Unterrichtung durch die Bundesregierung
Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Errichtung des Solidaritätsfonds der Europäischen Union KOM (2005) 108 endg.; Ratsdok. 8323/05

Übermittelt vom Bundesministerium der Finanzen am 27. April 2005 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union (BGBl. I 1993 S. 313 ff.).

Die Vorlage ist von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften am 11. April 2005 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss und der Ausschuss der Regionen werden an den Beratungen beteiligt.

Hinweis: vgl. Drucksache 757/02 = AE-Nr. 023037 und Drucksache 130/04 (PDF) = AE-Nr. 040559

Begründung

1. Kontext des Vorschlags

- Motive und Ziele

In ihrer Mitteilung vom 14. Juli 2004 über die Finanzielle Vorausschau1 rief die Kommission zu einer Aktion auf europäischer Ebene auf, um auf effiziente und koordinierte Weise gemeinsam auf Notsituationen unterschiedlichen Ursprungs reagieren zu können. Diese Aktion würde die beiden Aspekte "Solidarität" und "Kriseneinsätze" abdecken mit Maßnahmen, die eine sofortige Reaktion und die Bereitstellung von Hilfe nach einer Krise größeren Ausmaßes ermöglichen. Ziel des vorliegenden Vorschlags ist es, den die Solidarität betreffenden Aspekt des integrierten Kommissionsansatzes weiterzuentwickeln, um eine Antwort auf Katastrophen größeren Ausmaßes und Krisensituationen im Bereich der öffentlichen Gesundheit - und zwar unabhängig von deren Art und Ursprung - zu gewährleisten. Der Vorschlag lehnt sich an die derzeitige Verordnung über den Solidaritätsfonds der Europäischen Union2 an, wobei dessen Anwendungsbereich ausgedehnt und der Einsatzmechanismus verbessert wird. Der die Vorbereitung und Lieferung einer unverzüglichen Reaktion betreffende Aspekt wird im Rahmen eines ergänzenden Vorschlags für ein "Krisenreaktions- und Bereitschaftsinstruments für Katastrophenfälle"3 weiterentwickelt.

Darüber hinaus wird die Verordnung zur Errichtung des Solidaritätsfonds gemäß Artikel 14 der Verordnung bis spätestens 31. Dezember 2006 überprüft.

- Allgemeiner Kontext

Der Ausdruck von Solidarität mit Drittländern angesichts von Katastrophen und Notsituationen ist seit vielen Jahren Teil der Aktionen der EU im Bereich der Außenhilfe. Im Jahr 2002 - nach den schweren Überschwemmungen in Mitteleuropa - wurde der Solidaritätsfonds der Europäischen Union errichtet, um auf solche Vorkommnisse in der EU und den in Beitrittsverhandlungen stehenden Ländern reagieren zu können. Der Anwendungsbereich des derzeitigen Solidaritätsfonds ist jedoch hauptsächlich auf Naturkatastrophen größeren Ausmaßes begrenzt. Aus dem Fonds kann den förderfähigen Staaten eine finanzielle Unterstützung von insgesamt bis zu 1 Mrd. EUR jährlich gewährt werden.

Mit den vorhandenen Instrumenten ist es außerordentlich schwierig wenn nicht unmöglich, auf EU-Ebene angemessen auf Krisen größeren Ausmaßes zu reagieren, die nicht natürlichen Ursprungs sind. Beispiele hierfür sind Industrieunfälle wie das Tankerunglück der Prestige oder der Bombenanschlag von Madrid vom März 2004. Ebenso ist es derzeit nicht möglich, bei einer ernsthaften Krisensituation im Bereich der öffentlichen Gesundheit (z.B. bei der Ausbreitung einer Seuche wie SARS nach Europa oder bei einem Unfall wie dem von Tschernobyl), die die Redaktionskapazität der einzelnen Staaten leicht übersteigen könnte, eine Unterstützung aus dem Solidaritätsfonds zu gewähren.

Darüber hinaus ist die Schwelle für die Mobilisierung des Solidaritätsfonds (derzeit festgesetzt auf direkte Schäden in Höhe von über 3 Mrd. EUR zu Preisen von 2002 bzw. von mehr als 0,6% des nationalen BIP) extrem hoch. Infolgedessen stützten sich über zwei Drittel der von den förderfähigen Staaten bisher eingereichten Anträge auf eine Unterstützung aus dem Solidaritätsfonds auf eine Ausnahmebestimmung für so genannte "außergewöhnliche Katastrophen in einer Region", womit das ursprüngliche Konzept des Solidaritätsfonds auf den Kopf gestellt wurde. Zudem sind die relativ vagen Kriterien für eine solche ausnahmsweise erfolgende Mobilisierung des Fonds in der Praxis schwierig anzuwenden, und die unter diesem Posten verfügbaren Haushaltsmittel sind auf nur 75 Mio. EUR jährlich begrenzt. Die Mobilisierung des Fonds nach dem Hauptkriterium ("Katastrophe größeren Ausmaßes") sollte künftig die Regel statt die Ausnahme bilden.

1 KOM (2004) 101.
2 Verordnung des Rates (EG) Nr. 2012/2002 - ABl L 311 vom 14.11.2002, S. 3.
3 KOM (2005) 113 vom 6.4.2005.

- Derzeitige Bestimmungen

Der Vorschlag basiert auf der derzeitigen Solidaritätsfonds-Verordnung, die mit Wirkung vom Geltungsbeginn der vorgeschlagenen neuen Verordnung (1. Januar 2007) aufgehoben wird. Neben einer vollständigen Überarbeitung der Rechtsvorschriften ist auf die nachstehenden wesentlichen Merkmale und inhaltlichen Unterschiede hinzuweisen:

Der geografische Anwendungsbereich bleibt unverändert; er ist begrenzt auf die Mitgliedstaaten und die Länder, die über ihren Beitritt zur Union verhandeln. Der thematische Anwendungsbereich wird jedoch ausgeweitet und umfasst künftig nicht nur Krisensituationen größeren Ausmaßes aufgrund von Naturkatastrophen, sondern auch Industrie-/Technologiekatastrophen, Krisensituationen im Bereich der öffentlichen Gesundheit und terroristische Akte.

Der Anwendungsbereich des Fonds ist weiterhin auf Katastrophen "größeren Ausmaßes" begrenzt, die nach einem zum Teil neuen, zweifachen Ansatz definiert werden.

(1) Wie bisher muss der direkte Gesamtschaden, d.h. die durch die Katastrophen verursachten materiellen Schäden einschließlich der Kosten für die daraufhin erfolgten Interventionen, eine absolute oder relative Schwelle (je nachdem welche niedriger ist) überschreiten. In der Praxis werden damit nicht nur Naturkatastrophen, sondern auch Krisenfälle im Bereich der öffentlichen Gesundheit, Industrieunfälle und materielle Schäden aufgrund von terroristischen Akten abgedeckt. Die Schwellen werden von 3 Mrd. EUR bzw. 0,6% des BIP des betreffenden Staates auf 1 Mrd. EUR bzw. 0,5% herabgesetzt. Diese neuen Schwellenwerte waren von der Kommission bereits 2002 vorgeschlagen worden, als das Instrument errichtet wurde. Mit den revidierten Schwellenwerten wird die potentielle Zulässigkeit von Katastrophen für Hilfen des Solidaritätsfonds erheblich ausgeweitet.

(2) Es wird ein neues, auf politischen Überlegungen basierendes Kriterium eingeführt, nach dem die Kommission unter außergewöhnlichen und hinreichend begründeten Umständen eine Katastrophensituation zu einer Katastrophe "größeren Ausmaßes" erklären kann, selbst wenn die quantitativen Kriterien nicht erfüllt sind.

Damit wird die Mobilisierung des Fonds in Krisensituationen ermöglicht, in denen der materielle Schaden - zum Zeitpunkt der Entscheidung - noch begrenzt ist; dies dürfte vor allem bei terroristischen Akten oder Krisensituationen größeren Ausmaßes im Bereich der öffentlichen Gesundheit der Fall sein. Auf diese Weise können Zuschüsse gewährt werden, um die Opfer von terroristischen Akten zu unterstützen oder um Sofortmaßnahmen im Falle einer unvorhergesehenen Gesundheitskrise zu finanzieren und damit die teilweise Erstattung der Kosten für die während einer Notsituation verwendeten Arzneimittel, Medizinprodukte und medizinischen Ausrüstungen zu ermöglichen. Dies ist insbesondere für den Schutz der EU vor Pandemien von Bedeutung, vor allem bei offiziell festgestellten Grippepandemien. Die drei Grippepandemien des letzten Jahrhunderts (1918, 1957 und 1968) haben Millionen von Menschen getötet und das öffentliche Leben in den betroffenen Ländern weitgehend zum Erliegen gebracht. Wirksame Schutzmassnahmen erfordern den umfassenden und schnellen Einsatz von Antivirusmedikamenten und Impfstoffen. Der Solidaritätsfonds könnte dazu beitragen die Kosten solcher Medikamente zu ersetzen.

Die Herabsetzung der Schwellenwerte, die die Förderfähigkeit von Katastrophen erheblich ausweitet, macht die Weiterführung der Ausnahmebestimmung, die die Mobilisierung des Fonds bei einer regionalen Katastrophe gestattet, überflüssig, da alle Katastrophen, die einen Akt von europäischer Solidarität erfordern, nun in den normalen Anwendungsbereich fallen würden. Damit wird sichergestellt, dass der Solidaritätsfonds für Katastrophen größeren Ausmaßes vorbehalten bleibt, während regionale und lokale Katastrophen in Übereinstimmung mit dem Subsidiaritätsgrundsatz von den betroffenen Staaten selbst bewältigt werden können. Das schwerfällige Haushaltsverfahren, das zur Mobilisierung des Solidaritätsfonds über einen Nachtragshaushalt in jedem einzelnen Fall erforderlich ist, stellt einen weiteren Grund dar, den Fonds nur in den schwerwiegendsten Fällen zu nutzen. Im Übrigen können auch andere Gemeinschaftsinstrumente unter Umständen Hilfen im Falle kleinerer Katastrophen zur Verfügung stellen. In wirklich unerwarteten und außergewöhnlichen Situationen kann der Fonds jedoch über den Mechanismus einer entsprechenden Erklärung mobilisiert werden. Dieses politische Kriterium sollte nur in begründeten und von der Kommission so bewerteten Fällen angewandt werden, insbesondere im Falle ernsthafter Gefahren für die öffentliche Gesundheit oder bei terroristischen Akten.

Als Neuerung kann die Kommission unter bestimmten Voraussetzungen unverzüglich solidarische Maßnahmen ergreifen, indem sie eine Abschlagszahlung leistet, sobald der betroffene Staat eine Unterstützung beantragt hat. Diese Abschlagszahlung wird als Vorschuss auf die nach Abschluss der Prüfung und des Haushaltsverfahrens zu gewährende Unterstützung behandelt. Im Fall, dass der Antrag nicht genehmigt wird, würde der antragstellende Staat den Vorschuss an die Kommission zurückzahlen.

Eine Mobilisierung des Fonds wäre - wie nach dem derzeitigen Verfahren - nur auf Antrag eines förderfähigen Staates möglich. Nachdem die Kommission eine Prüfung vorgenommen und der Haushaltsbehörde den Betrag der zu gewährenden finanziellen Unterstützung vorgeschlagen hat, verabschiedet letztere einen entsprechenden Nachtragshaushalt. Die Kommission erlässt dann eine Zuschussentscheidung, woraufhin eine Umsetzungsvereinbarung geschlossen wird, die zur Auszahlung des Zuschusses führt. Die Einführung bestimmter

Sicherheitsklauseln/Fristen wird eine zügigere Auszahlung des Zuschusses ermöglichen.

Die förderfähigen Maßnahmen bleiben auf öffentliche Sofortmaßnahmen beschränkt. Diese werden auf Ausgleichszahlungen an die Opfer von terroristischen Akten sowie auf medizinische Unterstützung im Falle von Gesundheitskrisen ausgeweitet.

Es wird eine Bestimmung über die Bereitstellung von Haushaltsmitteln für technische Hilfe eingeführt, die es der Kommission ermöglicht, Sachverständigenberichte als Hilfestellung für die Prüfung der Anträge zu finanzieren.

- Bezug zu anderen Politiken und Zielen der Union

Der Vorschlag knüpft an ein vorhandenes Politikinstrument an. Durch Ausweitung des Anwendungsbereichs des derzeitigen Solidaritätsfonds und in Kombination mit dem ergänzenden neuen Vorschlag für ein Krisenreaktions- und Bereitschaftsinstruments für Katastrophenfälle wird eine Lücke in den derzeitigen Rechtsvorschriften geschlossen und ein umfassendes Tätigwerden der Gemeinschaft als Reaktion auf Katastrophen und Krisensituationen größeren Ausmaßes ermöglicht. Der Bezug zu anderen Gemeinschaftspolitiken - insbesondere zur Kohäsionspolitik - wird durch eine Reihe von Rechtsvorschriften gewährleistet, die u.a. Doppelfinanzierungen ausschließen und die Einhaltung der Bestimmungen zur Vergabe öffentlicher Aufträge sowie des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung vorschreiben.

2. Konsultation der Betroffenen Parteien und Folgenabschätzung

- Konsultation der betroffenen Parteien

Der Fonds ist im Wesentlichen ein Finanzierungsmechanismus, über den die öffentlichen Haushalte einen Ausgleich für entstandene Schäden erhalten. Infolgedessen sind die Mitgliedstaaten die potenziellen Antragsteller und damit die direkt betroffenen Parteien. Im Mai 2004 hat die Kommission einen Bericht über die Durchführung des Solidaritätsfonds vorgelegt. Dieser Bericht, in dem wichtige für den neuen Vorschlag relevante Fragen behandelt werden, wurde von den Mitgliedstaaten im Rat wiederholt erörtert, darunter in einer von der Gruppe "Haushalt" des Rates in Irland einberufenen Sondersitzung. Darüber hinaus haben die Standpunkte, die vom Rat und vom Europäischen Parlament anlässlich der verschiedenen Vorschläge der Kommission zur Mobilisierung des derzeitigen Solidaritätsfonds geäußert wurden, relevante Ergebnisse gezeitigt, die in den Vorschlag eingeflossen sind.

- Einholung und Nutzung von Fachwissen

Es wurde kein externes Fachwissen benötigt.

- Folgenabschätzung

In der Folgenabschätzung werden die Beweggründe für die Ersetzung der derzeitigen Solidaritätsfonds-Verordnung durch einen neue Verordnung, die vorgeschlagenen politischen Entscheidungen sowie die Auswirkungen dieser Entscheidungen erläutert. Die Folgenabschätzung bezieht sich vor allem auf die Beweggründe für die Erweiterung des Anwendungsbereichs des derzeitigen Solidaritätsfonds sowie auf die vorgeschlagenen Änderungen der Förderschwellen. Die vorgeschlagene neue Verordnung wird einem "Szenario ohne Änderung" gegenübergestellt. Die größte Gefahr in der derzeitigen Situation besteht darin, dass die EU nicht über ein Instrument verfügt, mit dem sie auf Krisensituationen reagieren und im Gefolge von anderen Katastrophen als Naturkatastrophen ihre Solidarität bekunden kann. Dies betrifft insbesondere die Folgen von Technologie- und Industriekatastrophen, Krisensituationen im Bereich der öffentlichen Gesundheit und terroristischen Anschlägen. Was die Förderkriterien des derzeitigen Solidaritätsfonds anbelangt, so wurde eine Zunahme der Zahl von Unterstützungsanträgen für kleinere regionale Katastrophen festgestellt, was die Gefahr birgt, dass die Unterstützung aus dem Fonds nicht gezielt eingesetzt wird, sondern lediglich zusätzliche Ausgaben ohne wirklichen Mehrwert darstellt.

Die wichtigste Auswirkung, die von dem Vorschlag gegenüber dem "Szenario ohne Änderung" erwartet wird, ist eine Verbesserung der Fähigkeit, auf EU-Ebene auf andere Krisensituationen als Naturkatastrophen zu reagieren. Solidaritätsmaßnahmen würden künftig auch im Gefolge anderer Krisensituationen wie z.B. von Industrie - und Technologiekatastrophen, Krisensituationen im Bereich der öffentlichen Gesundheit und terroristischen Anschlägen möglich sein. Durch Konzentration der Politik auf Katastrophen wirklich größeren Ausmaßes und Abschaffung der Förderfähigkeit im Falle von regionalen Katastrophen dürften zudem der Fokus und die Wirksamkeit der Solidaritätsmaßnahmen verbessert werden.

Als Ergebnis der Folgenabschätzung wird vorgeschlagen, die Fähigkeit der EU, auf Krisensituationen größeren Ausmaßes zu reagieren, durch den Erlass einer neuen Solidaritätsfonds-Verordnung zu verbessern. Das neue Instrument sollte sich an den derzeitigen Solidaritätsfonds der Europäischen Union anlehnen, jedoch einen größeren Anwendungsbereich haben und sich auf Katastrophen und Krisensituationen größeren Ausmaßes konzentrieren.

Die Kommission hat eine im Arbeitsprogramm aufgeführte Folgenabschätzung vorgenommen. Der Bericht findet sich auf der "InfoRegio"-Website der Kommission unter http://europa.eu.int/comm/regional_policy/funds/solidar/solid_de.htm .

3. Rechtliche Aspekte des Vorschlags

- Zusammenfassung des Vorschlags

Mit der vorgeschlagenen Maßnahme wird die Tätigkeit des derzeitigen Solidaritätsfonds fortgesetzt und ausgeweitet, indem den Mitgliedstaaten und den über ihren Beitritt zur EU verhandelnden Ländern im Falle von Katastrophen oder Krisen größeren Ausmaßes eine finanzielle Unterstützung gewährt wird.

- Rechtsgrundlage

Da der Vorschlag Maßnahmen sowohl in den Mitgliedstaaten als auch in den Kandidatenländern umfasst, erfordert er eine doppelte Rechtsgrundlage, nämlich Artikel 159 Absatz 3 und Artikel 181a Absatz 2 EG-Vertrag.

Artikel 159 wurde als Rechtsgrundlage für die derzeitige Solidaritätsfonds-Verordnung in Bezug auf die Mitgliedstaaten verwendet. Während der materielle Anwendungsbereich mit dem neuen Vorschlag ausgeweitet wird, bleiben die Beweggründe unverändert. Artikel 159 bildet daher nach wie vor die angemessene Rechtsgrundlage. Mit Artikel 181a EG-Vertrag wurde durch den Vertrag von Nizza eine spezifische Rechtsvorschrift für die wirtschaftliche und finanzielle Zusammenarbeit mit Drittländern eingeführt, die nach Auffassung der Kommission eine angemessene Rechtsgrundlage für die Finanzierungsmaßnahmen des vorgeschlagenen Fonds in Bezug auf die Kandidatenländer darstellt. Da es nun eine spezifische Rechtsvorschrift gibt, sollte diese anstelle des zuvor angewendeten Artikels 308 EG-Vertrag herangezogen werden.

- Subsidiaritätsprinzip

Das Subsidiaritätsprinzip gilt insofern, als der Vorschlag nicht in die ausschließliche Zuständigkeit der Gemeinschaft fällt.

Die Ziele des Vorschlags können von den Mitgliedstaaten aus folgenden Gründen nicht in ausreichendem Maße verwirklicht werden:

Während die bestehenden Vereinbarungen über gegenseitige Unterstützung zwischen einzelnen Staaten in einigen Fällen sehr wirkungsvoll sind, wenn es gilt, dringend benötigte Ausrüstungen oder Einsatzteams bereitzustellen, erfordert die Art von Katastrophen größeren Ausmaßes, um die es in diesem Vorschlag geht, auch eine finanzielle Solidarität, für die es keinen wirksamen Mechanismus zwischen den Mitgliedstaaten gibt. Die potenzielle finanzielle Belastung ist derart, dass sie von den einzelnen Mitgliedstaaten alleine nicht getragen werden kann und auf alle Mitgliedstaaten gleichmäßig verteilt werden muss. Die Mitgliedstaaten haben dies bei der Errichtung des derzeitigen Solidaritätsfonds der Europäischen Union im Jahr 2002 anerkannt.

Die Ziele des Vorschlags können aus folgenden Gründen besser mit einer Gemeinschaftsmaßnahme erreicht werden:

Der neue Fonds ist eigens darauf ausgelegt, den Mitgliedstaaten und förderfähigen Kandidatenländern eine finanzielle Unterstützung zu gewähren, damit diese auf Krisensituationen größeren Ausmaßes reagieren können, wenn ihre eigenen Kapazitäten für eine angemessene und wirksame Reaktion nicht ausreichen. Der Fonds kann nur auf Antrag eines förderfähigen Staates aktiviert werden und ergänzt die administrativen, materiellen und finanziellen Anstrengungen, die das antragstellende Land zur Bewältigung der Krisensituation unternimmt. Die Mobilisierung des Fonds erfordert die Zustimmung des Europäischen Parlaments und des Rates. Hierin bekundet sich die finanzielle Solidarität der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten als Gesamtheit, wobei die Fähigkeit des betroffenen Landes, die Situation mit seinen eigenen Finanzmitteln zu bewältigen, berücksichtigt wird.

Der Vorschlag steht daher im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip.

- Verhältnismäßigkeitsprinzip

Der Vorschlag steht aus folgenden Gründen mit dem Verhältnismäßigkeitsprinzip im Einklang:

Die Verpflichtungen der Empfängerstaaten sind auf das unbedingt erforderliche Maß begrenzt und entsprechen der Dringlichkeit der Situation, in der die Unterstützung gewährt wird. Die Abwicklung des Zuschusses bleibt vollkommen den Behörden des Empfängerstaates überlassen. Insbesondere wird der vollständige Betrag der Unterstützung vorab gewährt. Vom Abschluss einer Umsetzungsvereinbarung zwischen Empfängerstaat und Kommission abgesehen, gibt es keine Programmplanungspflichten und formalisierten Verfahren für die Begleitung und Berichterstattung. Allerdings muss der Empfängerstaat nach Abschluss der Maßnahme einen Bericht, in dem die Verwendung des Zuschusses begründet wird, zusammen mit einer Erklärung vorlegen.

Der Verwaltungsaufwand für die gemeinschaftlichen, nationalen, regionalen und lokalen Behörden ist daher außerordentlich begrenzt und geht nicht über das Maß hinaus, das erforderlich ist, damit die Kommission ihrer Gesamtverantwortung für die Ausführung des Gemeinschaftshaushalts nachkommen kann.

- Wahl des Instruments

Vorgeschlagenes Instrument: Der Vorschlag ersetzt eine bestehende Verordnung und sollte daher ebenfalls in Form einer Verordnung erlassen werden.

Andere Mittel wären nicht geeignet, da das Ziel nur über ein direkt anwendbares Rechtsinstrument erreicht werden kann.

4. Auswirkungen auf den Haushalt

Der Vorschlag bleibt auf der Linie des derzeitigen Solidaritätsfonds, indem auf Antrag eines Mitgliedstaats oder eines Kandidatenlandes eine finanzielle Hilfe für sofortige Wiederaufbau- und Unterstützungsmaßnahmen gewährt wird. Die Kommission schlägt vor, den Fonds in Rubrik 3 "Unionsbürgerschaft, Freiheit, Sicherheit und Gerechtigkeit" des Finanzrahmens für 2007-2013 als eines der Instrumente aufzunehmen, mit denen auf die Belange der EU-Bürger eingegangen wird. Die Verfahren sind so gestaltet, dass an den derzeitigen Vorkehrungen für die Einbindung der Haushaltsbehörde in die Freigabe der Mittel sowie an der Vorab-Zweckbindung der Mittel für spezifisch festgelegte Solidaritätsmaßnahmen festgehalten wird. Nicht verbrauchte Mittel könnten nicht für andere Zwecke oder die von der Kommission vorgeschlagene "Reallokationsfazilität" verwendet werden.

Um rascher reagieren zu können als im Rahmen des derzeitigen Solidaritätsfonds, ist ein Mechanismus vorgesehen, mit dem unter bestimmten Voraussetzungen auf Antrag als "sofortige Solidarität" ein Vorschuss gezahlt werden könnte, der sich auf 5% der geschätzten Kosten der förderfähigen Maßnahmen und maximal 5 Mio. EUR beläuft. In diesem Fall müssten verfügbare Verpflichtungsermächtigungen auf die betreffenden Haushaltslinien übertragen und nach Genehmigung des Antrags und Inkrafttreten des Nachtragshaushalts rückübertragen werden. Diese Abschlagszahlung würde als Vorschuss auf die nach Abschluss der Prüfung und des

Haushaltsverfahrens zu gewährende Unterstützung behandelt. Im Fall, dass der Antrag nicht genehmigt wird, wäre der Vorschuss an die Kommission zurückzuzahlen.

Die vorgesehene finanzielle Ausstattung des Fonds bleibt mit einem jährlichen Betrag von 1 Mrd. EUR (laufende Preise) ebenfalls am derzeitigen Solidaritätsfonds orientiert. In jedem konkreten Fall wird der Betrag der für notwendig erachteten Unterstützung durch einen Nachtragshaushalt mobilisiert. Wie bisher wird am 1. Oktober eines jeden Jahres noch mindestens ein Viertel des jährlichen Betrags zur Verfügung stehen, damit ein bis zum Ende des Jahres auftretender Bedarf gedeckt werden kann.

5. ERGÄNZENDE Angaben

- Vereinfachung

Der Vorschlag sieht die Vereinfachung von Rechtsvorschriften vor.

Die Solidaritätsmaßnahmen, die als Reaktion auf Krisensituationen größeren Ausmaßes unabhängig von deren Ursprung unternommen werden, werden durch ein einziges Instrument abgedeckt.

- Aufhebung bestehender Rechtsvorschriften

Die Annahme des Vorschlags führt zur Aufhebung derzeitiger Rechtsvorschriften.

- Überprüfungs-/Revisions-/Verfallsklausel

Der Vorschlag enthält eine Revisionsklausel.

Der Vorschlag enthält eine Überprüfungsklausel.

Vorschlag für eine
Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Errichtung des Solidaritätsfonds der Europäischen Union

Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union -

(1) Bei Katastrophen oder Krisensituationen größeren Ausmaßes sollte sich die Gemeinschaft mit den Mitgliedstaaten und der betroffenen Bevölkerung solidarisch zeigen, indem sie eine finanzielle Unterstützung bereitstellt, um umgehend zur Wiederherstellung von normalen Lebensbedingungen in den geschädigten Regionen beizutragen, und indem sie zur finanziellen Entschädigung von Terrorismusopfern beiträgt.

(2) Die Gemeinschaft sollte sich auch mit den Staaten, über deren Beitritt zur Europäischen Union derzeit verhandelt wird, solidarisch zeigen.

(3) Katastrophen oder Krisensituationen größeren Ausmaßes können die Folge von natürlichen, industriellen und technologischen Vorkommnissen - einschließlich Meeresverschmutzung und radiologischer Bedrohung - sowie von Krisensituationen im Bereich der öffentlichen Gesundheit, insbesondere bei offiziell festgestellten Grippepandemien, und von terroristischen Akten sein. Über die vorhandenen Instrumente zur Förderung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts können Maßnahmen zur Risikoprävention und die Wiederherstellung von beschädigten Infrastrukturen finanziert werden. Der mit der Verordnung (EG) Nr. 2012/2002 des Rates8 errichtete Solidaritätsfonds der Europäischen Union ermöglicht es der Gemeinschaft, zur Mobilisierung der für die unmittelbaren Bedürfnisse der Menschen bestimmten Hilfsdienste sowie zum kurzfristigen Wiederaufbau zerstörter Schlüsselinfrastrukturen beizutragen, damit die Wirtschaftstätigkeit in den von der Katastrophe betroffenen Regionen wieder aufgenommen werden kann. Der Anwendungsbereich dieses Fonds ist jedoch vor allem auf Naturkatastrophen begrenzt. Es sollte vorgesehen werden, dass die Gemeinschaft auch in Krisensituationen mit nicht natürlichem Ursprung tätig werden kann.

(4) Ziel der in Betracht gezogenen Maßnahmen ist es, die Anstrengungen der betreffenden Staaten in Fällen zu ergänzen, in denen die Folgen einer Katastrophe oder Krisensituation so gravierend sind, dass diese Staaten die Situation nicht mit ihren eigenen Mitteln allein bewältigen können. Da dieses Ziel auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden kann und sich daher in Anbetracht des Umfangs der Maßnahmen besser auf Gemeinschaftsebene erreichen lässt, kann die Gemeinschaft gemäß dem Subsidiaritätsprinzip nach Artikel 5 EG-Vertrag tätig werden. In Einklang mit dem in dem genannten Artikel festgelegten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das für die Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.

(5) Entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip sollte die Tätigkeit im Rahmen dieser Verordnung auf Katastrophen größeren Ausmaßes begrenzt werden. Diese sollten in Abhängigkeit von dem jeweiligen Bereich definiert werden. Allerdings sollte auch ein bestimmtes Maß an politischem Ermessen zugestanden werden, damit auf Vorkommnisse reagiert werden kann, deren Folgen zwar besonders gravierend sind, jedoch aufgrund ihrer Art nicht allein anhand des materiellen Schadens bewertet werden können wie z.B. im Fall von Krisensituationen im Bereich der öffentlichen Gesundheit oder bei terroristischen Akten. Die besondere Situation von abgelegenen oder isolierten Gebieten, wie die Inseln und die Gebiete in äußerster Randlage wird berücksichtigt.

(6) Katastrophen größeren Ausmaßes - vor allem solche natürlichen Ursprungs - betreffen häufig mehr als ein Land. Wurde ein förderfähiger Staat von einer Katastrophe größeren Ausmaßes heimgesucht, so sollte auch einem von derselben Katastrophe betroffenen förderfähigen Nachbarstaat eine Unterstützung gewährt werden.

(7) Die Gemeinschaftsunterstützung sollte die Anstrengungen des betreffenden Staates ergänzen und zur Deckung eines Teils der öffentlichen Ausgaben verwendet werden, die für die wesentlichsten Sofortmaßnahmen im Gefolge einer Katastrophe größeren Ausmaßes getätigt wurden.

(8) Entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip sollte die Gemeinschaftsunterstützung nur auf Antrag des betroffenen Staates gewährt werden. Die Kommission hat die Gleichbehandlung der von den Staaten eingereichten Anträge zu gewährleisten.

(9) Die antragstellenden Staaten benötigen unter Umständen eine sofortige finanzielle Unterstützung, um die Kosten der dringendsten Interventionen und Nothilfemaßnahmen zu decken. Auf Ersuchen eines antragstellenden Staates sollte, vorbehaltlich der Verfügbarkeit von Haushaltsmitteln, daher eine Vorauszahlung erfolgen, sobald der Antrag eingegangen ist.

(10) Es bedarf eines umsichtigen Finanzmanagements, damit die Gemeinschaft auch dann tätig werden kann, wenn im Laufe desselben Jahres mehrere Katastrophen größeren Ausmaßes eintreten.

(11) Es ist angezeigt, über eine rasche Beschlussfassung die unverzügliche Bindung und Mobilisierung spezifischer Finanzmittel zu ermöglichen. Die Verwaltungsverfahren sind entsprechend anzupassen und auf das unbedingt erforderliche Maß zu begrenzen. Zu diesem Zweck haben das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission eine interinstitutionelle Vereinbarung über die Finanzierung des Solidaritätsfonds der Europäischen Union9 geschlossen.

(12) Die Mechanismen für die Auszahlung und die Verwendung der im Rahmen dieser Verordnung gewährten Zuschüsse sollten der Dringlichkeit der Situation entsprechen. Infolgedessen sollte eine Frist festgesetzt werden, innerhalb deren die gewährte finanzielle Unterstützung zu verwenden ist.

(13) Es könnte für einen Staat, der eine Unterstützung erhält, wünschenswert sein, entsprechend seinen besonderen verfassungsmäßigen, institutionellen, rechtlichen oder finanziellen Rahmenbedingungen die regionalen oder lokalen Behörden am Abschluss und der Durchführung der Umsetzungsvereinbarungen zu beteiligen. Gleichwohl sollte der Empfängerstaat gemäß der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates vom 25. Juni 2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften10 (nachstehend "Haushaltsordnung" genannt) für die Abwicklung der Unterstützung und für die Verwaltung und Kontrolle der von der Gemeinschaft finanziell unterstützten Maßnahmen verantwortlich bleiben.

(14) Eine im Rahmen dieser Verordnung finanzierte Maßnahme sollte keine finanzielle Unterstützung aus anderen gemeinschaftlichen Finanzierungsinstrumenten erhalten. Ist für eine Maßnahme eine finanzielle Unterstützung aus gemeinschaftlichen oder internationalen Instrumenten zum Ausgleich spezifischer Schäden vorgesehen, so sollte für diese Maßnahme nicht zum selben Zweck eine Unterstützung im Rahmen dieser Verordnung gewährt werden.

(15) Die Gemeinschaftsaktion darf weder Dritte, die nach dem Verursacherprinzip für den von ihnen verursachten Schaden haften, von ihrer Verantwortung befreien, noch sollte sie die Mitgliedstaaten und die Gemeinschaft von Präventivmaßnahmen abhalten.

(16) Es muss für eine maximale Transparenz bei der Abwicklung der finanziellen Unterstützung durch die Gemeinschaft sowie für eine angemessene Kontrolle der Verwendung dieser Mittel gesorgt werden.

(17) Es ist vorzusehen, dass die Empfängerstaaten die Verwendung der erhaltenen Unterstützung begründen müssen.

(18) In Ausnahmefällen und nach Maßgabe der im Rahmen dieser Verordnung im Jahr der Katastrophe für Solidaritätsmaßnahmen verfügbaren Finanzmittel sollten zusätzliche Zuschüsse im Rahmen der Mittelweisungen für das Folgejahr vorgesehen werden.

(19) Es ist vorzusehen, dass die zuständigen Gemeinschaftseinrichtungen ihren Verpflichtungen in Bezug auf die Finanzkontrolle nachkommen können.

(20) Eine Unterstützung für Ausgaben, die später von Dritten erstattet werden, bzw. eine Unterstützung, die nicht im Einklang mit dieser Verordnung verwendet oder die gemessen an der endgültigen Bewertung der Schäden zu viel gezahlt wurde, ist wieder einzuziehen.

(21) Für die Solidaritätsmaßnahmen im Rahmen dieser Verordnung ist eine technische Hilfe vorzusehen, damit die Kommission die bei ihr eingehenden Anträge besser prüfen kann.

(22) Die Verordnung (EG) Nr. 2012/2002 ist mit Wirkung vom Geltungsbeginn der vorliegenden Verordnung aufzuheben. Ihre Bestimmungen sollten jedoch weiterhin für Anträge gelten, die vor dem genannten Zeitpunkt eingereicht werden.

(23) Diese Verordnung sollte ab dem Geltungsbeginn der Finanziellen Vorausschau 2007-2013 gelten -

4 ABl. C vom , S. .
5 ABl. C vom , S. .
6 ABl. C vom , S. .
7 ABl. C vom , S. .
8 ABl. L 311 vom 14.11.2002, S. 3.
9 Noch nicht veröffentlicht.
10 ABl. L 248 vom 16.9.2002, S. l.

Haben folgende Verordnung erlassen:

Artikel 1
Gegenstand und Anwendungsbereich

(1) Es wird ein Solidaritätsfonds der Europäischen Union (nachstehend "Fonds" genannt) errichtet, um es der Gemeinschaft zu ermöglichen, auf Katastrophen größeren Ausmaßes, von denen die Mitgliedstaaten oder die mit der Europäischen Union in Beitrittsverhandlungen stehenden Kandidatenländer (nachstehend "förderfähige Staaten" genannt) betroffen sind, zu reagieren.

(2) Diese Verordnung enthält Bestimmungen zu den Maßnahmen des Fonds im Zusammenhang mit

Artikel 2
Katastrophen größeren Ausmaßes

Als "Katastrophe größeren Ausmaßes" im Sinne dieser Verordnung gilt eine Katastrophe, die in mindestens einem der förderfähigen Staaten direkte Schäden verursacht, die auf über 1 Mrd. EUR (zu Preisen von 2007) oder mehr als 0,5 % des Bruttoinlandsprodukts des betreffenden Staates geschätzt werden.

Auch in Fällen, in denen diese quantitativen Kriterien nicht erfüllt sind, kann die Kommission bei Vorliegen von außergewöhnlichen und hinreichend begründeten Umständen feststellen, dass im Hoheitsgebiet eines förderfähigen Staates eine Katastrophe größeren Ausmaßes eingetreten ist.

Artikel 3
Solidaritätsmaßnahmen

(1) Auf Antrag eines förderfähigen Staates kann die Kommission aus dem Fonds eine finanzielle Unterstützung in Form eines Zuschusses gewähren, wenn in dem Gebiet dieses Staates eine Katastrophe größeren Ausmaßes eingetreten ist.

Auf Antrag eines förderfähigen Staates, der mit dem Staat gemäß Unterabsatz 1 eine gemeinsame Grenze hat und von derselben Katastrophe größeren Ausmaßes betroffen wurde, kann die Kommission diesem Staat ebenfalls eine Unterstützung gewähren.

(2) Für jede Katastrophe kann ein Staat jeweils nur einmal einen Zuschuss erhalten.

Artikel 4
Förderfähige Maßnahmen

Eine finanzielle Unterstützung im Rahmen dieser Verordnung wird nur für Maßnahmen (nachstehend "förderfähige Maßnahmen" genannt) gewährt, die von den Behörden des betreffenden Staates oder von im öffentlichen Interesse handelnden Stellen durchgeführt werden und in eine der folgenden Kategorien fallen:

Artikel 5
Anträge

(1) Ein förderfähiger Staat kann umgehend, spätestens jedoch innerhalb von zehn Wochen nach Auftreten der ersten durch die Katastrophe verursachten Schäden bei der Kommission einen Antrag auf Unterstützung aus dem Fonds stellen; dabei sind alle verfügbaren Angaben zu mindestens folgenden Punkten zu machen:

Die Angaben gemäß Unterabsatz 1 Buchstabe a) umfassen eine Schätzung des Betrags der durch die Katastrophe insgesamt verursachten Direktschäden.

(2) Die Kommission prüft anhand der Angaben gemäß Absatz 1 sowie etwaiger zusätzlicher Angaben, die die Kommission angefordert oder anderweitig erhalten hat, ob die Voraussetzungen für die Gewährung einer finanziellen Unterstützung im Rahmen dieser Verordnung erfüllt sind.

Übermittelt der betreffende Staat zum Zwecke von Unterabsatz 1 von sich aus zusätzliche Angaben, so müssen diese innerhalb von zwei Monaten nach dem Datum des Antrags bei der Kommission eingehen.

Fordert jedoch die Kommission zum Zwecke von Unterabsatz 1 vom betreffenden Staat zusätzliche Angaben an, so müssen diese innerhalb eines Monats nach dem Datum des Antrags bei der Kommission eingehen.

Artikel 6
Vorauszahlung

(1) Unmittelbar nach Eingang des Antrags gemäß Artikel 5 Absatz 1 kann die Kommission, vorbehaltlich der Verfügbarkeit von Haushaltsmitteln, eine Entscheidung zur Gewährung einer Vorauszahlung für die dringendsten förderfähigen Maßnahmen erlassen und die Vorauszahlung dem betreffenden Staat unverzüglich in einer einzigen Rate auszahlen.

Unterabsatz 1 findet nur Anwendung, wenn im Antrag ausdrücklich um eine Vorauszahlung gebeten wird.

(2) Der Betrag der gemäß Absatz 1 Unterabsatz 1 erfolgten Vorauszahlung beläuft sich auf 5% des Gesamtbetrags der geschätzten Kosten gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b), in keinem Fall jedoch auf mehr als 5 Mio. EUR.

Artikel 7
Festsetzung der finanziellen Unterstützung

(1) Die Kommission setzt auf der Grundlage der gemäß Artikel 5 Absatz 2 vorgenommenen Prüfung umgehend einen geeigneten Betrag für die im Rahmen der verfügbaren Mittel gegebenenfalls zu gewährende finanzielle Unterstützung fest.

Der Betrag darf 50% des Gesamtbetrags der geschätzten Kosten gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b) nicht überschreiten.

(2) Kommt die Kommission aufgrund der gemäß Artikel 5 Absatz 2 vorgenommenen Prüfung zu dem Schluss, dass die Voraussetzungen für die Gewährung einer Unterstützung im Rahmen dieser Verordnung nicht erfüllt sind, teilt sie dies dem betreffenden Staat mit.

Etwaige gemäß Artikel 6 Absatz 1 erfolgte Vorauszahlungen sind innerhalb von drei Monaten nach dem Zeitpunkt dieser Mitteilung an die Kommission zurückzuzahlen.

Artikel 8
Haushaltsverfahren

(1) Kommt die Kommission zu dem Schluss, dass aus dem Fonds eine finanzielle Unterstützung gewährt werden sollte, unterbreitet sie der Haushaltsbehörde die Vorschläge, die zur Bewilligung von Mitteln in Höhe des gemäß Artikel 7 Absatz 1 festgesetzten Betrags erforderlich sind.

Diese Vorschläge umfassen Folgendes:

(2) Sobald die Haushaltsbehörde die Mittel zur Verfügung gestellt hat, erlässt die Kommission eine Zuschussentscheidung unter Berücksichtigung etwaiger gemäß Artikel 6 Absatz 1 erfolgter Vorauszahlungen.

Artikel 9
Auszahlung und Verwendung des Zuschusses

(1) Im Anschluss an die Zuschussentscheidung und unmittelbar nach Unterzeichung der in Artikel 10 Absatz 1 genannten Vereinbarung zahlt die Kommission den Zuschuss an den Empfängerstaat in Form einer einmaligen Zahlung aus.

(2) Der Empfängerstaat verwendet den Zuschuss sowie etwaige darauf anfallende Zinsen innerhalb von 18 Monaten nach Auftreten der ersten Schäden zur Finanzierung der nach diesem Zeitpunkt durchgeführten förderfähigen Maßnahmen.

Artikel 10
Umsetzung der Zuschussentscheidung

(1) Die Kommission und der Empfängerstaat schließen gemäß den verfassungsmäßigen, institutionellen, rechtlichen und finanziellen Bestimmungen dieses Staates und der Gemeinschaft eine Vereinbarung zur Umsetzung der Zuschussentscheidung.

Diese Vereinbarung enthält insbesondere Angaben über die Art und den Standort der zu finanzierenden Maßnahmen.

(2) Die Kommission achtet darauf, dass die Verpflichtungen im Rahmen der Umsetzungsvereinbarungen für alle Empfängerstaaten identisch sind.

(3) Der Empfängerstaat wählt die Einzelmaßnahmen aus und wickelt den Zuschuss in Übereinstimmung mit dieser Verordnung, der Zuschussentscheidung und der Vereinbarung ab.

Diese Zuständigkeit gilt unbeschadet der Verantwortung der Kommission für die Ausführung des Gesamthaushaltsplans der Europäischen Gemeinschaften gemäß den die gemeinsame oder dezentrale Verwaltung betreffenden Bestimmungen der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 (nachstehend "Haushaltsordnung" genannt).

Artikel 11
Finanzierung der Maßnahmen

(1) Maßnahmen, die ganz oder teilweise im Rahmen einer Umsetzungsvereinbarung finanziert werden, dürfen aus keinem anderen gemeinschaftlichen oder internationalen Instrument eine Finanzierung erhalten.

Der Empfängerstaat gewährleistet die Einhaltung von Unterabsatz 1.

(2) Die Empfängerstaaten unternehmen ihr Möglichstes, um Entschädigungsleistungen seitens Dritter zu erhalten.

Artikel 12
Vereinbarkeit mit den anderen Instrumenten

Die Maßnahmen, für die aus dem Fonds eine finanzielle Unterstützung gewährt wird, müssen mit dem Vertrag und den aufgrund des Vertrags erlassenen Rechtsakten sowie mit den Gemeinschaftspolitiken und -maßnahmen und den Instrumenten der Heranführungshilfe vereinbar sein.

Artikel 13
Schlussbericht und Abschluss

(1) Spätestens sechs Monate nach Ablauf des Zeitraums gemäß Artikel 9 Absatz 2 legt der Empfängerstaat der Kommission einen Bericht über die finanzielle Abwicklung des Zuschusses zusammen mit einer Erklärung vor, in der die Ausgaben begründet und etwaige weitere Quellen von Finanzierungsbeiträgen zu den betreffenden Maßnahmen angegeben werden.

In dem Bericht sind die vom Empfängerstaat eingeführten oder geplanten Präventivmaßnahmen anzugeben, mit denen das Ausmaß der Schäden begrenzt und - soweit möglich - eine Wiederholung vergleichbarer Katastrophen verhindert werden soll.

(2) Spätestens sechs Monate, nachdem die Kommission alle Angaben gemäß Absatz 1 erhalten hat, schließt sie die finanzielle Unterstützung aus dem Fonds ab.

Artikel 14
Verwendung des Euro

Alle Beträge in den Anträgen, Zuschussentscheidungen, Umsetzungsvereinbarungen und Berichten im Rahmen dieser Verordnung sowie in allen sonstigen einschlägigen Dokumenten lauten auf Euro.

Artikel 15
Finanzierungslücke

(1) Reichen zum Zeitpunkt der Unterbreitung eines Vorschlags gemäß Artikel 8 die im betreffenden Jahr noch verfügbaren finanziellen Mittel des Fonds nicht aus, um den Betrag der für erforderlich erachteten finanziellen Unterstützung zu decken, so kann die Kommission vorschlagen, diese Lücke aus den für das Folgejahr verfügbaren Mitteln des Fonds zu finanzieren.

(2) Die jährliche Haushaltsobergrenze des Fonds für das Jahr der Katastrophe und für das Folgejahr zusammengenommen ist in jedem Fall einzuhalten.

Artikel 16
Finanzkontrolle durch die Gemeinschaftseinrichtungen

Der Empfängerstaat trägt dafür Sorge, dass alle aufgrund der Umsetzungsvereinbarung gemäß Artikel 10 erlassenen Finanzierungsentscheidungen sowie alle aus diesen Finanzierungsentscheidungen resultierenden Vereinbarungen und Verträge Kontrollen durch die Kommission (über das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF)) sowie Vor-Ort-Kontrollen durch die Kommission oder den Rechnungshof nach den einschlägigen Verfahren vorsehen.

Artikel 17
Wiedereinziehung

(1) Liegt der Betrag der insgesamt entstandenen direkten Schäden um mindestens 10% unter dem geschätzten Betrag gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe a), so kann die Kommission vom Empfängerstaat die Rückerstattung des entsprechenden Betrags der erhaltenen finanziellen Unterstützung fordern.

(2) Hat der Empfängerstaat Artikel 10 Absatz 3 nicht eingehalten, so kann die Kommission von ihm die vollständige oder teilweise Rückerstattung der erhaltenen finanziellen Unterstützung fordern.

(3) Bevor die Kommission eine Entscheidung gemäß Absatz 1 oder Absatz 2 trifft, nimmt sie eine angemessene Prüfung des Falls vor und räumt dem Empfängerstaat insbesondere einen bestimmten Zeitraum ein, innerhalb dessen er seine Bemerkungen übermitteln kann.

(4) Etwaige rechtsgrundlos erhaltene und wiedereinzuziehende Beträge werden an die Kommission zurückgezahlt. Auf Beträge, die nicht im Einklang mit der Haushaltsordnung zurückgezahlt werden, können Verzugszinsen erhoben werden.

Artikel 18
Technische Hilfe auf Initiative der Kommission

(1) Auf Initiative der Kommission kann der Fonds im Rahmen einer Obergrenze von 0,20% der für das betreffende Jahr verfügbaren Finanzmittel zur Finanzierung von Maßnahmen zur Vorbereitung, Begleitung, administrativen und technischen Unterstützung, Prüfung und Kontrolle eingesetzt werden, die für die Durchführung dieser Verordnung erforderlich sind.

Diese Maßnahmen werden im Einklang mit Artikel 53 Absatz 2 der Haushaltsordnung und etwaigen sonstigen für diese Art des Haushaltsvollzugs geltenden Bestimmungen der Haushaltsordnung und Durchführungsvorschriften zur Haushaltsordnung ausgeführt.

Diese Maßnahmen umfassen insbesondere Sachverständigenberichte, die der Kommission bei der Prüfung der Anträge gemäß Artikel 5 Absatz 2 Hilfestellung leisten.

(2) In Fällen, in denen ein Beitrag des Fonds zu Beschaffung externer Dienstleistungen vorgesehen ist, erlässt die Kommission eine Entscheidung für die in Absatz 1 Unterabsatz 1 aufgeführten Maßnahmen.

Artikel 19
Jahresbericht

Mit Wirkung von Jahr nach dem Jahr des Geltungsbeginns legt die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat vor dem 1. Juli eines jeden Jahres einen Bericht über die im Vorjahr im Rahmen dieser Verordnung erfolgten Tätigkeiten vor. Der Bericht enthält insbesondere Angaben zu den eingereichten Anträgen, den erlassenen Zuschussentscheidungen und zur Abwicklung der finanziellen Unterstützung.

Artikel 20
Überprüfung

Auf der Grundlage eines Vorschlags der Kommission überprüfen das Europäische Parlament und der Rat diese Verordnung bis spätestens 31. Dezember 2013.

Artikel 21
Aufhebung

Die Verordnung (EG) Nr. 2012/2002 wird mit Wirkung vom 1. Januar 2007 aufgehoben.

Bezugnahmen auf die aufgehobene Verordnung gelten als Bezugnahmen auf die vorliegende Verordnung.

Artikel 22
Übergangsbestimmung

Die Verordnung (EG) Nr. 2012/2002 gilt weiterhin für Anträge, die bei der Kommission bis einschließlich 31. Dezember 2006 eingehen.

Artikel 23
Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft

Sie gilt ab dem 1. Januar 2007.
Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.
Geschehen zu Brüssel am

Im Namen des Europäischen ParlamentsDer Präsident
Im Namen des RatesDer Präsident