850. Sitzung des Bundesrates am 7. November 2008
A.
Der federführende Ausschuss für Innere Angelegenheiten empfiehlt dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zu § 7
In § 7 ist die Angabe "der §§ 3a, 4 Abs. 2 und 3" durch die Angabe "des § 4 Abs. 2 und 3" zu ersetzen.
Begründung
Der vorgesehene Ausschluss des datenschutzrechtlichen Grundsatzes der Datenvermeidung und Datensparsamkeit ist nicht geboten. Eine zwingende Notwendigkeit dafür lässt sich auch der (knappen) Begründung des Gesetzesentwurfs nicht entnehmen. Auch wenn die Suchdienste für eine Erfolg versprechende Aufgabenwahrnehmung aus der Natur der Sache heraus auch auf die Erhebung und Verarbeitung von Daten angewiesen sind, die auf den ersten Blick eines unbefangenen Betrachters nicht für den Zweck der Familienzusammenführung oder der Klärung von Personenschicksalen geeignet erscheinen mögen bedarf es keines Ausschlusses des Grundsatzes der Datenvermeidung und Datensparsamkeit. Dieser Grundsatz stellt eine Zielvorgabe dar, die es der verantwortlichen Stelle überlässt, auf welche Weise sie das Ziel der Datenvermeidung und -sparsamkeit erreichen will. Er kann u. a. auch im Hinblick auf die Löschung personenbezogener Daten Bedeutung erlangen. Die Suchdienste gehen bei ihrer Aufgabenwahrnehmung nicht "wahllos", sondern strukturiert vor. Dies zeigen die detaillierten Regelungen der §§ 3 und 4 des Entwurfs, die die Erhebung und Verarbeitung auch von besonders weitgehenden personenbezogenen Daten legitimieren.
2. Zum Gesetzentwurf allgemein
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, wie die Regelungen des Gesetzentwurfs mit den Regelungen zur Deutschen Dienststelle für die Benachrichtigung der nächsten Angehörigen von Gefallenen der ehemaligen Deutschen Wehrmacht (WASt) in Einklang gebracht werden können.
Harmonisierungsbedarf sieht der Bundesrat insbesondere in folgender Hinsicht:
- - Die in § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a beschriebene Aufgabe der Klärung des Schicksals von Kriegsgefangenen und Wehrmachtsvermissten des 2. Weltkriegs ist eine originäre Aufgabe ausschließlich der Deutschen Dienststelle (WASt), an der der DRK-Suchdienst aber mitwirken kann. Die derzeitige Formulierung des Gesetzentwurfs führt zu Missverständnissen und sollte entsprechend klargestellt werden.
- - Der in § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe a aufgezählte Personenkreis, an den nach § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 2. Alternative Auskunft zum Zweck der Vermisstensuche erteilt werden kann, ist sehr weit gefasst und kann eventuell auf unzulässige Weise in die Rechte entfernt verwandter oder verschwägerter Personen eingreifen. Zudem sollte eine Konkurrenz der Norm zu den landesrechtlichen Regelungen zur WASt vermieden werden. Wenn die Auskunftsrechte des SDDSG und der als Berliner Landesrecht erlassenen WASt-VO nicht aufeinander abgestimmt werden, kann es zu unnötigen Konflikten kommen.
Dies gilt insbesondere für § 3 Abs. 1 des Gesetzentwurfs der den Suchdiensten das Recht einräumt, umfassend Daten, auch sensibelste wie beispielsweise die als besonders schutzwürdig einzustufenden Angaben über rassische oder ethnische Herkunft und über die Gesundheit, ohne die Mitwirkung der Betroffenen zu erheben. In der Begründung des Gesetzentwurfs ist als mögliche Quelle für die Erhebung dieser Daten ausdrücklich auch die Deutsche Dienststelle (WASt) aufgeführt. Eine von der Deutschen Dienststelle (WASt) aufgrund der bestehenden, auf Berliner Landesrecht beruhenden Rechtslage, abgelehnte Auskunft kann damit über den Umweg einer Anfrage bei einem der Suchdienste zur Weitergabe der bei der WASt vorliegenden Daten führen. Dies kann vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt sein.
Begründung
Die Deutsche Dienststelle für die Benachrichtigung der nächsten Angehörigen von Gefallenen der ehemaligen deutschen Wehrmacht (WASt) ist eine Behörde des Landes Berlin, die seit 1939 als deutsche Behörde u. a. die Schicksalsklärung und alle damit zusammenhängenden Aufgaben für die Kriegsgefangenen und Wehrmachtsvermissten des 2. Weltkriegs war. Sie wird auf der Grundlage von Verwaltungsvereinbarungen mit dem Bund vom Bund finanziert und der Bund definiert auch ihre Aufgaben.
Das Berliner Gesetz über die Verarbeitung personenbezogener Daten bei der WASt, vom 26. Januar 1993 (GVBl. Berlin S. 40, 49), und die darauf erlassene Verordnung über die Verarbeitung personenbezogener Daten bei der Deutschen Dienststelle für die Benachrichtigung der nächsten Angehörigen von Gefallenen der ehemaligen Deutschen Wehrmacht (WASt-Verordnung), vom 29. März 1994 (GVBl. Berlin S. 107), regeln die datenschutzrechtliche Behandlung der bei der WASt vorliegenden Unterlagen. Die WASt arbeitet auf den Gebieten der Schicksalsklärung (Vermisstenforschung) und Familienzusammenführung sowohl mit dem Suchdienst des DRK wie auch mit dem Kirchlichen Suchdienst eng zusammen. Diese gemeinsame Arbeit begründet naturgemäß einen direkten Datenaustausch. Deshalb ist es dringend notwendig, den Gesetzentwurf zum SDDSG und das Berliner WASt-Gesetz und die WASt-VO aufeinander abzustimmen.