COM (2018) 321 final
in Verbindung mit Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Festlegung des Mehrjährigen Finanzrahmens für die Jahre 2021 bis 2027 - COM (2018) 322 final Drucksache: 167/18 (PDF)
in Verbindung mit Vorschlag für einen Beschluss des Rates über das Eigenmittelsystem der Europäischen Union - COM (2018) 325 final; Ratsdok. 8357/18 Drucksache: 168/18 (PDF) und zu 168/18 (PDF)
in Verbindung mit Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Festlegung von Durchführungsmaßnahmen für das Eigenmittelsystem der Europäischen Union - COM (2018) 327 final; Ratsdok. 8359/18 Drucksache: 169/18 (PDF) und zu 169/18 (PDF)
in Verbindung mit Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Schutz des Haushalts der Union im Falle von generellen Mängeln in Bezug auf das Rechtsstaatsprinzip in den Mitgliedstaaten - COM (2018) 324 final; Ratsdok. 8356/18 Drucksache: 245/18 (PDF)
Der Bundesrat hat in seiner 969. Sitzung am 6. Juli 2018 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
I. Allgemeiner Teil
Strategische Ausrichtung
- 1. Der Bundesrat betrachtet den Vorschlag der Kommission für den Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) der EU nach 2020 als guten Ausgangspunkt für die anstehenden Verhandlungen der EU-Institutionen. Er begrüßt die enge Verknüpfung des Vorschlags mit den politischen Prioritäten der Union der 27. Die von der Kommission angestrebte klare Ausrichtung des EU-Haushalts auf den europäischen Mehrwert sowie auf Ergebnisse und Effizienz werden vom Bundesrat unterstützt.
- 2. In dem Bewusstsein, dass mit dem MFR wesentliche Weichen für die Zukunft der EU gestellt werden, unterstreicht der Bundesrat die zentrale Bedeutung des europäischen Friedens- und Integrationsprojekts für Deutschland. Er ist überzeugt, dass die weitere Festigung und Stärkung einer Union, von der auch die deutschen Länder politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich auf vielfältige Weise profitieren, im gemeinsamen Interesse der Regionen in Europa und der deutschen Länder liegt. Es bedarf aber im Interesse der Regionen einiger Veränderungen.
- 3. Der Bundesrat erkennt an, dass die EU angesichts ihrer stetig wachsenden Bedeutung und der zahlreichen neuen Herausforderungen finanziell angemessen auszustatten ist. Nur so kann vermieden werden, dass wichtige neue Aufgaben der EU in Bereichen wie Migration, Sicherheit, Energie- und Klimapolitik sowie Digitalisierung in Konkurrenz zu den weiterhin bedeutenden traditionellen Aufgaben der EU wie der Kohäsionspolitik und der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) gestellt werden. Die von der Kommission vorgeschlagene Struktur des MFR nach 2020 spiegelt die verschiedenen Aufgabenbereiche einer zukunftsfesten EU wider und erhöht die Transparenz des EU-Haushalts. Ein Beschluss des MFR noch vor der Europawahl 2019 wird vom Bundesrat als erforderlich angesehen.
- 4. Angesichts reduzierter Einnahmen durch den Brexit und steigender Ausgaben durch die Wahrnehmung neuer Aufgaben, die einen Mehrwert für Europa und seine Mitgliedstaaten schaffen, werden die Beiträge der Mitgliedstaaten in angemessenem, moderatem Umfang steigen müssen. Der Bundesrat begrüßt die Bereitschaft der Bundesregierung, sich dieser Verantwortung zu stellen. Damit sendet Deutschland ein wichtiges politisches Signal in herausfordernden europäischen Zeiten. Ein stärkeres Europa ist im Interesse Deutschlands.
- 5. Der Bundesrat erkennt weiter an, dass die politischen Prioritäten mit dem Austritt des Vereinigten Königreichs und den damit verbundenen finanziellen Folgen für die EU-Finanzen neu ausgerichtet werden müssen.
Die Ausrichtung des Haushalts an neuen politischen Prioritäten ist für den Bundesrat grundsätzlich nachvollziehbar.
Es ist aus Sicht des Bundesrates jedoch unerlässlich, dass sich insbesondere vor dem Hintergrund der notwendigen Identifikation der Bürgerinnen und Bürger mit der EU auch die großen sozialpolitischen Herausforderungen widerspiegeln müssen. Denn nur so kann letztlich auch die soziale Dimension tatsächlich gestärkt und können die in den EU-Verträgen verankerten sozialpolitischen Ziele erreicht werden.
- 6. Der Bundesrat begrüßt, dass der vorgeschlagene Finanzrahmen daran festhält, dass auch künftig weiterhin alle Regionen der EU förderfähig sind. Es muss bei dem Vorschlag bleiben, dass auch künftig die Länder Zugang zu allen Förderprogrammen haben. Effizienzsteigerungen und Vereinfachungen haben Vorrang vor Kürzungen. Deshalb begrüßt der Bundesrat ausdrücklich die von der Kommission angestrebte Effizienzsteigerung bei den Förderprogrammen. Durch deutliche Vereinfachungen, insbesondere bei den Antragsverfahren und der Durchführung der Programme sowie bei den Verwendungsnachweisen, können bürokratische Belastungen für alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer reduziert und zugleich erhebliche Mittel eingespart werden. Kürzungen bei den Programmmitteln dürfen lediglich das letzte Mittel sein.
- 7. Aus Sicht des Bundesrates sind auch im Bereich der EU-Förderung grundsätzlich gute Akzente gesetzt: Die EU-Förderung von Innovation, Forschung, Wissenschaft und Digitalisierung, von Bildung und Jugend, des Klima- und Ressourcenschutzes sowie der Umsetzung der Ziele für nachhaltige Entwicklung bietet einen europäischen Mehrwert, der einen hohen Mitteleinsatz in diesen Bereichen rechtfertigt.
- 8. Vor dem Hintergrund dieser Schwerpunktsetzung und der vorgesehenen Übertragung zusätzlicher Aufgaben hält der Bundesrat allerdings die finanziellen Einschnitte bei der EU-Kohäsionspolitik für nicht zielführend: Die EU-Fonds EFRE und ESF leisten bereits in der laufenden Förderperiode erhebliche Beiträge zu den Prioritäten der EU, insbesondere zu Innovation und Forschung, zu Bildung und Beschäftigung, zur CO₂-Reduzierung und zur sozialen Integration und Inklusion. Diese Fonds haben den großen Vorteil, dass sie vor Ort in den Regionen und Kommunen wirken. Sie machen Europa und die europäischen Prioritäten und Ziele direkt bei den Menschen sichtbar. Dies gilt außerhalb der Kohäsionspolitik auch für den ELER.
- 9. Der Bundesrat sieht auch die Kürzungsvorschläge im Bereich der GAP kritisch, insbesondere die überproportionalen Kürzungen in der zweiten Säule. Die GAP leistet in der gesamten EU wichtige Beiträge zu den strategischen Prioritäten der EU. Dazu gehören die Ziele einer intelligenten, nachhaltigen, ressourcenschonenden und wettbewerbsfähigen Wirtschaft sowie Wachstum, Beschäftigung und sozialer Zusammenhalt.
- 10. Er bedauert, dass - obwohl die Gleichstellung von Männern und Frauen zu den Grundwerten der EU zählt und die EU sich in Artikel 8 AEUV verpflichtet hat, bei allen ihren Tätigkeiten darauf hinzuwirken, Ungleichheiten zu beseitigen und die Gleichstellung von Männern und Frauen zu fördern - die Förderung der Gleichstellung von Männern und Frauen im Vorschlag für einen MFR 2021 bis 2027 kaum sichtbar und nicht als ein Schwerpunkt benannt ist. Angesichts der nach wie vor bestehenden erheblichen Unterschiede zwischen den Geschlechtern, aber auch angesichts der zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten bestehenden erheblichen Unterschiede in diesem Bereich wäre ein stärkeres Engagement der EU unbedingt erforderlich.
- 11. Der Bundesrat bedauert, dass die Kommission mit der Vorlage des MFR-Pakets am 2. Mai 2018 keine Zahlen vorgelegt hat, mit denen sich die MFR-Vorschläge für 2021 bis 2027 mit denen von 2014 bis 2020 inflationsbereinigt vergleichen ließen. Dies erschwert es, die Änderungen in den Mittelausstattungen der Politikbereiche nachvollziehen und bewerten zu können.
- 12. Er wird zu den besonderen Aspekten betreffend einzelne Politikbereiche und Programme, die aus dem MFR finanziert werden sollen, auf der Grundlage der Verordnungsvorschläge für diese einzelnen Programme gesondert Stellung nehmen.
Eigenmittelreform
- 13. Der Bundesrat erkennt die Bemühungen der Kommission an, Schlüsselelemente des bestehenden Finanzierungssystems der EU zu vereinfachen und transparenter zu gestalten.
Er nimmt den Vorschlag der Kommission für eine Reform der Eigenmittel zur Kenntnis. Er erkennt die Bemühungen der Kommission an, durch neue Ansätze auf der Einnahmenseite des EU-Haushalts einen Beitrag zur Finanzierung neuer Aufgaben der EU und zum Ausgleich des Austritts des Vereinigten Königreichs aufzuzeigen.
Eine Reform der Eigenmittel wurde wiederholt auch vom Bundesrat unterstützt, um ein transparentes und gerechtes Eigenmittelsystem zu schaffen.
- 14. Der Bundesrat teilt die Auffassung der Kommission, dass die Bruttonationaleinkommen (BNE)-Eigenmittel weiterhin im Zentrum der Einnahmeseite des EU-Haushalts stehen sollten. Sie bilden die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Mitgliedstaaten zuverlässig ab, das heißt: Sie sind einfach und gerecht; sie können flexibel an den finanziellen Bedarf der EU angepasst werden und sind ohne großen Verwaltungsaufwand festzusetzen. Sie stellen somit eine stabile Finanzierung des EU-Haushalts sicher.
- 15. Der Bundesrat erachtet den Vorschlag der Kommission, die Mehrwertsteuer-Eigenmittel zu vereinfachen, als Schritt in die richtige Richtung und bekräftigt seine Forderung nach Abschaffung der Mehrwertsteuer-Eigenmittel, insbesondere, weil diese die wirtschaftlichen Gegebenheiten in den Mitgliedstaaten nicht sachgerecht abbilden sowie in der Berechnung komplex und verwaltungsintensiv sind (vergleiche BR-Drucksache 521/16(B) ).
- 16. Er begrüßt den Vorschlag der Kommission, alle bisherigen mitgliedstaatsbezogenen Rabatte abzuschaffen, um letztlich zu einem transparenten System zu gelangen, in welchem die Mitgliedsbeiträge vergleichbar sind. Die von der Kommission vorgeschlagene Phasing-out-Lösung über einen Zeitraum von fünf Jahren erachtet er als faire Lösung. Er verweist jedoch erneut auf seine Forderung, an ihrer Stelle einen allgemeinen Korrekturmechanismus einzuführen, der allen durch ihre Nettobeiträge außergewöhnlich hoch belasteten Mitgliedstaaten zugutekommt und Sonderregelungen zu Gunsten einzelner Mitgliedstaaten überflüssig macht (vergleiche BR-Drucksache 521/16(B) , Ziffer 8).
- 17. Der Bundesrat nimmt die vorgeschlagene Absenkung der pauschalisierten Erhebungskosten von 20 Prozent auf 10 Prozent und im Gegenzug die Gewährung finanzieller Unterstützung durch die EU im Einzelfall für Zollausrüstung, Personal und Information zur Kenntnis. Bei der Gewährung finanzieller Unterstützungen im Einzelfall sind einfache Gewährungsverfahren zu finden.
Flexibilität und Stabilität
- 18. Der Bundesrat begrüßt, dass die Laufzeit des MFR und der EU-Förderprogramme erneut auf sieben Jahre ausgerichtet ist. Er widerspricht indes der Auffassung der Kommission, dass der Übergang zu einer 5-jährigen Förderperiode grundsätzlich erstrebenswert ist und für den MFR nach 2027 angestrebt werden sollte. Der Bundesrat verweist diesbezüglich auf seine in vorausgehenden Stellungnahmen (BR-Drucksache 521/16(B) und BR-Drucksache 543/17(B) ) dargelegten Bedenken.
- 19. Der Bundesrat begrüßt den ambitionierten Zeitplan der Kommission, der eine Verabschiedung des MFR bis zum Frühjahr 2019 vorsieht. Nur durch eine frühzeitige Einigung kann gewährleistet werden, dass ein reibungsloser Übergang in die nächste Förderperiode erfolgt.
- 20. Er betont die Notwendigkeit, neben der Festlegung von Schwerpunkten in den Förderprogrammen auf aktuelle und künftige politische Herausforderungen (zum Beispiel die Flüchtlingsbewegungen, Veränderung der wirtschaftlichen Entwicklung) reagieren zu können und während der siebenjährigen Förderperiode kurzfristig Mittel für neue Projekte bereitzustellen.
- 21. Der Bundesrat erkennt deshalb an, dass angesichts der zahlreichen Herausforderungen, mit denen die Union in den vergangenen Jahren konfrontiert war, die Notwendigkeit einer höheren Flexibilität innerhalb des Finanzrahmens deutlich geworden ist. Insbesondere müssen ausreichende finanzielle Spielräume für außergewöhnliche Krisenereignisse bestehen.
- 22. Er begrüßt in diesem Zusammenhang den Vorschlag, die Flexibilität der Programme zu erweitern und diese nach einer Halbzeitprüfung anzupassen, weist jedoch darauf hin, dass eine verpflichtende Halbzeitprüfung einen zügigen Start der Programme erfordert. Die Halbzeitprüfung muss die unterschiedlichen Vorbereitungszeiten der Projekte verschiedener Art berücksichtigen. Die Flexibilität der Programme sollte generell erhöht und den Regionen mehr Handlungsfreiheit gewährt werden, Programmänderungen ohne komplizierte Genehmigungsverfahren vornehmen zu können.
- 23. Vor diesem Hintergrund hält der Bundesrat die Vorschläge der Kommission für eine Neugestaltung der bestehenden Flexibilitätsmechanismen für diskussionswürdig. Er bekräftigt aber auch seine Forderung, dass Vorschläge für ein höheres Maß an Flexibilität gegen die für den EU-Haushalt geltenden Haushaltsgrundsätze, welche die Budgetbefugnisse der EU-Organe sichern, und hier insbesondere gegen den Spezialitätsgrundsatz abzuwägen sind und die Planungssicherheit für die Mittelempfangenden, gerade bei mehrjährigen EU-Programmen, nicht in Frage stellen dürfen (vergleiche BR-Drucksache 521/16(B) und BR-Drucksache 543/17(B) ).
- 24. Vor diesem Hintergrund hält der Bundesrat die Vorschläge für eine Erhöhung der Flexibilität in den einzelnen Programmen und zwischen den Programmen derselben Rubrik für sinnvoll. Auch das Ziel verbesserter Kombinationsmöglichkeiten verschiedener Formen finanzieller Unterstützung teilt der Bundesrat.
- 25. Im Hinblick auf die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Formen der Mittelverwaltung zu wechseln, weist der Bundesrat darauf hin, dass sichergestellt werden muss, dass keine Fehlanreize für eine Umverteilung zu Lasten der bürgernahen geteilten Mittelverwaltung geschaffen werden. Bei Vorschlägen für eine Anpassung der nationalen Zuweisungen zur Hälfte der Laufzeit der Programme muss der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ebenso Berücksichtigung finden wie das berechtigte Interesse der Regionen und Mitgliedstaaten an Planungssicherheit.
- 26. Der Bundesrat begrüßt den Vorschlag der Kommission, den im Finanzrahmen 2014 bis 2020 eingeführten Gesamtspielraum für Mittel für Zahlungen voll auszuschöpfen.
- 27. Er unterstützt den Vorschlag für eine jährliche Übertragbarkeit der neuen Krisenreserve und fordert auch künftig einen Zugang für alle Länder in gleicher Weise, der nicht an Vorbedingungen geknüpft ist.
- 28. Die Vorschläge zur Bildung einer Unionsreserve und ihre Finanzierung durch größere Flexibilität bei der Übertragung von Mitteln für Verpflichtungen von Rubrik zu Rubrik und von Jahr zu Jahr sollten allerdings mit Blick auf den oben genannten Spezialitätsgrundsatz (Ziffer 23) kritisch geprüft werden.
- 29. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die Programme der EU-Kohäsionspolitik zügig umgesetzt werden sollen, um langfristige, strukturelle und innovative Veränderungen in den Regionen möglichst schnell anzustoßen. Er lehnt die Wiedereinführung der "n+2"-Regelung ab, da sie einen starken administrativen Druck für die Programmumsetzung vor allem in der Übergangsphase bedeutet und für die Regionen zum Verfall der Mittel statt einer zügigen Umsetzung führen kann.
- 30. Der Bundesrat spricht sich vielmehr für die Beibehaltung der "n+3"-Regelung aus, die sich in der laufenden Förderperiode bewährt hat: Bei einer Verkürzung der derzeit geltenden "n+3"-Regel ist eine Übertragung von nicht mehr gebundenen Mitteln aus den Europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESI-Fonds) nur dann vertretbar, wenn diesmal ein reibungsloser Übergang in die nächste Förderperiode gewährleistet ist und zudem spürbare Vereinfachungen für die Vorbereitung und die Umsetzung der Programme durchgesetzt werden.
EU-Haushalt und Rechtsstaatlichkeit
- 31. Der Bundesrat teilt die Auffassung der Kommission, dass die Achtung der Rechtsstaatlichkeit eine unverzichtbare Voraussetzung für die Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung und eine wirksame EU-Finanzierung ist. Er begrüßt die Absicht der Kommission, die finanziellen Interessen der EU effektiver zu schützen und insbesondere die Betrugs- und Korruptionsbekämpfung in den Mitgliedstaaten zu verschärfen.
- 32. Hinsichtlich der vorgeschlagenen Verordnung "Über den Schutz des Haushalts der Union im Falle von generellen Mängeln in Bezug auf das Rechtsstaatsprin-zip" (BR-Drucksache 245/18 (PDF) ) weist der Bundesrat allerdings erneut darauf hin, dass EUV und AEUV klare Verfahren für die Feststellung von Verstößen gegen das EU-Recht und für deren Sanktionierung - einschließlich der Kürzung von EU-Mitteln - vorsehen. Er sieht weiterhin das Risiko, dass Zahlungsaussetzungen bei den ESI-Fonds vorrangig die regionale Ebene treffen, auch wenn der sanktionierte Verstoß im alleinigen Verantwortungsbereich der nationalen Ebene liegt (vergleiche BR-Drucksache 543/17(B) ). In Bezug auf den Verordnungsvorschlag besteht daher noch Erläuterungs- und Erörterungsbedarf.
- 33. Der Bundesrat gibt zudem zu bedenken, dass die Tatbestandsvoraussetzungen für die vorgeschlagenen Sanktionen zum Teil unkonkret sind und ihre Aufzählung nicht abschließend ist. Er weist außerdem darauf hin, dass die als Sanktion vorgeschlagene Aussetzung der Programmgenehmigung zu erheblichen Verzögerungen im Vollzug führen und noch dann fortwirken kann, wenn die beanstandeten Verstöße bereits abgestellt sind. Er regt daher an, diese Sanktion zu überdenken.
Zur Berücksichtigung der Gleichstellung in den einzelnen Bereichen
- 34. Die meisten der mit EU-Mitteln finanzierten Programme umfassen keine gezielten Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter; es fehlen geschlechterdifferenzierte Folgenabschätzungen. Nur im Rahmen einiger weniger Programme sind klare Gleichstellungsziele festgelegt und zweckbestimmte Mittel ausgewiesen. Eine systematische Umsetzung und Überwachung von gleichstellungspolitischen Maßnahmen ist nicht vorgesehen.
II. Binnenmarkt, Innovation und Digitales Forschung und Innovation
- 35. Der Bundesrat unterstützt die Bestrebungen der Kommission, die strategische Forschungspolitik, die Innovationsfähigkeit und den europäischen Forschungsraum zu stärken, sowie Exzellenz und Subsidiarität als Grundprinzipien der europäischen Forschungsförderung zu verankern. Das Programm "Horizont 2020" leistet für viele Akteure und Akteurinnen in Deutschland einen wichtigen Beitrag, um auch in Zukunft exzellent und innovativ zu sein.
- 36. Der Bundesrat begrüßt den auf Kontinuität und Weiterentwicklung ausgerichteten Strukturvorschlag im Programm "Horizont Europa" sowie dessen drei neu bezeichnete und strukturierte Grundpfeiler. Gleichzeitig weist er darauf hin, dass eine klare Trennung zwischen Forschung und Investitionen in den jeweiligen Programmteilen umgesetzt werden sollte. Vor dem Hintergrund der Ausweitung der Aufgaben in der neu hinzugekommenen Säule III hält der Bundesrat eine deutlich höhere Mittelausstattung von "Horizont Europa" für erforderlich.
- 37. Der Bundesrat begrüßt das Vorhaben der Kommission, das System der Partnerschaften zu vereinfachen. Er empfiehlt weiterhin, künftig auch kleinere Verbundprojekte mit weniger Partnern und geringeren Projektvolumina zu fördern, technologieoffene Förderung, Innovationsorientierung, Teaming- und Twinning-Projekte zu unterstützen sowie das derzeitige KMU-Instrument mit vereinfachten Beteiligungsregeln auszubauen.
- 38. Der Bundesrat sieht kleine und mittlere Unternehmen (KMU) als Rückgrat innovationsorientierter Volkswirtschaften. Daher schlägt er vor, die Beteiligung von KMU am Rahmenprogramm zu steigern, um mindestens die bereits bei "Horizont 2020" angestrebten 20 Prozent zu erreichen.
- 39. Europa ist eine wissensbasierte, forschungsstarke Gesellschaft und sollte eine noch innovativere werden. Dies muss sich auch im Haushalt der EU widerspiegeln. Auch hier müssen Forschung und Innovation zur Bewältigung der ökonomischen, sozialen und ökologischen Herausforderungen oberste Priorität haben. Dies erfordert deutlich mehr Mittel für Forschung und Innovation, selbst bei einem sinkenden Gesamtbudget, und sollte sich nicht nur in der finanziellen Ausstattung des Rahmenprogramms, sondern weiterhin auch in den ESI-Fonds widerspiegeln. Eine nachträgliche Kürzung von Mitteln während der Programmlaufzeit darf sich nicht wiederholen.
- 40. Der Bundesrat begrüßt daher die vorgeschlagene Mittelausstattung von 97,6 Milliarden Euro für "Horizont Europa". Er erinnert dennoch daran, dass die von der Kommission eingesetzte "unabhängige hochrangige Gruppe zur Maximierung der Wirkung der EU-Programme für Forschung und Innovation" im Jahr 2017 empfohlen hat, die Mittel im Vergleich zu "Horizont 2020" zu verdoppeln.
- 41. Der Bundesrat empfiehlt für das Rahmenprogramm für Forschung und Innovation, ab 2021 das volle Potenzial von Schlüsseltechnologien mit einer eigenständigen, breiten und festen Verankerung zu erschließen und das bei "Horizont 2020" angewandte, administrative Verfahren künftig nachhaltig zu vereinfachen. Aufgrund des zur Verfügung stehenden Finanzvolumens regt er an, wichtige europäische Themen zu fokussieren, Geistes- und Sozialwissenschaften als eigene Programmlinie zu fördern und damit die Mittel für die europäische Forschungsförderung deutlich zu erhöhen. Weiterhin ist eine gezielte strategische Entwicklung von KET (Key Enabling Technologies) erforderlich, um auch langfristig die technologische Konkurrenzfähigkeit Europas sicherzustellen. Die auf Langfristigkeit ausgelegte Balance zwischen grundlegender Technologieentwicklung und Anwendungsentwicklung darf nicht aufgegeben werden.
- 42. Des Weiteren verweist der Bundesrat darauf, dass gemeinsame Anstrengungen einer koordinierten Industrie- und Forschungspolitik notwendig sind, um Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit im internationalen Standortwettbewerb zu sichern.
- 43. Der Bundesrat begrüßt, dass die geplante Verteidigungsforschung nicht im Rahmen von "Horizont Europa" realisiert werden soll und verweist in diesem Zusammenhang auf seine Stellungnahme zur Zwischenbewertung von "Horizont 2020" (BR-Drucksache 5/18(B)).
- 44. Hinsichtlich der weiteren Ausgestaltung des neuen Rahmenprogramms "Horizont Europa" verweist der Bundesrat ebenfalls auf diese Stellungnahme.
- 45. Er spricht sich gegen den Einsatz europäischer Gelder für Forschung aus, die auf Energiegewinnung mittels Atomkraft ausgerichtet ist, wenn diese dem Zweck der Laufzeitverlängerung oder dem Neubau dienen. Der Einsatz von EU-Mitteln sollte im Atombereich auf Forschung für Strahlenschutz, Nuklearmedizin und Strahlentherapie, Endlagerung von radioaktiven Abfällen sowie zur Stilllegung und zum Abbau von Atomkraftwerken fokussiert werden.
Europäische Strategische Investitionen
- 46. Der Bundesrat nimmt zur Kenntnis, dass die Kommission mit dem Fonds "InvestEU" ein Nachfolgemodell des Europäischen Fonds für Strategische Investitionen (EFSI) aufstellt, welches öffentliche und private Mittel in Form von Darlehen, Garantien, Eigenkapitalinstrumenten oder sonstigen marktbasierten Instrumenten für Investitionen mobilisieren soll. Der Bundesrat weist erneut darauf hin (BR-Drucksache 521/16(B) ), dass dieser Fonds weder regional verankert noch programmatisch gesteuert ist.
Eine abschließende Beurteilung der konkreten Förderprogramme wird der Bundesrat erst in seinen Stellungnahmen zu den sektoralen Verordnungen vornehmen.
- 47. Der Bundesrat begrüßt die vorgesehene höhere finanzielle Ausstattung der "Connecting Europe Facility". Der europäische Mehrwert wird im Ausbau der transeuropäischen Netze in allen drei Bereichen - Verkehr, Energie und Digitales - besonders sichtbar. Dies gilt auch für die Investitionen in Verkehrssysteme und die grenzüberschreitende Verkehrsinfrastruktur, für welche durch den Kohäsionsfonds zusätzliche Mittel bereitgestellt werden.
- 48. Der Bundesrat begrüßt das neue Programm "Digitales Europa". Die Förderung der Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft ist eine vorrangige Aufgabe der nächsten Jahre. Europa muss seine Wettbewerbsfähigkeit in wichtigen Zukunftsbereichen wie künstliche Intelligenz, Supercomputer, Cybersicherheit oder der Digitalisierung der Industrie weiterentwickeln. Dies gelingt nur, wenn die Beschäftigten entsprechend und umfassend qualifiziert werden.
- 49. Dabei sollten auch Aktivitäten zur Senkung des Ressourcen- und Energieverbrauchs der digitalen Infrastruktur, fortgeschrittene digitale Kompetenzen und ein hohes Verbraucherschutz- und Datenschutzniveau gefördert werden.
Binnenmarkt
- 50. Der Bundesrat unterstreicht die Bedeutung eines reibungslosen Funktionierens des Binnenmarktes und begrüßt insbesondere die Schwerpunktsetzung auf den Bereich KMU und die Fortführung des europäischen Programms für Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und KMU ("Competitiveness of Enterprises and Small and Mediumsized Enterprises" - COSME-Programm)). Die geplante Zusammenführung unterschiedlicher Programme darf aber nicht zulasten des COSME-Programms gehen. Ebenso sollte das Erfolgsmodell der "European Enterprise Networks" (EEN) fortgeführt werden, die unter anderem KMU bei der Netzwerkbildung, der Internationalisierung und dem Innovationsmanagement unterstützen.
- 51. Er begrüßt die Programme zur Betrugsbekämpfung, zur Unterstützung des Zollwesens (Customs) sowie zur Prävention und Bekämpfung von Steuerbetrug, -hinterziehung und -vermeidung (Fiscalis). Der Bundesrat unterstützt die übergreifenden Zielsetzungen der Programme, die bessere gemeinsame Zusammenarbeit, die Vereinfachung von Abläufen und die Schaffung von elektronischen Strukturen beinhalten.
Weltraum - Europäisches Raumfahrtprogramm
- 52. Der Bundesrat begrüßt, dass der Mehrwert und die Bedeutung der Raumfahrt als ein Sektor von großer technologischer und strategischer Bedeutung erstmals durch einen eigenen Ausgabenbereich im MFR sichtbar gemacht werden.
- 53. Gleichzeitig wird die geplante Erhöhung der für diesen Bereich zur Verfügung gestellten Mittel begrüßt. Die Mittel sind notwendig, um die Programme Galileo, Copernicus, EGNOS et cetera nachhaltig weiterzuentwickeln und die technologische Unabhängigkeit Europas im Bereich der Satellitentechnologien mittelfristig sicherzustellen.
III. Zusammenhalt und Werte
Rolle der Kohäsionspolitik und strategischer Rahmen
- 54. Der Bundesrat würdigt, dass die Kommission in ihrer Mitteilung die Kohä-sionspolitik als wichtigste Investitionspolitik der EU anerkennt und ihr einen besonderen europäischen Mehrwert zuschreibt. Der Bundesrat betont in diesem Zusammenhang nochmals die Bedeutung der Kohäsionspolitik für den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt. Die Kohäsionspolitik vermittelt wie keine andere Politik das Wirken und den Wert der Union bei den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort. Ihr Vorzug liegt insbesondere auch in der geteilten Mittelverwaltung der Programme, wodurch den Regionen ermöglicht wird, ihre spezifischen Herausforderungen gezielt zu adressieren. Es ist begrüßenswert, dass dieses Prinzip auch weiterhin im Rahmen der Kohäsionspolitik verfolgt werden soll.
- 55. Der Bundesrat begrüßt die Modernisierung und die Anerkennung der Kohä-sionspolitik als wichtigen Pfeiler der Investitionspolitik aller Regionen und anerkennt die Beschränkung auf die Förderung effizienter Programme mit EU-Mehrwert, um einerseits die erforderlichen Einsparungen zu erzielen und andererseits die neuen Aufgaben der EU in den Bereichen Sicherheit, Migration und globale Wettbewerbsfähigkeit zu finanzieren.
- 56. Die Kommission setzt mit den vorgeschlagenen Zielen für den Einsatz der ESI-Fonds grundsätzlich die richtigen Akzente. Die Schwerpunktsetzung auf Innovation, Bildung und Kompetenzen, Beschäftigung, Klima- und Ressourcenschutz, ein stärker vernetztes, sozialeres und bürgernäheres Europa schafft eine gute Grundlage für die Regionen, um mit ihren kohäsionspolitischen Programmen bewährte Förderansätze fortzusetzen und gleichzeitig auf neue Herausforderungen zu reagieren.
- 57. Der Bundesrat erhofft sich von der Aufnahme des Ziels eines bürgernäheren Europas, welches insbesondere der Förderung der sozioökonomischen lokalen Entwicklung in städtischen und ländlichen Gebieten dienen soll, flexiblere Rahmenbedingungen für integrierte Ansätze der Stadt- und Stadt-Umland-Entwicklung (BR-Drucksache 543/17(B) ). Damit diese Ansätze effektiv umgesetzt und auf regionalspezifische Erfordernisse abgestimmt werden können, müssen sie für die Ziele aller Fonds zugänglich sein und dürfen nicht durch enge thematische Vorgaben oder zusätzliche Indikatoren behindert werden.
- 58. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission eine Weiterentwicklung der Intelligenten Spezialisierung anstrebt. Das Konzept hat sich als erfolgreiches Instrument bewährt, um die individuellen Stärken der Regionen zu identifizieren und im Sinne der Entwicklung und Stärkung EU-weiter Wertschöpfungsketten und zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Union gezielt über die ESI-Fonds zu adressieren. Der Bundesrat fordert die Kommission allerdings auf, das Verfahren der Erstellung bzw. der Fortschreibung der regionalen Innovationsstrategien zu vereinfachen und ausreichende Gestaltungsmöglichkeiten für die Regionen sicherzustellen.
- 59. Er begrüßt ausdrücklich, dass der ESF auch weiterhin Teil der Kohäsionspolitik ist und im gleichen Kapitel wie der EFRE verankert bleibt. Der Bundesrat fordert die Kommission allerdings auf, dafür Sorge zu tragen, dass im Sinne der Förderung von Synergien zwischen den Fonds sowie von integrierten Regionalentwicklungsansätzen EFRE und ESF+ auch weiterhin unter gemeinsame politische Ziele gefasst werden und die Funktionsweisen der Zielsysteme vereinbar bleiben. Die mit dem ESF+ von der Kommission angestrebte Zusammenführung der Finanzierungsinstrumente in der Sozialpolitik darf nicht zu einer Schwächung der kohäsionspolitischen Ausrichtung des ESF führen.
- 60. Der Bundesrat ist besorgt über die prominente Stellung, welche der Förderung von nationalen Strukturreformen im Rahmen der künftigen ESF-Prioritäten zukommen soll. Der ESF ist als kohäsionspolitischer Fonds vorrangig auf die Förderung regionaler Bedarfe und Potenziale gerichtet. Seine gezielten strukturpolitischen Interventionen vor Ort in den Regionen und Kommunen tragen ganz erheblich dazu bei, Europa sowie die europäischen Ziele und Prioritäten bei den Menschen sichtbar zu machen. Eine Verlagerung des Schwerpunktes des ESF-Einsatzes auf nationale Maßnahmen zur Umsetzung länderspezifischer Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters würde den europäischen Mehrwert der Kohäsionspolitik deutlich schmälern.
Finanzausstattung der Kohäsionspolitik
- 61. Der Bundesrat ist sich des Spannungsfeldes zwischen geringeren Einnahmen infolge des Austritts des Vereinigten Königreichs und zusätzlichen Ausgaben aufgrund neuer Aufgaben der EU bewusst. Er betont dennoch erneut den erheblichen Beitrag der Kohäsionspolitik zur Bewältigung der weiterbestehenden Aufgaben der EU wie auch der neuen Herausforderungen. Angesichts des erheblichen europäischen Mehrwerts der Kohäsionspolitik hält der Bundesrat daher an seiner Forderung fest, den Anteil der Kohäsionspolitik am EU-Haushalt nicht zu reduzieren und weiterhin alle Regionen in der EU an der Kohäsionspolitik teilhaben zu lassen.
- 62. In diesem Zusammenhang weist der Bundesrat darauf hin, dass es infolge der Veranschlagung des Reformumsetzungsinstrumentes in Höhe von 25 Milliarden Euro zu einer realen Änderung der für die Kohäsionspolitik vorgesehenen Mittel kommt.
- 63. Mit Blick auf den ESF+ stellt er fest, dass im Lichte der zusätzlichen Aufgaben die von der Kommission vorgeschlagenen finanziellen Ressourcen für diesen Fonds keine wirkliche Steigerung darstellen. Insbesondere mit Blick auf die Unterstützung der Mitgliedstaaten bei den Kosten für die Integration von Migrantinnen und Migranten besteht seitens des Bundesrates die Erwartung eines wahrnehmbaren europäischen Beitrags.
- 64. Er weist wiederholt darauf hin, dass ein angemessener Mindestanteil der EU-Mittel gewährleistet werden muss, um die Programme als Teil der Kohäsionspolitik mit geteilter Verantwortung durchzuführen. Der Verwaltungsaufwand könnte bei einer weiteren Absenkung des EU-Anteils eine attraktive, effiziente und effektive Förderung in Frage stellen. Zudem muss die Kohäsionspolitik auch weiterhin mit den Mitteln ausgestattet sein, die erforderlich sind, um dem wachsenden Europaskeptizismus möglichst bürgernah entgegenzuwirken und die Vorteile der EU-Politiken verstärkt sichtbar zu machen.
Kohäsionspolitik für alle Regionen
- 65. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission die Bedeutung und den Nutzen der Kohäsionspolitik auch für die Übergangs- und die stärker entwickelten Regionen grundsätzlich anerkennt und dass diese auch weiterhin an der Kohäsi-onspolitik teilhaben sollen.
- 66. Der Bundesrat hebt in diesem Zusammenhang die besondere Rolle hervor, welche Übergangs- und stärker entwickelte Regionen als Innovations- und Wachstumslokomotiven für die gesamte EU übernehmen. Gerade diese Regionen leisten einen entscheidenden Beitrag zur Steigerung der EU-weiten Wettbewerbsfähigkeit und zur Stärkung europäischer Wertschöpfungsketten. Gleichzeitig stehen auch und gerade Übergangs- und stärker entwickelte Regionen vor wachsenden strukturellen Herausforderungen, die einer Förderung bedürfen.
- 67. Mit Nachdruck wiederholt der Bundesrat allerdings seine Forderung nach einer Anhebung des für diese Regionen zur Verfügung gestellten Anteils an den Kohäsionsmitteln (vergleiche Stellungnahme des Bundesrates vom 15. Dezember 2017, BR-Drucksache 543/17(B) , Ziffer 13). Deutschland droht nach den von der Kommission vorgeschlagenen Verteilungskriterien für die neue Förderperiode ein im Verhältnis zu anderen Mitgliedstaaten überproportionaler Rückgang der EU-Strukturfondsmittel. Die deutschen Länder tragen indes als Wachstums- und Innovationslokomotiven überdurchschnittlich zur wirtschaftlichen Stärke und zur Erreichung der Ziele der ganzen EU bei. Sie sollten daher auch in Zukunft stärker in die Strukturfondsförderung einbezogen werden.
- 68. Wie im Siebten Kohäsionsbericht (COM (2017) 583 final) dargestellt, leiden Regionen mit einem Bruttoinlandsprodukt pro Kopf nahe dem Durchschnitt der EU an besonderen strukturellen Herausforderungen. Zugleich nehmen diese Regionen als Bindeglied eine wichtige Brückenfunktion ein und sind für die EU-weite Kohäsion von besonderer Bedeutung. Der Bundesrat fordert, dass diese Regionen im Rahmen der Kohäsionspolitik in besonderem Maße in den Fokus rücken, um zu verhindern, dass sie in ihrer wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung aufgrund der "Falle der mittleren Einkommen" stagnieren.
- 69. Der Bundesrat begrüßt die von der Kommission vorgesehene Anhebung der oberen Schwelle der Übergangsregionen auf 100 Prozent des BIP pro Kopf in Verhältnis zum EU-Durchschnitt. Er gibt jedoch zu bedenken, dass angesichts der damit einhergehenden Erweiterung der Zahl der Übergangsregionen keine entsprechende Anhebung der für diese zur Verfügung stehenden Mittel vorgesehen ist. Das Mittelvolumen für die Übergangsregionen sollte aufgrund der Feststellungen im Siebten Kohäsionsbericht entsprechend erhöht werden.
Regeln der Mittelverteilung
- 70. Der Bundesrat erkennt den Anspruch der Kommission an, den aktuellen Herausforderungen wie Arbeitslosigkeit, Klimawandel sowie der Integration von Flüchtlingen gerecht zu werden. Das System der Mittelverteilung darf dadurch jedoch nicht verkompliziert werden.
- 71. Er begrüßt grundsätzlich, dass die sogenannte Berlin-Formel zur Verteilung der Mittel und das relative BIP pro Kopf als wichtigste Kriterien für die Mittelvergabe im Rahmen der Kohäsionspolitik beibehalten werden sollen. Das relative BIP pro Kopf hat sich in der laufenden Förderperiode als objektiver und verlässlicher Indikator bewährt.
- 72. Hinsichtlich weiterer Indikatoren betont der Bundesrat, dass diese nur dann Einfluss auf die Mittelverteilung nehmen sollten, wenn ihre Wirkung nicht bereits mittelbar im BIP pro Kopf als Indikator der Wirtschaftskraft abgebildet ist. Vor diesem Hintergrund erachtet er mit Blick auf die von der Kommission zur "Berlin-Formel" vorgeschlagenen Indikatoren insbesondere die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen sowie die Dekarbonisierung als interessante Ansätze, die als langfristig bestehende Herausforderungen die Gesamtheit der EU betreffen. Die weiteren von der Kommission vorgeschlagenen Indikatoren, insbesondere der Indikator der Jugendarbeitslosigkeit, sind nicht in vergleichbarem Maße von dem Hauptindikator des BIP pro Kopf abgrenzbar.
- 73. Dagegen regt der Bundesrat an, spezifische demografische Probleme, nämlich die Überalterung der Bevölkerung und insbesondere der Erwerbsbevölkerung, als zusätzlichen Indikator innerhalb der "Berlin-Formel" zu berücksichtigen. Gerade der Rückgang des Anteils der erwerbsfähigen Bevölkerung infolge der Überalterung ist ein schwerwiegender demografischer Nachteil, der sich auf die Innovationsfähigkeit der Regionen und damit ihre Wettbewerbsfähigkeit und wirtschaftliche Leistungskraft mittel- und langfristig massiv nachteilig auswirkt. Er erinnert in diesem Zusammenhang auch daran, dass die Berücksichtigung demografischer Nachteile in der Kohäsionspolitik als Rechtsgedanke im Primärrecht verankert ist.
Europäische Territoriale Zusammenarbeit
- 74. Der Bundesrat bedauert es sehr, dass die Kommission zwar den bedeutenden europäischen Mehrwert der Europäischen Territorialen Zusammenarbeit (INTERREG) anerkennt, zugleich jedoch eine Kürzung ihrer Gesamtmittel wie auch ihres Anteils an den Mitteln für die Kohäsionspolitik vorsieht. Dies gilt insbesondere für die deutlichen Kürzungen zu Lasten der grenzübergreifenden Zusammenarbeit sowie für den Verzicht auf finanzielle Mittelzuweisungen für die projektorientierte Zusammenarbeit innerhalb des bewährten INTERREG Europe-Programms. Die INTERREG-Förderung beruht auf dem Gedanken des Begegnungs- und Erfahrungsaustauschs, der Europa für die Bürgerinnen und Bürger unmittelbar erlebbar werden lässt. Sie motiviert Menschen, Brücken zu schlagen und über Grenzen hinweg zusammenzuarbeiten. Damit leistet sie einen fundamentalen Beitrag zur europäischen Integration und zur Förderung eines guten nachbarschaftlichen Miteinanders in Europa. INTERREG sollte in Zeiten des wachsenden Euroskeptizismus nicht weiter an Bedeutung verlieren.
- 75. Der Bundesrat fordert daher für INTERREG eine Mittelausstattung im kommenden MFR, die mindestens jener der aktuellen Förderperiode entspricht.
- 76. Die Schwerpunktsetzung auf wirtschaftliche Zusammenarbeit und Innovation darf allerdings nicht dazu führen, dass andere wichtige Schwerpunktbereiche, die gerade angesichts der zunehmenden Spannungen innerhalb der EU von erheblicher Bedeutung für die Zukunft sind, in den Hintergrund treten. Dies betrifft insbesondere Projekte der Zusammenarbeit zwischen Bürgerinnen und Bürgern, Institutionen und Verwaltungen.
- 77. Der Bundesrat würdigt grundsätzlich die Anstrengungen der Kommission, bei den Regelungen für die Verwaltungs- und Kontrollsysteme und die Umsetzung von INTERREG künftig stärker dem mehrstaatlichen Charakter der INTERREG-Programme Rechnung zu tragen.
- 78. Er begrüßt, dass die Kommission dem EU-Recht klaren Vorrang gegenüber dem nationalen Recht einräumt, bedauert jedoch, dass sie sich nicht für eine alleinige Regelung auf der Basis des EU-Rechts ausgesprochen hat. Hiermit bleiben für die umsetzenden Behörden weiterhin Unsicherheiten bei der Programmimplementierung bestehen.
- 79. Außerdem bekräftigt der Bundesrat nachdrücklich seine Forderung, INTERREG vollständig von den Beihilferegelungen auszunehmen (vergleiche BR-Drucksache 543/17(B) ) und bittet die Kommission, ihre Vorschläge für die künftige INTERREG-Förderung diesbezüglich nachzubessern.
Wirtschaftspolitische Koordinierung, Konditionalität und nationale Kofinanzierung
- 80. Der Bundesrat unterstützt den im Vorschlag der Kommission zum Ausdruck kommenden Ansatz, notwendige Strukturreformen im Zusammenhang mit dem Europäischen Semester künftig stärker über positive Anreize als über Sanktionen zu befördern.
- 81. Er wiederholt seine Bedenken in Bezug auf die geplante stärkere Verknüpfung der ESI-Förderung mit der wirtschaftspolitischen Steuerung im Rahmen des Europäischen Semesters (vergleiche BR-Drucksache 521/16(B) und BR-Drucksache 543/17(B) ). Im Hinblick auf die in der Mitteilung enthaltene Aussage, dass künftig bei der Verknüpfung der Kohäsionspolitik mit dem Europäischen Semester der regionalen Komponente verstärkt Rechnung getragen werden soll, sieht der Bundesrat Erläuterungsbedarf. Dies darf jedenfalls nicht zu einer weiteren Erhöhung des Verwaltungs- und Berichtsaufwands für die ESI-Fonds führen.
- 82. Der Bundesrat weist auf die Inkonsistenz des Vorschlags einer engeren Verknüpfung zwischen dem EU-Haushalt und dem Europäischen Semester der wirtschaftspolitischen Koordinierung hin, da die Programme der Regionalpolitik auf eine langfristige Wirkung ausgerichtet sind und die eher kurzfristigen Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters mit der Förderung in der Regionalpolitik nicht unmittelbar zu verknüpfen sind.
- 83. Während sich die jährlichen länderspezifischen Empfehlungen an die Mitgliedstaaten richten, obliegt die Planung und Umsetzung der langfristig angelegten Programme der ESI-Fonds häufig den Regionen. Darüber hinaus können die ESI-Fonds die länderspezifischen Empfehlungen nur dann unterstützen, wenn ein sachlicher Zusammenhang mit den Inhalten der ESI-Fondsprogramme besteht.
- 84. Im Hinblick auf die Ankündigung der Kommission, die makroökonomischen Konditionalitäten als Fördervoraussetzung aufrechterhalten zu wollen, bekräftigt der Bundesrat erneut seine Ablehnung der makroökonomischen Konditionalitäten (vergleiche BR-Drucksache 521/16(B) und BR-Drucksache 543/17(B) ).
- 85. Der Bundesrat steht der vorgeschlagenen Anhebung der nationalen Kofinanzierung äußerst kritisch gegenüber. Er verweist darauf, dass die vorgeschlagene Absenkung der EU-Kofinanzierung insbesondere für die deutschen Übergangsregionen einen erheblichen Einschnitt darstellt und für die bestehenden Fördersysteme schwer verkraftbar sein wird. Der Bundesrat fordert die Kommission daher auf, Auffanglösungen für diese von überproportionalen Absenkungen betroffenen Regionen zu entwickeln. Gleichzeitig verweist er erneut darauf, dass die vorgeschlagenen hohen Anforderungen an die nationale Kofinanzierung in Regionen mit vergleichsweise niedriger Förderintensität dazu führen könnten, dass eine Förderung über die ESI-Fonds generell unattraktiv wird.
- 86. Er lehnt eine Erhöhung der nationalen Kofinanzierung über 50 Prozent ab und weist darauf hin, dass der bisherige Anteil der EU-Finanzierung mindestens gewährleistet werden muss. Nur so ist es möglich, die Programme als Teil der EU-Kohäsionspolitik mit geteilter Verantwortung effizient und effektiv durchzuführen. Die vorgeschlagene Absenkung des EU-Anteils würde das Kosten-Nutzen-Verhältnis verschlechtern, und der Verwaltungsaufwand würde in Zukunft eine attraktive Kohäsionspolitik als wichtigen Beitrag zur Stabilisierung der regionalen Wirtschaft gefährden.
Umsetzung der Programme und Vereinfachung
- 87. Der Bundesrat befürwortet ausdrücklich das verstärkte Zusammenwirken mit anderen Programmen, um die Effizienz der Maßnahmen in Zukunft deutlich zu erhöhen. Dies darf aber nicht zulasten der Unterstützungsangebote für den Mittelstand und für junge Unternehmen gehen. Im Hinblick auf die neu vorgeschlagenen Programme auf EU-Ebene ist es wichtig, die Kohärenz der Förderprogramme zu verbessern, da auch die zentral verwalteten europäischen Programme sich auf die Regionen und damit auf die Akteure vor Ort auswirken.
- 88. Der Bundesrat weist darauf hin, dass eine bessere Koordinierung der Förderinstrumente ohne zusätzlichen administrativen Aufwand möglich sein muss. Die verschiedenen Förderprogramme sollen ergänzende Möglichkeiten und eine bessere Handhabbarkeit für die Begünstigten bieten und nicht die Komplexität der Förderlandschaft weiter erhöhen.
- 89. Er fordert in diesem Zusammenhang die umfassende Vereinfachung der Regelungen zur Verwaltung der ESI-Fonds. Insbesondere ist eine tiefgehende Überprüfung und Reduzierung der europäischen Anforderungen an die Programmierung sowie an die Verwaltungs- und Kontrollsysteme zwingend. Ziel muss es sein, überschaubare Regularien zu schaffen. Es ist dabei sicherzustellen, dass bereits zum Beginn des Programmplanungszeitraums umfassende Rechtssicherheit über die zu beachtenden Regelungen geschaffen wird und diese nicht durch zahlreiche delegierte Verordnungen ergänzt werden, die den Start der einzelnen Programme behindern. Im Prüfsystem sollte zum Beispiel das "Single-Audit-Prinzip" gestärkt werden. Eine einmalige Kontrolle durch eine Prüfinstanz vor Ort reicht aus.
- 90. Der Bundesrat begrüßt eine starke Ergebnisorientierung in allen Bereichen der EU-Politiken, auch in der Kohäsionspolitik. Er weist jedoch darauf hin, dass eine ergebnis- statt kostenorientierte Ausrichtung vor allem bei innovativen Vorhaben zu Ziel- und Umsetzungskonflikten führen kann, da Ex-Ante- und Ex-Post-Ergebniswerte weniger konkret festgesetzt und bewertet werden können.
- 91. Der Bundesrat fordert Verhältnismäßigkeit im Monitoring der Ergebnisse. Die Aufwand-Nutzen-Relation des angewandten Indikatorensystems muss verbessert werden. Die Vereinfachung muss auch das Berichtswesen betreffen, um zukünftig unkompliziert mit wenigen, aussagekräftigen Indikatoren die Ergebnisse zu erfassen. Einfachere Nachweispflichten durch den Einsatz von Pauschalen sollen für Vereinfachung und Effizienz der Umsetzung sorgen. Grundsätzlich sollten sich die Prüfungen der EU verstärkt auf die Betrugs- und Korruptionsbekämpfung fokussieren. Das für diesen Zweck von der EU vorgeschlagene Instrument ARACHNE hält der Bundesrat allerdings nicht für geeignet.
- 92. Der Bundesrat weist ferner auf die erheblichen bürokratischen Auswirkungen der bisherigen sogenannten leistungsgebundenen Reserve hin. Die Leistungsreserve sollte aus Vereinfachungsgründen daher zukünftig entfallen.
- 93. Die Begleitevaluierung ist in der bestehenden Form überdimensioniert und muss auf ein sachgerechtes Maß zurückgeführt werden. Der Bundesrat betont, dass Evaluierungen nicht bereits kurz nach Anlauf der Förderprogramme durchgeführt werden sollen, um verwertbare Erkenntnisse aus der Evaluierung zu gewinnen.
- 94. Er begrüßt die Vorschläge der Kommission, eine Verringerung des Verwaltungsaufwands durch Synergieeffekte und eine Angleichung der Durchführungsvorschriften der Fonds zu erreichen. Auch das Ziel einer Differenzierung bei der Durchführung durch vereinfachte Verwaltungs- und Kontrollsysteme für Programme mit einer positiven Bilanz sowie die Möglichkeit auf bestehende Verwaltungs- und Kontrollsysteme zurückzugreifen, werden ausdrücklich unterstützt - dabei insbesondere der Verzicht auf die Notwendigkeit einer erneuten Designierung.
- 95. Der Bundesrat begrüßt deshalb, dass die Kommission die konsequente Umsetzung des "Single Audit"-Ansatzes vorschlägt. Er spricht sich dafür aus, diesen Ansatz auf alle Programme der geteilten Mittelverwaltung anzuwenden. Dies darf allerdings nicht dazu führen, dass die Anforderungen an die nationalen Prüfsysteme seitens der EU unverhältnismäßig erhöht werden.
- 96. Der Bundesrat unterstützt alle weitergehenden Ansätze für Vereinfachungen und weist darauf hin, dass ein Schwerpunkt darauf liegen sollte, die den Auditoren der Kommission obliegende Prüftiefe auf eine Vertretbarkeitskontrolle zu beschränken.
- 97. Er fordert mit Blick auf die Ankündigung der Kommission substanzielle Vereinfachungen und Verschlankungen der Vorschriften über staatliche Beihilfen.
- 98. Der Bundesrat begrüßt die vorgeschlagenen Ziele der Kohäsionspolitik, die die Regionen zukunftsfähiger machen und es allen Regionen ermöglichen soll, auf ihre jeweiligen Potenziale zu bauen und sie möglichst gut auszuschöpfen. Die Entscheidung über die Schwerpunkte der Interventionen soll aber den Regionen und Mitgliedstaaten überlassen werden, da diese am besten in der Lage sind, ihre Stärken zu stärken und ihre Schwächen auszugleichen. Eine generelle Verpflichtung zum Einsatz der Finanzinstrumente in der nächsten Förderperiode lehnt der Bundesrat ab.
- 99. Er begrüßt, dass die Kommission keinen verpflichtenden Mindestumfang für Finanzinstrumente vorgeschlagen hat. Die Sinnhaftigkeit einer Förderung mit Finanzinstrumenten ist immer vom Einzelfall abhängig. Die Entscheidung über die Finanzierungsart sollte der nationalen bzw. regionalen Ebene vorbehalten bleiben, um die Entscheidung über den Einsatz von Finanzinstrumenten in Abhängigkeit von mehreren spezifischen Faktoren (zum Beispiel Art der Projekte, allgemeine Wirtschaftslage, Zinsniveau) zu treffen.
Wirtschafts- und Währungsunion
- 100. Der Bundesrat begrüßt die Absicht der Kommission, die Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) zu stärken. Er weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Wettbewerbsfähigkeit der Mitgliedstaaten für die Stabilität der WWU von großer Bedeutung ist. Diese zu stärken und entsprechende Reformanreize zu setzen, muss Kernziel wirtschaftspolitischen Handelns bleiben.
- 101. Der Bundesrat nimmt zur Kenntnis, dass die Kommission der Durchführung von wachstumsfördernden Strukturreformen in den Mitgliedstaaten hohe Priorität einräumt.
- 102. Den Mehrwert des von der Kommission vorgeschlagenen Reformhilfeprogramms sieht der Bundesrat besonders in dem Instrument für technische Unterstützung, aus welchem reformwillige Mitgliedstaaten technischadministrative Unterstützung durch den "Structural Reform Support Service" der Kommission oder durch andere Anbieter technischer Unterstützung erhalten können. Hingegen ist die Notwendigkeit der vorgeschlagenen Mittel für das Reformumsetzungsinstrument in Höhe von 22 Milliarden Euro weder dem Grunde noch der Höhe nach ausreichend begründet.
- 103. Der Bundesrat ist besorgt, dass die starke Nachfrage nach Mitteln aus dem derzeit laufenden Programm für Strukturreformen auch auf Mitnahmeeffekten beruhen könnte, das heißt, dass Reformen finanziell unterstützt werden, die auch ohne das Programm durchgeführt worden wären. Das Programm sollte von Maßnahmen flankiert werden, die auf eine Minimierung von Mitnahmeeffekten abzielen.
- 104. Den Vorschlag zur Schaffung eines eigenständigen Reformumsetzungsinstruments für nationale Reformen zum Beispiel an den Produkt- und Arbeitsmärkten, Steuerreformen oder Bildungsreformen sieht der Bundesrat auch deswegen kritisch, weil davon auszugehen ist, dass die für diesen Fonds vorgesehen Mittel durch die vorgeschlagenen Einsparungen im Bereich der ESI-Fonds finanziert werden sollen. Strukturreformen können aber nur nachhaltig wirken, wenn sie vor Ort von gezielten strukturpolitischen Maßnahmen (Innovationsförderung, KMU-Förderung et cetera), wie sie die Kohäsionspolitik fördert, flankiert werden.
- 105. Der Bundesrat bekräftigt daher seine Forderung, dass in der folgenden Förderperiode die Finanzierung von Maßnahmen zur Unterstützung von Reformzusagen der Mitgliedstaaten nicht zu Lasten der in geteilter Mittelverwaltung umgesetzten ESI-Fonds und der damit einhergehenden regionalen Gestaltungsfreiheit bei der Programmierung der Mittel erfolgen darf (vergleiche BR-Drucksache 749/17(B) ).
- 106. Er nimmt den Vorschlag zur Europäischen Investitionsstabilisierungsfunktion zur Kenntnis.
In Menschen investieren, sozialer Zusammenhalt und Werte
- 107. Der Bundesrat nimmt auch zur Kenntnis, dass der ESF+ die Umsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte unterstützt und mit über 101 Milliarden Euro als wichtigstes EU-Instrument für Investitionen in das Humankapital fungieren soll. Dieser fasst die bisherigen Instrumente ESF, Beschäftigungsinitiative für junge Menschen, Europäischer Hilfsfonds für die am stärksten benachteiligten Personen, Europäisches Programm für Beschäftigung und soziale Innovation sowie EU-Gesundheitsprogramm zusammen. Der Bundesrat erwartet, dass auch der ESF+ von den Regionen gesteuerte und auf die spezifischen Bedarfe ausgerichtete Förderungen von Beschäftigung, Qualifizierung und sozialer Integration spürbar unterstützt.
- 108. Der Bundesrat begrüßt den Vorschlag der Kommission, das Programm Erasmus+ deutlich auszuweiten. Es steht außer Frage, dass das Programm seit seiner Einrichtung einen wichtigen Beitrag zur Erhöhung der Mobilität und zum Austausch zwischen Europäerinnen und Europäern geleistet hat. Der Bundesrat weist allerdings auch darauf hin, dass nach wie vor ein Ungleichgewicht bei der Beteiligung aus dem akademischen und dem nichtakademischen Kontext besteht. Die Ursachen hierfür sind vielfältig und können nicht durch die Anlage des Programms behoben werden. So sind Teile der Ausbildungssysteme, insbesondere im Bereich der beruflichen Ausbildung, sehr unterschiedlich. Bei der Ausrichtung des neuen Programms sollten deshalb auch Mittel für einen strukturierten Erfahrungsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten vorgesehen werden, der im Ergebnis europäische Mobilität erleichtert.
- 109. Er begrüßt, dass die Kommission mit der angestrebten Ausrichtung und Ausstattung des Europäischen Solidaritätskorps die bestehenden Unterstützungsinstrumente für ehrenamtliches Engagement und Freiwilligentätigkeit zusammenführen und substanziell stärken will. Zugleich betont er, dass dies nicht zu einer Vermischung von ehrenamtlichem Engagement und Freiwilligentätigkeit mit der Beschäftigung im sozialen Bereich führen darf.
- 110. Der Bundesrat nimmt zur Kenntnis, dass die Kommission in ihrem Vorschlag für die Bereiche Justiz, Rechte und Werte einen gemäßigten Aufwuchs, insbesondere im Bereich Rechte und Werte, vorsieht. Angesichts zunehmender populistischer und nationalistischer Tendenzen und der Auseinandersetzungen über die Einhaltung von Rechtsstaatlichkeit und Werte in einigen Mitgliedstaaten der EU wäre ein stärkeres Engagement der EU in diesen Bereichen unbedingt erforderlich und begrüßenswert.
- 111. Durch die weitere Zusammenfassung bislang bestehender spezifischer Programme zu den Themen Gleichstellung und Bekämpfung (sexualisierter) Gewalt (Daphne) geht die notwendige Transparenz verloren, in welchem Umfang Mittel für diese Ziele verwendet werden. Der Bundesrat bedauert sehr, dass beide Themen in dem künftigen Titel "Rechte und Werte" nicht mehr ausdrücklich benannt sind.
- 112. Der Bundesrat bedauert zudem, dass das bisherige Programm zur Förderung von bürgerschaftlichem Engagement ("Europa der Bürgerinnen und Bürger") keine Erwähnung findet. Er ist der Auffassung, dass die Ziele des Programms auch nach 2020 eine europäische Finanzierung erfordern. Sollte vorgesehen sein, dies im Programm Justiz, Rechte und Werte zu verwirklichen, wären die Mittel hierfür gegenüber dem Ansatz der Kommission zu erhöhen.
- 113. Dagegen begrüßt der Bundesrat, dass das Programm "Kreatives Europa" als eigenständiges Programm erhalten bleibt. Der Bundesrat begrüßt ebenfalls die vorgeschlagene Steigerung der Mittel dieses Programms.
IV. Natürliche Ressourcen und Umwelt
Allgemeines
- 114. Die Kommission hat sich zur Aufgabe gemacht, den Haushalt stärker an dem europäischen Mehrwert auszurichten, Ressourcen zu bündeln und damit Ergebnisse zu erzielen, die für die Mitgliedstaaten im Alleingang unerreichbar wären. Der Europäische Mehrwert als Kompass für die Verteilung von europäischen Mitteln wird ausdrücklich begrüßt. Eine intakte Umwelt, saubere Böden und Gewässer, der Schutz der Biodiversität sowie eine gute Luftqualität sind die Lebensgrundlage aller und in vielen Verordnungen und Fachpolitiken der EU als Ziel verankert. Die Erreichung dieser durch die EU festgesetzten Vorgaben ist anspruchsvoll und notwendig. Der Bundesrat spricht sich dafür aus, den europäischen Mehrwert auch als Richtschnur bei der Umweltfinanzierung und der Agrarpolitik anzuwenden.
Landwirtschaft und Meerespolitik
- 115. Der Bundesrat unterstützt, dass in der reformierten Agrarpolitik den Bereichen Umwelt und Klima ein höherer Stellenwert zukommen soll und die Kommission den Übergang zu einem nachhaltigeren Agrarsektor und zur Entwicklung dynamischer ländlicher Gebiete fördern will.
- 116. Der Bundesrat hat in diesem Zusammenhang jedoch Zweifel, ob die Vorschläge der Kommission zum künftigen Finanzrahmen geeignete Ansätze dafür darstellen, die Land- und Forstwirtschaft und den ländlichen Raum weiter angemessen zu unterstützen und dabei den bisherigen und auch neuen Herausforderungen wie Nahrungsmittelsicherheit, Belebung der ländlichen Räume, hohe Standards in der Agrarproduktion sowie Beiträge zum Klima- und Gewässerschutz oder zum Erhalt der Biodiversität gerecht zu werden und die europäischen Ziele im Umwelt-, Klima- und Naturschutz zu erreichen.
- 117. Er kritisiert insbesondere die unverhältnismäßigen Kürzungen in der zweiten Säule der GAP. Dieser Eingriff geht zu Lasten des ländlichen Raums und steht der von der Kommission angestrebten Stärkung von Umwelt- und Naturschutz sowie dem Beitrag zu den Klima- und Ressourcenschutzzielen der EU entgegen. Die neue GAP muss das nationale Ausbauziel des ökologischen Landbaus auf 20 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche sicher finanzieren können.
- 118. Der Bundesrat lehnt eine Anhebung der Kofinanzierungssätze für die zweite Säule der GAP ab. Er sieht, auch um einen Wettbewerb um die niedrigsten Umweltstandards zu vermeiden, die Notwendigkeit für europaweit einheitliche Mindeststandards im Bereich des Natur- und Umweltschutzes und hält es für erforderlich, dies auch bei der Programmgestaltung auf europäischer Ebene hinreichend zu berücksichtigen.
- 119. Bei der Beteiligung für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER/zweite Säule der GAP) steht der Bundesrat der vorgeschlagenen Absenkung der EU-Kofinanzierung äußerst kritisch gegenüber. Sie stellt insbesondere für die deutschen Förderregionen, die derzeit der Kategorie der Übergangsregionen zugeordnet sind, einen drastischen, für die bestehenden Fördersysteme kaum verkraftbaren Einschnitt dar. Vor diesem Hintergrund lehnt der Bundesrat die Abschaffung der Kategorie der Übergangsregionen im Rahmen des ELER nachdrücklich ab. Hilfsweise fordert er die Kommission auf, im Hinblick auf die Kofinanzierungssätze Übergangslösungen für die betroffenen Regionen zu erarbeiten. Gleichzeitig verweist er darauf, dass die vorgeschlagenen hohen Anforderungen an die nationale Kofinanzierung in Regionen mit vergleichsweise niedriger Förderintensität dazu führen könnten, dass eine Förderung über den ELER generell unattraktiv wird.
- 120. Der Bundesrat begrüßt, dass auch weiterhin die Übertragbarkeit der Mittel zwischen den beiden Säulen der GAP zulässig bleiben soll.
- 121. Er verweist auf seine Stellungnahme zum Reflexionspapier der Kommission über die Zukunft der EU-Finanzen (BR-Drucksache 543/17(B) ) und bekräftigt seine Forderung nach einer finanziell gut ausgestatteten und vereinfachten GAP.
- 122. Insbesondere die Umsetzung des neuen Leistungsmodells auf der Grundlage von Wirkungs- bzw. Ergebnis- und Outputindikatoren darf nicht zu einer überbordenden Bürokratie führen und muss ausreichend nationale bzw. regionale Flexibilität ermöglichen. Die föderale Struktur Deutschlands muss auch in einem "New deliverymodel" Berücksichtigung finden.
- 123. Der Bundesrat betont, dass die neuen Umsetzungsstrukturen nicht dazu führen dürfen, dass die Förderung aus dem ELER auf nationaler Ebene zentralisiert wird und regionale Gestaltungsspielräume verloren gehen. Die Programmierung des regionalen ELER-Mitteleinsatzes muss weiterhin den Ländern überlassen bleiben. Der neu vorgesehene GAP-Strategieplan auf Bundesebene anstelle einzelner Entwicklungspläne der jeweiligen Länder widerspricht der föderalen Verfassung Deutschlands. Eine damit zwangsläufig verbundene weitere Verwaltungsebene beim Bund zur Umsetzung der GAP parallel zu den schon bestehenden Verwaltungsstrukturen in den Ländern muss vermieden werden. Der Bundesrat fordert die Kommission auf, sicherzustellen, dass fondsübergreifende Förderansätze zwischen ELER, EFRE und ESF möglich bleiben und der regionalen Zusammenarbeit zwischen diesen Fonds keine zusätzlichen regulatorischen oder bürokratischen Hindernisse in den Weg gestellt werden. Dem Partnerschaftsprinzip beim ELER muss weiterhin auch auf regionaler Ebene Rechnung getragen werden. Dies erfordert insbesondere die Möglichkeit, die regionalen Begleitausschüsse fortzuführen.
- 124. Bei der Umsetzung des Ziels, die Verteilung der Direktzahlungen an Landwirte ausgewogener zu gestalten, benötigen die Mitgliedstaaten einen angemessenen Spielraum, um die agrarstrukturelle Vielfalt und Beschäftigungsverhältnisse im ländlichen Raum genügend berücksichtigen zu können. Der Mittelplafonds und die Entscheidung zu Degression oder zur Umverteilung von Direktzahlungen auf Grund der Obergrenzen müssen in den Mitgliedstaaten bzw. Regionen verbleiben.
- 125. Der Bundesrat lehnt EU-weite Vorgaben für verbindliche Obergrenzen pro Betrieb ab.
- 126. In diesem Zusammenhang verweist der Bundesrat auf die beihilferechtlichen Regelungen, welche auch weiterhin mit den Vorschriften der GAP im Gleichklang stehen müssen und mit etwaigen Kofinanzierungen oder nationalen Ausgleichsprogrammen anzuwenden sind und in der Folge insgesamt hohe wirtschaftliche Benachteiligungen auch aufgrund heterogener Betriebsstrukturen zur Folge hätten.
- 127. Der Austritt des Vereinigten Königreiches aus der EU stellt die Fischerei in den nächsten Jahren vor besondere Herausforderungen. Deshalb ist es zu begrüßen, dass der MFR den Europäischen Meeres- und Fischerfonds (EMFF) finanziell adäquat ausstatten möchte. Es wird kritisch zu beobachten sein, welcher Anteil dieser Mittel tatsächlich für das zentrale Ziel der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Fischerei und Fischwirtschaft einschließlich der Aquakultur verwendet werden kann.
- 128. Davon wird der Erfolg des EMFF für den Fischereisektor maßgeblich abhängen. Es ist zwingend notwendig, die überbordenden bürokratischen Hürden der gegenwärtigen Förderperiode abzubauen. Gleichzeitig wird eine Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit des Fischereisektors nur bei einer stärkeren Regionalisierung der Betrachtungsweise gelingen können. Die Wettbewerbsfähigkeit etlicher Flottensegmente wie beispielsweise der deutschen Krabbenfischerei lässt sich nur durch eine maßgebliche Verjüngung der Flotte erhalten. Deshalb ist es erforderlich, in denjenigen Meeresgebieten und Flottensegmenten, in denen bereits ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Flottengröße und den Fangmöglichkeiten besteht, auch die Förderung von Neubauten zu ermöglichen.
- 129. Die Aquakultur in Deutschland leistet einen wertvollen Beitrag, den Selbstversorgungsgrad an Fisch zu erhöhen. Hohe Umwelt- und Tierschutzstandards garantieren eine nachhaltige Produktion hochwertiger Lebensmittel, stellen aber für die Wettbewerbsfähigkeit der Aquakultur am Standort Deutschland eine große Herausforderung dar. Deshalb ist die Förderung der Aquakulturunternehmen für den Erhalt und den weiteren Ausbau dieser Branche essenziell.
- 130. Die Umweltleistungen, die die im Regelfall sehr extensiv und naturnah wirtschaftenden Teichwirtschaften erbringen, dienen dem Erhalt historischer Kulturlandschaften, wertvoller Ökosysteme und geschützter Arten und müssen unbürokratisch honoriert werden. Hier sind in der künftigen Ausrichtung des EMFF Wege zu finden, die den jetzigen Kontrollaufwand auf ein Minimum reduzieren, den hohen Anteil der Verwaltungskosten senken und Teichwirten einen leichten Zugang zur Förderung ermöglichen. Des Weiteren ist die Förderung regionaler Entwicklungsstrategien und lokaler Vermarktungsstrategien wichtig, um den Anliegen von Nachhaltigkeit und der Kreislaufwirtschaft folgend die Vorzüglichkeit des heimischen Fisches herauszustellen.
Umwelt- und Klimaschutz
- 131. Der Bundesrat begrüßt es, dass die Kommission mit dem künftigen EU-Haushalt ihren internationalen Verpflichtungen im Bereich Klimaschutz und Biodiversität gerecht werden will. Er teilt die Auffassung, dass größerer Ehrgeiz bei Umwelt und Klimaschutz erforderlich ist.
- 132. Hinsichtlich der Anhebung der Quote für die klimaschutzrelevanten EU-Ausgaben von 20 Prozent auf 25 Prozent weist er allerdings darauf hin, dass starre Quotenregelungen die Verwendungsbreite der Haushaltsmittel einschränken können, was zum Beispiel im Bereich der Förderung von Regionalentwicklung nicht immer sachgerecht ist.
- 133. Der Bundesrat unterstützt die vorgeschlagene Fortführung und Stärkung des Programms für Umwelt und Klimapolitik (LIFE). Verbesserte Rahmenbedingungen für Synergien zwischen LIFE und der Kohäsionspolitik bzw. der GAP sind wünschenswert. Er begrüßt auch die Ausweitung des Programms auf den Handlungsbereich Energiewende: Für Regionen, die vor Strukturwandelprozessen stehen, die durch die Energiewende verursacht sind, bedarf es eines fairen Lastenausgleichs durch Unterstützung bei dem Kapazitätsaufbau, den Investitionstätigkeiten, der Innovationsförderung und der Politikumsetzung.
- 134. Der Bundesrat begrüßt die Erhöhung der Förderung für die Mittel für LIFE ausdrücklich und erkennt an, dass die Kommission hier ein wichtiges Zeichen setzt. Er sieht die Ausweitung des LIFE-Programms auf den Handlungsbereich Energiewende dann positiv, wenn dadurch dringend benötigte Finanzierungsmittel für Umwelt- und Naturschutz nicht verringert werden. Der Bundesrat weist darauf hin, dass das LIFE-Programm auf die modellhafte Entwicklung und Anwendung von innovativen Lösungen abzielt. Dies kann weder im Umfang noch in der Zielerreichung einen Rückgang der Förderung von bzw. eine eigentlich erforderliche Aufstockung von Mitteln für Agrarumweltmaßnahmen (AUKM) kompensieren. Für eine nachhaltige Sicherung der LIFE-Maßnahmen sind entsprechend ausgelegte und finanziell auskömmlich ausgestatte AUKM unverzichtbar. Verbesserte Rahmenbedingungen für Synergien zwischen LIFE und der Kohäsionspolitik bzw. der GAP sind wünschenswert.
- 135. Der Bundesrat unterstützt die Zielsetzung der Kommission, kleinere und mittlere Betriebe zu stärken und damit eine vielfältige Agrarstruktur zu ermöglichen.
- 136. Er begrüßt das Vorhaben der Kommission, für die Einbeziehung von Klimabelangen in alle EU-Programme noch ehrgeizigere Ziele zu setzen und vorzusehen, dass jeder vierte Euro der EU-Ausgaben zur Verwirklichung der Klimaziele beitragen soll. Er weist gleichzeitig darauf hin, dass hierzu eine klimaschutzwirksame Mittelverwendung unbedingt sichergestellt werden muss und eine höhere Kohärenz der verschiedenen Politikbereiche erforderlich ist. Es ist sicherzustellen, dass neben Maßnahmen der CO₂-Minderung auch Maßnahmen zur Klimafolgenanpassung unterstützt werden.
V. Migration und Grenzmanagement
Migration
- 137. Aus Sicht des Bundesrates ist es richtig und wichtig, dass die Kommission bei ihrem Vorschlag für den neuen MFR ein großes Augenmerk auf den Bereich Migration richtet. Eine wirksame, verantwortliche und nachhaltige Migrations-, Integrations- und Rückkehrpolitik bedarf der Zusammenarbeit und Solidarität aller Mitgliedstaaten.
- 138. Die Zuweisung der Mittel für diese Aufgaben muss dem seit den Migrati-onsbewegungen von 2015/16 hohen Migrationsdruck und der Aufnahmeleistung der einzelnen Mitgliedstaaten Rechnung tragen, insbesondere auch im Hinblick auf entsprechend erhöhte Bedarfe im Bereich berufliche Qualifizierung und Integration in den Arbeitsmarkt.
- 139. Die vorgeschlagene Aufstockung des Asyl- und Migrationsfonds greift allerdings insbesondere verglichen mit der Höhe der für das Grenzmanagement geplanten Ausgaben zu kurz. Aus Sicht des Bundesrates ist darauf hinzuwirken, dass ausreichend Mittel für die Integration von Migrantinnen und Migranten in den Mitgliedstaaten, die sich dieser gemeinsamen europäischen Aufgabe stellen, zur Verfügung gestellt werden. Die Länder dürfen beim Vollzug der Programme des Asyl- und Migrationsfonds nicht mit zusätzlichem Verwaltungsaufwand belastet werden.
Grenzmanagement
- 140. Der Bundesrat begrüßt die von der Kommission vorgeschlagene deutliche Aufstockung der Finanzmittel für den Bereich Grenzmanagement. Die Einrichtung des neuen Fonds für integriertes Grenzmanagement erachtet er daher als konsequenten und wichtigen Schritt, um den für die Wahrung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts essenziellen Schutz der EU-Außengrenzen zu gewährleisten und den aktuellen Herausforderungen zu begegnen. Der finanzielle Bedarf der Agentur Europäische Grenz- und Küstenwache steigt insbesondere durch die weitere Implementierung der neuen Frontex-Verordnung sowie die mögliche Weiterentwicklung zu einer europäischen Grenzschutzpolizei.
- 141. Vor dem Hintergrund, dass die für eine erfolgreiche Arbeit im Rahmen des gemeinsamen europäischen Asylsystems sowie für ein wirksames Grenzmanagement verantwortlichen Agenturen EASO, euLISA und FRONTEX einen großen Aufgabenzuwachs erhalten haben, ist aus Sicht des Bundesrates auch eine Mittelaufstockung hierfür plausibel und richtig.
VI. Sicherheit und Verteidigung sowie Krisenreaktion
Sicherheit
- 142. Aus Sicht des Bundesrates erscheint es vor dem Hintergrund der Zunahme von Sicherheitsbedrohungen in Europa angemessen, für die gemeinsame Bekämpfung von Terrorismus und Radikalisierung, organisiertem Verbrechen und Cyberkriminalität sowie für die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten mehr finanzielle Mittel als bisher vorzusehen und diese Aufgaben durch passende Finanzierungsinstrumente umzusetzen. Hierbei ist jedoch darauf zu achten, dass dies nicht zu Mehrausgaben der Länder führt.
Verteidigung
- 143. Der Bundesrat verweist auf seine Stellungnahme vom 15. Dezember 2017 (vergleiche BR-Drucksache 543/17(B) ) hinsichtlich der Notwendigkeit der Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Verteidigung und der Übernahme von Verantwortung für die eigene Sicherheit. Darin wird die Notwendigkeit bekräftigt, Dopplungen zwischen den Mitgliedstaaten zu vermeiden und die Interoperabilität ihrer Verteidigungsgüter sicherzustellen, um die angestrebten Ziele kostengünstig und effizient zu erreichen.
- 144. Er nimmt außerdem die vorgesehenen Mittel für die militärische Mobilität zur Kenntnis. In diesem Zusammenhang betont er, dass durch geeignete Verfahren sichergestellt werden muss, dass ebendiese Mittel, die der "Connecting Europe Facility" zugeordnet werden, sowohl ziviler als auch militärischer Nutzung dienen können.
Krisenreaktion
- 145. In Bezug auf die Vorschläge der Kommission zum Katastrophenschutzverfahren verweist der Bundesrat auf seine Stellungnahme vom 2. März 2018 (vergleiche BR-Drucksache 756/17(B) ), wonach das geplante neue Katastrophenschutzverfahren mit rescEU-Einheiten nicht notwendig ist. Eine eigene operative Zuständigkeit der Union in diesem Zusammenhang besteht nicht und darf durch den Beschlussvorschlag der Kommission auch nicht neu eingeführt werden. Sämtliche legislativen Maßnahmen und damit verbundene Ermächtigungen für die Kommission und zusätzliche Verpflichtungen der Mitgliedstaaten müssen daher unter besonderer Berücksichtigung des Subsidiaritätsprinzips erfolgen. Vor diesem Hintergrund lehnt der Bundesrat die in der Mitteilung zum MFR vorgesehene Mittelaufstockung für rescEU-Einheiten als zentrale europäische Ressourcen ab. Die im Finanzrahmen geschaffenen Ansätze dürfen insofern kein Präjudiz für den Aufbau derartiger Kapazitäten sein. Die unterstützenden Bemühungen der Kommission für eine verbesserte finanzielle Ausstattung und Aufstockung der Bewältigungskapazitäten im Rahmen des Europäischen Katastrophenschutz-Pools und der nach Artikel 11 des Beschlusses Nr. 1212/2013/EU in dem Pool integrierten rescEU-Ressourcen, auch zur staatenübergreifenden Hilfe, werden indes anerkannt. Eine Anhebung des Finanzrahmens für die Ko-Finanzierung der Einheiten nach Artikel 11 des Beschlusses Nr. 1212/2013/EU ist, unter Zurückstellung der Erwägungen zu den Verhandlungsansätzen zwischen der Kommission, den Mitgliedstaaten und der Vermittlung der bulgarischen Ratspräsidentschaft, nachvollziehbar.
- 146. Der Bundesrat weist darauf hin, dass hinsichtlich der Planungen im Katastrophenschutz keine Controlling-Kompetenz der Kommission gegenüber den Mitgliedstaaten besteht, die eine Sanktionierung im Sinne einer Exante-Konditionalität in Bezug auf die Mittel aus den ESI-Fonds erlauben würde. Dort, wo Mittel für die Katastrophenprävention eingesetzt werden sollen, würde sich eine Mittelkürzung wegen von der Kommission als unzureichend eingestuftem Risikomanagement kontraproduktiv auswirken. Gleichzeitig würde die angedachte Regulierung der Vergabe der ESIF-Mittel die Komplexität und damit die Verwaltungslast erheblich erhöhen.
VII. Nachbarschaft und die Welt
- 147. Der Bundesrat nimmt zur Kenntnis, dass die Kommission vorschlägt, die meisten Instrumente des auswärtigen Handelns zu einem Instrument für Nachbarschaft, Entwicklung und internationale Zusammenarbeit zusammenzufassen. Er teilt das Ziel der Kommission, eine größere Kohärenz herzustellen und Synergieeffekte zu schaffen, insbesondere durch eine enge Verknüpfung zwischen Außen-, Sicherheits-, Klima-, Migrations- und Entwicklungspolitik.
- 148. Er weist weiter darauf hin, dass vordringliches Ziel der europäischen Entwicklungszusammenarbeit nach Artikel 208 Absatz 1 Satz 3 AEUV die Bekämpfung und Beseitigung der Armut ist. Er hält ferner an seiner Einschätzung aus der Stellungnahme vom 15. Dezember 2017 zu den Reflexionspapieren der Kommission (vergleiche BR-Drucksache 543/17(B) ) fest, wonach die Bekämpfung der strukturellen Ursachen von Armut und wachsender globaler Ungleichheit auch zur Reduzierung von Fluchtursachen beitragen kann. Entwicklungszusammenarbeit darf jedoch schon aufgrund der primärrechtlich vorgegebenen Zielsetzung nicht in erster Linie zu einem Instrument der Migrationspolitik werden. Es ist daher sicherzustellen, dass auch zukünftig die Eigenständigkeit der Zielsetzung und die notwendige Mittelausstattung der Entwicklungszusammenarbeit der EU erhalten bleiben.
- 149. Der Bundesrat begrüßt, dass aufbauend auf der Investitionsoffensive für Drittstaaten und dem Europäischen Fonds für nachhaltige Entwicklung weiterhin zusätzliche, auch private Mittel, mobilisiert werden sollen. Er weist aber darauf hin, dass neben Garantien und Darlehen nach wie vor auch Zuschüsse unabdingbar sind, wenn die Entwicklung in den Partnerstaaten nachhaltig gefördert werden soll. Dies gilt insbesondere dann, wenn es darum geht, grundlegende staatliche Dienstleistungen wie Schulbildung, berufliche Bildung und Gesundheit zu verbessern sowie Rechtsstaatlichkeit und Institutionenaufbau voranzutreiben.
- 150. Grundsätzlich begrüßt der Bundesrat die Integration des Europäischen Entwicklungsfonds in den Haushalt der EU. Dieser Schritt dient der Haushaltstransparenz und kann die Politikkohärenz fördern. Der Bundesrat gibt jedoch zu bedenken, dass das Vereinigte Königreich bisher einen wesentlichen Anteil zum Europäischen Entwicklungsfonds leistet. Eine Neuordnung, die eine finanzielle Beteiligung von Staaten, die nicht der EU angehören, zukünftig unmöglich macht, ist abzulehnen.
- 151. Der Bundesrat unterstreicht die Bedeutung von dezentraler Entwicklungszusammenarbeit auf regionaler und kommunaler Ebene, gerade im Hinblick auf den Erfahrungsaustausch zwischen subnationalen Akteuren und der Umsetzung der Agenda 2030, und mit Blick auf die stärkere Rückbindung an die entwicklungspolitisch engagierte Zivilgesellschaft in den Mitgliedstaaten. Er bittet die Kommission, bei der konkreten Ausgestaltung der auswärtigen Politik ab 2021 die Möglichkeiten der dezentralen Entwicklungszusammenarbeit verstärkt durch entsprechende Programme zu fördern.
VIII. Europäische öffentliche Verwaltung
- 152. Er begrüßt die Bestrebungen der Kommission, die Arbeit der europäischen öffentlichen Verwaltung so effizient wie möglich zu organisieren, sowie ihr Bemühen nach einer maximalen Nutzung von Synergie- und Effizienzgewinnen. Er stellt jedoch fest, dass die Ausgaben für Verwaltung im Vergleich zum laufenden MFR eine verhältnismäßig hohe Steigerung darstellen. Der Bundesrat verweist in diesem Zusammenhang auf die von der Kommission in Aussicht gestellten Vereinfachungen der Verwaltungs- und Kontrollsysteme insbesondere bei den Instrumenten der geteilten Mittelverwaltung. Diese sollten ihrerseits für eine Verringerung des Verwaltungsaufwands innerhalb der Kommission sorgen und Einsparungen ermöglichen.
IX. Verfahren
- 153. Im Übrigen wird auf den Beschluss des Bundesrates vom 15. Dezember 2017 zu den Reflexionspapieren der Kommission insbesondere über die Zukunft der EU-Finanzen (vergleiche BR-Drucksache 543/17(B) ) verwiesen.
- 154. Die Bundesregierung wird gebeten, die Länder auf Fachebene an den anstehenden Beratungen auf europäischer Ebene zu beteiligen und bei einer Benennung einer/eines Beauftragten des Bundesrates für die entsprechenden EU-Gremien zu unterstützen.
X. Direktzuleitung der Stellungnahme
- 155. Der Bundesrat übermittelt diese Stellungnahme direkt an die Kommission.