Unterrichtung durch die Bundesregierung
Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 92/85/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz KOM (2008) 637 endg.; Ratsdok. 13983/08

Übermittelt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 14. Oktober 2008 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 12. März 1993 (BGBl. I S. 313), zuletzt geändert durch das

Föderalismusreform-Begleitgesetz vom 5. September 2006 (BGBl. I S. 2098).

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat die Vorlage am 7. Oktober 2008 dem Bundesrat zugeleitet.

Die Vorlage ist von der Kommission am 6. Oktober 2008 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss und der Ausschuss der Regionen werden an den Beratungen beteiligt.


Hinweis: vgl.
Drucksache 803/90 = AE-Nr. 902578

Begründung

1. Kontext des Vorschlages

Begründung und Ziele

Ziel dieses Vorschlags ist die Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen.

Insbesondere wird die Mindestdauer des Mutterschaftsurlaubs von 14 auf 18 Wochen verlängert. Damit soll der Arbeitnehmerin geholfen werden, sich von den unmittelbaren Folgen der Entbindung zu erholen, und gleichzeitig soll es ihr leichter gemacht werden, am Ende des Mutterschaftsurlaubs auf den Arbeitsmarkt zurückzukehren. Außerdem verbessert die Richtlinie die arbeitsrechtlichen Bedingungen für schwangere Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillende Arbeitnehmerinnen. Der Vorschlag wird zur besseren Vereinbarkeit von Berufs-, Privat- und Familienleben beitragen.

Der Vorschlag gehört zu den vorrangigen Initiativen1 im Arbeitsprogramm der Kommission für 20082 (Nr. 2008/EMPL/025).

Allgemeiner Kontext

Im Fahrplan für die Gleichstellung von Frauen und Männern 2006-20103, den die Kommission im März 2006 angenommen hat, verpflichtete sie sich, die bestehenden und 2005 nicht überarbeiteten EU-Rechtsvorschriften zur Gleichstellung zu überprüfen, um sie, falls nötig, zu aktualisieren, zu modernisieren und zu überarbeiten. Die Richtlinie 92/85/EWG gehört nicht zu den überarbeiteten Texten.

Der Europäische Rat betonte im März 2006 die Notwendigkeit einer besseren Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Privatleben, damit Wirtschaftswachstum, Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit erreicht werden können, und billigte den Europäischen Pakt für die Gleichstellung der Geschlechter. Im Dezember 20074 forderte der Rat die Kommission auf, den Rechtsrahmen für die Vereinbarkeit und eventuellen Verbesserungsbedarf zu prüfen. Im März 2008 betonte der Europäische Rat noch einmal, dass weitere Anstrengungen zugunsten der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit sowie Privat- und Familienleben für Frauen und Männer unternommen werden sollten.

Das Europäische Parlament forderte wiederholt Verbesserungen der bestehenden Rechtsvorschriften zum Schutz schwangerer Arbeitnehmerinnen und zur Gewährung von Elternurlaub sowie Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Berufs-, Privat- und Familienleben. So hat es in seiner Entschließung vom 21. Februar 2008 zu der demografischen Zukunft Europas5 die Mitgliedstaaten aufgefordert, sich an bewährten Praktiken zu orientieren, die die Dauer des Mutterschaftsurlaubs betreffen, und darauf hingewiesen dass es möglich ist, die Kurven bei den Geburtenraten durch eine geeignete Politik ansteigen zu lassen, die ein günstiges Umfeld für die Familie und die Schwangerschaft schafft.

In seiner Entschließung vom 27. September 20076 forderte das Parlament die Mitgliedstaaten außerdem auf, die Kosten von Mutterschutz und Elternurlaub umzulegen, um sicherzustellen, dass Frauen nicht länger höhere Arbeitskosten verursachen als Männer, und begrüßte die von der Kommission begonnene Anhörung der Sozialpartner zum Thema Vereinbarkeit. Das Parlament ersuchte ferner die Mitgliedstaaten, zusammen mit den Sozialpartnern die Diskriminierung schwangerer Frauen auf dem Arbeitsmarkt zu bekämpfen und alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um ein hohes Mutterschutzniveau zu gewährleisten; außerdem ersuchte es die Kommission, die Beachtung der einschlägigen gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften eingehender zu prüfen und die Notwendigkeit einer Änderung dieser Vorschriften zu beurteilen.

Bestehende Rechtsvorschriften auf diesem Gebiet Die Richtlinie 92/85/EWG (zehnte Einzelrichtlinie im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG) sieht mindestens 14 Wochen Mutterschaftsurlaub ohne Unterbrechung vor. Außerdem sind darin Vorschriften für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz festgelegt, durch die schwangere Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillende Arbeitnehmerinnen geschützt werden sollen. Während des Mutterschaftsurlaubs ist eine Kündigung nicht erlaubt. Die mit dem Arbeitsvertrag verbundenen Rechte sind garantiert.

Gemäß Artikel 2 Absatz 7 der Richtlinie 076/207/EWG7 hat eine Frau nach Ablauf des Mutterschaftsurlaubs Anspruch darauf, an ihren früheren Arbeitsplatz oder einen gleichwertigen Arbeitsplatz zurückzukehren. An gleicher Stelle ist auch festgelegt, dass eine ungünstigere Behandlung einer Frau im Zusammenhang mit Schwangerschaft oder Mutterschaftsurlaub als Diskriminierung gilt.

Übereinstimmung mit anderen Politikbereichen und Zielen der Union Das Ziel dieses Vorschlags steht im Einklang mit den politischen Grundsätzen der EU und insbesondere mit der Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung. Laut EG-Vertrag wirkt die Gemeinschaft bei allen ihren Tätigkeiten darauf hin, Ungleichheiten zu beseitigen und die Gleichstellung von Männern und Frauen zu fördern. Die Gleichstellung der Geschlechter ist ein zentrales Anliegen der Lissabon-Strategie: Angesichts des großen Unterschieds bei der Beschäftigungsquote von Frauen mit Kindern und Männern mit Kindern ist es - soll das EU-Ziel für die Frauenbeschäftigung verwirklicht werden - von größter Bedeutung, dass dieser geschlechtsspezifische Unterschied verkleinert wird. Auch für die Verbesserung der Gleichstellung der Geschlechter ist dies von entscheidender Bedeutung.

2. Anhörung von interessierten Kreisen und Folgenabschätzung

Anhörung

Alle unten aufgeführten Konsultationen basierten auf mehreren Optionen für die Verbesserung des Rechtsrahmens zur Förderung der Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben. Aus Gründen, die im weiteren Verlauf erläutert werden, beschränkt sich der Vorschlag der Kommission auf die Änderung der Richtlinie 92/85/EWG. 2006 und 2007 konsultierte die Kommission die europäischen Sozialpartner in zwei Anhörungsrunden zur Vereinbarkeit von Berufs-, Privat- und Familienleben im Kontext der Richtlinien 92/85/EWG und 096/34/EG8. Sie sondierte, wie die bestehenden Rechtsvorschriften über Mutterschutz und Elternurlaub verbessert werden könnten, und ermittelte neue familienbezogene Urlaubsformen (Vaterschaftsurlaub, Adoptionsurlaub, Urlaub zur Pflege betreuungsbedürftiger Familienangehöriger). Unter den sonstigen Maßnahmen hob die Kommission Kinderbetreuungseinrichtungen und Einrichtungen für andere betreuungsbedürftige Familienangehörige, neue Arbeitsformen (unter anderem Telearbeit) und Anreize für Väter hervor, die ihnen gebotenen Möglichkeiten in Anspruch zu nehmen.

Die Antworten waren breit gefächert9: einige Sozialpartnerorganisationen begrüßten die Initiative der Kommission, andere lehnten jegliche Änderung der derzeitigen Regelungen ab.

Im Juli 2008 teilten die europäischen Sozialpartner der Kommission jedoch ihre Absicht mit, über bestimmte Regelungen für Urlaub aus familiären Gründen den Verhandlungsprozess gemäß Artikel 139 EG-Vertrag einzuleiten. Am Ende der Verhandlungen zwischen den Sozialpartnern (Höchstdauer: neun Monate) wird die Kommission die erforderlichen Schritte unternehmen um der neuen Vereinbarung mittels einer Richtlinie Rechtskraft zu verleihen oder sollten die Verhandlungen fehlschlagen, die Möglichkeit prüfen, einen eigenen Legislativvorschlag vorzulegen.

Da die Sozialpartner bestätigt haben, sie hätten nicht die Absicht, auch den Mutterschaftsurlaub in ihre Verhandlungen aufzunehmen, hält es die Kommission für angebracht zum jetzigen Zeitpunkt diesen Vorschlag vorzulegen, damit die Sozialpartner, wenn sie sich mit dem Elternurlaub befassen, über Mindestdauer und Bedingungen des Mutterschaftsurlaubs Bescheid wissen.

Im Dezember 2007 konsultierte die Kommission die Mitgliedstaaten zu den gleichen Optionen, die sie den Sozialpartnern vorgelegt hatte. Was den Mutterschaftsurlaub angeht, sprachen sich einige Mitgliedstaaten für eine (geringfügige) Verlängerung der Dauer aus, einige befürworteten höhere Bezüge, während einige andere Veränderungen auf EU-Ebene völlig ablehnten. Einige weitere Mitgliedstaaten beantworteten den Fragebogen nicht.

Die Kommission konsultierte auch mehrere europäische NGO10, die in diesem Bereich tätig sind. Im Allgemeinen sprachen sie sich für Initiativen aus, die eine bessere Vereinbarkeit von Berufs-, Privat- und Familienleben bezwecken.

Der Beratende Ausschuss für die Chancengleichheit von Frauen und Männern11 wurde ebenfalls angehört. Nach Ansicht der Mehrheit der Mitglieder ist eine neue Rechtsvorschrift der EU erforderlich, um den Mutterschaftsurlaub auf 24 Wochen zu verlängern und die Bezüge während dieses Mutterschaftsurlaubs auf die volle Höhe des Arbeitsentgelts anzuheben12.

Schließlich wurde der Beratende Ausschuss für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz zum Entwurf des Vorschlags angehört.

Bei der Formulierung dieses Vorschlags wurden die im Rahmen des Konsultationsprozesses eingegangenen Antworten berücksichtigt. Die Ausdehnung der Dauer des Mutterschaftsurlaubs um vier Wochen bedeutet eine geringfügige Verlängerung, die der derzeitigen Situation in vielen Mitgliedstaaten entspricht. Die volle Bezahlung stellt sicher, dass es für Frauen keinen finanziellen Verlust bedeutet, ein Kind zu bekommen.

Einholung und Nutzung von Expertenwissen

Im Rahmen der Vorbereitung dieser Initiative hat die Kommission eine Studie über Kosten und Nutzen von vereinbarkeitsfördernden Maßnahmen in Auftrag gegeben13. Das Fazit der Studie lautet, dass die Änderung der Bestimmungen über den Mutterschaftsurlaub, wie sie hier vorgeschlagen wird, eine vielversprechende Option darstellt, da die Bestimmungen in den Mitgliedstaaten nicht sehr unterschiedlich sind.

Das Netzwerk unabhängiger Rechtsexperten für die Gleichstellung von Männern und Frauen14 hat einen Bericht über Schwangerschaft, Mutterschaft, elterliche und Vaterschaftsrechte in den Mitgliedstaaten sowie einen Sachstandsbericht über einzelstaatliche Maßnahmen zugunsten flexibler Arbeitsorganisation vorgelegt15.

Folgenabschätzung

Die Kommission hat einen Folgenabschätzungsbericht16 auf der Grundlage der Rechtsetzungsoptionen erstellt, die 2007 in dem den Sozialpartnern übermittelten Konsultationspapier (zweite Runde) dargelegt worden waren. Die Kommission beschränkt nun zwar ihren Vorschlag auf den Mutterschaftsurlaub; die Bewertung der übrigen Optionen könnte aber für die Sozialpartner bei ihren Verhandlungen hilfreich sein, ohne dass dadurch ihre Unabhängigkeit beeinträchtigt würde.

Im Folgenabschätzungsbericht17 wurde versucht, herauszufinden, mit welchen Politikoptionen sich die angestrebten Ziele am besten erreichen lassen und sich die Vereinbarkeit besser fördern lässt. Geprüft wurde eine ganze Reihe von Maßnahmen, etwa Änderungen der geltenden Richtlinien über Urlaub aus familiären Gründen, also der Richtlinien 92/85/EWG und 96/34/EG, und die Einführung neuer/anderer Urlaubsformen, etwa Adoptionsurlaub, Vaterschaftsurlaub und Urlaub zur Pflege betreuungsbedürftiger Familienangehöriger.

Zunächst wurden zahlreiche Möglichkeiten betrachtet, dann wurde die Auswahl auf folgende beschränkt: kein Tätigwerden auf EU-Ebene, Austausch bewährter Verfahren, Änderung der Bestimmungen über den Mutterschaftsurlaub (Richtlinie 92/85/EWG), Änderung der Bestimmungen über den Elternurlaub (Richtlinie 096/34/EG), Erlass konkreter Bestimmungen über den Adoptionsurlaub und Einführung von zwei neuen Urlaubsformen, nämlich Vaterschaftsurlaub und Urlaub zur Pflege betreuungsbedürftiger Familienangehöriger.

Das Fazit lautet, dass durch den Verzicht auf ein Tätigwerden die Wirksamkeit der vereinbarkeitsfördernden Maßnahmen nicht verbessert würde. Nichtlegislative Schritte (beispielsweise Austausch bewährter Verfahren, Initiativen der Sozialpartner) wird es auf jeden Fall auch weiterhin geben, ebenso andere Maßnahmen zur Steigerung der Frauenbeschäftigungsquote.

Eine Verbesserung des Anspruchs auf Urlaub aus familiären Gründen wird es, zusammen mit anderen Maßnahmen wie einem besseren Kinderbetreuungsangebot, den Frauen und Männern leichter machen, Beruf und Privatleben zu vereinbaren. Ausgangspunkt ist eine angemessene Mutterschaftsurlaubsregelung, ergänzt durch Elternurlaub, der von beiden Elternteilen in Anspruch genommen werden kann. In der Folgenabschätzung gelangt man daher zu der Schlussfolgerung, dass ein Vorschlag zur Änderung der Vorschriften über Mutterschaftsurlaub (Richtlinie 92/85/EWG) im jetzigen Stadium eine sehr nützliche Maßnahme darstellt, um die Vereinbarkeit zu verbessern, und von den Sozialpartnern in ihren Verhandlungen über andere Formen von Urlaub aus familiären Gründen berücksichtigt werden kann.

Ausgehend von den Ergebnissen des Konsultationsprozesses und der von der Kommission in Auftrag gegebenen Studie erschien die Option, die Dauer des Mutterschaftsurlaubs zu verlängern und die entsprechenden Bezüge zu erhöhen, als angemessenes Mittel, die Gesundheit und Sicherheit von Frauen zu verbessern sowie es den Frauen zu ermöglichen, ihre beruflichen und familiären Pflichten besser zu vereinbaren, wodurch auch die Chancengleichheit von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt gefördert würde.

Zurzeit reicht die Dauer des Mutterschaftsurlaubs von 14 Wochen in wenigen Mitgliedstaaten bis 28 Wochen in anderen Mitgliedstaaten und - bei Vorliegen bestimmter Umstände - bis zu 52 Wochen, die aber nicht voll bezahlt werden.

Ein längerer Mutterschaftsurlaub wird sich positiv auf die Gesundheit von Müttern auswirken.

Er wird dazu beitragen, dass sich die Frauen besser von der Entbindung erholen können und dass eine solide Mutter-Kind-Bindung entsteht. Außerdem fällt es den Frauen leichter, an den Arbeitsplatz zurückzukehren, wenn das Kind etwas älter ist; dies könnte sie veranlassen, weniger häufig Elternurlaub in Anspruch zu nehmen. Ein längerer Mutterschaftsurlaub und größere Rechte der Frauen bei der Rückkehr aus dem Mutterschaftsurlaub werden auch dazu beitragen die Chancengleichheit von Männern und Frauen auf dem Arbeitsmarkt und die Gleichbehandlung am Arbeitsplatz sicherzustellen. Durch die höhere Bezahlung während des Mutterschaftsurlaubs wird sichergestellt, dass Frauen durch Mutterschaft keine finanziellen Nachteile erleiden.

Dem Arbeitgeber kommt die größere Sicherheit, was die Dauer der Abwesenheit der Arbeitnehmerin vom Arbeitsplatz betrifft, insofern zugute, als zu erwarten ist, dass die Frauen weniger häufig Elternurlaub in Anspruch nehmen. Dies gilt insbesondere für kleinere Organisationen, bei denen im Vergleich zu größeren die Urlaube aus familiären Gründen stärker ins Gewicht fallen.

Die Kosten dieser Option resultieren aus dem Anspruch auf längeren Urlaub und höhere Vergütung in denjenigen Mitgliedstaaten, in denen Änderungen erforderlich sind; dazu kommen die Kosten für Ersatzarbeitskräfte. Um zu vermeiden, dass diese Kosten insbesondere für kleinere Unternehmen eine unzumutbare Belastung darstellen, sieht der Vorschlag der Kommission vor, dass die Mitgliedstaaten für die Bezüge während des Mutterschaftsurlaubs eine Obergrenze einführen können. Es bleibt auch weiterhin den Mitgliedstaaten überlassen, wie bisher festzulegen, welcher Anteil an den Bezügen vom Staat finanziert wird.

3. Rechtliche Aspekte

Rechtsgrundlage

Der Vorschlag stützt sich auf die Artikel 137 Absatz 2 und Artikel 141 Absatz 3 EG-Vertrag.

Auch wenn die Richtlinie 92/85/EWG auf Artikel 118a EG-Vertrag (heute Artikel 137) basiert und eine Einzelrichtlinie zur Rahmenrichtlinie über Gesundheitsschutz und Sicherheit bei der Arbeit ist (Richtlinie 89/391/EWG), wird zusätzlich Artikel 141 EG-Vertrag als Rechtsgrundlage dieses Vorschlags genannt. Mutterschaftsurlaub ist für Gesundheit und Sicherheit von schwangeren Arbeitnehmerinnen und Wöchnerinnen von größter Bedeutung.

Der Schutz vor Kündigung oder Diskriminierung wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft ist dem Schutz von Gesundheit und Sicherheit der Frauen förderlich, ebenso die Bezahlung während des Mutterschaftsurlaubs. Doch die Bestimmungen über den Mutterschaftsurlaub, seine Länge, die Bezahlung sowie die Rechte und Pflichten von Frauen, die Mutterschaftsurlaub in Anspruch nehmen oder aus dem Mutterschaftsurlaub zur Arbeit zurückkehren hängen auch eng mit der Gleichbehandlung von Frauen und Männern gemäß Artikel 141 Absatz 3 zusammen. Deshalb werden die beiden Rechtsgrundlagen für diesen Vorschlag kombiniert.

Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit

Der Vorschlag zielt darauf ab, eine bestehende Richtlinie zu ändern. Dies kann nur durch eine andere Richtlinie geschehen.

Das Gesamtziel des Vorschlags lässt sich nur durch eine gemeinschaftsweite Maßnahme erreichen da die notwendigen gleichen Voraussetzungen in allen Mitgliedstaaten, was den Schutz von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen betrifft, nur durch ein gemeinsames Mindestniveau sichergestellt werden können. Der vorgeschlagene Rechtsakt wird nicht nur zum Schutz von Gesundheit und Sicherheit der betroffenen Arbeitnehmerinnen beitragen, sondern sich auch positiv auf die Fähigkeit dieser Frauen auswirken, ihren privaten, familiären und beruflichen Pflichten nachzukommen. Die Wichtigkeit von Strategien und Maßnahmen zur Förderung der Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben wurde auch von den anderen europäischen Institutionen und den maßgeblichen Interessenträgern bestätigt und betont.

Der Vorschlag geht nicht über das für die Verwirklichung der angestrebten Ziele erforderliche Maß hinaus. Es handelt sich um ein Rechtsinstrument zur Gewährleistung eines Mindestniveaus und hindert Mitgliedstaaten, die darüber hinausgehen wollen, nicht daran, dies zu tun. Der Vorschlag geht angesichts der angestrebten Ziele nicht über das hinaus, was auf EU-Ebene absolut erforderlich ist.

Wahl des Instruments

Da die Änderung einer bestehenden Richtlinie angestrebt wird, ist eine Richtlinie der einzig mögliche Rechtsakt.

Auf jeden Fall kann der EU-Gesetzgeber laut Artikel 137 Absatz 2 EG-Vertrag unter anderem durch Richtlinien Mindestvorschriften erlassen, die schrittweise anzuwenden sind.

Entsprechungstabelle

Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, der Kommission den Wortlaut der innerstaatlichen Rechtsvorschriften, mit denen sie diese Richtlinie umgesetzt haben, sowie eine Entsprechungstabelle zu übermitteln.

Europäischer Wirtschaftsraum

Der vorgeschlagene Rechtsakt ist für den Europäischen Wirtschaftsraum von Bedeutung.

Nach entsprechendem Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses wird die Richtlinie auch auf Nicht-EU-Mitgliedstaaten Anwendung finden, die dem Europäischen Wirtschaftsraum angehören.

4. Auswirkungen auf den Haushalt

Der Vorschlag hat keine Auswirkungen auf den Gemeinschaftshaushalt.

5. Detaillierte Erläuterung der einzelnen Bestimmungen

Artikel 1

Durch die vorgeschlagene Richtlinie wird die bestehende Richtlinie 92/85/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz (zehnte Einzelrichtlinie im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG) geändert, insbesondere die Artikel 8 (Mutterschaftsurlaub), 10 (Verbot der Kündigung) und 11 (mit dem Arbeitsvertrag verbundene Rechte).

Artikel 8 (Mutterschaftsurlaub) wird dahingehend geändert, dass die Dauer des Mutterschaftsurlaubs auf 18 Wochen verlängert wird, von denen sechs Wochen nach der Entbindung genommen werden müssen. Dies entspricht der Dauer, die in der im Jahr 2000 angenommenen ILO-Empfehlung für den Mutterschutz vorgesehen ist, und soll ganz allgemein der Verbesserung von Gesundheit und Sicherheit von Frauen dienen, die ein Kind bekommen. Die Verlängerung des Mutterschaftsurlaubs soll dazu beitragen, dass Frauen sich besser von der Schwangerschaft und der Entbindung erholen, mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen und länger stillen können. In der jetzigen Richtlinie sind 14 Wochen vorgesehen, von denen zwei Wochen obligatorisch sind (vor oder nach der Entbindung).

Innerstaatliche Gesetze, nach denen ein Anspruch auf Urlaub von mindestens 18 Wochen vor und/oder nach der Entbindung bei Bezügen mindestens in Höhe der von dieser Richtlinie vorgesehenen besteht, sollten als Mutterschaftsurlaubsregelung im Sinne dieser Richtlinie angesehen werden.

Frauen, auf die die Richtlinie anzuwenden wäre, könnten frei entscheiden, wann sie den nicht obligatorischen Teil des Mutterschaftsurlaubs in Anspruch nehmen (vor oder nach der Entbindung), und wären nicht mehr gezwungen, einen bestimmten Teil des Urlaubs vor der Entbindung zu nehmen, wie dies derzeit in einigen Mitgliedstaaten der Fall ist. Über die Meldezeiten entscheiden die Mitgliedstaaten.

Wird das Kind nach dem vorausberechneten Termin geboren, dann wird der vorgeburtliche Teil des Mutterschaftsurlaubs bis zum tatsächlichen Geburtstermin verlängert, ohne dass dadurch der Teil nach der Geburt verkürzt würde, um sicherzustellen, dass den Frauen genügend Zeit zur Verfügung steht, um sich von der Entbindung zu erholen und um zu stillen.

Es ist Sache der Mitgliedstaaten, über die Dauer des zusätzlichen Urlaubs bei Frühgeburt, Krankenhausaufenthalt des Kindes nach der Geburt, Geburt eines behinderten Kindes und Mehrlingsgeburt zu entscheiden. Der zusätzliche Urlaub sollte es den Frauen ermöglichen, sich von der besonderen Belastung zu erholen, die eine Frühgeburt, der Krankenhausaufenthalt des Kindes nach der Geburt, die Geburt eines behinderten Kindes oder eine Mehrlingsgeburt im Allgemeinen verursacht.

Durch Krankheitsurlaub wegen schwangerschafts- oder geburtsbedingter Erkrankungen oder Komplikationen bis vier Wochen vor der Entbindung sollte die Dauer des Mutterschaftsurlaubs nicht verkürzt werden, auch dies im Interesse der Gesundheit der Frauen.

Die Absätze 1 und 2 von Artikel 10 (Verbot der Kündigung) werden geändert:

Um der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs Rechnung zu tragen, wird vorgeschlagen jegliche Vorbereitung einer möglichen Kündigung während des Mutterschaftsurlaubs außer in absoluten Ausnahmefällen zu verbieten. Nach der geltenden Richtlinie muss der Arbeitgeber nur dann schriftlich berechtigte Kündigungsgründe anführen, wenn einer Arbeitnehmerin während des Mutterschaftsurlaubs gekündigt wird. Mit der vorgeschlagenen Änderung wird diese Pflicht des Arbeitgebers auf Fälle ausgedehnt, in denen einer Frau binnen sechs Monaten ab Ende des Mutterschaftsurlaubs gekündigt wird, sofern sie eine solche schriftliche Begründung verlangt. Mit dieser Bestimmung wird nicht die Absicht verfolgt die Regeln für Einzel- oder Massenentlassungen zu ändern; es soll nur im Interesse sowohl des Unternehmens als auch der betroffenen Arbeitnehmerin festgelegt werden, dass während eines bestimmten Zeitraums nach der Rückkehr aus dem Mutterschaftsurlaub eine Kündigung schriftlich gebührend begründet werden sollte, wenn die Arbeitnehmerin dies wünscht.

Im Artikel 11 (Mit dem Arbeitsvertrag verbundene Rechte) stellt der neue Absatz 2 Buchstabe c klar, dass die Arbeitnehmerin berechtigt ist, an denselben oder an einen gleichwertigen Arbeitsplatz unter Bedingungen zurückzukehren, die nicht ungünstiger sind, sowie Anspruch auf jegliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen hat, die während ihrer Abwesenheit eingeführt wurde und auf die sie Anspruch gehabt hätte, wäre sie anwesend gewesen. Dies wurde aus der Richtlinie 2002/73/EG in der Neufassung durch die Richtlinie 2006/54/EG übernommen, da dieser Passus im Kontext eines Vorschlags zur Änderung der Richtlinie 92/85/EWG hochrelevant ist.

Mit Absatz 3 wird die geltende Bestimmung über die Bezüge während des Mutterschaftsurlaubs geändert:

Festgelegt wird der Grundsatz, dass das volle vor dem Mutterschaftsurlaub bezogene monatliche Entgelt gezahlt wird. Dies ist allerdings nicht zwingend vorgeschrieben, da die Mitgliedstaaten gegebenenfalls für diese Zahlung eine Obergrenze einführen können, die aber nicht niedriger sein darf als das Krankengeld. Die Mitgliedstaaten können festlegen, ob die Bezüge während des Mutterschaftsurlaubs dem letzten monatlichen Arbeitsentgelt vor dem Mutterschaftsurlaub entsprechen oder einem über einen bestimmten Zeitraum berechneten Durchschnittsbetrag.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs18 ist es trotz der in Artikel 137 Absatz 5 EG-Vertrag enthaltenen Ausnahmeregelung hinnehmbar, dass auf diesem Artikel basierendes Gemeinschaftsrecht Fragen regelt, die mit dem Arbeitsentgelt in irgendeinem Zusammenhang stehen, da sonst "einige in Art. 137 Abs. 1 EG aufgeführte Bereiche großenteils ihrer Substanz beraubt werden".

Der neue Absatz 5 von Artikel 11 besagt, dass Arbeitnehmerinnen während des Mutterschaftsurlaubs oder bei der Rückkehr aus dem Mutterschaftsurlaub das Recht haben, ihren Arbeitgeber um eine Anpassung ihrer Arbeitszeiten und Arbeitsmuster an die neue familiäre Situation zu ersuchen, und dass Arbeitgeber verpflichtet sind, ein derartiges Ersuchen zu prüfen. Der Arbeitgeber ist aber nicht verpflichtet, dem Ersuchen zu entsprechen oder es weiterzuverfolgen. Die detaillierten Regeln für die Wahrnehmung dieses Rechts müssen von den Mitgliedstaaten festgelegt werden. Diese neue Bestimmung ist notwendig, um die Gesundheit der Arbeitnehmerinnen besser zu schützen, und könnte, mit Zustimmung des Arbeitgebers, flexiblere Arbeitszeiten und -muster ermöglichen. Eine ähnliche Bestimmung enthält Artikel 2b des Vorschlags zur Änderung der Richtlinie 2003/88/EG über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung. Sollte dieser Artikel verabschiedet werden, könnte hier auf Artikel 2b des Vorschlags zur Änderung der Richtlinie 2003/88/EG verwiesen werden dann wäre keine weitere Änderung der Richtlinie 92/85/EWG erforderlich.

Die Bestimmung über die Beweislast findet sich in den meisten Richtlinien zur Gleichbehandlung von Frauen und Männern. Für Gerichtsverfahren gilt im Allgemeinen die Regel, dass eine Person, die eine Behauptung aufstellt, diese beweisen muss. In Diskriminierungsfällen ist es aber häufig äußerst schwierig, die erforderlichen Beweise zu erbringen da sie sich oft in den Händen des Beklagten befinden. Dieses Problem wurde vom Europäischen Gerichtshof19 und vom Gemeinschaftsgesetzgeber in den Richtlinien 097/80/EG20, 2000/43/EG21, 2000/78/EG22, 2004/113/EG23 und 2004/56/EG24 anerkannt.

Auch die Bestimmung über Viktimisierung findet sich üblicherweise in den Gleichbehandlungsrichtlinien. Ein wirksamer Rechtsschutz muss auch den Schutz vor Vergeltungsmaßnahmen umfassen. Benachteiligte könnten sich davon abhalten lassen, ihre Rechte geltend zu machen, weil sie Vergeltungsmaßnahmen befürchten; deshalb ist es notwendig die Einzelnen vor Benachteiligungen zu schützen, die als Reaktion auf die Wahrnehmung der durch die Richtlinie garantierten Rechte erfolgen.

Im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs25 wird festgelegt dass es keine Obergrenze für die Schadenersatzleistung bei Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes geben sollte. Die Einführung strafrechtlicher Sanktionen wird nicht verlangt.

Ferner wird im Vorschlag festgelegt, dass der Zuständigkeitsbereich der gemäß Richtlinie 2002/73/EG in der Neufassung durch die Richtlinie 2006/54/EG eingerichteten Stellen auf die von der Richtlinie behandelten Fragen ausgedehnt wird, soweit sie in erster Linie die Gleichbehandlung und nicht Gesundheit und Sicherheit betreffen.

Artikel 2

Mit dieser Standardbestimmung wird es den Mitgliedstaaten ermöglicht, für ein höheres als das von der Richtlinie garantierte Schutzniveau zu sorgen, und bekräftigt, dass es durch die Umsetzung der Richtlinie nicht zu einer Absenkung des von den Mitgliedstaaten bereits garantierten allgemeinen Schutzniveaus kommen sollte.

Artikel 3

Mit dieser Bestimmung wird den Mitgliedstaaten für die Umsetzung der Richtlinie in innerstaatliches Recht und die Unterrichtung der Kommission über die einschlägigen innerstaatlichen Rechtsvorschriften eine Frist von zwei Jahren eingeräumt. Außerdem wird festgelegt dass die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat auf der Grundlage der von den Mitgliedstaaten übermittelten Informationen über die Anwendung der Richtlinie berichtet.

Artikel 4

Mit dieser Standardbestimmung werden die Mitgliedstaaten verpflichtet, der Kommission regelmäßig Informationen über die Anwendung der geänderten Richtlinie zu übermitteln, und die Kommission wird verpflichtet, dem Gemeinschaftsgesetzgeber einen entsprechen Bericht vorzulegen erforderlichenfalls mit Vorschlägen für eine Änderung und Aktualisierung der Richtlinie.

Artikel 5

Diese Standardbestimmung besagt, dass die Richtlinie am Tag ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft tritt.

Artikel 6

Diese Standardbestimmung über die Adressaten macht deutlich, dass die Richtlinie an die Mitgliedstaaten gerichtet ist.

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 92/85/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz

Das Europäische Parlament und der Rat der europäischen Union - gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 137 Absatz 2 und Artikel 141 Absatz 3, auf Vorschlag der Kommission26, nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses27, nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen28, gemäß dem Verfahren des Artikels 251 EG-Vertrag, in Erwägung nachstehender Gründe:

Haben folgende Richtlinie erlassen:

Artikel 1

Die Richtlinie 92/85/EWG wird wie folgt geändert:

Artikel 2

Artikel 3

Artikel 4

Artikel 5

Artikel 6

Geschehen zu Brüssel,

Im Namen des Europäischen Parlaments Im Namen des Rates
Der Präsident Der Präsident