Der Bundesrat hat in seiner 817. Sitzung am 25. November 2005 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt, dass die EU Anstrengungen unternimmt, die Sicherheit im Luftverkehr zu verbessern.
- 2. Er hält das Vorhaben, die Verordnung (EG) Nr. 2320/2002 durch eine neue Verordnung zu ersetzen, für sachgerecht. Die geltende Verordnung enthält vielfach unklare, unzweckmäßige und inkonsistente Vorschriften, die einen einheitlichen und zweckmäßigen Vollzug beeinträchtigen.
- 3. Nach Auffassung des Bundesrates genügt der vorliegende Verordnungsvorschlag in wesentlichen Teilen den zu stellenden Anforderungen noch nicht. Teilweise wird die Regelungskompetenz der EU überschritten, die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit werden verletzt, außerdem sind unzweckmäßige und unklare Regelungen beabsichtigt, die ohne Sicherheitsgewinn betriebliche Erschwernisse nach sich ziehen oder sogar materielle Sicherheitslücken erzeugen würden. Das Novellierungsverfahren ist wegen der weit reichenden Auswirkungen der beabsichtigten Regelungen auf die Luftverkehrsindustrie mit der gebotenen Umsicht ohne unangemessenen Zeitdruck zu betreiben.
- 4. Unbeschadet der Auffassung des Bundesrates zum Rechtsetzungsverfahren und zur Regelungsdichte der Verordnung sind folgende Bestimmungen im Verordnungsvorschlag zu ändern:
Zu Artikel 2 und 4
Der Geltungsbereich des vorliegenden Verordnungsvorschlags umfasst nunmehr alle Zivilflughäfen im Hoheitsgebiet der einzelnen Mitgliedstaaten. Die bisherige Fassung des Artikels 4 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2320/2002, wonach die zuständige Behörde eines Mitgliedstaats in Fällen, in denen die im Anhang der Verordnung vorgesehenen Sicherheitsmaßnahmen unverhältnismäßig aufwändig sind oder aus objektiven praktischen Gründen nicht durchgeführt werden können, auf der Grundlage einer ortsbezogenen Risikobewertung innerstaatliche Sicherheitsmaßnahmen ergreifen kann, um einen angemessenen Schutz der genau definierten "kleinen" Flughäfen zu erreichen, wurde fallen gelassen.
Die bisherige Regelung hat sich bewährt und sollte in die vorliegende Rahmenverordnung übernommen werden. Die verschiedenen Bereiche der Zivilluftfahrt sind nicht notwendigerweise den gleichen Bedrohungen ausgesetzt. Eine Anwendung der umfassenden Sicherheitsmaßnahmen auch auf den "kleinen" Flughäfen ist unter Berücksichtigung des von den kleinen Flughäfen ausgehenden Gefahrenpotenzials unverhältnismäßig.
Das im Verordnungsvorschlag vorgesehene Verfahren über die Möglichkeit, alternative Maßnahmen nach Artikel 4 Abs. 2 der Verordnung zuzulassen, ist zu aufwändig, um für jeden kleineren Flughafen zu angemessenen, verhältnismäßigen Sicherheitsmaßnahmen zu kommen. Diese Möglichkeit sollte lediglich begründeten Einzelfällen vorbehalten bleiben.
Es ist angezeigt, die Mehrzahl der kleinsten Flughäfen bereits durch eine abstrakt generelle Regelung in der Verordnung von der Umsetzung der umfassenden Sicherheitsmaßnahmen zu befreien.
Die Bundesregierung wird daher aufgefordert, sich im Rahmen der weiteren Beratungen der Verordnung nachdrücklich dafür einzusetzen, dass die bisherige Regelung des Artikels 4 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2320/2002 in den vorliegenden Verordnungsvorschlag übernommen wird.
Zu Artikel 5
Die Vorschrift, wonach die Kommission darüber entscheidet, ob ein Mitgliedstaat strengere Maßnahmen anwenden darf, ist nicht akzeptabel. Die in Artikel 6 der geltenden Bestimmungen enthaltene Vorschrift, die im Falle strengerer Maßnahmen lediglich eine Unterrichtung der Kommission und der Mitgliedstaaten vorsieht, ist beizubehalten.
Zu Artikel 14
Kommissionsinspektionen müssen im Voraus dem jeweiligen Mitgliedstaat angekündigt werden. Die Abschaffung dieser geltenden Regelung ist sachlich durch nichts begründet.
Es ist ein Verfahren festzuschreiben, das bei Auffassungsunterschieden zwischen der Kommission und dem Mitgliedstaat über das Vorliegen und die Schwere eines Mangels anzuwenden ist.
Die Übermittlung aller Inspektionsberichte der Kommission an sämtliche Mitgliedstaaten verursacht hohen bürokratischen Aufwand und ist ohne Sicherheitsbezug. Sachgerecht ist allein die Unterrichtung aller anderen nationalen Behörden über Mängel, die Ausgleichsmaßnahmen an anderen Flugplätzen erfordern.
Zum Anhang
Im Anhang der Verordnung ist die Unterscheidung in Land- und Luftseite zu streichen. Aus Gründen der Luftsicherheit ist lediglich eine Differenzierung in allgemein zugängliche Bereiche, Sicherheitsbereiche und sensible Bereiche sinnvoll. Luftseitige Bereiche müssen in jedem Fall als Sicherheitsbereiche eingestuft werden. Nur so können die Anforderungen zum Schutz der Luftfahrt vor terroristischen Angriffen sachgerecht erfüllt werden.
Zu Abschnitt 1 Unterabschnitt 1.2 Nr. 4 und 5
Allein die nationale Behörde soll über die Anerkennung von Zuverlässigkeitsüberprüfungen entscheiden können. Der nationalen Behörde muss auch die Entscheidung darüber zustehen, welche Personen Zutrittsberechtigungen zu Sicherheitsbereichen von Flughäfen erhalten dürfen.
Zu Abschnitt 1 Unterabschnitt 1.3
Der Regelungsinhalt der beiden Absätze ist unklar. Nach der englischen Fassung des Verordnungsvorschlags sollen für den Zutritt zu Sicherheitsbereichen und zu sensiblen Teilen von Sicherheitsbereichen unterschiedliche Anforderungen gelten. Während beim Zutritt zu Sicherheitsbereichen lediglich stichprobenartige Durchsuchungen durchzuführen wären, sollen beim Zutritt zu den sensiblen Teilen dieser Bereiche alle Personen durchsucht werden. Eine eindeutige Formulierung ist erforderlich.
Zu Abschnitt 1 Unterabschnitt 1.5
Es ist allerdings darauf zu achten, dass keine starren Festlegungen zum Einsatz polizeilicher und sonstiger Sicherheitskräfte getroffen werden. Stattdessen sind in Sicherheitsbereichen und angrenzenden öffentlichen Bereichen Überwachungen, Streifen und andere physische Kontrollen so durchzuführen, wie es auf der Basis einer gründlichen Beurteilung der Lage und nach Einschätzung der zuständigen mitgliedstaatlichen Stellen geboten ist.