Der Bundesrat hat in seiner 910. Sitzung am 7. Juni 2013 die aus der Anlage ersichtliche Entschließung gefasst.
Anlage
Entschließung des Bundesrates zur Revision der Technischen Spezifikation für die Interoperabilität (TSI) zum Teilsystem "Fahrzeuge - Lärm" des konventionellen transeuropäischen Bahnsystems - TSI Noise (Beschluss 2011/229 vom 4. April 2011) und zur Weiterentwicklung des lärmabhängigen Trassenpreissystems
- 1. Der Bundesrat hält es für dringend erforderlich, dass auf europäischer Ebene verbindliche und wirksame Vorgaben für eine Umrüstung vorhandener Schienenfahrzeuge auf lärmärmere Technologien - wie etwa Verbundstoffbremssohlen für Güterwagen - erlassen werden. Er erinnert diesbezüglich an seine Entschließung vom 15. April 2011 (BR-Drucksache 151/11(B) ) und bittet die Bundesregierung, sich die nachfolgenden Forderungen zu eigen zu machen und gegenüber der Kommission nachdrücklich zu unterstützen.
- 2. Der Bundesrat weist darauf hin, dass die Notwendigkeit einer Umrüstung der Bestandswagen auf lärmarme Bremsen bereits in der gültigen TSI-Lärm festgestellt wird. Er hält es für erforderlich, dass die Kommission die in diesem Zusammenhang bereits im Jahr 2005 angekündigte Vereinbarung mit der Industrie zur Umrüstung von Bestandsgüterwagen nunmehr zeitnah vorlegt. Bislang unterbindet die Richtlinie 2008/57/EG die Einführung nationaler Grenzwerte für Bestandswagen. Entsprechend müssen diese auf europäischer Ebene festgelegt werden. Der Verweis in der fachlichen Diskussion zur Revision der TSI-Lärm auf fehlende nationale Grenzwerte für Bestandswagen kann nicht dahingehend ausgelegt werden, dass es keinen Harmonisierungsbedarf gäbe, und ist kein Argument dafür, auf Festlegungen in der TSI-Lärm oder in Vereinbarungen der Kommission mit dem Bahnsektor oder der Industrie zu verzichten. Die Bundesregierung wird gebeten, sich für eine europäische Förderung der Umrüstung im Rahmen der "Connecting Europe Facility" einzusetzen.
- 3. Der Bundesrat hält es für dringend erforderlich, dass in der TSI-Lärm für Neufahrzeuge zeitlich gestaffelt strengere Lärmgrenzwerte eingeführt werden, die mindestens dem Stand der Technik folgen, wie sie beispielsweise der im Auftrag der Bundesregierung erstellte Forschungsbericht "Ermittlung des Standes der Technik der Geräuschemissionen europäischer Schienenfahrzeuge" dokumentiert. Die in der gültigen TSI-Lärm empfohlene Absenkung der Grenzwerte um 5 dBA für Neufahrzeuge, die nach dem 23. Juni 2018 in Dienst gestellt werden, ist bei der Neufassung der TSI-Lärm als zweite Stufe verbindlich festzulegen. Die Bundesregierung wird gebeten, sich im "Railway Interoperability and Safety Comittee (RISC)" für eine entsprechende Fortschreibung der Geräuschgrenzwerte einzusetzen.
- 4. Der Bundesrat sieht in lärmabhängigen Trassenpreisen ein geeignetes Instrument, mit dem Anreize zur Umrüstung und Neubeschaffung von Güterwagen gesetzt werden können. Der Bundesrat begrüßt, dass mit der Richtlinie 2012/34/EU verbesserte Möglichkeiten eröffnet werden, den Kosten umweltbezogener Auswirkungen des Zugbetriebs Rechnung zu tragen. Er bittet die Bundesregierung, bei der Kommission darauf hinzuwirken, dass diese die Modalitäten für die Anwendung der Anlastung der Kosten von Lärmauswirkungen zeitnah vorlegt, und dabei auch Hinweise zur Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit der betreffenden Gebiete zu geben. Unabhängig hiervon bittet der Bundesrat die Bundesregierung, sich auf EU-Ebene dafür einzusetzen, dass auch innerhalb der EU ein lärmabhängiges Trassenpreissystem eingeführt wird. In diesem Zusammenhang wird die Bundesregierung gebeten darauf hinzuwirken, dass ein europaweites Trassenpreissystem so gestaltet wird, dass es dauerhafte Anreize für die Entwicklung und die Beschaffung lärmarmer Schienenfahrzeuge setzt. Außerdem sollen die günstigeren Trassenpreise für alle leisen Wagen - neue und umgerüstete - gelten.
- 5. Der Bundesrat begrüßt, dass sich die Unternehmen der Deutsche Bahn AG (DB AG) hinsichtlich der Lärmminderung bei Infrastruktur und Fahrzeugen zunehmend engagieren und sich die DB AG im Rahmen der Eckpunktevereinbarung zu einem lärmabhängigen Trassenpreissystem zum Ziel gesetzt hat, die Lärmbelästigung durch Schienenverkehr bis 2020 um 50 Prozent zu senken.
Der Bundesrat hält es für erforderlich, das im Hinblick auf dieses Ziel die Anreize zum Einsatz leiser Güterwagen deutlich verstärkt werden. Er bittet die DB Netz AG, die Trassenpreise auf der Grundlage der europarechtlichen Möglichkeiten so stark zu differenzieren, dass der Einsatz leiser Wagen unter Berücksichtigung aller Kosten in der Regel wirtschaftliche Vorteile bietet. Dabei sind, solange potentiell preiswerte Technologien - wie etwa die LL-Sohle - nicht unbeschränkt zugelassen und am Markt verfügbar sind, die investiven und betrieblichen Kosten der K-Sohlen zugrunde zu legen. Die Trassenpreise für laute Wagen müssen unter Berücksichtigung einer vertretbaren Umrüstungsfrist ab 2020 so bemessen sein, dass ein Einsatz dieser Wagen im Güterfernverkehr im Normalfall ausscheidet. Der Bundesrat bittet, dabei sicherzustellen, dass günstigere Trassenpreise für alle leisen Wagen - neue und umgerüstete - gleichermaßen gelten.
- 6. Der Bundesrat bekräftigt seine Forderungen nach einer gesetzlichen Regelung für lärmabhängige Trassenpreise. Er fordert die Bundesregierung auf, diesen Aspekt in der Richtlinie 2012/34/EU - gegebenenfalls auch vorgezogen - einer Regelung zuzuführen und dabei insbesondere die in Ziffer 5 definierten Anforderungen zugrunde zu legen.