Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.
Hinweis: vgl. Drucksache 548/98 = AE-Nr. 981891 und AE-Nr. 070029
Brüssel, den 30.6.2011 KOM (2011) 393 endgültig Grünbuch
Das System der Europäischen Union zur Kontrolle der Ausfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck: in einer Welt des Wandels Sicherheit und Wettbewerbsfähigkeit gewährleisten Grünbuch
Das System der Europäischen Union zur Kontrolle der Ausfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck: in einer Welt des Wandels Sicherheit und Wettbewerbsfähigkeit gewährleisten
1. Einleitung
Die Kontrolle der Ausfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck, d.h. Gütern, die sowohl für zivile als auch für militärische Zwecke verwendet werden können ("dual use"), steht im Vordergrund der internationalen Bemühungen um Nichtverbreitung. Ausfuhrkontrollen werden bei Gütern mit doppeltem Verwendungszweck zu Sicherheitszwecken durchgeführt; dies geschieht durch handelspolitische Maßnahmen, die für den Export solcher Güter in Drittländer eine Genehmigung vorschreiben. Aufgrund des hochtechnologischen Charakters dieser Waren und Technologien sowie wegen ihres beträchtlichen Handelsvolumens ist der Dual-Use-Bereich von entscheidender Bedeutung für die Bestrebungen der EU im Hinblick auf Innovation und Wettbewerbsfähigkeit.
Daher ist bei der Ausfuhrkontrolle besonders darauf zu achten, wie sich ein angemessenes Gleichgewicht zwischen dem verfolgten Sicherheitsziel und der notwendigen Unterstützung von Unternehmenstätigkeiten erreichen lässt. Dieser enge Zusammenhang zwischen Sicherheit und Handel bildet den Kern der Kontrolle der Ausfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck, und er verursacht bei der Umsetzung von Kontrollmaßnahmen innerhalb der Europäischen Union besondere Schwierigkeiten.
Seit 19951 ist allgemein anerkannt, dass die Kontrolle der Ausfuhr von Dual-Use-Gütern in die ausschließliche Zuständigkeit der Europäischen Union fällt und Bestandteil der gemeinsamen Handelspolitik der EU ist. Aufgrund dieser ausschließlichen Zuständigkeit sind die Mitgliedstaaten nicht zuständig, außer in Fällen, in denen sie von der Union besonders ermächtigt werden. 2 Eine solche Ermächtigung zur Einführung besonderer nationaler Maßnahmen erhielten die Mitgliedstaaten durch die Ausfuhrverordnung 3 ; sie liegt auch in den Rechtsvorschriften zur Errichtung des EU-Systems zur Kontrolle der Ausfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck (Verordnung (EG) Nr. 428/2009 - Dual-Use-Verordnung) vor.
Ausfuhrkontrollen in der EU sind demzufolge ein Ausfluss handels- und sicherheitspolitischer Erwägungen einerseits und von Maßnahmen der EU und der Mitgliedstaaten andererseits. Selbstverständlich sollten im Falle außergewöhnlicher Umstände, die wesentliche Sicherheitsinteressen eines Mitgliedstaats berühren, Letztere den Ausschlag geben. Diese Ausnahme zur Wahrung der Sicherheit ist jedoch nicht als eine weit gefasste Genehmigung zu verstehen, die nationale Alleingänge ermöglicht, wann immer ein Mitgliedstaat Maßnahmen ergreifen will.4
Im Zuge der Entwicklung des EU-Systems zur Ausfuhrkontrolle während der vergangenen zehn Jahre haben sich diese handels- und sicherheitspolitischen Erwägungen miteinander verschränkt. Statt eines harmonisierten EU-Ansatzes der Ausfuhrkontrolle, bei dem fallweise Sicherheitserwägungen zur Geltung gebracht werden, um wesentliche Sicherheitsinteressen zu schützen und mit hohem Risiko behaftete Transaktionen zu vermeiden, werden überall in der EU unterschiedliche Ansätze der Ausfuhrkontrolle verfolgt. Diese reichen von außerordentlich harten Ausfuhrbeschränkungen, die Ausführern in einigen Mitgliedstaaten auferlegt werden, bis zu breit angelegten Handelserleichterungen, die bestimmten Ausführern in bestimmten Mitgliedstaaten die Ausfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck weitestgehend ermöglichen sollen.
2. Zweck des Grünbuchs
Nach Artikel 25 der Dual-Use-Verordnung muss die Kommission einen Bericht über die Umsetzung des EU-Systems zur Ausfuhrkontrolle und über potenzielle Reformfelder erstellen. Zweck dieses Grünbuchs ist es daher, eine breite öffentliche Diskussion zur Funktionsweise des derzeitigen EU-Systems zur Kontrolle der Ausfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck einzuleiten. 5 Bei dieser Konsultation sollen Stellungnahmen aus der Zivilgesellschaft, von Nichtregierungsorganisationen, aus Wirtschaft und Wissenschaft sowie von den Regierungen der Mitgliedstaaten zu folgenden Themen gesammelt werden:
- - die detaillierten Bestimmungen des derzeitigen Rahmens der Ausfuhrkontrolle, um die Überarbeitung des Systems vorzubereiten;
- - die allmähliche Reform des EU-Systems zur Kontrolle der Ausfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck, damit dieses an die sich rasch wandelnden Bedingungen der modernen Welt angepasst wird.
Die Ergebnisse der Konsultation werden somit zur Ermittlung der Stärken und Schwächen des derzeitigen Systems beitragen und zu einer Vorstellung vom EU-Rahmen für die Ausfuhrkontrolle auf längere Sicht führen. Diese Ergebnisse werden dann in konkrete Änderungen des derzeitigen Systems umgesetzt und fließen in eine langfristige Strategie zur Entwicklung von Ausfuhrkontrollen in der EU ein.
3. Aufbau dieses Grünbuchs
Zur Erleichterung des Konsultationsverfahrens und damit die kurzfristigen Elemente des Überarbeitungsprozesses von der Erörterung mittel- bis langfristiger Aspekte getrennt sind, besteht dieses Grünbuch aus drei separaten Teilen:
- - Im ersten Teil geht es um den breiteren Kontext der Ausfuhrkontrollen.
- - Der zweite Teil befasst sich mit den Einzelheiten des derzeitigen EU-Systems zur Kontrolle der Ausfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck, wie es in der Verordnung Nr. 428/2009 festgelegt ist.
- - Thema des dritten Teils ist die Frage, in welche Richtung sich der EU-Rahmen für die Dual-Use-Ausfuhrkontrolle entwickeln könnte.
4. EU-Ausfuhrkontrollen in einer WELT des Wandels
4.1. Bedeutung des Dual-Use-Bereichs für die Wirtschaft der EU
Die Dual-Use-Branche in der EU ist von beträchtlichem Umfang; rund 5000 Unternehmen tätigen Exporte kontrollierter Güter mit doppeltem Verwendungszweck, deren prozentualer Anteil an den Ausfuhren der Union nicht zu vernachlässigen ist. 6 Außerdem deckt die Dual-Use-Branche ein breites Spektrum von Ausführern ab, die unter anderem in folgenden Bereichen tätig sind: Ausrüstungen zur Verarbeitung kerntechnischer, biologischer und chemischer Materialien, allgemeine Elektronik, Computer, Telekommunikation, Verschlüsselung, Sensoren und Laser, Luftfahrtelektronik und Navigation, Schiffsausrüstung, Raumfahrzeuge und Antriebssysteme. Aufgrund des Charakters dieser Tätigkeiten sind Güter mit doppeltem Verwendungszweck häufig Spitzentechnologie und spiegeln die weltweit führende Stellung der EU auf technischem Gebiet wider. Die Dual-Use-Branche beschäftigt zahlreiche hochqualifizierte Arbeitskräfte, die von entscheidender Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit der EU sind.
Fragen:
An Ausführer:
- (1) Welche Bedeutung hat Ihrer Ansicht nach der Dual-Use-Bereich für die Wirtschaft der EU?
- (2) Welche Bedeutung haben Dual-Use-Ausfuhren für Ihr Unternehmen? Wie hoch sind die mit der Einhaltung der vorgeschriebenen Bestimmungen verbundenen Kosten? Bitte nennen Sie Zahlen dazu.
An die zuständigen Stellen der Mitgliedstaaten:
- (3) Wie hoch ist der Wert der Dual-Use-Ausfuhren aus Ihrem Land (in absoluten Zahlen und in Prozent des Gesamtexports Ihres Landes)?
4.2. Kontrolle der Ausfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck in einer sich entwickelnden Welt
Der Charakter der Dual-Use-Güter bringt es mit sich, dass die am weitesten entwickelten
Güter nur von einer begrenzten Zahl von Ländern geliefert werden. Diese Lieferländer kooperieren untereinander im Rahmen von vier internationalen Ausfuhrkontrollregelungen: der Australischen Gruppe (AG), des Missile Technology Control Regime (MTCR), der Nuclear Suppliers' Group (NSG) und des Wassenaar Arrangement. Durch diese Kooperation soll das Risiko begrenzt werden, dass sensitive Güter missbräuchlich für militärische Zwecke oder zur Herstellung von Massenvernichtungswaffen (MVW) verwendet werden. 7
Nicht alle Länder, die Güter mit doppeltem Verwendungszweck liefern, sind Mitglied sämtlicher internationaler Regelungen zur Ausfuhrkontrolle und nicht alle Mitglieder der Regelungen verfügen über gleichermaßen effiziente Ausfuhrkontrollsysteme. Daher ist es möglich, dass eine Reihe sensitiver Güter überhaupt keinen Exportkontrollen unterliegt oder nur minimal kontrolliert wird. Die Frage der Verfügbarkeit kontrollierter Güter im Ausland ist ein wesentliches Element der Erwägungen zur Ausfuhrkontrolle, denn sie beeinflusst die Entscheidung, ob bestimmte Güter kontrolliert werden, in beträchtlichem Ausmaß. Stehen bestimmte Güter im Ausland ohne weiteres zur Verfügung, spricht nur wenig für ihre Kontrolle, denn die entsprechenden Ausfuhrkontrollbeschlüsse können sich negativ auf das Geschäftsergebnis auswirken und erreichen gleichzeitig möglicherweise keinerlei Sicherheitsziele.
Die Frage der Verfügbarkeit im Ausland ist einer der vielen Handelsaspekte, die bei den internationalen Bemühungen um Ausfuhrkontrolle eine große Rolle spielen und eng mit der weltweit zu beobachtenden dynamischen Entwicklung der Wirtschaft zusammenhängen. Markante wirtschaftliche Fortschritte, rasche Modernisierung, rasante Verbreitung von Technologien - all dies hat zur Steigerung des weltweiten Wohlstands beigetragen, aber die Prinzipien, von denen die Ausfuhrkontrollpolitik ausgeht, auch grundlegend verändert. Während man noch vor wenigen Jahrzehnten nur in einer sehr begrenzten Zahl der am weitesten entwickelten Länder mit kontrollierten Gütern rechnen konnte, ist das Angebot heute weitaus breiter gestreut. Technische Fortschritte und bessere Ausbildung haben dazu geführt, dass viele sensitive Güter in ganz unterschiedlichen Umgebungen gefertigt werden können, was ebenfalls zu dem erhöhten Angebot weltweit beigetragen hat.
Viele Lieferländer in der ganzen Welt haben diese Entwicklungen erkannt und ehrgeizige Reformen eingeleitet, die die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Industrie und ihre Exporte steigern, aber gleichzeitig ein annehmbares Sicherheitsniveau gewährleisten sollen. Diese Reformen stützen sich in erster Linie auf eine gewisse Priorisierung der Kontrollbemühungen bezüglich der mit dem größten Risiko behafteten Güter, d.h. die schärfsten Kontrollen konzentrieren sich auf die sensitivsten Güter und Bestimmungsländer. Unter anderem werden im Rahmen dieser Reformen weitreichende Ausfuhrerleichterungsmaßnahmen für weniger sensitive Exporte vorgeschlagen, die den lokalen Ausführern einen beträchtlichen Wettbewerbsvorteil gewährten.
Es besteht die Gefahr, dass die Kombination von Verfügbarkeit bestimmter Güter im Ausland und Vereinfachung der Ausfuhrkontrollverfahren in bestimmten Drittländern es EU-Ausführern erschweren würde, im Wettbewerb an den Weltmärkten mitzuhalten.
Fragen
An alle Interessenträger:
- (4) Wie wirkt sich die Verfügbarkeit bestimmter kontrollierter Güter im Ausland auf die Wettbewerbsfähigkeit der Ausfuhren von Dual-Use-Gütern aus der EU aus?
- (5) Wie wettbewerbsfähig sind EU-Ausführer von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck im Vergleich zu Ausführern aus Drittländern? Wie wirken sich Reformen der Ausfuhrkontrolle in Drittländern auf diese Wettbewerbsfähigkeit aus?
- (6) Wie würden Sie das derzeitige Ausfuhrkontrollsystem der EU im Vergleich zu den Ausfuhrkontrollsystemen von Drittländern einstufen?
- (7) Wie wirken sich Ausfuhrkontrollen für Güter mit doppeltem Verwendungszweck auf die internationale Zusammenarbeit im Bereich der Forschung und Innovation aus? Sollte der Rechtsrahmen der EU besondere Bestimmungen für derartige Tätigkeiten vorsehen?
4.3. Unterschiede in den nationalen Ansätzen zur Ausfuhrkontrolle von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck
Mit der Dual-Use-Verordnung besteht ein allgemeiner Rahmen für Maßnahmen der Ausfuhrkontrolle von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck in der Europäischen Union. Die praktische Umsetzung bleibt jedoch fast vollständig den Mitgliedstaaten überlassen; infolgedessen werden in der EU unterschiedliche Ansätze verwendet. Die Unterschiede in den nationalen Ansätzen lassen sich grob in drei Kategorien einteilen:
- - administrativ - Die Mitgliedstaaten verfolgen bezüglich Fragen wie Registrierungsanforderungen an Ausführer und Berichtswesen völlig unterschiedliche Ansätze. Insbesondere scheinen einige Mitgliedstaaten von den Ausführern in ihrem Land unternehmensinterne Programme zur Einhaltung der Ausfuhrkontrollverfahren zu verlangen, bevor diese Ausführer Güter mit doppeltem Verwendungszweck exportieren dürfen, während andere Mitgliedstaaten dies nicht tun.
- - Sachlich - Die Mitgliedstaaten nutzen die verschiedenen, im Rahmen der Dual-Use-Verordnung vorgesehenen Genehmigungen auf unterschiedliche Weise. Einige wenige Mitgliedstaaten haben beispielsweise nationale Allgemeingenehmigungen für die Ausfuhr eingeführt und damit Exporte für ihre Ausführer erleichtert, während Ausführern aus anderen Mitgliedstaaten diese Erleichterungsmaßnahmen nicht zugänglich sind.
- - Operativ - Die Mitgliedstaaten legen die Einträge in den Kontrolllisten verschieden aus und nutzen die Auffangbestimmungen ("Catchall"- Bestimmungen) der Dual-Use-Verordnung, nach denen für nicht auf der EU-Kontrollliste aufgeführte Güter Genehmigungspflichten eingeführt werden können, auf unterschiedliche Weise. 8
Diese Unterschiede führen dazu, dass die Ausfuhr eines bestimmten Guts aus einem Mitgliedstaat erheblich verzögert oder sogar verboten werden kann, während die Ausfuhr derselben Güter aus einem anderen Mitgliedstaat möglicherweise problemlos erfolgt. Man könnte erwägen, ob die bedeutendsten Unterschiede in der Anwendung der Dual-Use-Verordnung eingeschränkt werden sollten.
Fragen:
An alle Interessenträger:
- (8) Sind Sie aufgrund von Unterschieden in der Anwendung der Ausfuhrkontrolle bei den Mitgliedstaaten der EU auf Probleme gestoßen? Welcher Art waren diese Probleme?
4.4. Gleiche Ausgangschancen für EU-Ausführer
Der Wohlstand der Europäischen Union fußt auf einer Reihe grundlegender Prinzipien, darunter der freie Warenverkehr, die Niederlassungsfreiheit und der freie Wettbewerb, aus deren Verbindung das für Wirtschaftswachstum, Stabilität und Wohlstand erforderliche Umfeld entsteht. Diese Grundsätze bilden den Kern des Binnenmarkts. Die gemeinsame Handelspolitik der EU ist ein logischer Ausdruck dieser Prinzipien im Bereich des Handels; hier spricht die EU mit einer Stimme und gewährleistet die Gleichbehandlung der Ausführer aus allen 27 Mitgliedstaaten, was die notwendige Basis für einen erfolgreichen Wettbewerb am Weltmarkt schafft.
Das Gebiet der Ausfuhrkontrolle scheint in dieser Hinsicht eine besondere Herausforderung darzustellen; obwohl mehr als ein Jahrzehnt auf EU-Ebene an diesem Thema gearbeitet wurde, bleibt das Ausfuhrkontrollsystem der EU fragmentiert und gewährleistet Ausführern keine ähnlichen Standards wie in anderen Bereichen.
Natürlich sind Ausfuhrkontrollen für Güter mit doppeltem Verwendungszweck nicht wie andere Handelsbereiche zu betrachten. Diese Kontrollen verbinden die Aspekte Sicherheit und Nichtverbreitung mit der Notwendigkeit, die Wettbewerbsfähigkeit der EU-Wirtschaft zu fördern, und sollen beide Vorgaben in ein ausgewogenes Verhältnis bringen. In diesem Zusammenhang kann die Anwendung von Ausfuhrkontrollen entweder schwere Verluste für einen Ausführer bedeuten (falls er eine Ausfuhrgenehmigung nicht erhält) oder zu enormen Gewinnen führen (falls er eine Genehmigung rasch oder zumindest schneller als die Konkurrenz erhält). Die Fragen, welcher Verwaltungsaufwand den Ausführern zur Einhaltung der Ausfuhrkontrollbestimmungen entsteht und wie viel Zeit zur Einholung von Genehmigungen benötigt wird, sind daher von äußerster Wichtigkeit. Nach der inneren Logik des EU-Binnenmarkts und der gemeinsamen Handelspolitik sollten solche Fragen auf EU-Ebene behandelt werden, so dass sich europäische Unternehmen auf den Wettbewerb an den Weltmärkten konzentrieren können und wertvolle Ressourcen nicht auf die Einhaltung unterschiedlicher und manchmal widersprüchlicher Regeln in den einzelnen Mitgliedstaaten verwenden müssen. Es obliegt der EU und allen Mitgliedstaaten, diese gemeinsame Agenda voranzutreiben.
Fragen:
An alle Interessenträger:
- (9) Sind Sie der Meinung, dass der derzeitige EU-Rahmen für die Dual-Use-Ausfuhrkontrolle gleiche Ausgangschancen für die Ausführer in der EU bietet? Wenn nein, worin zeigen sich Unausgewogenheiten? Bitte nennen Sie Beispiele dafür.
5. Kontrolle der Ausfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck durch die EU NACH der Verordnung 428/2009
5.1. Überblick über das Ausfuhrkontrollsystem der EU für Güter mit doppeltem Verwendungszweck
In der Verordnung Nr. 428/2009 sind die wesentlichen Elemente des EU-Ausfuhrkontrollsystems für Dual-Use-Güter festgelegt; die praktische Umsetzung und die Festlegung weiterer Maßnahmen fällt meistens in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Im Rahmen ist unter anderem dargelegt, welche Arten von Genehmigungen erteilt werden können, und es werden die Bedingungen genannt, unter denen Kontrollen für "nicht gelistete" Güter eingeführt werden können; außerdem werden Konsultations- und Informationsaustauschverfahren sowie Vorschriften für die Verbringung bestimmter kontrollierter Güter innerhalb der Union festgelegt.
Nachstehend wird auf die wesentliche Elemente des Ausfuhrkontrollsystems näher eingegangen. Nach jedem Unterabschnitt folgt eine Reihe von Fragen, mit denen die Meinungen besonders betroffener Interessenträger im Hinblick auf die praktische Umsetzung der Dual-Use-Verordnung gesammelt werden sollen.
5.2. Die vorliegenden Genehmigungsarten
Derzeit sind in der Dual-Use-Verordnung vier Genehmigungsarten vorgesehen, von denen drei von den Mitgliedstaaten erteilt werden (Einzelgenehmigungen, Globalgenehmigungen und nationale Allgemeingenehmigungen für die Ausfuhr). Die allgemeine Ausfuhrgenehmigung der EU (EU GEA) EU001 in Anhang II der Verordnung wird von der Union erteilt. Die Kommission ist sich im Klaren darüber, dass die Bearbeitungszeiten und Anforderungen für die verschiedenen Genehmigungen in den einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedlich sind, und möchte daher bei den Interessenträgern weitere konkrete Informationen dazu sammeln, wie diese Genehmigungen in der EU gehandhabt werden.
Die Nutzung nationaler Allgemeingenehmigungen für die Ausfuhr (NGA) in der EU ist dabei aufgrund der beträchtlichen Auswirkungen dieser Genehmigungen auf die Ausfuhren von besonderem Interesse. Der positive Aspekt der NGA ist, dass sie die Güterausfuhr in Situationen mit geringem Risiko beträchtlich erleichtern können. Der negative Aspekt besteht darin, dass NGA nur Ausführern aus bestimmten Mitgliedstaaten zur Verfügung stehen und gegebenenfalls den Binnenmarkt verzerren. Nur sieben Mitgliedstaaten haben ihren Ausführern NGA zur Verfügung gestellt.
Fragen:
An alle Interessenträger:
- (10) Reicht der vorhandene EU-Genehmigungsrahmen aus? Wenn nein, wie wäre er zu ändern?
- (11) Wie lange braucht man zum Erhalt einer Einzel- oder Globalgenehmigung?
- (12) Gewährleisten die bestehenden Arten von Ausfuhrgenehmigungen die Gleichbehandlung der Ausführer in der ganzen EU und gleiche Ausgangschancen?
- (13) Worin liegt der Nutzen nationaler Allgemeingenehmigungen im Vergleich zu allgemeinen Ausfuhrgenehmigungen der EU?
- (14) Wie könnten die Vorteile der NGA auf Ausführer in anderen Mitgliedstaaten ausgeweitet werden?
An Ausführer:
- (15) Welche Genehmigungsart(en) nutzen Sie in erster Linie? Gibt es besondere Probleme bei der Einholung einer bestimmten Art von Genehmigungen?
An Genehmigungsbehörden:
- (16) Wie viele Genehmigungen haben Sie 2010 erteilt (aufgegliedert nach Art der Genehmigung)?
5.3. "Catchall"-Kontrollen
Nach Artikel 4 der Dual-Use-Verordnung dürfen Mitgliedstaaten für die Ausfuhr nicht in der EU-Kontrollliste aufgeführter Güter unter bestimmten Umständen eine Genehmigung vorschreiben. Diese Genehmigungspflicht gilt nur in dem die Genehmigung ausstellenden Mitgliedstaat und betrifft eine bestimmte Transaktion oder Art von Transaktion (z.B. Ausfuhren bestimmter Güter zu einem konkreten Bestimmungsziel oder Endverwender). Wegen seines eingeschränkten Geltungsbereichs könnte sich der derzeitige Auffangmechanismus nachteilig auf die Sicherheit und den Handel auswirken. Was den Sicherheitsaspekt betrifft, so kann dieser eingeschränkte Geltungsbereich bedeuten, dass gleiche oder ähnliche Güter aus anderen Mitgliedstaaten weiterhin verfügbar sind. Betrachtet man den Aspekt des Handels, so kann diese eingeschränkte Gültigkeit bedeuten, dass Konkurrenten in anderen Mitgliedstaaten mit einem bestimmten Gut weiterhin uneingeschränkt handeln können, auch wenn in einigen Mitgliedstaaten eine Genehmigungspflicht eingeführt wurde.
Fragen:
An alle Interessenträger:
- (17) Sind Sie zufrieden mit der Funktionsweise des derzeitigen Auffangmechanismus? Wenn nein, auf welche Probleme sind Sie gestoßen?
- (18) Führt das derzeitige System von "Catchall"-Kontrollen zu Verzerrungen im Binnenmarkt und zu ungleichen Ausgangschancen für EU-Ausführer?
- (19) Wie würden Sie die Anwendung von Auffangbestimmungen in der gesamten EU verbessern?
An Ausführer:
- (20) Waren Sie mit Situationen konfrontiert, in denen eine Auffangbestimmung für Ihre Ausfuhrtransaktion eingeführt wurde, während Ihre Konkurrenten weiterhin mit denselben Gütern handelten und diese möglicherweise zu demselben Endverwender oder Bestimmungsziel verbrachten? Bitte beschreiben Sie diese Situationen.
5.4. Durchfuhr- und Vermittlungskontrollen
Mit der Verordnung Nr. 428/2009 wurden völlig neue Kontrollen für Vermittlungstätigkeiten und Durchfuhr eingeführt. Was die Vermittlung betrifft, so ist für von der EU aus durchgeführte Tätigkeiten eine Genehmigung erforderlich, wenn die Transaktion Güter mit doppeltem Verwendungszweck betrifft, die von einem Drittland in ein anderes Drittland verbracht werden. Hinsichtlich der Durchfuhrkontrollen sind die Mitgliedstaaten ermächtigt, eine bestimmte Durchfuhr von Nicht-EU-Waren zu verbieten, aber die räumliche Gültigkeit des Verbots beschränkt sich auf den das Verbot erlassenden Mitgliedstaat.
Fragen:
An alle Interessenträger:
- (21) Worin besteht der Nutzen der derzeitigen Vermittlungskontrollen?
- (22) Könnte es erforderlich sein, den Geltungsbereich dieser Kontrollen so auszudehnen, dass auch Transaktionen aus der EU in Drittländer darunter fallen?
- (23) Wie funktioniert das derzeitige Durchfuhrkontrollsystem? Wie wirkt sich die räumlich beschränkte Gültigkeit von Verboten aus?
5.5. Weitere von den Mitgliedstaaten eingeführte Kontrollen
In der Dual-Use-Verordnung wird den Mitgliedstaaten gestattet, bestimmte zusätzliche nationale Maßnahmen bezüglich Gütern mit doppeltem Verwendungszweck einzuführen. Diese zusätzlichen Maßnahmen sind unter anderem in Bezug auf die "Catchall"-Kontrollen (Artikel 4 Absatz 5), auf die Kontrollen von Vermittlung, Durchfuhr und Verbringung innerhalb der EU sowie im Hinblick auf zusätzliche Listen von Gütern, die aus Gründen der öffentlichen Sicherheit oder aus Menschenrechtserwägungen kontrolliert werden (Artikel 8) vorgesehen.
Dass die Bereiche, in denen zusätzliche nationale Maßnahmen gestattet sind, so breit angelegt sind, könnte darauf hindeuten, dass zwischen den Mitgliedstaaten hinsichtlich des Ausmaßes notwendiger Dual-Use-Kontrollen beträchtliche Divergenzen bestehen.
Fragen:
An alle Interessenträger:
- (24) Wie wirken sich die Bestimmungen der Dual-Use-Verordnung, die die Einführung zusätzlicher Maßnahmen durch die Mitgliedstaaten gestatten, auf Sie aus?
- (25) Wie wirken sich diese zusätzlichen nationalen Maßnahmen auf die Wettbewerbsfähigkeit, die Handelsströme und die Sicherheit aus?
5.6. Kriterien für die Entscheidung über eine Ausfuhrgenehmigung
Artikel 12 der Dual-Use-Verordnung enthält eine Liste von Kriterien, die bei der Beurteilung von Genehmigungsanträgen herangezogen werden sollten. Positiv ist dabei, dass die Verordnung eine flexible Reihe von Kriterien enthält, die überall in der EU anzuwenden sind. Andererseits könnten diese Kriterien allzu allgemein sein, so dass sie unterschiedlich ausgelegt werden können.
Fragen:
An alle Interessenträger:
- (26) Sind Sie der Meinung, dass die in Artikel 12 aufgeführten Kriterien klar und präzise genug sind?
- (27) Ist es erforderlich, die von den Mitgliedstaaten zur Beurteilung von Ausfuhranträgen herangezogenen Kriterien stärker zu harmonisieren? Wenn ja, wie?
5.7. Genehmigungsverweigerungen
Artikel 13 der Dual-Use-Verordnung enthält detaillierte Bestimmungen über die Verweigerung von Ausfuhrgenehmigungen, Konsultationen und den Informationsaustausch unter den Mitgliedstaaten. Nach der Verordnung sollten die Mitgliedstaaten ihre Genehmigungsverweigerungen alle drei Jahre im Hinblick auf deren Widerruf, Änderung oder Bestätigung überprüfen.
Fragen:
An alle Genehmigungsbehörden:
- (28) Was halten Sie vom derzeitigen System der Genehmigungsverweigerung und vom Konsultationsmechanismus für solche Verweigerungen? Wie könnte man diesen Mechanismus verbessern?
- (29) Was halten Sie angesichts der für eine Überprüfung nötigen Arbeit und der Zahl der geltenden Verweigerungen von der Einführung einer Gültigkeitszeit von drei Jahren für jede Genehmigungsverweigerung? Liegt nach drei Jahren keine Änderung oder Bestätigung vor, würde automatisch widerrufen.
5.8. Kontrollen der Verbringung innerhalb der EU
Nach der Dual-Use-Verordnung muss die Verbringung bestimmter in Anhang IV der Verordnung aufgeführter Güter zwischen den EU-Mitgliedstaaten kontrolliert werden. Gleichwohl sind nach der Verordnung bestimmte EU-Projekte von diesen Kontrollen ausgenommen. Darüber hinaus scheinen einige wenige Mitgliedstaaten diese Kontrollen aufgrund zuvor unterzeichneter und weiterhin gültiger internationaler Verpflichtungen nicht voll anzuwenden.
Die Kommission hat mehrfach Rückmeldungen von Interessenträgern erhalten, denen zufolge diese Kontrollen innerhalb der EU die Zusammenarbeit der EU-Mitgliedstaaten bei verschiedenen Projekten unnötig behindern, da nicht nur materielle Güter sondern auch die einschlägigen Technologien kontrolliert werden. Kontrollen der Verbringung innerhalb der EU komplizieren die Aufnahme von Lieferanten oder Unterauftragnehmern mit Sitz außerhalb des federführenden Mitgliedstaats ungemein. Dies gilt auch für die Ausschreibungsphase. Darunter leidet die Zusammenarbeit zwischen in unterschiedlichen Mitgliedstaaten niedergelassenen Unternehmen. Dies gilt insbesondere für den Bereich der Kerntechnik.9
Kontrollen der Verbringung innerhalb der EU können widersinnigerweise sogar dazu führen, die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen, die in mehr als einem EU-Mitgliedstaat tätig sind, gegenüber Konkurrenten aus Drittländern zu verringern.
Fragen:
An alle Interessenträger:
- (30) Was halten Sie vom derzeitigen System der Kontrollen der Verbringung innerhalb der EU? Haben Sie zwischen den Mitgliedstaaten Unterschiede in den Verfahrensweisen beobachtet?
- (31) Ist es angemessen, die Verbringung innerhalb der EU genauso scharf zu beurteilen wie Ausfuhren in Drittländer?
- (32) Wie könnte man die Bestimmungen über die Kontrolle der Verbringung innerhalb der EU reformieren?
An Ausführer:
- (33) Wie wirken sich die Kontrollen innerhalb der EU auf Ihr Unternehmen und den Binnenmarkt aus? Beeinträchtigen diese Kontrollen Ihre Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Ausführern aus Drittländern, die in die EU exportieren? Bitte erläutern Sie.
- (34) Wie viel Zeit benötigt man ungefähr, um eine Genehmigung für die Verbringung eines in Anhang IV aufgeführten Gutes innerhalb der EU zu erhalten?
An Genehmigungsbehörden:
- (35) Was könnte getan werden, um die Kontrollen der Verbringung innerhalb der EU zu lockern und dabei gleichzeitig zu gewährleisten, dass internationale Verpflichtungen eingehalten werden?
5.9. EU-Kontrollliste
Die EU-Liste der in Anhang I der Dual-Use-Verordnung festgelegten kontrollierten Güter bildet die Grundlage für die Ermittlung der Ausfuhrkontrollen unterliegenden Güter. Die EU-Liste stellt eine konsolidierte Fassung der im Rahmen der internationalen Ausfuhrkontrollsysteme vereinbarten Kontrolllisten zuzüglich einiger weniger weiterer Güter dar. Die Liste enthält eine Reihe von Kriterien und Parametern, nach denen entschieden wird, ob ein bestimmtes Gut der Ausfuhrkontrolle unterliegt. Angesichts ihrer grundlegenden Bedeutung im Ausfuhrkontrollprozess sollte die EU-Kontrollliste von allen EU-Mitgliedstaaten einheitlich angewandt werden, so dass in der ganzen EU dasselbe Kontrollniveau erreicht wird.
Fragen:
An alle Interessenträger:
- (36) Wie beurteilen Sie die Qualität der EU-Kontrollliste? Wird sie oft genug aktualisiert?
- (37) Sind Sie auf Unterschiede zwischen den EU-Mitgliedstaaten bei der Auslegung der Einträge in der Liste gestoßen? Bitte erläutern Sie.
- (38) Ist die EU-Kontrollliste deutlich strikter als die Kontrolllisten von Drittländern? Hat das für Sie jemals zu Problemen geführt?
6. Die Entwicklung der Dual-Use-Ausfuhrkontrollen in der EU
6.1. Auf dem Weg zu einem neuen Modell der EU-Ausfuhrkontrolle
Der derzeitige EU-Rahmen für die Ausfuhrkontrolle hat deutliche Vor- und Nachteile. Lässt man einmal mögliche Meinungsverschiedenheiten bezüglich der wesentlichen Grundsätze der Ausfuhrkontrollen in der EU beiseite, so ist klar, dass dieser Rahmen sich in den kommenden Jahren entwickeln muss, um auf Herausforderungen zu reagieren, die in einer sich rasch wandelnden Welt entstehen. Der technische Fortschritt führt zu einer größeren Verfügbarkeit sensitiver Güter, was neue Gefahren für unsere Sicherheit mit sich bringt; dies bedeutet, dass möglicherweise bestimmte allmähliche Veränderungen innerhalb des EU-Systems vorgenommen werden müssen.
Manchmal dauert es lange, bis neue Ideen umgesetzt werden. Anlässlich dieses Grünbuchs sollten Stellungnahmen zu möglichen Reformbereichen und Marschrichtungen gesammelt werden, damit die nötigen Vorarbeiten so bald wie möglich beginnen können.
Dieser Abschnitt des Grünbuchs soll eine Debatte über die künftigen strategischen Optionen der Ausfuhrkontrolle von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck auf EU-Ebene einleiten.
6.2. Strategisches Ziel und risikoorientierte EU-Ausfuhrkontrollen
Ausfuhrkontrollen werden auch in Zukunft von der Notwendigkeit bestimmt werden, die Verbreitung sensitiver Güter oder deren Nutzung zu militärischen Zwecken durch staatliche wie nichtstaatliche Akteure zu verhindern. Die strategische Zielsetzung der EU-Ausfuhrkontrollen orientiert sich deshalb nach wie vor an der Gewährleistung der vollständigen Einhaltung der internationalen Bemühungen um Nichtverbreitung. Die zur Erreichung dieses Ziels benötigten Instrumente müssen im Laufe der Zeit wohl weiterentwickelt werden.
Die letzten Jahre haben gezeigt, dass eine gewisse Priorisierung der Maßnahmen im Bereich der Ausfuhrkontrollen erforderlich sein könnte. Die heutige Welt ist gekennzeichnet durch eine immer größere Verfügbarkeit bestimmter Güter, eine sich beschleunigende Globalisierung und neue Geschäftsmethoden, zu denen weltumspannende Lieferketten gehören. Bei Firmen, die kontrollierte Güter oder Technologien entwickeln oder dazu Zugang haben, handelt es sich häufig um multinationale Unternehmen, die eine rasche Verbringung kontrollierter Technologien für alltägliche Geschäftsvorgänge benötigen. Sogar für kleinere Unternehmen mit Sitz in nur einem Land gehört der weltweite Wettbewerb heute selbstverständlich zum Geschäftsleben. Rasch und pünktlich liefern zu können ist ein entscheidendes Element der dynamischen Geschäftswelt von heute.
Es ist durchaus davon auszugehen, dass Ausfuhren von Dual-Use-Gütern auch weiterhin einen beträchtlichen Teil des EU-Handels ausmachen und dass dieser Handel weit überwiegend zu legitimen Zwecken erfolgt. Gleichwohl wird es ebenfalls weiterhin eine kleine Gruppe von Ländern und kriminellen Organisationen geben, die an einem Zugang zu diesen Gütern wegen deren möglicher militärischer Nutzung interessiert sind. Zur Lösung dieses Dilemmas muss man auf Maßnahmen und Ansätze zurückgreifen, die an die moderne Welt angepasst sind. Die technische Entwicklung und die wachsende Zahl von Transaktionen belasten die begrenzten Ressourcen der Ausfuhrkontrollbehörden immer stärker. Eine umfassende Risikoorientierung auf allen Ebenen des Ausfuhrkontrollprozesses scheint für die Zukunft die einzige Lösung zu sein.
Gleichzeitig sollten die Vorteile des EU-Binnenmarkts und der gemeinsamen Handelspolitik voll ausgeschöpft werden. Die EU bietet ein einzigartiges wirtschaftliches Umfeld, in dem Unternehmen reibungslos in mehreren oder sämtlichen Mitgliedstaaten tätig sind und dadurch über eine gute Grundlage für den globalen Wettbewerb verfügen. Man müsste die Anstrengungen wohl bündeln, um zu gewährleisten, dass diverse Unterschiede in den von den Mitgliedstaaten verfolgten Ansätzen diese Wettbewerbsfähigkeit nicht gefährden.
Infolgedessen ist es vielleicht erforderlich, allmählich auf ein vollständig entwickeltes risikoorientiertes Modell für die EU-Ausfuhrkontrollen hinzuarbeiten, bei dem die begrenzten Ressourcen zur Kontrolle der Güter mit dem höchsten Risiko eingesetzt werden. Damit dieser Ansatz funktioniert, müssten folgende Punkte gewährleistet sein:
- - Sämtliche Ausfuhrkontrollbehörden müssten einen gemeinsamen Ansatz der Risikobewertung verfolgen.
- - Der Informationsaustausch über verdächtige Transaktionen und die Erteilung von Genehmigungen müsste verstärkt und systematisiert werden.
- - Die nationalen Allgemeingenehmigungen für die Ausfuhr müssten allmählich auslaufen und durch Allgemeine Ausfuhrgenehmigungen der EU ersetzt werden.
- - Es wäre ein gemeinsamer Ansatz für "Catchall"-Kontrollen zu entwickeln.
- - Das Problem der Kontrolle der Verbringung innerhalb der EU müsste zufriedenstellend gelöst werden.
- - Die Durchsetzung müsste EU-weit koordiniert werden, womit ein besserer Zugang zu den einschlägigen Informationen für die Zollbehörden einhergehen sollte.
Im Rahmen dieses Modells würde die Steuerung der Ausfuhrkontrollpolitik bei den einzelnen Mitgliedstaaten verbleiben; sie könnten auch weiterhin Ausfuhren verhindern, wenn ihre Sicherheitsinteressen berührt würden. Doch insgesamt würde in der gesamten EU ein wirklich gemeinsames Konzept der Ausfuhrkontrolle mit den nachstehenden Zielen in die Wege geleitet.
- - Gleichbehandlung der Ausführer,
- - besseres Geschäftsklima,
- - verstärkte Kontrolle der Transaktionen mit dem höchsten Risiko, - Steigerung der Exporte aus der EU.
Infolgedessen könnten sich sowohl die Sicherheit als auch die Wettbewerbsfähigkeit der EU erhöhen. Im Folgenden wird auf das Konzept für ein neues Modell der EU-Ausfuhrkontrolle näher eingegangen.
6.3. Künftige Organisation der EU-Ausfuhrkontrollen
Der organisatorische Ansatz der Ausfuhrkontrolle wäre bei dem nachstehend beschriebenen Modell dem derzeitigen Ausfuhrkontrollsystem der EU insofern im Wesentlichen ähnlich, als eine Reihe nationaler Ausfuhrkontrollbehörden für innerhalb ihrer jeweiligen Länder gefasste Genehmigungsbeschlüsse zuständig wären. Dieser Ansatz würde sicherstellen, dass der Grundsatz der Subsidiarität beachtet wird und dass nach wie vor eine enge Beziehung zwischen den in einem bestimmten Mitgliedstaat tätigen Ausführern und den für die Erteilung von Ausfuhrgenehmigungen und die Einhaltung der Kontrollvorschriften zuständigen Behörden besteht.
Andererseits würden die mit der Kontrolle der Ausfuhr von Dual-Use-Gütern befassten einzelstaatlichen Stellen systematisch enger zusammenarbeiten, indem sie verstärkt gemeinsame IT-Tools nutzten, Informationen besser austauschten und Risiken in gemeinsamen Verfahren beurteilten. Diese Konzeption entspräche in vieler Hinsicht dem derzeitigen Niveau der Zusammenarbeit der Zollbehörden in der EU. Die systematische Zusammenarbeit der EU-Zollbehörden sollten sich die Ausfuhrkontrollbehörden zum Vorbild nehmen.
Fragen:
- (39) Was halten Sie von einem möglichen neuen Modell der EU-Ausfuhrkontrolle, das auf einem Netz bestehender Genehmigungsbehörden beruht, die im Rahmen eines stärker vereinheitlichten Konzepts arbeiten?
6.4. Gemeinsame Risikobewertung und angemessene Überprüfungsverfahren
Um im Hinblick auf Ausfuhrkontrollverfahren das erforderliche Harmonisierungsniveau zu erreichen, müsste man sich auf einen gemeinsamen Ansatz der Risikobewertung einigen, der in der ganzen EU für Ausfuhrkontrollbeschlüsse herangezogen würde. Grundsätzlich sollte dieser gemeinsame Ansatz zur Risikobewertung in ähnlichen Situationen (einschließlich der "Catchall"-Fälle) zu ähnlichen Entscheidungen führen. Das würde heißen, dass Gegebenheiten, bei denen Genehmigungsbehörden in ähnlichen Situationen zu unterschiedlichen Schlüssen kämen, vermieden würden.
Zusammen mit dem eigentlichen Ansatz zur Risikobeurteilung müssten möglicherweise angemessene Überprüfungsmechanismen eingerichtet werden, damit sichergestellt ist, dass die EU-Ausführer über gleiche Ausgangsbedingungen verfügen.
Fragen:
- (40) Was halten Sie von der Festlegung eines gemeinsamen Ansatzes zur Risikobewertung, den alle Genehmigungsbehörden für Genehmigungsverfahren heranziehen würden?
6.5. Systematischer Informationsaustausch
Zuverlässige Informationen sind die Grundlage für wirksame und solide Ausfuhrkontrollen. Ohne Zugriff auf geeignete Informationen verfügen die Genehmigungsbehörden nicht über eine hinreichend tragfähige Basis, die ihnen qualifizierte Entscheidungen über die einzelnen Ausfuhrtransaktionen gestattet. Dabei sind zwei Arten von Informationen klar zu unterscheiden:
- - Erstens sicherheitsbezogene Informationen. Diese Informationen werden von den Mitgliedstaaten im Rahmen von deren nationalen Sicherheitsbefugnissen gesammelt. Sie werden im Zusammenhang mit diesem Grünbuch nicht erörtert und sollten nur insoweit ausgetauscht werden, als die Mitgliedstaaten dies als angemessen erachten. Gleichwohl könnten, wie in dem vom Rat angenommenen Dokument über neue Handlungslinien aufgezeigt, die Analysekapazitäten auf EU-Ebene besser genutzt werden.
- - Zweitens Informationen, die unmittelbar aus den Ausfuhrkontrollverfahren stammen.
Zu diesen Informationen zählen Daten über Ausführer, Genehmigungsbeschlüsse, verdächtige Stellen und Genehmigungsverweigerungen. Die EU sollte ihre Anstrengungen darauf konzentrieren, den diesbezüglichen Informationsaustausch zu verbessern.
Derzeit werden für Ausfuhrkontrollen relevante Informationen in erster Linie informell auf bilateraler Basis ausgetauscht. Ein systematischer Datenaustausch findet lediglich im Hinblick auf Genehmigungsverweigerungen statt, und auch nur mit einem Minimum an Details. Diese Daten werden ausgetauscht, um das sogenannte Unterlaufen zu vermeiden, d.h. dass ein Mitgliedstaat eine Ausfuhr genehmigt, die einer anderen, von einem anderen Mitgliedstaat nicht zugelassenen Transaktion ähnelt. Interessant ist dabei, dass der systematische Datenaustausch über Genehmigungsverweigerungen zwischen den 27 Mitgliedstaaten der EU nicht über das hinausgeht, was zwischen den an internationalen Ausfuhrkontrollsystemen teilnehmenden Ländern - rund 50 Staaten - an Informationen ausgetauscht wird. In einigen Fällen werden mit bestimmten internationalen Organisationen mehr Informationen ausgetauscht als mit EU-Partnern. Beispielsweise informieren die Mitgliedstaaten im Nuklearbereich die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) über genehmigte Verbringungen kerntechnischer Materialien, und einige Mitgliedstaaten teilen der IAEO sogar Daten zu Beschaffungsanfragen mit. Berücksichtigt man das in der EU erzielte Integrationsniveau und die Tatsache, dass es eine scheinbar gemeinsame Ausfuhrpolitik gibt, wirkt der systematische Informationsaustausch irgendwie unausgewogen.
Damit ein künftiges Konzept der EU-Ausfuhrkontrolle auf jeden Fall erwartungsgemäß funktioniert, müssten bezüglich verschiedener Aspekte der Ausfuhrkontrolle Informationen systematisch ausgetauscht werden. Dazu könnten mindestens folgende Aspekte gehören:
- - die Einzelheiten der von den EU-Mitgliedstaaten erteilten Genehmigungen,
- - nähere Angaben zu den Ausführern von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck,
- - nähere Angaben zu den als Nutzer Allgemeiner Ausfuhrgenehmigungen registrierten Ausführern,
- - verdächtige Stellen, die sich Güter mit doppeltem Verwendungszweck zu beschaffen suchen.
Durch eine Bündelung solcher Daten würde gewährleistet, dass einerseits die zuständigen Stellen bei Genehmigungsfragen über die nötigen Hintergrundinformationen verfügen, um eine einheitliche Anwendung der Ausfuhrkontrollen in der EU sicherstellen zu können. Andererseits würde der Zugriff auf diese Informationen eine wirksamere Durchsetzung an den Grenzen der EU gestatten, da sich verschiedene Transaktionen ohne weiteres anhand von Listen der gültigen Genehmigungen und entsprechenden Ausführer gegenprüfen ließen.
Fragen:
- (41) Was meinen Sie zu dem oben skizzierten Modell eines Informationsaustauschs?
- (42) Welche anderen Informationen müssten noch zwischen den Genehmigungsbehörden ausgetauscht werden, damit eine einheitliche Anwendung der Ausfuhrkontrollen in der EU gewährleistet ist?
6.6. Ausweitung des Geltungsbereichs der Allgemeinen Ausfuhrgenehmigungen der EU
Um zu gewährleisten, dass die Kontrollen im Rahmen des neuen Ausfuhrkontrollmodells wirksam sind, muss man sich über die Rangfolge der zu unternehmenden Anstrengungen einigen. Viele EU-Mitgliedstaaten wie auch mehrere Drittländer nehmen bereits eine Priorisierung vor, indem sie Transaktionen mit geringem Risiko zu erleichterten Ausfuhrverfahren im Rahmen von allgemeinen Genehmigungen zulassen. In der EU gelten in immerhin sieben Mitgliedstaaten nationale Allgemeingenehmigungen für die Ausfuhr, die den Export mehrerer kontrollierter Güter in eine Vielzahl von Bestimmungsländern mit einem Minimum an Formalitäten gestatten. Es liegt auf der Hand, dass derartige allgemeine Genehmigungen die Ausfuhr für Unternehmen, die auf diese Genehmigungen zugreifen können, erheblich erleichtern und es den Genehmigungsstellen ermöglichen, ihre Ressourcen der detaillierten Bewertung mit höherem Risiko behafteter Transaktionen zu widmen.
Auf EU-Ebene gilt derzeit eine Allgemeine Ausfuhrgenehmigung der EU, die den Export der meisten kontrollierten Güter zu sieben Bestimmungszielen gestattet. Um die Vorteile allgemeiner Genehmigungen auf Ausführer in der ganzen EU auszudehnen, schlug die Kommission 2008 die Einführung sechs neuer Allgemeiner Ausfuhrgenehmigungen vor.
Nach Ansicht der Kommission ist künftig ein weiterer Schritt zur Ausweitung der Verfügbarkeit von Allgemeinen Ausfuhrgenehmigungen der EU erforderlich, insbesondere in Bereichen, in denen bestimmte Mitgliedstaaten bereits nationale Allgemeingenehmigungen eingeführt haben. Diese Frage hängt eng damit zusammen, wie Risiken EU-weit bewertet werden. Derzeit führen die verschiedenen Risikokonzepte bei den Mitgliedstaaten zu völlig unterschiedlichen Schlussfolgerungen bezüglich des potenziellen Anwendungsbereichs Allgemeiner Ausfuhrgenehmigungen der EU. Transaktionen, deren Risiko einige Mitgliedstaaten als gering genug betrachten, um sie in nationale Allgemeingenehmigungen aufzunehmen, werden von anderen Mitgliedstaaten als mit einem zu hohen Risiko behaftet eingeschätzt, weshalb für sie Einzelgenehmigungen vorgeschrieben werden. Aus Sicht der Kommission sollten derartige Situationen in einem Binnenmarkt aber nicht auftreten; zum einen eröffnen sie die Möglichkeit zur Umgehung und zum anderen schaffen sie ungleiche Ausgangsbedingungen für EU-Akteure. Es sollte daher möglich sein, breit angelegte Vereinbarungen über Ausfuhren mit geringem Risiko zu erreichen. Angesichts des breiten Anwendungsbereichs mehrerer bereits gültiger nationaler Allgemeingenehmigungen für die Ausfuhr und des weitgespannten Anwendungsbereichs in Drittländern erteilter allgemeiner Genehmigungen sollte die EU insbesondere in der Lage sein, sich auf neue breit angelegte Allgemeine Ausfuhrgenehmigungen der EU zu einigen. Um die nationalen Vorrechte im Bereich der Sicherheit zu wahren, könnte man in diese breit angelegten Allgemeinen Ausfuhrgenehmigungen der EU bestimmte Sicherheitsklauseln einfügen, die es Mitgliedstaaten gestatten, fallweise bestimmte Transaktionen zu blockieren, wenn diese deren wesentliche Sicherheitsinteressen beeinträchtigen würden. Wenn es möglich wäre, sich auf einen solchen gemeinsamen Ansatz zu einigen, könnte man die nationalen Allgemeingenehmigungen für die Ausfuhr auslaufen lassen.
Solange es keine Vereinbarung über neue breit angelegte Allgemeine Ausfuhrgenehmigungen der EU und das Auslaufen der nationalen Allgemeingenehmigungen für die Ausfuhr gibt, ist zu erwägen, ob nationale Allgemeingenehmigungen auf Ausführer aus allen EU-Mitgliedstaaten ausgedehnt werden können.
Fragen:
- (43) Was halten Sie von der Idee, nationale Allgemeingenehmigungen für die Ausfuhr auslaufen zu lassen, wenn sie durch Allgemeine Ausfuhrgenehmigungen der EU ersetzt würden? Diese Allgemeinen Ausfuhrgenehmigungen der EU hätten bezüglich des Gutes und des Bestimmungsziels in etwa denselben Anwendungsbereich, stünden aber den Ausführern in allen EU-Mitgliedstaaten zur Verfügung.
- (44) Welche neuen Arten Allgemeiner Ausfuhrgenehmigungen der EU sollten Ihrer Meinung nach in der EU umgesetzt werden?
- (45) Wie beurteilen Sie die derzeit verfügbare Allgemeine Ausfuhrgenehmigung der EU EU001 und die nationalen Allgemeingenehmigungen für die Ausfuhr im Vergleich zu in Drittländern erhältlichen ähnlichen Arten von Genehmigungen (z.B. License Exceptions in den USA)?
6.7. Ein gemeinsamer Ansatz für "Catchall"-Kontrollen
Die Möglichkeit des Verbots einer Ausfuhrtransaktion bezüglich eines nicht eigens auf der EU-Kontrollliste aufgeführten Gutes, das gleichwohl zu Verbreitungszwecken genutzt werden könnte, ist ein grundlegender Bestandteil von Ausfuhrkontrollsystemen auf der ganzen Welt. Solche "Catchall"-Kontrollen sind erforderlich, um zu gewährleisten, dass Güter, die zur Verbreitung oder zu militärischen Programmen beitragen könnten, nicht an ihr Ziel gelangen, wenn ihre technischen Parameter knapp unter den Kontrollschwellenwerten liegen oder die betreffenden Güter noch nicht in die Kontrollliste aufgenommen worden sind. "Catchall"- Kontrollen sind daher eine logische Ausweitung der Kontrolle in der Kontrollliste aufgeführter Güter.
Der Einsatz von "Catchall"-Kontrollen ist immer schwierig, führt aber im EU-Kontext zu besonderen Herausforderungen, da für EU-Ausführer gleiche Ausgangsbedingungen gewährleistet sein müssen. Bei der Anwendung von "Catchall"-Kontrollen in der EU sind zwei spezifische Probleme aufgetaucht:
- - Erstens, wenn ein Mitgliedstaat eine "Catchall"-Kontrolle einführt und somit eine Genehmigung für die Ausfuhr eines bestimmten Gutes vorschreibt, werden ähnliche Transaktionen in anderen Mitgliedstaaten davon nicht berührt. Dies bedeutet, dass ein Ausführer in einem Mitgliedstaat vielleicht ein Genehmigungsverfahren durchlaufen muss, während Konkurrenten in anderen Mitgliedstaaten weiter uneingeschränkt exportieren. In der Dual-Use-Verordnung ist derzeit für die Mitgliedstaaten lediglich die Möglichkeit vorgesehen, sich gegenseitig über eingeführte "Catchall"-Kontrollen zu informieren; eine Reaktion auf derartige Informationen ist aber nicht vorgeschrieben. Somit sind gleiche Ausgangsbedingungen für EU-Ausführer nicht gewährleistet und Sicherheitsziele werden nicht erreicht, da interessierte Parteien sich überall in der EU umsehen können, um Zugang zu den gewünschten Gütern zu erhalten.
- - Zweitens, wenn ein Mitgliedstaat nach Einführung einer "Catchall"-Kontrolle eine Genehmigung verweigert, unternehmen andere Mitgliedstaaten nicht zwangsläufig die notwendigen Schritte, um den Grundsatz des Nicht-Unterlaufens umzusetzen. Obwohl die Mitgliedstaaten nach der Dual-Use-Verordnung die Liste der gültigen Genehmigungsverweigerungen einsehen müssen, bevor sie eine Genehmigung erteilen, und sich bei ähnlichen Transaktionen gegenseitig konsultieren müssen, kann es bei "Catchall"-Fällen vorkommen, dass in einigen Mitgliedstaaten überhaupt kein Genehmigungsverfahren durchgeführt wird. Daher ist es möglich, dass trotz der Verweigerung einer Ausfuhrgenehmigung durch einen Mitgliedstaat Konkurrenten in anderen Mitgliedstaaten weiter uneingeschränkt Handel treiben; dies verstößt eindeutig gegen den Grundsatz der gleichen Ausgangsbedingungen für EU-Ausführer und stellt die Einführung solcher Kontrollen von vornherein in Frage.
Die oben genannten Probleme hängen eng mit der Frage der in den EU-Mitgliedstaaten verwendeten unterschiedlichen Ansätze zur Risikobewertung zusammen. Grundsätzlich sind Situationen zu vermeiden, in denen ein Mitgliedstaat eine Transaktion als so risikobehaftet betrachtet, dass sie aufgrund von Nichtverbreitungsaspekten nicht genehmigt werden kann, während aus anderen Mitgliedstaaten in ähnlichen oder identischen Situationen die betreffenden Güter weiter ausgeführt werden.
Künftig könnten Mitgliedstaaten zu einem Informationsaustausch über eingeführte "Catchall"-Kontrollen und die ihren Beschlüssen zugrunde liegenden Erwägungen verpflichtet werden. Darüber hinaus wäre vielleicht zu erwägen, eine EU-weite "Catchall"-Kontrolle zu schaffen. Im Rahmen eines solchen Mechanismus könnte ein betroffener Mitgliedstaat oder eine Gruppe von Mitgliedstaaten in bestimmten Situationen die Kommission ersuchen, eine in allen 27 EU-Mitgliedstaaten für einen bestimmten Zeitraum gültige Genehmigungspflicht vorzuschreiben. Die Zollbehörden in der gesamten EU könnten dann aufgefordert werden, auf bestimmte spezifische Transaktionen besonders zu achten. Die Einführung eines solchen gemeinsamen Konzepts würde bedeuten, dass sich die Situation für die Ausführer in der gesamten EU stabilisiert und gleichzeitig Sicherheitsbestrebungen deutlich gestärkt werden, denn mögliche Verbreiter würden effektiv daran gehindert, sich in der EU nach bestimmten Gütern umzusehen.
Über die Frage, wie ein Unterlaufen zuverlässig verhindert werden kann, sobald ein Mitgliedstaat nach Einführung einer "Catchall"-Kontrolle eine Genehmigung verweigert hat, ist noch weiter nachzudenken. In diesem Zusammenhang könnte eine Stärkung der Rolle der Zollbehörden oder möglicherweise die Schaffung vorübergehender Listen zusätzlich kontrollierter Güter, die sich auf die jüngsten Beschlüsse zur Genehmigungsverweigerung stützen, erwogen werden. Durch eine solche vorübergehende Liste würde eine Genehmigungspflicht für die Ausfuhr bestimmter (nicht in der EU-Kontrollliste aufgeführter) Güter in bestimmte Bestimmungsländer eingeführt, was die Mitgliedsländer dazu verpflichtete, diese Ausfuhrtransaktionen anhand einer Reihe gemeinsamer Regeln zu bewerten.
Fragen:
- (46) Würden Sie die Idee unterstützen, die Mitgliedstaaten zu einem Informationsaustausch über eingeführte "Catchall"-Kontrollen (Genehmigungspflichten) zu verpflichten, wodurch der derzeitige Ansatz des freiwilligen Informationsaustauschs ersetzt würde?
- (47) Würden Sie die Idee unterstützen, einen Mechanismus zum Erlass einer EU-weiten "Catchall"-Kontrolle zu schaffen?
- (48) Was halten Sie von der Idee, vorübergehende Listen von Gütern und Bestimmungszielen zu schaffen, die im Rahmen von Auffangbestimmungen der Kontrolle unterliegen?
6.8. Auf dem Weg zu einem vollständig integrierten Binnenmarkt für Güter mit doppeltem Verwendungszweck
Eine Erörterung des künftigen Modells der EU-Ausfuhrkontrolle wäre unvollständig ohne Erwägung der Frage der Verbringungen innerhalb der EU, die nach wie vor eine der wenigen Ausnahmen vom Grundsatz des freien Warenverkehrs in der EU darstellen.
Zu einem Zeitpunkt, zu dem bestimmte Erleichterungen für die Verbringung militärischer Güter innerhalb der EU bereits vereinbart werden konnten, erscheinen die Begründungen zur Beibehaltung der Kontrollen der Verbringung von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck innerhalb der EU etwas spitzfindig. Die Verbringung innerhalb der EU im Wesentlichen denselben Genehmigungsverfahren wie die Ausfuhren in Drittländer zu unterwerfen ist in einem Binnenmarkt schwer zu rechtfertigen. Das Problem wird durch den Mangel an eindeutig harmonisierten Verfahren zur Genehmigung von Verbringungen innerhalb der EU noch verschärft. Mehrere Jahre lang blieb in aufeinander folgenden EU-Rechtsrahmen zur Ausfuhrkontrolle die Möglichkeit offen, dass diese Maßnahmen nach weiteren Schritten in Richtung auf eine Harmonisierung der Ausfuhrkontrollen in der EU aufgehoben würden. Leider wurden dabei bisher keine Fortschritte gemacht.
Die Kontrollen der Verbringung innerhalb der EU behindern die Entwicklung, da die Unternehmen eine mögliche grenzüberschreitende Zusammenarbeit, die den Abschluss mühsamer Genehmigungsverfahren und das Führen von Aufzeichnungen erfordert, möglichst vermeiden. Generell gibt es eine Reihe von Großprojekten, die zurzeit zahlreiche Genehmigungen erfordern und von einem strafferen Konzept der Kontrolle der Verbringung innerhalb der EU erheblich profitieren würden.
Bei der Konzipierung eines neuen Modells der EU-Ausfuhrkontrolle sollte man sich ernstlich bemühen, dem Ziel einer Aufhebung der Kontrollen der Verbringung von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck innerhalb der EU näherzukommen. Dort, wo es aus Sicherheitsgründen notwendig ist, könnten alternative Möglichkeiten zur zuverlässigen Vermeidung von Umlenkungen erwogen werden; dazu gehören:
- - stärkere Anwendung von Prüfmechanismen, die nach der Auslieferung greifen;
- - Listen zertifizierter Endverwender in der EU, die bestimmte derzeit in Anhang IV aufgeführte Güter/Technologien erhalten könnten.
Zumindest - und als erste Phase der Arbeit in diesem Bereich - könnten die Vorschriften zum Führen von Aufzeichnungen gelockert und für bestimmte Güter allgemeine Genehmigungen eingeführt werden.
Fragen:
- (49) Würden Sie das Ziel unterstützen, die Kontrollen der Verbringung innerhalb der EU nach und nach abzubauen?
- (50) Würden Sie die Idee unterstützen, die Genehmigungspflichten für Verbringungen innerhalb der EU durch einen nach der Auslieferung greifenden Prüfmechanismus zu ersetzen?
- (51) Würden Sie der Idee zustimmen, die Genehmigungspflichten für Verbringungen innerhalb der EU durch die Einführung zertifizierter Endverwender wie oben beschrieben zu ersetzen?
- (52) Hätten Sie weitere Ideen, die einen allmählichen Abbau der Kontrollen der Verbringung innerhalb der EU ermöglichten?
6.9. Verbesserte Durchsetzung der Ausfuhrkontrollen
Die rechtlichen Bestimmungen zur Ausfuhrkontrolle werden vom Zoll in zwei Phasen durchgesetzt, und zwar an dem Ort, an dem die Waren in das Ausfuhrverfahren eintreten, und an der Grenze der EU. Derzeit stehen den Vollzugsbehörden dafür nur äußerst begrenzte Informationen zur Verfügung.
Dank verbesserter Mechanismen für den Informationsaustausch, wie oben beschrieben, könnten die Vollzugsbehörden auf gebündelte Angaben zu gültigen Genehmigungen, registrierten Ausführern und verdächtigen Stellen zugreifen, die zur besseren Identifizierung mit hohem Risiko behafteter Transaktionen dienen könnten, was ihnen die Konzentration ihrer Durchsetzungsbemühungen auf diese Fälle ermöglichte.
Des Weiteren sollte erwogen werden, ob im Ausfuhrkontrollverfahren stärker auf den Status eines zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten zurückgegriffen werden könnte.
Fragen:
- (53) Welche Art von Informationen würden Zollbehörden benötigen, um an den EU-Grenzen Ausfuhrkontrollen angemessen durchzusetzen?
- (54) Wäre es für den Zoll hilfreich, auf gebündelte Informationen zu in der EU erteilten Genehmigungen und auf Listen von Ausführern, die Genehmigungen erhielten, zugreifen zu können?
- (55) Wie ließe sich der Status eines zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten im Ausfuhrkontrollsystem nutzen?
7. Fazit
7.1. Nächste Schritte
Mit dieser Grünbuch-Konsultation soll die in Artikel 25 der Verordnung Nr. 428/2009 vorgesehene Überprüfung des Ausfuhrkontrollsystems der EU für Güter mit doppeltem Verwendungszweck eingeleitet werden. Nachstehend findet sich der ungefähre Zeitplan für die einzelnen Verfahrensschritte:
- - 31. Oktober 2011 - Ende der Konsultation;
- - Januar 2012 - Bericht über die Grünbuch-Ergebnisse;
- - September 2012 - förmlicher Bericht an das Europäische Parlament und den Rat gemäß Artikel 25;
- - 2013-2014 - Vorschläge zur Änderung der Dual-Use-Verordnung.
7.2. Konsultationsfrist
Alle Interessenträger sind eingeladen, ihren Standpunkt bezüglich der oben dargelegten Probleme und Fragen darzulegen. Stellungnahmen sollten in elektronischer Form spätestens bis zum 31. Oktober 2011 an folgende E-Mail-Adresse gesandt werden: TRADE-F1-DU-CONSULT-201 1 @ec.europa.eu.
7.3. Veröffentlichung von Stellungnahmen
Die Kommission wird möglicherweise die zu dieser Grünbuch-Konsultation eingehenden detaillierten Stellungnahmen veröffentlichen oder verbreiten. Falls Sie Ihre Stellungnahme vertraulich behandelt wissen wollen, muss dies aus Ihrer Äußerung klar hervorgehen.
- 1. Der Europäische Gerichtshof hat 1995 in den Rechtssachen C-70/94 Fritz Werner Industrie-Ausrüstungen GmbH gegen Bundesrepublik Deutschland und C-83/94 Strafverfahren gegen Peter Leifer, Reinhold Otto Krauskopf und Otto Holzer zwei Grundsatzurteile gesprochen
- 2. Siehe Artikel 2 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union.
- 3. Verordnung (EWG) Nr. 2603/69 des Rates.
- 4. Siehe die vorstehend genannten Rechtssachen C-70/94 und C-83/94. In der Rechtssache C-83/94 führte der Europäische Gerichtshof aus, dass außergewöhnliche Maßnahmen in dieser Hinsicht in einem angemessenen Verhältnis zum angestrebten Ziel stehen müssen.
- 5. Das vorliegende Grünbuch befasst sich ausschließlich mit der Kontrolle der Ausfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck. EU-Sanktionen und die Ausfuhr militärischer Ausrüstungsgüter sind ausdrücklich ausgenommen.
- 6. Aus einer Analyse der Dual-Userelevanten KN-Codes (in die Waren eingereiht werden, die sowohl einen doppelten Verwendungszweck haben als auch nur einem Verwendungszweck dienen) lässt sich schließen, dass diese Exporte bis zu 10 % der EU-Ausfuhren (Obergrenze) ausmachen.
- 7. Die Arbeit der internationalen Systeme zur Ausfuhrkontrolle hängt eng mit den Bestrebungen zusammen, die Ziele verschiedener internationaler Übereinkommen zu erreichen; dazu gehören der Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen, das Chemiewaffenübereinkommen, das Übereinkommen über biologische und Toxinwaffen und Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen, z.B. UNSCR 1540.
- 8. Gleichwohl wird in bestimmten operativen Bereichen, insbesondere beim Zoll, EU-weit ein einheitlicher Ansatz verfolgt. Zum Beispiel wird die Beziehung zwischen Gütern der Kontrollliste und der zolltariflichen Nomenklatur auf EU-Ebene einheitlich über die TARIC-Datenbank hergestellt.
- 9. Die Kontrollen der Verbringung kerntechnischer Materialien innerhalb der EU steht auch mit dem mit der IAEO vereinbarten Zusatzprotokoll in Zusammenhang.