967. Sitzung des Bundesrates am 27. April 2018
A
Der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz (AV), der Gesundheitsausschuss (G), der Rechtsausschuss (R), der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (U) und der Ausschuss für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung (Wo) empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
Zur Vorlage insgesamt
- 1. Im Anschluss an die Europäische Bürgerinitiative zum Recht auf Wasser (Right2Water) wurde eine unionsweite öffentliche Konsultation eingeleitet und die Richtlinie 98/83/EG (Trinkwasserrichtlinie) auf ihre Effizienz und Leistungsfähigkeit hin bewertet (REFIT-Bewertung). Daraus leitete die Kommission ab, dass einige Bestimmungen dieser Richtlinie aktualisiert werden müssen.
- 2. Die Trinkwasserrichtlinie soll deshalb durch den vorgelegten Vorschlag der Kommission umfangreich geändert werden. Aus Gründen der Klarheit soll die Richtlinie neu gefasst werden.
- 3. Die Änderungen betreffen im Wesentlichen
- - die Einführung eines risikobasierten Ansatzes für Wasserversorgungsunternehmen (bisher optional), - die Einführung eines risikobasierten Ansatzes für Hausinstallationen unter Einbeziehung der Parameter Blei und Legionellen(neu),
- - eine Aktualisierung der in der Richtlinie enthaltenen Parameterliste,
- - die Vorschriften für Transparenz und den Zugang zu aktuellen Verbraucherinformationen, - die Berichterstattung an die Kommission mit Ermächtigung für delegierte Rechtsakte zur Festlegung von Berichtsformaten,
- - die Materialien, die mit Trinkwasser in Berührung kommen,
- - die generelle Streichung des Wassers, das in einem Lebensmittelbetrieb für die Herstellung von für den menschlichen Verbrauch bestimmten Erzeugnissen verwendet wird, aus dem Anwendungsbereich,
- - die Streichung von Wasser, das in Flaschen oder andere Behältnisse abgefüllt und zum Verkauf bestimmt ist, sowie die Neuaufnahme von Quellwasser in den Anwendungsbereich, sowie
- - die Gewährleistung eines Zugangs zu sauberem Trinkwasser und - die Förderung der kostenlosen Abgabe von Trinkwasser in öffentlichen Bereichen.
- 4. Der Bundesrat betont, dass ein sehr hohes und unionsweit einheitliches Schutzniveau für Wasser, das für den menschlichen Gebrauch bestimmt ist, von essenzieller Wichtigkeit ist, um die Menschen effektiv vor den Gefahren zu schützen, die von verunreinigtem Trinkwasser ausgehen können.
- 5. Der Bundesrat begrüßt daher das Bestreben der Kommission, den Zugang zu qualitativ hochwertigem Trinkwasser in den Mitgliedstaaten sicherzustellen und zu diesem Zweck die bestehende Trinkwasserrichtlinie zu überarbeiten.
- 6. Der Bundesrat bittet zu berücksichtigen, dass die Sicherstellung der Trinkwasserqualität in Deutschland bislang vorbildlich geregelt ist. Gleiches gilt für die Verantwortlichkeiten aller Akteure. Nunmehr nimmt die EU immer weiter Abstand von klaren Zuständigkeitsregeln. Aufgaben der Gesundheitsvorsorge, des Umweltschutzes, der Gesundheitsämter, der Wasserversorger und deren Aufsichtsbehörden sowie Rechte und Pflichten der Betreiber von Hausinstallationen sowie der Verbraucherinnen und Verbraucher werden vermischt. Dies entspricht nicht den klaren und gewachsenen Strukturen, die sich in der Praxis bewährt haben.
- 7. Die verschiedenen Intentionen des vorgelegten Vorschlags, zum Beispiel der Gedanke des Umweltschutzes, sind dem Grunde nach wünschenswert. Hier sollen aber Elemente des Umweltschutzes mit Grenzwerten in der Trinkwasserrichtlinie geregelt werden, die aus gesundheitlichen Vorsorgegründen entwickelt wurden und mit entsprechenden Rechtsfolgen belegt sind. Dies ist ein sachfremdes Vorgehen, das heißt eine politische Instrumentalisierung der Hygienevorschriften zur Trinkwasserversorgung. Dies sollte zurückgewiesen werden.
- 8. Die Trinkwasserrichtlinie dient dem Schutz der menschlichen Gesundheit vor nachteiligen Einflüssen, die sich aus Verunreinigungen von Trinkwasser ergeben könnten. Der Bundesrat unterstützt dieses Schutzziel ausdrücklich und bittet die Bundesregierung darauf hinzuwirken, dass die in der Trinkwasserrichtlinie vorgesehenen Maßnahmen und Regulationen sich primär an diesem gesundheitlichen Schutzziel orientieren.
- 9. Der Richtlinienentwurf der EU versucht neben dem freien Zugang zu qualitativ hochwertigem Trinkwasser, die Reduzierung des Verbrauchs an Trinkwasserflaschen, den Verbraucherschutz, die Transparenz und die risikobasierte Probennahme einschließlich eines risikobasierten Managements in einer Richtlinie zu regeln. Dies führt zu einem umfassenden Regelwerk, welches nicht mehr dem ursprünglichen Grundgedanken der Richtlinie - nämlich die Sicherstellung der Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch - folgt.
- 10. Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich das Ziel der Kommission, hierdurch die nachhaltige Bewirtschaftung von Trinkwasser in ressourceneffizienter Weise zu fördern, den Verbrauch an Flaschenwasser zu reduzieren, mit Hilfe eines ganzheitlichen Ansatzes für das Risikomanagement die Wettbewerbsfähigkeit der EU im Wassersektor zu erhalten und den Zugang von Bürgerinnen und Bürgern zu Trinkwasserinformationen zu verbessern.
- 11. In immer komplexeren, fachlich anspruchsvolleren und vernetzten Lebenswirklichkeiten wird es den kommunalen Gesundheitsämtern nicht möglich sein, Expertenwissen in allen nach dem Richtlinienentwurf zu berücksichtigenden Fachbereichen (Medizin, Hydrologie, Geologie, Toxikologie, Mikrobiologie, Chemie, Pharmakologie, Installation und so weiter) vorzuhalten und die Verantwortung für ein entsprechendes Risikomanagement bis in den einzelnen Privathaushalt hinein zu tragen. Dies dient auch nicht der Entbürokratisierung.
- 12. Ebenso begrüßt der Bundesrat grundsätzlich den risikobasierten Ansatz, die Aktualisierung der Parameterliste sowie die Verbesserung von Transparenz und Information der Verbraucherinnen und Verbraucher.
- 13. Der Bundesrat ist jedoch der Auffassung, dass wichtige Sachverhalte durch den Richtlinienvorschlag nicht richtig erfasst und nicht sachgerecht geregelt werden.
- 14. Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich verschiedene Bestrebungen des vorgelegten Vorschlags. Dazu gehört insbesondere der risikobasierte (holistische) Ansatz für die Sicherheit in der Wasserversorgung und zum Schutz der menschlichen Gesundheit und des Verbraucherschutzes.
Der Bundesrat sieht aber bei einzelnen Regelungen des Vorschlags erheblichen Änderungsbedarf.
- 15. Der Bundesrat hat Sorge, dass verschiedene Regelungen des Richtlinienvorschlags eine Umsetzung und den späteren Vollzug durch die Länder unverhältnismäßig erschweren oder teilweise sogar unmöglich machen. Zudem hat der Bundesrat Sorge, dass die Versorgungsunternehmen in unverhältnismäßiger Weise belastet werden könnten.
- 16. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung daher auf, sich im Rahmen des EU-Gesetzgebungsverfahrens dafür einzusetzen, dass die bestehenden Bedenken in der weiteren Beratung des Richtlinienvorschlags berücksichtigt werden.
- 17. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung ferner, im weiteren Verfahren darauf zu achten, dass unverhältnismäßige Regelungen und ausufernde Kosten vermieden werden[, da die geplanten Änderungen nach Einschätzung der Kommission erhebliche Mehrkosten zwischen 5,9 Milliarden und 7,3 Milliarden Euro hervorrufen können, die in erster Linie von den Versorgungsunternehmen zu tragen sein werden und überdies zu einer erheblichen Verteuerung des Trinkwassers führen können].
- 18. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, bei den anstehenden Beratungen zum Vorschlag der Kommission auf Folgendes hinzuwirken:
Zu einzelnen Vorschriften
19. Zu Artikel 2
In Artikel 2 Nummer 1 des Richtlinienvorschlags wird Wasser für Lebensmittelbetriebe gestrichen und damit vollständig aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie herausgenommen. Demgegenüber ist Erwägungsgrund 3 des Richtlinienvorschlags zu entnehmen, dass Wasser, das bei der Herstellung, Zubereitung oder Bearbeitung von Lebensmitteln verwendet wird, bis zur Stelle der Einhaltung den Bestimmungen der Richtlinie entsprechen muss. Es ist somit gewollt, dass das Wasser in einem Lebensmittelbetrieb bis zur Stelle der Einhaltung (am Zapfhahn für die Entnahme) in den Anwendungsbereich der Richtlinie fällt. Dies ist aufgrund der Streichung dem nachfolgenden Rechtstext jedoch nicht zu entnehmen.
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung daher um Prüfung der Auswirkungen der geplanten Änderung auf die Schnittstelle zwischen Trinkwasser- und Lebensmittelrecht. Es muss sichergestellt sein, dass keine Regelungslücke entsteht und das Wasser bis zur Stelle der Einhaltung im Lebensmittelbetrieb auch weiterhin der Trinkwasserrichtlinie unterliegt. Nach der geltenden Trinkwasserrichtlinie wird Wasser für Lebensmittelbetriebe vom Anwendungsbereich erfasst, zum Beispiel wenn ein Lebensmittelbetrieb eine eigene Wasserversorgung betreibt (eigener Brunnen mit den bekannten Risiken). Das heißt, die Vorgaben der Richtlinie sind einzuhalten, zum Beispiel zum Untersuchungsumfang und zur Untersuchungshäufigkeit, und das Wasser unterliegt insoweit der fachkompetenten Überwachung durch das Gesundheitsamt (und zwar bis zur Stelle der Einhaltung). Nach dieser Stelle unterliegt es den lebensmittelrechtlichen Bestimmungen.
Es wird für erforderlich gehalten, dass Wasser für Lebensmittelbetriebe auch weiterhin den Vorgaben der Richtlinie entsprechen muss und damit bis zur Stelle der Einhaltung der Überwachung durch das Gesundheitsamt unterliegt. Anderenfalls muss mit deutlichen Lücken in der Überwachung vor Ort gerechnet werden, die seitens der Lebensmittelüberwachungsbehörden nicht geschlossen werden können. Dies sollte vor dem Hintergrund der möglichen Konsequenzen für die Sicherheit der Lebensmittel und damit der Verbraucher und Verbraucherinnen geprüft werden.
20. Zu Artikel 3
Artikel 2 Nummer 3 des Richtlinienvorschlags definiert den Begriff "Versorgungsunternehmen" ab einer Bereitstellung von täglich durchschnittlich mindestens 10 m3 Wasser für den menschlichen Gebrauch.
Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe b des Richtlinienvorschlags ermöglicht es den Mitgliedstaaten, Ausnahmen zuzulassen für individuelle Versorgungsanlagen, aus denen im Durchschnitt pro Tag weniger als 10 m3 Wasser entnommen oder weniger als 50 Personen versorgt werden, sofern die Trinkwasserbereitstellung nicht im Rahmen einer gewerblichen oder öffentlichen Tätigkeit erfolgt. Für Wasserversorgungsanlagen, aus denen im Durchschnitt pro Tag weniger als 10 m3 Wasser entnommen oder weniger als 50 Personen versorgt werden, die Trinkwasserbereitstellung aber im Rahmen einer gewerblichen oder öffentlichen Tätigkeit erfolgt, fehlen spezielle Regelungen. Es sollte daher den Mitgliedstaaten ermöglicht werden, die Verhältnismäßigkeit wahrende Bestimmungen für diese Wasserversorgungsanlagen mit einer täglichen Wasserentnahme von nicht mehr als 10 m3, unabhängig davon, ob es sich um eine gewerbliche oder öffentliche Nutzung handelt, zu erlassen, die bei diesen Anlagen die Genusstauglichkeit und Reinheit des für den menschlichen Gebrauch bestimmten Wassers sicherstellen. In diesem Zusammenhang bekräftigt der Bundesrat seinen Beschluss vom 15. Dezember 2017 (BR-Drucksache 700/17(B) B Ziffer 5), wonach die lokalen Behörden bei Wasserversorgungsanlagen von weniger als 10 m3 täglicher Abgabemenge im Rahmen einer gewerblichen oder öffentlichen Tätigkeit wieder die Möglichkeit erhalten sollen, Untersuchungen auszuschließen, wenn keine Überschreitungen der Grenzwerte zu erwarten sind, und entsprechende Abwägungsmöglichkeiten für die lokalen Behörden sicherzustellen sind.
21. Zu Artikel 5, Anhang I
Bei den Änderungen im Anhang I (Artikel 5 Absatz 1 des Richtlinienvorschlags) sollte nach Auffassung des Bundesrates Folgendes berücksichtigt werden:
Anhang I Teil A Mikrobiologische Parameter:
Der Bundesrat stellt fest, dass die neuen mikrobiologischen Parameter kritisch auf ihre Sinnhaftigkeit überprüft werden sollten.
- Somatische Coliphagen:
Der Parameter erbringt keinen Mehrwert an Erkenntnis gegenüber den Parametern E. coli, Coliforme Bakterien und Enterokokken.
Sporen von "Clostridium perfringens" und somatische Coliphagen sollten nicht als Schlüsselparameter im Sinne des Anhangs II Teil B eingestuft werden. Die Untersuchung auf diese Parameter ist sinnvoll im Rahmen der Risikobewertung der Versorgungsunternehmen zur Beschreibung von Rohwasser und Einzugsgebiet. Je nach Befund wird die Wasseraufbereitung entsprechend ausgerichtet.
Nicht geeignet, da wenig aussagekräftig, sind diese Parameter zur regelmäßigen Untersuchung des Reinwassers, wenn das Rohwasser nicht von Oberflächenwasser stammt oder nicht von Oberflächenwasser beeinflusst wird.
Die Festlegung der Parameter Sporen von "Clostridium perfringens" und somatische Coliphagen als Schlüsselparameter sieht der Bundesrat als unverhältnismäßig an.
Anhang I Teil B Chemische Parameter:
Durch die neuen chemischen Parameter ergibt sich nach Auffassung des Bundesrates ein erheblicher Mehraufwand für die Versorgungsunternehmen. Die
Sinnhaftigkeit der Parameter und die Höhe der Grenzwerte sollten kritisch überprüft werden.
Die Berücksichtigung von Stoffen mit endokriner Wirkung ist grundsätzlich fragwürdig, da die Weltgesundheitsorganisation (WHO) nicht von einer Gesundheitsgefährdung durch diese Stoffe im Trinkwasser ausgeht. Davon ausgehend sind diese Parameter vom rechtlichen Rahmen des Vorschlags nicht umfasst und sollten aus systematischen Gründen beim "Review" der Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (Wasserrahmenrichtlinie) erörtert werden.
[- Blei:
Die Reduzierung des Grenzwertes für Blei wird grundsätzlich begrüßt. Entsprechend der Entschließung des Bundesrates vom 15.12.2017 (Drucksache 700/17(B) ) wird die Bundesregierung gebeten, sich dafür einzusetzen, dass Bleileitungen in Trinkwasserinstallationen verboten und ihr Austausch als entsprechende Maßnahme gefordert wird.]
- Chlorat, Chlorit, Halogenessigsäuren:
Die Parameter erscheinen nur bei einer Desinfektion sinnvoll. Die Höhe der Grenzwerte für Chlorat und Chlorit erscheinen zu hoch.
- Microcystin-LR:
Der Parameter erscheint nur bei der Gewinnung von Trinkwasser aus weitgehend stehenden, oberflächennahen Gewässern sinnvoll. Die Höhe des Grenzwertes erscheint zu hoch.
- Pestizide:
In den Anmerkungen wird in Abweichung von der englischen Version des Richtlinienvorschlags von "entsprechenden" Metaboliten gesprochen und auf Artikel 3 Nummer 32 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 verwiesen. Dort wird im Zusammenhang mit Metaboliten nicht der Begriff "entsprechend", sondern "relevant" verwendet. Der Wortlaut der Regelung ist damit unklar und sollte geändert werden.
- PFAS, PFAS insgesamt:
Die Definition von PFAS ist sehr offen gefasst. Sie umfasst circa 3 000 Einzelstoffe (inklusive Trifluoracetat, das ubiquitär in Trinkwässern oberhalb von 0,1 µg/l nachgewiesen werden kann). Es wird für notwendig gehalten, den Bereich für "n" in der Formel zu konkretisieren, zum Beispiel CnF2n+1−R mit n > 3) und die in den Summenparameter einzubeziehenden Einzelstoffe anzugeben.
Zu Artikel 5 Absatz 2 (alt), Anhang I Teil C (alt)
- 23. Der Bundesrat stellt fest, dass wichtige bisherige Indikatorparameter (Anhang I Teil C) in dem vorliegenden Richtlinienvorschlag mit der Begründung entfallen, dass sie keine gesundheitsbezogenen Daten liefern. Der Bundesrat lehnt die Streichung bisheriger Indikatorparameter mit Nachdruck ab, da diese wichtige betriebstechnische Größen und weitergehende Qualitäts- bzw. Ak-zeptanzgrößen sind und daher unabdingbar sind, um die Ziele der Kommission, wie den Verbrauch an Flaschenwasser zu senken, zu erreichen. Sie sollten daher unbedingt erhalten werden. Dies gilt insbesondere für den Geruch und den Geschmack, die Werte für gelösten organisch gebundenen Kohlenstoff (DOC) und organisch gebundenen Gesamtkohlenstoff (TOC), für den pH-Wert sowie für die Werte für Eisen, Mangan und Chlorid.
Der Bundesrat fordert, dass mindestens die Parameter Sulfat (SO4) und Aluminium weiterhin als gesundheitsrelevante Parameter überwacht werden.
- 24. Die durch Artikel 5 Absatz 2 Satz 2 (alt) in Anhang I Teil C (alt) geregelten Indikatorparameter sollen gestrichen werden. Diese Parameter sind nicht primär gesundheitlich relevant. Insbesondere die Indikatorparameter Eisen, Oxidierbarkeit, TOC, Sulfat, Mangan, Leitfähigkeit, Natrium und pH sind Indikatoren für die Funktionsfähigkeit einer Wasserversorgungsanlage einschließlich der Aufbereitung und können auch gesundheitlich relevante Störungen anzeigen. Zum Teil lässt sich aus Indikatorparametern auch konkreter Handlungsbedarf ableiten, zum Beispiel für den Einsatz von Desinfektionsmitteln oder zur Vorbeugung unerwünschter Ablagerungen.
- 25. Für den Fall, dass die Parameter Sulfat und Aluminium als Indikatorparameter in der Neufassung der Trinkwasserrichtlinie entfallen sollten, fordert der Bundesrat die Bundesregierung dazu auf, im Rahmen der Umsetzung in nationales Recht von der Option Gebrauch zu machen, diese als zusätzliche Parameter für den Schutz der menschlichen Gesundheit festzuschreiben.
- 26. Fachlich nicht begründet ist die Verschiebung der Indikatorparameter coliforme Bakterien, Keimzahl und Trübung in den Anhang I Teil A, da damit deren Überschreitung mit einer potenziellen Gesundheitsgefährdung verknüpft wird.
Auf die Ausführungen zu Artikel 12 zu gestrichenen Parametern des Anhangs I Teil C (alt), deren Überschreitung je nach Begleitumständen indirekt eine gesundheitliche Gefährdung nach sich ziehen kann, wird hingewiesen.3
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich dafür einzusetzen, dass die Indikatorparameter wie bisher vollständig als Anhang III in die neue Trinkwasserrichtlinie aufgenommen werden. Mindestens sollte in Artikel 5 den Mitgliedstaaten eine Möglichkeit zur Festsetzung von Indikatorparametern gegeben werden.
Zu Artikel 6
- 27. Es sollte geprüft werden, inwieweit die Notwendigkeit besteht, "Quellwasser" zusätzlich in die Neufassung der Richtlinie aufzunehmen. Für "Quellwasser" sind detaillierte Bestimmungen in der Richtlinie (2009/54/EG) über die Gewinnung und den Handel mit natürlichen Mineralwässern (Mineralwasserrichtlinie) enthalten. Im Übrigen wird auf die Regelungen der Trinkwasserrichtlinie verwiesen.
- 28. Die geltende Fassung der Trinkwasserrichtlinie enthält Bestimmungen zu "Wasser, das in Flaschen oder andere Behältnisse abgefüllt und zum Verkauf bestimmt ist". Dies soll aus dem Anwendungsbereich der Trinkwasserrichtlinie herausgenommen werden, da dieses Wasser als Lebensmittel unter die Basisverordnung (EG) Nr. 178/2002 falle. Systematisch ist dies grundsätzlich nachvollziehbar, allerdings könnte hierbei eine Regelungslücke entstehen, da es nicht für alle Flaschenwässer Regelungen im Lebensmittelrecht gibt.
- 29. Mit der Mineralwasserrichtlinie gibt es Regelungen für einen Teil der Flaschenwässer, auch für Quellwasser, indem auf die Trinkwasserrichtlinie verwiesen wird. Dies wird in der Neufassung auch berücksichtigt.
Soweit das übrige Flaschenwasser aus dem Anwendungsbereich der Trinkwasserrichtlinie herausgenommen würde, entfielen sämtliche Vorgaben, zum Beispiel zu mikrobiologischen Anforderungen und chemischen Parametern. Insofern müsste lebensmittelrechtlich normiert werden, dass neben natürlichen Mineralwässern und Quellwässern alle übrigen Flaschenwässer den Bestimmungen der Trinkwasserrichtlinie entsprechen müssen.
Wegen der drohenden Regelungslücke und dem Aufwand für die neue Normierung sollte das Flaschenwasser im Anwendungsbereich der Trinkwasserrichtlinie verbleiben.
30. Zu Artikel 7
Der Begriff "Risikoanalyse" in Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b des Richtlinienvorschlags ist aus redaktionellen Gründen durch den Begriff "Risikobewertung" zu ersetzen. Der risikobasierte Ansatz besteht aus Gefahren- und Risikobewertungen.
Unklar ist, für welche Versorgungsunternehmen die Regelungen der Artikel 8 und 9 des Richtlinienvorschlags gelten sollen. In Artikel 7 Absatz 3 des Richtlinienvorschlags werden nur kleine, große und sehr große Versorgungsunternehmen (Artikel 2 Nummer 4 bis 6 des Richtlinienvorschlags) genannt. In Artikel 8 Absatz 2 bis 6 des Richtlinienvorschlags und Artikel 9 Absatz 1 des Richtlinienvorschlags werden Versorgungsunternehmen nach Artikel 2 Nummer 3 des Richtlinienvorschlags angesprochen. Auf die Ausführungen zu Versorgungsunternehmen mit einer Bereitstellung von täglich durchschnittlich unter 10 m3 Wasser für den menschlichen Gebrauch bei Artikel 3 des Richtlinienvorschlags wird hingewiesen.1
Die Risikobewertung der Versorgung (Artikel 9 des Richtlinienvorschlags) wird mit einem großen Aufwand für die Versorgungsunternehmen verbunden sein. Besonders für kleine Versorgungsunternehmen sollte daher eine alternative Regelung [oder eine längere als die in Artikel 7 Absatz 3 Satz 1 des Richtlinienvorschlags vorgesehene Durchführungsfrist] vorgesehen werden. Andernfalls wird die Gefahr einer Schließung kleiner Versorgungsunternehmen mit negativen Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit befürchtet. Während der Übergangszeit müssen die Versorgungsunternehmen ohne Reduzierung von Untersuchungshäufigkeit und -umfang Untersuchungsprogramme durchführen können, wie dies bisher in der Trinkwasserrichtlinie vorgesehen war.
Zur Vermeidung eines erheblichen Mehraufwands und der Gewährleistung einer bestmöglichen Einbindung der Gefahrenbewertung in die Bestandsaufnahme nach Artikel 5 der Wasserrahmenrichtlinie ist der Bundesrat der Auffassung, dass eine Überprüfung und eventuelle Aktualisierung nach Artikel 7 Absatz 2 des Richtlinienvorschlags alle sechs Jahre erfolgen sollte.
Zu Artikel 8
- 31. Die in Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a des Richtlinienvorschlags vorgegebene Gefahrenbewertung der Wasserkörper wird in Artikel 8 des Richtlinienvorschlags konkretisiert. Der Begriff "Wasserkörper" wird im Vorschlag nicht definiert. Die Begriffsbestimmungen der Wasserrahmenrichtlinie für Oberflä-chenwasserkörper und Grundwasserleiter sind belegt und für den Sachverhalt der Rohwassergewinnung aus einer Fassung nicht geeignet. Aus Gründen der Klarstellung und zur Abgrenzung von der Wasserrahmenrichtlinie wird als Begriffsbestimmung der Begriff "Trinkwassereinzugsgebiete" vorgeschlagen.
Die Gefahrenbewertung nach Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer iv des Richtlinienvorschlags umfasst eine regelmäßige Überwachung auf andere relevante Schadstoffe. Als Beispiel für einen relevanten Schadstoff wird Mikroplastik aufgeführt. Dieses Beispiel ist wenig geeignet, da kaum trinkwasserrelevant sowie schwer vollziehbar wegen fehlender einheitlicher Analysemethoden und mangelnder Kenntnis über gesundheitliche Auswirkungen.
- 32. Der Bundesrat stellt weiter fest, dass die Gefahrenbewertung gemäß Artikel 8 des Richtlinienvorschlags nicht auf der lokalen Ebene der Wassereinzugsgebiete der Wassergewinnung erfolgt, sondern auf der Ebene der großräumigeren Wasserkörper nach Artikel 2 Nummer 10 und 12 der Wasserrahmenrichtlinie. Der Bundesrat hält die Gefahrenbewertung für eine geeignete Ergänzung zu den Sorgfaltsverpflichtungen der Wasserversorger und sieht hierin auch eine Ergänzung der bestehenden Maßnahmen für die Sicherheit der Wasserversorgung. Zudem hält der Bundesrat die Gefahrenbewertung für eine geeignete Basis für weitergehende Vorkehrungen auf der Ebene der Wassereinzugsgebiete.
- 33. Der Bundesrat hält allerdings die Ausgestaltung der Regelung in Artikel 8 des Richtlinienvorschlags für unzureichend. Wesentliche Sachverhalte werden durch den Richtlinienvorschlag nicht ausreichend klar beschrieben und geregelt. Zudem ergibt sich aus der Durchführung der Gefahrenbewertung auf der Ebene der Wasserkörper nach Artikel 2 der Wasserrahmenrichtlinie die zwingende Notwendigkeit für eine sowohl verfahrens- als auch inhaltsmäßige Integration dieser Gefahrenbewertung in den Bewirtschaftungsprozess der Wasserkörper nach der Wasserrahmenrichtlinie. Der Bundesrat kritisiert, dass die Integration der Gefahrenbewertung nach der Trinkwasserrichtlinie in die Verfahren und Aufstellungsprozesse nach der Wasserrahmenrichtlinie in der vorgeschlagenen Richtlinie nicht in ausreichendem Maße berücksichtigt wird.
34. Zu Artikel 9
Nach Absatz 2 sollen die Risikobewertungen durch die Behörden genehmigt werden. Dies würde zu einem nicht vertretbaren Verwaltungsaufwand führen. Die Regelung sollte durch ein behördenunabhängiges Zertifizierungssystem ersetzt werden.
Auf die Ausführungen zu Artikel 7 zu den betroffenen Versorgungsunternehmen und zum großen Aufwand wird hingewiesen.
Zu Artikel 10
- 35. Nach dem Wortlaut von Artikel 10 Absatz 1 des Richtlinienvorschlags fallen alle Hausinstallationen unter die Regelungen der Buchstaben a und c des Absatzes 1. Dies würde zu einer erheblichen und bundesweiten finanziellen Belastung aller Betreiber von Hausinstallationen führen. Die sich daraus ergebenden Vollzugsaufgaben nach Artikel 10 Absatz 2 des Richtlinienvorschlags wären wegen der großen Fallzahlen nicht leistbar. Es sollte eine Beschränkung auf Hausinstallationen in prioritären Räumlichkeiten (Artikel 2 Nummer 7 des Richtlinienvorschlags) erfolgen. Eine Bewertung der Risiken, die von den verwendeten Produkten und Materialien (Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe a des Richtlinienvorschlags) ausgehen können, setzt die Zugänglichkeit der Hausinstallation und das Wissen über die verwendeten Produkte und Materialien voraus. Dies wird sehr häufig nicht der Fall sein. Die Regelung sollte auf ihre Praktikabilität überprüft werden.
Der Bundesrat hält die Durchführung von Informations- und Beratungsmaßnahmen sowie Schulungen für Fachleute entsprechend Artikel 10 Absatz 2 Buchstabe d und e des Richtlinienvorschlags nicht für staatliche Aufgaben. Er bittet die Bundesregierung, bei den weiteren Beratungen zum Ausdruck zu bringen, dass diese Sachverhalte geeigneter in den Mitgliedstaaten geregelt werden können. In Deutschland handelt es sich hierbei um Leistungen, die durch entsprechende Fachfirmen erbracht werden können bzw. den Fachverbänden überlassen bleiben sollten.
- 36. Wie bisher nach der nationalen Trinkwasserverordnung sollten Anlagen bei öffentlicher Tätigkeit in die Überwachung einbezogen werden, entsprechend den Vorschriften der Vorlage für sogenannte prioritäre Räumlichkeiten. Hausinstallationen bei gewerblicher Tätigkeit sollten nur im Einzelfall, private Anlagen überhaupt nicht in die Überwachung einbezogen werden.
37. Zu Artikel 10 (alt)
Artikel 10 (alt) wurde gestrichen. Die Kommission verweist stattdessen auf Artikel 10 des Richtlinienvorschlags "Risikobewertung von Hausinstallationen" sowie die Bauprodukte-Verordnung (EU) Nr. 305/2011 . Der Bundesrat ist jedoch der Auffassung, dass wegen der Sachnähe eine unmittelbare Regelung der Thematik in der Trinkwasserrichtlinie unter Einbeziehung aller Materialien im Kontakt mit Trinkwasser über die Hausinstallationen hinaus erfolgen sollte. Durch das Streichen der Bestimmungen über Materialien und Produkte, die mit Trinkwasser in Berührung kommen (Artikel 10 der Trinkwasserrichtlinie), ohne dass bereits eine entsprechende harmonisierte europäische Norm vorliegt, entsteht eine Regelungslücke. Diese kann dazu führen, dass hygienisch bzw. chemisch bedenkliche Materialien und Produkte zum Einsatz kommen; dem Schutz der menschlichen Gesundheit wird insoweit nicht genügend Folge geleistet.
38. Zu Artikel 11
In Artikel 11 Absatz 2 Buchstabe a des Richtlinienvorschlags ist kein Hinweis auf eine verpflichtende Probennahmehäufigkeit nach Anhang II Teil B Nummer 2 enthalten. Ferner ist mit Blick auf die Definitionen von Versorgungsunternehmen in Artikel 2 Nummer 3 bis 6 des Richtlinienvorschlags nicht erkennbar, ob die Regelung in Anhang II Teil B Nummer 2 auch für Versorgungsunternehmen mit einer Bereitstellung von täglich durchschnittlich weniger als 10 m3 Wasser für den menschlichen Gebrauch gelten soll. Dies sollte nach Ansicht des Bundesrates klargestellt werden. Auf die Ausführungen zu Versorgungsunternehmen mit einer Bereitstellung von täglich durchschnittlich unter 10 m3 Wasser für den menschlichen Gebrauch bei Artikel 3 des Richtlinienvorschlags wird hingewiesen.1
Durch die in Tabelle 1 des Anhangs II Teil B Nummer 2 genannten Häufigkeiten käme es zu einer massiven Erhöhung der Probennahmezahlen, die fachlich nicht gerechtfertigt erscheint und die mit einer erheblichen Belastung für die Versorgungsunternehmen verbunden wäre. Die Probennahmezahlen sollten nach Auffassung des Bundesrates den bisherigen Umfang nicht übersteigen.
In Artikel 11 Absatz 3 des Richtlinienvorschlags wird auf Anhang II Teil D verwiesen. Dort wird unter Nummer 2 Buchstabe a der Parameter Legionella unter den chemischen Parametern aufgeführt. Der Parameter Legionella fällt jedoch unter die mikrobiologischen Parameter, die in Nummer 2 Buchstabe b geregelt sind. Der Parameter Legionella sollte in Nummer 2 Buchstabe a gestrichen werden.
Zu Artikel 12
- 39. Der frühere Artikel 9 "Abweichungen" wurde mit Verweis auf den neuen Artikel 12 des Richtlinienvorschlags gestrichen. Der Bundesrat stellt jedoch fest, dass bewährte Elemente des Artikels 9 (alt) in Artikel 12 des Richtlinienvorschlags übernommen werden sollten.
- 40. So sollte die Anordnung zur Wiederherstellung der Wasserqualität durch die Behörden zwingend die Angaben eines geeigneten Überwachungsprogramms sowie eines Sanierungs- und Zeitplans enthalten und die Wiederherstellung der Wasserqualität nicht länger als höchstens sechs Jahre dauern dürfen.
- 41. So sollte die Anordnung zur Wiederherstellung der Wasserqualität durch die Behörden zwingend die Angaben eines geeigneten Überwachungsprogramms sowie eines Sanierungs- und Zeitplans enthalten und die Wiederherstellung der Wasserqualität nicht länger als höchstens neun Jahre dauern dürfen.
- 42. Entspricht nach Artikel 12 Absatz 2 des Richtlinienvorschlags für den menschlichen Gebrauch bestimmtes Wasser trotz der zur Erfüllung der Verpflichtungen aus Artikel 4 Absatz 1 des Richtlinienvorschlags getroffenen Maßnahmen nicht den gemäß Artikel 5 des Richtlinienvorschlags festgesetzten Parameterwerten, so stellt der betreffende Mitgliedstaat sicher, dass so bald wie möglich die notwendigen Abhilfemaßnahmen zur Wiederherstellung der Wasserqualität getroffen werden und dass deren Durchführung Priorität erhält, wobei unter anderem das Ausmaß der Überschreitung der entsprechenden Parameterwerte und die potenzielle Gefährdung der menschlichen Gesundheit berücksichtigt werden.
Diese Bestimmung stellt die Notwendigkeit sofortiger Abhilfemaßnahmen bei Nichteinhaltung eines Parameterwerts dar, erlaubt gleichzeitig aber angemessene und verhältnismäßige Maßnahmen.
Nicht verhältnismäßig ist es nach Auffassung des Bundesrates dagegen, jeder Parameterwertüberschreitung automatisch dasselbe Gefährdungspotential zuzuschreiben, wie es unter Artikel 12 Absatz 3 des Richtlinienvorschlags formuliert ist. Die Regelung in Artikel 12 Absatz 3 Satz 2 des Richtlinienvorschlags, dass jede Grenzwertüberschreitung der Parameterwerte gemäß Anhang I Teile A und B automatisch als potenzielle Gesundheitsgefährdung gewertet wird, sollte zugunsten einer Abschätzung der gesundheitlichen Auswirkungen bei erfolgten Grenzwertüberschreitungen im Einzelfall gestrichen werden. Es sind Parameter im Anhang I Teile A und B enthalten, deren Grenzwerte in der vorliegenden Höhe nicht gesundheitlich begründet sind (Pestizide, Nonylphenol, ß-Östradiol). Auch die Maßnahmen nach Artikel 12 Absatz 4 des Richtlinienvorschlags sollten je nach den Umständen des Einzelfalls getroffen werden können. Die Informationspflichten nach Artikel 12 Absatz 4 des Richtlinienvorschlags müssen mit Absatz 2 in Einklang gebracht werden. Ferner sieht der Bundesrat die primäre Verantwortung für die Informationspflichten nach Artikel 12 Absatz 4 des Richtlinienvorschlags bei den Versorgungsunternehmen. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Pflichten erfüllt werden. Daher wird die Bundesregierung gebeten, darauf hinzuwirken, dass die Formulierung an dieser Stelle entsprechend geändert wird.
43. Zu Artikel 13
Die Werbung für Wasser für den menschlichen Gebrauch durch die Förderung der kostenlosen Bereitstellung solchen Wassers in Restaurants, Kantinen und im Rahmen von Verpflegungsdienstleistungen (Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe c Ziffer iii des Richtlinienvorschlags) wird kritisch gesehen, da dies einen Eingriff in das Marktgeschehen darstellen könnte.
Finanzwirksame Fördermaßnahmen werden vom Bundesrat abgelehnt.
Zu Artikel 14
- 44. Mit Blick auf die Definitionen von Versorgungsunternehmen in Artikel 2 Nummer 3 bis 6 des Richtlinienvorschlags ist nicht erkennbar, ob die Regelung auch für Versorgungsunternehmen mit einer Bereitstellung von täglich durchschnittlich weniger als 10 m3 Wasser für den menschlichen Gebrauch gelten soll. Dies sollte klargestellt werden. Auf die Ausführungen zu Versorgungsunternehmen mit einer Bereitstellung von täglich durchschnittlich unter 10 m3 Wasser für den menschlichen Gebrauch bei Artikel 3 des Richtlinienvorschlags wird hingewiesen.1
- 45. [Regelungen zur Information der Öffentlichkeit sollten der Information über die Qualität des Wassers für den menschlichen Verbrauch dienen (Artikel 1 Absatz 1 des Richtlinienvorschlags). Informationen in diesem Sinne sind insbesondere Angaben über die Einhaltung der Parameterwerte, die Maßnahmen bei Überschreitung dieser Werte, die Aufbereitung, Verbrauchsempfehlungen oder Ähnliches. Darüber hinausgehende Informationen, wie zum Beispiel über Leckagewerte, Energieverbrauch, Verwaltung und Leitung des Versorgungsunternehmens, die Kostenstruktur der Gebühren, den Betrag der Investitionen et cetera, betreffen nicht die Qualität des Wassers für den menschlichen Verbrauch und sollten deshalb gestrichen werden. Sie würden überdies zu einem erheblichen Aufwand für die Aufgabenträger der öffentlichen Wasserversorgung und die Aufsichtsbehörden führen und erhebliche Kosten verursachen.]
Insbesondere kleinere Versorgungsunternehmen besitzen keinen online-Zugang (Artikel 14 Absatz 1 des Richtlinienvorschlags), über den Informationen abgerufen werden können. Ein solcher Zugang kann auch nicht von den Behörden angeordnet werden. In Artikel 14 Absatz 1 des Richtlinienvorschlags sollten deshalb Ersatzlösungen für einen fehlenden Online-Zugang geschaffen werden.
Soweit die Informationspflichten Anlagenbestandteile bzw. Sachverhalte umfassen, die die Trinkwasserversorgung als kritische Infrastrukturen beeinflussen oder verwundbar machen kann, ist gemäß § 3 der Verordnung zur Bestimmung Kritischer Infrastrukturen nach dem BSI-Gesetz (BSI-Kritisverordnung - BSI-KritisV) deren Schutz wegen ihrer besonderen Bedeutung für das Funktionieren des Gemeinwesens zu beachten.
Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die Transparenzziele des Vorschlags nicht im Widerspruch zu den Zielen und Maßnahmen zum Schutz kritischer Infrastruktur stehen dürfen. Ein Zugang der Öffentlichkeit zu Informationen über die Trinkwasserversorgung sollte bei nachteiligen Auswirkungen auf die öffentliche Sicherheit generell ausgeschlossen werden.
46. Zu Artikel 15
Die neuen Berichtspflichten werden zu einer erheblichen Mehrbelastung führen. Sie sollten daher kritisch auf ihre Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit überprüft werden.
Die Einbeziehung von Informationen über die gemäß Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe c Ziffer iii des Richtlinienvorschlags getroffenen Maßnahmen in den Datensatz nach Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe a des Richtlinienvorschlags sollte nicht erfolgen. Auf die Ausführungen zu Artikel 13 des Richtlinienvorschlags wird hingewiesen.2
Nach Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe b des Richtlinienvorschlags ist ein Datensatz mit den Gefahrenbewertungen nach Artikel 8 des Richtlinienvorschlags und den Risikobewertungen für Hausinstallationen nach Artikel 10 des Richtlinienvorschlags zu erstellen. Da ein Datensatz mit den Gefahrenbewertungen nach Artikel 8 des Richtlinienvorschlags nicht das an die Verbraucherinnen und Verbraucher abgegebene Wasser, sondern das Rohwasser betrifft, sollte er entfallen.
Der Zugriff durch die in Artikel 15 Absatz 2 des Richtlinienvorschlags genannten Institutionen sollte nur auf anonymisierte und aggregierte Datensätze erfolgen dürfen.
Soweit die Berichtspflichten kritische Infrastrukturen der Trinkwasserversorgung betreffen, ist die Veröffentlichung bei nachteiligen Auswirkungen auf die öffentliche Sicherheit generell auszuschließen.
Zu Artikel 16
- 47. Der Bundesrat sieht allerdings keine Notwendigkeit, in diesem Zusammenhang den Zugang zu den Gerichten zu erweitern. Er lehnt daher die in Artikel 16 des Richtlinienvorschlags vorgesehene Klagemöglichkeit von Nichtregierungsorganisationen, die sich für den Umweltschutz einsetzen, ab. Die Regelung würde zu einer weitreichenden Einführung der Verbandsklage im Bereich produkt-und nicht primär umweltbezogener Regelungen führen.
Das Übereinkommen von Aarhus fordert eine derartige Klagemöglichkeit nicht. Die in Artikel 16 des Richtlinienvorschlags in Bezug genommenen Artikel 4, 5, 12, 13 und 14 regeln in sehr weitgehender und allgemein gefasster Weise die Anforderungen an die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch und gewähren in Bezug darauf bestimmte Rechte. Der Sache nach handelt es sich um Regelungen, die Wasser als Produkt für die Verwendung durch den Menschen betreffen (insbesondere Einhaltung von Qualitätsstandards und bestimmter Parameter). Derartige produktbezogene Regelungen fallen auch bei einem weiten Verständnis des Begriffs der "Umwelt" nicht in den Anwendungsbereich des Übereinkommens von Aarhus.
Nach Auffassung des Bundesrates muss die verbindliche Einräumung eines Klagerechts für Nichtregierungsorganisationen eine Ausnahme bleiben, die der besonderen Begründung bedarf. Eine solche Begründung enthält der Vorschlag nicht. Von der Situation im Umweltrecht unterscheidet sich die Sachlage deutlich. Im Umweltrecht kann der einzelne Bürger bzw. die einzelne Bürgerin vielfach keine eigene Rechtsverletzung geltend machen. Der Richtlinienvorschlag gewährt dem Bürger bzw. der Bürgerin hingegen unmittelbar eigene Rechte, die dieser erforderlichenfalls gerichtlich durchsetzen kann.
- 48. Es wird keine Notwendigkeit gesehen, den Zugang zu den Gerichten zu erweitern. Die vorgesehene Klagemöglichkeit von Nichtregierungsorganisationen, die sich für den Umweltschutz einsetzen, sollte gestrichen werden.
49. Zu Artikel 18
Gemäß Artikel 18 Absatz 2 des Richtlinienvorschlags wird der Kommission die Befugnis übertragen, delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 19 des Richtlinienvorschlags zur Änderung der Anhänge I bis IV zu erlassen oder, um Überwachungsvorschriften für die Gefahrenbewertungen und Risikobewertungen von Hausinstallationen gemäß Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe d bzw. Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe b des Richtlinienvorschlags festzulegen. Gemäß Artikel 290 Absatz 1 AEUV kann der Kommission diese Möglichkeit zur Ergänzung oder Änderung bestimmter nicht wesentlicher Vorschriften des Gesetzgebungsaktes grundsätzlich eingeräumt werden. Die wesentlichen Aspekte eines Bereichs müssen dabei dem Gesetzgebungsakt vorbehalten bleiben. Bei den Anhängen I bis IV handelt es sich aber um wesentliche Vorschriften der Richtlinie. Wie sich unter anderem direkt aus dem Erwägungsgrund [6 bzw.] 2 des Richtlinienvorschlags ergibt, ist es insbesondere das Ziel, auf Unionsebene die Mindestanforderungen festzulegen, denen das Wasser für den menschlichen Gebrauch entsprechen muss. Diese Mindestanforderungen ergeben sich insbesondere auch aus den in den Anhängen festgelegten Parametern und Werten. Damit kann es sich bei den Anhängen keinesfalls um "nicht wesentliche Vorschriften" der Richtlinie handeln, wie es Artikel 290 Absatz 1 AEUV fordert. Die der Kommission in Artikel 18 Absatz 2 des Richtlinienvorschlags eingeräumten Änderungs- und Anpassungsmöglichkeiten über den in Artikel 19 des Richtlinienvorschlags festgelegten Weg der delegierten Rechtsakte werden daher sehr kritisch gesehen und sollten gestrichen werden.
Direktzuleitung der Stellungnahme
- 50. Der Bundesrat übermittelt diese Stellungnahme direkt an die Kommission.
B
- 51. Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union empfiehlt dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.
- 1. vergleiche Ziffer 20
- 2. vergleiche Ziffer 43
- 3. vergleiche Ziffern 39 bis 42