A. Problem und Ziel
Mit dem Gesetz zur Stärkung der Innenentwicklung in Städten und Gemeinden und weiteren Fortentwicklung des Städtebaurechts vom 11. Juni 2013 ist die Privilegierung der Errichtung gewerblicher Tierhaltungsanlagen im Außenbereich eingeschränkt worden. Danach sind gewerbliche Tierhaltungsanlagen, bei denen es sich nicht um landwirtschaftliche Betriebe handelt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegen, nicht mehr im Außenbereich privilegiert.
Zu ihrer Errichtung oder wesentlichen Änderung bedarf es seitdem eines Bebauungsplans oder eines Vorhabens- und Erschließungsplans. Die vor dem Inkrafttreten dieser Änderung des BauGB zulässigerweise errichteten Tierhaltungsanlagen können aufgrund der seinerzeitigen Bau- bzw. Immissionsschutzgenehmigungen weiterhin betrieben werden.
Manche Betreiber dieser Anlagen beabsichtigen diese mit dem Ziel der Verbesserung der Haltungsbedingungen für die Tiere zu verändern. Die Verbesserung des Tierwohls erfordert unter anderem ein erhöhtes Platzangebot pro Tier, sowie in bestimmten Fällen mehr Auslauf. In Fällen, in denen zur Änderung einer bestehenden Tierhaltungsanlage ein Bebauungsplan oder ein Vorhaben- und Erschließungsplan erforderlich ist, aber nicht vorliegt, passiert es häufig, dass die Verbesserungen des Tierwohls unterbleiben. Die Anlage wird dann weiterhin wie bisher betrieben, da ohne eine bauliche Änderung die Verbesserung des Tierwohls nicht ohne eine Abstockung des Bestandes möglich ist.
Darüber hinaus sind vielfach Änderungen bestehender Tierhaltungsanlagen erforderlich, um den aus dem so genannten Kastenstandurteil des OVG Sachsen-Anhalt (Az.: 3 L 386/14 (PDF) ) folgenden Anforderungen an die Haltung von Sauen zu genügen.
B. Lösung
§ 245a BauGB soll dahingehend geändert werden, dass Tierhaltungsanlagen, für die gem. § 245a Absatz 4 § 35 Absatz 1 Nummer 4 in seiner bis zum 20. September 2013 geltenden Fassung anzuwenden war, weiterhin im Außenbereich geändert werden dürfen, soweit die Änderung der Verbesserung des Tierwohls dient und die Anzahl der Tierplätze nicht erhöht wird.
Fristablauf: 30.07.20
C. Alternativen
Keine.
D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand sind für Bund, Länder und Kommunen nicht zu erwarten. Etwaige Mehrbedarfe sollen im Bereich des Bundes finanziell und stellenmäßig in den jeweiligen Einzelplänen ausgeglichen werden.
E. Erfüllungsaufwand
E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger
Durch das Gesetz wird für Bürgerinnen und Bürger kein Erfüllungsaufwand begründet.
E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
Durch das Gesetz wird für die Wirtschaft, insbesondere für mittelständische Unternehmen, kein Erfüllungsaufwand begründet.
Bürokratiekosten aus Informationspflichten
Es werden weder Vorgaben noch Informationspflichten eingeführt, geändert oder aufgehoben.
E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung
Dem Bund entstehen keine Kosten, da mit dem Vollzug des Gesetzes in erster Linie die Länder und Kommunen betraut sind. Den Kommunen entstehen durch das Bundesgesetz keine unmittelbaren Kosten; Kosten können erst bei der Anwendung der geplanten Regelung aufgrund der in diesem Zusammenhang notwendigen Durchführung des Baugenehmigungsverfahrens entstehen.
F. Weitere Kosten
Das Gesetz verursacht weder weitere Kosten für die Wirtschaft noch Kosten für die sozialen Sicherungssysteme. Kostenüberwälzungen, die zu einer Erhöhung von Einzelpreisen führen und Auswirkungen auf das allgemeine Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherniveau haben, sind nicht zu erwarten.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Tierwohls in Tierhaltungsanlagen
Bundesrepublik Deutschland
Berlin, 18. Juni 2020
Die Bundeskanzlerin
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Dr. Dietmar Woidke
Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Tierwohls in Tierhaltungsanlagen mit Begründung und Vorblatt.
Federführend ist das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel
Fristablauf: 30.07.20
Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Tierwohls in Tierhaltungsanlagen
Vom ...
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Änderung des Baugesetzbuchs
§ 245a des Baugesetzbuches in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. November 2017 (BGBl. I S. 3634), das durch Artikel 6 des Gesetzes vom 27. März 2020 (BGBI. I S. 587) geändert worden ist, wird folgender Absatz 5 angefügt:
(5) Soweit bei einer Zulassungsentscheidung über Anlagen zur Tierhaltung aufgrund von Absatz 4 § 35 Absatz 1 Nummer 4 in seiner bis zum Ablauf des 20. September 2013 geltenden Fassung anzuwenden war, ist die bauliche Änderung der danach errichteten Anlage zur Tierhaltung ebenfalls unter den Voraussetzungen des § 35 Absatz 1 Nummer 4 in seiner bis zum Ablauf 20. September 2013 geltenden Fassung zulässig, wenn
- 1. die Änderung der Verbesserung des Tierwohls dient und
- 2. die Anzahl der Tierplätze nicht erhöht wird.
Satz 1 gilt auch für Tierhaltungsanlagen, deren Zulassungsentscheidung vor dem 20. September 2013 getroffen worden ist."
Artikel 2
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Begründung
A. Allgemeiner Teil
I. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen
Mit dem Gesetz zur Stärkung der Innenentwicklung in Städten und Gemeinden und weiteren Fortentwicklung des Städtebaurechts vom 11. Juni 2013 ist die Privilegierung der Errichtung gewerblicher Tierhaltungsanlagen im Außenbereich eingeschränkt worden. Danach sind gewerbliche Tierhaltungsanlagen, bei denen es sich nicht um landwirtschaftliche Betriebe handelt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegen, nicht mehr im Außenbereich privilegiert.
Zu ihrer Errichtung oder wesentlichen Änderung bedarf es seitdem eines Bebauungsplans oder eines Vorhabens- und Erschließungsplans.
Hintergrund der damaligen Gesetzesänderung waren zahlreiche Bodennutzungskonflikte die vor Ort im Zusammenhang mit solchen Tierhaltungsanlagen entstanden waren. Der Gesetzgeber hat deshalb die Errichtung von Tierhaltungsanlagen, die die genannten Größen nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung überschreiten, von einer Privilegierung im Außenbereich ausgenommen. Auf diese Weise wurde die Möglichkeit der zuständigen kommunalen Gebietskörperschaften, die Standortwahl für die Errichtung derartiger Tierhaltungsanlagen zu beeinflussen, gestärkt, da sie im Außenbereich nicht mehr zulässig waren.
Die vor der genannten Gesetzesänderung zulässigerweise errichteten Tierhaltungsanlagen genießen Bestandsschutz und dürfen weiter betrieben werden.
Zu ihrer Änderung bedarf es jedoch entweder eines Bebauungs- oder eines Vorhabens- und Erschließungsplans. Dies ist in der weit überwiegenden Mehrzahl der Fälle auch sachgerecht. Die Regelung kann jedoch zu Folge haben, dass Änderungen von Tierhaltungsanlagen, die der Verbesserung des Tierwohls dienen sollen, unterbleiben. Die Verbesserung der Haltungsbedingungen für Nutztiere erfordert regelmäßig ein erhöhtes Platzangebot pro Tier sowie verbesserte tiergerechte Auslaufmöglichkeiten. Ohne eine Änderung der baulichen Anlage lässt sich dies regelmäßig nur durch eine Verringerung des Tierbestandes erreichen.
II. Alternativen
Keine.
III. Gesetzgebungskompetenz
Für die Novellierung des Baugesetzbuchs in Artikel 1 ist der Bund im Rahmen seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz für das Bodenrecht (Artikel 74 Absatz 1 Nummer 18 des Grundgesetzes zuständig.
IV. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen
Die vorgeschlagene Regelung steht im Einklang mit dem Recht der Europäischen Union und mit völkerrechtlichen Verträgen.
V. Gesetzesfolgen
Zum Zwecke des Tierwohls soll mit dem Gesetzentwurf eine Erleichterung bei der baulichen Änderung von gewerblichen Intensivtierhaltungsanlagen eingefügt werden, bei denen es sich nicht um landwirtschaftliche Betriebe handelt.
VI. Befristung; Evaluierung
Eine zeitlich festgelegte Überprüfung der mit dem Gesetz beabsichtigten Wirkungen ist nicht vorgesehen, da das Gesetz keine neuen verpflichtenden Aufgaben regelt und die in dem Gesetz getroffene Regelung kostenneutral ist.
B. Besonderer Teil
Zu Artikel 1 (Änderung des Baugesetzbuchs)
§ 245a BauGB soll dahin geändert werden, dass, soweit bei einer Zulassungsentscheidung für eine gewerbliche Intensivtierhaltungsanlage nach § 245a Absatz 4 § 35 Absatz 1 Nummer 4 in seiner bis zum 20. September 2013 geltenden Fassung anzuwenden war, die bauliche Änderung dieser danach errichteten Tierhaltungsanlage ebenfalls unter den Voraussetzungen des § 35 Absatz 1 Nummer 4 in seiner bis zum 20. September 2013 geltenden Fassung zulässig ist, sofern die Änderung der Verbesserung des Tierwohls dient und die Anzahl der Tierplätze nicht erhöht wird. Satz 1 bezieht sich auch auf Tierhaltungsanlagen, deren Zulassungsentscheidung vor dem 20. September 2013 getroffen worden ist.
Zu Artikel 2 (Inkrafttreten)
Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten.