Übermittelt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 26. September 2007 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 12. März 1993 (BGBl. I S. 313), zuletzt geändert durch das Föderalismusreform-Begleitgesetz vom 5. September 2006 (BGBl. I S. 2098).
Hinweis: vgl.
Drucksache 130/04 (PDF) = AE-Nr. 040559
Mitteilung der Kommission
Den Haushalt reformieren, Europa verändern
Konsultationspapier im Hinblick auf die Überprüfung des EU-Haushalts (2008/2009)
Einführung
Eine umfassende Überprüfung der Einnahmen und Ausgaben Im Mai 2006 vereinbarten das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission, dass die Kommission den EU-Haushalt einer gründlichen Überprüfung unterziehen sollte. Die Kommission wurde aufgefordert,
- "...eine vollständige, weit reichende Überprüfung sämtlicher Aspekte der EU-Ausgaben, einschließlich der Gemeinsamen Agrarpolitik, und der Eigenmittel, einschließlich der Ausgleichszahlung an das Vereinigte Königreich, vorzunehmen und darüber 2008/2009 Bericht zu erstatten"1.
Die politische Agenda der Europäischen Union wird derzeit von Grund auf aktualisiert. Mit der Globalisierung sind neue Herausforderungen und Themen wie Klimawandel, Energie und Migration in den Mittelpunkt der europäischen Debatte gerückt. Mehr denn je stellt die Wachstums- und Beschäftigungsstrategie auf Innovation, Kompetenzen und das richtige Unternehmensumfeld ab. Der Wunsch der EU-Bürger, europäische Interessen und Werte in der Welt vertreten zu sehen, ist stark wie nie zuvor. Die Förderung des sozialen, wirtschaftlichen und territorialen Zusammenhalts erweist sich nach den letzten Erweiterungsrunden als zunehmend dringliche Aufgabe.
Der Haushalt ist für die EU ein wichtiger Hebel, um politische Ziele zu verwirklichen, Veränderungen herbeizuführen und die Langzeitwirkung europäischen Handelns zu maximieren. Zwanzig Jahre nach dem ersten Finanzrahmen ist es an der Zeit, in Europa über die Richtung nachzudenken, den die Ausgabenpolitik der EU einschlagen soll, um den Herausforderungen des nächsten Jahrzehnts und darüber hinaus gerecht zu werden.
Die Überprüfung der EU-Finanzen ist eine einmalige Gelegenheit für eine gründliche Bewertung des EU-Haushalts und seiner Finanzierung frei von den Zwängen, denen die Aushandlung eines neuen Finanzrahmens unterliegt. Es bedarf einer langfristigen Perspektive, um Klarheit darüber zu gewinnen, wie der Haushalt bereits so gestaltet werden kann, dass er den EU-Politiken und den Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte gerecht wird. Die Kommission wird daher keinen neuen mehrjährigen Finanzrahmen für den Zeitraum ab 2014 vorschlagen - dies wird Aufgabe der nächsten Kommission sein. Sie wird auch keine Vorschläge zum Gesamtumfang des Haushalts oder zu einer detaillierten Aufschlüsselung der Haushaltslinien unterbreiten. Sie wird vielmehr Struktur und Richtung der künftigen Ausgabenprioritäten der EU im Hinblick auf optimalen Mehrwert und Effizienz darlegen. Sie wird sich auch genauer ansehen, wie der Haushalt funktioniert, wie das rechte Gleichgewicht zwischen Kontinuität und Reaktion auf neue Herausforderungen gefunden werden kann und ob der Haushalt anders verwaltet werden sollte. Nicht zuletzt wird unvoreingenommen geprüft, wie die EU-Politiken am besten finanziert werden können.
Vorarbeiten
Auf der Grundlage der vorliegenden Ausführungen soll eine breit angelegte Konsultation aller interessierten Kreise auf lokaler, regionaler, nationaler und europäischer Ebene eingeleitet werden, um eine offene Diskussion über die EU-Finanzen anzuregen.
In Abschnitt 1 wird der EU-Haushalt in seinen Gesamtzusammenhang gestellt und aufgezeigt, wie der Haushalt als Instrument eingesetzt werden kann, um den sich verändernden politischen Prioritäten gerecht zu werden. Abschnitt 2 geht anhand einiger Schlüsselelemente der Frage nach, wo ein reformierter EU-Haushalt den größten Mehrwert in Bezug auf die Herausforderungen bieten kann, die sich der Europäischen Union langfristig stellen. Abschnitt 3 beschäftigt sich mit der Finanzierung des Haushalts.
Die Konsultation stellt eine wichtige Grundlage für die Arbeiten der Kommission zur Überprüfung der EU-Finanzen dar. Hinzu kommen Vorarbeiten in Schlüsselbereichen der EU-Ausgaben, in denen diese größere Investitionen getätigt hat und ein effizienter Einsatz der Haushaltsmittel für den Erfolg der betreffenden Politik besonders wichtig ist. Die Gemeinsame Agrarpolitik wird einem "Check-up" unterzogen, um eine Feinabstimmung der Reformen von 2003 zu erreichen und einen Beitrag zur Diskussion über die künftigen Prioritäten im Agrarbereich zu leisten. Der vierte Kohäsionsbericht vom Mai dieses Jahres untersuchte die Fortschritte beim Abbau des Regionalgefälles und nahm eine Bewertung der bisherigen Ergebnisse der Kohäsionspolitik vor. Solche Bewertungen wird es auch in anderen Politikbereichen geben. Auf diese Weise soll geprüft werden, ob die Politiken in einer Union mit 27 Mitgliedstaaten die beabsichtigte Wirkung zeigen. In manchen Fällen werden sie sofortige Anpassungen zur Folge haben, gleichzeitig dienen sie jedoch auch der Vorbereitung für eine auf längere Sicht angelegte Überprüfung. Die Kommission hat sich zudem an renommierte Vertreter von Wissenschaft und Lehre gewandt und eine Reihe horizontaler und sektoraler Studien in Auftrag gegeben, um über die Konsultationsergebnisse hinaus über zusätzliche Beiträge zu verfügen. Über ihre Vertretungen in den Mitgliedstaaten wird sie den Konsultationsprozess begleiten und die Diskussion auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene anregen und fördern.
Entsprechend der Interinstitutionellen Vereinbarung vom Mai 2006 zur Festlegung des aktuellen Finanzrahmens wird das Europäische Parlament in allen Phasen des Verfahrens an der Überprüfung des EU-Haushalts beteiligt. Die Überprüfung wird mit einer Bewertung der Durchführung der geltenden Interinstitutionellen Vereinbarung einhergehen.
Diese Konsultation bietet die Gelegenheit, an der Überprüfung des EU-Haushalts, die die Kommission für 2008/2009 geplant hat, mitzuwirken. Die Überprüfung selbst wird Gegenstand einer Grundsatzdebatte in den EU-Organen und den Mitgliedstaaten sein. Die Kommission ist für jede Anregung offen, es gibt keine Tabus. Sie geht unbefangen an diese Überprüfung heran und fordert alle Interessierten auf, sich an der Konsultation zu beteiligen.
Einzelheiten zum Ablauf der Konsultation
Die Konsultationsbeiträge sind bis spätestens 15. April 2008 an folgende E-Mail-Adresse zu richten: budgetreview@ec.europa.eu. Längere Ausführungen sollten mit einer Zusammenfassung versehen sein. Die Beiträge werden auf der Website http://ec.europa.eu/budget/reform/index_de.htm .veröffentlicht, es sei denn, der Einsender hat sich ausdrücklich gegen eine Veröffentlichung seines Beitrags ausgesprochen2. Die Kommission wird die Beiträge in der Form veröffentlichen, in der sie bei ihr eingegangen sind. Sie sollten daher keine vertraulichen Angaben enthalten.
Die den Beiträgen zu entnehmenden Kernaussagen und Tendenzen werden nach Abschluss der Konsultation auf einer Konferenz unter Einbeziehung aller Akteure vorgestellt. Sie werden auch auf der Webseite http://ec.europa.eu/budget/reform/index_de.htm .veröffentlicht, die die Kommission zur Überprüfung des mehrjährigen Finanzrahmens eingerichtet hat.
1. Der EU-Haushalt - von seinen Anfängen bis Heute
1.1. Ein Haushalt zur Verwirklichung politischer Ziele
Der EU-Haushalt wird vielfach falsch eingeschätzt. Er ist zwar groß in absoluten Zahlen (über 100 Mrd. EUR pro Jahr), aber klein, was seinen Anteil an den gesamten öffentlichen Ausgaben in der EU anbelangt (unter 2,5 %). Er war regelmäßig Auslöser politischer Krisen, gleichzeitig aber auch mit der Bereitstellung eines Finanzrahmens seit den 80er Jahren Garant für eine stabile Entwicklung der EU. In diesem Zeitraum haben die Haushaltsmittel zwar real zugenommen, doch im Verhältnis zum BNE sind sie trotz des Beitritts neuer Mitgliedstaaten und der Übernahme neuer politischer Aufgaben gesunken.
Der Haushalt hat sich als ein wesentliches Instrument zur Verwirklichung der politischen Ziele der EU bewährt. Er stellt eine Investition in die Umsetzung europäischer Ziele dar - und die Bürger erwarten und verdienen den bestmöglichen Ertrag aus dieser Investition. Es gilt daher sicherzustellen, dass die Haushaltsmittel effizient eingesetzt werden, ihre Verwaltung höchsten Standards genügt und dass sie für den Alltag der EU-Bürger spürbare Verbesserungen bringen. Dies bedeutet, dass der EU-Haushalt in der Lage sein muss, flexibel auf sich verändernde Prioritäten zu reagieren und mit der europäischen Integration Schritt zu halten.
Die Haushaltsausgaben müssen mit anderen Aktionen zur Realisierung der politischen Agenda der EU im Einklang stehen und ihren Platz neben den anderen verfügbaren Instrumenten wie Rechtsvorschriften, Beseitigung rechtlicher Hürden, Einflussnahme auf die nationale Ausgabenpolitik, politische Koordinierung, Austausch von Ideen, bewährten Praktiken und Peer Reviews einnehmen. Nicht alle Politikbereiche erfordern - über einfache Verwaltungskosten hinaus - eine Finanzierung aus dem EU-Haushalt. Politische Kernbereiche wie Handel und Wettbewerb erreichen ihre Ziele mit anderen Instrumenten und sind für die Überprüfung des mehrjährigen Finanzrahmens nicht oder nur wenig relevant. In anderen Politikbereichen hingegen ist der Einsatz von Finanzmitteln unerlässlich für die Erreichung der dort verfolgten Ziele - etwa bei der Kohäsionspolitik oder der Studentenmobilität.
Die finanzielle Unterstützung für die politischen Aufgaben der EU kann in unterschiedlicher Form geleistet und aus verschiedenen Quellen gespeist werden, einschließlich mit Darlehen und Darlehensbürgschaften der Europäischen Investitionsbank oder - bei Kofinanzierung - aus den Etats der Mitgliedstaaten sowie aus privaten Mitteln bei öffentlichprivaten Partnerschaften. Wird der EU-Haushalt in Anspruch genommen, so ist nachzuweisen, dass dies das effizienteste und am besten geeignete Instrument für eine erfolgreiche Finanzierung ist.
1.2. Der Haushalt als Instrument zur Neuausrichtung der Prioritäten
Die Politiken der EU haben sich in den vergangenen Jahrzehnten ganz erheblich verändert, und der Haushalt hat diese Entwicklung sowohl nachvollzogen als auch gefördert.
Die entscheidenden Phasen der europäischen Integration lassen sich am EU-Haushalt ablesen. Binnenmarkt, Erweiterung, die Herausbildung einer globalen Vision für Europa - all diese Entwicklungen haben jeweils die Ausgabenstruktur der EU verändert. Dies wird auch 2008 der Fall sein, wenn Politikbereiche, die besonders auf Wachstum und Beschäftigung ausgerichtet sind, erstmals den größten Anteil am EU-Haushalt ausmachen werden.
Das Ausgabenprofil hat sich mit der Zeit beträchtlich gewandelt. Der größte Anteil des EU-Haushalts konzentrierte sich ursprünglich auf recht wenige Politikbereiche. Die Ausgabenschwerpunkte und politischen Zielvorgaben haben sich jedoch sowohl innerhalb dieser Bereiche als auch über diese Bereiche hinaus verändert. Eine Haushaltsreform sieht sich ihrer Natur nach immer einem gewissen Konservativismus gegenüber; doch trotz der politischen Schwierigkeiten, die mit einer Haushaltsreform einhergehen, sind prägnante Änderungen und Schwerpunktverlagerungen stets möglich gewesen - wenn auch mitunter mit gewissen Verzögerungen.
Struktur und Umfang des Haushalts haben sich kontinuierlich fortentwickelt:
- - Zu Beginn des Integrationsprozesses verfügte jede der drei Europäischen Gemeinschaften über einen eigenen Haushalt. Der erste Haushaltsplan der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) sah ausschließlich Verwaltungsausgaben und eine entsprechend bescheidene Mittelausstattung vor. Der Gesamthaushalt 2007 ist in erster Linie ein Funktionshaushalt mit Zahlungsermächtigungen in Höhe von 115,5 Mrd. EUR für nachhaltiges Wachstum, die Erhaltung der natürlichen Ressourcen, Unionsbürgerschaft, Freiheit, Sicherheit und Justiz sowie für Maßnahmen der EU im Außenbereich.
- - 1965 machten die Zahlungen für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) 35,7 % der Haushaltsmittel aus; sie erreichten 1985 eine Höhe von 70,8 %. Im ersten Jahr der Finanziellen Vorausschau 1988-1992 belief sich der Anteil der GAP-Ausgaben immer noch auf 60,7 % der Haushaltsmittel. Bis 2013 wird sich der Anteil der traditionellen GAP-Ausgaben (ohne ländliche Entwicklung) nach einem realen Rückgang im derzeitigen Finanzplanungszeitraum annähernd halbiert haben (32 %).
- - Auf die Kohäsionspolitik entfielen 1965 nur 6 % der Haushaltsmittel. Dieser Anteil stieg bis in die 80er Jahre hinein nur geringfügig an (10,8 % im Jahr 1985). Die Einheitliche Europäische Akte, die dem wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt neue Impulse verlieh, ging mit einem deutlichen Anstieg der Kohäsionsausgaben einher. Die den Strukturausgaben vorbehaltenen Beträge waren 1988 bereits auf 17,2 % angestiegen. Sie werden 2013 35,7 % des EU-Haushalts ausmachen, wovon mindestens zwei Drittel den Bereichen Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum und Beschäftigung vorbehalten sein werden.
- - Die Haushaltsmittel für andere Politiken (in erster Linie für Wettbewerbsfähigkeit, Maßnahmen im Außenbereich und für ländliche Entwicklung) waren ursprünglich sehr begrenzt. Im ersten Finanzrahmen belief sich ihr Anteil am Haushalt auf lediglich 7,3 %. Der Anteil dieser Ausgaben wird sich 2013 im Zuge der stärkeren Gewichtung der Bereiche wirtschaftliche Entwicklung und Wettbewerbsfähigkeit auf 26 % erhöhen (davon 10,2 % für Wettbewerbsfähigkeit, 6,3 % für Maßnahmen im Außenbereich und 7,3 % für ländliche Entwicklung).
Die Ausgabenpolitik für den Zeitraum 2007-2013 stellt verstärkt auf die Ziele Wachstum und Beschäftigung ab sowie auf neue Politikfelder wie Freiheit, Sicherheit und Recht. Gleichzeitig wurde mit dem Beschluss, die EU-Finanzen einer Überprüfung zu unterziehen, der Einsicht Rechnung getragen, dass eine gründlichere Bewertung erforderlich ist, um die Vorschläge des nächsten Finanzrahmens und darüber hinaus in einen langfristigeren Zusammenhang zu stellen. Es geht darum, einen Haushalt für die Zukunft zu entwerfen, der die Herausforderungen von morgen in einer sich rasch verändernden Welt vorwegnimmt.
Nicht nur von Finanzrahmen zu Finanzrahmen, sondern auch innerhalb des jeweiligen Finanzrahmens selbst stellt sich die Frage der Flexibilität. Kontinuität ist zwar manchen Ausgabenprogrammen förderlich, doch können sich ändernde politische Umstände auch die Fähigkeit des EU-Haushalt herausfordern, diesen Änderungen bestmöglich Rechnung zu tragen und die politische Reaktionsfähigkeit zu erhöhen.
- - Hat sich der EU-Haushalt als ausreichend flexibel erwiesen, um den sich verändernden Herausforderungen gerecht zu werden?
- - In welchem Verhältnis sollten Stabilität und Flexibilität in einem mehrjährigen Finanzrahmen miteinander stehen?
2. Den EU-Haushalt der Zukunft gestalten: Der Mehrwert der EU-Finanzierung
Die Bürger müssen bei den auf EU-Ebene eingesetzten öffentlichen Geldern - ebenso wie bei den öffentlichen Ausgaben auf nationaler und regionaler Ebene - darauf vertrauen können, dass die Zweckbestimmung dieser Mittel ihren eigenen Prioritäten entspricht und dass das der EU anvertraute Geld sinnvoll verwendet wird. Die Haushaltsdisziplin erlegt öffentlichen Ausgaben auf allen Ebenen weiterhin strenge Beschränkungen auf. EU-Ausgaben müssen sich daher auf eine Bewertung des Mehrwerts der verschiedenen Aspekte der EU-Ausgaben stützen.
Es gibt verschiedene Kriterien, anhand deren sich feststellen lässt, ob die EU-Ausgaben einen Mehrwert enthalten. Sie sind politischer Natur - z.B. Solidarität beweisen, die Sichtbarkeit des EU-Handelns erhöhen und vor allem die wesentlichen politischen Ziele der EU fördern. Sie müssen auf europäischer Ebene ein Ergebnis liefern, das mit Ausgaben auf nationaler oder regionaler Ebene nicht erreicht werden könnte. Sie müssen so beschaffen sein, dass die Ausgaben ihr Ziel erreichen.
Optimierung der EU-Ausgaben bedeutet daher, eine Auswahl unter den in Frage kommenden Einsatzmöglichkeiten zu treffen und Ressourcen verstärkt da einzusetzen, wo sie den größten Nutzen bewirken. Die Überprüfung des EU-Haushalts 2008/2009 soll bei dieser Auswahl und bei der Bestimmung der Finanzierungsprioritäten helfen: Es mag Politikbereiche geben, in denen eine Finanzierung aus EU-Mitteln nicht mehr nötig oder nur von begrenztem Nutzen ist, während für neue und bereichsübergreifende politische Prioritäten unter Umständen neue Mittel bereitgestellt werden müssen. Gleichzeitig ist zu bedenken, dass laufende Programme abgeschlossen werden müssen und für Maßnahmen, die gute Ergebnisse liefern, weiterhin die Finanzierung gesichert werden muss.
2.1. Vorbereitung auf die Herausforderungen von morgen
In den vergangenen zwei Jahren hat die Europäische Union den Wandel beschleunigt und eine vorausschauende politische Agenda entwickelt, die die Schwerpunkte der EU im nächsten Jahrzehnt und darüber hinaus bestimmen wird. Die neuen politischen Herausforderungen, die den künftigen Schwerpunkt des Gemeinschaftshandelns erheblich beeinflussen können, lassen sich wie folgt umreißen:
- - Europa muss vor dem Hintergrund zunehmender Diversität und Veränderung und in einem immer komplexeren globalen Umfeld für seine Werte eintreten. Der Wettbewerb um Ressourcen und Märkte ist härter geworden. Das ökonomische Machtgleichgewicht ändert sich. Die Öffnung riesiger neuer Märkte bietet der europäischen Wirtschaft neue Möglichkeiten, stellt aber gleichzeitig Europas Fähigkeit auf den Prüfstand, sich dem Strukturwandel anzupassen und dessen soziale Folgen zu bewältigen.
- - Globalisierung treibt den wissenschaftlichen und technologischen Fortschritt an, so dass die europäische Dimension der Förderung von Wissen, Mobilität, Wettbewerbsfähigkeit und Innovation noch an Bedeutung gewinnt. Die EU kann dabei helfen, die Größenvorteile des europäischen Kontinents erfolgreich zu nutzen, um Spitzenleistungen hervorzubringen und diese in Wachstum umzusetzen.
- - Die Umwandlung in eine Wissens- und Dienstleistungsgesellschaft ist ebenso revolutionär wie der Übergang vom Agrar- zum Industriezeitalter . Das Wesen der Arbeit wird neu bestimmt. Es besteht eine enorme Nachfrage nach Informationstechnologien und persönlichen Fertigkeiten. Zu viele junge Leute - ein Sechstel - verlassen die Schule zu früh und verfügen nicht über die Grundfertigkeiten, die in einer Wissensgesellschaft gebraucht werden.
- - Die gegenwärtigen Geburtenraten verändern Struktur und Gleichgewicht unserer Gesellschaft und werfen wichtige Fragen in Bezug auf wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und Gerechtigkeit zwischen den Generationen auf. Wir brauchen adäquate Lösungen zur Förderung der demografischen Erneuerung, für ein längeres und qualitativ besseres Arbeitsleben, ein produktiveres und dynamischeres Europa, die Integration von Migranten sowie für solide öffentliche Finanzen. Unterstützung für die wachsende Zahl von Familien mit Doppelverdienern, etwa durch Kinderbetreuung, ist in diesem Zusammenhang auch ein wichtiges Thema, um es ihnen zu ermöglichen, Familie und Beruf miteinander in Einklang zu bringen.
- - Solidarität und Europas Engagement für soziale Gerechtigkeit ist ein wichtiger Aspekt des europäischen Lebensmodells in einer globalisierten Welt. Die EU hat ihren Haushalt als Instrument zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung in weniger entwickelten Regionen gut eingesetzt. Die nach der Erweiterung noch stärker ausgeprägten Disparitäten machen einmal mehr deutlich, wie wichtig der wirtschaftliche und soziale Zusammenhalt ist, und werfen die Frage auf, wie die Haushaltsmittel am besten zur Förderung der Solidarität eingesetzt werden können. Im Zuge der Erweiterungen nahm die Bevölkerung in der EU zwischen 1988 und 2007 um 50 % zu. 1988 wiesen 4 von 12 Mitgliedstaaten ein Pro-Kopf-BIP von weniger als 75 % des EU-Durchschnitts aus. 20 Jahre später befinden sich 10 von 27 Mitgliedstaaten in derselben Lage, wobei das Pro-Kopf-BIP in 7 dieser Länder unter dem des ärmsten Mitgliedstaats 1988 liegt.
- - Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Umwelt und die Gesellschaft sind ein zentrales Thema der europäischen Agenda und fordern die politisch Verantwortlichen zum Nachdenken darüber auf, wie am besten mit dem politischen Instrumentarium, über das die EU verfügt, auf diese Herausforderungen zu reagieren ist. Dies bezieht sich sowohl auf die Anstrengungen, den Klimawandel durch Begrenzung der Zunahme der Treibhausgas-Emissionen abzuschwächen, als auch auf die Maßnahmen zur Bewältigung seiner Folgen.
- - Der Druck, den der Klimawandel auf den ländlichen und maritimen Raum ausübt, bewirkt zusammen mit dem demografischen Wandel und einer wachsenden Nachfrage der Verbraucher eine Neuausrichtung der EU-Politik für die Landwirtschaft, die ländlichen Gebiete, die ländliche Gesellschaft und die Meeresgebiete.
- - Eine sichere, nachhaltige und wettbewerbsfähige Energieversorgung ist eine der großen Herausforderungen, die sich unserer Gesellschaft heute stellen. Beschränkte Ressourcen, eine weltweit zunehmende Nachfrage und die zwingende Notwendigkeit, Emissionen zu reduzieren, haben das Bewusstsein dafür geschärft, dass wir unsere Volkswirtschaften in Europa so umgestalten müssen, dass sie mit einem geringen Einsatz an Kohlenstoffen auskommen.
- - Der Migrationsdruck wird Europa aufgrund seiner Nähe zu den ärmsten Regionen der Welt und zu den Regionen, die unter dem Klimawandel vermutlich am meisten leiden werden, besonders stark treffen. Die zunehmend prekäre Situation an unseren südlichen und östlichen Grenzen erfordert von Seiten der EU ein energisches Vorgehen mit Grenzsicherungsmaßnahmen, innovativen Strategien zur Migrationslenkung und überzeugenden Bemühungen, die Ursachen von Migration - Krieg, Instabilität und Armut - an der Wurzel zu packen.
- - Die europäische Dimension gewinnt zunehmend an Bedeutung, wenn es darum geht, den Schutz und die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten - ob durch Bekämpfung von Kriminalität und Terrorismus oder durch Begrenzung der Gefahren für den Verkehr, die Umwelt, Gesundheit und Sicherheit. Die neuen Sicherheitsrisiken treten in vielfältiger Form auf, sie sind weniger sichtbar und weniger berechenbar. Um auf europäischer Ebene effizient auf diese Risiken reagieren zu können, bedarf es einer sorgfältigen Kombination unterschiedlicher Instrumente und Akteure.
- - Die Globalisierung hat deutlich gemacht, dass Europa auf der Weltbühne präsent sein muss, wenn es seine Interessen und Werte erfolgreich verteidigen will. Die Erweiterung und die Stärkung der gegenseitigen Solidarität haben die Glaubwürdigkeit und Leistungsfähigkeit der EU als globaler Akteur gestärkt. Gleichzeitig haben sich die globalen Rahmenbedingungen verändert. Die Interdependenz hat weltweit zugenommen, so dass das energische Eintreten Europas für ein stabiles, florierendes Nachbarschaftsverhältnis, für einen wirksamen Multilateralismus, für die Achtung der Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit sowie seine Führungsrolle im Kampf gegen die Armut nicht nur eine Frage des Prinzips ist, sondern eine vitale Notwendigkeit. Die Unterschiede zwischen Innen- und Außenpolitik verschwimmen, Querschnittspolitiken, die sich mit Klimawandel, Biodiversität, Demografie und Migration, Wettbewerbsfähigkeit, Terrorismus und organisierter Kriminalität oder Energie auseinander setzen, können nur in einem internationalen Kontext angegangen werden.
Die EU muss für diese - und andere - neue Herausforderungen gerüstet sein und über ein entsprechendes Instrumentarium verfügen. Die Finanzen werden unweigerlich einen wichtigen Teil des Policy-Mix ausmachen, der notwendig ist, um den Erwartungen der Bürger gerecht zu werden. Zwar wird nur ein kleiner Teil der notwendigen Finanzmittel aus dem EU-Haushalt gedeckt werden, dieser kann aber eine wichtige Rolle spielen, wenn er so eingesetzt wird, dass er Veränderungsprozesse effektiv voranbringt.
2.2. Gleichgewicht zwischen Ausgaben auf europäischer und Ausgaben auf nationaler Ebene
Im Haushalt wie in anderen Bereichen sollten Maßnahmen auf europäischer Ebene im Vergleich zu Initiativen einzelner Mitgliedstaaten einen klaren Mehrwert bei der Verfolgung des gemeinsamen europäischen Interesses aufweisen.
Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit sind deshalb wesentliche Kriterien, um den Mehrwert einer EU-Finanzierung zu beurteilen. Dem Subsidiaritätsprinzip zufolge wird die EU nur tätig, sofern und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen von den Mitgliedstaaten weder auf nationaler noch auf regionaler oder lokaler Ebene ausreichend verwirklicht werden können, sondern vielmehr aufgrund ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen besser auf EU-Ebene verwirklicht werden können. Nach dem Verhältnismäßigkeitsprinzip gehen Inhalt und Form des EU-Handelns nicht über das zur Erreichung der Ziele erforderliche Maß hinaus. Das ausgewählte Instrument ist verhältnismäßig, wenn die Zielvorgabe nicht mit weniger eingreifenden Mitteln erreicht werden kann.
Eine Finanzierung aus dem EU-Haushalt ist deshalb dann angezeigt, wenn dies das effizienteste verfügbare Instrument ist, um auf ein bestimmtes Problem angemessen zu reagieren. Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit setzen somit eine Analyse der Faktoren voraus, die einer Politik zum Erfolg verhelfen, wie deren grenzübergreifende Dimension, Kostenersparnisse, die aufgrund von Größenvorteile entstehen, kritische Masse, regionale Präferenzen, Koordinierungskosten und sonstige politische Rahmenbedingungen.
2.3. Umsetzung der EU-Politiken
Die auf europäische Ebene verfolgte Politik muss wirksam und effizient umgesetzt werden, um den nötigen Mehrwert zu sichern. Die Organe und Institutionen und insbesondere die Kommission sind, was die Verwendung der Gelder angeht, rechenschaftspflichtig. Sie müssen nachweisen können, dass die Verwaltung des Haushalts höchsten Ansprüchen genügt und dass wirksame und effiziente Durchführungsmechanismen existieren.
In diesem Zusammenhang sind vor allem folgende Themen von Belang:
- - Verteilung von Finanzhilfen auf eine Palette von Aktivitäten oder Bündelung der verfügbaren Mittel: Die Fokussierung auf ein geringeres Spektrum von politischen Zielsetzungen könnte Größenvorteile bringen und in einigen Fällen die nationalen Haushalte entlasten, hätte jedoch zur Folge, dass andere Bereiche keine finanzielle Unterstützung mehr erhielten.
- - Verhältnis zwischen zentraler und dezentraler Verwaltung: Die EU-Mittel werden derzeit auf unterschiedliche Weise bewirtschaftet. Etwa 22 % werden zentral von der Kommission verwaltet, während die Bewirtschaftung von rund 76 % der Mittel von der Kommission an die Mitgliedstaaten delegiert wurde ("geteilte Mittelverwaltung"). Die Verwaltung der restlichen Mittel erfolgt gemeinsam mit internationalen Organisationen oder durch Drittstaaten. Mit der Weiterentwicklung der Politiken muss die Frage, wie mit verschiedenen Formen der Mittelverwaltung eine wirtschaftliche Haushaltsführung erreicht werden kann und ob die bisherige Gewichtung die richtige Lösung darstellt, neu betrachtet werden.
- - Vereinfachung und Stärkung der Instrumente: Zeitgleich mit dem Anlaufen des neuen Finanzierungszeitraums zu Beginn dieses Jahres sind die Struktur des EU-Haushalts und die Finanzierungsinstrumente stark vereinfacht worden. So wurden Programme reorganisiert, um dem Grundsatz "ein Programm, ein Fonds" besser gerecht zu werden, und Maßnahmen ergriffen, um eine bessere Balance zwischen Benutzerfreundlichkeit von EU-Programmen und wirtschaftlicher Haushaltsführung zu erreichen. Kostenwirksame Umsetzung und Kohärenz zwischen den Programmen sind zentrale Faktoren auf dem Weg zur Erreichung eines Mehrwerts.
- - Erschließung von Ressourcen: Die Art der gewählten Mittelverwaltung ist mit ausschlaggebend dafür, inwieweit sich der EU-Haushalt zusätzliche Mittel erschließen kann, etwa über andere EU-Instrumente wie die Europäische Investitionsbank, durch die Bereitstellung öffentlicher Mittel auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene oder durch Beiträge des privaten Sektors.
- - Einsatz von Exekutivagenturen: Die Möglichkeit, Exekutivagenturen zu gründen und ihnen bestimmte Verwaltungsaufgaben im Zusammenhang mit Mitteln zu übertragen, die direkt von der Kommission verwaltet werden, hat die Sichtbarkeit der Programmverwaltung verbessert, Größenvorteile ermöglicht und den Einsatz fachlich qualifizierter Kräfte für bestimmte Verwaltungsaufgaben erleichtert. Die Frage nach der richtigen Gewichtung zwischen politischer und Verwaltungsarbeit innerhalb der Organe bleibt dennoch relevant.
- - Kofinanzierung: Kofinanzierung ist ein Beispiel dafür, wie auf regionaler, nationaler und europäischer Ebene EU-Politiken partnerschaftlich umgesetzt werden. Sie stärkt die Eigenverantwortlichkeit und ist ein zusätzlicher Anreiz, dafür zu sorgen, dass sich die Tätigkeit von EU und Mitgliedstaaten ergänzen. Die obligatorische Kofinanzierung durch die Mitgliedstaaten ist ein Schlüsselelement in der Strukturpolitik und der Politik der ländlichen Entwicklung der Union, die zusammengenommen über 40 % der Ausgaben im laufenden Finanzierungszeitraum ausmachen.
- - Vollständige Transparenz, Sichtbarkeit und Rechenschaftspflicht bei der Haushaltsführung, um Legitimität zu gewährleisten und um das Vertrauen der Bürger in die Europäische Union zu festigen.
Damit in Zusammenhang steht die Flexibilität. Mit mehr Flexibilität ließe sich eine wirtschaftliche Haushaltsführung weiter optimieren: Ressourcen könnten innerhalb von Haushaltslinien oder zwischen Haushaltslinien neu zugewiesen werden. Auf diese Weise könnten Mittel zugunsten von Programmen verlagert werden, die unter dem Aspekt der Kosteneffizienz oder des beobachteten Absorptionsvermögens die größte Leistung aufweisen.
- - Entsprechen die hier dargestellten neuen politischen Herausforderungen den Schlüsselbereichen, mit denen sich Europa in den kommenden Jahrzehnten auseinander setzen muss?
- - Welche Kriterien sollten herangezogen werden um sicherzustellen, dass effektiv nach dem Grundsatz des europäischen Mehrwerts verfahren wird?
- - Wie sollten politische Ziele bei den Ausgabenprioritäten angemessen zum Ausdruck kommen? Welche Änderungen sind erforderlich?
- - Über welchen zeitlichen Horizont sollte sich eine Neuausrichtung erstrecken?
- - Wie lassen sich Effektivität und Effizienz der Haushaltspolitik verbessern?
- - Ist es möglich, die Transparenz und Verantwortlichkeit in diesem Bereich noch weiter zu erhöhen?
- - Könnte mehr Flexibilität dazu beitragen, den Vorteil einer Finanzierung aus dem EU-Haushalt zu maximieren und seine politische Reaktionsfähigkeit zu erhöhen?
3. Finanzierung des Haushalts
3.1. Das System der EU-Eigenmittel
Die Gesamteinnahmen der EU müssen den Gesamtausgaben entsprechen und sich innerhalb der vereinbarten gesetzlichen Grenzen bewegen, die derzeit bei 1,31 % des EU-Bruttonationaleinkommens (BNE) für Verpflichtungsermächtigungen und bei 1,24 % des EU-BNE für Zahlungsermächtigungen liegen.
Die Hauptfinanzierungsquelle des EU-Haushalts basiert inzwischen auf dem Bruttonationaleinkommen der Mitgliedstaaten. Diese Einnahmequelle hat mit der Zeit alle anderen Quellen übertroffen - Zölle und Agrarabschöpfungen ("traditionelle Eigenmittel") und die MwStbasierten Einnahmen. Das Eigenmittelsystem hat sich seit dem ersten Finanzrahmen deutlich weiterentwickelt. 1988 machten die BNE-basierten Eigenmittel noch weniger als 11 % der EU-Eigenmittel aus; im Vergleich dazu lagen die Einnahmen durch Zölle und Agrarabschöpfungen bei 28 % und die MwStbasierten Eigenmittel bei 57 %. Im Jahr 2013 wird der EU-Haushalt zu 74 % durch BNE-basierte Eigenmittel und nur noch zu 13 % durch Zölle und Agrarabschöpfungen und zu 12 % durch MwStbasierte Eigenmittel finanziert werden.
Die Quellen und Mechanismen der Finanzierung des EU-Haushalts müssen eine angemessene Mittelausstattung für die EU-Politiken gewährleisten. Sie sollten gemeinsam beschlossenen Grundsätzen wie Wirtschaftlichkeit, Gerechtigkeit, Stabilität, Sichtbarkeit und Einfachheit, Kosteneffizienz der Verwaltung, Finanzautonomie und Hinlänglichkeit genügen. Keine der Finanzierungsquellen des EU-Haushalts wird allen diesen Grundsätzen in gleichem Maße gerecht. Ein ideales Finanzierungssystem zu finden ist nicht einfach. Dennoch sollte die Einnahmenstruktur den wichtigsten Finanzierungsgrundsätzen so weit wie möglich entsprechen und dabei negative Wirkungen, die in Bezug auf die anderen maßgeblichen Grundsätze auftreten, möglichst gering halten. Hierzu ist es jedoch nötig, sich auf die Grundsätze und deren Gewichtung zu einigen.
Obwohl es gelungen ist, mit dem derzeitigen System ausreichende Mittel zur Finanzierung des EU-Haushalts bereitzustellen, hält die Debatte, ob die Finanzierung auf eine Basis gestellt werden kann, die den einschlägigen Finanzierungsgrundsätzen besser entspricht, weiter an. Die beiden größten Einnahmequellen - MwSt- sowie BNE-basierte Eigenmittel - weisen nahezu dieselben Merkmale auf wie nationale Haushaltsbeiträge und werden auch häufig als solche wahrgenommen. Sie werden von den Finanzverwaltungen der Mitgliedstaaten bereitgestellt und manchmal als Ausgabenposten in den nationalen Haushalten verbucht. Die Mitgliedstaaten neigen deshalb häufig dazu, die EU-Politiken und -Initiativen danach zu bewerten, wie viel von ihren nationalen Beiträgen wieder zurückfließt, anstatt zuallererst die Vorteile in Betracht zu ziehen, die sich daraus ergeben, dass bestimmte Maßnahmen auf europäischer Ebene durchgeführt werden.
Bei der Überprüfung der EU-Finanzen wird daher der Zusammensetzung des Systems der Eigenmittel der Union besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden müssen.
3.2. Korrekturen
Seit dem Abkommen von Fontainebleau aus dem Jahr 1984, dem zufolge "... jeder Mitgliedstaat, der gemessen an seinem relativen Wohlstand eine zu große Haushaltslast trägt, [...] zu gegebener Zeit in den Genuss einer Korrekturmaßnahme gelangen [kann]", wurden mehrere dauerhafte oder vorübergehende Korrekturmechanismen auf der Einnahmenseite eingeführt. Diese Korrekturen - die Haushaltskorrektur für das Vereinigte Königreich (im Wesentlichen bestehend aus der Erstattung von 66 % der Differenz zwischen der Summe der BNE- und MwSt-Beiträge des Vereinigten Königreichs zum Haushalt einerseits und den Rückflüssen andererseits), Pauschalerstattungen an die Niederlande und Schweden, ermäßigte MwSt-Abrufsätze für die Niederlande, Schweden, Deutschland und Österreich sowie ein pauschaler Einbehalt von 25 % der von den Mitgliedstaaten erhobenen traditionellen Eigenmittel - haben das System sehr viel komplizierter und undurchsichtiger gemacht. Mehr noch: diese Logik hat - zusammen mit der zunehmenden Tendenz zu einem engen und hauptsächlich auf maximalen Rückfluss ausgerichteten buchhalterischen Ansatz - zu Spannungen zwischen den Mitgliedstaaten geführt und die öffentliche Debatte über den Nutzen der EU-Ausgaben und nicht zuletzt der EU-Mitgliedschaft selbst beeinflusst.
Bei der Überprüfung wird es daher darauf ankommen, sich genauer anzuschauen, ob und in welchem Umfang die verschiedenen Korrekturmechanismen, die sich mit der Zeit herausgebildet haben, und die ihnen zugrunde liegenden Prinzipien noch gerechtfertigt sind. Ein Konsens über die Ausgabenprioritäten könnte die Reformierung der EU-Eigenmittelsystems bereits wesentlich erleichtern. In diesem Zusammenhang müssten auch die Möglichkeiten alternativer Eigenmittel sorgfältig ausgelotet werden. Dabei ist der Steuerhoheit der Mitgliedstaaten ebenso Rechnung zu tragen wie beispielsweise der länderübergreifenden Mobilität einiger Besteuerungsgrundlagen und den Auswirkungen derartiger Ressourcen für einschlägige EU-Politiken.
- - Welche Grundsätze sollten der Einnahmenseite des Haushalts zugrunde liegen und wie sollten sich diese im System der Eigenmittel niederschlagen?
- - Was spricht noch für die Aufrechterhaltung der Korrektur- bzw. Ausgleichsmechanismen?
- - Welcher Bezug sollte zwischen EU-Bürgern, politischen Prioritäten und der Finanzierung des EU-Haushalts bestehen?
4. Fazit
Die Überprüfung der EU-Finanzen bietet der Europäischen Union die reale Chance, darüber zu reflektieren, wie sie eines ihres wichtigsten Instrumente einsetzt - ein Instrument, das direkte Auswirkungen auf die Europäer als Bürger, als Nutznießer von mit EU-Mitteln finanzierten Leistungen und als Steuerzahler hat. Die Europäische Kommission ruft sämtliche Akteure auf lokaler, regionaler, nationaler und europäischer Ebene auf, ihren Beitrag zur Reform des EU-Haushalts und damit zum Wandel Europas zu leisten, in dem sie sich an dieser Debatte beteiligen und Antworten auf die in diesem Papier angeschnittenen Themen liefern.
Die Ergebnisse dieser umfangreichen Anhörung werden einen wichtigen Beitrag für die eigenen Überlegungen der Kommission bilden, die in die Vorlage des Berichts über die Überprüfung des EU-Haushalts einmünden sollen.
- 1 Erklärung Nr. 3 zur Interinstitutionellen Vereinbarung zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Europäischen Kommission über die Haushaltsdisziplin und die wirtschaftliche Haushaltsführung - ABl. C 139 vom 14.6.2006.
- 2 Allerdings werden Bemerkungen und Beiträge von Privatpersonen auf der Kommissionswebseite grundsätzlich nur auf anonymer Basis, unter Weglassung des Namens und der Kontaktdaten des Absenders mit alleiniger Angabe des Wohnsitzlands veröffentlicht. An der Konsultation teilnehmende Einzelpersonen, die eine Veröffentlichung ihrer Namen und Kontaktdaten durch die Kommission auf der Webseite gemeinsam mit den eingegangenen Beiträgen wünschen, müssen dies der Kommission bei der Übermittlung ihrer Beiträge ausdrücklich mitteilen.