Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Eine EU-Strategie für die Wärme- und Kälteerzeugung - COM (2016) 51 final

Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.

Hinweis: vgl.
Drucksache 071/15 (PDF) = AE-Nr. 150131

Brüssel, den 16.2.2016
COM (2016) 51 final

Mitteilung der Kommission an Das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Eine EU-Strategie für die Wärme- und Kälteerzeugung

{SWD(2016) 24 final}

1. Einleitung

In der EU wird mehr als die Hälfte der Energie für die Wärme- und Kälteerzeugung verwendet, und noch immer geht dabei zu viel Energie verloren. Eine Priorität der Energieunion1 ist es daher, eine Strategie für eine effizientere, nachhaltigere Wärme- und Kälteerzeugung aufzustellen. Diese Strategie sollte dazu beitragen, die Energieimporte und die Abhängigkeit von ihnen zu verringern, die Kosten für Haushalte und Unternehmen zu senken, das EU-Ziel der Treibhausgasminderung zu erreichen und die Verpflichtung zu erfüllen, die die EU im Rahmen der bei der Klimakonferenz in Paris (COP21) erzielten Einigung eingegangen ist.

Auch wenn Wärme und Kälte zunehmend mithilfe umweltverträglicher Energien mit geringem CO₂-Ausstoß erzeugt werden, stammen 75 % des eingesetzten Brennstoffs nach wie vor aus fossilen Energieträgern (knapp 50 % Gas). Die Strategie wird zwar die Abhängigkeit von Importen verringern, doch die Versorgungssicherheit bleibt eine Priorität, vor allem in Mitgliedstaaten mit nur einem Lieferanten.2

Die Wärme- und Kälteerzeugung und das Stromsystem können sich bei der Senkung der CO₂ Emissionen gegenseitig unterstützen, weshalb die Verbindungen zwischen ihnen erkannt und Synergien genutzt werden müssen.

Diese Strategie bildet einen Rahmen für die Einbindung der effizienten Wärme- und Kälteerzeugung in die energiepolitischen Konzepte der EU. Angestrebt wird, Energieverluste aus Gebäuden zu unterbinden, die Effizienz und die Nachhaltigkeit von Heiz- und Kühlanlagen zu optimieren, die Energieeffizienz in der Industrie zu fördern und die Vorteile der Einbindung der Wärme- und Kälteerzeugung in das Stromsystem zu nutzen. Diese Mitteilung wird von einem Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen begleitet, das einen Überblick über diesen komplexen Wirtschaftszweig enthält.3 Die Lösungen werden bei der laufenden Überarbeitung von Rechtsvorschriften im Rahmen der Energieunion geprüft.

Mit den heutigen Technologien ist es möglich, Wärme und Kälte intelligenter und nachhaltiger zu nutzen. Maßnahmen, die mit erheblichen Vorteilen für die Wirtschaft und die einzelnen Verbraucher verbunden sind, können rasch getroffen werden, ohne dass zuvor in neue Infrastrukturen investiert werden muss, sofern die (Haushalts-)Kunden über die erforderlichen Finanzmittel für Investitionen verfügen oder Zugang zu diesen Finanzmitteln haben.

2. VISIONEN und Ziele

Um die angestrebte CO₂-Emissionssenkung zu erreichen, muss der CO₂-Ausstoß von Gebäuden verringert werden. Hierfür müssen bestehende Gebäude renoviert und gleichzeitig stärkere Anstrengungen auf den Gebieten Energieeffizienz und erneuerbare Energien unternommen werden, und diese Maßnahmen müssen von Stromerzeugungs- und Fernwärmesystemen mit geringem CO₂-Ausstoß flankiert werden. Die Automatisierungsund Regelungstechnik kann dazu beitragen, die Bedürfnisse der Nutzer von Gebäuden besser zu erfüllen, und durch die Senkung und Verlagerung der Nachfrage nach Strom und Wärmespeicherung gleichzeitig dem Stromsystem mehr Flexibilität ermöglichen.

Die Industrie kann denselben Weg einschlagen und Vorteile aus der Einsicht ziehen, dass es wirtschaftlicher ist, effiziente neue technische Ansätze für die verstärkte Nutzung von erneuerbaren Energien zu wählen. Voraussichtlich werden jedoch auch künftig in Industriebetrieben fossile Brennstoffe für Hochtemperaturverfahren verwendet werden. Bei industriellen Prozessen und bei Infrastrukturen werden nach wie vor Abwärme und Abkälte anfallen, die zu einem großen Teil in nahegelegenen Gebäude genutzt werden könnten.

Während dies eine langfristige Vision ist, können große Vorteile sofort erzielt werden.

3. Herausforderungen

Mit 50 % des Endenergieverbrauchs im Jahr 2012 (546 Mio. t RÖE)4 ist die Wärme- und Kälteerzeugung der größte Energieverbrauchssektor der EU und wird dies voraussichtlich auch bleiben.

Abbildung 1: Primärenergieverbrauch für die Wärme- und Kälteerzeugung

Angesichts der EU-Zielvorgaben für 2020 nimmt der Anteil der erneuerbaren Energien zu. Jeder Mitgliedstaat hat sich in seinem nationalen Aktionsplan für erneuerbare Energien ein Ziel für den Anteil erneuerbarer Energien an der Wärme- und Kälteerzeugung gesteckt. Die meisten sind auf dem Weg, ihr Ziel zu erreichen, und in einigen Mitgliedstaaten kommt die Umstellung sogar schneller voran als geplant.5 In den Mitgliedstaaten an der Ostsee und in Nordeuropa ist der Anteil der für die Wärmeerzeugung genutzten Energien aus erneuerbaren Quellen am höchsten (er reicht von 43 % in Estland bis 67 % in Schweden). Mit einem Anteil von 90 % an der Wärmegewinnung aus erneuerbarer Energie ist Biomasse derzeit die am häufigsten genutzte erneuerbare Energiequelle für die Erzeugung von Wärme. Die Kommission wird Ende 2016 eine Nachhaltigkeitsstrategie für Bioenergie vorschlagen und dabei auch die Auswirkungen der Bioenergie auf die Umwelt, die Landnutzung und die Lebensmittelerzeugung behandeln.

Abbildung 2: Endenergieverbrauch für die Wärme- und Kälteerzeugung 2012

45% des Energiebedarfs für die Wärme- und Kälteerzeugung entfallen auf Wohnraum, 37 % auf die Industrie und 18 % auf Dienstleistungen. In jedem Sektor ist es möglich, den Bedarf zu verringern, die Effizienz zu steigern und auf erneuerbare Energien umzustellen.

Hindernisse für die energetische Sanierung von Gebäuden

Gebäude (und ihre Bewohner) haben den höchsten Heiz- und Kühlbedarf. In den kälteren Klimazonen entfallen mehr als 80 % des Wärme- und des Kälteverbrauchs auf die Raumheizung. In wärmeren Klimazonen hat die Raumkühlung die größte Bedeutung - mit steigender Tendenz.

Durch schlechte Wärmedämmung verzeichnen Gebäude häufig hohe Wärme- oder Kälteverluste. Zwei Drittel des Gebäudebestands der EU wurden errichtet, als es keine oder nur geringe Anforderungen an die Energieeffizienz gab; die meisten davon wird es auch 2050 noch geben. Durch einfache Sanierungsmaßnahmen wie die Wärmedämmung von Dachboden, Wänden und Fundamenten und den Einbau von doppelt oder dreifach verglasten Fenstern lassen sich enorme Energieeinsparungen erzielen6. Solche Maßnahmen kosten weniger, wenn sie im Rahmen anderer Baumaßnahmen durchgeführt werden. Auch durch sinnvolle natürliche Lösungen, wie eine gut konzipierte Straßenbepflanzung oder grüne Dächer und Wände, die Gebäude isolieren und beschatten, lassen sich der Heiz- oder Kühlbedarf und damit der Energieverbrauch senken.

Aufgrund der unterschiedlichen Eigentumsverhältnisse bei Gebäuden muss die energetische Sanierung durch unterschiedliche Maßnahmen gefördert werden.

Rund 70 % der EU-Bevölkerung lebt in in Privatbesitz befindlichen Wohnhäusern. Eigentümer unterlassen häufig kosteneffiziente Sanierungsarbeiten, weil ihnen der Nutzen nicht bewusst ist, sie nicht über die technischen Möglichkeiten beraten wurden, ein NutzerInvestor-Dilemma besteht (beispielsweise in Mehrfamilienhäusern) und es an Finanzmitteln fehlt.

In Mietwohnungen in Privatbesitz - in einigen Ländern sehr verbreitet - sind das NutzerInvestor-Dilemma, Mietverträge und die Finanzierung die größten Probleme. Das NutzerInvestor-Dilemma besteht darin, dass für Wohnungseigentümer kaum Investitionsanreize bestehen, solange der Mieter die Energiekosten trägt. In einigen Ländern gibt es Regelungen, nach denen die Miete erhöht werden darf, wenn aufgrund von Investitionen in eine bessere Energieeffizienz die Energiekosten sinken.

Gebäude in staatlichem Eigentum, einschließlich Sozialwohnungen, machen einen großen Teil des Gebäudebestands aus. Gebäude wie Schulen, Hochschulen und Krankenhäuser werden von der Öffentlichkeit stark wahrgenommen und sind häufig energieintensiv.

Das größte Hindernis für die Sanierung öffentlicher Gebäude sind die knappen Mittel. Energieleistungsverträge und Energiedienstleister7 können technische Unterstützung, Fachwissen und Zugang zu Finanzmitteln bieten. In den USA sind die Energiedienstleister in der Regel an der Sanierung von Gebäuden der öffentlichen Hand beteiligt, und der Sektor erwirtschaftet Einnahmen von mehr als 6 Mrd. USD. In der EU ist der Markt dagegen noch unterentwickelt.

Dienstleistungsgebäude wie Banken, Bürogebäude und Geschäfte machen etwa ein Viertel des Gebäudebestands aus. Dort ist der Energieverbrauch pro Quadratmeter rund 40 % höher als in Wohngebäuden. Insbesondere komplexe Beleuchtungs-, Klimatisierungs- oder Lüftungssysteme verbrauchen sehr viel Strom. Dieser Sektor hat in Europa auch den größten Anteil an der Raumkühlung.' Einen hohen Kühlbedarf haben Supermärkte (in der Regel mit 40 % des Energieverbrauchs) und Rechenzentren (25-60 % der Betriebskosten).

Der Mangel an Fachwissen und Schulung betrifft alle Sektoren.

Zu wenige Fachkräfte verfügen über die erforderlichen Kenntnisse in Bezug auf energieeffizientes Bauen, effiziente Technologien und Technologien für erneuerbare Energien. Architekten können moderne Bauweisen, fortschrittliche Baumaterialien und intelligente Technologien in alle Aspekte von Gebäuden - von der Wärmedämmung bis zur Beleuchtung - einbringen. Marktbestimmend für viele Technologien sind jedoch die Installateure.

In der EU entfallen durchschnittlich 6 % der Verbraucherausgaben auf Heizung und Kühlung; 11 % der Verbraucher können es sich nicht leisten, ihre Wohnung im Winter hinreichend zu heizen. Die Entscheidungen der Verbraucher werden durch die fehlenden Informationen über den tatsächlichen Verbrauch und die tatsächlichen Kosten von Energie und oft auch durch einen Mangel an Finanzmitteln für Investitionen in die effizientesten Technologien eingeengt. Es ist schwierig, Technologien und Lösungen anhand ihrer Lebenszykluskosten und -vorteile, ihrer Qualität und ihrer Zuverlässigkeit zu vergleichen.

Finanzierung

Trotz überzeugender wirtschaftlicher Argumente gibt es nur wenige attraktive Finanzprodukte für die Gebäudesanierung.

Im EU-Finanzrahmen für 2014-2020 wird der entsprechende Beitrag deutlich angehoben. Die Europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESI-Fonds) stellen rund 19 Mrd. EUR für Energieeffizienzmaßnahmen und 6 Mrd. EUR für erneuerbare Energien bereit, die vor allem für Gebäude sowie Fernwärme und -kälte bestimmt s i.d.R. nd 1 Mrd. EUR sind für intelligente Verteilungsnetze vorgesehen, und die Mittel für Forschung und Innovation werden auch nach den Prioritäten der nationalen oder regionalen Strategien für intelligente Spezialisierung zugewiesen. Aus dem Forschungs- und Innovationsprogramm Horizont 2020 werden 2,5 Mrd. EUR für Energieeffizienz und 1,85 Mrd. EUR für erneuerbare Energien bereitgestellt. Zudem wird erwartet, dass im Rahmen des Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI) auf der Grundlage der EU-Garantie zusätzliche Investitionen von mindestens 315 Mrd. EUR mobilisiert werden. Die Förderung von Investitionen in Projekte im Bereich der nachhaltigen Energie ist eine der strategischen Prioritäten des EFSI, und einige dieser Vorhaben sind bereits genehmigt.

Öffentliche Mittel können und sollten jedoch nicht die Hauptrolle spielen. Der Energieeffizienzmarkt muss zur Reife gelangen und in vollem Umfang investitionswürdig werden. Wie die Gruppe der in Energieeffizienzmaßnahmen investierenden Finanzinstitutionen (Energy Efficiency Financial Institutions Group - EEFIG)9 in ihrem Bericht bestätigt hat, müssen die Projektträger und Investoren verstehen und darauf vertrauen, dass geringere Energiekosten zu zusätzlicher Liquidität führen und eine bessere Energieeffizienz den Vermögenswert erhöht. Wie in der Strategie für die Energieunion angekündigt, wird sich die Kommission im Rahmen der "Initiative zur intelligenten Finanzierung für intelligente Gebäude" ("Smart Finance for Smart Buildings") zusammen mit der EEFIG mit diesen Aspekten befassen.

Heiz- und Kühlanlagen

Knapp die Hälfte aller Gebäude in der EU sind mit individuellen Heizungsanlagen mit einer Effizienz von 60 % oder weniger ausgestattet, die vor 1992 installiert wurden. 22 % der individuellen Gasheizkessel, 34 % der Elektro-Direktheizungen, 47 % der Ölheizkessel und 58 % der Kohleheizkessel haben ihre technische Lebensdauer überschritten.

Die Entscheidung für die Anschaffung eines neuen Gerätes fällt meist unter Zeitdruck - nämlich dann, wenn die alte Heizanlage ausfällt. Für die meisten Verbraucher ist es schwierig, die Preise verschiedener Lösungen zu vergleichen und sich über die Leistung der vorhandenen Anlage zu informieren, weswegen sie dazu neigen, weiterhin ältere, weniger effiziente Technologien einzusetzen.

In einigen Teilen Europas werden rund drei Viertel der Feinstaubverschmutzung der Außenluft durch Raumheizungen mit festen Brennstoffen (einschließlich Kohle und Biomasse) verursacht. Die Kommission hat gegen mehrere Mitgliedstaaten Vertragsverletzungsverfahren wegen der Luftqualität10 eingeleitet und im Jahr 2015 zwei Fälle anhaltend hoher Feinstaubkonzentrationen an den Europäischen Gerichtshof verwiesen. Die Kommission warnt vor der Beeinträchtigung der Luftqualität durch das Heizen mit Braunkohle und Kesseln und Öfen mit schlechten Emissionswerten11, da es Lösungen gibt, die weniger gesundheitsschädlich, einfach verfügbar und auf lange Sicht effizienter und kostengünstiger sind.

Seit 2015 sind die Vorschriften für die umweltgerechte Gestaltung und die Energieverbrauchskennzeichnung von Raumheizgeräten und Warmwasserbereitern anwendbar. Der Verkauf von ineffizienten Kesseln ist nun verboten. Die Verbraucher sehen Effizienzeinstufungen - sowohl für einzelne Technologien als auch für Verbundanlagen, die den Einsatz von erneuerbaren Energien umfassen. Der von diesen Maßnahmen erhoffte Wandel dürfte bis 2030 pro Jahr Energieeinsparungen von 600 TWh und eine Minderung der CO₂-Emissionen um 135 Mio. t bewirken. Gleichzeitig geht auch der Ausstoß von Luftschadstoffen zurück.

Auch die neue Verordnung über fluorierte Treibhausgase12 wird die Erneuerung von Heiz- und Kühlanlagen beschleunigen. Klimafreundliche Kühlmittel haben ein großes Energiesparpotenzial, bei einigen Anwendungen müssen jedoch für eine sichere Verwendung die geltenden Normen aktualisiert werden.

Zu diesem Zweck hat die Kommission das Verfahren zur Überprüfung der einschlägigen europäischen Normen eingeleitet.

Die Modernisierung eines Gebäudes ist ein günstiger Moment, um die alte Heizungsanlage zu ersetzen. Der Umbau zu einem effizienten Gebäude bietet die Möglichkeit, auf Wärmepumpen bzw. Solar-, Erd- oder Abwärmeheizsysteme umzustellen, die Geld sparen. Wärmepumpen können eine Einheit Strom oder Gasenergie in drei oder mehr Einheiten Wärme- oder Kälteenergie umwandeln, während bei Solarwärme zum Heizen gar kein Brennstoff benötigt wird. Daneben gibt es mehrere innovative Hocheffizienztechnologien, die sich rapir Marktreife nähern, wie stationäre Brennstoffzellen.

Abbildung 3: Effizienzeinstufung neuer Raumheizgeräte13

Eine breite Palette von Lösungen für das Heizen und Kühlen mit erneuerbaren Energien steht zur Verfügung; eine stärkere Marktdurchdringung würde zu einem Preisrückgang führen. Nach der Richtlinie über die Energieverbrauchskennzeichnung (2010/30/EU) müssen die Mitgliedstaaten für Produkte wie Heizkessel Produktanreize für die höchste Energieeffizienzklasse geben. Im Einklang mit der Erklärung der G20 über ineffiziente Subventionen für fossile Brennstoffe von 2020 ruft die Kommission die Mitgliedstaaten auf, Anreize auf Wärme- und Kältetechnologien zu konzentrieren, die auf nichtfossilen Brennstoffen basieren.

Kälte wird überwiegend durch Elektrogeräte erzeugt, auch wenn es vielversprechende innovative Kühltechnologien mit geringem Energieverbrauch gibt. Die jüngst erlassene Verordnung über die umweltgerechte Gestaltung von Kühlgeräten ergänzt die Vorschriften für die Wärme- und Kälteerzeugung. Ihre Anwendung ermöglicht bis 2030 Einsparungen von 5 Mio. t RÖE pro Jahr, was 9 Mio. t CO₂ entspricht.

Industrie 2012 entfiel ein Viertel des Endenergieverbrauchs der EU auf die Industrie, mit einem Anteil von 73 % für die Wärme- und Kälteerzeugung. Die europäische Industrie hat seit 2000 ihre Energieintensität doppelt so schnell gesenkt wie die der USA. In energieintensiven Sektoren ist die Verbesserungsrate sogar noch besser.14 Der Grund dafür liegt auf der Hand: Energie ist ein wichtiger Kostenfaktor. Durch die Bepreisung von CO₂-Emissionen hat das EUEmissionshandelssystem einen Anreiz geschaffen, Brennstoffe mit geringen CO₂-Emissionen zu verwenden und in Energieeffizienz zu investieren.

Das Potenzial ist weiterhin beträchtlich. Durch den Einsatz vorhandener Technologien können die Energiekosten der Industrie um 4-10 % gesenkt werden; die Investitionen sind in weniger als fünf Jahren amortisiert. Energieeinsparungen springen jedoch nicht ins Auge.

Die Gesamtenergienachfrage von KMU ist hoch. KMU haben häufig geringere Ressourcen und weniger Zugang zu Finanzmitteln, um Verbesserungen vorzunehmen. Sie sind möglicherweise nicht in der Lage, solche Projekte durchzuführen, und da für sie der direkte Anreiz des CO₂-Preises nicht gilt, räumen sie - vor allem in den Anfangsjahren - der Energieeffizienz selten Priorität ein.

Wegen der wahrgenommenen Risiken zeigen Finanzinstitute oft geringe Bereitschaft, geeignete Finanzprodukte bereitzustellen.

Erneuerbare Energie wird in der Industrie nur wenig genutzt, und wenn, dann vor allem in Form von Biomasse. Dabei haben Wärmepumpen sowie solar- und geothermische Energietechniken15 zumindest bei Niedertemperaturwärme die Marktreife erreicht. Mit der technologischen Entwicklung werden zunehmend Anwendungen für Mitteltemperaturwärme (bis 250 *C) marktfähig.

Abwärme und Abkälte

In einigen Industrieanlagen fällt Wärme als Nebenprodukt an, die in größerem Umfang innerhalb der Anlagen genutzt oder zum Heizen von nahegelegenen Gebäuden verkauft werden könnte. Gleiches gilt für die Abwärme aus Kraftwerken, dem Dienstleistungssektor und Infrastruktur wie U-Bahnen.16

Abkälte entsteht in Anlagen wie Flüssiggasterminals und Gasnetzen. Sie wird selten weiterverwendet, obwohl die entsprechende Technologie in einigen Fernkältesystemen bereits kommerziell eingesetzt wird. Die Integration von Erzeugung, Verbrauch und Wiederverwendung von Abkälte hat ökologische und wirtschaftliche Vorteile und führt zu einem Rückgang der Primärenergienachfrage für die Kälteerzeugung.

Verhindert wird die Nutzung dieser Ressourcen durch mangelndes Wissen und mangelnde Informationen über ihre Verfügbarkeit, ungeeignete Geschäftsmodelle und unzureichende Anreize, fehlende Wärmenetze und die mangelnde Zusammenarbeit zwischen der Industrie und den Fernwärmeunternehmen.

4. Synergien IM Energiesystem

Das künftige Stromnetz wird mehr erneuerbare Energie, vor allem Wind- und Sonnenenergie und dezentrale Lieferungen, einbeziehen. Deswegen müssen Angebot und Nachfrage durch stärkere Nachfragereduzierung, Laststeuerungsmechanismen und Energiespeicherung flexibler werden.

Die Verknüpfung der Wärme- und Kälteerzeugung mit den Stromnetzen bewirkt einen Kostenrückgang im Energiesystem, von dem die Verbraucher profitieren. Strom kann beispielsweise außerhalb der Hauptlastzeiten genutzt werden, um Wasser in Isoliertanks zu erwärmen, die Energie tage- und sogar wochenlang speichern können.

Fernwärme und -kälte

In Mitgliedstaaten mit kalten Wintern haben Fernwärmesysteme eine lange Tradition. In einigen Ländern werden Fernwärmesysteme als attraktive Option für Unternehmen und Verbraucher und als Mittel zur Verbesserung der Energieeffizienz und des Einsatzes von erneuerbaren Energieträgern betrachtet. In anderen Ländern haben die alten Systeme jedoch wegen mangelnder Investitionen oder einer ungünstigen Preisregelung, geringer Leistungsfähigkeit und einer negativen Wahrnehmung durch die Verbraucher an Bedeutung verloren. Einige Mitgliedstaaten unternehmen Anstrengungen, um alte System zu modernisieren und zu erweitern, während andere, in denen die Technologie kaum bekannt ist, neue Systeme errichten. Zudem können Fernwärme und -kälte dazu beitragen, die Luftqualität zu verbessern, insbesondere wenn dadurch Festbrennstoff-Heizungssysteme in Haushalten ersetzt oder vermieden werden.

Synergien zwischen der Energiegewinnung aus Abfall und Fernwärme-/-kältesystemen könnten eine sichere und in einigen Fällen erschwinglichere Energieversorgung aus erneuerbaren Energien ermöglichen und somit dazu beitragen, fossile Energieträger zu ersetzen. Die Kommission wird sich demnächst in einer Mitteilung über die Energiegewinnung aus Abfall eingehend mit dieser Frage befassen.

Kraft-Wärme-Kopplung (KWK)

Verglichen mit der getrennten Erzeugung von Wärme und Strom lassen sich durch KWK mehr Energie und CO₂ einsparen. KWK wird in der Industrie und im Dienstleistungssektor eingesetzt, um Geld zu sparen und für eine stabile, zuverlässige Wärme- und Stromversorgung zu sogen.

Kombiniert mit Wärmespeicherung wird die KWK noch effizienter, da die erzeugte Wärme gespeichert werden kann, anstatt die Produktion zu Zeiten mangelnder Nachfrage zu drosseln. Viele KWK-Technologien können erneuerbare Energien (Erdwärme, Biogas), alternative Brennstoffe (z.B. Wasserstoff) und Abwärme nutzen. Auch die Kraft-Wärme-KälteKopplung17 sollte eingesetzt werden, um die Wärmeproduktion im Sommer zur Kühlung zu nutzen.

Das wirtschaftliche Potenzial der KWK wird derzeit nicht ausgeschöpft. Der Sektor sieht sich vor Hindernisse gestellt, wie das komplexe Erfordernis, die Rechtsvorschriften sowohl auf dem Gebiet der Strom- als auch der Wärmeversorgung zu beachten. Kleineren Anlagen wird durch langwierige Genehmigungsverfahren und hohe Gebühren der Netzanschluss und -zugang erschwert. Die Mitgliedstaaten haben sich noch nicht umfassend mit diesen Regulierungs- und Verwaltungshindernissen befasst.

Intelligente Gebäude

Ein an ein intelligentes Netz angeschlossenes intelligentes Gebäude ermöglicht die automatische Steuerung oder Fernsteuerung von Heiz- und Kühlsystemen, Warmwassererzeugung, Geräten und Beleuchtung in Abhängigkeit von der Tageszeit und dem Datum, der Außentemperatur und der Anwesenheit von Menschen.

Beim automatischen Energienachfragemanagement in Gebäuden können die Verbraucher einen Beitrag zur Laststeuerung leisten, indem sie den Zeitpunkt ihres Verbrauchs vom Strompreis abhängig machen.

Die Tendenz von Unternehmen und Haushalten, selbst Strom zu erzeugen, eröffnet weitere Möglichkeiten der Kostendämmung. Stromerzeugung für den Eigenbedarf ermöglicht nicht nur eine aktive Teilnahme an Energiemärkten, sondern trägt auch zur Senkung von Energiesystemkosten bei, wenn z.B. die Nachfragespitzen bei Strom zur Klimatisierung durch Fotovoltaik gedeckt werden können. Die lokale Stromerzeugung und der lokale Stromverbrauch können außerdem Systemverluste mindern und die Widerstandsfähigkeit des Systems stärken.

5. Instrumente und LÖSUNGEN

Wärme und Kälte werden lokal in zersplitterten Märkten erzeugt. Die Beseitigung der Hindernisse für eine effizientere, nachhaltigere Wärme- und Kälteerzeugung setzt Maßnahmen auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene in einem flankierenden europäischen Rahmen voraus.

Die Mitgliedstaaten haben bereits nach Maßgabe der Energieeffizienzrichtlinie nationale Aktionspläne für Energieeffizienz aufgestellt, die Maßnahmen zur Senkung der Wärme- und Kältenachfrage vorsehen. Sie haben Strategien für die Gebäuderenovierung erarbeitet, die bessere Rahmenbedingungen für Investitionen bieten, und sie haben das Potenzial für hocheffiziente Kraft-Wärme-Kopplung und Fernwärme umfassend geprüft.

Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten zu folgenden Maßnahmen auf:

Als Teil des Governance-Systems der Energieunion sollten die nationalen Energie- und Klimapläne der Mitgliedstaaten den Sektor Wärme- und Kälteerzeugung einbeziehen.

Gebäude

Die Richtlinie über die Energieeffizienz von Gebäuden schafft den Rahmen für die Verbesserung der Energieeffizienz des Gebäudebestands in Europa. Die Umsetzung der Vorschriften für die Energieeffizienz wird den Energiebedarf allmählich senken und die Versorgung aus erneuerbaren Quellen steigern. Allerdings ist die Gebäuderenovierungsquote niedrig (0,4 % - 1,2 % jährlich).

Die Kommission wird bei der Überarbeitung der Richtlinie über die Energieeffizienz von Gebäuden (auch im Rahmen von REFIT (Regulatory Fitness and Performance - Effizienz und Leistungsfähigkeit der Rechtsetzung)) im Jahr 2016 prüfen, wie sich die Zuverlässigkeit von Gesamtenergieausweisen verbessern lässt und ihre Signalwirkung für erneuerbare Energien gestärkt werden kann.

Die Kommission wird Folgendes in Betracht ziehen:

In der Richtlinie über die Energieeffizienz sind die Rechte der Verbraucher auf Information über den Wärme- und Kälteverbrauch festgehalten. Die Häufigkeit der Messungen und die Rechnungsangaben sind aber möglicherweise noch immer nicht ausreichend, um den Verbrauchern Echtzeitdaten oder echtzeitnahe Daten über ihren Verbrauch an die Hand zu geben. Bei den Vorarbeiten für die Überarbeitung des Vorschriften für die Energieeffizienz und der Initiative für die Neugestaltung des Strommarktes im Jahr 2016 wird die Kommission Folgendes prüfen:

Effiziente Wärme- und Kälteerzeugung mit erneuerbaren Energiequellen

Im Rahmen der Überarbeitung der Richtlinie über die Energieeffizienz von Gebäuden, der Richtlinie über Energieeffizienz und der Richtlinie über erneuerbare Energien wird die Kommission Folgendes prüfen:

Intelligente Systeme

Intelligente Netze, intelligente Messinstrumente, intelligente Wohnungen und Gebäude, Stromerzeugung für den Eigenbedarf sowie thermische, elektrische und chemische Speichersysteme müssen durch eine Neugestaltung des Marktes gefördert werden.

Im Rahmen der Arbeiten zur Neugestaltung des Strommarktes sowie der Überarbeitung der Richtlinie über erneuerbare Energien und der Richtlinie über Energieeffizienz wird die Kommission Folgendes prüfen:

Innovation

Im Rahmen des Strategieplans für Energietechnologie beabsichtigt die Kommission,

Die EU-Strategie für die Wärme- und Kälteerzeugung wird auch durch Forschungs-, Innovations- und Demonstrationsmaßnahmen unterstützt, die im Rahmen von Horizont 2020 finanziert werden.

Darüber hinaus wird die Kommission dafür sorgen, dass die ESI-Fonds in Anspruch genommen werden können, um die nationalen und regionalen Prioritäten der intelligenten Spezialisierung im Zusammenhang mit der Wärme- und Kälteerzeugung zu verwirklichen.

Finanzierung

Im Rahmen der Initiative zur intelligenten Finanzierung intelligenter Gebäude beabsichtigt die Kommission,

6. Schlussfolgerungen

Im Zentrum dieser Strategie müssen die Verbraucher stehen. Dazu sollten moderne Technologien und innovative Lösungen genutzt werden, die den Übergang zu intelligenten, effizienten und nachhaltigen Wärme- und Kälteerzeugungssystemen ermöglichen, die zu

Energie- und Geldeinsparungen für Unternehmen und Verbraucher führen, die Luftqualität verbessern, das Wohlbefinden erhöhen und der Gesellschaft insgesamt nutzen.

Diese Strategie baut auf einer mit den EU-Rechtsvorschriften geschaffenen soliden Grundlage auf und weist die Bereiche aus, in denen eine Modernisierung oder Reform erforderlich ist, um zukunftsfähig zu sein und zur Verwirklichung der Ziele der Energieunion beizutragen. In den Folgeabschätzungen zur Überarbeitung der Richtlinie über die Energieeffizienz von Gebäuden, der Richtlinie über Energieeffizienz und der Richtlinie über erneuerbare Energien sowie zur Initiative für die Neugestaltung des Strommarkts wird die Kommission 2016 verschiedene Möglichkeiten prüfen, die Umstellung von Gebäuden und der Industrie auf effiziente, emissionsarme Energiesysteme zu unterstützen, die erneuerbare Energiequellen und Abwärme nutzen. In die Analyse einbezogen werden Fernwärme und -kälte sowie die Elektrifizierung der Heizung durch Wärmepumpen. Untersucht wird, wie die Nachfragesteuerung und -senkung sowie der Einsatz der thermischen Speicherung im Stromsystem weiter verbreitet werden kann, wie die richtigen Anreize für den Einsatz von intelligenten Technologien gegeben werden können und wie die Wirksamkeit öffentlicher Mittel gesteigert und private Investitionen mobilisiert werden können.

Die Kommission fordert das Europäische Parlament und den Rat auf, dieser Strategie zuzustimmen.