Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes

832. Sitzung des Bundesrates am 30. März 2007

Der federführende Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (U), der Agrarausschuss (A), der Verkehrsausschuss (Vk), der Wirtschaftsausschuss (Wi) und der Ausschuss für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung (Wo) empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nr. 2 (§ 10 Abs. 1 Nr. 11 BNatSchG), Nr. 4 (§ 34 Abs. 1a BNatSchG)

Bei Annahme entfallen die Ziffern 3 und 4

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

Begründung

Zu Buchstabe a:

Dem Urteil des EuGH kann nicht entnommen werden, dass eine totale Abkehr vom bisherigen Projektbegriff erforderlich ist. Der EuGH erklärte lediglich die Nummer 11 Buchstaben b und c für nicht europarechtskonform, da es nach diesen Regelungen möglich ist, dass für Projekte außerhalb besonderer Schutzgebiete keine Verträglichkeitsprüfung durchgeführt werden muss, obwohl die Möglichkeit einer erheblichen Beeinträchtigung der Schutzgebiete gegeben sei. Nummer 11 Buchstabe a wurde dagegen nicht bemängelt und sollte daher ohne die Beschränkung auf Vorhaben und Maßnahmen innerhalb von Schutzgebieten beibehalten werden, da sie im Gegensatz zu der sehr weit gefassten und dadurch unbestimmten Regelung im Entwurf besser vollziehbar ist.

Zu Buchstabe b:

Da der konkretere Projektbegriff, wie oben ausgeführt, beibehalten werden kann, ist die Einführung einer neuen Anzeigepflicht nicht erforderlich und muss aus systematischen Gründen entfallen.

Die neu begründete Anzeigepflicht für Projekte, die nach anderen Rechtsvorschriften keiner behördlichen Entscheidung oder Anzeige bedürfen, würde voraussetzen, dass der Vorhabenträger selbst beurteilt, ob es sich bei der Maßnahme um ein Projekt i. S. d. § 10 Abs. 1 Nr. 11 BNatSchG-E handelt. Dies ist völlig unpraktikabel und bedeutet sowohl für die Vollzugsbehörden als auch für die Bürger eine erhebliche zusätzliche Belastung bürokratischer und finanzieller Art, ohne Vorteile für die Umwelt zu bewirken.

2. Zu Artikel 1 Nr. 3a - neu - (§ 19 Abs. 3 Satz 2 BNatSchG)

In Artikel 1 ist nach Nummer 3 folgende Nummer 3a einzufügen:

Begründung

§ 19 Abs. 3 Satz 2 BNatSchG verfolgt den Zweck, den Artenschutz in die Eingriffsregelung zu integrieren. Mit der vorliegenden Neuregelung des Artenschutzes und seines Verhältnisses zur Eingriffsregelung durch die Gesetzesänderung verliert § 19 Abs. 3 Satz 2 BNatSchG diesen Zweck. Zur Umsetzung der FFH-Richtlinie und der Vogelschutz-Richtlinie trägt die Vorschrift künftig nichts mehr bei. Die in ihr aufgestellten Anforderungen an die Planung werden überflüssig, so dass die Vorschrift entfallen kann.

3. Zu Artikel 1 Nr. 4 (§ 34 Abs. 1a BNatSchG)

Entfällt bei Annahme von Ziffer 1

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die in § 34 Abs. 1a BNatSchG-E neu einzuführende Anzeigepflicht in Umsetzung des Urteils des Europäischen Gerichtshofes zwingend erforderlich ist. Diese Anzeigepflicht wird aller Voraussicht nach zu einem zunehmenden bürokratischen Aufwand in der Verwaltung und bei den Landnutzern führen.

4. Zu Artikel 1 Nr. 4 ( § 34 Abs. 1a Satz 1 BNatSchG)

Entfällt bei Annahme von Ziffer 1

In Artikel 1 Nr. 4 sind in § 34 Abs. 1a Satz 1 die Wörter "für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen" durch die Wörter "nach Landesrecht zuständigen" zu ersetzen.

Begründung

Es besteht keine Notwendigkeit für die Zuständigkeitsregelung im Bundesnaturschutzgesetz. Der Begriff der "für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden" in § 6 Abs. 1 BNatSchG entstammt dem Rahmenrecht. Im Bereich der - nach der Föderalismusreform nunmehr einschlägigen - konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes ist die von Artikel 30 GG geschützte Organisationseinheit der Länder zu wahren. Dementsprechend ist auch in § 43 Abs. 5 und 8 BNatSchG von den nach Landesrecht zuständigen Behörden die Rede. Die geänderte Fassung des § 34 Abs. 1a BNatSchG-E wäre weiterhin vollzugsfähig, weil sämtliche Landesnaturschutzgesetze eine allgemeine Zuständigkeitsregelung zu Gunsten der unteren Naturschutzbehörden enthalten.

5. Zu Artikel 1 Nr. 7 Buchstabe a (§ 42 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 1 BNatSchG)

Bei Annahme entfällt Ziffer 6

In Artikel 1 Nr. 7 Buchstabe a ist § 42 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 1 wie folgt zu fassen:

Begründung

Artikel 5 Buchstabe d der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten nennt lediglich die Brut- und Aufzuchtzeit als Zeiten, in denen Störungen bei Vögeln besonders gravierend sind, Artikel 12 Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen hingegen stellt für die in Anhang IV Buchstabe a aufgeführten Arten auf die Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten ab. Obwohl die Störungsverbote der Richtlinien nicht ausdrücklich auf die genannten Zeiträume beschränkt sind ("insbesondere" in Buchstabe b), kommt diesen dennoch bei der Prüfung der Störungshandlung eine erhebliche Bedeutung zu. Die Kommission geht in ihrem Richtlinienpapier sogar davon aus, dass nur während dieser Zeiten eine Störung tatbestandsmäßig sein kann. Vor diesem Hintergrund und der Tatsache, dass sich der Gesetzentwurf an dieser Aussage der Kommission orientiert, ist nicht einzusehen, warum sich das Störverbot für Vögel auch auf die Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erstrecken soll.

Im Sinne einer 1 : 1-Umsetzung der Richtlinienvorgaben muss daher zwischen europäischen Vogelarten und sonstigen streng geschützten Arten differenziert werden.

Artikel 5 Buchstabe d der Vogelschutz-Richtlinie benennt als exemplarische Zeiträume, in denen Störungen bei Vögeln besonders gravierend sind - anders als Artikel 12 der FFH-Richtlinie - lediglich die Brut- und Aufzuchtzeit. Die EU-Kommission geht davon aus, dass nur während dieser in den Richtlinien ausdrücklich benannten Zeiten eine Störung tatbestandsmäßig sein kann. Im Sinne einer 1 : 1-Umsetzung der Richtlinienvorgaben muss daher die Differenzierung zwischen europäischen Vogelarten und sonstigen streng geschützten Arten übernommen werden.

6. Zu Artikel 1 Nr. 7 Buchstabe a (§ 42 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 1 BNatschG)

Wo Entfällt bei Annahme von Ziffer 5

In Artikel 1 Nr. 7 Buchstabe a ist in § 42 Abs. 1 Nr. 2 der erste Halbsatz wie folgt zu fassen:

Begründung

Artikel 5 Buchstabe d der Vogelschutz-Richtlinie benennt als exemplarische Zeiträume, in denen Störungen bei Vögeln besonders gravierend sind - anders als Artikel 12 der FFH-Richtlinie - lediglich die Brut- und Aufzuchtszeit. Die Kommission geht davon aus, dass nur während dieser in den Richtlinien ausdrücklich benannten Zeiten eine Störung tatbestandsmäßig sein kann. Im Sinne einer 1 : 1-Umsetzung der Vorgaben der Richtlinien muss daher die Differenzierung zwischen europäischen Vogelarten und sonstigen streng geschützten Arten übernommen werden.

7. Zu Artikel 1 Nr. 7 Buchstabe a (§ 42 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 2 BNatSchG),

Buchstabe b (§ 42 Abs. 4 Satz 2 BNatSchG)

In Artikel 1 ist Nummer 7 wie folgt zu ändern:

Begründung

Der Begriff der "lokalen Population" beschreibt nach Aufassung der Kommission die (einzelne) Population der Art vor Ort im Gegensatz zu den Populationen der Art im gesamten Mitgliedstaat. Durch die Legaldefinition des Begriffs der Population in § 10 Abs. 2 Nr. 4 BNatSchG wird dieser Anforderung Rechnung getragen. Eine Einführung eines neuen, nicht legaldefinierten Begriffs der "lokalen Population" würde zu erheblicher Rechtsunsicherheit führen.

8. Zu Artikel 1 Nr. 7 Buchstabe b (§ 42 Abs. 4 Satz 3 BNatSchG)

In Artikel 1 Nr. 7 Buchstabe b sind in § 42 Abs. 4 Satz 3 nach den Wörtern "Aufklärung sichergestellt ist" die Wörter "oder sichergestellt wird" einzufügen.

Begründung

Es muss ausgeschlossen werden, dass eine behördliche Untätigkeit, z.B. hinsichtlich der Aufklärung oder des Angebots vertraglicher Vereinbarungen, zu einem Nachteil für den Bewirtschafter führt.

§ 42 Abs. 4 Satz 3 BNatSchG-E zeigt eine Stufenfolge zur Umsetzung des Artenschutzrechts im Bereich der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft auf. Danach sollen Bewirtschaftungsvorgaben nur als ultima ratio erlassen werden. Im Gesetzeswortlaut muss deutlich zum Ausdruck kommen, dass die Verpflichtung zur Anordnung von Bewirtschaftungsvorgaben erst dann eingreift, wenn die - u. U. auch neu zu veranlassenden - Instrumentarien der zweiten Stufe qualitativ ausgeschöpft sind. Die Änderung dient der Klarstellung.

9. Zu Artikel 1 Nr. 7 Buchstabe b (§ 42 Abs. 4 Satz 3 BNatSchG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob im Wortlaut von § 42 Abs. 4 Satz 3 BNatSchG-E eine Klarstellung dahingehend erfolgen kann, dass die Freistellung von den Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverboten nach den Sätzen 1 und 2 so lange Gültigkeit besitzt, bis die Behörde die in Satz 3 am Ende genannten Bewirtschaftungsvorgaben anordnet.

Die Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft sollte so lange unter Einhaltung der guten fachlichen Praxis tätig sein können, bis die Behörde erforderliche Bewirtschaftungsvorgaben zur Verhinderung einer Verschlechterung des Erhaltungszustandes der lokalen Population erlässt. Nach der jetzigen Formulierung ist dies zweifelhaft.

10. Zu Artikel 1 Nr. 7 Buchstabe b (§ 42 Abs. 4 Satz 4 - neu - BNatSchG)

In Artikel 1 Nr. 7 Buchstabe b ist in § 42 Abs. 4 nach Satz 3 folgender Satz einzufügen:

Begründung

Dass bei Populationsverschlechterungen ordnungsrechtliche Bewirtschaftungsvorgaben als letztes Mittel nur gegenüber den verursachenden Land-, Forst- und Fischereiwirten getroffen werden, kann zu Vollzugsdefiziten führen, weil sich die Ursächlichkeit der Bewirtschaftung durch bestimmte Einzelne nicht immer mit ausreichender Sicherheit wird nachweisen lassen. Deshalb sind unter Umständen Bewirtschaftungsvorgaben durch Verordnung notwendig.

Eine ausschließliche Beschränkung auf Maßnahmen gegen bestimmte Einzelne kann kontraproduktiv sein, da jede artenschutzfreundliche Bewirtschaftung für den Bewirtschaftenden das Risiko von Auflagen, die dann nur ihn verpflichten, erhöht. Dadurch würde auch die Bereitschaft zum Abschluss entsprechender vertraglicher Vereinbarungen zurückgehen.

Es muss daher ergänzend die Möglichkeit eingeräumt werden, in den Fällen, in denen die Verschlechterung der Population zwar auf die land-, forst- oder fischereiwirtschaftliche Bewirtschaftung im Bereich der Population zurückzuführen ist, eine Ursächlichkeit bestimmter einzelner Bewirtschaftender aber nicht feststellbar ist, Bewirtschaftungsvorgaben allgemein durch Verordnung festzulegen. Die vorgesehene Verordnungsermächtigung in § 52 Abs. 6 BNatSchG-E ersetzt diese Möglichkeit nicht, da sie nur zum Erlass allgemeiner Anforderungen an Bewirtschaftungsvorgaben, nicht aber zum Erlass der Bewirtschaftungsvorgaben selbst ermächtigt.

11. Zu Artikel 1 Nr. 7 Buchstabe b ( § 42 Abs. 5 BNatSchG)

Bei Annahme entfallen die Ziffern 12, 13 und 14

In Artikel 1 Nr. 7 Buchstabe b ist § 42 Abs. 5 wie folgt zu fassen:

(5) Nach § 19 zulässige Eingriffe in Natur und Landschaft oder nach den Vorschriften des Baugesetzbuches zulässige Vorhaben im Sinne des § 21 Abs. 2 Satz 1 verstoßen nicht gegen die Verbote des Absatzes 1 Nr. 1 bis 3, soweit sich durch den Eingriff der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art nicht verschlechtert und die ökologische Funktion der von dem Eingriff betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt werden kann. Soweit erforderlich, kann die zuständige Behörde im Rahmen ihrer Entscheidung nach § 19 auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festsetzen. Für wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten, deren Entwicklungsformen und Standorte, gilt Satz 1 und 2 entsprechend. Die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote* gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung einer Umweltverträglichkeitsprüfung und andere auf Vorhaben bezogene naturschutzfachliche Untersuchungen."

Begründung


* vgl. hierzu auch Ziffer 15

12. Zu Artikel 1 Nr. 7 Buchstabe b ( § 42 Abs. 5 BNatSchG)

Entfällt bei Annahme von Ziffer 11 Bei Annahme entfallen die Ziffern 13, 14 und 15

In Artikel 1 Nr. 7 Buchstabe b ist § 42 Abs. 5 wie folgt zu fassen:

(5) Handlungen zur Durchführung eines nach § 19 zulässigen Eingriffs in Natur und Landschaft, eines nach den Vorschriften des Baugesetzbuches zulässigen Vorhabens im Sinne des § 21 Abs. 2 Satz 1 sowie zur Vorbereitung einer Umweltverträglichkeitsprüfung verstoßen nicht gegen die Zugriffs- und Besitzverbote, soweit sie zur Durchführung des Eingriffs oder Vorhabens oder zur Vorbereitung der Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich sind. Sind Fortpflanzungs- oder Ruhestätten von in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten oder europäischen Vogelarten betroffen, gilt dies nur, soweit ihre ökologische Funktion im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt werden kann. Soweit erforderlich, können hierzu vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgesetzt werden."

Begründung

Die vorgeschlagenen Änderungen dienen der Vereinfachung und besseren Lesbarkeit. § 42 Abs. 5 BNatSchG-E ist in der bisherigen Fassung fast nicht lesbar, z.T. missverständlich und damit auch praktisch kaum vollziehbar. Zudem würde die Formulierung des bisherigen Satzes 6 entgegen der Begründung im Ergebnis dazu führen, dass die Artenschutzvorschriften bei anderen als den durch FFH- oder Vogelschutz-Richtlinie geschützten Arten bei Eingriffen etc. nicht mehr zu beachten wären. Allein im Bereich der Reptilien und Amphibien wären zahlreiche entweder deutschlandweit oder zumindest in mehreren Ländern vom Aussterben bedrohte bzw. stark gefährdete und gefährdete und z.T. gem. BArtSchV streng geschützte Arten betroffen (z.B. Vipera aspis (!) u. Vipera berus (!), Lacerta bilineata (!), Natrix natrix, Zootoca vivipara, Anguis fragilis, Salamandra salamandra, Triturus alpestris, T. helveticus, T. vulgaris, Bufo bufo, Rana temoraria, Rana kl. esculenta). Dieses Ergebnis kann angesichts des fortschreitenden Biodiversitätsverlustes nicht beabsichtigt sein und ist ausweislich der Begründung auch gerade nicht gewollt. Daher bedarf es der Klarstellung, dass entsprechend der Begründung ein Verstoß gegen die Zugriffs- und Besitzverbote nur dann nicht vorliegt, wenn die betreffende Handlung zur Durchführung des Eingriffs oder Vorhabens geboten ist. Eine Freistellung von den Vermarktungsverboten in diesem Zusammenhang ist nicht erforderlich und daher verzichtbar. Im Falle der in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten oder europäischer Vogelarten stünden auch Artikel 12 Abs. 2 und Artikel 13 Abs. 1 Buchstabe b der FFH-Richtlinie bzw. Artikel 6 der Vogelschutz-Richtlinie entgegen. Der bisherige Satz 5 geht ins Leere und ist daher überflüssig, weil Artikel 13 der Richtlinie 92/43/EWG nur auf den Schutz von Exemplaren der in Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie aufgeführten Pflanzenarten, nicht aber von deren Standorten abstellt; eine Entsprechung zum Schutz der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten wie in Artikel 12 Abs. 1 Buchstabe d der Richtlinie 92/43/EWG findet sich in Artikel 13 jedenfalls nicht.

13. Zu Artikel 1 Nr. 7 Buchstabe b (§ 42 Abs. 5 Satz 2 und 5 BNatSchG)

Entfällt bei Annahme von Ziffer 11 oder Ziffer 12

In Artikel 1 Nr. 7 Buchstabe b ist § 42 Abs. 5 wie folgt zu ändern:

Begründung

Es handelt sich um eine Klarstellung des Gewollten. Nach der Gesetzesbegründung ist mit dem Gesetzentwurf eine "1 : 1-Umsetzung" des Urteils gewollt. Die Formulierung im Gesetzentwurf lässt aber Zweifel aufkommen, ob mit § 42 Abs. 5 Satz 5 BNatSchG-E das strenge Schutzregime nach Satz 2 bis 4 zur Umsetzung von Artikeln 12 bis 16 der Richtlinie 92/43/EWG doch auf alle Pflanzen der "besonders geschützten Arten" übertragen werden soll. Dieser Begriff wird in § 10 Abs. 2 Nr. 10 BNatSchG definiert und geht über die in Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten hinaus.

14. Zu Artikel 1 Nr. 7 Buchstabe b (§ 42 Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 2 - neu - BNatSchG)

Entfällt bei Annahme von Ziffer 11 oder Ziffer 12

In Artikel 1 Nr. 7 Buchstabe b ist in § 42 Abs. 5 Satz 3 vor dem Punkt am Ende folgender Halbsatz anzufügen:

; dies gilt entsprechend für nicht ausschließbare Verbotshandlungen bei Durchführung oder in unmittelbarem Zusammenhang mit Eingriffen oder Vorhaben, soweit sich dadurch der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art nicht verschlechtert

Begründung

Die Anfügung eines zweiten Halbsatzes in § 42 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG-E sichert auch zu Gunsten des Projektträgers, dass Störungen und Tötungen einzelner Individuen, die sich unmittelbar im Zusammenhang mit einem Projekt ereignen und die bei der Prognose über die voraussichtlichen Auswirkungen des Vorhabens nicht generell ausschließbar sind, von den Verboten des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 freigestellt werden. Auf diese Weise werden Beeinträchtigungen geschützter Tiere und Pflanzen durch Betriebs- und Unterhaltungsmaßnahmen oder durch sonstige Ereignisse wie z.B. Tierkollisionen im Verkehr aus dem Anwendungsbereich der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände ausgenommen. Weitere Voraussetzung ist, dass sich keine vorhersehbare Verschlechterung des Erhaltungszustands der lokalen Population einer Art ergibt.

Die EU-Kommission geht in ihrem "guidance document" zur FFH-Richtlinie davon aus, dass etwa "incidental killings", also unbeabsichtigte Tötungshandlungen, nicht unter die Verbotstatbestände des Artikels 12 Abs. 1 der FFH-Richtlinie fallen. Als Beispiel hierfür werden ausdrücklich "roadkills" genannt. Der Gesetzentwurf der Bundsregierung verzichtet jedoch entgegen Artikel 9 Abs. 1 Vogelschutz-Richtlinie und Artikel 12 Abs. 1 FFH-Richtlinie auf die Aufnahme eines einschränkenden subjektiven Tatbestandselements in § 42 Abs. 1 und auf eine differenzierte Behandlung unbeabsichtigter Verbotshandlungen nach dem Vorbild des Artikels 12 Abs. 4 FFH-Richtlinie. Deshalb ist ein Korrektiv zu Gunsten des Projektträgers im Rahmen der Ausnahmetatbestände geboten. Durch die stringente Fassung des neuen Halbsatzes 2 in § 42 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG-E wird zugleich ein EU-rechtlich gebotener qualitativer Unterschied im Vergleich zu der pauschaleren Freistellung für rein national geschützte Arten in Satz 6 erreicht. ...

15. Zu Artikel 1 Nr. 7 Buchstabe b (§ 42 Abs. 5 Satz 7 BNatSchG)*

Entfällt bei Annahme von Ziffer 12

In Artikel 1 Nr. 7 Buchstabe b sind in § 42 Abs. 5 Satz 7 die Wörter "Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote" durch die Wörter "Zugriffs- und Besitzverbote" zu ersetzen.

Begründung

Bei der Durchführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen ist eine Freistellung von Vermarktungsverboten nicht erforderlich.

Es soll verhindert werden, dass der Gutachter entnommene Proben gewinnbringend vermarktet.

16. Zu Artikel 1 Nr. 8 Buchstabe c (§ 43 Abs. 8 Satz 1 BNatSchG)

In Artikel 1 Nr. 8 Buchstabe c sind in § 43 Abs. 8 Satz 1 nach dem Wort "Einzelfall" die Wörter "nach Maßgabe der Sätze 2 und 3" einzufügen.

Begründung

Die Einfügung korrespondiert mit der Verordnungsermächtigung in § 43 Abs. 8 Satz 4 BNatSchG-E. Dort werden die Landesregierungen ermächtigt, Ausnahmen "nach Satz 1" allgemein durch Rechtsverordnung zuzulassen. Es soll mit der Einfügung verdeutlicht werden, dass die Maßgaben, die sich in den Sätzen 2 und 3 finden, selbstverständlich auch für eine Verordnung nach Satz 4 zu gelten haben. Dieses wird erreicht, wenn in Satz 1 bereits auf die in den Sätzen 2 und 3 folgenden Maßgaben verwiesen wird. Durch diese Bezugnahme in Satz 1 werden die Maßgaben der Sätze 2 und 3 in wesentlich deutlicherer Form Bestandteil der Verordnungsermächtigung des Satzes 4 (der auf den Satz 1 wiederum verweist).


* Bei Annahme mit Ziffer 11 ist diese in Satz 4 entsprechend anzupassen.

17. Zu Artikel 1 Nr. 8 Buchstabe c (§ 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG)

In Artikel 1 Nr. 8 Buchtstabe c ist in § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 das Wort "gemeinwirtschaftlicher" durch die Wörter "erheblicher wirtschaftlicher" zu ersetzen.

Begründung

Der Gesetzentwurf geht bei der Ausnahme von den Verboten des § 42 BNatSchG-E über die Anforderungen der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen und der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten hinaus. Die Anpassung an die Vorgaben dieser Richtlinien soll vermeiden, dass eine Vielzahl von möglichen Maßnahmen auf dem Wege der Befreiung nach § 62 BNatSchG-E gelöst werden müssen.

Zu Artikel 1 Nr. 8 Buchstabe c (§ 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG)

In Artikel 1 Nr. 8 Buchstabe c ist § 43 Abs. 8 Satz 2 wie folgt zu ändern:

18. a)

Die Wörter "zumutbare Alternativen" sind durch die Wörter "anderweitige zufriedenstellende Lösungen" zu ersetzen.

19. b)

Nach den Wörtern "einer Art" sind die Wörter "in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet" einzufügen.

Begründung

Zu Buchstabe a (Ziffer 18):

Der Wortlaut von Artikel 16 Abs. 1 der FFH-Richtlinie und Artikel 9 Abs. 1 der Vogelschutz-Richtlinie, die in Zusammenhang mit der artenschutzrechtlichen Ausnahmenprüfung jeweils den Begriff der "anderweitigen zufriedenstellenden Lösung" enthalten, ist im Sinne einer 1 : 1-Umsetzung auch in das deutsche Recht zu übernehmen. Der im bisherigen Entwurf der Bundesregierung enthaltene Gleichlauf mit dem Begriff der zumutbaren Alternative für den FFH-Gebietsschutz verkennt, dass es sich bei der artenschutzrechtlichen Ausnahmeprüfung in der Regel nicht um einen großräumigen Prüfansatz handelt, sondern dass hier vielfach eine Betrachtung von Ausführungsalternativen hinreichend ist.

Zu Buchstabe b (Ziffer 19):

Die neuen nationalen artenschutzrechtlichen Regelungen sollten inhaltlich nicht über die Anforderungen aus der FFH-Richtlinie und der Vogelschutz-Richtlinie hinausgehen. Dieser Grundsatz wird mit der derzeitigen Formulierung aber nicht berücksichtigt. Im neuen § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG-E heißt es: " ... und sich der Erhaltungszustand der Populationen einer Art nicht verschlechtert". Hier fehlt es an der Konkretisierung, die in Artikel 16 Abs. 1 der FFH-Richtlinie vorgegeben ist, denn dort ist von "der Population einer Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet" die Rede. Diese weitere Formulierung ist unbedingt in den neuen § 43 Abs. 8 BNatSchG-E zu übernehmen, denn erst damit wird klargestellt, dass hier nicht der Erhaltungszustand einer lokalen Population maßgeblich ist, sondern ein wesentlich größerer räumlicher Zusammenhang betrachtet werden soll.

20. Zu Artikel 1 Nr. 8 Buchstabe c (§ 43 Abs. 8 Satz 4 - neu - BNatSchG)

In Artikel 1 Nr. 8 Buchstabe c ist in § 43 Abs. 8 nach Satz 3 folgender Satz einzufügen:

Begründung

Aus Gründen des auf allen Ebenen zu verfolgenden Ziels der Deregulierung ist es unverzichtbar, eine rechtssichere bundesrechtliche Zuständigkeits- und Entscheidungskonzentration für gleichzeitig erforderliche anderweitige behördliche Gestattungen einzuführen.

21. Zu Artikel 1 Nr. 8 Buchstabe c (§ 43 Abs. 8 Satz 4 BNatSchG)

In Artikel 1 Nr. 8 Buchstabe c ist § 43 Abs. 8 Satz 4 wie folgt zu fassen:

Begründung

Die Verordnungsermächtigung muss sich auch auf streng geschützte Arten erstrecken. Die vorgeschlagene Änderung ist aus verwaltungsökonomischen Gründen erforderlich, da die Länder so auch bei streng geschützten Arten, die regional nicht mehr gefährdet sind, mit Hilfe einer abstraktgenerellen Regelung Ausnahmegenehmigungen erteilen können.

22. Zu Artikel 1 Nr. 10 (§ 62 Satz 1 und 2 - neu - BNatSchG)

In Artikel 1 Nr. 10 ist § 62 wie folgt zu ändern:

Begründung

Im Ergebnis sollte es durch den Änderungsvorschlag zu § 62 Satz 1 BNatSchG-E bei der durch langjährige Rechtsprechung abgesicherten alten Formulierung "unbeabsichtigte Härte" bleiben. Ansonsten dürfte die Vorschrift zu erheblichen Unsicherheiten im Vollzug führen, da hier ein völlig neuer Begriff "unzumutbare Belastung" eingeführt würde. Zudem dürfte die Vorschrift ohne den neu aufgenommenen Hinweis in Satz 2 auf die zu beachtenden Artikel 9 der Vogelschutz-Richtlinie bzw. Artikel 16 der FFH-Richtlinie nicht europarechtskonform sein. In der bisherigen Form wäre eine Befreiung auch für europarechtlich geschützte Arten mit der alleinigen Voraussetzung möglich, dass eine unzumutbare Belastung vorliegt. Die Vorschrift sieht somit keinen rechtlichen Rahmen vor, der mit den durch Artikel 16 der FFH-Richtlinie bzw. Artikel 9 der Vogelschutz-Richtlinie eingeführten Ausnahmeregelungen im Einklang steht. Da ein solcher mit den Ausnahmevorschriften der Richtlinien im Einklang stehender Rahmen ausweislich des EuGH-Urteils gegen Deutschland in der Rechtssache C-98/03 erforderlich ist, läge insofern erneut eine unzureichende Umsetzung der FFH-Richtlinie bzw. der Vogelschutz-Richtlinie vor.

23. Zu Artikel 1 Nr. 10 (§ 62 Satz 3 - neu - BNatSchG)

In Artikel 1 Nr. 10 ist in § 62 nach Satz 2 folgender Satz einzufügen:

"Die Befreiung wird durch eine nach anderen Vorschriften gleichzeitig erforderliche behördliche Gestattung ersetzt; die behördliche Gestattung darf nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die ansonsten zuständige Behörde ihr Einvernehmen erklärt."

Begründung

Aus Gründen des auf allen Ebenen zu verfolgenden Ziels der Deregulierung ist es unverzichtbar, eine rechtssichere bundesrechtliche Zuständigkeits- und Entscheidungskonzentration für gleichzeitig erforderliche anderweitige behördliche Gestattungen einzuführen.

24. Zu Artikel 1 Nr. 13 - neu - (§ 69 Abs. 2a - neu - BNatSchG)

Dem Artikel 1 ist folgende Nummer 13 anzufügen:

Begründung

Bereits laufende Verwaltungsverfahren mussten an der bisherigen Gesetzeslage ausgerichtet werden. Insbesondere in größeren Verfahren kann die Gesetzesänderung daher zu dem Erfordernis, die Antragsunterlagen zu überarbeiten - und damit zu möglicherweise erheblichen Verzögerungen - führen. Deshalb ist eine Übergangsregelung einzufügen, die es ermöglicht, diese Verfahren nach der bisherigen Gesetzeslage weiterzuführen. Das Bundesverwaltungsgericht hat überdies in seinen Urteilen vom 16. März 2006 - 4 A 1075.04 u. a. (Flughafen Berlin-Brandenburg International) sowie vom 21. Juni 2006 - 9 A 28.05 (Ortsumgehung Stralsund) die bisherige Gesetzeslage europarechtskonform ausgelegt. Es hat entschieden, dass § 43 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG in seiner bisherigen Fassung für nach § 19 BNatSchG zugelassene Eingriffe wegen seiner Europarechtswidrigkeit nicht gilt und statt dessen eine Befreiung nach § 62 Abs. 1 BNatSchG erforderlich ist. Wenn diese Rechtslage in laufenden Verwaltungsverfahren weiter angewendet wird, ist ein Defizit hinsichtlich der Umsetzung der FFH-Richtlinie und der Vogelschutz-Richtlinie nicht zu befürchten, weil § 62 Abs. 1 BNatSchG in der bisher geltenden Fassung einen Rückverweis auf die artenschutzrechtlichen Vorschriften der Richtlinien enthält und so die Beachtung der Richtlinien sichergestellt ist.