Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über die Umsetzung des Pakets zur Kreislaufwirtschaft: Optionen zur Regelung der Schnittstelle zwischen Chemikalien-, Produkt- und Abfallrecht - COM (2018) 32 final

Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.

Hinweis: vgl.
Drucksache 062/04 (PDF) = AE-Nr. 040237,
Drucksache 004/06 (PDF) = AE-Nr. 060063,
Drucksache 473/07 (PDF) = AE-Nr. 070578,
Drucksache 597/15 (PDF) = AE-Nr. 150856,
Drucksache 598/15 (PDF) = AE-Nr. 150857,
Drucksache 599/15 (PDF) = AE-Nr. 150858,
Drucksache 600/15 (PDF) = AE-Nr. 150859 Europäische Kommission

Straßburg, den 16.1.2018 COM (2018) 32 final Mitteilung der Kommission an Das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über die Umsetzung des Pakets zur Kreislaufwirtschaft:

Optionen zur Regelung der Schnittstelle zwischen Chemikalien-, Produkt- und Abfallrecht (Text von Bedeutung für den EWR)

{SWD(2018) 20 final}

Mitteilung der Kommission an Das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über die Umsetzung des Pakets zur Kreislaufwirtschaft: Optionen zur Regelung der Schnittstelle zwischen Chemikalien-, Produkt- und Abfallrecht (Text von Bedeutung für den EWR)

1. Einleitung

Im Dezember 2015 hat die Europäische Kommission ein ehrgeiziges Paket zur Kreislaufwirtschaft angenommen, das Unternehmen und Verbrauchern in der EU den Übergang zu einer stabileren und stärker kreislauforientierten Wirtschaft erleichtern soll, in der Ressourcen nachhaltiger genutzt werden.

Die vorgeschlagenen Maßnahmen haben dazu beigetragen, den Kreislauf der Produktlebenszyklen zugunsten der Umwelt und der Wirtschaft zu schließen, indem mehr Produkte recycelt und wiederverwendet werden. Angestrebt wird, eine maximale Wertschöpfung zu erreichen und alle Rohstoffe, Produkte und Abfälle optimal zu nutzen, um Energieeinsparungen zu fördern und Treibhausgasemissionen zu reduzieren.

Recycling und Wiederverwendung können durch bestimmte chemische Inhaltsstoffe behindert werden. Einige dieser Stoffe sind möglicherweise nur ein technisches Recyclinghindernis. Denn selbst ein harmloser Stoff, der beispielsweise einen ausgeprägten Geruch aufweist, könnte das Recyclat in bestimmten Fällen unbrauchbar machen1. Andere chemische Stoffe sind für Mensch oder Umwelt gefährlich. Immer mehr dieser Stoffe werden bekannt und beschränkt oder verboten. Sie können sich in - mitunter langlebigen - Produkten wiederfinden, die verkauft wurden, bevor die Beschränkungen in Kraft traten, weshalb Recyclingströme bisweilen verbotene Chemikalien enthalten. Das Ermitteln bzw. Entfernen solcher Stoffe kann kostspielig sein und vor allem für kleine Recyclingunternehmen ein Hindernis darstellen. In dieser Mitteilung werden diese unterschiedlichen Arten chemischer Stoffe als "besorgniserregende Stoffe" bezeichnet.

Diese Mitteilung und die zugehörige Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen sind das Ergebnis einer bereichsübergreifenden Zusammenarbeit zwischen Sachverständigen für verschiedene Rechtsbereiche. Zwischen dem 12. April und dem 7. Juli 2017 wurde außerdem eine umfassende und gezielte Konsultation der Interessenträger durchgeführt, in deren Zuge Beiträge von über 100 Sachverständigen eingingen.

Diese Mitteilung analysiert die vier kritischsten Probleme, die an der Schnittstelle zwischen Chemikalien-, Produkt- und Abfallrecht identifiziert wurden, und inwieweit diese die Entwicklung einer Kreislaufwirtschaft behindern. Auf dieser Grundlage werden auch bestimmte zentrale Fragen darüber gestellt, wie diese Probleme gelöst werden können, und es werden die Maßnahmen vorgestellt, die die Kommission diesbezüglich schon jetzt in Angriff nehmen wird. In der Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen zu dieser Mitteilung haben die Kommissionsdienststellen die rechtlichen und technischen Herausforderungen, die zur Sprache gebracht werden müssen, einer eingehenderen Analyse unterzogen und Lösungsmöglichkeiten vorgeschlagen.

2. WAS WIRD ANGESTREBT?

Gemäß dem Aktionsplan zur Kreislaufwirtschaft sollen die beiden folgenden Ziele erreicht werden:

Diese beiden Ziele - von denen das erste aus der Abfall- und das zweite aus der Chemikalienpolitik herrührt - wurden oftmals als widersprüchlich wahrgenommen und haben zu Behauptungen geführt, wonach der eine Politikbereich die Verwirklichung der Ziele des jeweils anderen behindert.

Ziel dieser Mitteilung ist es, in der Union eine breit angelegte Debatte darüber zu fördern, wie die wichtigsten Probleme an der Schnittstelle zwischen Chemikalien-, Produkt- und Abfallrecht zufriedenstellend angegangen werden können. Dabei muss berücksichtigt werden, dass in diesem Politikbereich spezifische - häufig regionale oder gar lokale - Umstände eine wichtige Rolle spielen.

Angestrebt werden Lösungen, die bei den beteiligten Interessenträgern breite Unterstützung finden und die auf der richtigen Ebene realisiert werden. Nicht alle Probleme erfordern zwangsläufig Maßnahmen auf EU-Ebene, wenn nationale oder regionale Lösungen zu besseren Ergebnisse führen.

3. VIER Probleme

Auf dem offenen, wettbewerbsorientierten EU-Markt stellen Unternehmen ihre Produkte mit Materialien her, die sie für ihre Zwecke für optimal halten. Wurde Abfall behandelt, um dem Markt als neues Material wieder zugeführt zu werden, stehen diese verwerteten Materialien in direkter Konkurrenz zu Primärrohstoffen. Die Wettbewerbsposition eines verwerteten Materials auf dem Markt ist demnach am stärksten, wenn er dem Primärrohstoff leistungs-und qualitätsbezogen am ähnlichsten ist. Auf diese Weise kann das verwertete Material vielseitiger verwendet werden.

Verwertete Materialien, die besorgniserregende Stoffe enthalten, werden möglicherweise nicht verwendet, da sie dem Image des Produktes, das das Material enthält, schaden könnten. Möglicherweise dürfen diese Materialien in bestimmten Fällen auch nicht wiederverwendet werden, beispielsweise für die Herstellung neuer Lebensmittelkontaktmaterialien.

Um die Erfolgsposition der Union durch maximales Recycling und minimale Verwendung von Primärrohstoffen zu stärken, wurden das geltende Abfall-, Chemikalien- und Produktrecht der EU eingehend analysiert, und an der Schnittstelle zwischen diesen Rechtsbereichen wurden im Wesentlichen vier zentrale Probleme identifiziert.

3.1. Informationen über besorgniserregende Stoffe stehen Unternehmen, die Abfälle behandeln und für die Verwertung vorbereiten, nicht ohne Weiteres zur Verfügung.

Abfall besteht häufig aus vermischten Produkten, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten hergestellt wurden und unterschiedliche Produktnormen erfüllen. Oft haben Abfallbehandlungsunternehmen keinerlei Zugang zu Informationen über die Zusammensetzung der weggeworfenen Produkte, die sie behandeln, weil Angaben entweder nicht existieren oder zu dem Zeitpunkt, an dem das Produkt zu Abfall wird, nicht verfügbar sind. Zudem können Materialien entlang ihres Lebenswegs auch unabsichtlich kontaminiert werden.

Beispiel: Die Papierindustrie bemüht sich um die Sicherheit und Recyclingfähigkeit ihres Produktes. Bei der Verarbeitung des Papiers zu Druckerzeugnissen können Druckfarben und anderen Materialien beigemischt werden. In der derzeitigen Rechtslage haben Papierrecyclingmühlen keinen ausreichenden Zugang zu Informationen über Chemikalien, die in vorangegangenen Produktlebenszyklen zugefügt wurden. Dies behindert das Recycling von Papier und führt zu höheren Kosten aufgrund der erforderlichen zusätzlichen Kontrollen und Prüfungen2. In jüngster Zeit hat es Fälle gegeben, in denen Tintenrückstände und Mineralöle in Verpackungsmaterial aus recyceltem Papier und Karton in Lebensmittel übergegangen sind3.

Außerdem haben Studien der Mitgliedstaaten über Elektro- und Elektronik-Altgeräte ergeben, dass die EU-rechtlich vorgeschriebenen Informationen nur in seltenen Fällen an die Abfallbehandlungsanlagen weitergeleitet oder diesen zugänglich gemacht werden4.

3.1.1. Ziel

Es muss sichergestellt werden, dass allen Akteuren entlang der Lieferkette und letztlich auch den Abfallunternehmen angemessene Informationen über besorgniserregende Stoffe in Produkten zugänglich sind. Dies würde schadstofffreie Materialkreisläufe fördern und auch dazu beitragen, das Risikomanagement chemischer Stoffe bei Reparaturen und anderen Formen der Wiederverwendung und bei der Abfallverwertung zu verbessern.

3.1.2. Geplante Maßnahmen

Zeitgleich zu dieser Konsultation soll die Faktengrundlage verbessert werden, indem eine repräsentative Sektoren betreffende Durchführbarkeitsstudie über die Anwendung verschiedener Informationssysteme, innovativer Nachweistechnologien und -strategien in Auftrag gegeben wird, die relevante Informationsflüsse entlang den Produktlieferketten ermöglichen könnte, die auch Recyclingunternehmen erreichen. Die Ergebnisse dieser Studie werden für Ende 2019 erwartet. Andere geplante Maßnahmen betreffen die Entwicklung von Arbeitsverfahren, die gewährleisten, dass importierte Produkte keine Stoffe enthalten, die der EU für die Produktherstellung nicht zugelassen sind, sowie von vereinfachten Verfahren für die Beschränkung von CMR5-Stoffen in Verbraucherartikeln.

Fragen:

Welchen Mehrwert hätte die Einführung eines verbindlichen EU-Informationssystems, über das Abfallbewirtschaftungs- und Abfallverwertungsunternehmen über besorgniserregende Stoffe informiert würden?

Wie sollte bei Waren vorgegangen werden, die in die Union eingeführt werden?

3.2. Abfälle können Stoffe enthalten, die in neuen Produkten nicht mehr zulässig sind.

Ständig werden neue Chemikalien auf den Markt gebracht, während andere verboten werden, sobald sich herausstellt, dass sie ein Risiko darstellen. Mit anderen Worten, Produkte, die heute legal hergestellt werden, können einen Stoff enthalten, der zu einem späteren Zeitpunkt möglicherweise verboten wird. Wird das Produkt zu Abfall und anschließend verwertet, kann sich der verbotene Stoff im verwerteten Material wiederfinden. Diese Problematik ist unter dem Begriff "Altlast" bekannt.

Beispiel: Es gibt zahlreiche Beispiele für "Altlast"-Probleme. So wurden Berichten zufolge in recycelten Kunststoffprodukten, z.B. Spielzeug und Küchengeräten, bestimmte bromierte persistente, bioakkumulierbare und toxische Flammschutzmittel nachgewiesen6. Weiterer Fall: Die Verwendung bestimmter PVC-Inhaltsstoffe, die dem Produkt ursprünglich als Weichmacher zugesetzt wurden, ist mittlerweile geregelt, d.h. PVC-Recyclate, die diese Stoffe in über bestimmte Grenzwerte hinausgehenden Mengen enthalten, dürfen in der EU weder verwendet noch in Verkehr gebracht werden.

3.2.1. Ziel

Recycling muss leichter und die Verwendung von Sekundärrohstoffen besser werden, indem wir schadstofffreie Materialkreisläufe fördern. Zudem müssen bei Entscheidungen über etwaige Chemikalienbeschränkungen und Ausnahmen von derartigen Beschränkungen deren Folgen für das künftige Recycling und die Wiederverwendung von Produkten stärker berücksichtigt werden.

3.2.2. Geplante Maßnahmen

Da das Problem der "Altlasten" die Kreislaufwirtschaft auch weiterhin behindern wird, wird auf die Entwicklung einer spezifischen Entscheidungsmethode hingearbeitet, die Entscheidungen über die Recyclingfähigkeit von Abfällen mit besorgniserregenden Inhaltsstoffen erleichtern soll. Diese Methode wird die Gesamtkosten/Gesamtnutzen des Recycelns eines Materials im Vergleich zu dessen Entsorgung (einschließlich Verbrennung mit Energierückgewinnung) berücksichtigen. Die diesbezüglichen Arbeiten dürften bis Mitte 2019 abgeschlossen sein.

Mit Blick auf das Risikomanagement besorgniserregender Stoffe wird auch die Erarbeitung von Leitlinien für erforderlich gehalten, damit sichergestellt ist, dass das Problem besorgniserregender Stoffe in verwerteten Materialien in der Anfangsphase der Vorbereitung von Vorschlägen besser geregelt wird.

Und schließlich wird auch der Erlass von Durchführungsvorschriften in Betracht gezogen, um die Inanspruchnahme der existierenden Möglichkeit, von der REACH-Registrierungspflicht für verwertete Stoffe abzuweichen, wirksam kontrollieren zu können.

Fragen:

Wie lässt es sich miteinander vereinbaren, dass Abfall eine Ressource ist, die recycelt werden sollte, jedoch gleichzeitig sichergestellt werden muss, dass Abfälle mit besorgniserregenden Inhaltsstoffen nur zu Materialien verwertet werden, die unbedenklich verwendet werden können?

Sollten Recyclate Chemikalien enthalten dürfen, die in Primärrohstoffen nicht länger zulässig sind? Wenn ja, unter welchen Bedingungen?

3.3. Die EU-Vorschriften über das Ende der Abfalleigenschaft sind nicht vollständig harmonisiert, weshalb Unsicherheit darüber besteht, wie Abfall zu einem neuen Material und einem neuen Produkt wird.

Unsere Vorschriften, unsere Rechtsprechung und unsere jahrelangen Erfahrungen bestimmen, wann ein Produkt zu Abfall wird. Sobald dieser Fall eintritt, findet das Abfallrecht der EU Anwendung. Die Abfallvorschriften der EU sind streng, um die menschliche Gesundheit und die Umwelt zu schützen. In einer Kreislaufwirtschaft sollten Materialien nur vorübergehend in der Abfallphase verweilen, denn das Ziel besteht darin, diese Materialien zu verwerten und der Wirtschaft als Primärrohstoffersatz wieder zuzuführen. In den meisten Fällen gilt, dass recycelte Materialien dazu nicht länger als Abfall gelten dürfen.

Damit Abfall nicht mehr als Abfall gewertet wird, muss er bestimmte Kriterien für das "Ende der Abfalleigenschaft" erfüllen. Für bestimmte Abfallströme wurden solche Kriterien auf EU- oder nationaler Ebene festgelegt. Ein Geltungsbereich für diese Vorschriften fehlt jedoch, und es ist unklar, wie sie sie funktionieren. Aufgrund ihrer Komplexität lassen sich für Abfallströme, Verwertungsverfahren und verwertete Materialien Kriterien für das Ende der Abfalleigenschaft, die auf gesamte Abfallströme zutreffen, nur schwer festlegen. Folglich werden viele verwertete Materialien in Ermangelung anerkannter Kriterien für das Ende der Abfalleigenschaft unter unklaren rechtlichen Umständen und ohne Transparenz gehandelt und verwendet.

Beispiel: Im Rahmen der gezielten Konsultation der Metall- und Elektrizitätsbranchen wurde auf Schwierigkeiten bei der Bestimmung der Abfall- bzw. der Produkteigenschaft von Materialien wie Kohlenasche, Kupferschlacke oder Ferromolybdän-Schlacke hingewiesen. In den Mitgliedstaaten und selbst zwischen Regionen gelten unterschiedliche Kriterien. Dies führt zu Problemen beim grenzüberschreitenden Transport dieser Materialien, und mitunter lassen sich keine nützlichen Ressourcen aus diesen Stoffen gewinnen, bei denen es sich in manchen Fällen um Abfälle handelt, die jährlich in Millionen von Tonnen anfallen7.

Unsicherheit bezüglich der Abfall- bzw. Produkteigenschaft eines Materials ist auch ein Problem für Behörden, für die häufig nicht klar ist, ob das Abfall- oder das Produktrecht Anwendung findet. Eine solche Situation entsteht z.B., wenn entschieden werden muss, ob ein DEHP-haltiges PVC-Recyclat nach wie vor Abfall ist oder ob es als Produkt behandelt werden sollte.

3.3.1. Ziel

Es bedarf einer EU-weit einheitlicheren Auslegung und Umsetzung der Vorschriften über das Ende der Abfalleigenschaft, um die Verwendung von verwerteten Materialien innerhalb der EU zusätzlich zu erleichtern.

3.3.2. Geplante Maßnahmen

Die Kommission wird eine engere Zusammenarbeit zwischen den bestehenden Sachverständigennetzen für Chemikalien- und Abfallbewirtschaftung fördern und eine elektronische EU-Datenbank für alle auf nationaler und EU-Ebene festgelegten Kriterien für das Ende der Abfalleigenschaft und Nebenprodukte entwickeln. Sie wird auch eine Studie in Auftrag geben, die als Grundlage für etwaige Leitlinien einen genaueren Einblick in die Verfahrensweisen der Mitgliedstaaten zur Umsetzung und Überprüfung der Vorschriften über das Ende der Abfalleigenschaft vermitteln soll.

Frage:

Wie und für welche Abfallströme sollte eine stärkere Harmonisierung der Vorschriften für das Ende der Abfalleigenschaft gefördert werden?

3.4. Die Vorschriften, auf deren Grundlage über die Gefährlichkeit von Abfällen und Chemikalien zu entscheiden ist, sind nicht gut abgestimmt und dies beeinflusst die Verwendung von Sekundärrohstoffen.

Die Herstellung und Verwendung gefährlicher Chemikalien und Produkte unterliegen strengen EU-Vorschriften, die zum Schutz von Arbeitnehmern8, Bürgern und der Umwelt vor Gefahren erlassen wurden. Wird eine Chemikalie als gefährlich identifiziert, wird sie als solche eingestuft; dadurch entsteht eine klare Verpflichtung für Unternehmen, den sicheren Umgang mit diesen Stoffen zu gewährleisten.

Die Abfallbewirtschaftung ist ebenso durch EU-Vorschriften geregelt, die mit demselben Ziel erlassen wurden, d.h. gefährliche Abfälle sind so zu behandeln, dass die Umwelt oder die menschliche Gesundheit nicht geschädigt werden. Die beiden Regelungen sind jedoch nicht vollständig abgestimmt, weshalb es zu Situationen kommen kann, in denen ein und dasselbe, einen gefährlichen Stoff enthaltende Material als gefährlich bzw. ungefährlich gilt, je nachdem, ob es sich um Abfall oder um ein Produkt handelt. Aufgrund dieser Diskrepanz kann nicht davon ausgegangen werden, dass Materialien, die der Wirtschaft aufgrund der Verwertung nicht gefährlichen Abfalls wieder zugeführt werden, automatisch auch zu einem ungefährlichen Produkt werden.

Die Art und Weise, in der die Vorschriften für die Einstufung von Abfällen um- und durchgesetzt werden, wirkt sich erheblich auf künftige

Abfallbewirtschaftungsentscheidungen - beispielsweise über die Realisierbarkeit und wirtschaftliche Rentabilität der Abfallsammlung, die Recyclingmethode oder die Wahl zwischen Recycling und Entsorgung - aus. Derartige Diskrepanzen können die Verwendung von Sekundärrohstoffen beeinflussen.

Beispiel: Bleimetall wird entsprechend seiner Abfall- oder Produkteigenschaft unterschiedlich eingestuft. Bleimetallabfälle aus Bau- und Abbruchtätigkeiten sind im europäischen Abfallverzeichnis als nicht gefährliche Abfälle gelistet. Bleimetall als Produkt wird nach den Rechtsvorschriften der EU für die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung chemischer Stoffe (CLP-Verordnung) aufgrund seiner schädlichen Auswirkungen auf die Reproduktion als gefährlicher Stoff eingestuft.

Ein weiteres Beispiel sind bestimmte Zusatzstoffe enthaltende Weich-PVC-Abfälle, die von Abfallunternehmen (fälschlicherweise) oft als ungefährlich eingestuft werden, obwohl das daraus entstehende verwertete Produkt nach der CLP-Verordnung als gefährliches chemisches Gemisch zu klassifizieren ist.

3.4.1. Ziel

Es muss für mehr Kohärenz zwischen den Einstufungsvorschriften für Chemikalien und denen für Abfälle gesorgt werden.

3.4.2. Geplante Maßnahmen

Die Veröffentlichung eines Leitfadens für die Einstufung von Abfällen steht bevor. Er soll Abfallunternehmen und zuständige Behörden darin unterstützen, bei der Charakterisierung und Einstufung von Abfällen einheitlich vorzugehen. Im Interesse einer etwaigen Harmonisierung soll zudem der Austausch bewährter Verfahren in Bezug auf Methoden zur Prüfung von Stoffen auf die gefahrenrelevante Eigenschaft HP 14 "ökotoxisch" gefördert werden.

Frage:

Sollten die Vorschriften für die Gefahreneinstufung weiter angeglichen werden, damit Abfälle nach denselben Regeln wie Produkte als gefährlich eingestuft werden?

4. Schlussfolgerungen und NÄCHSTE Schritte

Diese vier Probleme sind bedeutende Hindernisse für die Kreislaufwirtschaft. Deren Realisierung in der Praxis erweist sich - entsprechend den eingegangenen Beiträgen - angesichts der begrenzten Verfügbarkeit von Ressourcen und Wissen allerdings als problematisch, auch was die Koordinierung zwischen den verschiedenen Akteuren auf lokaler, nationaler und europäischer Ebene anbelangt.

Unsere Analyse zeigt auch rechtliche Probleme auf. Langfristig muss angestrebt werden, vollständige Kohärenz zwischen den Durchführungsvorschriften im Abfall- und Chemikalienrecht zu erreichen. So ließe sich auch das Ziel sicherer, zwecktauglicher und auf Haltbarkeit und Recyclingfähigkeit ausgerichteter Materialien mit minimalen Umweltauswirkungen leichter verwirklichen. Produkte sollten mit einem Minimum an besorgniserregenden Stoffen konzipiert, hergestellt, gehandelt und recycelt werden, um die Wiederverwendung so zu erleichtern, dass die wirtschaftlichen Vorteile und Nutzen für die Gesellschaft maximiert werden und ein hohes Gesundheits- und Umweltschutzniveau weiterhin gewährleistet ist.

Die in der Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen herausgearbeiteten politischen Optionen betreffen sowohl die unmittelbar lösbaren Probleme als auch die, deren Lösung Zeit erfordert. Die Unterlage zeigt für jedes Problem verschiedene Optionen auf und regt zu Überlegungen über ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den allgemeinen langfristigen Nutzen einer kreislauforientierten Verwendung dieser Materialien und den allgemeinen langfristigen gesundheitlichen und ökologischen Bedenken an, die die Inhaltsstoffe dieser Materialien betreffen.

Wir müssen den Weg zu einer europäischen Kreislaufwirtschaft ebnen und haben bereits Instrumente an der Hand, die einige der Unstimmigkeiten mindern können, benötigen jedoch mehr Fakten und Beiträge aus der gesamten EU, um herauszuarbeiten, wie einige der weiterreichenden Probleme optimal gelöst werden können.

Wir fordern das Europäische Parlament, den Rat und den Ausschuss der Regionen sowie Interessenträger auf, sich an der Diskussion zu beteiligen und zu den genannten Herausforderungen Position zu beziehen, damit ein Weg zu einer wirklich kreislauforientierten Wirtschaft gefunden werden kann.

Angestrebt wird, dass die zugesagten Maßnahmen auf einer soliden Faktengrundlage bis Ende der Amtszeit dieser Kommission im Jahr 2019 bereits auf dem Weg sind. Die neuen Studien, die die Kommission in Auftrag geben wird, und die Konsultation, an der sich alle Interessenträger beteiligen sollten, werden daher den Erfolg unserer Arbeit in diesem Bereich entscheidend mitbestimmen.