851. Sitzung des Bundesrates am 28. November 2008
A.
Der Ausschuss für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung empfiehlt dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- - Die Festlegung detaillierter interner Verfahrensregelungen zur Annahme von europäischen Bewertungsdokumenten und zur Ausstellung europäischer technischer Bewertungen (wie in Anhang II vorgesehen) ist im Rahmen der vorgeschlagenen Verordnung nicht erforderlich. Eine solche Vorgehensweise ist bei der Erarbeitung harmonisierter Normen durch CEN auch nicht gegeben. Die bisherige Praxis, die Verfahrensregeln für die Beantragung, Vorbereitung und Erteilung von europäischen technischen Zulassungen im Wege einer Entscheidung der Kommission festzulegen, ist ausreichend, flexibler und stellt ebenfalls die Verbindlichkeit der darin festgelegten Verfahren sicher. Die vorgeschlagene Verordnung sollte sich auf Eckpunkte für Verfahrensregelungen beschränken. Bei der Ausarbeitung der Verfahrensregelungen sollte der nach Artikel 51 vorgesehene Ausschuss eingebunden werden. Hierin wären zudem - bislang fehlende - Regelungen zur Überarbeitung und Zurückziehung von Bewertungsdokumenten und europäischen technischen Bewertungen aufzunehmen.
- - Der Abschluss von Verträgen zwischen zuständiger technischer Bewertungsstelle und Hersteller wird begrüßt. Diese Verträge sollten dann jedoch auch der Weg sein, um Einzelheiten wie Kosten und Fristen zwischen Hersteller und zuständiger technischer Bewertungsstelle vereinbaren zu können. Gerade die Kosten und die Fristen müssen aufgrund der Vielfalt möglicher Verfahrensgegenstände und deren sehr unterschiedlicher Komplexität, also je nach betroffenem Bauprodukt und Einzelfall, vereinbar sein. Pauschale verbindliche Festlegungen zu Fristen in der vorgeschlagenen Verordnung sind nicht praktikabel.
- - Um einen Vertrag über die Erarbeitung eines Arbeitsprogramms abschließen zu können, muss die technische Bewertungsstelle detaillierte Kenntnisse über das betreffende Bauprodukt haben. Sie muss bereits vor Vertragsabschluss prüfen können, ob eine relevante Entscheidung der Kommissionsdienste über das anzuwendende Verfahren zur Bewertung und Überprüfung der Leistungsbeständigkeit heranzuziehen oder ggf. ein entsprechender Vorschlag zu machen ist. Sie muss des Weiteren feststellen können, ob das Bauprodukt einer vorliegenden harmonisierten Spezifikation entspricht. Die Übermittlung von Informationen in drei Schritten, wie bislang vorgesehen ("Antrag" - Anhang II Nr. 2.1; "Zusammenarbeit mit dem Hersteller" - Anhang II Nr. 2.2; "Technisches Dossier" - Anhang II Nr. 2.3), trägt dem nicht Rechnung und ist nicht praktikabel.
Wenn die Erarbeitung des Arbeitsprogramms entwicklungsbegleitend erfolgen soll, kann im Vertrag über die Erarbeitung eines Arbeitsprogramms berücksichtigt werden, dass weitere Informationen durch den Hersteller noch nachgereicht werden können. Auch in diesem Fall muss aber das Bauprodukt bereits bei Antragstellung so weitgehend beschrieben sein, dass ein Abgleich mit existierenden harmonisierten Spezifikationen und Angaben zum Verfahren zur Bewertung und Überprüfung der Leistungsbeständigkeit möglich sind.
- - Aufgrund einer bestimmten Zusammensetzung oder aufgrund von Konstruktionsmerkmalen eines Bauprodukts enthält das europäische Bewertungsdokument bestimmte Beurteilungskriterien. Diese Beurteilungskriterien können einen so engen Bezug zu der (ggf. vom Hersteller neu entwickelten) Zusammensetzung des Bauprodukts oder zu seinen Konstruktionsmerkmalen haben, dass die Kenntnis der Beurteilungskriterien gleichbedeutend ist mit der Kenntnis der Zusammensetzung oder der Konstruktionsmerkmale. Gerade Hersteller innovativer Bauprodukte können daher ein berechtigtes Interesse daran haben, dass die Beurteilungskriterien für ihr Bauprodukt nicht bekannt gemacht werden. Es sollte daher im Rahmen der Beantragung einer europäischen technischen Bewertung möglich sein, dass auf Wunsch eines Herstellers die auf sein Bauprodukt bezogenen Beurteilungsgrundlagen innerhalb der Organisation der technischen Bewertungsstellen vertraulich behandelt und zumindest für einen gewissen Zeitraum nicht öffentlich zugänglich werden.
- - Neben der Gewährleistung von Vertraulichkeit zum Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen sollte bei den Verfahren zur Ausstellung von europäischen Bewertungsdokumenten und europäischen technischen Bewertungen darauf geachtet werden, dass diese innovationsfördernd wirken können. Zweifel bestehen insofern, als der Verordnungsvorschlag bislang davon ausgeht, dass einerseits die Kosten für die Erarbeitung eines europäischen Bewertungsdokuments vom Ersthersteller allein zu tragen sind, und andererseits das Dokument nach Erteilung der ersten europäischen technischen Bewertung durch Veröffentlichung der Fundstelle allgemein zugänglich und von jedermann nutzbar wird. Sollte es danach weitere Hersteller geben, für deren Bauprodukte das für den Ersthersteller erarbeitete europäische Bewertungsdokument ebenso zutrifft, würde für die weiteren Hersteller der (unter Umständen erhebliche) Kostenaufwand zur Erstellung der harmonisierten technischen Grundlage entfallen. Auch aus diesem Grund sollte es ermöglicht werden, dass auf Wunsch des Herstellers die der europäischen technischen Bewertung zugrunde liegenden Beurteilungskriterien für ein Bauprodukt, zumindest für einen gewissen Zeitraum, nicht öffentlich zugänglich werden. Bei Bedarf müssten sie allerdings für die Marktaufsichtsbehörden verfügbar sein.
1. Zu Artikel 20, 21 und Anhang II
2. Zu Kapitel VIII - Marktüberwachung und Schutzklauselverfahren
- - In Kapitel VIII zur Marktüberwachung spiegelt sich der in dem Verordnungsvorschlag gewählte neue Ansatz nicht konsequent wider. Bei der Marktüberwachung kommt weitestgehend das Produktsicherheitskonzept aus anderen Produktbereichen zur Anwendung, in dem Produkte nicht Zwischenprodukte sind, sondern meist unmittelbar (von Verbrauchern) benutzt werden.
Im Bauproduktesektor geht es dagegen nicht um sichere oder unsichere Bauprodukte, sondern um die Errichtung und den Erhalt sicherer Bauwerke. So heißt es in der Begründung zum Verordnungsvorschlag auch, es sei nicht Gegenstand und Ziel der vorgeschlagenen Verordnung, sichere Bauprodukte zu definieren. Gegenstand der Verordnung sind nach Artikel 1 des Vorschlags dementsprechend "die Vorschriften über die Angabe der Leistung von Bauprodukten in Bezug auf ihre wesentlichen Merkmale [...]". Die Leistungsangaben müssen so präzise und zuverlässig sein, dass die Bauherren in die Lage versetzt werden, Produkte sachgerecht und wirkungsvoll für sichere Bauwerke verwenden zu können (so die Begründung zum Verordnungsvorschlag).
Die Bestimmungen zur Marktüberwachung von harmonisierten Bauprodukten müssen daher die Konzeption des Verordnungsvorschlags und des Artikels 1 konsequent weiterführen. Konzepte, die in der Sache nicht zutreffend sind, werden die Vollzugsbehörden mit nicht lösbaren Fragestellungen konfrontieren, die die Marktüberwachung letztlich ineffektiv werden lassen. Dies ist vermeidbar, indem auch die Bestimmungen zur Marktüberwachung sich an dem Grundgedanken des Artikels 1 des Vorschlags orientieren. Aufgabe der Marktüberwachungsbehörden muss es daher in erster Linie sein zu prüfen, ob
- -- die Angaben zur Leistung von Bauprodukten in Bezug auf ihre wesentlichen Merkmale zutreffend sind,
- -- alle Voraussetzungen, die an Inhalt und Form der Leistungserklärung gestellt werden, erfüllt sind und
- -- alle Voraussetzungen für die Anbringung der CE-Kennzeichnung
erfüllt sind.
Bei Nichteinhaltung sind die üblichen Maßnahmen (Rückruf, Untersagung des Inverkehrbringens, etc.) zu ergreifen. Gleichzeitig wird hiermit unlauterem Wettbewerb begegnet, wenn die Marktaufsicht Falschdeklarationen von Produkten aufdeckt.
- 3. - Klärungsbedürftig erscheint die Frage, welche Rechtsmittel gegen eine Entscheidung der Kommission über die Berechtigung einer marktaufsichtlichen Maßnahme in einem Mitgliedstaat nach Artikel 47 gegeben sind. In Frage stehen die Art des Rechtsmittels sowie das zuständige Gericht für die rechtliche Überprüfung einer Entscheidung der Kommission.
- 4. - Zur Gewährleistung gleicher Bedingungen in den Mitgliedstaaten ist es erforderlich, in die vorgeschlagene Verordnung eine Regelung zur Erstattung von Kosten aufzunehmen, die es den Marktüberwachungsbehörden erlaubt, von Herstellern und Importeuren nicht ordnungsgemäßer Bauprodukte Kostenersatz für marktaufsichtliche Maßnahmen, insbesondere Kosten für Produktprüfungen, zu verlangen.
- 5. - In Artikel 46 Abs. 1 ist auf eine sich widersprechende, klärungsbedürftige Regelung hinzuweisen. Einerseits wird angenommen, dass die Marktaufsichtsbehörden nach Artikel 18 (gemeint sein muss Artikel 20) der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 vom 9. Juli 2008 tätig geworden sind. Danach sind die Mitgliedstaaten verpflichtet sicherzustellen, dass Bauprodukte, die eine ernste Gefahr darstellen, die ein rasches Eingreifen erforderlich macht, vom Markt genommen werden bzw. deren Bereitstellung auf dem Markt untersagt wird. Andererseits wird in diesen Fällen durch Artikel 46 den Marktaufsichtsbehörden die (erneute) Pflicht auferlegt, zu beurteilen, ob das Bauprodukt alle in dem vorliegenden Verordnungsvorschlag festgelegten Anforderungen erfüllt. Die beiden Regelungen müssen aufeinander abgestimmt werden.
B.
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union hat von einer erneuten Empfehlung an das Plenum abgesehen.