder bereits anderweitig erledigt ist. In diesen Fällen ist keine Schlichtung (mehr) erforderlich. Es besteht kein Rechtsschutzbedürfnis des Fluggastes. Im Einzelnen dürfen die bei der Schlichtungsstelle geltend gemachten Ansprüche daher gerichtlich nicht anhängig sein oder anhängig gewesen sein (Nummer 2). Absatz 2 Satz 2 stellt klar, dass die Schlichtung nach den §§ 57 und 57a auch dann unzulässig wird, wenn der Anspruch während des Schlichtungsverfahrens bei einem Gericht anhängig gemacht wird. Ebenso wenig dürfen diese Ansprüche bei einer anderen oder derselben anerkannten oder behördlichen Schlichtungsstelle nach den §§ 57, 57a anhängig sein oder anhängig gewesen sein (Nummer 3). Nicht ausgeschlossen werden soll nach Nummer 3, zweiter Halbsatz jedoch die Möglichkeit, eine Schlichtungsstelle (nochmals) anzurufen, wenn eine frühere Anrufung deshalb unzulässig war, weil der Anspruch nicht schon unmittelbar gegenüber dem Unternehmen geltend gemacht worden war oder weil seit der Geltendmachung noch nicht 30 Tage verstrichen waren (Nummer 5) oder wenn die frühere Anrufung aus anderen Gründen unzulässig war. Ausgeschlossen ist die Anrufung der Schlichtungsstelle weiterhin, wenn die Streitigkeit durch außergerichtlichen Vergleich beigelegt wurde (Nummer 4).

Die Schlichtung soll ein Kunden- oder Beschwerdemanagement der Luftfahrtunternehmen nicht ersetzen. Im Gegenteil sollen die Luftfahrtunternehmen zunächst selbst Gelegenheit haben, die Ansprüche zu prüfen und ggf. zu erfüllen, bevor sie einem Schlichtungsverfahren unterzogen werden. Der Schlichtung muss daher zwingend eine Geltendmachung des Anspruchs gegenüber dem betroffenen Luftfahrtunternehmen vorausgehen (Nummer 5). Sodann muss dem Luftfahrtunternehmen ausreichend Zeit für eine Prüfung und ggf. Erfüllung des geltend gemachten Anspruchs verbleiben. Hierfür sieht Nummer 5 eine Frist von 30 Tagen vor. Nur wenn der Anspruch gegenüber dem Luftfahrtunternehmen geltend gemacht wurde und seit der Geltendmachung mehr als 30 Tage vergangen sind, ohne dass der Anspruch reguliert wurde, kann eine Schlichtungsstelle nach den §§ 57, 57a angerufen werden. Die Bemessung dieser Frist folgt den Antwortfristen für das Kunden- und Beschwerdemanagement nach den Verordnungen über Fahrgastrechte im Eisenbahnverkehr (Artikel 27 Verordnung (EG) Nr. 1371/2007) und im Kraftomnibusverkehr (Artikel 27 Verordnung (EG) Nr. 181/2011). Berücksichtigt wurde zudem, dass nach § 286 Absatz 3 BGB nach Ablauf von 30 Tagen die Verzugsfolgen eintreten.

Der Belastung der Schlichtungsstelle mit Bagatellfällen soll eine Anspruchsschwelle von 10 Euro vorbeugen (Nummer 6). Verzichtet der Fluggast nicht auf die Geltendmachung geringerer Ansprüche, was durchaus zumutbar erscheint, bleibt nur ihre gerichtliche Geltendmachung.

Zu Absatz 3

Die Klärung grundsätzlicher Rechtsfragen durch die Rechtsprechung soll durch die Schlichtung nicht verhindert werden. Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn ihre Beantwortung zweifelhaft ist oder wenn zu ihr unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und die Frage höchstrichterlich noch nicht entschieden ist (vgl. Musielak, ZPO, § 511, Rn. 5a, m. w. N.). In diesen Fällen steht es der Schlichtungsstelle nach Absatz 3 frei, eine Schlichtung abzulehnen, wenn diese die Klärung einer grundsätzlichen Rechtsfrage beeinträchtigen würde. Allerdings kann die Schlichtungsstelle im Einzelfall die Durchführung einer Schlichtung gleichwohl als vorzugswürdig erachten, wenn diese der raschen und dauerhaften Befriedung dient und unter Berücksichtigung der Interessen der Beteiligten angezeigt erscheint. Die Entscheidung über die Ablehnung steht im Ermessen der Schlichtungsstelle.

Zu Absatz 4

Soll die außergerichtliche Streitbeilegung im Wege der Schlichtung auch eine schnelle und kostengünstige Realisierung berechtigter und eine ebensolche Abwehr unberechtigter Ansprüche ermöglichen, so soll und muss jedoch sowohl für die Fluggäste als auch für die Luftfahrtunternehmen der Weg zu den Gerichten unverändert eröffnet bleiben. Dies gebietet der verfassungsrechtlich vorgegebene Justizgewährleistungsanspruch. Absatz 4 stellt dies nochmals klar. Die Einleitung eines Schlichtungsverfahren ist weder Voraussetzung einer gerichtlichen Geltendmachung von Fluggastansprüchen, noch ist ein Beteiligter an den Schlichtungsvorschlag gebunden.

Erst mit der Annahme des Schlichtungsvorschlags durch beide Beteiligte tritt eine vertragliche Bindung ein. In diesem Fall kann der Anspruch auch nicht mehr erfolgreich gerichtlich geltend gemacht werden. Insbesondere kann ein weitergehender Zahlungsanspruch nicht mehr realisiert werden. Der im Rahmen der außergerichtlichen Streitbeilegung geschlossene Vergleich ist ein schuldrechtlicher Vertrag, der als Änderungsvertrag zugleich Verfügungsgeschäft ist, das auf das Ausgangsrechtsverhältnis unmittelbar einwirkt. Aufgrund typischerweise wechselseitig erbrachter Anerkenntnisse und Verzichte steht im Rahmen der Begründetheit einer Klage dem Zahlungsanspruch des Fluggastes das Erlöschen der Forderung durch Erlass oder Erfüllung entgegen (§ 397 Absatz 1 BGB, § 362 Absatz 1 BGB).

Zu § 57c (Verordnungsermächtigungen)

§ 57c enthält Verordnungsermächtigungen, damit die gesetzlichen Regelungen zur Schlichtung (§§ 57 bis 57b) im Verordnungswege konkretisiert und ergänzt werden können. Eine Rechtsverordnung zur weiteren Ausgestaltung der privatrechtlich organisierten und der behördlichen Schlichtung, zur Konkretisierung der schlichtenden Behörde und zu den von ihr zu erhebenden Gebühren soll alsbald nach Inkrafttreten des § 57c erlassen werden. Im Einzelnen regelt danach das Bundesministerium der Justiz im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie durch Rechtsverordnung Folgendes näher:

Darüber hinaus kann die Rechtverordnung auch die Anforderungen an die privatrechtlich organisierten Schlichtungsstellen und das von ihnen zu gewährleistende Schlichtungsverfahren regeln.

Ferner soll es möglich sein, die in § 57b genannten Beträge ohne Gesetzesänderung in einem Verordnungsgebungsverfahren der allgemeinen Preissteigerung anzupassen. Die diesbezügliche Verordnungsermächtigung erstreckt sich auf die Anpassung des Höchstbetrags von 5 000 Euro der zu schlichtenden Ansprüche nach § 57b Absatz 1 sowie auf die Bagatellgrenze von 10 Euro nach § 57b Absatz 2 Satz 1 Nummer 6. Voraussetzung der Anpassung ist, dass die Differenz der allgemeinen Preissteigerungsrate zu den Beträgen bei Inkrafttreten des Gesetzes oder der letzten Anpassung mehr als 10 Prozent ausmacht. Nicht angepasst werden sollen die Maximalbeträge für das vor Einleitung eines Schlichtungsverfahrens zu zahlende Entgelt bzw. die zu entrichtende Gebühr nach § 57 Absatz 5 bzw. § 57a Absatz 4. Diese Beträge sind nur einmalig für die nach zwei Jahren durchzuführende Evaluierung unbegründeter Anrufungen der Schlichtungsstelle erheblich. Dass sich binnen dieser zwei Jahre die Preissteigerungsrate so erheblich ändert, dass eine Anpassung notwendig wäre, ist nicht zu erwarten.

Zu Nummer 4 (Änderung von § 72)

Nummer 4 enthält eine Übergangsvorschrift für die Einführung einer Schlichtung nach diesem Gesetz:

§ 72 wird um einen Absatz 4 ergänzt. Danach können nur Ansprüche nach den neuen §§ 57 bis 57c geschlichtet werden, die nach ihrem Inkrafttreten entstanden sind. Dies soll einer Überlastung der Schlichtungsstellen mit Altfällen, insbesondere in ihrer Anlaufphase, vorbeugen.

Zu Artikel 2 (Inkrafttreten)

Artikel 2 regelt das Inkrafttreten des Gesetzes. Danach treten die Verordnungsermächtigungen des § 57c am Tag nach der Verkündung, die übrigen Regelungen zur Schlichtung am ersten Tag des noch im Gesetzgebungsverfahren festzulegenden, auf die Verkündung folgenden Kalendermonats in Kraft.

Ein gespaltenes Inkrafttreten ist erforderlich, um sicherzustellen, dass die zur Konkretisierung und Ergänzung der gesetzlichen Regelungen notwendige Rechtsverordnung einerseits auf einer ausreichenden Ermächtigungsgrundlage basiert, andererseits auch sie bei Inkrafttreten der substanziellen Schlichtungsregelungen vorliegt. Dass diese Regelungen erst am ersten Tag des noch im Gesetzgebungsverfahren festzulegenden, auf die Verkündung folgenden Kalendermonats in Kraft treten sollen, ist zudem der Tatsache geschuldet, dass die behördliche Schlichtung nach § 57a erhebliche organisatorische und haushälterische Vorbereitungen erfordert, die eine Arbeitsaufnahme erst nach einem entsprechenden Vorlauf ermöglichen.

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Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKR-Gesetz: NKR-Nr. 1791:
Gesetz zur Schlichtung im Luftverkehr

Der Nationale Normenkontrollrat hat den oben genannten Entwurf geprüft.

Gegenstand des Gesetzentwurfs ist die Anerkennung privatrechtlich organisierter Schlichtungsstellen und die Einrichtung einer behördlichen Schlichtung für Verbraucheransprüche im Luftverkehr.

Durch die Einrichtung der Schlichtungsstelle entsteht bei den betroffenen Unternehmen, die sich freiwillig an der Schlichtungsstelle beteiligen, einmaliger Erfüllungsaufwand in Höhe von rund 22.000 Euro sowie jährlicher Erfüllungsaufwand, der sich hauptsächlich aus Personalkosten zusammensetzt, in Höhe von rund 1,2 Mio. Euro. Davon entfallen 6.000 Euro jährlich auf Bürokratiekosten aus drei neuen Informationspflichten. Für den Bund entstehen zusätzliche jährliche Kosten in Höhe von rund 377.000 Euro durch den Betrieb der behördlichen Schlichtungsstelle. Für Bürgerinnen und Bürger entsteht im Falle der Anrufung der Schlichtungsstelle geringfügiger Erfüllungsaufwand. Dieser dürfte deutlich unter dem Aufwand zur Durchsetzung der entsprechenden Ansprüche vor Gericht liegen.

Der Nationale Normenkontrollrat hat gegen das Regelungsvorhaben keine Bedenken.

Dr. Ludewig Schleyer
Vorsitzender Berichterstatter