Der Bundesrat hat in seiner 957. Sitzung am 12. Mai 2017 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zu Artikel 1 (§ 2 Absatz 1 Nummer 3 WRegG)
In Artikel 1 sind in § 2 Absatz 1 Nummer 3 die Wörter "bestandskräftige Bußgeldentscheidungen" durch die Wörter "rechtskräftige Bußgeldbescheide und rechtskräftige gerichtliche Entscheidungen" und das Wort "festgesetzt" durch das Wort "erlassen" zu ersetzen.
Begründung:
Nach der vorliegenden Fassung des Gesetzesentwurfes unterfallen nur "bestandskräftige" Bußgeldentscheidungen nach den §§ 30 und 130 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten der Eintragungsregelung des § 2 WRegG, nicht dagegen jedoch die Bußgeldentscheidungen des Gerichtes nach Rechtskraft. Ein Grund für diese Unterscheidung ist nicht ersichtlich, zumal in Nummer 2 im Hinblick auf natürliche Personen die Gleichstellung von Bestands- und Rechtskraft erfolgt ist. Da durch die Eintragung in das Wettbewerbsregister den öffentlichen Auftraggebern und Konzessionsgebern umfassende Informationen zu den Unternehmen bereitgestellt werden sollen, ist es unerlässlich, klarzustellen, dass auch in diesem Fall rechtskräftige Bußgeldentscheidungen einzutragen sind. Darüber hinaus berücksichtigt die Änderung, dass das Gesetz über Ordnungswidrigkeiten den Begriff der "Bestandskraft" nicht kennt.
2. Zu Artikel 1 (§ 2 Absatz 2 WRegG)
In Artikel 1 § 2 Absatz 2 ist die Angabe "50 000" durch die Angabe "5 000" zu ersetzen.
Begründung:
Mit den im Wettbewerbsregister bereitgestellten umfassenden Informationen soll es laut Gesetzesbegründung den öffentlichen Auftraggebern, Sektorenauftraggebern und Konzessionsgebern erleichtert werden, zu prüfen, ob bei einem Bieter Ausschlussgründe vorliegen.
Den Betrag von 50 000 Euro unterschreitende Bußgeldentscheidungen der Kartellbehörden sollen nicht in das Wettbewerbsregister eingetragen werden, da bei den in § 2 Absatz 2 WRegG-E aufgeführten Kartellverstößen bereits bei einer noch nicht bestandskräftigen Bußgeldentscheidung eine Eintragung erfolgt und um Bagatellfälle auszuschließen.
Mit dieser Regelung würden ca. 90 bis 95 Prozent der Bußgeldentscheidungen der Kartellbehörden im Geltungsbereich des Gesetzes nicht erfasst. Es ist nicht relevant, ob eine bestandskräftige oder noch nicht bestandskräftige Entscheidung der Kartellbehörden vorliegt. Gerade die Bußgeldentscheidungen der Kartellbehörden der Länder geben den Kommunen maßgebliche Hinweise darauf, welche an kommunalen Ausschreibungen teilnehmende Unternehmen Wettbewerbsverstöße begangen und sich im Wettbewerb nicht fair verhalten haben.
Würden 90 bis 95 Prozent dieser Fälle nicht in das Wettbewerbsregister eingetragen, kann von einem "Ausschluss von Bagatellfällen" keine Rede sein. Demgemäß sah auch der Referentenentwurf aus März 2017 noch eine Grenze von 5.000 Euro für die Eintragung von Bußgeldentscheidungen der Kartellbehörden vor.
Mit dem Änderungsvorschlag soll deshalb sichergestellt werden, dass in das Wettbewerbsregister mithin grundsätzlich alle Bußgeldentscheidungen des Bundeskartellamtes und der Landeskartellämter gemäß §§ 81 Absatz 1 Nummer 1, Absatz 2 Nummer 1 in Verbindung mit § 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) ab 5 000 Euro aufzunehmen sind.
3. Zu Artikel 1 (§ 2 Absatz 3 Satz 2 WRegG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren klarzustellen, dass die Prüfung der Eintragungsvoraussetzung des § 2 Absatz 3 Satz 2 WRegG-E der Registerbehörde obliegt und nicht den Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfolgungsbehörden.
Begründung:
Nach § 2 Absatz 3 WRegG-E erfolgt die Eintragung von strafgerichtlichen Entscheidungen und Bußgeldentscheidungen nach § 2 Absatz 1 Nummer 1 und 2 WRegG-E und von Entscheidungen gegen eine natürliche Person nach § 2 Absatz 2 WRegG-E nur, wenn das Verhalten der natürlichen Person einem Unternehmen zuzurechnen ist. Welche Behörde die Zurechenbarkeit zu prüfen hat, wird aus dem Gesetzentwurf nicht hinreichend deutlich.
Nach der Systematik des WRegG-E dürfte diese Prüfungspflicht der Registerbehörde - also dem Bundeskartellamt (§ 1 Absatz 1 WRegG-E) - obliegen. Dies ergibt sich aus einer Zusammenschau der folgenden Regelungen: § 2 Absatz 3 WRegG-E spricht davon, dass die "Eintragung" in das Wettbewerbsregister (nicht: die Meldung an die Registerbehörde) nur erfolgt, wenn das Verhalten der natürlichen Person einem Unternehmen zuzurechnen ist. Die Prüfung der übermittelten Daten, die Anhörung des betroffenen Unternehmens und die anschließende Entscheidung über die Eintragung oder Nichteintragung sind nach § 4 Absatz 2, § 5 Absatz 1 WRegG-E Aufgaben der Registerbehörde. Damit korrespondiert, dass die Mitteilungspflicht der Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfolgungsbehörden nach § 4 Absatz 1 WRegG-E nur an das Vorliegen von "Entscheidungen nach § 2 Absatz 1 oder 2" WRegG-E anknüpft, nicht aber an das Vorliegen der Zurechnungsvoraussetzungen nach § 2 Absatz 3 WRegG-E.
Zweifel an diesem Auslegungsergebnis ergeben sich aber aus § 4 Absatz 1 i.V.m. § 3 Absatz 1 Nummer 5 Buchstabe d WRegG-E und aus der Begründung des Gesetzentwurfs. Nach § 4 Absatz 1 i.V.m. § 3 Absatz 1 Nummer 5 Buchstabe d WRegG-E gehören zu den Daten, die die Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfolgungsbehörde der Registerbehörde zu übermitteln hat, auch "die die Zurechnung des Fehlverhaltens zu einem Unternehmen gemäß § 2 Absatz 3 Satz 2 WRegG-E begründenden Umstände". Die Entscheidung, welche Umstände dies sind, setzt zumindest eine gewisse Vorprüfung der Tatbestandsmerkmale des § 2 Absatz 3 WRegG-E durch die Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfolgungsbehörde voraus. Auch die Begründung des Gesetzentwurfs spricht im Zusammenhang mit dem den Ländern entstehenden Erfüllungsaufwand von einer Verpflichtung der Straf-und Ordnungswidrigkeitenverfolgungsbehörden "zur Prüfung der Zurechnung zu einem Unternehmen" (vgl. Begründung Teil A, Abschnitt VI, Nummer 4.3 der BR-Drucksache 263/17 (PDF) ).
Eine Pflicht der Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfolgungsbehörden, die dem § 123 Absatz 3 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen entlehnte "Zurechnung" nach § 2 Absatz 3 WRegG-E zu prüfen, wäre systemfremd und für die meldenden Behörden mit einer erheblichen zusätzlichen Belastung verbunden. Angesichts der Vielzahl unterschiedlicher Behörden, die zu Meldungen nach § 4 Absatz 1 WRegG-E verpflichtet sind, könnte es zu einer unterschiedlichen Handhabung des § 2 Absatz 3 WRegG-E, insbesondere zu divergierenden Auslegungen der Zurechnungsmerkmale nach § 2 Absatz 3 Satz 2 WRegG-E kommen. Solche Unterschiede würden die Ziele, die der Gesetzgeber mit der Einführung eines zentralen und einheitlichen Bundesregisters verfolgt, gefährden. Daher sollte im WRegG-E klargestellt werden, dass die Prüfung der Eintragungsvoraussetzung nach § 2 Absatz 3 WRegG-E dem Bundeskartellamt obliegt.
4. Zu Artikel 1 (§ 4 Absatz 1 Satz 2 - neu - WRegG)
In Artikel 1 ist dem § 4 Absatz 1 folgender Satz anzufügen:
" § 30 der Abgabenordnung steht der Mitteilung nach § 2 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe d sowie § 2 Absatz 1 Nummer 3 in Verbindung mit Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe d nicht entgegen."
Begründung:
Die Meldepflicht betrifft neben den Staatsanwaltschaften auch die Bußgeld-und Strafsachenstellen der Finanzämter, da nach der Gesetzesbegründung die Meldepflicht der Behörde obliegt, welche die Anklage erhoben, den Strafbefehl beantragt oder die Bußgeldentscheidung erlassen hat. In § 4 WRegG-E (Mitteilungspflicht) ist jedoch weder für die Staatsanwaltschaften noch für die Bußgeld- und Strafsachenstellen der Finanzämter eine Befreiung vom Steuergeheimnis des § 30 AO enthalten. Jedenfalls in den Fällen, in denen der Steuerpflichtige einen Strafbefehl oder einen Bußgeldbescheid akzeptiert und es nicht zu einer öffentlichen mündlichen Verhandlung kommt, steht das Steuergeheimnis einer Mitteilung an die registerführende Stelle entgegen. Daher ist es geboten, sowohl in den Fällen der Steuerhinterziehung nach § 370 AO als auch bei Bußgeldentscheidungen nach §§ 30, 130 OWiG wegen einer Steuerhinterziehung eine entsprechende Offenbarungsbefugnis zu schaffen.
5. Zu Artikel 1 (§ 6 Absatz 6 Satz 1 WRegG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die ergänzenden Informationen gemäß § 6 Absatz 6 Satz 1 WRegG-E näher zu bestimmen sind.
Begründung:
Es soll eine bereichsspezifische Datenschutzregelung im Sinne von § 4 Absatz 1 des Bundesdatenschutzgesetzes getroffen werden. Wegen des Bestimmtheitsgrundsatzes muss sich aus einer solchen Regelung aber ergeben, welche personenbezogenen Daten betroffen sind. Dies gilt hier im Hinblick auf die Intensität des möglichen Grundrechtseingriffs durch Abfrage von Daten aus einem Strafverfahren umso mehr. Zudem könnten auch Daten Dritter betroffen sein.
6. Zu Artikel 1 (§ 6 Absatz 7 Satz 1 WRegG)
In Artikel 1 ist in § 6 Absatz 7 Satz 1 nach der Angabe "Absatz 3" die Angabe "und 6" einzufügen.
Begründung:
Mit der Ergänzung wird klargestellt, dass sich die Pflicht zur Vertraulichkeit und zur Löschung der Daten auch auf die nach § 6 Absatz 6 WRegG-E übermittelten weiteren Informationen bezieht.
7. Zu Artikel 1 (§ 11 WRegG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die in § 11 WRegG-E für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen der Registerbehörde vorgesehene abdrängende Rechtswegzuweisung zu den Oberlandesgerichten (anstelle des Rechtswegs zu den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit) sachgerecht ist.
Begründung:
Rechtsstreitigkeiten über Eintragungen in die bestehenden Korruptionsregister der Länder werden auf dem Verwaltungsrechtsweg ausgetragen, der gemäß der Generalklausel des § 40 Absatz 1 Satz 1 VwGO eröffnet ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23. Juli 2008 - 1 L 54/08 -, ferner § 3 Absatz 5 Satz 2 BremKorG). Keines der Länder, in denen ein solches Register auf gesetzlicher Grundlage besteht, hielt es für erforderlich, gemäß § 40 Absatz 1 Satz 2 VwGO eine abdrängende Rechtswegzuweisung zu den ordentlichen Gerichten vorzunehmen. Die Begründung zu § 11 WRegG-E rechtfertigt die abdrängende Rechtswegzuweisung damit, dass so die Expertise der Vergabesenate der Oberlandesgerichte nutzbar gemacht werden könne. Das OVG Berlin-Brandenburg hat hingegen in der o.g. Entscheidung überzeugend ausgeführt, dass die Einrichtung und Führung eines Wettbewerbsregisters aus dem Vergaberecht und -verfahren herausgelöst ist. Diese Erwägungen des Gerichts treffen auch für das geplante bundesweite Wettbewerbsregister zu. Denn auch hier trifft die Registerbehörde keine Entscheidung über den Ausschluss von Unternehmen von der Teilnahme an Vergabeverfahren (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs, Teil A, Abschnitt II der BR-Drucksache 263/17 (PDF) ). Der Anspruch auf Löschung einer Eintragung in das Register würde sich auch nicht gegen einen öffentlichen Auftraggeber richten, sondern wäre gegenüber dem Bundeskartellamt als registerführender Behörde geltend zu machen. Wie das OVG Berlin-Brandenburg zutreffend betont, berührt die Eintragung in das Korruptionsregister die Schutzbereiche von Artikel 12 und Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes sowie das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Artikel 1 Absatz 1 i.V.m. Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes). Für die Gewährung effektiven Rechtsschutzes gegenüber der Registerbehörde kommt es daher vor allem auf Expertise im Bereich des Schutzes der Grundrechte von Bürgerinnen und Bürgern gegenüber hoheitlichem Handeln an. Diese Expertise ist bei den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit in besonderem Maße vorhanden.
Ein Verzicht auf die in § 11 WRegG-E vorgesehene abdrängende Rechtswegzuweisung würde außerdem der Bitte der Justizministerinnen und Justizminister vom 17. November 2016 entsprechen, bei zukünftigen Gesetzgebungsvorhaben das Anliegen einer systemgerechten Rechtswegzuweisung wieder verstärkt zu berücksichtigen (vgl. Beschluss zu TOP I.10, Ziffer 5 der 87. Konferenz).
8. Zu Artikel 1 (§ 12 Überschrift und Absatz 1
- a) In der Überschrift sind nach dem Wort "Anwendungsbestimmungen" die Wörter "und Datenübermittlung aus Landesregistern" einzufügen.
- b) Nach Absatz 1 ist folgender Absatz 1a einzufügen:
(1a) Die für die Errichtung und den Betrieb der Register nach Absatz 1 Satz 2 zuständigen Behörden übermitteln ihre Eintragungen nach § 4 entsprechend, soweit diese die Eintragungsvoraussetzungen nach § 2 erfüllen. Abweichend von § 7 gelten die fortlaufenden Löschfristen der jeweiligen landesgesetzlichen Regelung, längstens jedoch die in § 7 bezeichneten Fristen."
Begründung:
Bremen und auch einige andere Länder betreiben seit mehreren Jahren ein dem Gesetzentwurf entsprechendes Register jeweils auf Landesebene. Mit dem Inkrafttreten der bundesgesetzlichen Regelung werden die landesrechtlichen Regelungen außer Kraft gesetzt. Die bis zu diesem Zeitpunkt geführten Registereintragungen, die in Bremen ausschließlich aufgrund rechtskräftiger Verurteilungen oder Strafbefehle und nach einem abgeschlossenen Anhörungsverfahren erfolgt sind, würden ersatzlos wegfallen. Mit der Änderung soll erreicht werden, dass diese Eintragungen ab dem Anwendungszeitraum des § 4 in das Wettbewerbsregister aufgenommen werden, soweit sie die Eintragungsvoraussetzungen des § 2 erfüllen. Die Begrenzung der Löschfristen auf die jeweiligen landesgesetzlichen Regelungen ist erforderlich, um eine mögliche Verböserung aufgrund längerer bundesgesetzlicher Löschfristen auszuschließen.